Die vorliegende Ausarbeitung befasste sich mit dem Zusammenhang der Corona-Krise und der Gefahr an einem Burnout zu erkranken. Hierzu wurden beiden Themen separat voneinander definiert und jeweilige theoretische Modelle vorgestellt. Im empirischen Teil der Bachelorarbeit wurde eine Längsschnittstudie mithilfe des Maslach Burnout Inventory zu zwei verschieden Zeitpunkten durchgeführt, um eine mögliche Risikosteigerung eines Burnouts in Zusammenhang mit der Corona-Krise und ihren Auswirkungen zu stellen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Ziele und Vorgehen der Arbeit
2 Coronavirus
2.1 Definition
2.2 Auswirkungen
3 Burnout-Syndrom
3.1 Begriffsdefinition
3.2 Ursachen
3.3 Modelle
3.3.1 Freudenberger 12 Phasen Modell
3.3.2 Burisch 7-Phasen-Modell
3.3.3 Burnout-Modell nach Cherniss
3.3.4 Burnout-Phasen-Modell von Golembiewski und Munzenrider
3.3.5 Ein integrierendes Burnout-Modell nach Burisch
3.4 Krankheitsverlauf
3.5 Burnout-Diagnostik
3.5.1 Methoden
3.5.1.1 Tedium Measure (TM)
3.5.1.2 Maslach-Burnout-Inventory (MBI)
4 Aktueller Forschungsstand
4.1 Microsoft-Teams-Studie
4.2 Oracle-Studie
4.3 Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
5 Empirische Untersuchung
5.1 Forschungsdesign
5.2 Stichprobenbeschreibung
5.3 Datenerhebung
6 Ergebnisse
7 Diskussion
7.1 Interpretation und Vergleiche der Ergebnisse
7.2 Beantwortung der Fragestellungen
8 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: 12-Phasen-Modell nach Herbert Freudenberger und Gail North
Abb. 2: Modell nach Cherniss
Abb. 3: Phasenmodell nach Golembiewski & Munzenrider
Abb. 4: Ungestörte Handlungsepisode nach Burisch
Abb. 5: Vier Arten der gestörten Handlungsepisode
Abb. 6: Microsoft Studie Arbeitstag - Burnout
Abb. 7: Microsoft Veränderung der Kommunikation in der Pandemie
Abb. 8: Negativer Einfluss der Pandemie
Abb. 9: Auswirkungen aufs Privatleben
Abb. 10: Mittelwerte beider Befragungen
Abb. 11: Zweistichproben t-Test Berufliche Erschöpfung
Abb. 12: Zweistichproben t-Test Depersonalisation
Abb. 13: Zweistichproben t-Test Eigene Leistungseinschätzung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Durch die stetig wachsenden Anforderungen unserer Leistungsgesellschaft entsteht ein steigender Druck im Berufs- und Privatleben, dem viele Menschen nicht standhalten können. So finden sich viele Menschen schnell in einer Abwärtsspirale von Stress und Erschöpfung wieder, welche in dem Phänomen „Burnout“ enden kann. Es handelt sich hierbei um die weit verbreitete Berufskrankheit des 21. Jahrhunderts, deren Diagnostik als schwierig empfunden wird, da keine allgemein wissenschaftlich gültige Definition dieser Erkrankung existiert. Das 21. Jahrhundert bot und bietet weiterhin viele Hürden für die Gesellschaft. Eine davon ist die aktuelle Corona-Krise. COVID-19 und dessen schnelle Verbreitung hat zur Ausrufung einer weltweiten Pandemie und neuer Gesetze geführt. Zusätzlich zu diesen Gesetzen wurden und werden teilweise weiterhin Lebenseinschränkungen für die Menschen eingeführt. Der Autor spricht hierbei von einem Fremdeingriff ins eigene Leben. Die entwickelten Regelungen und Maßnahmen bzgl. der Corona-Pandemie und deren häufige Verschärfung haben Autonomieverlust zur Folge. Das Einbüßen von Autonomie, der freien Lebensgestaltung und Unabhängigkeit führt bei den Menschen zu denselben Effekten wie beim BOS. Die Fremdbestimmung, wann und wo ein Mensch zu arbeiten hat, mit wem er sich treffen darf oder eventuelle Schließung von Freizeitaktivitäten führt bei den meisten Menschen zu negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Ob es letztlich „nur“ in Stress, potenziellen Zukunftsängsten oder einer wirklichen Depression endet, ist abhängig von der sogenannten Abwärtsspirale und dem Verlauf dieses Empfindens. Eine zweiphasige Befragung mit dem Maslach Burnout Inventory soll dazu dienen, den bereits angeschnittenen Zusammenhang zwischen der Corona-Krise und dem BOS festzustellen. Falls dieser bestehen sollte gilt es zu klären, ob die Gefahr einer Erkrankung an dem BOS durch die Corona-Pandemie erhöht wird.
