Der Roman ‚Paradiso’ des kubanischen Autors José María Adrés Lezama Lima ist der erste hispano-amerikanische Roman, in dem Beschreibungen homosexueller Handlungen vorkommen. Schnell verbreiteten sich die berüchtigten Kapitel in Lateinamerika und Europa, da sie bekannt für ihre erotischen Erzählungen waren.
Da dieser Roman homosexuelle Handlungen beinhaltet und zudem noch der erste hispano-amerikanische Roman war, der solche Inhalte verbreitete, ist es interessant zu untersuchen, wie Protagonisten in diesem Roman, die homosexuellen Handlungen nachgehen, inszeniert werden. Dabei stellen sich die Fragen, ob sie überhaupt einer spezifischen homosexuellen Inszenierung unterliegen und ob verschiedene Attribute eingesetzt werden, die ihr Körperbild bestimmen, sowie wenn dies der Fall ist, welche spezifischen Attribute und Merkmale verwendet werden, um diese Körperbilder zu inszenieren.
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden homosexuell aktive Protagonisten im Roman ‚Paradiso’ auf Blick dieser Fragestellung analysiert. Zudem wird kurz auf den Begriff Homotextualität im Zusammenhang mit Dieter Ingenschays Aufsatz „Homotextualität. Schwule Körperbilder im zeitgenössischen spanischen Roman“ , sowie auf seinen „homotextuellen Blick auf die literarisch narrativierten Bilder des Körpers“ im spanischen postfrankistischen Roman, eingegangen, der als Idee diese Analyse fungierte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. José María Adrés Lezama Limas Roman ‚Paradiso’
2.1 Ein Überblick
3. Homotextualität
3.1 kurze Begriffserläuterung
4. Inszenierung von homosexuellen Körperbildern in Lezama Limas Roman ‚Paradiso’
4.1 Homosexuelle Körperbilder
4.1.1 Hauptprotagonisten Farraluque und Leregas
4.1.2 Nebenprotagonisten Adolfito, der Ehemann der Nachbarin und Baena Albornoz
5. Zusammenfassung
6. Fazit
7. Bibliographie
1. Einleitung
Der Roman ‚Paradiso’ des kubanischen Autors José María Adrés Lezama Lima ist der erste hispano-amerikanische Roman, in dem Beschreibungen homosexueller Handlungen vorkommen. Schnell verbreiteten sich die berüchtigten Kapitel in Lateinamerika und Europa, da sie bekannt für ihre erotischen Erzählungen waren.
Da dieser Roman homosexuelle Handlungen beinhaltet und zudem noch der erste hispano-amerikanische Roman war, der solche Inhalte verbreitete, ist es interessant zu untersuchen, wie Protagonisten in diesem Roman, die homosexuellen Handlungen nachgehen, inszeniert werden. Dabei stellen sich die Fragen, ob sie überhaupt einer spezifischen homosexuellen Inszenierung unterliegen und ob verschiedene Attribute eingesetzt werden, die ihr Körperbild bestimmen, sowie wenn dies der Fall ist, welche spezifischen Attribute und Merkmale verwendet werden, um diese Körperbilder zu inszenieren.
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden homosexuell aktive Protagonisten im Roman ‚Paradiso’ auf Blick dieser Fragestellung analysiert. Zudem wird kurz auf den Begriff Homotextualität im Zusammenhang mit Dieter Ingenschays Aufsatz „Homotextualität. Schwule Körperbilder im zeitgenössischen spanischen Roman“[1], sowie auf seinen „homotextuellen Blick auf die literarisch narrativierten Bilder des Körpers“ im spanischen postfrankistischen Roman, eingegangen, der als Idee diese Analyse fungierte.
2. José María Adrés Lezama Limas Roman ‚Paradiso’
2.1 Ein Überblick
José María Adrés Lezama Lima, geboren 1910 in Havanna, Autor, Kulturator und Kultfigur Kubas, arbeitete seit 1944 an seinem Roman ‚Paradiso’.1954 veröffentlichte er in seiner Zeitschrift ‚Orígenes’ die ersten fünf Kapitel des dann 1966 vollständig erschienen Romans. Die Auflage des Romans betrug nur um die 4.000 Exemplare, da man Lezama Lima des Obskurantismus im literarischen und politischen Bereich beschuldigte: Seine Sprache sei hermetisch, barock und unverständlich; dazu galten die homo- und heterosexuellen Akte im achten und neunten Kapitel (und anderer Kapitel) als skandalös und pornographisch. Auf Grund der kubanischen Blockade verbreiteten sich der Roman, bzw. Auszüge, nur langsam in
der lateinamerikanischen und europäischen Welt.[2]
‚Paradiso’ wird als ein schwieriges Buch, als ein Meisterwerk beschrieben, welches ein höchst subjektives, hermetisch-elitäres Kunstverständnis dokumentiert.
