Dieser Reisebericht dreht sich um die Besuche des Autors bei deutsch-jüdischen Psychiatern im Ausland, die im Rahmen seiner Recherche zu ihrem Leben und Schaffen befragt worden sind. Unbestreitbar war die deutsche Psychiatrie das Vorbild aller Psychiatrien der Welt gewesen. Dann kam 1933-1938 der unvorstellbare Bruch, die vielen deutsch-jüdischen Psychiater mussten das Land verlassen, wenn sie nicht ermordet werden wollten, allen voran der greise Sigmund Freud. Sie verteilten sich in der ganzen Welt, besonders viele in England und Amerika, und wurden in den Ländern führend in der dortigen Psychiatrie.
Als der Krieg zu Ende war, gab es zwei verschiedene deutsche Psychiatrien, eine in Deutschland und eine außerhalb Deutschlands. Um die eine Psychiatrie wieder mit der anderen zusammenzuknüpfen, bildete sich unter der Leitung des Autors eine psychiatrische Doktorandengruppe in Mainz. Die Forschungen drehten sich um das Leben und Werk verschiedener deutsch-jüdischer Psychiater. Über 50 Dissertationen wurden vollendet und werden im Anhang einzeln aufgeführt.
Inhalt
Vorwort
Ankunft
9.9.1976 in New York
10.9.1976 New York
11.9.1976 New York
13.9.1976 New York
Bellevue-Hospital
14.9.1976 New York
15.9.1976 New York
16.9.1976 New York
16.9.1976 New York
Frau Kallmann
17.9.1976 New York
18.9.1976 New York
20.9.1976 New York
20.9.1976 New York
Kurt Eissler, Einführung
Kurt Eissler, Besuch
21.9.1976 New York
22.9.1976 Washington
Chestnut Lodge
Gespräch mit Dexter Bullard
22.9.1976 Washington
Besuch bei der APA in Washington
Autobiografisches zu Melvin Sabshin
22.9.1976 Washington
Mit Freyhan im Cosmos Club
23.9.1976 Washington
Besuch im National Institute of Mental Health
22.9.1976 Washington
Lucie Jessner
22.9.1976 Washington
Edith Weigert
24. 9.1976 Washington
Psychoanalytisches Institut in Washington
Unterwegs von Washinton Nach Ithaca, New York
25.9.1976 Ithaca
Cornell-Universität
26-27.9.1976 von Ithaca nach Toronto
Toronto 27.9.1976
28.9.1976 Toronto
Von Toronto nach San Francisco
29.9.1976 Berkeley 16
Besuch bei Prof. Friedländer
Ein paar Tage Ruhe und Besinnung am Strand 5.10.1976 Los Angeles
Martin Grotjahn
5.10.1976 Los Angeles
Miracle Sesession
5.10.1976 Los Angeles
Intersexe
6.10.1976 Los Angeles
Dr. James Kirsch
Dr. Thomas B. Kirsch
Martin Grotjahn (Fortsetzung)
7.10.1976 Los Angeles
9.10.1976 New York
10.10.1976 New York
11.10.1976 New York
12.10.1976 New York
12.10.1976 New York
Alfred Freedman
13.10.1976 New York
Jewish Research Foundation
14.10.1976 New York
Besuch bei Helene Deutsch in Boston
15.10.1976 New York
Nachwort
Liste einiger Dissertationen zum Thema deutsch-jüdischer Psychiater in aller Welt Weitere Arbeiten des Verfassers zum Thema der Emigration deutscher Psychiater
Der Verfasser
Vorwort
Dieses Buch ist aus einem umfangreichen Arbeitsmaterial hervorgegangen, mit dem medizinische Doktoranden auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden. Sie sollten vor Beginn der Arbeit mit dem Thema und deren besondere Geschichte vertraut werden und auch um zu prüfen ob eventuell offener oder stiller Antisemitismus vorhanden sei.
Die jeweilige Aufgabe war es, das Leben und Werk eines jüdischen Psychiaters beschreiben, der 1933-1940 auswandern mußte, weil er Jude war. Das dadurch gesammelte Material wurde nach Abschluss der Arbeit in das »Archivs zur Emigration deutschsprachiger Psychiater« aufgenommen, um es für die Nachwelt zu erhalten.
Eigentlich war das Material nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Mich hat nun bewogen, dies zu veröffentlichen, weil ich vom neuen Antisemitismus aufgeschreckt wurde. Bei den Personen, die im Text genannt werden, handelt praktisch ausschließlich um Juden.
Im Anfang meiner Bemühungen um die deutsch-jüdische Emigration in der Psychiatrie stand ein Vortrag von Lothar Kalinowsky in der Kieler psychiatrischen Universitätsklinik. Ich war noch Assistent. Es handelte sich um eine Einführung in die amerikanische Psychiatrie mit ihrem Pragmatismus im Gegensatz zu der deutschen mehr philosophischen Psychiatrie. Die amerikanische Psychiatrie lag mir damals so fern, ich hatte nur eine schemenhafte Vorstellung.
Aber die Persönlichkeit Kalinowskys - er hatte doch allen Grund für Ressentiments - beeindruckte mich. Er mußte eine erfolgreiche Universitätslaufbahn abbrechen und ins Ausland gehen, um Hitlers Schergen und letztlich den Gaskammern zu entgehen. Ganz im Gegensatz dazu warb er für eine engere Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Amerikanern, weil er im Grunde genommen, die deutsche Psychiatrie für die bessere hielt.
