Bericht zum Praxissemester
I. Die Zielgruppe
1. Klientelbeschreibung aus Sicht der Einrichtung
In der Praktikumsstelle xx werden erwachsene Menschen betreut, die gemäß den §§ 1896ff BGB aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenhei-ten nicht mehr selbständig besorgen können und für die aus diesem Grund eine gesetzliche Betreuung eingerichtet worden ist.
2. Wen erreicht die Institution?
Die Praktikumsstelle xx betreut ca. 270 Menschen im Alter von 18 bis 97 Jahren, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbständig besorgen können.
Die Anzahl variiert ständig, da zum einen neue Betreuungen eingerichtet werden und zum anderen Betreuungen wieder aufgehoben werden.
Außerdem werden Betreute von anderen Betreuern, z.B. von ehrenamtlich tätigen Betreuern, übernommen oder gegebenenfalls abgegeben. Weitere Gründe für die Fluktuation sind Tod und Wegzug von Betreuten.
Der Personenkreis der betreuten Menschen ist so vielfältig, wie auch die Problemlagen in der heutigen Gesellschaft vielseitig sein können.
Diese Tatsache sowie die große Anzahl an Betreuungen macht eine detaillierte empirische Stichprobe, in der sämtliche Klienten der Praktikumsstelle xx aufgeführt sind, sehr kompli-ziert und umfangreich, so dass ich mich im Folgenden lediglich auf eine exemplarische Dar-stellung der fünf am häufigsten vorkommenden Personengruppen beschränken werde.
Zwar kann eine Betreuung aufgrund einer körperlichen, geistigen sowie seelischen Behinde-rung eingerichtet werden, jedoch finden sich unter den in der Praktikumsstelle xx betreuten Menschen keine Klienten, die an einer körperlichen Behinderung leiden. Der Anteil an Men-schen mit einer geistigen Behinderung ist ebenfalls so gering, dass diese nicht zu den fünf häufigsten Personengruppen zählen. Der Hauptanteil an Betreuten leidet an einer Suchter-krankung oder weist eine psychische Erkrankung auf.
Inhaltsverzeichnis
I. Die Zielgruppe
1. Klientelbeschreibung aus Sicht der Einrichtung
2. Wen erreicht die Institution?
3. Beschreibung eines Klienten: Herr N
3.1 Lebensgeschichte
3.2 Lebenssituation
3.3 Bildungsvorgeschichte
3.4 Krankheitsgeschichte
3.4.1 Krankheits- und Institutionsgeschichte
3.4.2 Erstes psychotisches Erleben
3.4.3 Auslöser aus Sicht von Herrn N
3.5 Subjektive Eindrücke
3.6 Ansätze für professionelle Arbeit
II. Die Institution
1. Trägerschaft
2. Rechtliche Grundlagen
3. Finanzierung
4. Auftrag und allgemeine Zielsetzung
4.1 Voraussetzungen
4.2 Auswahl des Betreuers
4.3 Gerichtliches Verfahren
4.4 Ende der Betreuung
5. Aufgaben des Betreuers
5.1 Alle Angelegenheiten
5.2 Vermögenssorge
5.3 Wohnungsangelegenheiten
5.4 Gesundheitssorge
5.5 Aufenthalt und Umgang
5.6 Freiheitsentzug
6. Stellenwert innerhalb des städtischen Versorgungssystems
7. Lage im Ortsteil
III. Das Team
1. Zusammensetzung
2. Kompetenz- und Entscheidungsstruktur
3. Haltung und Einstellung des Teams zum Klientel
4. Konzeptionelle und methodische Schwerpunkte
5. Umgang mit Konflikten im Team
6. Aufgabenbereiche und typischer Arbeitstag eines Berufbetreuers
IV. Praktikumsverlauf
1. Einstiegsphase
2. Weiterer Verlauf
3. Abschließende Reflexion
4. Überlegungen für die Zukunft
V. Literaturverzeichnis
Bericht zum Praxissemester
I. Die Zielgruppe
1. Klientelbeschreibung aus Sicht der Einrichtung
In der Praktikumsstelle xx werden erwachsene Menschen betreut, die gemäß den §§ 1896ff BGB aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbständig besorgen können und für die aus diesem Grund eine gesetzliche Betreuung eingerichtet worden ist.