1.1 Ausgangslage
Durch den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel entsteht ein arbeitsbedingter Stress. Falls die Stressbewältigung nicht erfolgt, kann die Abwärtsspirale, welche bereits in der Einleitung erwähnt wurde, eintreten und in einem Burnout enden. Wie bereits erwähnt existiert für das BOS trotz intensivster Forschung keine allgemeingültige Definition. Aktuell findet das BOS neben der Corona-Krise wieder einen Platz als Gesprächsthema in der Gesellschaft. Trotz einer schweren Diagnostik des BOS bieten Selbstevaluationsbögen, wie das MBI, eine Momentaufnahme einer Gefahr an Burnout zu erkranken. Die vorliegende Ausarbeitung besteht aus zwei Bestandteilen und bietet eine interessante Ausgangslage für diese Forschung. Die Bestandteile sind wie bereits erwähnt die Corona-Krise auf der einen Seite und auf der anderen Seite das BOS als stressbedingte Erkrankung. Die Bachelorarbeit verfolgt die Absicht beide Bestandteile in einen Zusammenhang zu setzen und mögliche Auswirkungen der Corona-Krise auf eine Burnout-Erkrankung festzustellen. Diese Ausgangslage führt zu zwei Fragestellungen:
1. In welchem Zusammenhang steht die Corona-Krise mit dem Burnout-Syndrom?
2. Erhöht die Corona-Krise die Gefahr einer Burnout-Erkrankung?
Aus den Fragestellungen resultiert die Forschungshypothese der Bachelorarbeit, welche wie folgt lautet:
„Die Corona-Krise erhöht das Risiko an Burnout zu erkranken.“.
1.2 Ziele und Vorgehen der Arbeit
Basierend auf der nicht fortgeschritten Studie, bzgl. der oben genannten Fragestellungen und Forschungshypothese hat die vorliegende Ausarbeitung zwei Ziele, welche erreicht werden sollen:
1. Den Zusammenhang zwischen der Corona-Krise und dem BOS feststellen.
2. Die Klärung, ob die Corona-Pandemie das Risiko an einer Burnout-Erkrankung erhöht.
Falls die Ziele mithilfe von bereits vorhandenen Studien und dem eigenen Empirischen Teil der Bachelorarbeit erreicht werden können, kann der Autor die oben formulierte Forschungshypothese entweder bestätigen oder widerlegen.
Aus den formulierten Zielen leitet sich das weitere Vorgehen der Arbeit ab. Im Theorieteil der Arbeit wird das Corona-Virus kurz definiert und es werden dessen Auswirkungen aufgelistet. Der Autor fährt mit dem BOS fort, indem er verschiedenste Definitionen und dazugehörige Modelle darstellt. Nach der Vorstellung anerkannter Modelle wird der grobe Krankheitsverlauf zusammengefasst. Das dient zur Grundlage des folgenden Kapitels, in dem der Autor sich intensiver mit den zwei validesten Messinstrumenten der Burnout-Diagnostik auseinandersetzt. In der Überleitung vom Theoretischen zum Empirischen Teil der Arbeit, fasst der Autor drei bereits veröffentlichte Studien zusammen, um den aktuellen Forschungsstand zu klären. Das spielt für den Empirischen Teil im Nachhinein eine Rolle, da die Erkenntnisse der aufgelisteten Studien mit den Ergebnissen der eigenen Forschung verglichen und diskutiert werden. Zur eigenen Forschung ist zu sagen, dass der Autor bereits eine Befragung mit dem MBI durchgeführt hat und nun eine zweite Befragung durchführen wird, um einen Vergleich aus den jeweiligen Ergebnissen ziehen zu können. Mit dem Vergleich kann der Autor eine potenzielle Veränderung der Ergebnisse beweisen, welche die Bestätigung oder Widerlegung der Hypothese ermöglicht. Dies erfolgt im Abschluss in Form eines Fazits, in dem sich der Autor mit den formulierten Fragestellungen und der Forschungshypothese auseinandersetzt und diese entweder verifiziert oder falsifiziert.
