Obwohl der schwäbische Traditions-Stoffteddy-Hersteller Steiff auf seiner Website passend zu den Olympischen Spielen in Peking mit putzigen Pandabären inklusive Knopf im Ohr wirbt, hat er mit China nicht viel Glück gehabt. Große Qualitätsprobleme und viel zu lange Lieferzeiten haben die Herstellung von Steiff-Produkten in China unrentabel gemacht. Am 1. Juli 2008 verkündete die Unternehmensführung die Beendigung der dortigen Produktion bis spätestens 2009 – nach nur vier Jahren.
Was ist schiefgelaufen? Ist hier die berühmte schwäbische Sparsamkeit zu weit gegangen oder funktioniert das Prinzip der deutschen Gründlichkeit nicht in China? Hätte sich die Firma Steiff mit ihrer Strategie vielleicht besser an die Kultur der chinesischen Mitarbeiter anpassen müssen?
Die Faszination der asiatischen Märkte mit ihrem enormen Potenzial ist nachvollziehbar: China und auch Indien haben sich längst zu ernstzunehmenden Spielern auf dem Weltmarkt entwickelt. Auch die deutschen Wirtschaftstreibenden kennen diese Faszination nur zu gut: „Wenn deutsche Politiker und Wirtschaftsführer nach China blicken, sind sie hin- und hergerissen: Sie staunen – und haben zugleich Angst (...) Sie drängen nach China – und wollen zugleich Chinas Firmen von Deutschland fernhalten (...) Statistiker haben längst ausgerechnet, wann China zur größten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen sein wird: 2035 oder 2040...“
Aber woran liegt es, dass manche Unternehmen dort im Ausland erfolgreich sind, von wo andere wie Steiff reumütig zurückkehren? Können sie sich einfach besser an die andere Kultur anpassen oder ist ihre Internationalisierungsstrategie so bewährt und gut, dass sie sie dominant im Ausland weiter verfolgen können?
Dieser Thematik will diese Arbeit auf den Grund gehen. Um eine solide Datenbasis für die Untersuchung zu haben, wurde hierfür eine Befragung unter Internationalisierungs-Experten der deutschen Wirtschaft durchgeführt. Der Untersuchungsschwerpunkt lag darauf, wie die Wettbewerbsstrategien deutscher Firmen im und für das Auslandsgeschäft in der Praxis tatsächlich aussehen. Versuchen die Unternehmen im Ausland mit ihrer in der Heimat bewährten Strategie zu punkten – und diese dominant auf das neue Land zu übertragen? Oder passen sie sich dem Kontext des neuen Marktes an und sind gerade dadurch erfolgreich?
Eine Spurensuche.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Die kurze Geschichte vom Panda-Teddybären