2. Wen erreicht die Institution?
Die Praktikumsstelle xx betreut ca. 270 Menschen im Alter von 18 bis 97 Jahren, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbständig besorgen können.
Die Anzahl variiert ständig, da zum einen neue Betreuungen eingerichtet werden und zum anderen Betreuungen wieder aufgehoben werden.
Außerdem werden Betreute von anderen Betreuern, z.B. von ehrenamtlich tätigen Betreuern, übernommen oder gegebenenfalls abgegeben. Weitere Gründe für die Fluktuation sind Tod und Wegzug von Betreuten.
Der Personenkreis der betreuten Menschen ist so vielfältig, wie auch die Problemlagen in der heutigen Gesellschaft vielseitig sein können.
Diese Tatsache sowie die große Anzahl an Betreuungen macht eine detaillierte empirische Stichprobe, in der sämtliche Klienten der Praktikumsstelle xx aufgeführt sind, sehr kompliziert und umfangreich, so dass ich mich im Folgenden lediglich auf eine exemplarische Darstellung der fünf am häufigsten vorkommenden Personengruppen beschränken werde.
Zwar kann eine Betreuung aufgrund einer körperlichen, geistigen sowie seelischen Behinderung eingerichtet werden, jedoch finden sich unter den in der Praktikumsstelle xx betreuten Menschen keine Klienten, die an einer körperlichen Behinderung leiden. Der Anteil an Menschen mit einer geistigen Behinderung ist ebenfalls so gering, dass diese nicht zu den fünf häufigsten Personengruppen zählen. Der Hauptanteil an Betreuten leidet an einer Suchterkrankung oder weist eine psychische Erkrankung auf.
Junge Erwachsene mit einer „Drogeninduzierten Psychose“
Der Großteil dieser Gruppe von Klienten verfügt über einen Schulabschluss.
Der Drogenkonsum, der letztendlich die Psychose ausgelöst hat, setzte meist schon während der Schulzeit ein. Trotzdem waren die meisten von ihnen in der Lage, einen Schulabschluss zu erwerben.
Allerdings gelang es diesen Menschen zumeist nicht, einen Beruf zu erlernen, entweder aufgrund des Drogenkonsums oder in Folge der eingetretenen Erkrankung; begonnene Ausbildungen wurden häufig abgebrochen.
Die Wohnsituation dieser Klientengruppe ist sehr unterschiedlich. So wohnen viele Klienten, bei denen die Psychose einen sehr ungünstigen Verlauf genommen hat, in einem Dauerwohnheim. Andere leben in einer eigenen Wohnung, bei Angehörigen oder werden im Rahmen des Betreuten Wohnens begleitet.
In akuten psychotischen Krisen werden die Klienten, falls notwendig, auf den Abteilungen der zuständigen Psychiatrischen Kliniken behandelt.
Im Bereich der ökonomischen Situation ist bei fast allen Klienten dieser Personengruppe ein beträchtlicher Schuldenberg angewachsen. In vielen Fällen ist der Weg in die Privatinsolvenz bereits kurz nach der Volljährigkeit der letzte Ausweg aus den Schulden.
Je nach Wohnsituation und Anbindung an das Umfeld sind auch die sozialen Kontakte sehr unterschiedlich. Es gibt Klienten in dieser Personengruppe, die sehr gute Kontakte zu ihren Angehörigen haben und teilweise auch bei den Eltern bzw. Großeltern wohnen. Andere haben wiederum gar keinen Kontakt mehr zu ihren Angehörigen.
Außerhalb der Familie und des Hilfesystems sind bei fast allen Klienten dieser Personengruppe nur wenige soziale Kontakte zu beobachten.
Junge Erwachsene mit einer „Persönlichkeitsstörung“
Viele Klienten aus dieser Personengruppe stammen aus zerrütteten Familienverhältnissen; sie sind in sogenannten broken-home Situationen aufgewachsen. Gewalterfahrungen und Vernachlässigung in der Familie waren häufig Teil ihrer Kindheit.
Ungefähr die Hälfte dieser Personengruppe kann einen Schulabschluss vorweisen, die andere Hälfte hat das Schulsystem ohne Abschluss verlassen.