2 Coronavirus
In dem folgenden Kapitel geht es hauptsächlich um eine kurze Aufklärung und Zusammenfassung, wofür Corona überhaupt steht, wie es definiert wird und welche Auswirkungen es seit seiner Verbreitung mit sich gebracht hat. Es ist ein aktuelles Thema und wird weiterhin untersucht, um vor allem für die Gesellschaft Informationen bereit zu stellen, damit keine Ungewissheit herrscht oder eine Panik ausbricht. Es ist wichtig zu klären, welche Auswirkungen Corona, bzw. das Corona-Virus auf die Gesellschaft hat, da dementsprechend der Zusammenhang zwischen der Krise und der Gefahr eines BOS geklärt werden kann. Die Informationen, bzgl. COVID-19, der Krise und deren Auswirkungen werden vom Robert-Koch-Institut und der BZgA online bereitgestellt und sind für alle einsehbar. Dazu gehören auch die aktuellen Zahlen, wie die genaue Anzahl von Fällen in den unterschiedlichen Bundesländern und den dazugehörigen Todesopfern und Menschen, die genesen sind. Diese sind aber von Tag zu Tag unterschiedlich und spielen für die vorliegende Ausarbeitung keine Rolle und werden daher auch nicht erwähnt. Gemäß dem Lagebericht des RKI (2021) gibt es am 5. Januar 2021 327.200 aktive Fälle. Bis dato gab es insgesamt 1.787.410 COVID-19 Infizierte in Deutschland, von denen 1.424.700 Fälle wieder genesen sind. Abgesehen von den bundesweiten Infektions- und Genesungszahlen sollten auch weltweite Zahlen aufgeführt werden. Um zwischen aktiven Fällen und bereits geheilten Patienten differenzieren zu können, wird eine weitere Statistik hinzugenommen. Demnach handelt es sich stand dem 22.Januar 2021 um ca. 96 Millionen insgesamte Fälle. Hiervon sind 70,5 Millionen Fälle, bereits geheilte Patienten, womit es sich um 25,5 Millionen aktive Fälle handelt. Seit Januar 2020 belaufen sich die kumulativen Todesfälle auf 2.1 Millionen verstorbene Patienten (Statista, 2021). Gemäß der WHO liegen die weltweiten Fälle des Corona-Virus am 24. Januar kumulativ betrachtet bei einer Fallzahl von 97.464.094 (WHO, 2021).
2.1 Definition
Bei dem Corona-Virus handelt es sich um einen neuartigen Virus, welches im Dezember 2019 in China entdeckt wurde. Hierbei führt das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 zu einer Erkrankung an COVID-19. COVID-19 steht für das englischsprachige „Corona Virus Disease 2019“ und beschreibt die Erkrankung an den sogenannten Coronaviren (RKI, 2020). Es handelt sich hierbei um eine Infektionskrankheit, deren Inkubationszeit ca. fünf bis sechs Tage beträgt. Aufgrund dessen, dass die meisten Menschen nicht immun gegen das Virus sind, verbreitet sich der Erreger seit Ende 2019 weltweit sehr schnell. Es gibt offiziell noch kein wirksames Medikament gegen COVID-19 (Stand 5.Dezember 2020), jedoch wird aktuell an einem Impfstoff gearbeitet, welcher den Erreger besiegen soll. Bei einer Erkrankung an COVID-19 zeigen nicht alle Infizierte starke Symptome. Bei schweren Verläufen endet die Erkrankung mit dem Versterben des Patienten. Besonders betroffene Risikogruppen für solch einen schweren Krankheitsverlauf sind vor allem: Ältere Menschen und Menschen mit bereits vorhandenen Vorerkrankungen, wie z.B. Diabetes, Bluthochdruck oder einer Immunkrankheit. Ohne gezielte Maßnahmen um dem Virus entgegen zu wirken würde sich das Virus noch schneller unter den „noch“ gesunden Menschen verbreiten. Das Ziel ist es die Erkrankungszahlen soweit es geht niedrig zu halten, damit das Gesundheitssystem, die Schwererkrankten, bzw. die Risikogruppen bestmöglich versorgen kann. Hierbei spielt die schnelle Verbreitung eine große Rolle, da es vor allem in den letzten Monaten mit den steigenden Zahlen dazu