Im Alltag werden Kindern und Jugendlichen dauerhaft wirtschaftliche Themengebieten entgegengestellt. Sei es in den Medien bezüglich Veränderungen am Kapitalmarkt, Inflation oder auch nur die Umstrukturierung von Arbeitsplätzen unter anderem in Bezug auf neue Technologien zur Kommunikation.
Die steigende Komplexität wirtschaftlicher Strukturen und Prozesse beunruhigt Bürger*innen, wodurch diese sich oft aufgrund ihres mangelnden Verständnisses zum oben genannten Themenkomplex orientierungslos fühlen. "Wer nichts
weiß, muss viel glauben." Dieses Zitat von Hans Kaminski, einem emeritierten Professor für ökonomische Bildung, beschreibt anschaulich eben diese Überforderung von Bürger*innen angesichts wirtschaftlicher Themengebiete. Darüber hinaus führt dieses mangelnde Wissen oft leicht zur Manipulation von Menschen auf vielen verschiedenen Ebenen. So zum Beispiel im privaten Bereich durch (soziale) Medien oder auch im öffentlichen Raum in der Politik. Im Gesamtbild führen ungenügende Kenntnisse hinsichtlich wirtschaftlicher Themen in der Bevölkerung also dazu, dass sich viele durch vermeintliche Expert*innen in der Öffentlichkeit, beispielweise in Talkshows, beeinflussen lassen.
Als problematisch stellte sich bei der Erarbeitung unter anderem die Vielzahl an verschiedenen Statistiken und Umfragen zum Thema dar, welche teils zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Weiterhin ist es selbstredend problematisch ein solch komplexes und umfangreiches Thema innerhalb des gegebenen Umfangs vollständig darzustellen, weshalb einzelne Punkte sporadisch nur oberflächlich behandelt werden konnten.
Dennoch soll die folgende Arbeit einen groben Überblick über das Thema finanzielle Allgemeinbildung speziell in Deutschland geben. Diese wird anhand verschiedener demographischer Faktoren, welche im weiteren Verlauf dieser Projektarbeit noch genauer erläutert werden, genauer betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problem-und Zielsetzung
1.2 Eingrenzung auf die finanzielle Allgemeinbildung in Deutschland
1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
2 Financial Literacy - Theoretische Grundlagen
2.1 Begriff und Bedeutung
2.2 Ziele der Financial Literacy
2.3 Wege zur finanziellen Allgemeinbildung
3 Eine Analyse der finanziellen Allgemeinbildung
3.1 Finanzielle Allgemeinbildung in Bezug auf Geschlechter
3.2 Finanzielle Allgemeinbildung in Bezug auf verschiedene Altersgruppen
3.3 Finanzielle Allgemeinbildung in Bezug auf Bildung und Einkommen
4 Kritische Würdigung der finanziellen Allgemeinbildung
4.1 Überprüfung der Anforderungen für eine finanziell gebildete Gesellschaft
4.2 Handlungsempfehlungen in Bezug auf die finanzielle Allgemeinbildung in Deutschland
4.3 Individuelle Konzepte für unterschiedliche Zielgruppen und deren Grenzen
5 Schlussbetrachtung
6 Literaturverzeichnis IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Relevanz von Bildungsbereichen für die Bevölkerung (Union Investment, 2017)
Abbildung 2 - Average financial knowledge score by gender (OECD, 2013)
Abbildung 3 - Gender differences in financial literacy performance (OECD, 2013) 14 Abbildung 4 - Probleme aufgrund mangelnden Wissens 1 (Union Investment, 2017)
Abbildung 5 - Probleme aufgrund mangelnden Wissens 2 (Union Investment, 2017)
Abbildung 6 - Absolute und prozentuale Verteilung von Sparformen bei Auszubildenden und Studierenden (Barry, 2013)
Abbildung 7 - Verantwortung für die Finanzwissensvermittlung (Union Investment, 2017)
Abbildung 8 -Vermittler*innen von Finanzwissen (Union Investment, 2017)
Abbildung 9- Mögliche Lösungsansätze zur Verbesserung der Kenntnisse der Bevölkerung zum Thema "Geld und persönliche Finanzen" 1 (Union Investment, 2017)