2 Einführung und begriffliche Grundlagen
2.1 Internationalisierung
2.1.1 Formen von Internationalisierungsstrategien
2.1.2 Rückverlagerung
2.2 Globalisierung – „Nationale Grenzen wurden weggespült“
2.2.1 Exportweltmeister Deutschland
2.3 Kultur – „die kollektive Programmierung des Geistes“
2.3.1 Kulturelle Dimensionen
2.3.2 Organisations- und Unternehmenskultur
2.3.2.1 Die culture-bound-thesis
2.3.3 Internationales Personalmanagement
2.4 Zwei Wege zum Unternehmenserfolg
2.4.1 Anpassung – „bewusst oder unbewusst“
2.4.2 Dominanz – „die Glasur, nicht der Kuchen“
2.5 Anpassung oder Dominanz?
2.5.1 Cultural acceptance – „Waffelriegel mit Käsearoma“
2.5.2 Competitive advantage
2.5.3 Competitive Acceptance
3 Empirische Befragung
3.1 Methodik und Auswahl der Befragten
3.2 Konzeption der Fragenkataloge
3.2.1 Der Online-Fragebogen
3.2.2 Die Einzelinterviews
4 Ergebnisse und Auswertung
4.1 Zahlen und Fakten
4.1.1 Außenhandels- und Auslandserfahrung
4.1.2 Branche
4.1.3 Unternehmensgröße und Auslandsumsatz
4.2 Strategieplanung
4.3 Länder, in denen die Unternehmen aktiv sind
4.4 Länder mit den größten Herausforderungen
4.5 Die größten Barrieren im Außenhandel
4.5.1 Hauptproblem Landeskultur
4.5.2 Spezifische Probleme mit einzelnen Ländern
4.5.2.1 China
4.5.2.2 Russland und Indien
4.5.2.3 Naher und Mittlerer Osten sowie USA
4.6 Erfolg und Scheitern von Auslandsprojekten
4.6.1 Vorbereitung auf den neuen Markt
4.6.2 Personalmanagement
4.6.3 Bewusste Strategie oder Zufall?
4.6.4 Einheitliches Konzept oder individuelles Vorgehen?
4.6.5 „Anpassung wo nötig, Dominanz wo möglich“
4.6.6 Competitive Acceptance trotz höherer Kosten?
4.7 Zusammenhänge
4.8 Erfolgreiche Auslandsprojekte
4.8.1 „Keine Uhren in China schenken!“
4.8.2 Klare Standardisierung
4.8.3 Erfolg durch Competitive Acceptance
4.9 Der Tipp für Erfolg im Ausland – „Bleib’ in Deutschland!“
4.10 Faktoren für eine erfolgreiche Internationalisierung
4.11 Gründe für das Scheitern im Ausland
5 Zusammenfassung und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
7 Verzeichnis der Interviewpartner
8 Anhang
8.1 Text des Online-Fragebogens
8.2 Antworten Online-Fragebogen, Frage 1: Position
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Tabelle 1: Handelsbarrieren in Ländern mit größter Herausforderung
Abbildung 2: Außenhandel im Überblick
Abbildung 4: Auswertung Außenhandelserfahrung
Abbildung 5: Auswertung Auslandserfahrung
Abbildung 8: Auswertung Branche
Abbildung 6: Auswertung Mitarbeiterzahl
Abbildung 7: Auswertung Auslandsumsatz
Abbildung 9: Auswertung Aktivitätsradius
Abbildung 9: Auswertung Länder mit größter Herausforderung
Abbildung 10: Auswertung Barrieren im Außenhandel
Abbildung 11: Auswertung Vorbereitungen auf neuen Markt
Abbildung 12: Auswertung Personalvorbereitung
Abbildung 13: Auswertung Strategiebewusstsein
Abbildung 15: Auswertung Anpassungsgrad
1 Einleitung
1.1 Die kurze Geschichte vom Panda-Teddybären
Obwohl der schwäbische Traditions-Stoffteddy-Hersteller Steiff auf seiner Website passend zu den Olympischen Spielen in Peking mit putzigen Pandabären inklusive Knopf im Ohr wirbt, hat er mit China nicht viel Glück gehabt. Große Qualitätsprobleme und viel zu lange Lieferzeiten haben die Herstellung von Steiff-Produkten in China unrentabel gemacht. Am 1. Juli 2008 verkündete die Unternehmensführung die Beendigung der dortigen Produktion bis spätestens 2009 – nach nur vier Jahren.
Steiff-Geschäftsführer Martin Frechen erläutert in einem Interview die Gründe für den Rückzug: „Für komplizierte Schnitte hat sich die Produktion in China nicht geeignet. Um Qualität zu produzieren, brauchen wir sechs Monate Einarbeitungszeit. Da können die Leute schon wieder weg sein, weil eine Autofabrik nebenan ein wenig mehr zahlt.“ Das Unternehmen nutzt den Rückzug aus China nun sogar zu Marketingzwecken: Zur neuen Unternehmensstrategie zählt auch der Verzicht auf Stofftiere aus fernöstlicher Produktion. Frechen: „Wir ziehen uns Schritt für Schritt aus Asien zurück. Für Premiumprodukte ist China einfach nicht kalkulierbar.“ (Schmierer, 2008)
Was ist schiefgelaufen? Ist hier die berühmte schwäbische Sparsamkeit zu weit gegangen oder funktioniert das Prinzip der deutschen Gründlichkeit nicht in China? Hätte sich die Firma Steiff mit ihrer Strategie vielleicht besser an die Kultur der chinesischen Mitarbeiter anpassen müssen?