geführt hat, dass die Gesundheitssysteme der Länder mit der Situation überfordert waren und nicht die bestmögliche Versorgung für die Erkrankten bieten konnten. Um das bereits genannte Ziel der Niedrighaltung von weiteren Erkrankungen zu realisieren wurden schon beim ersten „Lockdown“ Abstands -und Hygieneregeln eingeführt. Diese sollen die Weiterverbreitung von COVID-19 eindämmen und soweit verlangsamen, bis die Erkrankten wieder genesen und zeitgleich ein Impfstoff entwickelt werden kann. Da die Krankheitsverläufe sehr unterschiedlich sind, können Ärzte keine pauschale Zeit angeben, wann man von der Erkrankung genest. Das RKI geht derzeit bei leichteren Verläufen von 14 Tagen aus, bis man wieder genesen ist. Das entspricht auch der Anzahl an Tagen, die man bei einer Erkrankung in Quarantäne verbringen muss (BZgA, 2020). Am 27.Dezember 2020 wurde nun ein neuer Impfstoff zugelassen, welcher bei der Bekämpfung des Corona-Virus unterstützen soll (RKI, 2020).
2.2 Auswirkungen
Wie im vorherigen Kapitel kurz erwähnt hat das Coronavirus mehrere Auswirkungen auf Einzelpersonen und die Gesamtgesellschaft. Angefangen bei der Einzelperson gibt es Hygiene -und Abstandsregeln, wie z.B. Maskenpflicht, die eingehalten werden müssen. Bei einer Erkrankung muss die Person in Quarantäne und 14 Tage dort verbringen ohne Kontakt zu anderen Menschen außerhalb des eigenen Haushaltes. Hierbei müssen Menschen, die kurz vor der Erkrankung Kontakt mit der infizierten Person hatten ebenfalls in Quarantäne, um mögliche Weiterinfektion vorzubeugen. Diese Regelungen beziehen sich logischerweise nicht nur auf Einzelpersonen oder einzelne Bundesländer, sondern sind landesweite Maßnahmen. Stand 14.12.2020 befindet sich Deutschland grade kurz vor dem dritten Lockdown. Nach den Lockdowns und Verschärfungen der Maßnahmen im März und November wurde im Dezember bekannt gegeben einen weiteren „harten“ Lockdown zu vollziehen. Dieser soll bis Mitte Januar andauern (Stand Dezember 2020) und über die Feiertage hinweg eine Minderung der Krankheitsfälle und Eindämmung der Weiterverbreitung von COVID-19 erzielen. Der Verlauf dieser Krise führte zur Ausrufung einer weltweiten Pandemie und dem Einführen neuer Gesetze (MDR, 2020). Im Anhang A und B werden die allgemeinen Schutzmaßnahmen und Regelungen für den Lockdown dargestellt. Beide Darstellungen sind selbsterklärend.
3 Burnout-Syndrom
Das folgende Kapitel dient zur Erklärung und Beschreibung des Burnout-Syndroms. Unter Anderem werden die verschiedenen Begriffsdefinitionen aufgeführt, worin die Ursachen des BOS näher erläutert werden. Um die Thematik vollständig abdecken zu können beschreibt der Autor die wichtigsten Modelle des BOS, welche eine Rolle in der Forschung spielen. Trotz dessen, dass die meisten Modelle bereits den Verlauf des BOS darstellen, gibt es noch eine kurze prägnante Zusammenfassung des Krankheitsverlaufs. Zu guter Letzt werden die zwei relevantesten Diagnostikmethoden aufgelistet, um vor dem empirischen Teil schon einen Einblick zu gewähren, welche Forschungsmethoden genutzt werden könnten.
3.1 Begriffsdefinition
Trotz zahlreich vorhandener Definitionen wird die Suche nach einer allgemeingültigen und übereinstimmenden Definition des BOS erschwert, da sie sich alle inhaltlich unterscheiden und keinen gemeinsamen Nenner teilen. Inhaltlich ergeben sich eine Mischung aus Symptomen, Ursachen, Modellen oder verschiedensten Krankheitsverläufen, was zeitgleich den Grund für das Fehlen einer spezifischen Definition widerspiegelt. Die im Folgenden aufgeführten Definitionen sollen dabei helfen die Vielfalt des BOS darzustellen und zu veranschaulichen.
