„Die Globalisierung in ihrer heutigen Form ist keine Erfolgsgeschichte. Sie hat das Schicksal der meisten Armen in der Welt nicht gelindert. Sie ist ökologisch bedenklich. Sie hat die Weltwirtschaft nicht stabilisiert. Und bei der marktwirtschaftlichen Transformation der Zentralverwaltungswirtschaften wurden so viele Fehler gemacht, dass, mit Ausnahme von China, Vietnam und einigen osteuropäischen Ländern, die Armut sprunghaft anstieg und die Einkommen stark zurückgingen.“ (STIGLITZ 2002, S. 280)
Dieses Zitat stammt nicht etwa von einer globalisierungskritischen NGO, sondern vom einem der profiliertesten Wirtschaftswissenschaftler der Gegenwart, dem ehemaligen Chefökonomen der Weltbank und Nobelpreisträger Joseph STIGLITZ. In seinem 2002 erschienen Werk „Die Schatten der Globalisierung“ zeigt er auf, dass Neoliberalismus und die freie Marktwirtschaft besonders für Entwicklungsländer große Nachteile mit sich gebracht haben.
STIGLITZ schreibt weiter: „Manche sehen einen einfachen Ausweg: Sie wollen die Globalisierung begraben. Doch das ist weder machbar noch wünschenswert. Denn die Globalisierung hat auch segensreiche Wirkungen entfaltet.“ Er führt hier den wirtschaftlichen Erfolg Ostasiens, die bessere Gesundheitsversorgung und die „aktive globale Zivilgesellschaft, die für mehr Demokratie und größere soziale Gerechtigkeit kämpft“ an. Und weiter: „Nicht die Globalisierung ist das Problem, sondern die Art und Weise, wie sie umgesetzt wurde.“
STIGLITZ bestätigt, dass in der globalen Finanz- und Wirtschaftspolitik viele Fehler gemacht wurden und noch immer gemacht werden. Doch nun gilt es, die Lehren daraus zu ziehen, und Mittel und Wege zu finden, um die negativen Aspekte der Globalisierung zu minimieren. Eine andere Welt ist möglich – ein Umdenken bringt nicht nur den Entwicklungs-, sondern auch den Industrieländern etwas. Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine solche Entwicklungspolitik mit Zukunft zu skizzieren, indem die einzelnen Lösungsansätze und Strategien für globale Gerechtigkeit aufgezeigt werden. Damit soll ein Überblick über die Handlungsmöglichkeiten in der internationalen Finanz- und Wirtschaftspolitik geschaffen werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Reform der Welthandelsordnung
3. Angemessener Schutz von geistigem Eigentum
4. Bessere Nutzung natürlicher Ressourcen
5. Strategie gegen die globale Erwärmung
6. Zähmung der multinationalen Konzerne
7. Entschuldung der Entwicklungsländer
8. Neues System der Weltwährungsreserven
9. Demokratisierung internationaler Institutionen
10. Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Die Globalisierung in ihrer heutigen Form ist keine Erfolgsgeschichte. Sie hat das Schicksal der meisten Armen in der Welt nicht gelindert. Sie ist ökologisch bedenklich. Sie hat die Weltwirtschaft nicht stabilisiert. Und bei der marktwirtschaftlichen Transformation der Zentralverwaltungswirtschaften wurden so viele Fehler gemacht, dass, mit Ausnahme von China, Vietnam und einigen osteuropäischen Ländern, die Armut sprunghaft anstieg und die Einkommen stark zurückgingen.“ (STIGLITZ 2002, S. 280)
Dieses Zitat stammt nicht etwa von einer globalisierungskritischen NGO, sondern vom einem der profiliertesten Wirtschaftswissenschaftler der Gegenwart, dem ehemaligen Chefökonomen der Weltbank und Nobelpreisträger Joseph STIGLITZ. In seinem 2002 erschienen Werk „Die Schatten der Globalisierung“ zeigt er auf, dass Neoliberalismus und die freie Marktwirtschaft besonders für Entwicklungsländer große Nachteile mit sich gebracht haben.