Abbildung 10- Hindernisse bei der Wissensvermittlung an junge Menschen (Union Investment, 2017)
Abbildung 11- Mögliche Lösungsansätze zur Verbesserung der Kenntnisse der Bevölkerung zum Thema "Geld und persönliche Finanzen" 2 (Union Investment, 2017)
1 Einleitung
Im Alltag werden Kindern und Jugendlichen dauerhaft wirtschaftliche Themengebieten entgegengestellt. Sei es in den Medien bezüglich Veränderungen am Kapitalmarkt, Inflation oder auch nur die Umstrukturierung von Arbeitsplätzen unter anderem in Bezug auf neue Technologien zur Kommunikation.1
Die steigende Komplexität wirtschaftlicher Strukturen und Prozesse beunruhigt Bürger*innen, wodurch diese sich oft aufgrund ihres mangelnden Verständnisses zum oben genannten Themenkomplex orientierungslos fühlen.2 „Wer nichts weiß, muss viel glauben.“3 Dieses Zitat von Hans Kaminski, einem emeritierten Professor für ökonomische Bildung, beschreibt anschaulich eben diese Überforderung von Bürger*innen angesichts wirtschaftlicher Themengebiete. Darüber hinaus führt dieses mangelnde Wissen oft leicht zur Manipulation von Menschen auf vielen verschiedenen Ebenen. So zum Beispiel im privaten Bereich durch (soziale) Medien oder auch im öffentlichen Raum in der Politik.
Im Gesamtbild führen ungenügende Kenntnisse hinsichtlich wirtschaftlicher Themen in der Bevölkerung also dazu, dass sich viele durch vermeintliche Expert*innen in der Öffentlichkeit, beispielweise in Talkshows, beeinflussen lassen.4
1.1 Problem- und Zielsetzung
Als problematisch stellte sich bei der Erarbeitung unter anderem die Vielzahl an verschiedenen Statistiken und Umfragen zum Thema dar, welche teils zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Weiterhin ist es selbstredend problematisch ein solch komplexes und umfangreiches Thema innerhalb des gegebenen Umfangs vollständig darzustellen, weshalb einzelne Punkte sporadisch nur oberflächlich behandelt werden konnten.
Dennoch soll die folgende Arbeit einen groben Überblick über das Thema finanzielle Allgemeinbildung speziell in Deutschland geben. Diese wird anhand verschiedener demographischer Faktoren, welche im weiteren Verlauf dieser Projektarbeit noch genauer erläutert werden, genauer betrachtet.
1.2 Eingrenzung auf die finanzielle Allgemeinbildung in Deutschland
„Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann 'ne Gedichtanalyse schreiben. In vier Sprachen.“5
Mit diesem Tweet sorgte die Kölner Schülerin Naina bereits 2015 für hohes Aufsehen. Zynisch spielt sie hier auf einen Missstand an, den nicht nur sie, sondern auch viele Expert*innen schon längst erkannt und offen kommuniziert haben: Die finanzielle Allgemeinbildung kommt in Deutschland, speziell an deutschen Schulen, viel zu kurz.
Zwar wird von Seiten der Politik oft behauptet, man tue etwas gegen diesen Mangel, die 2017 von der Union Investment beauftragte Studie des Marktforschungsinstituts Emnid „Finanzbildung in Deutschland. Wissenstand - Defizite - Handlungsfelder“ zeigt jedoch, dass in den letzten Jahren nicht viel bewegt wurde. Die Einstellung der Bevölkerung Deutschlands in Hinblick auf den Wissensstand zum Themenbereich Geld und Finanzen hat sich seither kaum verändert.6
Kaminski und seine Kolleg*innen beziehen sich in ihrem Werk „Mehr Wirtschaft in die Schule. Herausforderungen für den Unterricht“ unter anderem auf Udo Reifner, einen deutschen Verbraucherrechtler, welcher die Deutschen als „finanzielle Analphabeten“7 bezeichnet. Auch dies mag zynisch wirken, ist genauer betrachtet aber nicht gerade weit hergeholt. Eine Befragung der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2003 kommt exemplarisch zu drei interessanten Ergebnissen:
- Jede*r Vierte ist der Auffassung, dass Aktien eine sichere Geldanlage gegen Wertverlust seien.