Die Faszination der asiatischen Märkte mit ihrem enormen Potenzial ist nachvollziehbar: China und auch Indien haben sich längst zu ernstzunehmenden Spielern auf dem Weltmarkt entwickelt (vgl. Khanna, 2008: 42ff). Auch die deutschen Wirtschaftstreibenden kennen diese Faszination nur zu gut: „Wenn deutsche Politiker und Wirtschaftsführer nach China blicken, sind sie hin- und hergerissen: Sie staunen – und haben zugleich Angst (...) Sie drängen nach China – und wollen zugleich Chinas Firmen von Deutschland fernhalten (...) Statistiker haben längst ausgerechnet, wann China zur größten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen sein wird: 2035 oder 2040...“ (Schäfer, 2008: 19)
Aber woran liegt es, dass manche Unternehmen dort im Ausland erfolgreich sind, von wo andere wie Steiff reumütig zurückkehren? Können sie sich einfach besser an die andere Kultur anpassen oder ist ihre Internationalisierungsstrategie so bewährt und gut, dass sie sie dominant im Ausland weiter verfolgen können?
Dieser Thematik will diese Arbeit auf den Grund gehen. Um eine solide Datenbasis für die Untersuchung zu haben, wurde hierfür eine Befragung unter Internationalisierungs-Experten der deutschen Wirtschaft durchgeführt. Der Untersuchungsschwerpunkt lag darauf, wie die Wettbewerbsstrategien deutscher Firmen im und für das Auslandsgeschäft in der Praxis tatsächlich aussehen.
Versuchen die Unternehmen im Ausland mit ihrer in der Heimat bewährten Strategie zu punkten – und diese dominant auf das neue Land zu übertragen? Oder passen sie sich dem Kontext des neuen Marktes an und sind gerade dadurch erfolgreich?
Eine Spurensuche.
2 Einführung und begriffliche Grundlagen
2.1 Internationalisierung
Auch wenn das Projekt der Firma Steiff, einen Teil ihrer Produktion nach China zu verlagern, gescheitert ist, sehen viele Unternehmen in der Internationalisierung einen möglichen Wettbewerbsvorteil. Der heimische Markt ist gesättigt. Nur durch die Erschließung neuer Märkte über die Landesgrenzen hinaus ist ein Wachstum noch möglich (vgl. Zentes, Swoboda & Morschett, 2004: 9ff).
Jährlich verlagert jeder elfte Betrieb des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland Teile seiner Produktion ins Ausland. Bevorzugte Ziele sind die neuen EU- Mitgliedsländer, allen voran Tschechien und Polen. China auf Rang drei ist mit Abstand das wichtigste Verlagerungsziel außerhalb der EU. Das meist genannte Motiv für Produktionsverlagerungen – insbesondere in die neuen EU- Mitgliedsländer – sind nach wie vor geringere Personalkosten (vgl. Kinkel, 2008).
