Kästner nahm sich bekannter Volksbücher und Klassiker der Weltliteratur wie "Till Eulenspiegel" oder "Gullivers Reisen" an, um sie nach seinem Geschmack zu bearbeiten und für die Kinder seiner Zeit attraktiv zu gestalten. Das Nacherzählen empfand er als notwendig und berechtigt. Auch die meisten von Kästners eigenen Stoffen erwiesen sich im Laufe der Zeit als genauso „unzerreißbar“ wie die Vorlagen seiner Nacherzählungen. Dass auch seine Werke immer wieder wert befunden wurden, bearbeitet und neu erzählt zu werden, dessen konnte sich Kästner noch zu Lebzeiten versichern. Die wohl wichtigste Rolle kam dabei aber nicht der literarischen Nacherzählung, sondern der Übertragung in das Massenmedium Film zu. Über Leinwand und Bildschirm erreichten seine Stoffe Millionen von Menschen in Ländern auf der ganzen Welt. Insbesondere in Deutschland wurden nicht nur Verfilmungen seiner Bücher, sondern auch filmische Nacherzählungen der urprünglichen Verfilmungen, sogenannte Remakes, hergestellt.
Mit dem Remake, dem filmgeschichtlichen Äquivalent zu Kästners Nacherzählungen, beschäftigt sich die hier vorliegende Arbeit. Ziel ist es, Motivationen für deren Produktion und unterschiedliche Prozesse der Bearbeitung durchsichtig zu machen. Beispielhaft werden jeweils die deutsche Erstverfilmung und das deutsche Remake dreier Kästner-Stoffe für Kinder herausgegriffen und miteinander verglichen: "Emil und die Detektive", "Das doppelte Lottchen" und "Pünktchen und Anton".
In einem allgemeinen Teil sollen zunächst methodologische und definitorische Überlegungen zum Begriff Remake angestellt werden, die die Grundlage für die sich anschließenden Filmvergleiche bilden sollen. Da es zu den besprochenen Remakes nicht nur eine filmische, sondern jeweils auch eine literarische Vorlage gibt, soll des Weiteren auf das Wechselverhältnis von Literatur und Film eingegangen werden. Außerdem soll aufgezeigt werden, inwieweit Erkenntnisse der Theorie der Literaturverfilmung für die Beschäftigung mit Remakes fruchtbar gemacht werden können. Da Kästner selbst an mehreren der besprochenen Filme mitgearbeitet hat, erscheint es sinnvoll, nach diesen methodologischen Vorüberlegungen Erich Kästners spezielles Verhältnis zum Film und die von ihm über die Mediengrenzen hinweg praktizierte Mehrfachverwertung seiner Texte darzustellen.
Bei den drei Vergleichen von den Erstverfilmungen und den Remakes soll versucht werden, die gewonnenen Erkenntnisse am Beispiel anzuwenden und zu überprüfen.
Inhalt
Erich Kästner-Verfilmungen und ihre Remakes
0 Vorbemerkung
1 Allgemeiner Teil
1.1 Methodologische Vorüberlegungen
1.1.1 Das Remake – eine erste Annäherung
1.1.2 Das Wechselverhältnis von Literatur und Film
1.1.2 Theorie der Literaturadaption und Rückschlüsse auf das Remake
1.2 Erich Kästner und der Film - ein Überblick
2 Erich Kästner-Verfilmungen und ihre Remakes
2.1 Emil und die Detektive
2.1.1 Die Romanvorlage und die Geschichte ihrer Medialisierungen
2.1.2 Produktionsbedingungen von Original und Remake
2.1.2.1 Gerhard Lamprechts Emil und die Detektive von 1931
2.1.2.2 Robert A. Stemmles Emil und die Detektive von 1954
2.1.3 Rezeptionsgeschichte von Original und Remake
2.1.3.1 Gerhard Lamprechts Emil und die Detektive von 1931
2.1.3.2 Robert A. Stemmles Emil und die Detektive von 1954
2.1.4 Vergleichende Analyse von Original und Remake
2.1.4.1 Amplifikation und Attuentation von Aspekten der Handlungskonzeption
2.1.4.2 Oberflächliche und fehlende Aktualisierung
2.1.4.3 Formale Organisation
2.1.5 Abschließende Beurteilung: Von der Gesellschaftskritik zur Restauration
2.2 Das doppelte Lottchen
2.2.1 Die Genese des Kästner-Stoffes in seinen verschiedenen Medialisierungen
2.2.2 Produktionsbedingungen von Original und Remake
2.2.2.1 Josef von Bakys Das doppelte Lottchen von 1950
2.2.2.2 Joseph Vilsmaiers Charlie & Louise – Das doppelte Lottchen von 1993
2.2.3 Rezeptionsgeschichte von Original und Remake
2.2.3.1 Josef von Bakys Das doppelte Lottchen von 1950
2.2.3.2 Joseph Vilsmaiers Charlie & Louise – Das doppelte Lottchen von 1993
2.2.4 Vergleichende Analyse von Original und Remake
2.2.4.1 Topographische Transposition
2.2.4.2 Verbalisation
2.2.4.3 Änderungen beim Figureninventar und bei der Handlungskonzeption
2.2.4.4 Formale Organisation und Erzählstil
2.2.4.5 Happy Endings 1950 und 1993
2.2.5 Abschließende Beurteilung: Von der Ironie zum Klischee
2.3 Pünktchen und Anton
2.3.1 Die Romanvorlage und die Geschichte ihrer Medialisierungen
2.3.2 Produktionsbedingungen von Original und Remake
2.3.2.1 Thomas Engels Pünktchen und Anton von 1953
2.3.2.2 Caroline Links Pünktchen und Anton von 1998
2.3.3 Rezeptionsgeschichte von Original und Remake
2.3.3.1 Thomas Engels Pünktchen und Anton von 1953
2.3.3.2 Caroline Links Pünktchen und Anton von 1998
2.3.4 Vergleichende Analyse von Original und Remake
2.3.4.1 Parallelen in der Handlungskonzeption bei Engels und Links Pünktchen und Anton- Filmen im Vergleich zu Kästners Romanvorlage
2.3.4.2 Topographische Transposition
2.3.4.3 Änderungen und Schwerpunktverlagerungen in der Handlungskonzeption
2.3.4.4 Änderungen beim Figureninventar
2.3.4.5 Verbalisation
2.3.4.6 Erzählstil und Formale Organisation
2.3.5 Abschließende Beurteilung: Von der Chiffre zum Charakter
2.3.6 EXKURS: Kästner 2000 – geplante Kästner-Filme der Pünktchen und Anton -Produzenten Uschi Reich und Peter Zenk
3 Schlussbemerkung
4 Anhang
4.1 Literaturverzeichnis
4.1.1 Quellen
4.1.2 Sekundärliteratur
4.1.3 Kritiken
4.2 Stab und Besetzung der besprochenen Filme
4.3 Zuschauerzahlen der besprochenen Filme
4.4 Danksagung
0 Vorbemerkung
Es ist immer einmal wieder an der Zeit, solche unzerreißbaren Geschichten nachzuerzählen. Sonst schmecken sie den Kindern altbacken, obwohl sie alterslos sind. Daß man sie sprachlich verschimmeln ließe, wäre unverantwortlich.[1]
Diese Zeilen diktierte Erich Kästner 1966 seiner Biographin und Lebensgefährtin Luiselotte Enderle als Anmerkung über die von ihm verfassten Nacherzählungen Till Eulenspiegel (1938), Der Gestiefelte Kater (1950), Münchhausen (1951), Die Schildbürger (1956), Don Quichotte (1956) und Gullivers Reisen (1961).[2] Kästner nahm sich der bekannten Volksbücher, des Grimmschen Märchens und sogar des Klassikers der Weltliteratur an, um sie nach seinem Geschmack zu bearbeiten und für die Kinder seiner Zeit attraktiv zu gestalten. Das Nacherzählen empfand er als notwendig und berechtigt. Auch die meisten von Kästners eigenen Stoffen erwiesen sich im Laufe der Zeit als genauso „unzerreißbar“ wie die Vorlagen seiner Nacherzählungen. Dass auch seine Werke immer wieder wert befunden wurden, bearbeitet und neu erzählt zu werden, dessen konnte sich Kästner noch zu Lebzeiten versichern. Die wohl wichtigste Rolle kam dabei aber nicht der literarischen Nacherzählung, sondern der Übertragung in das Massenmedium Film zu. Über Leinwand und Bildschirm erreichten seine Stoffe Millionen von Menschen in Ländern auf der ganzen Welt. Der Autor selbst wirkte an vielen dieser Bearbeitungen mit. Bis heute existieren knapp 50 Filme nach Kästners Vorlagen. Insbesondere in Deutschland wurden nicht nur Verfilmungen seiner Bücher, sondern auch filmische Nacherzählungen der urprünglichen Verfilmungen, sogenannte Remakes, hergestellt.
Mit dem Remake, dem filmgeschichtlichen Äquivalent zu Kästners Nacherzählungen, beschäftigt sich die hier vorliegende Arbeit. Ziel ist es, Motivationen für deren Produktion und unterschiedliche Prozesse der Bearbeitung durchsichtig zu machen. Beispielhaft werden jeweils die deutsche Erstverfilmung und das deutsche Remake dreier Kästner-Stoffe für Kinder herausgegriffen und miteinander verglichen: Emil und die Detektive, Das doppelte Lottchen und Pünktchen und Anton. Die Entscheidung für Kästner-Filme liegt nahe, da gerade in jüngster Zeit das deutsche Kino in aufälliger Weise verstärkt auf Kästners Stoffe zurückgriff. Es gab in den 90er-Jahren sowohl Remakes von Das doppelte Lottchen als auch von Pünktchen und Anton. Remakes von Das fliegende Klassenzimmer und Emil und die Detektive sind in Vorbereitung. Besonders interessant sind die besprochenen Remakes aufgrund ihrer großen Unterschiedlichkeit in der Art der Bearbeitung, aus der letztendlich eine große Unterschiedlichkeit in der Qualität der einzelnen Remakes resultiert.
In einem allgemeinen Teil sollen zunächst methodologische und definitorische Überlegungen zum Begriff Remake angestellt werden, die die Grundlage für die sich anschließenden Filmvergleiche bilden sollen. Dabei soll vor allem auf die beiden einzigen nennenswerten deutschsprachigen Publikationen zum Thema Bezug genommen werden:[3] Jochen Manderbachs Arbeit „Das Remake – Studien zu seiner Theorie und Praxis“ von 1988 und Michael Schaudigs literaturwissenschaftlich orientierter Aufsatz „Recycling für den Publikumsgeschmack?“ von 1996. Da es zu den besprochenen Remakes nicht nur eine filmische, sondern jeweils auch eine literarische Vorlage gibt, soll des Weiteren auf das Wechselverhältnis von Literatur und Film eingegangen werden. Außerdem soll aufgezeigt werden, inwieweit Erkenntnisse der Theorie der Literaturverfilmung für die Beschäftigung mit Remakes fruchtbar gemacht werden können. Da Kästner selbst an mehreren der besprochenen Filme mitgearbeitet hat, erscheint es sinnvoll, nach diesen methodologischen Vorüberlegungen Erich Kästners spezielles Verhältnis zum Film und die von ihm über die Mediengrenzen hinweg praktizierte Mehrfachverwertung seiner Texte darzustellen.
Bei den drei Vergleichen von den Erstverfilmungen und den Remakes von Emil und die Detektive, Das doppelte Lottchen und Pünktchen und Anton soll versucht werden, die gewonnenen Erkenntnisse am Beispiel anzuwenden und zu überprüfen.
1 Allgemeiner Teil
1.1 Methodologische Vorüberlegungen
1.1.1 Das Remake – eine erste Annäherung
Jochen Manderbach stützt sich in seinen Ausführungen in erster Linie auf Michael B. Druxmans Buch „Play it again, Sam“ von 1975. Durchaus in kritischer Abgrenzung zu Definitionen von Druxman oder auch James Monaco kommt er zu folgender Definition des Begriffs Remake:
Remake. Die Neuverfilmung eines schon einmal verfilmten Stoffes. Als Remakes bezeichnet man nur solche Filme, die einen Vorläufer mehr oder weniger detailgetreu nachvollziehen – meist aktualisiert, bisweilen in andere Genres übertragen, gelegentlich auch in ganz andere Schauplätze und Zeiten versetzt.[4]
Diese Definition erscheint besonders für die Diskussion von verschiedenen Film-Versionen derselben literarischen Vorlage brauchbar, da sie eine klare Einordnung des jeweiligen Films als Remake der Erstverfilmung bzw. Nicht-Remake der Erstverfilmung möglich macht. Ob eine Neuverfilmung zum Beispiel eines Kästner-Romans als Remake der Erstverfilmung zu betrachten ist, hängt davon ab, ob sie den Vorläuferfilm „mehr oder weniger detailgetreu“ nachvollzieht. Entscheidend ist also der Bezug zum vorangegangenen Film und nicht so sehr die Frage, ob der Film sich auf dieselbe literarische Vorlage stützt. Druxman beispielsweise definiert das Remake in erster Linie über die Übereinstimmung der literarischen Vorlage.[5] Manderbach ist zuzustimmen, wenn er dies als nicht sinnvoll erachtet, da es eine Reihe von Literaturverfilmungen derselben Vorlage gibt, die sich so massiv unterscheiden, dass sie nicht mehr als Remakes gelten können. Manderbach nennt hier u. a. die Macbeth -Verfilmungen von Orson Welles (USA 1947), Akira Kurosawa (Japan 1957) oder Roman Polanski (GB, 1971).[6] Problematisch bleibt bei Manderbachs Definition allerdings das „mehr oder weniger“. Eine genauere Bestimmung dieses Faktors bleibt er schuldig.