- Nach Angabe von Besserverdiener*innen seien Sparbücher riskanter als Aktien.
- Fünfzig Prozent aller Ökonomiestudent*innen waren im Unklaren darüber, dass ein Bausparvertrag nicht an eine Immobilie geknüpft sein muss.8
1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Im Folgenden werden verschiedenste Bereiche der finanziellen Allgemeinbildung genauer erörtert.Zu Beginn wird der Begriff Financial Literacy definiert und seine Grundlagen und Ziele umrissen. Im Anschluss wird aufgezeigt, welche unterschiedlichen Möglichkeiten bestehen, Zugang zur finanziellen Allgemeinbildung zu erhalten. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird die finanzielle Allgemeinbildung in Bezug auf verschiedene demographische Aspekte(Geschlecht, Bildungsstand und Einkommen, Alter) genauer betrachtet. Anschließend wird - selbstredend mit dem Schwerpunkt auf finanzieller Allgemeinbildung - ein Blick auf ein Deutschland in der Zukunft geworfen und Vorschläge zur Verbesserung der Financial Literacy erarbeitet. Am Ende dieser Projektarbeit werden die Ergebnisse der Arbeit in einer Schlussbetrachtung zusammengefasstund ein Fazit gezogen.
2 Financial Literacy - Theoretische Grundlagen
Als Financial Literacy wird die „Vermittlung von Finanzthemen bei Kindern und Erwachsenen mit dem Ziel, ihnen die notwendigen Finanzkenntnisse bereitzustellen“9 bezeichnet. Der Begriff Financial Literacy, auf Deutsch auch finanzielle Allgemeinbildung, beschreibt also unter anderem den Grad an Wissen über Themen im Bereich Finanzen. Von diesem Wissen abhängig sind Entscheidungen, die weitreichende Folgen fürPersonen haben können.
Je nach Alter und Lebensplanung können erst aufgrund dieser Entscheidungen, wie etwa der Kauf eines Hauses, eines Autos oder auch der Besitz einer ausreichenden Altersvorsorge, Rückschlüsse auf die finanzielle Allgemeinbildung getroffen werden. Diese beinhaltet mehrere Kernbereiche. Ganz oben auf der Agenda steht hier die Vermittlung der Notwendigkeit von Sparen in Hinblick auf die Zukunft sowie der richtige Umgang mit dem eigenen Budget.Des Weiteren ist es unerlässlich, Kompetenzen hinsichtlich Vorteilenvon Investitionensowie denrichtigenUmgang mit Krediten zu vermitteln. Hierfür sind Kenntnisse bezüglich Zinsen und Zinseszinsen nötig. Als letzter bedeutender Bereich kann die finanzielle Sicherheit gesehen werden. Dies bedeutet zum Beispiel ein gewissenhafter Umgang mit den eigenen Finanzdaten und Geheimzahlen.10
Dass finanzielle Mittel in unserer Gesellschaft längst eine bedeutende Rolle spielen, ist kaum noch abzustreiten. Kirsten Schlegel-Matthies, eine Professorin für Haushaltswissenschaft an der Universität Paderborn, bezeichnet das Vorhandensein von Geld - unabhängig von der Altersgruppe - als „Schlüssel zur Teilnahme am sozialen Leben“11. Insbesondere die junge Generation erlebt hierbei eine „zunehmende Monetarisierung der Kindheit."12 Sie wollen möglichst viele Konsumgüter besitzen und führen ein ausgabenreiches Privatleben. Geld ausgeben bildet einen festen Bestandteil ihres Alltags.Demgegenüber steht aber auch eine immer weiter zunehmende Anzahl an jungen Bürger*innen welche, aufgrund ihrer bestehenden Armut, dies nicht bewerkstelligen können.13 All dies sind Phänomene, die unter Umständen durch eine bessere, individuelle finanzielle Allgemeinbildung verhindert respektive gelöst werden könnten.