Nur die Wenigsten können eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen. In den meisten Fällen sind begonnene Ausbildungsverhältnisse aus den Akten ersichtlich, die jedoch bereits nach kurzer Zeit abgebrochen wurden.
Generell sind die Biografien der Klienten dieser Personengruppe von häufigen Kontakt- und Beziehungsabbrüchen gekennzeichnet, so dass sie nur über ein kleines soziales Netz, insbesondere zu Menschen außerhalb des Hilfesystems, verfügen. Zu Angehörigen und Verwandten bestehen häufig keine bzw. nur unregelmäßige, sporadische Kontakte.
Wie bei der zuvor beschriebenen Gruppe junger Menschen mit einer drogeninduzierten Psychose ist bezüglich der ökonomischen Situation auch hier häufig eine hohe Verschuldung zu beobachten.
Ebenso ist die Wohnsituation dieser Klienten ähnlich der zuvor beschriebenen Personengruppe: je nach Schwere der krankheitsbedingten Beeinträchtigung leben die jungen Erwachsenen mit einer „Persönlichkeitsstörung“, die in der Praktikumsstelle xx betreut werden, in einer eigenen Wohnung, bei Angehörigen, werden im Rahmen des Betreuten Wohnens unterstützt oder haben ihren Wohnsitz in einem Dauerwohnheim.
Alkoholabhängige Klienten mittleren Alters
Die meisten der in der Praktikumsstelle xx betreuten Menschen aus dieser Personengruppe können einen Schulabschluss der Real- oder Hauptschule vorweisen. Ebenso verfügt ein Großteil von ihnen über eine abgeschlossene Berufsausbildung, zumeist in handwerklichen Berufen.
Häufig sind lange Zeiten einer beruflichen Tätigkeit aus den Akten ersichtlich, bevor die Alkoholabhängigkeit der Klienten eine weitere Ausübung des erlernten Berufs unmöglich machte.
Der überwiegende Teil dieses Personenkreises ist männlich.
Im Bereich der Wohnsituation ergibt sich kein homogenes Bild. So sind einige Klienten aus dieser Personengruppe obdachlos, andere leben in einem Dauerwohnheim, während andere eine eigene Wohnung bewohnen.
Bei den Klienten mit eigenem Haushalt ist ein ständiger Wechsel zwischen vollstationärer Versorgung in psychiatrischen Kliniken und dem Leben in der eigenen Wohnung zu beobachten.
Bezüglich der ökonomischen Situation ist festzuhalten, dass ein Großteil der alkoholabhängigen Klienten mittleren Alters, die in der Praktikumsstelle xx betreut werden, hoch verschuldet ist. In vielen Fällen ist ein privates Insolvenzverfahren eingeleitet worden.
Der langjährige Alkoholabusus hatte bei einem hohen Anteil der hier beschriebenen Menschen eine dauerhafte Erwerbsminderung zur Folge, so dass diese Leistungen nach dem XII. Sozialgesetzbuch beziehen.
Im Bereich der sozialen Kontakte ist innerhalb dieser Personengruppe ein äußerst heterogenes Bild zu beobachten. So sind einige der Klienten verheiratet, haben Kinder und leben mit ihren Angehörigen relativ gut eingebunden in einer eigenen Wohnung, während andere ohne Kontakte außerhalb des professionellen Hilfesystems in stationären Einrichtungen leben.
Viele Klienten dieser Personengruppe sind geschieden und haben aufgrund der aus ihrer Alkoholabhängigkeit resultierenden familiären Probleme nur eingeschränktes bzw. gar kein Recht auf Umgang mit ihren Kindern, während wiederum andere regelmäßigen Kontakt zu ihren Kindern haben.
Alte demenzkranke Menschen
Der Bereich Schule, Ausbildung und Beruf ist in dieser Personengruppe extrem unterschiedlich. Dies liegt vor Allem daran, dass die Erkrankung, die die Betreuung erforderlich gemacht hat, zumeist erst in hohem Alter eingesetzt hat, nachdem die Klienten ein langjähriges, erfülltes Berufsleben bis hin zur Rente geführt haben. Es ist auch keine Berufsgruppe überrepräsentiert, die auf eine Beziehung zwischen Beruf und Erkrankung schließen lässt. So sind sämtliche Berufsbilder innerhalb dieser Personengruppe vertreten: von Hausfrauen über Handwerker, Angestellte, Beamte bis hin zu Akademikern.