Worin liegen nun aber die Gründe für das Phänomen Remake, das seit jeher „untrennbarer Bestandteil des Kinoalltags“[7] ist? Das Hauptargument, das nach Manderbach für die Produktion eines Remakes spricht, ist eng mit der Tatsache veknüpft, dass Film nicht allein Kunst, sondern immer auch das Produkt der Filmindustrie ist, d. h. als Ware fungiert.[8] Gut verkauft werde diese Ware erst dann, wenn sie dem Geschmack des Publikums entspreche. Da dieser äußerst schwierig einzuschätzen sei, sei die Wiederverfilmung eines schon einmal erfolgreichen Stoffes ein gängiger Versuch der Filmindustrie, den kommerziellen Erfolg des Originalfilms zu wiederholen. Druxman weist darauf hin, dass beim Remake die Produktionskosten gesenkt werden, da häufig die Rechte der Autoren des Originaldrehbuchs schon abgegolten sind bzw. bei der Neuverfilmung älterer literarischer Werke keine Rechte mehr bezahlt werden müssen.[9] Dies erhöht die kommerzielle Attraktivität eines Remakes natürlich noch zusätzlich. Als weitere Faktoren, die die Remake-Produktion begünstigen bzw. auslösen können, nennt Manderbach die ständige technische Weiterentwicklung der Filmindustrie, das sogenannte „new casting“ und gelockerte Zensurverhältnisse aufgrund veränderter Moralvorstellungen in der Gesellschaft. So gab es nach Einführung des Tonfilms Ende der 20er-/Anfang der 30er-Jahre oder des Farbfilms Ende der 40er-/Anfang der 50er-Jahre regelrechte Remake-Booms. Klassische Stoffe der Filmgeschichte wollte man dem Publikum in der neuen Technik präsentieren. Bei dem Remake von Emil und die Detektive aus dem Jahre 1954 zum Beispiel spielte, wie gezeigt werden wird, die Neuheit Farbe eine wesentliche Rolle bei der Vermarktung. Auch das „new casting“ kann ein Remake für das Publikum interessant machen: die klassischen Rollen der Filmgeschichte werden mit aktuellen Stars besetzt. Besonders reizvoll ist hier der Vergleich der verschiedenen Schauspielerleistungen in Original und Remake. Außerdem können in einem Remake heikle Stoffe, die dem Publikum in der Originalfassung nur zensiert vorgeführt werden konnten, entsprechend freizügiger dargestellt werden.
Dass „das Remake in seiner überwiegenden Mehrheit nicht mit dem Niveau des Originals konkurrieren kann“[10], sondern meist nur trivialer oder spektakulärer ist, führt Manderbach auf folgende drei Punkte zurück:[11] Erstens habe das Vertrauen der Produzenten in den Erfolg des Stoffes an sich häufig zur Folge, dass eine Besetzung bzw. ein Team von eher zweitklassiger Qualität mit der Realisierung betraut werde. Zweitens gerate die Aktualisierung oder Schauplatzänderung oft unglaubwürdig, da sich viele Stoffe als zu zeitgebunden erwiesen. Und drittens ließe sich die historische kreative Situation, unter der ein Film entstanden ist, nicht künstlich noch einmal herstellen.
Für das Gelingen eines Remakes günstig sei dagegen, wenn zwischen Original und Remake nur wenige Jahre liegen würden, da so die Aktualität des Stoffes sicher gewährleistet sei, bzw. wenn entsprechend intelligente dramaturgische Eingriffe vorgenommen würden. Hier bleibt Manderbachs Argumentation aber leider sehr vage.[12] Durchaus bemerkenswert ist die bei Druxman zitierte Ansicht des Produzenten Henry Blanke, dass die geeignetste Remake-Vorlage ein Flop sei:
Never make a picture that was previously successful. Remake one that was miscast, miswritten, or misdirected. In other words, a flop.[13]
Dies ist aber sicher keine repräsentative Meinung der Filmproduzenten, denn die meisten Remakes der Filmgeschichte basieren auf erfolgreichen Vorlagen.
Handelt es sich um das Remake einer Literaturverfilmung, wie bei den in dieser Arbeit besprochenen Remakes der Fall, so kommen neben den Bezügen zum Vorgängerfilm auch die literarische Vorlage, dessen Rezeptionsgeschichte und die Literaturgeschichte ganz allgemein als mögliche Bezugspunkte in Betracht. Änderungen gegenüber der literarischen Vorlage, die die erste Film-Fassung vornahm, können im Remake rückgängig gemacht, anders geartete Änderungen vorgenommen werden. Dies muss bei einem Vergleich von Original und Remake immer mitbedacht werden. Die Dimension einer Zweit- bzw. Neuverfilmung der literarischen Vorlage kann eine entscheidende Rolle spielen. Fehlen explizite Bezüge zum Vorgängerfilm, kann, wie Manderbach dies für die schon erwähnten Macbeth -Verfilmungen ausführt, nicht mehr von einem Remake gesprochen werden.
Aus Gründen der Verknappung und Verdichtung beschränken sich die Ausführungen zu den im zweiten Teil besprochenen Filmen in erster Linie auf einen Vergleich von deutscher Erstverfilmung und erstem deutschen Remake. Die Bezüge zur filmischen Vorlage stehen ganz klar im Vordergrund. Dennoch muss für den jeweiligen Fall diskutiert werden, welche Rolle der Bezug zu der literarischen Vorlage spielt. Fragen der Literaturverfilmung werden also zumindest gestreift und es erscheint daher sinnvoll, kurz Geschichte und Theorie des Verhältnisses von Literatur und Film zu referieren. Außerdem können, wie gezeigt wird, manche Erkenntnisse zur Adaption von Literatur in Film auch auf die Adaption im Rahmen eines Remakes angewendet werden.
1.1.2 Das Wechselverhältnis von Literatur und Film
Das Verhältnis von Literatur und Film stellt sich von jeher als ein äußerst komplexes Wechselverhältnis gegenseitiger Beeinflussung dar. Um das große bürgerliche Publikum für den Film als Kunst zu interessieren, musste der Film schon in seiner Frühzeit Anfang des 20. Jahrhunderts „ein allgemeinverständliches Medium fiktionalen Erzählens werden und sich damit als Film und als Kino der Rolle von Literatur und Theater annähern“.[14] Er tat dies einerseits, indem er sich die narrativen Strukturen der Literatur aneignete. Für Paech wird so die Literaturgeschichte, vor allem die literarische Erzähltradition des 19. Jahrhunderts, zur „Vorgeschichte des Films“.[15] Andererseits griff die Filmproduktion auf die Stoffe und Inhalte der Literatur zurück, eine ganze Reihe von Literaturverfilmungen war die Folge. Evelyn Strautz zufolge entsteht sogar „ungefähr die Hälfte aller Filme nach literarischen Vorlagen“.[16] Wolfgang Gast stellt verallgemeinernd und erweiternd fest:
Einem zu gewinnenden Publikum gegenüber ist der Rückgriff auf bereits bekannte und kulturell als wertvoll ausgewiesene Stoffe und Werke ein Mittel, die neuen Medien kulturell zu legitimieren und zugleich das Publikum an neue Darstellungsmittel und Wahrnehmungsweisen zu gewöhnen, wobei die Benutzung tradierter (und bekannter) Stoffe diesen Prozeß erleichterte.[17]
Rückwirkungen auf die Literatur hatte Film und Kino in mehrfacher Hinsicht. Harro Segeberg nennt verschiedene Reaktionsmöglichkeiten der Autoren der frühen Moderne, die sich mit dem neuen Medium konfrontiert sahen. Manche Autoren lehnten den Film schlichtweg ab, mit der Folge, dass sie versuchten, sich auf die spezifischen Möglichkeiten des eigenen Mediums zu konzentrieren und diese weiterzuentwickeln. Andere Autoren reagierten dagegen enthusiastisch auf Film und Kino. Einige davon versuchten gestalterisch am Film mitzuwirken, was den Bemühungen vonseiten der Filmindustrie um eine Nobilitierung des Mediums entgegenkam; andere wiederum versuchten, „das Schreiben selber auf die Wahrnehmungs- und Darstellungsformen des Kinemathographen einzustellen“.[18] Hierbei spielte vor allem die Beschreibung des Optischen eine entscheidende Rolle. Als letzte mögliche und für die Literaturgeschichte wohl folgenreichste Reaktion nennt Segeberg die Bemühungen um eine neue avantgardistische Literatur, für die das „Kino als Medium einer Welt- und Menschenerfahrung“[19] diente. Erich Kästners Verhältnis zum Film soll in Kapitel 1.2 genauer dargestellt werden.
Für den Buchmarkt hatte das Medium Film und die Institution Kino schon in den 10er-Jahren eine Vielzahl von Neuveröffentlichungen zur Folge. Paech berichtet von den sogenannten „ciné-romans“, literarischen Nacherzählungen von Filmen, die sozusagen als „Buch zum Film“ erschienen und der Transitorik des Kinoerlebnisses entgegenwirken sollten.[20] Michael Schaudig nennt als Formen der Literarisierung von Filmen die „belletristische Adaption (Buch) sowie verschiedene Renotationsmodelle, z. B. Filmprotokoll (...) [oder] post-shooting-skript“.[21] Eine solche kommerzielle Auswertung im Medienverbund ist gegenwärtig verstärkt üblich. Im Falle einer Literaturverfilmung wirkt sich die Präsentation im anderen Massenmedium auch auf die Verkaufszahlen der literarischen Vorlage positiv aus. Schon André Bazin stellt dies in seinem „Plädoyer für die Adaption“ von 1951 fest, aber auch die Arbeiten von Evelyn Strautz oder Wolfgang Gast bestätigen dies.[22] Gast zufolge hat die gegenseitige Beeinflussung der verschiedenen Medien inzwischen zu einem Medienverbund geführt, für den auch die Mobilität der Autoren charakteristisch ist:
Die Mehrfachverwertung eines Stoffes in verschiedenen Fassungen, abgestimmt auf die jeweiligen Medienanforderungen, gehört heute zum schriftstellerischen Alltag. (...) Neben der von fremden Bearbeitern vorgenommenen Transformation spielt für die zeitgenössischen Autoren in immer stärkerem Maße die vom Autor selbst vorgenommene Bearbeitung eine Rolle. (...) [Die Adaption ermöglicht] dem Stoff einen höheren Verbreitungsgrad, steigert den Marktwert des Autors und bietet nicht zuletzt auch beträchtliche finanzielle Einkünfte.[23]
Der so gesteigerte Marktwert des Autors dient natürlich rückwirkend dem Marktwert einer potentiellen weiteren Verfilmung eines Werks dieses Autors. Der Medienverbund von Film und Literatur ist also nicht nur von ästhetischen Wechselwirkungen, sondern auch von kommerziellen Synergieeffekten geprägt. Für das Verhältnis von Original und Remake kann Ähnliches gelten. So kam zum Beispiel 1999 im Zuge des Pünktchen und Anton -Remakes auch die Erstverfilmung von 1953 wieder zu neuen Ehren. Beide Filme wurden zeitgleich in den deutschen Kinos gezeigt. In Talkshows etc. waren die inzwischen erwachsenen Kinderdarsteller der Erstverfilmung gemeinsam mit denen des Remakes zu sehen. Aufgrund des großen Erfolges des Remakes wiederum kam auch Erich Kästner als Autor der Romanvorlage wieder mehr ins Bewusstsein. Es gab eine Neuauflage des Pünktchen und Anton -Romans, die Fotos aus der Neuverfilmung enthielt. Die literarische Vorlage wurde zum „Buch zum Film“. Dass dies alles auch noch im Kästner-Jahr, also im Jahr des 100. Geburtstages Kästners stattfand, unterstützte diese Wechselwirkungen zusätzlich und wurde werbestrategisch auch entsprechend benutzt. Auf den so gesteigerten Marktwert des Autors und des Subgenres „Kästner-Verfilmung“ ist mit Sicherheit auch die Tatsache zurückzuführen, dass sich die Bavaria-Film und die Lunaris-Film zu einer Neuverfilmung des Kästner-Romans Emil und die Detektive im Jahr 2000 entschlossen haben.[24]
1.1.2 Theorie der Literaturadaption und Rückschlüsse auf das Remake
Die Bemühungen um eine Theorie der Literaturverfilmung innerhalb der aus der Literaturwissenschaft entstandenen Filmphilologie bekommen für die Beschäftigung mit Remakes dann Relevanz, wenn sich daraus Rückschlüsse auf die Adaptionsproblematik im Allgemeinen und die Problematik des Remakes im Besonderen ziehen lassen.