2.1 Begriff und Bedeutung
Der Begriff Financial Literacy bezeichnet einen enorm abstrakten und mutablen Themenkomplex. Genauer ist der Begriff sogar so abstrakt, dass sich bis zur Veröffentlichung durch die Organisation for Economic Co-operation and Development, kurz OECD, 2011 keine einheitliche Definition durchgesetzt hat, beziehungsweise nicht einmal versucht wurde, diesen Themenbereich zu definieren. Die OECD ist eine Organisation, die sich unter dem Motto Better policies for better lives global für die Schaffung von Richtlinien einsetzt, die Wohlstand, Gleichheit und die Möglichkeit eines besseren Lebens für alle herstellen sollen.14 Sie sieht als zentrales Element der Financial Literacy finanzielle Entscheidungen. Diese verfolgen stets die Absicht „individuelle[s] finanzielle[s] Wohlergehen“15 zu befriedigen.
Zu einer allumfänglichen finanziellen Bildung gehören insbesondere das Verständnis bezüglich des Zinsmechanismus, der Inflation sowie der Diversifizierung des Risikos bei verschiedenen Geldanlagen. Darüber hinaus spielen auch Themenbereiche wie die Funktionsweise des Aktienmarktes, der Investmentfonds,der Zusammenhang zwischen Zinsen und Anleihenkursen, das Risikoverhältnis bei Unternehmensaktien und Investmentfonds, das Risiko bei Aktien und Anleihen, Renditen bei langer Laufzeitsowie die Schwankungen der Kurse bei verschiedensten Geldanlagen eine bedeutende Rolle. Eng damit verbunden sollten sich Bürger*innen über verschiedene Assetklassen, also Anlageklassen, bewusst sein und hier ihr Vermögen sinnvoll streuen.16
Aus einer Studie der Union Investment, beauftragt durch das Marktforschungsinstitut Emnid, ergibt sich, dass 2017 von insgesamt 600 der befragten Expert*innennur elf Prozentdas Thema Finanzbildung als bedeutend erachten.17
Gleichzeitig prognostizieren sie jedoch einen grundlegenden Wandel in Hinsicht auf die zukünftige Bedeutung dieses Themengebietes: 61 Prozent der Experte*innen rechnen damit, dass Financial Literacy in zehn Jahren ein enorm wichtiges Thema für die Bevölkerung sein wird. Aus dieser Einschätzung heraus wird der bestehende Handlungsbedarf offensichtlich.18 Zudem zeigt die Studie, dass Finanzen sowohl für
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Expert*innenals auch für die Gesamtbevölkerung von grundlegender Bedeutung sind: Bei der Betrachtungverschiedener Bildungsbereiche priorisiereninsgesamt 52 Prozent der befragten Bevölkerung den Bereich Geld und Finanzen. Sachkundigeschätzen diesen Bildungsbereich mit beinahe zwei Drittelnals noch relevanter für die deutsche Bevölkerung ein (s. Abbildung 1). Damit steht dieser Bildungsbereich an erster Stelle, noch vor Gesundheitsvorsorge, Ernährung, Politik und Geschichte oder Ökologie.19
Dies hat unter anderem auch der demographische Wandel zur Folge; die Entscheidungen über wichtige Fragen im Finanzbereich sind schon in früh von enormer Bedeutung. Ohne einen ausreichenden Wissensstand setzen sich Bürger*innen Risiken aus, deren Folgen sie ihr ganzes Leben lang begleiten, sei es in der Altersvorsorge, in der Absicherung der eigenen Gesundheit oder auch in der Verschuldung.20
2.2 Ziele der Financial Literacy
Zentralbanken, die das Eurosystem miteingeführt haben, sind gesetzlich an die Pflicht gebunden, im Euroraum für eine Preisstabilität zu sorgen. Dies erfordert jedoch ein Verständnis der Gesellschaft hinsichtlich der Geldpolitik. Ist dieses nicht vorhanden, ist es schwer die Arbeit der Banken zu befürworten und somit letztendlich bei der Erreichung der wirtschaftspolitischen Ziele mitzuwirken.21