Doch wie kann der Begriff der Internationalisierung wissenschaftlich präzise gefasst werden? In der betriebswirtschaftlichen Literatur finden sich zur Definition des Begriffs vielfältige Ansätze. Als geeignet für diese Arbeit erscheint vor allem die Definition von Zentes & Morschett. Sie verstehen unter Internationalisierung „alle Formen grenzüberschreitender Tätigkeit, bei denen mindestens eine Wertschöpfungsaktivität bzw. ein Wertschöpfungsprozess in mindestens einem ausländischen Staat realisiert wird. In diesem Sinne ist ein mittelständisches Unternehmen, das nur aus einem benachbarten Land Rohstoffe, Teile oder Komponenten beschafft, ebenso international tätig wie ein Global Player mit einer weit reichenden Dislozierung einer Vielzahl von Wertschöpfungsaktivitäten.“ (Zentes & Morschett, 2003: 52)
Dabei kann der Grad der Internationalisierung von Unternehmen aus vier verschiedenen Forschungsperspektiven betrachtet werden. Zum einen wird dann von Internationalisierung gesprochen, wenn ein Unternehmen generell beginnt, auf ausländischen Märkten aktiv zu werden. Die zweite Betrachtungsweise analysiert die Art des Auslandsengagements in den einzelnen Formen der Internationalisierung. Die dritte Forschungsebene widmet sich der Identifikation und Analyse von Internationalisierungspfaden und der Erkennung von Mustern im Zeitverlauf. Die vierte Perspektive betrachtet schließlich die „Global Player“, deren Auslandsaktivitäten sich nicht mehr nur auf einzelne Bereiche beschränken (vgl. Weber & Kabst 2000: 8f).
2.1.1 Formen von Internationalisierungsstrategien
Generell lassen sich drei Ausprägungsformen von Internationalisierungsstrategien unterscheiden: vertragsfreie Kooperationen, Kontraktkooperationen und Equity- Kooperationen. Unter vertragsfreien Kooperationen fassen Zentes & Moschett etwa Beschaffungs- und Vermarktungsallianzen sowie Wertschöpfungsnetze und bezeichnen sie als „virtuelle“ (elektronische) Formen. Bei Kontraktkooperationen ist die Zusammenarbeit mit einem Vertrag besiegelt. Hierunter fallen inländische Kontrakt-Kooperationen, Vereinbarungen zu Forschung und Entwicklung, Assoziierungsvereinbarungen, Agentur-, Kommissionär- und Maklersysteme, Lizenzvertrags-, Franchise- und Managementvertragssysteme. Unter Equity- Kooperationen können Beteiligungen an bestehenden Unternehmen sowie wechselseitige Beteiligungen der Kooperationspartner untereinander verstanden werden (vgl. Zentes & Morschett, 2003: 53ff).
2.1.2 Rückverlagerung
Obwohl es einen interessanten Markt darstellt, hat das Ausland als Produktionsstandort für manche Unternehmen bereits wieder an Attraktivität verloren. Der Grund: Die Einbußen bei Qualität und Flexibilität fressen die erhofften Einsparungen bei den Lohnkosten auf. Nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts kehrte 2007 jeder vierte bis sechste Betrieb wieder aus dem Ausland zurück. Die Studie zeigt zudem, dass Verlagerungen sehr schnell scheitern können: Bei 85 Prozent der Unternehmen erfolgt die Rückverlagerung in den ersten vier bis fünf Jahren nach der Produktionsverlagerung ins Ausland.
Langfristige negative Entwicklungen an den ausländischen Standorten spielen dabei eher eine Nebenrolle. Wahrscheinlicher ist, dass die Verlagerungen im Vorfeld häufig nicht genügend geplant und zu stark an kurzfristiger Kosteneinsparung orientiert sind (vgl. Fraunhofer ISI, 2008).
2.2 Globalisierung – „Nationale Grenzen wurden weggespült“
Entstanden ist der Trend, verschiedene Teile der Wertschöpfungskette ins Ausland zu verlagern, durch die Entwicklung der Globalisierung. Diese wird „als die extreme bzw. umfassendste Ausprägung der Internationalisierung gesehen, die sich gleichermaßen in weltweiten Exporten/Importen oder in weltweit dislozierter Wertschöpfung niederschlagen kann.“ (Zentes, Swoboda & Morschett, 2004: 5) Die Globalisierung entstand durch den rasanten Fall der Transaktions- und Transportkosten. GATT und WTO beseitigten politische Handelshemmnisse und öffneten die nationalen Märkte für die internationale Konkurrenz. Das günstige Öl machte es lukrativ, Waren und Dienstleistungen über immer weitere Distanzen zu transportieren. „Wie ein Sturm fegte die Globalisierung in den letzten 20 Jahren über die Welt. Schutzzäune und Eiserne Vorhänge sind niedergerissen worden.