Der Inhalt spielt in Kuba zwischen den Jahren 1898-1930 und erzählt die Geschichte von José Cemís Kindheit, Jugend und Studienzeit. Vom roten Faden aus, also des Lebens José Cemís, oder zu ihm hin führen zusammenhängende oder nicht zusammenhängende Episoden und Berichte. Bestimmend für diesen Roman ist nicht nur die komplexe Szenerie, die dem Leser Verständnisschwierigkeiten unterbreitet, sondern seine Sprache, die durch Poetik, Barock, Surrealismus und Fachsprache gekennzeichnet ist. Nicht ohne Grund wird der Roman als ‚komplex’, ‚Bildungsroman’ und ‚geistiges Abenteuer des Autors’ bezeichnet.[3]
3. Homotextualität
3.1 kurze Begriffserläuterung
Der Begriff Homotextualität hat sich im Zuge der vermehrenden homosexuellen Themen in der Literatur des späten 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert entwickelt.
Dieter Ingenschay erklärt in seinem Aufsatz „Homotextualität. Schwule Körperbilder im zeitgenössischen spanischen Roman“ seine Ansicht des Begriffes Homotextualität, welcher für ihn „ein Konzept der wissenschaftlichen Untersuchung von literarischen Texten, die implizit oder explizit, rhetorisch oder thematisch Erfahrungen homosexueller Lebenspraxis oder spezifisch schwuler Vorstellungswelten transportieren“[4], darstellt.
In dieser Arbeit soll Ingenschays Konzept von Homotextualität nicht weiter untersucht werden, sondern aufgezeigt werden, dass sich theoretische Modelle entwickelt haben, die auf die zunehmenden homosexuellen Themen in der Literatur eingehen und ihre Dialogizität und Komplementarität zueinander durchleuchten.
Zudem hat Ingenschay die spanische postfrankistische Literatur auf homosexuelle Körperbilder untersucht, so dass diese Vergleichsmöglichkeiten zu den Körperbildern im Roman ‚Paradiso’ von Lezama Lima sein könnten. Allerdings will ich hier keinen Beweis anführen, dass Lezama Lima, bzw. Autoren des spanischen Gegenwartsromans sich beeinflusst haben, sondern dass Lezama Lima homosexuelle Körperbilder inszeniert, und diese dann
analysieren. Dieter Ingenschays´ Konzept der Homotextualität bietet dieser Arbeit mehr die Legitimation sich die Frage zustellen, wie ein männlicher Körper im homosexuellen Zusammenhang inszeniert wird.
4. Inszenierung von homosexuellen Körperbildern in Lezama Limas Roman ‚Paradiso’
4.1 Homosexuelle Körperbilder
Im folgenden Teil werden Charakteristika und Merkmale der männlichen Personen, die im achten und neunten Kapitel homosexuellen Handlungen, ganz gleich welcher Art und Weise, nachgehen, aufgeführt, um die Inszenierung der einzelnen Typen, besser gesagt Körperbilder, analysieren zu können. Dabei erfolgt die Gruppierung der Personen nach ihrer Stellung als Haupt- oder Nebenprotagonist.[5]
4.1.1 Hauptprotagonisten Farraluque und Leregas
Die Personen Farraluque und Leregas sind Hauptprotagonisten im achten Kapitel des Romans. Sie besuchen dasselbe Gymnasium wie Cemí, der so Zeuge von ihren sexuellen Handlungen auf dem Schulhof und im Klassenzimmer ist.
Bevor Farraluques und Leregas´ homosexuelle Handlungen geschildert werden, beginnt der auktoriale Erzähler die beiden Personen einzuführen, in dem er ihre exhibitionistischen Handlungen in der Schulszenerie erzählt. Zuerst wird Farraluque beschrieben, wie er seinen Penis auf dem Schulhof zeigt (S. 342f). Es folgt eine Darstellung Leregas und seiner exhibitionistischen Handlungen während der Unterrichtsstunden (S. 343f). Beide werden ertappt: Farraluque wird mit einem Ausgehverbot an drei hintereinander liegenden Sonntagen bestraft, welches in einer “prolongada cadeneta sexual“ (S.346) endet und Farraluque hetero- sowie homosexuelle Erfahrungen sammelt. Leregas wird mit dem Ausschluss aus der Schule bestraft (S. 346) und tritt im neunten Kapitel noch einmal auf, verbunden mit einem homosexuellen Akt in einem Ruder Camp (S. 397f).