Ursprünglich wurde der Terminus „Burn-out“ 1974 von dem New Yorker Psychoanalytiker Herbert Freudenberger eingeführt, welcher das BOS als folgendes beschrieb:
„[…] völlige Erschöpfen und Aufopfern von Menschen in helfenden Berufen im Rahmen des sogenannten Helfersyndroms.“ (1974; zitiert nach Nelting, 2010, S.27).
Das psychologische Wörterbuch Dorsch (Häcker & Stampf, 2009) beschreibt das BOS als folgendes:
„Syndrom, das bei professionellen Helfern als Folge von Überlastung auftritt, u. a. gekennzeichnet durch emotionale Erschöpfung, Dehumanisierung (zynisch abwertende Haltung gegenüber dem Hilfesuchenden)und dem Gefühl, der beruflichen Aufgabe nicht mehr gewachsen zu sein […]“ (S. 157).
Cherniss hingegen beschreibt das BOS als folgendes:
„[…] ein Prozess, in dem sich ein ursprünglich engagierter Mitarbeiter von seiner Arbeit zurückzieht, als Reaktion auf Beanspruchung und Belastung im Beruf.“ (1980, S.32)
Aus medizinischer Sicht beschreibt Manfred Nelting, ein auf Burnout spezifizierter Arzt, das BOS als eine prozesshafte Erkrankung:
„[…] eine Systemerregung aus einer anhaltenden, sich allmählich aufschaukelnden Hyperstressreaktion. Diese leitet einen Auflösungsprozess der psycho-physischen Selbstregulation ein (die alle willensunabhängigen Regulationsvorgänge steuert, u. a. das vegetative Nervensystem) und mündet meistens in eine manifeste schwere Depression.“ (2010, S.30).
Zu guter Letzt beschäftigte sich Pühlhofer (2006) mit den Definitionen und Ausführungen von Maslach und Schaufeli (1993), Maslach, Schaufeli und Leiter (2001) und Schaufeli und Buunk (2003) und fasste die im Folgenden sieben aufgelisteten Kernmerkmale von dem BOS zusammen (2006 zitiert nach Hautle, 2012, S.7)
1. Mentale und emotionale Erschöpfung stehen im Mittelpunkt und es treten vermehrt dysphorische Symptome auf.
2. Einstellungen und Verhaltensweisen fangen an sich negativ zu entwickeln.
3. Die Effektivität und Arbeitsleistung nehmen enorm ab.
4. Bei dem Burnout-Syndrom handelt es sich um ein arbeitsbezogenes Phänomen
5. Es können auch Menschen, die vorher nicht an einer Psychopathologie litten und gesund waren, an dem Burnout-Syndrom erkranken.
6. Der Beginn des Burnouts erfolgt durch das Missverhältnis von den eigenen Erwartungen, Intentionen sowie der Ideologie und der Realität im Arbeitsleben. Dieser Prozess verläuft allmählich und graduell.
7. Die Art und Weise wie die Stressbewältigung erfolgt, ist ausschlaggebend für die Entwicklung des BOS (S.54-55).
3.2 Ursachen
Aufgrund des Fehlens einer allgemein akzeptierten Definition des BOS wird versucht diesen Mangel zu beheben, indem die Merkmale des BOS mittels Ursachen, Symptomen und Modellen beschrieben werden. Dazu gehören unterschiedliche Erklärungsansätze, wo die Ursachen wirklich zu suchen sind. Der erste Erklärungsansatz wird untergliedert in persönlichkeitszentrierte, soziale, arbeits- und organisationspsychologische Ursachen (Gusy, 1995). Pühlhofer (2006, S. 58-77) geht dem herbei, indem er die Ebenen intrapersonal, interpersonal, organisational und gesellschaftlich auflistet. Es gibt trotz dessen eine weitere Vereinfachung der Burnout-Entstehung, nämlich nach Fischer (1983; zitiert nach Burisch 2010, S.54-56), welcher zwischen inneren, äußeren und ergänzenden Faktoren unterscheidet (zitiert nach Hautle, 2012, S. 8).