Nationale Grenzen wurden weggespült. Internationale Arbeitsteilung und Spezialisierung erlangten eine neue, eine weltweite Dimension. Die Glieder der Wertschöpfungskette wurden in immer kleinere Teile zerlegt und über die ganze Welt verteilt. Hauptsache billiger, lautete die Devise. Alles schien möglich. Die Erde wurde zur flachen Scheibe erklärt.“ (Straubhaar, 2008)
Scholz & Stein (2000: 195f) sehen das wirtschaftliche Handeln im globalen Rahmen und den Erfolg dabei dadurch bestimmt, wie das Phänomen der Globalisierung verstanden wird. Je nach Wahrnehmung kann Globalisierung entweder als Bedrohung oder als Chance gesehen werden. Bei der Betrachtung der Globalisierung werden drei Sichtweisen unterschieden: Die erste sieht Globalisierung als empirisch beobachtbares, ökonomisches Phänomen, welches grenzüberschreitende Handelsströme nachweist; die zweite als sozial konstruiertes Phänomen im gesamtgesellschaftlichen Kontext, als „gemeinsame ‚mentale Konstruktion der Wirklichkeit’. Je größer das Bewusstsein zum Thema Globalisierung ist, desto wirksamer wird die Existenz dieses Bewusstseins, um Verhalten zu prägen und damit reale Wirksamkeit zu entfalten“. Die dritte Sichtweise betrachtet Globalisierung als strategisches Phänomen, als Denkhaltung und unbewusste oder bewusste Strategie. Nur wer sie annimmt und sich auf sie einstellt, kann sie für sich instrumentalisieren und für seinen Erfolg nutzen. Für das Management ergibt sich daraus die große Herausforderung, mit den Widersprüchen der Globalisierung sinnvoll umzugehen.
2.2.1 Exportweltmeister Deutschland
Trotz des Scheiterns vieler Unternehmen im Ausland spielt Deutschland auf dem globalen Markt nach wie vor ganz vorne mit: Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) wird die deutsche Wirtschaft auch 2008 ihren Titel des Exportweltmeisters verteidigen und bei den Ausfuhren die Rekordmarke von einer Billion Euro übertreffen (vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 2008). Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund der geringen Rohstoffvorkommen des Landes exportabhängig. Im Jahre 2007 führte Deutschland Waren im Wert von 969 Milliarden Euro aus und importierte Waren im Wert von 772,5 Milliarden Euro – ein Rekord. Der Überschuss des Außenhandelssaldos lag bei 196,5 Milliarden Euro (vgl. Abbildung 2 sowie Statistisches Bundesamt, 2008a).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Außenhandel im Überblick (Statistisches Bundesamt, 2008a)
Etwa drei Viertel der Ausfuhren deutscher Waren gingen 2007 in europäische Länder, der größte Anteil davon mit 65% in die EU-Mitgliedstaaten.
Zweitwichtigster Absatzmarkt der Waren „Made in Germany“ war Asien mit einem Anteil von rund 11% vor Amerika mit etwa 10%. Nach Afrika und Australien/Ozeanien gingen lediglich 2% beziehungsweise 1% der Ware (vgl. Statistisches Bundesamt, 2008b).
Um den Titel des Exportweltmeisters liefert sich Deutschland ein Kopf-an-Kopf- Rennen mit China. Ob sich die deutsche Wirtschaft auch 2009 noch mit dem Titel schmücken kann, hängt allerdings davon ab, ob der Euro-Kurs gegenüber dem US-Dollar so hoch bleibt oder nicht, denn die deutsche Wirtschaft bewertet ihre
Geschäfte überwiegend in Euro und liefert in den Euro-Raum. China hingegen verkauft mehr in den US-Dollar-Raum. In China macht die deutsche Wirtschaft aber weiterhin gute Geschäfte. Laut DIHK planen 40 Prozent der dort aktiven deutschen Firmen eine Ausweitung ihrer Aktivitäten (vgl. Handelsblatt, 2008).
