Erstgeborene, Mittelkind oder Nesthäkchen, ob wir als erstes, zweites, letztes oder als Einzelkind das Licht der Welt erblicken, wird uns ein Leben lang begleiten. Sind die Erstgeborenen wirklich leistungsorientierter als ihre jüngeren Geschwister? Sind Mittelkinder die Vermittler der Familie und entwickeln sich deswegen zu guten Diplomaten? Sind die Jüngsten der Familien die Nervensägen, die stets im Rampenlicht stehen wollen?
Haben heute solche Zuschreibungen in der Geschwisterreihe Gültigkeit?
Im Laufe des 20. Jahrhunderts sind große Veränderungen innerhalb der Familie dokumentiert worden. Die Rede ist von „Individualisierung“ und „Modernisierung“. Drei wichtige Elemente zeigen sich in dieser Entwicklung: Der Rückgang der großen Haushalte (oft mit mehreren Generationen in der gleichen Familie), die starke Zunahme der Einpersonen-Haushalte und der Rückgang der Kinderzahl in den Familien. So waren noch um die Jahrhundertwende in Mitteleuropa durchschnittlich 5-6 Kinder pro Familie üblich, zwischen den Weltkriegen drei Kinder, in den 50er und 60er Jahren zwei Kinder und heute schließlich nicht einmal 1,5 Kinder pro Familie (diese Zahl trifft auf die Bundesrepublik Deutschland zu). Familien mit einem oder zwei Kindern sind heute zur Regel geworden, aber dennoch haben ein Drittel der Kindern, die heute aufwachsen, keine Geschwister.
Die Industriegesellschaft hat viele Veränderungen mit sich gebracht, was dazu geführt hat, dass die heutigen Kinder vermehrt von Erwachsenen umgeben sind und ihre Zeit immer mehr mit Betreuungs- und Versorgungspersonen teilen. Die elterliche Arbeitszeit ist gesunken, Krippenbetreuerinnen, Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen, Erzieherinnen usw. sind zum Bestandteil des kindlichen Alltags geworden. Kann somit angenommen werden, dass diese veränderten Strukturen in der Familie dazu geführt haben, dass die Beziehungen, Rollen und Bindungen unter den Geschwistern sich tiefgreifend verändert haben oder sogar ganz an Bedeutung verloren haben?
Vorliegende Arbeit versucht, mögliche Antworten auf diese Frage zu erbringen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Fragestellung
- 3 Die Geschwisterbeziehung
- 3.1 Geschwisterkonstellationen und Geburtsrangplatz
- 3.2 Geschwisterrollen und Identität
- 3.3 Geschwisterbindungen
- 3.4 Die Familiensituation früher und heute
- 4 Die Geschwisterkonstellationsforschung
- 4.1 Theoretische Konzepte in der Individualpsychologie
- 4.2 Neuere Forschungsarbeiten
- 5 Geschwisterposition: Persönliche und soziale Entwicklung
- 5.1 Das älteste Kind
- 5.2 Das Einzelkind
- 5.3 Das mittlere Kind
- 5.4 Das jüngste Kind
- 5.5 Zu prüfende Hypothesen
- 6 Methode
- 6.1 Beschreibung der Stichprobe
- 6.2 Untersuchungsinstrumente
- 6.2.1 SPSS-Datenauswertung des Fragebogens
- 6.2.2 Übersicht zur internen Konsistenz und den Trennschärfen der Items der verwendeten Skalen
- 6.2.3 Vorgehensweise der auserwählten Testverfahren
- 7 Ergebnisse
- 7.1 Ergebnis der Hypothesenprüfung 1a)
- 7.2 Ergebnis der Hypothesenprüfung 1b)
- 7.3 Ergebnis der Hypothesenprüfung 1c)
- 7.4 Ergebnis der Hypothesenprüfung 2a)
- 7.5 Ergebnis der Hypothesenprüfung 2b)
- 7.6 Ergebnis der Hypothesenprüfung 3a)
- 7.7 Ergebnis der Hypothesenprüfung 3b)
- 8 Diskussion der Ergebnisse
- 8.1 Themenbereich: Leistung
- 8.2 Themenbereich: Selbstakzeptanz
- 8.3 Themenbereich: Aggression
- 9 Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss der Geschwisterkonstellation auf die Persönlichkeitsentwicklung. Sie überprüft, ob klassische entwicklungspsychologische Annahmen über die Auswirkungen der Geburtsreihenfolge weiterhin Gültigkeit besitzen, oder ob sich diese durch den gesellschaftlichen Wandel verändert haben. Die Studie analysiert, inwieweit die Position innerhalb der Geschwisterreihe die persönliche und soziale Entwicklung beeinflusst.