Auch der ehemalige französische Finanzminister Frangois Baroin äußerte sich zu diesem Themenkomplex wie folgt:
„Gegen das Finanzsystem zu sein, ist genauso dumm, wie zu sagen: ,Ich bin gegen den Regen[1], ,ich bin gegen die Kälte' oder,ich bin gegen den Nebel.“22
Als Folge des Ausbruchs der Finanzkrise 2007/2008 wächst das Bedürfnis der Bürger*innen, insbesondere bei der jungen Generation, sich politische Sachverhalte erklären sowie kritisch beurteilen zu können. Um ihren Lebensalltag auch sinnvoll gestalten zu können, ist diese zuvor genannte Eigenschaft zwingend notwendig. Leider wird dieser Wunsch nach finanzieller Allgemeinbildung jedoch zumeist nicht ernst genommen.23
Zum Alltagsleben jedes privaten Haushaltes gehört auch die Frage nach Dienstleistungen in der Finanzbranche. Dies verursacht jedoch bei den meisten große Probleme. Finanzprodukte sind häufig sehr komplex, Werbeanzeigen führen Verbraucher*innen in die Irre. Exemplarisch hierfür sei die Versicherung von Sachgegenständen sowie der eigenen Gesundheit anzuführen. Banken, Sparkassen und Finanzdienstleister*innen bieten hier häufig eine breit gestreute Produktpalette, welche bei vielen Bürger*innen, unter anderem aufgrund mangelnder Transparenz, Unsicherheit bewirken kann.24 Besonders einprägsame Werbeanzeigen wie etwa die der Smava GmbH, einem Kreditinstitut aus Berlin, sorgen oft für Verwirrung bei der Bevölkerung. Smava wirbt mit einem Zinssatz von minus drei Prozent. Dass dieser jedoch nur unter speziellen Bedingungen gewährleistet werden kann, wird Interessent*innen oft erst im späteren Verlauf des Kreditvergabeprozesses bewusst.25
Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank äußerte sich 2018 auf einem Impulsvortrag über ökonomische Bildung auf dem Frankfurter Börsenparkett wie folgt:
„Unser - zugegeben hoher - Anspruch sollte sein, die Öffentlichkeit für Wirtschafts- und Finanzthemen zu interessieren, so dass sie sich von sich aus mit Wirtschaftsfragen beschäftigt.“26
Balz verdeutlicht hiermit die These, dass finanzielle Allgemeinbildung in der Gesamtbevölkerung nur spärlich vorhanden ist. Im Gegensatz zu anderen Themengebieten genießen nämlich nur diejenigen eine gute finanzielle Allgemeinbildung, die sich selbstständig mit Finanzthemen auseinandersetzen. Die Schule bildet meist sehr wenig in diesen Themenbereichen. Unter anderem auch, da das Wissen auch bei Lehrer*innen oft nur sehr eingeschränkt ist.27 Udo Reifner schreibt hierzu folgendes:
„Erst über die Finanzdienstleistungsprodukte erfahren wir, dass wir einen Überblick über unsere Ausgaben und Einnahmen erreichen und behalten müssen, weil wir sonst mit diesen Produkten nicht das erreichen, was wir von ihnen erwarten.“ 28
Gemäß des Kreditwesensgesetzes beinhaltet der Begriff „Finanzdienstleistung“ verschiedenste Bereiche. Insbesondere die Anlageberatung (§ 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG), die Finanzportfolioverwaltung (§ 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG) und das Kryptoverwahrgeschäft (§ 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG) erfordern ein sinnvolles Budgetmanagement, um hier Geld auch nachhaltig vermehren zu können.