Klaus Kanzog betrachtet Literaturverfilmungen als Analogiebildungen zur literarischen Vorlage, die immer auch Interpretationen der Vorlage sind. Er nennt diesen Vorgang Transformation und stellt fest, dass sich dabei Informationsverluste und Varianten bzw. Invarianten bezüglich der Vorlage ergeben.[25] Schaudig verwendet in seinem Aufsatz „Recycling für den Publikumsgeschmack?“ diesen Begriff nun auch für das Remake. Er verdeutlicht, dass der Transformationsprozess beim Remake genauso wie bei der Literaturverfilmung „dem Modus eines interpretativen Selektionsverfahrens verpflichtet“[26] ist. Obwohl es sich bei der Adaption im Rahmen eines Remakes nicht wie bei der Literaturverfilmung um einen Transformationsprozess von einem Medium in ein anderes handelt, erscheint der Begriff der Transformation, der mit dem Begriff Interpretation korreliert, dennoch auch für den innermedialen Adaptionsprozess geeignet. Zum einen liegt das daran, dass Schaudig zufolge auch das Remake als Bearbeitung einer filmischen Vorlage nie interpretationsfrei ist, wie dies grundsätzlich nur eine werkidentische Kopie sein kann. Schaudig spricht von einer intertextuellen Relation von Remake und filmischen Referenztext.[27] Zum anderen ist das Medium Film einem stetigen und schnell fortschreitenden technischen Wandel unterzogen, der entsprechend starke Auswirkungen auf narrative Muster und Ästhetik hat. Stummfilm auf Tonfilm könnten zum Beispiel auch als zwei unterschiedliche Medien betrachtet werden.
Neben den bei Manderbach betonten rein kommerziellen Gründen, die für die Produktion eines Remakes sprechen, kann es also auch eine künstlerische Motivation geben. Ein Remake kann eine wertvolle Neuinterpretation eines vorhandenen Stoffes sein. Was Wolfgang Gast über die Literaturverfilmung schreibt - es „artikulieren sich [darin] Standpunkte und Anschauungen über das benutzte Werk und zugleich über die Gegenwart des Interpretierenden“[28] - gilt genauso für das Remake. Die Untersuchung aller Remakes eines bestimmten Stoffes wäre somit äußerst aussagekräftig für die Rezeptionsgeschichte des Stoffes an sich. Jedes Remake kann Bezüge und Kommentare zur Originalversion, zu eventuellen Remakes vor ihm, zum zugrunde liegenden Stoff, zur Filmgeschichte, zur aktuellen gesellschaftlichen Situation etc. aufweisen.
Auch bei der Suche nach Kategorisierungen von Remakes bietet die Theorie der Literaturverfilmung erste Anhaltspunkte. Helmut Kreuzer schlägt die Begriffe Illustration, interpretierende Transformation und transformierende Bearbeitung für verschiedene Arten der Literaturadaption vor.[29] Unter Vorbehalt können diese auch angewandt werden, um den Grad der Entfernung von Original und Remake zu beschreiben. Illustration, oder für das Remake wohl besser Imitation, meint nach Kreuzer eine Adaption, die versucht, ohne neuen oder andersartigen Interpretationsansatz möglichst nah an der Vorlage zu bleiben, indem sie Dialoge, Handlungsvorgang und Figurenkonstellation weitgehend übernimmt. Ziel einer interpretierenden Transformation sei es dagegen, eine neue Interpretation der Vorlage zu liefern. Bei der Übertragung werde weniger schematisch vorgegangen und versucht, Analogien in der neuen filmästhetischen und gesellschaftlichen Situation zu Sinn und „Form-Inhaltsbeziehung der Vorlage“[30] zu finden. Der Bezug zum Original könne dabei durchaus kritisch oder ironisch sein. Von einer transformierenden Bearbeitung könne dann gesprochen werden, wenn die Adaption, zum Beispiel aufgrund der großen historischen Distanz, den aktuellen Sinn der Vorlage nur unter erheblichen Abweichungen vom Original realisieren könne.
Schaudig schlägt folgende, zum Teil mit Kreuzers Kategorien deckungsgleiche Begriffe zur Klassifizierung von Remakes vor:[31] Er spricht vom Remake als imitative Adaption, was Kreuzers Illustration entspricht, und vom Remake als innovative Adaption, was die interpretierende Transformation und die transformierende Bearbeitung bei Kreuzer zusammenfasst. Als dritten Typ, der eine rezeptionsspezifische Kategorie darstellt, nennt Schaudig das Remake als originäre Adaption. Hierunter fasst er Remakes, egal ob als imitative oder innovative Adaptionen, deren filmische Vorlagen nicht im Bewusstsein der Rezipienten sind bzw. sein können, wie dies zum Beispiel bei der Adaption eines Films aus einem anderen sprachlich-kulturellen Kontext der Fall ist. Solche Adaptionen betrachtet er als „uneigentliche Remakes“.[32] Da Filme aber nicht nur in einem einzigen Rezeptionszusammenhang gesehen werden können, greift dies etwas zu kurz. Das US-amerikanische Remake eines französischen Films, der in den USA nicht ausgewertet wurde, aber in Frankreich zu sehen ist, müsste dann für die USA als uneigentliches bzw. originäres, für Frankreich aber als eigentliches Remake gelten. Auch Schaudigs zentrale Ansicht, dass die urheberrechtliche Deszendenz eines Films für die Einordnung als Remake entscheidend sei[33], ist problematisch, da es eine Reihe von Filmen gibt, denen in Kenntnis der Filmgeschichte eindeutig Referenzfilme, die sie imitativ oder innovativ adaptieren, zugeordnet werden können, die diese Deszendenz aber weder in Vor- und Abspann noch bei der Vermarktung ausweisen. Ähnlich schwierig kann die Einordnung von Neuverfilmungen literarischer Vorlagen sein: Ist ein Film, der als urheberrechtliche Deszendenz allein die literarische Vorlage aufführt, der aber dennoch entsprechende Bezüge zu einem Vorgängerfilm aufweist, als Remake zu bezeichnen oder nicht? Eindeutige Grenzen zu ziehen ist hier schwierig.
Ausgehend von seinen eigenen Studien zur Literaturverfilmung gibt Schaudig neben der dargestellten typologischen Klassifizierung von Remakes ein Begriffsinstrumentarium zur Beschreibung der Varianten von Original und Remake an die Hand. Die bei Manderbach aufgeführten Variationsmöglichkeiten des Remakes finden sich hier systematisiert wieder. Schaudig nennt in Anlehnung an Manfred Pfister sechs textkonstituive Strukturmuster, bezüglich derer das Remake im Vergleich zu der filmischen Vorlage variant sein kann. Es sind dies die formale Organisation, die Raumkonzeption, die Zeitkonzeption, die Verbalisation, das Figureninventar und die Handlungskonzeption.[34] Die Variationsmöglichkeiten innerhalb dieser Strukturmuster nennt Schaudig Transformationsmodi.
Bei der formalen Organisation unterscheidet sich das Remake Schaudig zufolge vom Referenzfilm in der Regel (sofern nicht bestimmte Passagen als Zitat direkt kopiert werden) in der „syntagmatischen Organisation von Mise en scène, Kamerahandlung und Montage“.[35] Tongestaltung oder Filmmusik lassen sich ebenso hier einordnen. Die medientechnologische Varianz, also strukturelle Unterschiede wie Stumm- und Tonfilm oder Schwarzweiß- und Farbfilm, ist seiner Meinung nach ein weiterer Transformationsmodus der formalen Organisation.
Für die Raumkonzeption stellt Schaudig fest, dass die topographische Transposition, also die Schauplatzänderung, einen fast schon als routinemäßig zu bezeichnenden Transformationsmodus darstelle.
Bei der Zeitkonzeption gebe es die Möglichkeiten einer Aktualisierung und einer Historisierung, also einer Verlegung der Handlung in die Gegenwart der Produktionszeit oder eine Rückdatierung in die Vergangenheit. Die Möglichkeit einer Verlegung der Handlung in die Zukunft nennt Schaudig zwar nicht, sie ist aber dennoch gegeben.
In Bezug auf die Verbalisation spricht Schaudig von dem Transformationsmodus der Replikenvarianz, also der Unterschiedlichkeit der Dialoge im Drehbuch. Von Bedeutung können aber auch die Realisation der Dialoge durch den Schauspieler sein, der Grad der Stilisierung der Dialoge, deren Funktion innerhalb des Filmgefüges und vieles andere mehr.
Die Variationsmöglichkeiten beim Figureninventar sind nach Schaudig breit gestreut. So könne eine Adjunktion (Hinzufügung) oder Deletion (Streichung) von bestimmten Figuren oder eine Attenuation (Abschwächung) oder Amplifikation (Verstärkung) von bestimmten Figurenmerkmalen erfolgen. Auch eine Zusammenlegung von Figuren und Figurenmerkmalen, das sei hier ergänzt, ist denkbar. Entscheidend sei bei all diesen Änderungen des Figureninventars, so Schaudig, dass zumindest die „globalen textinternen Figurenfunktionen“[36] unberührt bleiben würden, da die Wiedererkennbarkeit in Bezug auf die Vorlage gewährleistet sein müsse. Auch die Besetzungsvarianz, Manderbach spricht von „new casting“, ordnet Schaudig dem Strukturmuster Figureninventar zu.
Was schließlich die Handlungskonzeption betrifft, so ist laut Schaudig auch hier - bei Beibehaltung eines Normmodells, das der Vorlage zugrunde liegt - die Attenuation und Amplifikation bestimmter Aspekte möglich. Insbesondere der Grad der Änderungen in der Handlungskonzeption sei entscheidend für die Klassifikation als imitatives oder innovatives Remake.
Zwar führt Schaudig in seiner Systematik sicher nicht alle möglichen Veränderungen auf, die bei einem Remake bezüglich der Vorlage vorgenommen werden können; doch lassen sich die nicht genannten zumindest den einzelnen Strukturmustern zuordnen. Bei der vergleichenden Analyse der Erich-Kästner-Verfilmungen im zweiten Teil dieser Arbeit, soll auf Schaudigs Begriffsinstrumentarium verstärkt zurückgegriffen werden.
Charakteristisch für den Diskurs über die Literaturverfilmung ist die Frage nach dem Wert der Adaption im Vergleich zur literarischen Vorlage. Auch hier ist eine sinnvolle Übertragung von Erkenntnissen auf die Remake-Diskussion möglich. Lange Jahre wurde die Literaturverfilmung unter Berufung auf die Kategorie Werktreue als minderwertig gegenüber der Vorlage beurteilt.[37] Erst in den 80er-Jahren gab es verstärkt Versuche in der Literaturwissenschaft, die Adaption durch den Film zu rechtfertigen. Kreuzer weist darauf hin, dass der Begriff der Transformation, den er für den Vorgang der Adaption wählt, den Terminus Werktreue aufhebt.[38] Für Johann N. Schmidt kann es keine werkgetreue Literaturverfilmung geben, da die Mittel des Films „nicht einfach nur den Gehalt von etwas transportieren, sondern in ihrer ästhetischen Organisation wiederum neue Bedeutungen und sinnliche Wahrnehmungszusammenhänge bilden.“[39] Erika Fischer-Lichte stellt Ähnliches in Bezug auf das Verhältnis von Drama und Theaterinszenierung fest.[40] Analoges gilt für das Remake.
Wolfgang Gast und Irmela Schneider argumentieren historisch zugunsten der Literaturverfilmung. Gast zufolge stellt das „Aufgreifen bereits vorhandener, literarisch oder in anderer Form gestalteter Stoffe, Handlungen, Motive (...) eine Grundform kultureller Überlieferung und Traditionsbildung dar“.[41] Wie Schneider darlegt, wurde erst mit dem Aufkommen des Genie-Begriffs Ende des 18. Jahrhunderts „jede Bearbeitung, die auf Wiedererkennen als Bearbeitung zielt, in der künstlerischen Wertung zum Problem“.[42] Beide verweisen auf Lessings Laokoon, in dem dieser hervorhob, dass allein die künstlerische Qualität entscheidet, ob Vorlage oder Bearbeitung als wertvoller zu betrachten ist. Zum Verhältnis von Dichtern und bildenden Künstlern schreibt Lessing dort Folgendes:
Meine Voraussetzung, daß die Künstler dem Dichter nachgeahmet haben, gereicht ihnen nicht zur Verkleinerung. (...) Sie hatten ein Vorbild, aber da sie dieses Vorbild aus einer Kunst in die andere hinüber tragen mußten, so fanden sie genug Gelegenheit, selbst zu denken.[43]
Originalität ist für Lessing also weniger eine Frage der Erfindung als eine Frage der Gestaltung. Dies gilt für ihn nicht nur für die Transformation von einer Kunstart in eine andere, sondern, wie Schneider ausführt, auch für die Adaption eines Werks in eine andere Gattung.[44]
Inzwischen besteht ein zumindest weitreichender Konsens, was die Frage der Beurteilung von Literaturverfilmungen betrifft: Zum einen ist die Literaturverfilmung als eigenständiges filmkünstlerisches Werk zu betrachten und zu beurteilen. Zum anderen ist sie als Transformation einer literarischen Vorlage eine mögliche Interpretation dieser Vorlage und somit vor allem für deren Rezeptionsgeschichte von besonderer Relevanz. Für das Remake gilt dies in analoger Weise.