- Einfluss der Geschwisterposition auf die Persönlichkeitsentwicklung
- Relevanz klassischer entwicklungspsychologischer Annahmen im Kontext moderner Familienstrukturen
- Vergleich theoretischer Konzepte mit empirischen Befunden
- Analyse von Leistung, Selbstakzeptanz und Aggression im Zusammenhang mit der Geschwisterposition
- Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels auf Geschwisterbeziehungen
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Geschwisterkonstellation und deren Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung ein. Sie beleuchtet den Wandel der Familienstrukturen im 20. Jahrhundert, insbesondere den Rückgang der Kinderzahl und die Zunahme von Einpersonenhaushalten. Die Frage, ob die Bedeutung der Geschwisterbeziehung durch diese Veränderungen geschwächt wurde, wird als zentrale Forschungsfrage formuliert. Die Arbeit untersucht, ob klassische Annahmen über die Auswirkungen der Geburtsreihenfolge weiterhin zutreffen.
2 Fragestellung: Dieses Kapitel präzisiert die Forschungsfrage: Werden klassische entwicklungspsychologische Annahmen über den Einfluss der Geschwisterposition empirisch bestätigt, oder haben sich diese durch den Wandel zu Kleinfamilien und veränderte Erziehungspraktiken überholt? Der Aufbau der Arbeit und die Vorgehensweise werden skizziert.
3 Die Geschwisterbeziehung: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene Aspekte der Geschwisterbeziehung. Es werden Geschwisterkonstellationen, Geburtsrangplätze, Rollen und Identitäten, Bindungen und die Entwicklung der Familiensituation im gesellschaftlichen Wandel untersucht. Der Fokus liegt auf den verschiedenen Dynamiken innerhalb der Geschwisterbeziehung und ihren möglichen Auswirkungen auf die individuelle Entwicklung.
4 Die Geschwisterkonstellationsforschung: In diesem Kapitel wird die bestehende Forschung zur Geschwisterkonstellation dargestellt. Es werden sowohl ältere, auf individualpsychologischen Konzepten basierende Ansätze als auch neuere Forschungsarbeiten berücksichtigt. Der Überblick dient als theoretische Grundlage für die eigene empirische Untersuchung.
5 Geschwisterposition: Persönliche und soziale Entwicklung: Dieses Kapitel beschreibt typische Eigenschaften von Kindern in verschiedenen Geschwisterpositionen (ältestes Kind, Einzelkind, mittleres Kind, jüngstes Kind), basierend auf Literaturrecherchen. Es werden dabei vermutete Einflüsse und Befindlichkeiten dieser Positionen herausgearbeitet, welche die Grundlage für die folgenden Hypothesen bilden.
Schlüsselwörter
Geschwisterkonstellation, Geburtsrangplatz, Persönlichkeitsentwicklung, Familienstruktur, Individualpsychologie, Empirische Forschung, Selbstkonzept, Leistung, Selbstakzeptanz, Aggression, Kleinfamilie, gesellschaftlicher Wandel.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Einfluss der Geschwisterkonstellation auf die Persönlichkeitsentwicklung
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht den Einfluss der Geschwisterkonstellation (Anzahl und Reihenfolge der Geschwister) auf die Persönlichkeitsentwicklung. Sie überprüft dabei klassische entwicklungspsychologische Annahmen über die Auswirkungen der Geburtsreihenfolge im Kontext des gesellschaftlichen Wandels und moderner Familienstrukturen.