STIGLITZ schreibt weiter: „Manche sehen einen einfachen Ausweg: Sie wollen die Globalisierung begraben. Doch das ist weder machbar noch wünschenswert. Denn die Globalisierung hat auch segensreiche Wirkungen entfaltet.“ Er führt hier den wirtschaftlichen Erfolg Ostasiens, die bessere Gesundheitsversorgung und die „aktive globale Zivilgesellschaft, die für mehr Demokratie und größere soziale Gerechtigkeit kämpft“ an. Und weiter: „Nicht die Globalisierung ist das Problem, sondern die Art und Weise, wie sie umgesetzt wurde.“
STIGLITZ bestätigt, dass in der globalen Finanz- und Wirtschaftspolitik viele Fehler gemacht wurden und noch immer gemacht werden. Doch nun gilt es, die Lehren daraus zu ziehen, und Mittel und Wege zu finden, um die negativen Aspekte der Globalisierung zu minimieren. Eine andere Welt ist möglich – ein Umdenken bringt nicht nur den Entwicklungs-, sondern auch den Industrieländern etwas. Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine solche Entwicklungspolitik mit Zukunft zu skizzieren, indem die einzelnen Lösungsansätze und Strategien für globale Gerechtigkeit aufgezeigt werden. Damit soll ein Überblick über die Handlungsmöglichkeiten in der internationalen Finanz- und Wirtschaftspolitik geschaffen werden.
Zunächst stellt sich aber die grundlegende Frage: Was ist überhaupt Entwicklung? Was bedeutet Entwicklungspolitik? Es gibt viele Versuche, diese Begriffe zu definieren: So schreib MIKUS 1994: „Entwicklung wird unter allgemeinen Gesichtspunkten als Fortschritt eines Prozesses verstanden, bei dem kulturelle, soziale, politische, ökonomische und technische Kriterien berücksichtigt werden.“
„Was unter Entwicklung zu verstehen ist, macht einen guten Teil der Entwicklungsproblematik selbst aus. Der Begriff ist weder vorgegeben noch allgemein definierbar, noch wertneutral, sondern abhängig von Raum und Zeit sowie insbesondere von individuellen und kollektiven Wertvorstellungen.“ (NOHLEN, 2002)
„Entwicklung bedeutet nicht im Passiv Entwickelt-Werden, ... sondern im Aktiv Sich-Entwickeln durch das Auswickeln der eigenen Fähigkeiten, je besondere Problemlagen zu meistern.“ (NUSCHELER, 2004)
Allein diese drei Definitionsversuche zeigen die Schwierigkeit, den Begriff Entwicklung zu erklären. Das grundlegende Problem besteht darin, dass jede Entwicklung eine bestimmte Richtung braucht, welche aber nicht immer klar definiert ist. Derzeit herrscht vor allem in westlichen Ländern die Meinung vor, dass eine positive Entwicklung mit einer Modernisierung nach europäischem und US-amerikanischem Vorbild gleichzusetzen ist.
Im Jahr 2000 haben sich 189 Nationen beim UN-Gipfel auf die Millenium Development Goals geeinigt: Menschliche Entwicklung (Abnahme von weltweiter Armut, Verbesserung der Gesundheit, Förderung von Menschenrechten, etc.) soll anstelle von ökonomischem Wachstum in den Vordergrund treten. Diese Ziele, die sehr detailliert ausformuliert wurden und bis 2015 erreicht werden sollen, spielen eine zentrale Rolle in der internationalen Entwicklungspolitik.
Doch es gibt viele Kritikpunkte: Die Millenium Development Goals gelten als Agenda von „oben“, die größtenteils von den reichen Ländern des Westens mitbestimmt ist. Partizipatorische Ansätze treten in den Hintergrund. Zudem ist es ungeklärt, wie die Fortschritte und Maßnahmen überprüft werden, und auch der kurzfristige Zeithorizont widerspricht sich mit der Perspektive der Nachhaltigkeit.
Vielen gehen die Millenium-Ziele auch nicht weit genug: Entwicklungsprioritäten, wie Versorgung mit reproduktiven Gütern u. institutionelle Reformen der Weltpolitik, werden beispielsweise gar nicht berücksichtigt. (ZIMMERMANN, 2008)
Somit ist klar, dass eine Entwicklungspolitik mit Zukunft mehr braucht als diese Millenium Development Goals. Entwicklung braucht eine klare Richtung. In vielen Entwicklungsländern haben Marktöffnung, Abbau von Handelshemmnissen und Privatisierungen nicht zu einer Verbesserung, sondern in vielen Fällen zu einer Verschlechterung der Situation geführt. Die Richtung muss also korrigiert werden, weg vom Neoliberalismus, hin zu einer neuen Form der Globalisierung, die die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Benachteiligungen der Entwicklungsländer beseitigt. Das ist nur jedoch nur dann möglich, wenn reiche und arme Staaten gemeinsam an einem Strang ziehen. (STIGLITZ, 2006)
Die Millenium Development Goals der vereinten Nationen waren ein erster Schritt in die richtige Richtung. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Weg zielstrebig weiterzugehen, um die globalen Ungerechtigkeiten abzubauen und allen Ländern die Chance zu geben, von der Globalisierung zu profitieren. Denn eine Entwicklungspolitik mit Zukunft bringt nicht nur den Entwicklungsländern etwas, sondern auch die Industrieländer werden auf lange Sicht davon profitieren. Eine Reform der Weltwirtschaft ist sowieso unausweichlich, aber je früher gehandelt wird, desto früher werden die Vorteile für alle sichtbar (STIGLITZ, 2006). Im Folgenden werden nun Vorschläge gebracht, wie eine solche Entwicklungspolitik mit Zukunft aussehen kann. Ein Großteil stammt – wenn nicht anders gekennzeichnet – aus dem umfassendsten Werk zu diesem Thema – STIGLITZ (2006): Die Chancen der Globalisierung. Viele andere Autoren bringen sehr ähnliche Vorschläge und bestätigen dadurch STIGLITZ. Sie werden daher nur dann zitiert, wenn ihre Ideen darüber hinaus gehen.