Was die Beschäftigung mit den Verfilmungen von Erich Kästners Kinderromanen und deren Remakes neben der Verquickung von Remake-Problematik mit Literaturverfilmungs-Problematik zusätzlich erschwert, ist Kästners eigenes Verhältnis zum Film. Zumindest bei zwei der sechs Filme, die in dieser Arbeit behandelt werden, war Kästner selbst direkt an deren Entstehung beteiligt. Autor der Vorlage und Autor der Verfilmung sind nicht klar zu trennen.[45] Im Folgenden soll daher ein kurzer Überblick zum Verhältnis des Schriftstellers Kästner zum Medium Film gegeben werden.
1.2 Erich Kästner und der Film - ein Überblick
Kästners Tätigkeit als Filmschaffender wurde lange Zeit in den wissenschaftlichen Arbeiten zu Kästners Leben und Werk nur marginal behandelt. Erst 1989 versuchte Ingo Tornow in seinem Buch „Kästner und der Film“ einen Gesamtüberblick über Kästners Verhältnis zum Film und sein filmkünstlerisches Schaffen zu geben. Ihm ist zu verdanken, dass die neueren Arbeiten nun diesen Werkaspekt mitberücksichtigen und darüber hinaus sich allgemein mit Kästner als Wanderer zwischen den Medien beschäftigen.
Kästner gehörte Thomas Anz zufolge zu den Autoren, „die schon früh systematisch und professionell die Möglichkeiten nutzten, die ihnen von den Massenmedien geboten wurden.“[46] Was Gast für den Autorenalltag der Gegenwart konstatiert - die „Mehrfachverwertung eines Stoffes in verschiedenen Fassungen, abgestimmt auf die jeweiligen Medienanforderungen“[47] - war für Kästner bereits Ende der 20er Jahre eine Selbstverständlichkeit. Er schrieb für Zeitungen und für Buchverlage, für das Theater, für den Rundfunk und für den Film. Für die Verbreitung seiner Gedichte hatte Kästner eigens eine Sekretärin eingestellt, „die eine Art ‚Vertriebsbüro‘ für ihn einrichtete und seine Gedichte systematisch an alle in Frage kommenden Tageszeitungen verschickte“.[48] Für seine Hörfunkrevue Leben in dieser Zeit von 1929 benutzte er schon vorab veröffentlichte Chansons und er erstellte kurz darauf eine Bühnenfassung. Bei seinen Kinderromanen, wie später gezeigt werden wird, verfuhr er meist ähnlich.
Kontakte zum Film sind seit 1924 nachzuweisen, seit 1931 betätigte sich Kästner als Drehbuchautor. Gemeinsam mit Emmerich Pressburger erarbeitete er eine erste Drehbuchfassung für die Verfilmung seines Romans Emil und die Detektive (1931, Regie: Gerhard Lamprecht), zeichnete für das Skript zu dem Kurzfilm Dann schon lieber Lebertran (1931, Regie: Max Ophüls) verantwortlich und überarbeitete das Drehbuch zu dem Film Das Ekel (1931, Regie: Eugen Schüftan, Franz Wenzler). Nach Ansicht Tornows war Kästner in dieser Zeit der frühen 30er-Jahre ein „gefragter Ideengeber und Drehbuchautor in der kleinen liberal-progressiven Gruppe innerhalb der reaktionären UFA-bestimmten Filmlandschaft.“[49] Kästner reagierte auf das neue Medium Film also mit aktiver Mitwirkung. Deutliche Einflüsse der Erfahrung Kino auf seine traditionell literarischen Veröffentlichungen, wie zum Beispiel bei Alfred Döblin oder anderen, sind nicht zu erkennen. In seinem publizistischen Werk in der Zeit der Weimarer Republik kommt dem Thema Film aber eine durchaus wichtige Stellung zu. Dies zeigt sich, wie Sarkowicz und Görtz ausführen, schon in der verhältnismäßig großen Zahl der von ihm verfassten Filmkritiken.[50] Kästner erweist sich darin u. a. als Verehrer von Sergej Eisenstein und Wsewolod Pudowkin, deren Filme er als „künstlerisch großartige Propagandawerke“[51] bezeichnet. Er erkennt die Möglichkeiten der Beeinflussung des Publikums durch den Film, wenn er schreibt, dass der Zuschauer zum Beispiel nach dem Besuch von Pudowkins Die Mutter (R, 1926) „ein anderer geworden“[52] sei. Dem Anti-Kriegsfilm What price glory (USA, 1926) von Raoul Walsh bescheinigt er zwar ein mangelhaftes Drehbuch und schlechte Regie, dennoch ist er der Meinung, dass „in einem Zehntel dieses Films mehr Propagandakraft gegen den Krieg als in zehn zündenden Reden“[53] stecke. Sarkowicz und Görtz konstatieren: „Inhaltliche oder stilistische Mängel nahm er [Kästner] in Kauf, wenn nur die Intention stimmte.“[54] Das Entscheidende ist für Kästner das pazifistische und soziale Engagement. So finden sich viele positive Besprechungen zu engagierten Milieu- oder Dokumentarfilmen, die heute weitgehend vergessen sind, unter Kästners Filmkritiken.[55] Negativ fallen seine Urteile aus, so Sarkowicz und Görtz, „wenn er das von ihm so geschätzte Medium mißbraucht glaubte: zu einfältigen Unterhaltungszwecken oder zur politischen Agitation von rechts.“[56] Missbilligend äußert sich Kästner in seinen Filmkritiken weiterhin über Literaturverfilmungen, so zum Beispiel auch über Die Büchse der Pandora (1928, Regie: G.W. Pabst) nach Wedekinds gleichnamigen Stück oder Der blaue Engel (1930, Regie: Josef von Sternberg) nach Heinrich Manns Roman Professor Unrat.[57] Meist erachtet Kästner die literarische Vorlage für durch den Film verdorben. Beim Blauen Engel bemängelt er zum Beispiel die moralische Reinigung und unpassende Aktualisierung des Mann-Romans. Diese negative Haltung gegenüber der Literaturadaption durch den Film ist von besonderem Interesse, wenn man bedenkt, dass Kästner heute selbst zu den meistverfilmten deutschen Autoren zählt.
In seiner Antwort auf die Umfrage Hätten wir das Kino!, von der Neuen Bücherschau 1929 unter Intellektuellen veranstaltet, beschreibt Kästner seine Sicht auf den deutschen Film folgendermaßen:
Jeder aussichtsreiche Versuch, den deutschen Film wesentlich zu qualifizieren, müßte mit der Durchführung des aussichtslosen Planes beginnen: die Industrialisierung der Filmproduktion zu beseitigen. (...) Solange Filme wie Briketts oder Konfektionsanzüge hergestellt werden, solange erreichen gute Manuskripte, begabte Regisseure und verantwortungsbewußte Darsteller nichts weiter, als daß sie in die Maschinerie geraten oder aufs laufende Band. (...) Ohne eine Säkularisierung der Filmindustrie ist jeder spezielle Besserungsversuch unsinnig. Mit ihr würde die Reformfrage gewinnen: (...) Künstlerisch belangvolle Manuskripte wären ebenso möglich wie ihre angemessene Behandlung. (...) Der Geschmack des Publikums ließe sich in der Übergangszeit durch psychologisch und bewußt „überkitschte“ Filme aushungern und, so oder nie, Werten zugänglich machen.[58]
Wie Tornow ausführt, scheint sich Kästner auch mit seiner eigenen Drehbucharbeit innerhalb der Filmindustrie nicht gerade identifiziert zu haben.[59]
Worin lag aber dann Kästners Motivation, dennoch für den Film zu schreiben? Bei den Verfilmungen seiner eigenen literarischen Werke spielt sicherlich seine oben dargelegte Skepsis gegenüber der Literaturadaption eine Rolle. Seine Mitarbeit an anderen Filmen lässt sich damit aber nicht erklären. Thomas Anz verweist in Zusammenhang mit Kästners Medienwechsel und somit auch seiner Filmarbeit, gleich auf mehrere Motive.[60] So habe Kästner die Medienvielfalt als eine Art Talentprobe betrachtet, in der er sich beweisen wollte. Außerdem seien die modernen Massenmedien für den Moralisten und Aufklärer Kästner das richtige Mittel gewesen, ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Dazu käme Kästners schon früh geäußerter Ehrgeiz, berühmt zu werden. Als wohl entscheidende Motivation für Kästners Offenheit gegenüber den diversen Medien nennt Anz das Honorar:
In der Zeit der Weimarer Republik, in der es ungemein schwer war, sich als freier Schriftsteller zu behaupten, war das Prinzip der Mehrfachverwertung und des Medienwechsels für einen Autor, der allein vom Schreiben leben wollte, unabdingbar.[61]
In seinem Artikel Der Schriftsteller als Kaufmann von 1930 weist Kästner seine Kollegen darauf hin, dass Bücher auch Warencharakter haben, und er ruft sie auf, diese Ware zu verwerten:
Aber in unserer Zeit, in der Zeitungen Romane zum Vorabdruck oder zum Nachdruck suchen; in der Film- und Tonfilmkonzerne Stoffe und Titel aus der Literatur holen; in der der Rundfunk zur Programmausgestaltung stündlich zeitgenössische Werke heranzieht (...) – in dieser Zeit liegen die Möglichkeiten für den Schriftsteller, an seinem Buch Geld zu verdienen oder, was noch häufiger ist, durch Unvorsichtigkeit leider nicht zu verdienen, auf der Straße.[62]
Besondere Brisanz erhält diese ökonomische Motivation in der Zeit des Nationalsozialismus. Kästner wurde zunächst mit Publikations- und später auch mit einem generellen Schreibverbot belegt. Um dennoch finanziell über die Runden zu kommen, veröffentlichte er im Ausland und unter diversen Pseudonymen auch weiterhin im Inland.[63] Außerdem bemühte er sich, die Verfilmungsrechte seiner Werke ins Ausland zu verkaufen, was ihm zum Beispiel 1934/35 für seine in der Schweiz erschienenen Romane Drei Männer im Schnee (1934) und Die verschwundene Miniatur (1935) gelang.[64] Obwohl offiziell nicht mehr tätig, erreichte es Kästner dennoch, dass zumindest die meisten der von ihm unter Pseudonym veröffentlichten Theaterkomödien im NS-Deutschland nicht nur gespielt, sondern auch verfilmt wurden. Von einer Mitwirkung an diesen Filmen kann aber nicht ausgegangen werden. In den Jahren 1941 und 1942 allerdings ergab sich für Kästner wieder die Möglichkeit zur Drehbucharbeit. Sein Schreibverbot wurde partiell aufgehoben, da er als Autor für den UFA-Jubiläumsfilm Münchhausen ausgewählt wurde. Die Umstände, wie es zu dieser Entscheidung kam, sind bis heute nicht eindeutig geklärt.[65] Neben dem Drehbuch zu Münchhausen (1943, Regie: Josef von Baky) verfasste Kästner in dieser Zeit auch das Drehbuch zu der Filmkomödie Der kleine Grenzverkehr (1943, Regie: Hans Deppe) nach seinem eigenen Roman Georg und die Zwischenfälle (1938) und überarbeitete das Drehbuch zu dem Film Ich vertraue dir meine Frau an (1943, Regie: Kurt Hoffmann). Im Vor- oder Abspann genannt wurde Kästner aber bei keinem dieser Filme, nicht einmal mit seinem bei diesen Drehbüchern benutzten Pseudonym Berthold Bürger.