Interne Faktoren:
Laut Freudenberger (1974; zitiert nach Pühlhofer, 2006, S.59) ist der Auslöser für ein Burnout das Missverhältnis zwischen den Erwartungen nach aufopferndem Einsatz eines Individuums und der Realität, die dann schließlich eintrifft. Freudenberger und Richelson (1990) beziehen sich hierbei auf die individuellen und gesellschaftlichen Dispositionen. Dazu gehört u. a. das Leben nach fremder Anerkennung und Wertschätzung. Um diese zu erhalten, versuchen Individuen Erwartungen anderer Menschen, wie z.B. der Eltern oder Lebenspartner zu erfüllen. Das löst meist Unzufriedenheit aus, da das Erreichen dieser Erwartungen meist nicht den eigenen Wünschen entspricht oder im schlimmsten Fall der Dank und das Lob für das Erreichen der Ziele ausbleibt, bzw. die eigene Erwartung anerkannt zu werden, nicht erfüllt wird (Freudenberger, Richelson, 1990). Ein weiterer Faktor laut Burisch (1994, zitiert nach Beschoner et al., 2009) ist das Setzen von unerreichbaren Zielen, bzw. welche nur mit großem Aufwand und Engagement erreichbar wären. Meist scheitern die Betroffen an diesen Zielen oder gehen so weit und akzeptieren die totale Erschöpfung, um diese zu erreichen. Trotz des Erreichens wird die Enttäuschung über dem Erfolg stehen. Falls man diese Enttäuschung mit der fehlenden Anerkennung oder Wertschätzung der betroffenen Person in Verbindung setzt, kann es schnell zu einem Verlust der Autonomie führen, welches als Folge ein Burnout herbeiführen kann. Laut Edelwich und Brodsky (1980; zitiert nach Pühlhofer, 2006, S.60) spricht man von einer Desillusionierung, welche in vier Verlaufsphasen unterteilt wird: Idealistische Begeisterung, Stagnation, Frustration und Apathie. Pines (1993; zitiert nach Pühlhofer, 2006, S. 61-63) beschreibt den Zusammenhang ein Burnout zu erleiden mit der Enttäuschung, die eintrifft, falls der Betroffene den Sinn des Lebens nicht in der Arbeit wiederfinden kann. Dafür listet sie Arbeitsmotivation als einen Faktor auf und unterscheidet hierbei zwischen Erfolg und Anerkennung, anderen Menschen helfen, bzw. eine personifizierte Rolle im Beruf einzunehmen. Falls diese Motivationen aufgrund der Arbeitsbedingungen nicht erfüllt werden können, kann das überwältigenden Stress zur Folge haben, welcher schnell zu einem Burnout führen kann. Auf der anderen Seite befinden sich des Weiteren noch äußere Faktoren, welche auch eine große Rolle spielen können.
Externe Faktoren:
Laut Leiter (1993; zitiert nach Pühlhofer, 2006, S. 67-68) führen Aspekte, wie die Arbeitsumgebung, Arbeitsbelastung und Konflikte am Arbeitsplatz zu emotionaler Erschöpfung, welche zu Depersonalisation führen kann, welche im MBI auch eine große Rolle spielt. Des Weiteren beschreiben Richter und Hacker (1998; zitiert nach Pühlhofer, 2006, S. 72-75) Burnout eher als einen Zustand von „[…] physischer und psychischer, kognitiver und emotionaler Erschöpfung in Tätigkeiten der Humandienstleistungen […]. Dabei handelt es sich vorzugsweise um Tätigkeiten, die ein langzeitiges Engagieren für andere Menschen in emotional belastenden Situationen erfordern“. Hierbei beschreiben die Autoren die Ursache für Burnout, das extreme Missverhältnis zwischen Geben und Nehmen. Burisch (2010, S. 21-24) fügt hierbei hinzu, dass überwiegend Berufsbilder und Rollen davon betroffen sind, die emotionale Zuwendung geben, aber keine zurückerhalten. Ob es jetzt zwischen dem Helfer und dem Klienten ist oder ob es die Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist, spielt primär keine Rolle. Da das ausschlaggebende Merkmal in dem Fall die nicht vorhandene Anlaufstelle bzw. die nicht vorhandene Zuwendungsmöglichkeit/Kontaktperson ist, führt das oftmals zu der bereits erwähnten Depersonalisation der betroffenen Person. Hierbei ist das Zusammenspiel von den internen, externen und eventuell ergänzenden Faktoren ausschlaggebend dafür, in welchem Maße man an Burnout erkrankt, wie schnell sich die betroffene Person erholt und daraufhin damit weiterarbeiten, bzw. leben kann.