Die in der Praktikumsstelle xx betreuten Klienten dieser Personengruppe leben fast ausschließlich in einem Alten- und Pflegeheim.
Ihre sozialen Kontakte beschränken sich in der Regel ausschließlich auf Kontakte in dem Pflegeheim, in dem sie wohnen. Kontakt zu Verwandten und Angehörigen bestehen – wenn überhaupt – nur unregelmäßig.
Die ökonomische Situation der Klienten ist sehr unterschiedlich. Einige Klienten haben während ihres Lebens mit langjähriger Berufstätigkeit ein beträchtliches Vermögen angespart, von dem sie neben der Vergütung für die Betreuung auch die Kosten für die Heimunterbringung bezahlen, die nicht über die Pflegekasse abgedeckt sind.
An Schizophrenie erkrankte Menschen mittleren Alters
Die in der Praktikumsstelle xx betreuten Menschen dieser Personengruppe verfügen in der Regel sowohl über einen Schulabschluss als auch über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Bei dem Großteil der Klienten geht zudem eine langjährige Berufstätigkeit aus den Akten hervor, bevor die psychische Erkrankung eine weitere Berufstätigkeit zunichte machte.
Der Anteil an Frauen und Männern innerhalb der an Schizophrenie erkrankten Menschen mittleren Alters, die in der Praktikumsstelle xx betreut werden, ist in etwa gleich groß.
Die Wohnsituation der Klienten aus dieser Personengruppe ist unterschiedlich. Während einige Klienten eine eigene Wohnung im Rahmen des betreuten Einzelwohnens bewohnen, ist bei einem großen Anteil aufgrund der Schwere der Erkrankung die Führung eines selbständigen Haushalts nicht mehr möglich. Sie benötigen eine permanente engmaschige Betreuung, die ihnen Halt und Struktur im Tagesablauf sowie bei der Alltagsgestaltung bietet, so dass ein Platz in einem Dauerwohnheim für psychisch kranke Menschen für einen Großteil dieser Personengruppe die geeignete Wohnform darstellt.
Die sozialen Kontakte spielen sich häufig nur innerhalb des professionellen Hilfesystems ab. Kontakte zu Angehörigen und Verwandten sind zumeist während der langen Krankengeschichte abgebrochen.
Die Klienten dieser Personengruppe leiden oft schon seit Jahrzehnten an ihrer Erkrankung, so dass eine Chronifizierung der Schizophrenie mit der einhergehenden Minussymptomatik, z.B. Antriebslosigkeit, Interessenverlust, sozialer Rückzug, etc. zu beobachten ist. Trotz der Chronifizierung kommt es bei vielen Klienten immer wieder zu akuten Krisen, in denen die Betroffenen aufgrund des psychotischen Zustands gemäß § 1906 BGB geschlossen in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden müssen, um einen erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden.
Die ökonomische Situation der Menschen aus dieser Personengruppe ist gekennzeichnet von Schulden und Leben am Existenzminimum. Sie sind zumeist dauerhaft erwerbsgemindert und beziehen SGB XII Leistungen.
Aufgrund ihrer Erkrankung haben sie kein oder nur geringes Vermögen ansparen können.
3. Beschreibung eines Klienten: Herr N.
Herr N. ist ein 23-jähriger junger Mann, bei dem eine drogeninduzierte Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis (F 20.0) nach langjähriger Polytoxikomanie (F 19.2) diagnostiziert wurde.
Herr N. lebt zur Zeit im sozialtherapeutischen Wohnheim „Haus R.“ in B..
Die gesetzliche Betreuung wird am 04.01.2008 mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge sowie Vertretung bei Behörden, Gerichten und Leistungsträgern eingerichtet.
Die folgenden Informationen über das Leben von Herrn N. entstammen aus zwei Gesprächen am 12.07. und am 13.08.2008, die ich mit dem Klienten in dessen Zimmer im Wohnheim „Haus R.“ geführt habe, sowie aus der vorliegenden Akte.
3.1 Lebensgeschichte
Herr N. wird am 16.08.1985 als einziger Sohn von Stefan N., Garten- und Landschaftsbauer, und Kerstin C., Hausfrau, in W. geboren.