Nach dem Krieg, dessen Ende Kästner mit einer Filmcrew in Mayrhofen in Tirol erlebte,[66] wandte sich Kästner, wieder höchst erfolgreich, verstärkt seiner buchschriftstellerischen und publizistischen Tätigkeit zu. Seine Arbeit für den Film beschränkte sich auf das Verfassen von Drehbüchern nach eigenen Stoffen. Einzige Ausnahme bildet die von ihm erstellte deutsche Dialogfassung von All about Eve (USA 1950, Regie: Joseph L. Mankiewicz). Für das Drehbuch zu Das doppelte Lottchen erhielt er 1951 bei der ersten deutschen Filmpreisverleihung die Drehbuchprämie. Dass er zumindest bei den meisten der deutschen Verfilmungen seiner Bücher auch jetzt noch, da es keine finanzielle Notwendigkeit mehr gab, für das Drehbuch verantwortlich zeichnete, ist wohl auf seine schon dargestellte Skepsis gegenüber Literaturverfilmungen zurückzuführen. Auch Tornow ist der Ansicht, dass sich Kästner damit „einer werkgerechten Umsetzung einigermaßen sicher“[67] sein wollte. Bemerkenswert erscheint außerdem, dass es sich bei den Verfilmungen, an denen Kästner mitarbeitete, zum einen um Regiearbeiten von Kurt Hoffmann, dem wohl bedeutendsten deutschen Komödienregisseur der 50er- und 60er-Jahre, handelt, zum anderen um Filme der Carlton-Film, der Produktionsfirma von Günther Stapenhorst. Sowohl Hoffmann als auch Stapenhorst arbeiteten schon in den 30er- und 40er-Jahren mit Kästner zusammen: Stapenhorst war Produktionsleiter bei der allerersten Kästner-Verfilmung Emil und die Detektive von 1931, für Hoffmanns Film Ich vertraue dir meine Frau an von 1943 bearbeitete Kästner das Drehbuch. Persönliche Kontakte scheinen für seine Filmarbeit also auch von Bedeutung gewesen zu sein.
Dennoch war die Zeit nach 1945 weniger die Zeit der eigenen Filmarbeit als vielmehr die Zeit der Kästner-Adaptionen durch den Film. Ingo Tornow zählt für den Zeitraum von 1931 bis 1998 insgesamt 37 Kino- und Fernsehfilme nach Kästner-Vorlagen aus 11 Ländern, an deren Entstehung Kästner nicht beteiligt war. Die große Mehrheit davon wurde nach 1945 gedreht. Als Drehbuchautor o. ä. wirkte Kästner an 14 Filmen mit, davon acht Adaptionen seiner eigenen Bücher. Mit insgesamt zehn Verfilmungen bzw. Fortsetzungen ist Das doppelte Lottchen der bisher meistverfilmte Stoff Kästners, gefolgt von Emil und die Detektive und Drei Männer im Schnee mit jeweils sechs Verfilmungen.[68]
2 Erich Kästner-Verfilmungen und ihre Remakes
Im Folgenden sollen nun jeweils die Erstverfilmungen der Kästner-Kinderromane Emil und die Detektive, Das doppelte Lottchen und Pünktchen und Anton mit ihrem jeweils ersten deutschen Remake verglichen werden. Der Schwerpunkt liegt auf der Herausarbeitung von Parallelen und Unterschieden inhaltlicher und ästhetischer Art. Weiterhin soll versucht werden, die in Kapitel 1 eingeführten Begriffe für das Remake anzuwenden. Um die Motive für die Produktion des Remakes aufzuzeigen, ist es unabdingbar, Original und Remake jeweils in ihren produktions- und filmgeschichtlichen Zusammenhang einzuordnen. Die kurze Darstellung der Geschichte ihrer Rezeption rundet dies ab. Grundsätzlich sollen die Filme beim Vergleich als eigenständige Werke eines Autorenkollektivs betrachtet werden. Die Problematik, dass sich bei einigen der Kästner-Verfilmungen Autor der literarischen Vorlage und Autor des Films überschneiden und sich die Themenbereiche Remake und Literaturverfilmung überlappen, ganz auszublenden, erscheint aber dennoch weder möglich noch sinnvoll. Es soll jeweils geklärt werden, warum die Neuverfilmungen als Remakes der Erstverfilmung zu betrachten sind und nicht allein als Literaturverfilmungen gelten können. Als Grundlage des Filmvergleichs soll das zugrunde liegende literarische Werk zumindest in seiner Medialisierungsgeschichte kurz vorgestellt werden
2.1 Emil und die Detektive
2.1.1 Die Romanvorlage und die Geschichte ihrer Medialisierungen
Ende der 20er-Jahre regte die Verlegerin Edith Jacobsohn den jungen Schriftsteller Erich Kästner an, einen Roman für Kinder zu verfassen. Kästner nahm die Herausforderung an und schon im Herbst des Jahres 1929 erschien Emil und die Detektive im Williams & Co. Verlag Berlin. Dieser erste und wohl wichtigste Kinderroman Kästners war der bisher größte Erfolg des Autors und begründete seinen weltweiten Ruhm als Kinderschriftsteller. Schon kurz nach Erscheinen wurden Verträge für Übersetzungen abgeschlossen und bereits im Frühjahr 1930 konnte in Deutschland die zweite Auflage in den Handel gehen.[69] Winfried Kaminski bezeichnet den Roman als „das Ereignis der Kinder – und Jugendliteratur in der Weimarer Republik“[70]. Neu war u. a. die Großstadt als Sujet und die Einbeziehung des sozialen Umfelds der kindlichen Helden. Als Vorläufer und Parallelen in der Kinderliteratur sind hier unter anderem Wolf Durians Kai aus der Kiste und Wilhelm Speyers Kampf der Tertia von 1927 zu nennen. Kästner schuf aber darüber hinaus einen neuartigen Kindertyp, der „selbständig, auch selbstbewußt, klug, kooperationsbereit und zupackend sein eigenes Leben vernünftig und furchtlos einrichtet“,[71] und bezog Dialekt und Gassenjargon in seine Gestaltung mit ein. Der Erfolg von Emil und die Detektive hält bis heute ungebrochen an, der Roman wurde zum Kinderbuchklassiker auf der ganzen Welt. Ute Harbusch zufolge gibt es inzwischen Übersetzungen in 57 Sprachen.[72]
Doch nicht nur der Präsentation in seiner urspünglichen Form als Roman verdankt die Geschichte von Emil, dem Jungen aus Neustadt, der sich in Berlin mit Hilfe solidarischer Kinder gegen die Erwachsenen durchsetzt, ihren Erfolg. Im Laufe der Jahre wurde der Roman mehrfach in andere Medien übertragen. Schon 1930 erstellte Kästner eine Bühnenfassung, was aufgrund des Dialoganteils im Roman von circa 50 Prozent nicht verwundert.[73] Ihre Uraufführung erlebte diese Dramatisierung am 20. November 1930 am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin unter der Regie von Karlheinz Martin und konnte einen ähnlichen Erfolg wie die Romanvorlage verbuchen. Noch vor der Theaterfassung gab es, Lutz-Kopp zufolge, Lesungen und Radiosendungen von Emil und die Detektive.[74] Schon im Winter 1931, also nur zwei Jahre nach Erscheinen des Romans, kam die Erstverfilmung durch die UFA in die Kinos. Regie führte Gerhard Lamprecht. Kästner selbst hatte am Drehbuch mitgearbeitet. Ein Mainzer Spieleverlag entwickelte ein Emil -Gesellschaftsspiel, und die UFA selbst brachte als Werbegag ein Spiel zum Film heraus. Das Film-Journal empfahl eine „Gemeinschafts-Schaufensterpropaganda“[75] von Buchhändlern, Kinobesitzern und Spielwarenhändlern. Schon 1935 gab es in Großbritannien eine Neuverfilmung, und auch in den nächsten Jahrzehnten wurden in verschiedensten Ländern immer wieder Filme nach Emil und die Detektive angefertigt.
Gundel Mattenklott, eine der wenigen Stimmen, die Kästners Kinderbüchern äußerst kritisch gegenübersteht, sieht den Erfolg von Emil und die Detektive sogar weniger in der Qualität des Romans begründet, sondern in der von Kästner „als einem der ersten praktizierten Anwendung einer uns heute in der Kinderliteratur selbstverständlichen Verkaufsstrategie: des Medienverbundes“.[76] Die Vermarktung des Stoffes im Medienverbund im Falle des Emil -Romans erscheint aus heutiger Sicht tatsächlich verblüffend modern und aktuellen Phänomenen der Kindermassenkultur wie Krieg der Sterne oder Pokémon durchaus vergleichbar.[77] Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache, dass Kästner 1934 den Fortsetzungsband Emil und die drei Zwillinge veröffentlichte, in dem er sowohl für seinen Roman Emil und die Detektive als auch für dessen Verfilmung auf äußerst intelligente Art Werbung machte:[78] Die kleinen Helden, die wir schon aus Emil und die Detektive kennen, wohnen einer Aufführung der Verfilmung „ihrer“ Geschichte bei und verwenden die Kinoeinnahmen für einen guten Zweck. Es kann hier nur angedeutet werden, wie sehr diese Vermarktungsstrategie wohl auch eine Überlebensstrategie für einen Autor war, der zu dieser Zeit bereits nicht mehr in Deutschland publizieren durfte. Emil und die drei Zwillinge musste schon in der Schweiz erscheinen, konnte aber in Deutschland gekauft werden; alle früheren Bücher waren bis auf eine Ausnahme verboten: Emil und die Detektive. Allein dieses überaus populäre Buch war noch bis 1936, zumindest de facto, in Deutschland erhältlich und auch die Verfilmung von Lamprecht wurde noch bis 1937 gezeigt.[79] Es verwundert also nicht, wenn Kästner bei seinen stark eingeschränkten Verdienstmöglichkeiten versuchte, aus den wenigen gebliebenen noch möglichst viel Kapital zu schlagen. Dennoch ist die in Emil und die drei Zwillinge auf die Spitze getriebene Verquickung von Realität und Fiktion, das Spiel mit Autor–, Erzähler- und Figurenebene, eine in erster Linie ästhetische Komponente, die typisch für Kästners Literatur ist. Mag sein, dass dieses Verwirrspiel, wie Steck-Meier einwendet, für das kindliche Publikum nur schwer durchschaubar ist, für den erwachsenen Leser ist es aber umso reizvoller.[80]
Gut 70 Jahre nach der Veröffentlichung stehen wir also vor einem großen Korpus an Rezeptionsmöglichkeiten von Kästners Emil und die Detektive. Der Roman findet sich heutzutage immer noch in mehreren Exemplaren sowohl als Hardcover als auch als Taschenbuch in den Regalen der Buchhandlungen und Bibliotheken.[81] Die Bühnenversion steht immer wieder auf den Spielplänen, am 25. Oktober 1998 hatte sie zum Beispiel im Großen Haus des Deutschen Schauspielhauses Hamburg in der Regie von Götz Loepelmann Premiere. Es gibt eine Hörpielversion auf MC und CD[82] und inzwischen sechs Filmversionen: zwei aus Deutschland, je eine aus Großbritannien, Japan, Brasilien und den USA. Eine siebte Version ist gerade in Vorbereitung. Die Neuverfilmung durch die Lunaris-Film und die Bavaria-Film in der Regie von Franziska Buch wird voraussichtlich 2001 die deutschen Kinoleinwände erobern.[83]
2.1.2 Produktionsbedingungen von Original und Remake
2.1.2.1 Gerhard Lamprechts Emil und die Detektive von 1931
Regisseur Gerhard Lamprecht erwarb bereits 1930 die Rechte für eine Verfilmung von Kästners Emil -Roman für seine eigene Produktionsgesellschaft, konnte aber das Projekt nicht realisieren, da er keinen Verleih fand, der sich dafür interessierte. Die Verleiher winkten ab mit der Begründung, es handele sich nur um einen Kinderfilm.[84] Tatsächlich war zu dieser Zeit die Kinderfilmproduktion in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Zwar gab es seit den 10er-Jahren Märchenfilme von Paul Wegener und die Scherenschnittfilme von Lotte Reiniger, doch waren diese Filme, die in der Tradition der romantischen Märchenrezeption standen und stilistisch dem Expressionismus und dem Jugendstil nahe waren, nicht explizit für Kinder konzipiert.[85] Speziell für Kinder produzierten seit Ende der 20er-Jahre die Gebrüder Diel ihre kurzen und mittellangen Märchen-Trickfilme, die besonders während des NS-Regimes häufig in den Schulen gezeigt wurden.[86] Hans Richter, eines der Filmkinder aus Emil und die Detektive, beschreibt die Kinderfilmsituation der damaligen Zeit folgendermaßen:
Ende der 20er, Anfang der 30er gab es den Kinderfilm noch nicht. In der damaligen Zeit gab es die Vorfilme: Chaplin, Keaton, Lloyd, die kurzen, kleinen Slapstickfilme (...). Der erste Kinderfilm war wohl tatsächlich der, in dem ich als damals 12-jähriger mitwirken durfte: „Emil und die Detektive“.[87]