Darüber hinaus bestimmen unter anderem das Sortengeschäft (§1 Abs. 1a Nr. 7 KWG) und das Finanzierungsleasing (§1 Abs. 1a Nr. 10 KWG) häufig den Alltag vieler Bürgerinnen.29
Die Förderung der finanziellen Bildung - also auch des Wissens über eben diese Finanzdienstleistungsprodukte - soll Menschen unterstützen, um die Wirkung und Notwendigkeit hinter den einzelnen Finanzprodukten zu verstehen und Individuen somit handlungsfähiger zu machen.30
Auch die zunehmende Veränderung verschiedener Lebensstile verstärken die Notwendigkeit finanzieller Bildung. In der heutigen Wohlstandsgesellschaft bestimmt der Konsum von Gütern und Dienstleistungen, bedingt durch die zunehmende Entscheidungsfreiheit, immer mehr den Alltag von Bürger*innen. Neben Ausgaben für alltägliche, versorgungsnotwendige Bereiche, wird der Konsum von sogenannten Luxusgütern und Freizeitaktivitäten immer bedeutsamer. Nach erwachsenen Personen erhalten (im Vergleich zu früheren Generationen) Kinder zunehmend ein Mitspracherecht bei alltäglichen Besorgungen, aber auch bei großen Investitionen, wie ein Autokauf oder das Buchen von Reisen insAusland. Auch verfügt die junge Generation über größere Summen an Taschengeld welches zu weiterem, selbstständigen Konsum führt.31
Legen Eltern nicht besonderen Fokus bei der Erziehung auf den Umgang mit Geld, kann dies schwerwiegende Folgen für die Konsumwirtschaft ihrer Kinder haben. Neben diesem Aspekt des Konsumverhaltens wächst auch, in Verbindung hiermit, die Einstellung zu der Aufnahme von Krediten.Werden hier die Folgen falsch eingeschätzt, endet dies oft in einer Verschuldung. Diese Herausforderung betrifft sowohl Kinder als auch Jugendliche und erwachsene Bürger*innen in Deutschland.32
Eine gute Finanzbildung ist von Vorteil, da diese erwiesenermaßen das Sparund Schuldenverhalten der Bürger*innen beeinflusst. Des Weiteren wirkt eine allumfassende Bereitstellung finanzieller Bildung auch der sozialen Ungleichheit entgegen, insbesondere in Bezug auf Wohlstand und Lebensqualität. Infolgedessen wird die Bedeutung der frühen Vermittlung finanzieller Kenntnisse bedeutender denn je. Diese sollte bereits in frühen Schuljahren beginnen, um das individuelle Verhalten der einzelnen Schüler*innen positiv beeinflussen zu können.33
2.3 Wege zur finanziellen Allgemeinbildung
Die Forderung nach einer zunehmenden finanziellen Bildung nimmt unter anderem in der Politik immer weiter zu. Auf welchem Weg dies jedoch explizit geschehen soll, ist häufig ungewiss. In der heutigen Zeit gibt es zahlreiche Vermittler*innen verschiedener Finanzinformationen. Vermittelt werden Informationen jedoch abhängig von deren Interessen. Als Beispiel setzen manche Finanzdienstleister*innen hier verstärkt Fokus auf das Verständnis über ihre eigenen Produkte. Ihr Ziel ist es, die Verkaufszahlen zu erhöhen. Eine umfassende Wissensvermittlung bleibt jedoch oft im Hintergrund. Aus diesem Kontext heraus entsteht die Herausforderung einer allumfänglichen Vermittlung von Wissen über Finanzen und Geld. Ziel sollte hier ein breit gestreutes Wissen sein, womit Bürger*innen rationale Entscheidungen im Alltag treffen können, unabhängig vom Einfluss bestimmter Unternehmen.34
Jedes Individuum hat unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse. Auch die Politik sieht als zentrale Aufgabe der Wissensvermittlung die Stärkung der Handlungsfähigkeit jedes einzelnen Individuums. Je nach Interessen- und Lebenslage sind unterschiedliche Kenntnisse von Bedeutung. Es stellt sich hier die Herausforderung, Kenntnisse so zu vermitteln, dass diese nicht speziell auf eine Zielgruppe gerichtet sind, sondern individuell angepasst werden können.35
Nach der bereits erwähnten Studie der Union Investment stellen Eltern für eine deutliche Mehrheit (83 Prozent) aller Studienteilnehmer*innen die wichtigste Informationsquelle bezüglich Finanzen und Umgang mit Geld dar. Des Weiteren informiert sich annähernd die Hälfte (jeweils 44 Prozent) bei Bankberater*innen oder Freunden und Bekannten. Weiterhin gelten Medien und die Schule mit 31 und 37 Prozent ebenfalls als wichtige Informationsquellen. Verbraucherorganisationen hingegen nehmen mit circa 15 Prozent hierbei eine eher untergeordnete Rolle ein. In puncto Entscheidungshilfen bei finanziellen Fragestellungen steht für jede*n zweite*n Befragte*n die Familie an erster Stelle. Bankberater*innen sowie Freund*innen und Bekannte sind für circa jede*n Dritte*n hier von Bedeutung.36
[...]