Seine Eltern heiraten, als sie von der Schwangerschaft erfahren, die Ehe scheitert jedoch bereits kurz nach der Geburt ihres Sohnes, so dass sie sich noch in den ersten Lebensmonaten von Herrn N. scheiden lassen.
Herr N. wächst nach der Scheidung seiner Eltern bei seinen Großeltern mütterlicherseits auf. Der Kontakt zu seinem Vater bricht völlig ab; er sieht ihn zum ersten Mal wieder, als er 13 Jahre alt ist und telefoniert danach nur noch sporadisch mit ihm. Zu seiner Mutter besteht weiterhin Kontakt in Form von regelmäßigen Besuchen.
Da seine Großeltern sehr vermögend und äußerst reiselustig sind, zieht Herr N. bis zur Volljährigkeit insgesamt 14 Mal um.
Bezüglich der schulischen Laufbahn besucht er die erste Klasse in einer Grundschule in K.. Das zweite bis vierte Grundschuljahr absolviert er in der Grundschule B., nachdem die Familie N. dort ein Haus erworben hat. Im Alter von zehn Jahren zieht Herr N. gemeinsam mit seinen Großeltern nach Spanien, wo er bis zum 14. Lebensjahr „die Schulbank in einer deutschen Gesamtschule drückt“.
Zurück in Deutschland besucht Herr N. die Hauptschule in B. und hat dort zunehmend Schwierigkeiten, dem Schulstoff zu folgen, so dass er ein Schuljahr wiederholen muss. Nach einem weiteren Umzug nach G. wechselt er auf die dortige Hauptschule, wo er noch massivere Probleme hinsichtlich des Lernstoffs hat und infolge dessen ein weiteres Mal sitzenbleibt.
Es folgt ein Umzug der Familie zurück nach B., wo Herr N. die neunte Klasse der Hauptschule ohne Abschluss verlassen muss, weil seine Leistungen zu schlecht sind und er die gesetzlich vorgeschriebene Schulzeit erfüllt hat.
Erstmals in Kontakt mit Drogen kommt Herr N. nach eigenen Angaben mit 13 Jahren in Spanien, indem er dort Cannabis konsumiert. Seine „wahre“ Drogenkarriere beginnt dann im Alter von 16 Jahren. Damals beginnt er mit dem regelmäßigen und exzessiven Konsum von Amphetaminen und Cannabis, zusätzlich zu dem bereits bestehenden Alkohol- und Nikotinmissbrauch. Vor allem das Amphetamin beschreibt Herr N. als seine Hauptdroge. Im weiteren Verlauf probiert Herr N. das komplette Spektrum an Drogen aus, an die er herankommen kann. So konsumiert er neben Amphetamin und Cannabis Kokain, Heroin, LSD, Benzodiazepine und Opiate.
Dieser massive Drogenkonsum hat Auswirkungen auf die berufliche Zukunft von Herrn N., indem es ihm aufgrund seiner Antriebsarmut weder gelingt, seinen Hauptschulabschluss nachzuholen, noch einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Während er den Versuch, den Hauptschulabschluss nachzuholen, bereits nach zwei Monaten abbricht, legt er – wie er selbst sagt – keinerlei ernsthafte Bemühungen um einen Ausbildungsplatz mangels Motivation und konkreter Vorstellung von einem Berufswunsch an den Tag.
Bis zum Ausbruch seiner Psychose jobbt Herr N. dann sporadisch im großelterlichen Fahrradgeschäft.
3.2 Lebenssituation
Als ich Herrn N. am zweiten Tag meines Praktikums bei einem Besuch zusammen mit meinem Anleiter in seiner Wohnung kennenlerne, bewohnt dieser eine Souterrain-Einliegerwohnung im Haus seiner Großeltern, in der er umsonst lebt.
Auch sein Lebensunterhalt wird von den vermögenden Großeltern finanziert.
In allen Lebensbereichen wird er von seiner Großmutter und seinem Großvater versorgt. So kocht die Großmutter für ihn, wäscht seine Wäsche und hält die Wohnung in Ordnung, ohne dass Herr N. dafür eine Gegenleistung erbringen muss.