Zwar lässt sich die Emil -Verfilmung nicht wirklich als erster deutscher realistischer Kinderfilm bezeichnen, eine herausragende Rolle für die Entwicklung des Kinder- und Jugendfilms in Deutschland muss ihm aber in jedem Falle zugebilligt werden. Genauso wie sich in der Geschichte der Kinderliteratur zu Kästners Roman Vorläufer und Parallelen finden lassen, gab es auch schon vor Lamprechts Verfilmung vereinzelt Filme, die auf realistische Art und Weise Kinderthematiken behandelten. Zu nennen wären hier Der Kampf der Tertia nach Speyers Roman von Max Mack aus dem Jahre 1929 oder Die Unehelichen aus dem Jahre 1926, bei dem Gerhard Lamprecht schon einmal sehr erfolgreich mit Kindern arbeitete. Des Weiteren gab es einige Filme, die sich mit Pubertätsproblemen beschäftigten. Besonders hervorzuheben wäre hier der zeitgleich mit Emil und die Detektive entstandene Film Mädchen in Uniform (1931, R: Leontine Sagan), eine „Anklage gegen die vom ‚Preußengeist‘ getragene, gleichsam paramilitärische Internatserziehung“.[88]
Im Spätherbst 1930 beschloss, Gabriele Jatho zufolge, die UFA, einen Kinderfilm in ihr Programm aufzunehmen.[89] Man entschied sich für eine Verfilmung von Kästners Roman Emil und die Detektive. Günther Stapenhorst wurde mit der Produktionsleitung betraut, Emmerich Pressburger erarbeitete mit Kästner eine erste Drehbuchfassung, die dann von Billie Wilder überarbeitet wurde.[90] Die Regie übernahm Gerhard Lamprecht, der sich ja schon seit längerem mit dem Stoff beschäftigt hatte. Dass ein Konzern wie die UFA sich des Projekts annahm, ist auf den ersten Blick verwunderlich, wenn man deren Programmkonzept aus dieser Zeit und die oben beschriebene, noch wenig entwickelte Kinderfilmproduktion bedenkt. Der Filmhistoriker Jerzy Toeplitz umreißt das Konzept der UFA mit den Begriffen Kommerz und Prestige, zu dem sich ab Anfang der 30er-Jahre zunehmend eine anti-republikanische, nationalistische Tendenz gesellte; denn mit Alfred Hugenberg stand ein Rechts-Konservativer an der Spitze des deutschen Filmkonzerns. Seit der Einführung des Reichslichtspielgesetzes 1920, das 1931 erneut verschärft wurde, gab es, so Helmut Korte, ein „wirksames Instrument zur Unterdrückung der Ansätze einer proletarischen Filmproduktions- und Verleihtätigkeit sowie selbst der realistischen Strömungen im bürgerlichen Film“,[91] das mit den politischen Intentionen der UFA Hand in Hand ging. Für die UFA typisch waren Ende der 20er- und Anfang der 30er-Jahre aufwendige Operettenfilme und historische, national gesinnte Ausstattungsfilme.[92] Alle oben genannten Filme mit einer Kinder- und Jugendthemantik wurden von anderen Produktionsgesellschaften hergestellt. Jatho schreibt über die Pläne der UFA, Kästners Kinderroman zu verfilmen, Folgendes:
Kein reiner Kinderfilm soll nach Willen der Ufa entstehen. Dieser Film ist ein Versuch. Vielleicht ein geschäftliches Wagnis. Jedenfalls ein Balanceakt, denn Kinder und Jugendliche allein versprechen nicht den großen finanziellen Erfolg an der Kinokasse.[93]
Zwar habe die UFA den Film dementsprechend als Film für Erwachsene und Kinder vermarktet; zugleich aber habe man versucht, die Produktionskosten mit Hinweis auf das Kinderfilmgenre möglichst gering zu halten, um so das Risiko zu minimieren und die Gewinnspanne zu maximieren.[94]
Nicht nur in kommerzieller Hinsicht war der Film ein Versuch, sondern auch in Hinblick auf die Auswahl der beteiligten Künstler: Kästner, Wilder und Lamprecht waren politisch dem linken Spektrum und künstlerisch der Neuen Sachlichkeit verbunden. Billie Wilder war als Autor an dem neusachlichem Reportagefilm Menschen am Sonntag (1929, R: Robert Siodmak, Edgar G. Ulmer) beteiligt gewesen und mit Gerhard Lamprecht engagierte man einen Regisseur, der zuvor durch sogenannte Zille-Filme, realistische Berliner Milieustudien wie Die Verrufenen (1925) hervorgetreten war. Die Neue Sachlichkeit, dies gilt für die Literatur genauso wie für den Film, grenzte sich von Expressionismus und Innerlichkeit ab, indem sie eine objektivistische Sichtweise auf die Wirklichkeit versuchte. Zumindest zum Teil verband sie dies mit sozialkritischem Engagement.[95] Dennoch erschien die Verfilmung von Kästners international von Kritik und Publikum so gelobtem Roman für die UFA Erfolg versprechend. Und so überwogen kommerzielle Interessen mögliche politische Bedenken.[96] Außerdem war der Versuch, neue künstlerische Talente für sich in dem von ihr vorgegebenen ästhetischen und politischen Rahmen fruchtbar zu machen, typisch für die Prestigemaxime der UFA.[97] So gesehen fügte sich das Projekt durchaus in das Konzept von Kommerz und Prestige ein. Neben seinen Zille-Filmen war Lamprecht auch mit Literaturverfilmungen wie Die Buddenbrooks (1923) erfolgreich, zudem hatte er bei seinem Film Die Unehelichen (1926) bereits Erfahrung in der Arbeit mit Kinderdarstellern gesammelt. Damit war er gleich mehrfach für den Stoff qualifiziert.[98] Produktionsleiter Günther Stapenhorst arbeitete seit 1928 für den UFA-Konzern und betreute in erster Linie Komödien und Tonfilm-Operetten. Pressburger, der mit Kästner die erste Drehbuchfassung erstellte, gehörte zu seinem festen Mitarbeiterstab.[99] Was die Besetzung betrifft, so wurden laut Stapenhorst circa 2500 Kinder gecastet, aus denen die Darsteller für die Detektive, die nicht von der Besetzung der Berliner Theaterinszenierung übernommen wurden, ausgewählt wurden. Harbusch kommentiert: „Das Medienspektakel beginnt schon vor den Dreharbeiten“.[100] Gedreht wurde im Sommer 1931 in den Studios in Neubabelsberg, vor allem aber an Originalschauplätzen in Berlin. Der Einfluss der Neuen Sachlichkeit mit ihrem dokumentarisch-objektivem Stil wird hier besonders deutlich. Am 02.12.1931 feierte der Film seine Premiere im UFA-Theater am Kurfürstendamm Berlin.[101]
2.1.2.2 Robert A. Stemmles Emil und die Detektive von 1954
Die frühen 50er-Jahre waren wie auch die späten 20er- und frühen 30er-Jahre eine Blütezeit der jetzt westdeutschen Filmindustrie. Durch Weltkrieg und Filmpolitik der Besatzungsmächte hatten sich die Strukturen aber nachhaltig verändert. Der Krieg war auch an der Infrastruktur der Filmindustrie nicht spurlos vorübergegangen. Viele Ateliers, Kopierwerke etc. waren zerbombt oder in den sowjetischen Besatzungsbereich gefallen. Dennoch hatte die Filmindustrie den Krieg laut Toeplitz technisch relativ unbeschadet überstanden.[102] Schon 1946 waren in den Westzonen wieder 2125 Kinos in Betrieb. Um in der Filmindustrie tätig zu sein, benötigte man Lizenzen der Alliierten. Bedingung für eine solche Lizenz war die politische Unbedenklichkeit des Antragstellers, was sich, wie Toeplitz ausführt, in der amerikanischen Zone nicht nur auf die NS-Vergangenheit, sondern auch auf Affinitäten zum Kommunismus bezog. Als erstes wurden solche Lizenzen im Bereich des Filmverleihs ausgeben. Die lizensierten Verleiher brachten in die Kinos, was ihnen die alliierten Behörden zuteilten. Dies waren in erster Linie alte UFA-Unterhaltungsfilme, die trotz der impliziten Ideologie als unverfänglich galten, und ausländische Produktionen. Hilmar Hoffmann beschreibt vor allem die US-Filmpolitik in Westdeutschland als Paradoxon:
Im Sinne der „Reeducation“ mußte (...) [den Amerikanern] sogar daran gelegen sein, einer eigenständigen neuen deutschen Filmproduktion auf die Beine zu helfen (...). Andererseits waren es gerade die Deutschen gewesen, die mit ihrer Politik einer autarken Filmindustrie jahrelang der amerikanischen Filmwirtschaft ihren bedeutendsten ausländischen Markt verschlossen haben. (...) Niemand konnte es daher der amerikanischen Filmwirtschaft verdenken, wenn sie verlorene Marktanteile zurückzuerobern hoffte.[103]
So kam es, dass die Verleiher schon einige Jahre ein sehr profitables Geschäft gemacht hatten, bevor endlich auch verstärkt Lizenzen für deutsche Filmproduktionen ausgegeben wurden. Da die Verleiher deshalb als einzige die Finanzierung der Filmproduktionen übernehmen konnten, kontrollierten sie lange Zeit die gesamte deutsche Filmindustrie. Dies blieb auch so, als 1949 mit der Gründung der Bundesrepublik das Lizenzsystem hinfällig wurde. Da die ökonomische Situation für die Filmindustrie unverändert schwierig war – Peter Nowotny zufolge musste ein Film bis zur Amortisation „das vier- bis fünffache seiner Herstellungskosten von rund einer Million Mark einspielen“[104] - , entwickelte die Bundesregierung ein Bürgschaftssystem, mit deren Hilfe die deutsche Filmproduktion wesentlich gesteigert werden konnte. Der deutsche Film erreichte in den 50er Jahren einen Marktanteil von circa 50 Prozent, in den Jahren 1951 bis 1954 verdoppelte sich die Anzahl der Produktionen. 1954 zählte man 743 Millionen Besucher in 5640 Kinos.[105] Zu der Abhängigkeit von den Verleihern kam nun aber auch eine Abhängigkeit vom Staat, die Produzenten liefen Gefahr „zum bloßen Vollzugsorgan des Bundes auf dem Gebiet der Filmherstellung zu werden.“[106] So stand das Gros der deutschen Produktionen unter weitgehender Ausblendung von Politik und NS-Vergangenheit ganz im Zeichen der Restauration der Wirtschaftswunderzeit. Für mehrere Jahre wurde der Heimatfilm zum wichtigsten Genre, der dem bundesdeutschen Kinobesucher bei der Orientierung im neuen Staat und beim Wiederfinden nationaler Identität behilflich sein sollte.
Aufgrund der Abhängigkeit von Staat und Verleihern war die deutsche Filmproduktion gekennzeichnet von einer extremen Risikoscheu. Man griff bevorzugt auf bewährte Konzepte zurück; so wundert es nicht, dass die deutsche Filmgeschichte der 50er-Jahre auch eine Geschichte der Remakes ist. Manderbach zufolge wurde „fast jeder der vor 1945 entstandenen Filme“[107] neu gedreht. Tatsächlich finden sich in einschlägigen Remake-Lexika ein Unmenge von Remakes der 50er- von Filmen der 30er-Jahre verzeichnet. Dabei stößt man nicht nur auf die erfolgreichen Unterhaltungsfilme bzw. Filmoperetten der UFA, sondern auch auf Klassiker der Filmgeschichte. Neben Remakes von Die Drei von der Tankstelle (1931/1955), Grün ist die Heide (1932/1951), Der Kongress tanzt (1931/1955), Viktor und Viktoria (1935/1957) oder Charleys Tante (1934/1955) finden sich Neuauflagen von Mädchen in Uniform (1931/1958) oder sogar von Fritz Langs Das Testament des Dr. Mabuse (1932/1962). Selbst Schwarzwaldmädel von 1950, der erste bundesdeutsche Farbfilm, der die Welle von Heimatfilmen erst begründete, war ein Remake der gleichnamigen Operettenverfilmung von 1933.
Was die Kinderfilmsituation betrifft, so griff man auch hier auf ein aus den 20er- und 30er-Jahren bewährtes Konzept zurück, den Märchenfilm. Erber-Groiß bescheinigt den meisten dieser nun auf Spielfilmlänge ausgedehnten Märchenverfilmungen eine „moralisierende, kindertümliche Attitüde“,[108] getränkt mit der restaurativen Ideologie der Wiederaufbau-Ära, „die sich nicht zuletzt an einer traditionellen bürgerlich-patriarchalen Familienstruktur, in der Frau und Kinder zu Gehorsam angehalten waren, orientierte.“[109] Realistische Kinderfilme waren die Ausnahme. Wieder einmal gingen hier Impulse von einer Kästner-Verfilmung aus: Josef von Bakys Das doppelte Lottchen aus dem Jahre 1950. Wie schon die Emil -Verfilmung von 1931 wurde aber auch dieser Film nicht allein für ein Kinderpublikum, sondern als Familienfilm geplant und wurde ein großer Erfolg bei Publikum und Kritik. Es erscheint symptomatisch für die deutsche Filmindustrie, dass man versuchte diesen Erfolg fortzusetzen. So kamen 1953 und 1954 die Erstverfilmungen der Kästner-Kinderromane Pünktchen und Anton und Das fliegende Klassenzimmer in die Kinos.