1 Vgl. Kaminski et al. (2007), S.17.
2 Vgl. ebd.
3 Ebd.
4 Vgl. ebd.
5 https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/naina-debatte-wie-ein-tweet-eine- bildungsdebatte-ausloesen-konnte-13372015.html [Abruf: 2021-07-10], 1. Absatz.
6 Vgl. Union Investment (Hrsg.) (2017), Finanzbildung in Deutschland, S. 4.
7 Reifner (2003), zitiert nach Kaminski et. al. (2007), S. 23.
8 Vgl. Moss (2004), zitiert nach Kaminskiet. al.(2007), S.23.
9 https://www.bondora.com/blog/de/der-mangel-an-finanzieller-allgemeinbildung-ist-ein- globales-problem-so-kann-es-geloest-w erden/[Abruf: 2021-07-15], 1. Absatz.
10 Vgl. ebd.
11 Schlegel-Matthies (2007), S. 91.
12 Ebd., S. 90.
13 Vgl. Schlegel-Matthies (2007), S. 91 f.
14 Vgl. https://www.oecd.org/about/ [Abruf: 2021-07-15], Absatz 1f.
15 Seeber et. al. (2017), S. 71.
16 Vgl. Lusardi (2015). S. 262ff.
17 Vgl. Union Investment (Hrsg.) (2017), Finanzbildung in Deutschland, S. 7.
18 Vgl. ebd.
19 Vgl. ebd.,S. 4.
20 Vgl. Kaminski et al. (2007), S.24f.
21 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2016), S. 34.
22 Halim (2012), zitiert nach Neumaier (2012), S. 56.
23 Vgl. ebd., S. 60.
24 Vgl. https://financial-lib.com/de/what-other-sectors-are-most-similar-to-banking-2/ [Abruf: 2021-07-25], 1. Absatz.
25 Vgl. https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/selbstversuch- was-sich-hinter-den-kreditschnaeppchen-von-check24-und-smava- verbirgt/21007016.html?ticket=ST-1585802-rUjcpSgRcnp2aWpT3tGD-ap1 [Abruf: 2021-07-25], 3. Absatz.
26 https://www.bundesbank.de/de/presse/reden/oekonomische-bildung-herausforderung-und- aufgabe-fuer-alle-am-finanzplatz-770186#tar-1 [Abruf: 2021-07-25], 4. Absatz.
27 Vgl. Reifner et al. (2010), S. 32.
28 Reifner (o. J.), S. 13.
29 Vgl. Kreditwesengesetz (1998).
30 Vgl. Habschick et al. (2004), S. 11.
31 Vgl. Schlegel-Matthies (2007), S. 89 f.
32 Vgl. ebd.
33 Vgl. https://wol.iza.org/articles/the-value-of-financial-literacy-and-financial-education-for- workers/lang/de [Abruf: 2021-08-09], 2. Absatz.
34 Vgl. Schürz (2005), S. 58.
35 Vgl. ebd.
36 Vgl. Union Investment (Hrsg.) (2017), Finanzbildung in Deutschland, S. 11 f.
- Citar trabajo
- Kristin Lang (Autor), Financial Literacy. Eine kritische Betrachtung der finanziellen Allgemeinbildung in Deutschland, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1225414
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