2. Reform der Welthandelsordnung
„Auch wenn es schwierig sein mag, eine faire Welthandelsordnung zu definieren, steht doch fest, dass die gegenwärtigen Regelungen nicht fair sind“ (STIGLITZ, 2006). Er ist der Meinung, dass sich das Welthandelsregime so gestalten lässt, dass es gleichzeitig den ärmsten Ländern zugute kommt und den Interessen der Industrieländer gerecht wird.
Dazu macht STIGLITZ folgende Vorschläge:
- Entwicklungsländer sollen eine besondere und differenzierte Behandlung erfahren. Derzeit gewähren Industrieländer Importgütern aus Entwicklungsländern freiwillig niedrigere Zölle. In der Regel werden jedoch dafür Gegenleistungen erwartet. STIGLITZ fordert, dass die Wohlstandsländer den ärmeren Ländern einfach ihren Markt öffnen sollen, ohne wirtschaftliche oder politische Auflagen daran zu knüpfen.
- Auch die Entwicklungsagenda der Entwicklungsländer soll erweitert werden. Sie sollen verstärkt die Möglichkeit erhalten, aus eigener Kraft zu wachsen. Dafür müssen Subventionen für den Aufbau neuer Industrien erlaubt werden.
- Die hohe Subventionierung der Landwirtschaft in den Industrieländern stellt eines der größten Probleme dar: Dadurch können Produkte aus Entwicklungsländern preislich nicht mithalten. Nur wenn die Wohlstandsländer ihre Agrarausgaben auf Staatskosten senken, bekommen auch die armen Nationen eine Chance, auf dem Weltmarkt zu reüssieren.
- Ebenso müssen die Zollsysteme so gestaltet werden, dass sie die Entwicklung fördern: Derzeit werden Produkte, je stärker verarbeitet, desto höher verzollt. Durch eine Abschaffung der Zollabstufung hätten Entwicklungsländer verstärkt die Möglichkeit, selbst ihre Produkte weiterzuverarbeiten, und so die Wertschöpfung im Land zu behalten.
- Zudem scheint eine Liberalisierung der Arbeitskräftebewegungen sinnvoll. Ein Abbau von Beschränkungen in diesem Bereich käme den Entwicklungsländern zu Gute, da Arbeitskräfte, die in den Industrieländern beschäftigt sind, einen Teil ihres Einkommens zurück in ihre Heimatländer überweisen.
- Neben dem Abbau von Zöllen sollen auch die nichttarifären Handelshemmnisse für die Entwicklungsländer beseitigt werden. Industrieländer setzen Schutz- und Antidumpingzölle oft missbräuchlich ein. Sie schützen damit ihre eigenen Industrien, zum Nachteil der Entwicklungsländer. Hier wird ein einheitlicher Maßstab für unfaire Handelspraktiken nötig sein. STIGLITZ fordert dafür ein System internationaler Gerichtshöfe. Auch die Ursprungsregeln, die derzeit komplizierten Berechnungen und willkürlichen Regeln unterliegen, sollen vereinheitlicht werden.
- Ein weiterer Punkt ist die Verhinderung bilateraler Handelsabkommen, die oft eine handelsablenkende Wirkung erzeugen, zugunsten einer multilateralen Wirtschaft.
- Auch institutionelle Reformen sind unumgänglich: Defizite im internationalen Ordnungsregime tragen die Hauptschuld an den Misserfolgen der Globalisierung. Egal, ob es darum geht, wie Entscheidungen getroffen werden, was in der Tagesordnung steht, wie Streitigkeiten beigelegt werden oder wie Regelungen letztlich durchgesetzt werden: Die Politikgestaltung auf internationaler Ebene braucht klare Richtlinien, um eine faire Welthandelsordnung zu gewährleisten.
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