Auch die Berolina-Filmproduktion wollte an den Kästner-Boom dieser Zeit anschließen und produzierte, ebenfalls 1954, ein Remake von Emil und die Detektive. Die Rentabilität des Projekts schien doppelt gesichert: Man griff auf einen deutschen Tonfilmklassiker zurück und nutzte gleichzeitig die Kästner-Welle aus. Als zusätzliche Attraktion drehte die Berolina, anders als die Konkurrenzfirmen bei deren Kästner-Filmen, in Farbe. So kündigte man im Werbe-Leporello den Film dementsprechend nicht nur als „Herzensangelegenheit für die ganze Familie“, sondern auch als einen „Farbfilm großen Stils“ an.[110] Im Gesamtprogramm der Berolina nimmt sich das Emil -Remake eher ungewöhnlich aus, war es doch die Berolina, die mit ihren Filmen Schwarzwaldmädel (1950, R: Hans Deppe) und Grün ist die Heide (1951, R: Hans Deppe), die ersten und auch erfolgreichsten Heimatfilme produziert hatte. Neben diesem Genre war Manfred Barthel zufolge außerdem „die Operette der Lieblingstummelplatz“[111] dieser Berliner Firma, deren dramaturgisches Konzept es seiner Einschätzung nach war, „dass es dem kleinen, aber ehrlichen Mann am Schluss eines Films besser gehen muss, als zu Anfang.“[112] Als Produzenten fungierten bei dem Emil -Remake Heinz Willeg und Karl Mitschke, beide ansonsten im Heimatfilmbereich tätig. Verliehen wurde Emil und die Detektive vom Herzog-Filmverleih, dem bis Mitte der 50er-Jahre mächtigstem deutschen Verleih, der mit dem Berolina-Film Schwarzwaldmädel seinen ersten großen Erfolg erzielt hatte.[113] Für Regie und Drehbuch der neuen Version von Emil und die Detektive zeichnete Robert A. Stemmle verantwortlich. Ob und wie stark Produktionsfirma, Verleih oder auch Staat, wie in den 50er-Jahren üblich, in die Arbeit Stemmles eingegriffen haben, kann nur vermutet werden. Ein nicht zuordenbares Gutachten zum Drehbuch, das einer undatierten maschinenschriftlichen Drehbuchfassung von Stemmle, die sich im Archiv der Münchner Filmhochschule befindet, beigelegt ist, lässt aber auf massive inhaltliche Eingriffe schließen. In der vergleichenden Analyse soll darauf noch zurückgekommen werden.
Kästner selbst wirkte am Film nicht mit, was verwundert, da Stemmle in der Kästner-Biographie von Görtz/Sarkowicz als Freund von Kästner bezeichnet wird.[114] Lutz-Kopp berichtet sogar davon, dass es in den 30er-Jahren Pläne von Stemmle gab, Kästners Das fliegende Klassenzimmer zu verfilmen, die aber an der politischen Situation scheiterten.[115] Im Übrigen stößt man in Stemmles Filmographie immer wieder auf Werke, bei denen er mit Regisseuren und Autoren zusammengearbeitet hatte, die für die anderen Kästner-Filme der 50er-Jahre verantwortlich zeichneten: Josef von Baky, Kurt Hoffmann oder Maria von der Osten-Sacken. Als sein wichtigster Film gilt Berliner Ballade von 1948, einer der wenigen Trümmerfilme,[116] im den er sich „makaber-satirisch überspitzt“[117] mit der Nachkriegsrealität auseinandersetzte. In seinen Filmen der frühen 50er-Jahre glich sich Stemmle mehr und mehr dem Publikumsgeschmack an, bevorzugte aber auffälligerweise häufig Jugendthematiken, so in Sündige Grenze (1951) und Toxi (1952).
Für die Besetzung der Kinderrollen castete Stemmle nach eigener Auskunft in Schulen über 1000 Jungen. Gedreht und fertiggestellt wurde der Film in weniger als drei Monaten. Das bereits erwähnte Gutachten zum Drehbuch, das ganz deutlich noch Einfluss auf die endgültige Drehfassung nahm, ist auf den 16.07.1954 datiert und schon am 14.10.1954 startete der Film im Waterloo-Kino in Hamburg.[118] Diese extrem kurze Zeitspanne lässt darauf schließen, dass der Film für die Berolina wohl nur von geringer Bedeutung war: eine Produktion unter vielen anderen.
2.1.3 Rezeptionsgeschichte von Original und Remake
2.1.3.1 Gerhard Lamprechts Emil und die Detektive von 1931
Von der liberalen über die sozialdemokratische und KPD-nahe bis hin zur Zentums-treuen und auch monarchistischen Presse herrscht ungewöhnliche Einstimmigkeit in der Beurteilung von EMIL UND DIE DETEKTIVE. Der Film wird unisono mit einem Seufzer der Erleichterung, mit dem Ausruf „Endlich ein echter Jugendfilm!“ begrüßt (...).[119]
So beschreibt Gabriele Jatho die zeitgenössischen Reaktionen auf Lamprechts Emil- Film. An der Regie wurde besonders hervorgehoben, dass sie „das Geschehen restlos in Bilder umzusetzen“[120] vermag und dass sie „jeder Verniedlichung aus dem Wege geht“[121], Lamprecht also die Natürlichkeit der Kinder belässt, indem er sie sich selbst spielen lässt. Was die Geschichte an sich betrifft, so wurde ihre Echtheit und Lebensnähe gelobt. Der Kritiker von „Der Montag“ schrieb: In „dieser unwahrscheinlichen Geschichte [spiegelt sich] Lebensinhalt und Lebensabsicht unserer Großstadtjugend klarer, eindringlicher und überzeugender als die tiefgründigsten psychologischen Abhandlungen es zu tun vermögen. Es ist mit einem Wort gesagt, der Film der Jugend von heute.“[122] Der „Vorwärts“ bemerkte anerkennend, dass der Film die Jugend anleite, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und zur Selbsthilfe zu greifen.[123] Von den Schauspielern wurde neben sämtlichen Kinderdarstellern in erster Linie Fritz Rasp in der Rolle des Diebs Grundeis lobend herausgestellt.
Auch an der Kinokasse wurde der Film ein voller Erfolg. Allein drei Wochen lief er im Ufa-Theater am Kurfürstendamm bevor er dann in die kleineren Kinos ging. Schon bald war der Film auch in Wien, New York, Paris und London zu sehen, wo er ebenfalls sehr positiv aufgenommen wurde. Kommerz und Prestige waren der UFA sicher.[124]
Wie einleitend schon erwähnt, kam der Film überraschenderweise auch während des Dritten Reiches noch auf die Leinwand, obwohl Kästner längst Publikations- bzw. Schreibverbot hatte und seine Bücher verbrannt worden waren. Wie Jatho berichtet, war der Film zum Beispiel durch die Tonfilmwagen der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ auch in der Provinz zu sehen und man zeigte den Film sogar zur Feier des „Tages der deutschen Polizei“ im Januar 1937 in mehreren Kinos bei freiem Eintritt. Auf die Nennung Kästners wurde dabei aber laut Harbusch verzichtet.[125] Auch nach dem Zweiten Weltkrieg fand der Film immer wieder den Weg in den Kinos. 1986 gab es eine erfolgreiche Wiederaufnahme, bis heute lockte er nochmals knapp 150 000 Besucher ins Kino.
[...]
[1] Enderle, Luiselotte: Erich Kästner. Hamburg 1999 (im Folgenden angeführt als: Enderle 1999), S. 122 f.
[2] Vgl. Harbusch, Ute: Emil, Lottchen und der kleine Mann. Erich Kästners Kinderwelt. Marbach am Neckar 1999 (im Folgenden angeführt als: Harbusch 1999), S. 22 f.
[3] Bei der filmwissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema Remake trifft man auf ein eigenartiges Paradoxon. Sichtet man die einschlägigen Filmlexika und Filmverzeichnisse, so überrascht zunächst, wie ungeheurer groß der Korpus an Filmen ist, die als Remakes ausgewiesen werden. Bemüht man sich aber um wissenschaftliche Literatur zum Thema, so stellt man ebenso überrascht fest, dass sich diese auf wenige Titel sowohl im englischsprachigen als auch im deutschsprachigen Bereich beschränkt. Manderbach führt die weitgehende Ignorierung des Phänomens Remake in der Wissenschaft auf das allgemein negative Ansehen des Remakes zurück. Vgl. Manderbach, Jochen: Das Remake. Studien zu seiner Theorie und Praxis. Siegen 1988 (im Folgenden angeführt als: Manderbach 1988), S. 59.
[4] Manderbach 1988, S. 13.
[5] vgl. hierzu Druxman, Michael B.: Make it again, Sam. A Survey of Movie Remakes. Cranbury/New Jersey 1975 (im Folgenden angeführt als: Druxman 1975), S. 9.
[6] Vgl. Manderbach 1988, S. 11.
[7] Ebd., S. 59.
[8] Vgl. zum Folgenden Manderbach 1988, S. 17 – 24.
[9] Vgl. Druxman 1975, S. 15 und 20.
[10] Manderbach 1988, S. 62.
[11] Vgl. zum Folgenden Manderbach 1988, S. 59 ff.
[12] Vgl. Manderbach 1988, S. 61 f.
[13] Henry Blanke zitiert in Druxman 1975, S. 24.
[14] Paech, Joachim: Literatur und Film. Stuttgart 1988 (im Folgenden angeführt als: Paech 1988), S. 86.
[15] Vgl. Paech 1988, S. 45 ff.
[16] Strautz, Evelyn: Probleme der Literaturverfilmung. Alfeld/Leine 1996 (im Folgenden angeführt als: Strautz 1996), S. 4.
[17] Gast, Wolfgang/Hickethier, Knut/Vollmers, Burkhard: Literaturverfilmungen als ein Kulturphänomen. In: Gast, Wolfgang (Hrsg.): Literaturverfilmung. Bamberg 1993, S. 11-20 (im Folgenden angeführt als: Gast 1993), hier S. 15.
[18] Seegeberg, Harro: Technische Konkurrenzen. Film und Tele-Medien im Blick der Literatur. In: Mix, York-Gothart: Naturalismus. Fin de siècle. Expressionismus. 1890-1918. München 2000, S. 422-436 (im Folgenden angeführt als: Seegeberg 2000), hier S. 428.
[19] Seegeberg 2000, S. 429.
[20] Vgl. Paech 1988, S. 116 ff.
[21] Schaudig, Michael: Literatur im Medienwechsel. München 1992 (im Folgenden angeführt als: Schaudig 1992), S. 27.
[22] Vgl. Gast 1993, Strautz 1996 und Bazin, André: Plädoyer für die Adaption von Literatur. In: Adam, Gerhard (Hrsg.): Literaturverfilmungen. Oldenburg 1984, S. 24-27.
[23] Gast 1993, S. 17.
[24] Vgl. Kapitel 2.3.6.
[25] Vgl. Kanzog, Klaus: Einführung in die Filmphilologie. München 1991, S. 17. Was den von Kanzog behaupteten Informationsverlust betrifft, so ist in Anlehnung an Höfeles Ausführungen zu Drama und Aufführung anzumerken, dass neben dem Bedeutungsverlust, der zum Beispiel durch notwendige inhaltliche Kürzungen oder die konkrete Realisierung bedingt ist, auch eine Bedeutungserweiterung konstatiert werden kann, da die verwendeten ikonischen Zeichen eine eigene Bedeutungsfülle mitbringen. Vgl. Höfele, Andreas: Drama und Theater. Einige Anmerkungen zur Geschichte und gegenwärtigen Diskussion eines umstrittenen Verhältnisses. In: Forum Modernes Theater, Band 6/1 1991 (im Folgenden angeführt als: Höfele 1991).
[26] Schaudig 1996, S. 279.
[27] Vgl. Schaudig 1996, S. 279 und vgl. auch Höfeles Beschreibung des Verhältnisses von Dramen- und Aufführungstext als Intertextualität in Höfele 1991.
[28] Gast 1993, S. 14.
[29] Vgl. Kreuzer, Helmut: Arten der Literaturadaption. In: Gast, Wolfgang (Hrsg.): Literaturverfilmung. Bamberg 1993 (im Folgenden angeführt als: Kreuzer 1993), S. 27-31.
[30] Vgl. Kreuzer 1993.
[31] Schaudig 1996, S. 291-296.
[32] Ebd., S. 296.
[33] Vgl. ebd., S. 278 f. und 297 ff.
[34] Vgl. zum Folgenden Schaudig 1992, S. 148 ff. und Schaudig 1996, S. 299 ff.
[35] Schaudig 1996, S. 299.
[36] Ebd., S. 303.
[37] Vgl. z. B. Estermann, Alfred: Die Verfilmung literarischer Werke. Bonn 1965.
[38] Vgl. Kreuzer 1993, S. 28.
[39] Schmidt, Johann N.: Bildersprache. Über die Problematik von Literaturverfilmungen. In: Weber, Alfred und Friedl, Bettina (Hrsg.): Film und Literatur in Amerika. Darmstadt 1988, S. 21-44, hier S. 23.
[40] Vgl. Fischer-Lichte in: Fischer-Lichte, Erika (Hrsg.): Das Drama und seine Inszenierung. Vorträge des internationalen literatur- und theatersemiotischen Kolloquiums Frankfurt am Main 1983. Tübingen 1985, S. 37-49.