Der Großvater fährt ihn überall hin und holt ihn ab, auch mitten in der Nacht.
Die finanzielle Situation von Herrn N. ist gekennzeichnet durch einen erheblichen Schuldenberg, den er seit seiner Volljährigkeit angehäuft hat. Die Gesamtschulden belaufen sich auf über 2.500€ und bestehen hauptsächlich aus Forderungen verschiedener Mobilfunkanbieter, Internetschulden sowie Vollstreckungskosten durch Gerichtsvollzieher und Inkassobüros. Die Großeltern greifen ihm auch hier unter die Arme, indem sie monatliche Raten der Schulden für ihren Enkel abbezahlen.
Einziges Einkommen von Herrn N. sind SGB II Leistungen in Höhe von 364,42€.
Im Zuge seines Drogenkonsums ist Herr N. mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Aktuell ist ein Strafgerichtsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Sa. wegen Verstoßes gegen das BtmG anhängig, bei dem ihm der Kauf von Drogen (Heroin und Kokain) sowie der Weiterverkauf von Kokain an eine Minderjährige zur Last gelegt wird.
Darüber hinaus ist ein weiteres gerichtliches Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt bei der Staatsanwaltschaft Si. anhängig. Inhalt der Anklage ist die Verletzung seiner Mutter mit Faustschlägen, die sich zuträgt, als sich beide mit dem Auto auf dem nächtlichen Nachhauseweg befinden. Gegen die anschließende Verhaftung durch eine eintreffende Polizeistreife setzt sich Herr N. gewalttätig zur Wehr.
Da der Klient schon mehrfach verurteilt worden ist und die oben genannten Delikte in einem durch Drogenkonsum und psychotische Wahnvorstellungen beeinträchtigtem Zustand begangen hat, droht ihm nun eine forensische Unterbringung gemäß §63 StGB.
Das soziale Netz von Herrn N. ist sehr klein. Neben seinen beiden Hauptbezugspersonen, seinen Großeltern, die für ihn schon sein ganzes Leben den Mittelpunkt seines Daseins gebildet haben, hat der Klient lediglich regelmäßigen Kontakt zu seinem gesetzlichen Betreuer. Der Kontakt zu seiner Mutter ist nach Herrn N.’s Angriff, den sie zur Anzeige gebracht hat, abgebrochen.
Tiefe, langjährige Freundschaften hat Herr N. aufgrund der zahlreichen Umzüge nie aufbauen können, so dass er ein sehr einsamer Mensch ist.
Im Gespräch mit Herrn N. und seinem Betreuer wird deutlich, dass die Beziehung zwischen ihm und seinen Großeltern von äußerst symbiotischer Art ist.
Die Großeltern haben es nicht geschafft, ihren Enkel zur Selbständigkeit zu erziehen. Im Gegenteil: Durch die überbehütende Einstellung ihrem Enkel gegenüber und die Unterstützung hauptsächlich durch materielle Güter wie z.B. Geld, hochwertige Elektronikartikel, etc. ist Herr N. nicht in der Lage, sein Leben eigenmächtig in die Hand zu nehmen.
Darüber hinaus sind die Großeltern im Umgang mit der psychischen Erkrankung ihres Enkels völlig überfordert. Es kommt wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Großeltern und Herrn N., in denen Herr N. im Einfluss seiner Psychose gewalttätig gegenüber seinen Großeltern wird. In einem Gespräch mit dem Betreuer teilen diese ihm mit, dass sie sich nicht mehr in der Lage sehen, ihren Enkel weiterhin bei sich wohnen zu lassen und dass sie beabsichtigen – ohne Herrn N. – zurück nach Spanien zu ziehen.
Am 26.04.2008 wird Herr N. randalierend in B. von der Polizei aufgegriffen und in die psychiatrische Abteilung des Hospitals E. eingeliefert. Der gesetzliche Betreuer beantragt eine Unterbringung gemäß § 1906 BGB, um den Klienten medikamentös einstellen zu lassen. Auf der anderen Seite soll der Klinikaufenthalt dazu genutzt werden, die symbiotische Beziehung zwischen Herrn N. und seinen Großeltern aufzubrechen sowie für Herrn N. einen Platz in einem sozialtherapeutischen Wohnheim für psychisch kranke Menschen zu besorgen.