Welche Forschungsfragen werden behandelt?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Werden klassische entwicklungspsychologische Annahmen über den Einfluss der Geschwisterposition empirisch bestätigt, oder haben sich diese durch den Wandel zu Kleinfamilien und veränderte Erziehungspraktiken überholt? Die Arbeit analysiert, inwieweit die Position innerhalb der Geschwisterreihe die persönliche und soziale Entwicklung (Leistung, Selbstakzeptanz, Aggression) beeinflusst.
Welche Aspekte der Geschwisterbeziehung werden betrachtet?
Die Arbeit beleuchtet verschiedene Aspekte der Geschwisterbeziehung, darunter Geschwisterkonstellationen, Geburtsrangplätze, Geschwisterrollen und -identitäten, Geschwisterbindungen und die Entwicklung der Familiensituation im gesellschaftlichen Wandel. Es wird untersucht, wie die Dynamiken innerhalb der Geschwisterbeziehung die individuelle Entwicklung beeinflussen.
Welche theoretischen Grundlagen werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf klassische individualpsychologische Konzepte sowie auf neuere Forschungsarbeiten zur Geschwisterkonstellationsforschung. Der Überblick über die bestehende Forschung dient als theoretische Grundlage für die eigene empirische Untersuchung.
Wie werden die verschiedenen Geschwisterpositionen untersucht?
Die Arbeit beschreibt typische Eigenschaften von Kindern in verschiedenen Geschwisterpositionen (ältestes Kind, Einzelkind, mittleres Kind, jüngstes Kind) basierend auf Literaturrecherchen. Es werden vermutete Einflüsse und Befindlichkeiten dieser Positionen herausgearbeitet und in Form von Hypothesen geprüft.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit beschreibt die Stichprobe und die verwendeten Untersuchungsinstrumente (Fragebögen und deren SPSS-Datenauswertung). Es wird die interne Konsistenz und die Trennschärfe der Items der verwendeten Skalen sowie die Vorgehensweise der auserwählten Testverfahren detailliert dargestellt.
Welche Ergebnisse werden präsentiert?
Die Ergebnisse umfassen die Prüfung der aufgestellten Hypothesen in Bezug auf den Einfluss der Geschwisterposition auf Leistung, Selbstakzeptanz und Aggression. Die Ergebnisse der Hypothesenprüfung werden detailliert dargestellt und diskutiert.
Wie werden die Ergebnisse diskutiert?
Die Diskussion der Ergebnisse konzentriert sich auf die Themenbereiche Leistung, Selbstakzeptanz und Aggression im Zusammenhang mit der Geschwisterposition. Es wird geprüft, inwieweit die Ergebnisse klassische Annahmen bestätigen oder widerlegen.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit zieht Schlussfolgerungen aus den empirischen Befunden und diskutiert deren Bedeutung für das Verständnis des Einflusses der Geschwisterkonstellation auf die Persönlichkeitsentwicklung. Es wird der Einfluss des gesellschaftlichen Wandels auf die Geschwisterbeziehungen und die Relevanz klassischer entwicklungspsychologischer Annahmen bewertet.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Geschwisterkonstellation, Geburtsrangplatz, Persönlichkeitsentwicklung, Familienstruktur, Individualpsychologie, Empirische Forschung, Selbstkonzept, Leistung, Selbstakzeptanz, Aggression, Kleinfamilie, gesellschaftlicher Wandel.
- Citation du texte
- lic.phil. I Patrick Lustenberger (Auteur), 2002, Die Bedeutung der Geschwisterkonstellation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122561