Ergänzende Faktoren:
Laut Linneweh, Heufelder und Flasnoecker (2010, S. 16-17) wird Burnout als Folge von chronisch überwältigendem Stress herbeigeführt, welcher bei der betroffenen Person Erschöpfung hervorruft. Dabei wird betont, dass sich das BOS über einen längeren Zeitraum hinweg an Verhaltensveränderungen beobachten lässt. Diese Verhaltensveränderung führt zur Erschöpfung auf körperlicher, psychischer, geistiger und sozialer Ebene. Trotz dessen muss hinzugefügt werden, dass nicht automatisch jede Person an Burnout erkrankt, wenn sie solch ausartenden Belastungssituationen ausgesetzt ist, sondern das mehr auf die individuelle Belastbarkeit, genetische Prädisposition und Persönlichkeitsstruktur zurückzuführen ist. Folglich entsteht ein Burnout laut den Autoren, wenn zwei Bedingungen erfüllt werden (2010, S.16-17):
1. „Der Betroffene erlebt über einen längeren Zeitraum hinweg eine stark erhöhte Beanspruchung infolge von Über- oder Unterforderung, die ihn dazu zwingt, einen ständig wachsenden Anteil seiner psychophysischen Ressourcen zu aktivieren.“
2. „Aufgrund der persönlichen Ansprüche, Sozialisation, Einstellungen, Wertvorstellungen und Gewohnheiten ist der Betroffene nicht in der Lage, sich trotz der erlebten Frustrationen oder Misserfolge von seiner beruflichen Tätigkeit und ihren Ansprüchen zu distanzieren.“
Laut Karger (1981; zitiert nach Pühlhofer, 2006, S.75-76) wird durch die Unterteilung von Arbeit und der ansteigenden Bürokratisierung von öffentlichen und privaten Institutionen, die menschliche Interaktion entfremdet. Er bezieht es auf die Distanz, die zwischen dem Helfer und dem Klienten oder dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber entsteht, welche wieder die fehlende Zuwendungsmöglichkeit herbeiruft. Durch die unzureichende Interaktion, bzw. dem Eintreten unangenehmer Situationen wird die betroffene Person zu einer Stresssituation geführt, welche erstmal bewältigt werden muss.
Im Kontrast zu den bereits genannten Ursachen behaupten Cherniss und Krantz (1983; zitiert nach Pühlhofer, 2006, S. 76-77), dass die Ursache für ein Burnout nicht im Überengagement und dem damit verbundenen Stress liegt, sondern die fehlende moralische Verpflichtung und Vorsätze in der Arbeit Schuld daran haben, dass man an einem Burnout erkrankt. Um es zu verdeutlichen wird das Beispiel von ideologischen Gemeinschaften genannt, welche meist einen Sinn im Beruf bieten und die Personen mit verschiedensten Interaktionen sozial einbinden. Menschen die sich in politischen, sozialen, religiösen o.ä. Gemeinschaften beteiligen sind laut den Autoren resistenter gegen eine Burnout Erkrankung. Somit sehen die Autoren das Problem nicht als ein individuelles selbst, sondern eher als ein kulturelles und gesellschaftliches Problem, welches man leicht bewältigen könnte.
3.3 Modelle
Seit der ersten Publikation eines wissenschaftlichen Artikels zum Thema Burnout im Jahre 1974 wurde in den Jahren daraufhin eine große Auswahl an theoretischen und methodischen Modellen entwickelt, welche heutzutage bei der Burnout Forschung weiterhin eine Rolle spielen. Zu den wichtigsten Modellen gehören u. a. das 12-Phasen Modell von Freudenberger & North und das 7-Phasen Model nach Burisch. Des Weiteren stellt Pühlhofer (2006, S.58-77) eine weitere Auswahl an Burnout-Modellen dar, welche eine wichtige Rolle in der Burnout-Forschung eingenommen haben. Hierfür werden die Modelle nach Cherniss sowie das Modell von Golembiewski & Munzenrider näher erläutert und dargestellt. Zum Schluss wird das von Burisch integrierende Burnout-Modell zusammengefasst, welches die wichtigsten Theorien des BOS aufführt (Hautle, 2012, S. 12).