Der Leser erfährt nicht viel über den Hintergrund der beiden Jungen. Vielmehr bezieht sich die Beschreibung hauptsächlich auf ihren Körper und Penis. So wird bei der ersten Darstellung Farraluques sein Körper und Geschlechtsorgan gegeneinander gestellt:
“ […] que generamente engendra un leptosomático adolesentario, con una cara
tristona y ojerosa, pero dotado de una enorme verga.” (S. 342)
und im folgenden Verlauf verglichen:
“El órgano sexual de Farraluque reproducía en pequeño su leptosomía corporal.
Su glande incluso se parecía a su rostro. La extensión del frenillo se asemejaba a su nariz, laprolongación abultada de la cúpula de la membranilla a su frente abombada .” (S.343)
Auch Leregas Geschlecht wird anhand seines Körpers gemessen:
“El órgano sexual de Leregas no reproducía como el de Farraluque su rostro
sino su cuerpo entero.“ (S. 343)
Der Leser kann sich an vielen Stellen im Text ein Bild von den Geschlechtsorganen der beiden Jungen machen. Viele Hyperbeln werden genutzt, um z.B. Leregas´ Phallus zu beschreiben als einen, der von einem “breve como un dedal al principio“ zu einem “antebrazo de trabajador manual“ (S. 343) anwächst. Sein Glied ist so groß, dass er beim Koitus “ no parecía penetrar sino abrazar el otro cuerpo“ (S. 343).
Farraluques Penis hat “ un exagerado predominio de la longura sobre la raíz barbada”
(S. 348), und wird als “ aguijón leptosomático macrogenitosoma” (S. 347) und “ tamaño aguijón” (S. 350) beschrieben.
Aber nicht nur die Größe ihrer Geschlechtsteile, sondern auch ihre Potenz wird an vielen Textstellen betont. Beide Jungen werden als Priapiker bezeichnet und als Jünglinge, die ständig von ihrem Libido überwältigt werden: Farraluque ist ein “ priápico” (S. 354) und ein “ ejemplar priápico“ (S. 346), der “ se encontraba en ese momento de la adolescencia en el que al terminar la cópula la erección permanece más allá de sus propios fines, convidando a veces a una mastrubación frenética” (S. 347f).
Leregas hat eine “ potencia fálica” (S. 343), eine “ tenaz cirio“ (S. 344) und eine “ desmesura priápica“ (S. 345), die, wie bei Farraluque, von seinem jugendlichen Geschlechtstrieb bestimmt wird: “ con su Eros de gratuidad en la adolescencia” (S.398).
Die jugendliche Potenz verführt die beiden Jungen zu exhibitionistischen Taten vor ihren Mitschülern. So bei Farraluque:
“ [...] en cuyo tiempo de duración un demonio príapico se posesionaba de él furiosamente, pues mientras duraba tal ceremonia desfilante, bailaba, alzaba los brazos como para pulsar aéreas castañuelas, manteniendo siempre toda la verga fuera de la bragueta.” (S. 342f)
Farraluques Umgang mit seinem Geschlechtsteil ist spielerischer Natur und seine exhibitionistische Handlung hat mehr unterhaltenden als sexuellen Wert. Sein Penis zeugt von Virilität, welches konträr zu seinem leptosomatischen Körperbau und seinem infantilen Verhalten steht. Er ist ein Jüngling in der körperlichen Entwicklungsphase zum Mann.
[...]
[1] Ingenschay, Dieter: Homotextualität. Schwule Körperbilder im zeitgenössischen spanischen Roman, in: Iberische Körperbilder, Teuber, B., Weich, H. (Hrsg), Frankfurt a. Main, 2002, S. 221-247
[2] Strausfeld, Mechthild (Hrsg.): Aspekte von José Lezama Lima ‚Paradiso’; Suhrkamp Frankfurt a. Main, 1979, Vorwort, S. 7f
[3] Jens, Walter (Hrsg.): Kindlers Neues Literatur Lexikon, Band 10, La-Ma, Kindler Verlag München, 1990, S. 387
[4] Ingenschay 2002 (wie Anm.1), S. 227
[5] Alle folgenden Zitate sind entnommen aus: Lezama Lima, José: Par adiso. 3. Auflage, Madrid: Cátedra 1989
- Citar trabajo
- Kathrin Gabur (Autor), 2007, Inszenierung von homosexuellen Körperbildern im Roman ‚Paradiso’ von Lezama Lima, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122955
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