Warum ist das Gros der deutschen Unternehmen trotz gelegentlicher Rückschläge dennoch in einer für sie so fremden Kultur erfolgreich? Sind vielleicht gerade die kulturellen Unterschiede und der geschickte Umgang mit ihnen die Zutaten für ihr Erfolgsrezept? Diese Fragen gilt es im Folgenden zu klären.
2.3 Kultur – „die kollektive Programmierung des Geistes“
Die Ausweitung von Unternehmensaktivitäten ins Ausland zieht den Kontakt mit anderen Landeskulturen und Managementstilen nach sich. Gerade für unternehmenspolitische Entscheidungen ist die Kenntnis der kulturellen Unterschiede und Gepflogenheiten im Partnerland deshalb essentiell (vgl. Scholz & Stein, 2000: 196). Doch wie kann der Begriff der Kultur überhaupt gefasst und definiert werden? Eine oft zitierte Definition ist jene von Geert Hofstede: „Kultur ist immer ein kollektives Phänomen, da man sie zumindest teilweise mit Menschen teilt, die im selben sozialen Umfeld leben oder lebten, d.h. dort, wo diese Kultur erlernt wurde. Kultur besteht aus den ungeschriebenen Regeln des sozialen Spiels. Sie ist die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet. Kultur ist erlernt und nicht angeboren. Sie leitet sich aus unserem sozialen Umfeld ab, nicht aus unseren Genen.“ (Hofstede, 2006: 4)
2.3.1 Kulturelle Dimensionen
Kultur wird in der Forschung auf unterschiedliche Weisen betrachtet. Als Beispiele sollen im Folgenden die Sichtweisen von Edward und Mildred Hall, Fons Trompenaars und Charles Hampden-Turner sowie Geert Hofstede behandelt werden. Weitere Forschungsaspekte können aus Platzgründen an dieser Stelle nicht ausgearbeitet werden.
Nach Hall & Hall ist es durchaus möglich, in einer Kultur aufzuwachsen, ohne deren Regeln für die Dinge zu kennen, die man nicht bewusst wahrnimmt. „These include matters such as material culture, business institutions, marriage and the family, social organizational, language, (…),sex, and the law.” (Hall, 1976: 92) Darauf basierend entwickelten Hall & Hall kulturelle Dimensionen auf der Grundlage der Begriffe espace, temps und contexte. „La manière dont le temps et l’espace sont perçus et organisés constitue deux caractéristiques s’ajoutent des variable aussi diverses que la manière de communiquer – rapidement ou lentement, avec ou sans référence ou contexte –, les incidences du temps – monochronique ou polychronique – sur les chaînes d’action, la perception, l’acception ou le rejet, l’utilisation du pouvoir.“ (Hall & Hall, 1987: 34ff)
Fons Trompenaars betrachtet Kultur als ein Gebilde aus verschiedenen Schichten – ähnlich einer Zwiebel (vgl. Trompenaars, 1993: 22ff). Er und Charles Hampden-Turner nahmen eine Differenzierung von Kulturen anhand von sieben Dimensionen vor. Sie betrachteten dabei die Aspekte universalism versus particularism, individualism versus communitarism, achieved status versus ascribed status, analysing versus integrating; inner-directed versus outer-directed, time as sequence versus time as und equality versus hierarchy (vgl. Trompenaars, 1993: 31ff und Hampden-Turner & Trompenaars, 1993: 10ff).