3.3.1 Freudenberger 12 Phasen Modell
Der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger gilt als Urvater der Burnout Forschung, da er 1974 den Begriff Burnout erstmalig in einer wissenschaftlichen Publikation verwendet hat. In dem Buch „Burn-out bei Frauen: über das Gefühl des Ausgebranntseins“ von 1992 stellt Herbert Freudenberger mit seiner Kollegin Gail North Burnout als einen Zyklus, bestehend aus 12 Phasen, dar. Jeder dieser einzelnen Phasen bringt weitere Merkmale mit sich. Diese werden im Folgenden aufgelistet und übersichtlich und nachvollziehbar zusammengefasst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: 12-Phasen-Modell nach Herbert Freudenberger und Gail North (1992; Darstellung von Institut für Gesundheit in Organisationen)
Phase 1: Der Zwang sich zu beweisen
- Übertriebener Ehrgeiz
- Erhöhte Erwartungen
- Eigene Bedürfnisse werden zurückgestellt
Phase 2: Verstärkter Einsatz
- Bereitschaft für neue Aufgaben
- Eigene hohe Erwartungen
- Delegation fällt schwer
Phase 3: Subtile Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
- Chronische Vernachlässigung
- Soziale Bedürfnisse werden sekundär empfunden
- Ungesunder Lebensstil – Schlafstörungen
Phase 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
- Zunehmende Konflikte
- Körperliche Symptome
- Fehlleistungen, wie z.B. das Vergessen von Terminen
Phase 5: Umdeutung von Werten
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Private Kontakte werden vermieden, sobald sie als belastend empfunden werden
- Persönliche Werte und Horizont verändern sich
Phase 6: Verstärkte Verleugnung aufgetretener Probleme
- Es wird eine mangelnde Anerkennung empfunden
- Erhöhte Fehlzeiten
- Betroffene fangen an sich abzukapseln
Phase 7: Rückzug
- Familie, Freunde und Partner werden als eine Belastung empfunden
- Orientierungslosigkeit und Hoffnungslosigkeit
- Psychosomatische Reaktionen, wie z.B. Bluthochdruck
Phase 8: Beobachtbare Verhaltensänderung
- Betroffene werden apathisch und empfinden alles als einen persönlichen Angriff
- Betroffene versuchen vor jeglichen Belastungen zu flüchten
- Verflachung des sozialen Lebens
Phase 9: Verlust des Gefühls für eigene Persönlichkeit
- Entfremdung und innere Leere (Depersonalisation)
- Automatisiertes Funktionieren wie bei Maschinen
- Psychosomatische Reaktionen werden schlimmer
Phase 10: Innere Leere
- Starke und schmerzhafte Emotionen, welche in Verbindung mit der inneren Leere stehen
- Panikattacken und phobische Zustände möglich
Phase 11: Depressionen
- Tiefe Verzweiflung, Selbsthass und Erschöpfung
- Wunsch nach dauerhaftem Schlafen
- Suizidgedanken und -absichten
Phase 12: Völlige Burnout-Erschöpfung
- Körperlicher, psychischer und emotionaler Zusammenbruch
- Erhöhte Selbstmordgefahr
- Notfallsituation tritt ein
3.3.2 Burisch 7-Phasen-Modell
Das Burisch-Burnout-Modell wurde von dem gleichnamigen Wissenschaftler Matthias Burisch entwickelt. Er selbst gehört zu den bekanntesten Burnout-Experten und hat u. a. das Burnout Institut in Norddeutschland gegründet. Sein 7-Phasen-Modell basiert auf der Stresstheorie von Lazarus und beschreibt das BOS in sieben Kategorien, welche versuchen, die typischen Anzeichen zu beschreiben. Burisch (2006) selbst behauptet, dass die Ursache eines Burnouts primär in der Unfähigkeit der Betroffenen liegt, gewisse Stresssituationen zu bewältigen. Im Folgenden erfolgt erneut eine Zusammenfassung der verschiedenen Phasen nach Burisch mit jeweiligen Merkmalen, welche die einzelnen Phasen beschreiben.
Phase 1: Warnsymptone der Anfangsphase
- Überhöhter Energieeinsatz (unbezahlte Mehrarbeit)
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- Quote paper
- Atakan Genc (Author), 2021, Die Corona-Krise und das Risiko, an Burnout zu erkranken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1224001
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