Am 01.07.2008 wird Herr N. aus der Klinik entlassen und bezieht ein Einzelzimmer im „Haus R.“, wo er auch zum Zeitpunkt der Verfassung des Praktikumsberichts (Oktober 2008) noch lebt.
3.3 Bildungsvorgeschichte
Die Beschäftigung mit den Interessen des Herrn N., denen er vor seiner Erkrankung nachgegangen ist, gestaltet sich als äußerst schwierig: Herr N. kann sich in beiden Gesprächen, die wir miteinander führten, kaum daran erinnern.
Erst durch geduldiges Nachfragen und langes Warten kann Herr N. ein paar Angaben hierzu machen. So erzählt er – nachdem ich ihm von meinen Hobbys, zu denen unter anderem auch Tennis gehört, berichte – dass er früher ebenfalls gerne Tennis gespielt habe. Allerdings weiß er nicht mehr, wann genau und wie lange dies war und warum er damit aufgehört hat.
Da seine Großeltern ihn stets mit den neuesten Elektronikgeräten versorgt haben, zählen vor allem Computerspielen, Fernsehen und Musik hören zu den Interessen, die er schon immer gehabt hat. Auch heute noch nennt er diese Tätigkeiten auf die Frage nach seinen Lieblingsbeschäftigungen.
Interessanterweise nennt Herr N. vor allem „Arbeiten“ (und zwar im großelterlichen Fahrradgeschäft) auf die Frage nach Tätigkeiten, die ihm im frühen Erwachsenenalter vor Ausbruch seiner psychischen Erkrankung Freude bereitet haben, obwohl er nie in einem „richtigen“ Arbeitsverhältnis gestanden hat. In diesem Bereich konnte er lediglich während seiner Aushilfstätigkeit im großelterlichen Fahrradgeschäft Erfahrungen sammeln. Trotzdem hat er dieses produktive, sinnstiftende und auch gesellschaftlich anerkannte Tun offensichtlich als für ihn sehr positiv empfunden.
3.4 Krankheitsgeschichte
3.4.1 Krankheits- und Institutionsgeschichte
Trotz des noch jungen Alters von Herrn N. ist die Institutionsgeschichte des Klienten bereits von beträchtlicher Länge; er befand sich bis zum heutigen Tage zehn Mal in stationärer Behandlung. Der kürzeste Aufenthalt betrug einen Tag, sein längster dauerte zwei Monate.
Die Institutionsgeschichte von Herrn N. beginnt mit einer Entgiftungsbehandlung in G. im Jahr 2001 im Alter von 16 Jahren, bei der der Klient zwei Wochen geschlossen untergebracht ist.
Ende 2004 verbringt Herr N. zur Entgiftung drei Wochen auf der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Hospitals E., wo er auch vom 15.10. bis zum 17.11.2005 aufgrund wiederholten Drogenkonsums untergebracht ist. Zwei Wochen später muss er erneut für zwei Tage ins Hospital E. eingewiesen werden, da er im Drogenrausch hilflos von der Polizei aufgegriffen wird.
Mitte 2006, im Alter von 21 Jahren, wird Herr N. zwei Mal für jeweils eine Woche in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses St. W. behandelt.
Es folgen drei Klinikaufenthalte im Jahr 2007 in der Klinik A., die acht, zwei und eine Woche lang dauern.
Seine bislang letzte stationäre Unterbringung erfolgt vom 26.04. bis zum 01.07.2008 auf der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Hospitals E..
3.4.2 Erstes Psychotisches Erleben
An das genaue Datum, an dem Herr N., 21jährig, zum ersten Mal psychotische Erfahrungen macht, kann der Klient sich nicht mehr erinnern, an die Geschehnisse zu dieser Zeit jedoch umso klarer. Er berichtet mir in unserem zweiten Gespräch ausführlich darüber:
Es ist ein ganz normaler Tag, an dem Herr N. seine Wohnung bei den Großeltern renoviert. Während des Streichens der Wände hört er plötzlich Stimmen, die von eins bis zehn zählten und von den gegenüber liegenden Häusern zu kommen scheinen.
[...]
- Citar trabajo
- Volker Harm (Autor), 2008, Bericht zum Praxissemester im Aufgabenfeld Gesetzliche Betreuung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122967
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