Geert Hofstede definierte zur Bestimmung und Messung nationaler Kulturen fünf verschiedene Dimensionen. Als erste Dimension gilt ihm der Machtdistanzindex, der als Gradmesser für Ungleichheit in der Gesellschaft fungiert. Dimension zwei ist der Grad des Individualismus in der Gesellschaft. Ein hoher Grad bedeutet, dass die Bindungen zwischen den Individuen locker sind. Jeder sorgt nur für sich und seine nächste Familie. Das Gegenstück ist der Kollektivismus, bei dem die Mitglieder einer Gesellschaft von Geburt an in starken geschlossenen Gruppen integriert sind, die sie ihr Leben lang loyal schützen. Dimension drei betrachtet die Bedeutung von Geschlechterrollen für eine Gesellschaft – Hofstede macht sie an den Begriffen Maskulinität und Feminität fest. Männer gelten als bestimmt und wettbewerbsorientiert, Frauen als häuslich, familienorientiert und sozial eingestellt. Als vierte Dimension bezeichnet Hofstede den Index der Unsicherheitsvermeidung, der einen Maßstab für (In-)Toleranz gegenüber der Eindeutigkeit in einer Gesellschaft darstellt. Dimension fünf ist die der Langzeit- oder Kurzzeitorientierung nationaler Kulturen. Die Kurzzeitorientierung steht für das Hegen von Tugenden wie Traditionen, Erfüllung sozialer Pflichten und der Wahrung des Gesichts; Langzeitorientierung zielt auf künftigen Erfolg und Tugenden wie Sparsamkeit und Beharrlichkeit (vgl. Hofstede, 2006: 31ff).
Orientiert an diesen Theorien haben Bach et al. im Rahmen einer Forschungsarbeit fünf Hauptkategorien von Barrieren im Umgang mit anderen Kulturen unterschieden: Sprache, Kommunikation allgemein, Kultur (sowohl zwischenmenschliche als auch Unternehmenskultur), rechtliche Beschränkungen und die politische Situation, die später in dieser Arbeit Verwendung finden (vgl. Bach et al., 2008: 7).
2.3.2 Organisations- und Unternehmenskultur
Bereits Anfang der achtziger Jahre entstand der Trend, dass eine Organisation wie ein Unternehmen eine von ihrer Strategie unabhängige Kulturgemeinschaft mit gemeinsamen Spielregeln und Werten bilden sollte. In Zusammenhang mit Organisationskultur muss zwischen der sichtbaren Ebene von Verhalten und Erscheinung sowie der unsichtbaren Ebene von Normen und Grundwerten unterschieden werden (vgl. Scholz & Stein, 2008b).
2.3.2.1 Die culture-bound-thesis
Den Einfluss der Landeskultur auf Organisationen haben Edgar Schein, Terrence E. Deal und Allan A. Kennedy intensiv erforscht. Dieser Ansatz wird auch als culture-bound-thesis bezeichnet (vgl. Scholz & Stein, 2002: 284).
Schein sieht die Kultur einer Organisation als ein Konstrukt, das sich unterschiedlich intensiv auf drei unsichtbaren Levels ausdrücken lässt, die sich gegenseitig beeinflussen. Auf dieser Basis entwickelte er ein Drei-Ebenen- Modell. Ebene (Level) eins sind die artifacts and creations, welche die sichtbarsten Ebenen der Kultur bilden. Level zwei sind die values, die sich vor allem auf das Erlernen von Kultur auswirken. Level drei sind die basic underlying assumptions, die zur Problemlösung genutzt werden (vgl. Schein, 1985:14ff).
Deal & Kennedy sehen in der Kultur neue Herausforderungen für Unternehmen. Die wichtigsten Eckpunkte sind hier die (Firmen)philosophie, die Mitarbeiter selbst, Helden, Rituale und Zeremonien. Manager müssen also nicht nur das Unternehmen führen, sondern auch gute interkulturelle Qualitäten aufweisen, um erfolgreich zu sein (vgl. Deal & Kennedy, 1982: 3ff). Der Schlüssel zum Unternehmenserfolg ist also, eine Kultur lesen und verstehen zu können. „Culture, even roughly defined, has a very strong influence on a company’s behaviour over time. And that influence is predictable.” (Deal & Kennedy, 1982: 129)
Basierend auf der culture-bound-thesis lässt sich Organisationskultur so erklären:
„Eine Gruppe von Personen mit zumindest rudimentär geteilter Zielsetzung und einem ansatzweisen inneren Zusammenhalt bezeichnet man üblicherweise als Organisation. Jede Organisation hat beziehungsweise ist daher eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Kultur. Organisationskultur ist also der Oberbegriff, der neben der Kultur von Unternehmen (‚Unternehmenskultur’) auch die Kultur öffentlicher Verwaltungen (...) umfasst.“ (Scholz & Hofbauer, 1990: 17f)
Eine Organisationskultur kann durchaus auch negative Aspekte hervorbringen. So können zu starke Unternehmenskulturen zum Beispiel dazu führen, dass Veränderungen nicht mehr wahrgenommen und die Folgen ignoriert werden.