[41] Gast, Wolfgang: Lesen oder Zuschauen. In: Gast, Wolfgang (Hrsg.): Literaturverfilmung. Bamberg 1993, S. 7-12, hier S. 12.
[42] Schneider, Irmela: Der verwandelte Text. Wege zu einer Theorie der Literaturverfilmung. Tübingen 1981 (im Folgenden angeführt als: Schneider 1981), S. 39.
[43] Lessing zitiert in Schneider 1981, S. 67.
[44] Vgl. Schneider 1981, S. 69-74.
[45] Eine Untersuchung, welche Änderungen im Vergleich zum Roman zum Beispiel bei der Verfilmung von 1931 auf Kästner, Pressburger, Wilder, Lamprecht oder einen der dramaturgischen Mitarbeiter zurückzuführen ist, wäre eine eigene, durchaus lohnende Arbeit. Dass es bei der Arbeit an dieser Verfilmung immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen vor allem zwischen Billie Wilder und Erich Kästner kam, ist im Übrigen mehrfach belegt. Vgl. u. a. Hutter, Andreas und Kamolz, Klaus: Billie Wilder. Eine europäische Karriere. Wien 1998.
[46] Anz, Thomas: Erich Kästner zwischen den Medien. In: Kästner, Erich: Werke. Band 5. München 1998, S. 775-788 (im Folgenden angeführt als: Anz 1998), hier S. 775.
[47] Gast 1993, S. 17.
[48] Anz 1998, S. 778.
[49] Tornow; Ingo: Kästner und der Film. München 1998 (im Folgenden aufgeführt als: Tornow 1998), S. 120.
[50] Vgl. Görtz, Franz Josef und Sarkowitz, Hans: Nachwort. In: Kästner, Erich. Werke. Band 6. München 1998, S. 671-718 (im Folgenden angeführt als: Görtz/Sarkowicz 1998). hier S. 693 f.
[51] Kästner, Erich: Werke. München 1998. Band 6 (im Folgenden angeführt als: Werke 6), S. 127.
[52] Werke 6, S. 71.
[53] Ebd., S. 76.
[54] Görtz/Sarcowicz 1998, S. 686.
[55] Beispiele wären Kritiken zu So ist das Leben (1929, Regie: Karl Junghans) oder zu Hunger in Waldenburg (1929, R: Piel Jutzi); vgl. Werke 6, S. 237 ff. und 185 ff.
[56] Görtz/Sarkowicz1998, S. 693.
[57] Vgl. Werke 6, S. 173 ff. und 239 f.
[58] Werke 6, S. 187 f.
[59] Vgl. Tornow 1999, S. 8 f.
[60] Vgl. Anz 1998, S. 779 f.
[61] Ebd., S. 780.
[62] Werke 6, S. 245
[63] Vgl. zu Kästners Pseudonymen die Ausführungen von Anz 1998, S. 780 ff.
[64] Die amerikanische MGM kaufte die Rechte an beiden Romanen, verfilmte aber nur Drei Männer im Schnee; vgl. Tornow 1998, S. 9.
[65] vgl. Sarkowicz, Hans/Görtz, Franz Josef: Erich Kästner. Eine Biographie. München 1999 (im Folgenden angeführt als: Sarkowicz/Görtz 1999), S. 227 ff.; eine weitgehende Rekonstruktion zur Entstehung findet sich im Kommentar zu Münchhausen in Werke 5.
[66] Vgl. hierzu Kästners literarisches Tagebuch Notabene 45 in Werke 6.
[67] Tornow 1998, S. 121.
[68] Vgl. Tornows Auflistung der Kästner-Filme in Tornow 1998, S. 132 f.
[69] Vgl. Görtz/Sarkowitz 1999, S.112 f.
[70] Kaminski, Winfred: Einführung in die Kinder- und Jugendliteratur. Weinheim 1989 (im Folgenden angeführt als: Kaminski 1989), S. 24.
[71] Doderer, Klaus (Hrsg.): Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur. Band 2: I-O. Weinheim 1977, S. 126.
[72] Vgl. Harbusch, Ute: Emil, Lottchen und der kleine Mann. Erich Kästners Kinderwelt. Marbach am Neckar 1999 (im Folgenden angeführt als: Harbusch 1999), S. 18.
[73] Vgl. Steck-Meier, Esther: Erich Kästner als Kinderbuchautor, Bern 1999 (im Folgenden angeführt als: Steck-Meier 1999), S. 47-52.
[74] Vgl. Lutz-Kopp, Elisabeth: „Nur wer Kind bleibt...“. Erich Kästner-Verfilmungen. Frankfurt/Main 1993 (im Folgenden angeführt als: Lutz-Kopp 1993), S. 22.
[75] Film-Journal vom 27.12.1931 zitiert in: Harbusch 1999, S. 16.
[76] Mattenklott, Gundel: Erich Kästner und die Kinder. In: Flothow, Matthias (Hrsg.): Erich Kästner: ein Moralist aus Dresden. Leipzig 1996, S. 60-72 (im Folgenden angeführt als: Mattenklott 1996), hier S. 61.
[77] Vgl. hierzu die Ausführungen zur Kinderkultur bei: Erber-Groiß, Margarete: Unterhaltung und Erziehung. Studien zur Soziologie und Geschichte des Kinder- und Jugendfilms. Frankfurt/Main 1989 (im Folgenden aufgeführt als: Erber-Groiß 1989).
[78] Insgesamt betrachtet ist Emil und die drei Zwillinge sicher das schwächste von Kästners Kinderbüchern und zurecht weitgehend in Vergessenheit geraten. Fred Rodrian bemerkt: „Die Handlung ist zerfahren, eine bemerkenswerte Substanz an Ideen nicht zu verzeichnen – das Ganze ist mehr eine nachgeholte Werbung für den Film ‚Emil und die Detektive‘“; Rodrian, Fred: Notizen zu Erich Kästners Kinderbüchern. In: NDL – Neue deutscheLiteratur. Monatszeitschrift für schöne Literatur und Kritik 9/1960, S. 117-129 (im Folgenden angeführt als: Rodrian 1960), hier S. 125.
[79] Zu den genauen Publikationsmöglichkeiten Kästners im NS-Staat vgl. Görtz/Sarkowitz 1999, S. 197-205.
[80] Vgl. Steck-Meier 1999, 401 f.
[81] Vgl. die Auflagehöhen von Emil und die Detektive bei Cecilie Dressler Verlag: 143. Auflage 1999, und bei DTV: 5. Auflage 1999.
[82] Emil und die Detektive, Hörspielfassung von Gertrud Loos, Polydor International GmbH, Hamburg 1962 (heute bei Deutsche Grammophon).
[83] Vgl. die Ausführungen in Kapitel 2.3.6.
[84] Vgl. Jatho, Gabriele: „Mann, wir drehen hier doch einen Film!“ Zur Entstehung von EMIL UND DIE DETEKTIVE. In: Wilder, Billie: Emil und die Detektive. Drehbuch von Billie Wilder frei nach dem Roman von Erich Kästner zu Gerhard Lamprechts Film von 1931. München 1998, S. 149-175 (im Folgenden angeführt als: Jatho 1998), hier S. 153.
[85] Vgl. Strobel, Hans: Der neue deutsche Kinderfilm, München 1989 (im Folgenden angeführt als: Strobel 1989), S. 5.
[86] Vgl. Erber-Groiß 1989, S.242 ff.
[87] Richter zitiert in: Schneider, Wolfgang: Stationen des deutschen Kinderfilms. In: Schneider, Wolfgang (Hrsg.): Aufbruch zum neuen bundesdeutschen Kinderfilm. Hardebek 1982 (= Beihefte zum Bulletin Jugend und Literatur Nr. 18), S. 8-33, hier S.13.
[88] Erber-Groiß 1989, S. 247.
[89] Vgl. Jatho 1998, S. 151-154.
[90] Nach Jatho wirkten am Drehbuch außerdem noch Paul Frank und Carl Meyer mit, im Vorspann genannt wird allein Billie Wilder (vgl. Jatho 1998, S. 159-163).
[91] Korte, Helmut (Hrsg.): Film und Realität in der Weimarer Republik. Frankfurt/Main 1980, S. 73.
[92] Zur Geschichte der UFA vgl. Toeplitz, Jerzy: Geschichte des Films. Band 2 (1928-1933). Berlin (Ost) 1976 (im Folgenden angeführt als: Toeplitz 1976) und Kaes, Anton: Film in der Weimarer Republik. In: Jacobsen, Wolfgang/Kaes, Anton und Prinzler, Hans Helmut (Hrsg.): Geschichte des deutschen Films. Stuttgart 1993, S. 39-100.
[93] Jatho 1998, S. 152 f.
[94] vgl. Jatho 1998, S. 157.
[95] Vgl. zur Literatur in der Weimarer Republik: Beutin, Wolfgang u. a.: Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart ³1989, S. 344-388.
[96] Dies was beispielsweise auch bei von Sternbergs Der blaue Engel, der Verfilmung des erfolgreichen Romans Professor Unrat von Heinrich Mann, der Fall (vgl. Toeplitz 1976, S. 195 f.).
[97] Vgl. Toeplitz 1976, S. 196 f.
[98] 1946 drehte er den zweiten DEFA-Film Irgendwo in Berlin, bei dem er wieder mit Kindern im inzwischen zerbombten Berlin arbeitete. Wie Bandmann/Hembus meinen, ist der Film „eine überaus faszinierende Fußnote zu der Kästner-Verfilmung“ ; vgl. Bandmann, Christa und Hembus, Joe: Klassiker des deutschen Tonfilms. 1930-1960. München 1980 (im Folgenden angeführt als: Bandmann/Hembus 1980), S. 49.
[99] Vgl. Jatho 1998, S. 157 f.
[100] Harbusch 1999, S. 13.
[101] Zu den genauen Film-Daten vgl. Jatho 1998, S. 197 f.
[102] Vgl. zum Folgenden Toeplitz, Jerzy: Geschichte des Films. Band 5 (1945-1953). Berlin 1991), S. 385 ff.
[103] Hoffmann, Hilmar: 100 Jahre Film. Von Lumière bis Spielberg. Düsseldorf 1995 (im Folgenden angeführt als: Hoffmann 1995), S: 230.
[104] Nowotny, Peter: Gut Licht, gut Ton und voller Kassen. Der Boom der Kinobranche in den 50er Jahren. In: Unsere Medien – unsere Republik. Heft 2 (Nov. 1989): 1955 – „Das haben wir wieder gut gemacht...“, S. 25 ff. (im Folgenden angeführt als: Nowotny 1989), hier S. 25.
[105] Vgl. zu den angegebenen Daten Nowotny 1989, S. 27.
[106] Nowotny 1989, S. 26.
[107] Manderbach 1988, S. 31.
[108] Erber-Groiß 1989, S. 293.
[109] Ebd.
[110] Vgl. N.N.: Emil und die Detektive (Werbe-Leporello zu Stemmles Film im Archiv der Hochschule für Fernsehen und Film München).
[111] Barthel, Manfred: Als Opas Kino jung war. Der deutsche Nachkriegsfilm. Frankfurt/Main 1991 (im Folgenden angeführt als: Barthel 1991), S. 137.
[112] Barthel 1991, S. 132.
[113] Vgl. ebd., S. 47-54.
[114] Vgl. Görtz/Sarkowitz 1999, S. 187.
[115] Vgl. Lutz-Kopp 1993, S. 41.
[116] Vgl. die Ausführungen in Kapitel 2.2.2.1.
[117] Artikel zu Berliner Ballade in: Katholisches Institut für Medieninformation GmbH, Köln/Katholische Filmkommission für Deutschland, Bonn (Hrsg.): lexikon des internationalen films 1999/2000 (CD-Rom), München 1999 (im Folgenden angeführt als: Katholisches Institut für Medieninformation 1999).
[118] Vgl. N.N.: Emil und die Detektive (Werbe-Leporello zu Stemmles Film im Archiv der Hochschule für Fernsehen und Film München).
[119] Jatho 1998, S. 168.
[120] Kritiker des „Vorwärts“ zitiert in: Wilder, Billie: Emil und die Detektive. Drehbuch von Billie Wilder frei nach dem Roman von Erich Kästner zu Gerhard Lamprechts Film von 1931. München 1998 (im Folgenden angeführt als: Wilder 1998), S. 184.
[121] Manfred Georg zitiert in Wilder 1998, S. 186.
[122] Alfred Rosenthal zitiert in ebd., S. 188.
[123] Vgl. Kritiker des „Vorwärts“ zitiert in ebd. 1998, S. 184.
[124] Vgl. zu Laufzeiten etc. Jatho 1998, S. 169 ff.
[125] Vgl. Jatho 1998, S. 171 und Harbusch 1999, S. 17.
- Quote paper
- M.A. Johannes Schmid (Author), 2000, Erich Kästner-Verfilmungen und ihre Remakes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122473
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