Auch kann es durch das Abblocken beabsichtigter strategischer Veränderungen zu einer regelrechten Innovationsfeindlichkeit kommen (vgl. Scholz & Stein, 2008b). So sieht David R. Garvin den Aufbau eines neuen Geschäfts im Ausland als Experiment, dessen größter Feind die Unternehmenskultur ist. „Wachsen können Unternehmen letztlich nur, indem sie neue Geschäftsfelder erschließen. Das scheitert seltener an wirtschaftlichen Schwierigkeiten als an kulturellen.“ (Garvin, 2004: 27ff)
2.3.3 Internationales Personalmanagement
Die durch die Globalisierung ständig wachsende Internationalisierung von Unternehmen und die dadurch aufeinandertreffenden (Organisations)kulturen stellen auch die Personalverantwortlichen vor neue Herausforderungen. „Mit der Globalisierung wirtschaftlichen Handelns und der Durchsetzung neuer Kommunikationstechnologien am Ausgang des 20. Jahrhunderts haben sich auch die Kontexte internationaler Personalorganisation in radikaler Weise verändert. Dies betrifft die vehemente Entwicklung bei der Herausbildung multinationaler Konzerne ebenso wie die Etablierung ‚virtueller’ Unternehmen.“ (Barmeyer & Bolten, 1998: 5) Firmen versuchen auf unterschiedlichen Wegen, ihr Personal auf den neuen Markt vorzubereiten: So werden zum Beispiel interkulturelle Schulungsmaßnahmen durch Seminare und Workshops angeboten oder Mitarbeiter für einen gewissen Zeitraum ins Ausland geschickt, um die fremde Kultur kennen zu lernen. Oft werden auch interkulturelle Berater und Trainer engagiert (vgl . Barmeyer & Bolten, 1998: 123ff). Die Internationalisierung stellt also auch das Personalmarketing vor wachsende Herausforderungen. Die Auswahl von Personal mit interkultureller Kompetenz wird immer wichtiger (vgl. Scholz, 2000a: 492ff). Für eine ausführlichere Darstellung dieser Thematik fehlt an dieser Stelle jedoch der Platz.
2.4 Zwei Wege zum Unternehmenserfolg
Die Landeskultur spiegelt sich in allen Bereichen eines Unternehmens wider. Wie groß dabei die kulturellen Unterschiede sein können, zeigt das Beispiel Indien.
Hier spielen Kultur und Tradition auch in den Unternehmensabläufen selbst eine große Rolle. So werden Maschinen oft nur nach einer religiösen Zeremonie in Betrieb genommen oder Verträge nur an Tagen mit einer günstigen Sternenkonstellation unterzeichnet. „Es gibt für so gut wie alles im Unternehmen eigene Götter – für den Einkauf, die Produktion und so weiter.“ Dadurch kommt es nicht selten zu Missverständnissen zwischen deutschen und indischen Managern (vgl. Hegele-Raih, 2007: 30f).
Bei der Frage, wie Unternehmen die Unterschiede zwischen (Unternehmens- und Landes-)Kulturen bei ihrer Internationalisierung erfolgreich nutzen können, gibt es zwei Theorien: die Theorie der (kulturellen) Anpassung oder die theoretische Gegenposition mit der Managementtheorie von Michael E. Porter, der eine dominante Strategie postuliert (vgl. Scholz & Stein, 2008b).
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- Quote paper
- Sylvia Bach (Author), 2008, Internationalisierung zwischen Anpassung und Dominanz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122409
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