Während ich noch in der Psychiatrie ein Lehrling war, lenkte ich meine Aufmerksamkeit doch schon auf die emigrierten Psychiater. Nach und nach wurden mir 30 Ausgewanderte geläufig und ich wollte deren Geschichte schreiben. Heute sind in meinen Listen etwa 600 Namen. Die Psychiatrie war eben stark jüdisch, die Psychoanalyse sogar subtotal.
Obwohl ich das Eine oder Andere der Öffentlichkeit bekannt machen durfte, mußte ich die Absicht einer Gesamtdarstellung aufgeben, weil das Gebiet so riesig ist.
Aber in den 70ger Jahren schien die vielleicht letzte Möglichkeit gekommen, um noch persönliche Erfahrungen zu sammeln. Daher habe ich 1976 meinen Jahresurlaub für eine Amerikareise benutzt, vor allem da auch Lothar Kalinowsky mir seine Unterstützung zusagt hatte. Während der Reise machte ich jeden Abend im Hotel für mich selbst Notizen, das heißt ich, diktierte sie auf Tonträger, sie waren nicht zur Veröffentlichung gedacht.
Im Jahre 2017 kamen junge Kollegen zu mir, ob ich nicht an dem in Berlin stattfindenden Weltkongress Psychiatrie eine knappe Einführung in das Thema geben könne, denn sie wollten ein Symposium zur psychiatrischen Emigration veranstalten. Bei der Literaturrecherche waren sie auf meinen Namen gestoßen. Kein anderer Psychiater hat offenbar des Themas angenommen. Während ich den Vortrag hielt und danach stieß ich auf große Unkenntnis dieses wichtigen Teils der deutschen Psychiatrie. Daher erinnerte ich mich des Protokolls, das fast ein halbes Jahrhundert alt war. Den Text der nachfolgenden Seiten ließ ich unberührt um die Frische zu erhalten. Die trotzdem notwendigen Ergänzungen und Erklärungen sind besonders kenntlich gemacht.
Der Vortrag wird auch noch publiziert werden, in deutscher und englischer Sprache, jedenfalls wenn mir die Zeit bleibt. Die Titel liegen schon fest: The aftermath of exiled German psychiatry, 1933- 1945. An introduction. - Die Nachwirkungen der emigrierten deutschen Psychiatrie, 1933-1945. Eine Einführung.
Man wird vielleicht ein starkes Übergewicht der Psychoanalyse bemerken, aber das entspricht den zu der Zeit den normalen Verhältnissen. Die Psychoanalyse hatten die Nazis in Deutschland ausgelöscht, in Amerika wurde sie in derselben Zeit vorherrschend.
Überall wurde ich sehr freundlich empfangen, nach vielleicht anfänglichem Misstrauen. Alle freuten sich, dass endlich mal ein Bewohner der deutschen Bundesrepublik oder Vertreter der deutschen Kultur, zu der sie sich weiterhin zugehörig fühlten, sich für ihr Schicksal interessierte.
Alle Gespräche mit emigrierten Psychiatern wurden in der deutschen Sprache geführt. Das ist nicht selbstverständlich, denn wenn eventuell die Gesprächspartner schon 1933 emigriert waren, dann war bis zum Gespräch schon fast ein halbes Jahrhundert vergangen. Die Sprache ist auch Träger von Erinnerungen, vielleicht an ein in der Schule gelerntes Gedicht. Manche hatten bei Ankunft in Amerika geschworen nie wieder Deutsch zu sprechen.
Wie man sehen wird, hat Lothar Kalinowsky mich dabei in einem Ausmaße unterstützt, wie man es selten, sehr selten findet. Das ist nicht nur bei dieser Reise geschehen, sondern setzte sich unzählige Male fort. Kalinowsky hatte als ein Vertriebener Hochschullehrer An- spruch auf Wiedergutmachung. Die Gelder rührte er für persönlichen Bedürfnisse nicht an, sondern verwandte alles, um die deutsche mit der amerikanischen Psychiatrie einander näher zu bringen. Dem Andenken an Lothar Kalinowsky (1899-1992) und seiner Frau Hilda sei dieser Bericht daher gewidmet.
Köln, im April 2022
Uwe Henrik Peters
Ankunft
Lothar Kalinowsky hatte es sich nicht nehmen lassen, für mich ein Hotel zu buchen. Nie vorher war ich in den USA gewesen und meine Englischkenntnisse waren eher an Shakespeare geschult worden als an der Alltagssprache. Schon in der Rezeption war es mir schwer geworden, zu verstehen. Ich war absichtlich im Barbizon Plaza Hotel am Central Park South untergebracht worden, weil die deutschen Emigranten nach der Ankunft in New York hier zunächst abgestiegen waren Das Hotel gibt es heute nicht mehr. Es wurde abgerissen, um einem Apartmenthaus mit vielen teuren Wohnungen Platz zu machen. Damals war es ein plüschiges, liebenswertes altes Hotel mit Inneneinrichtungen, die wohl aus dem vorherigen Jahrhundert stammten, obwohl erst 1930 gebaut worden war. Für meine Zwecke hatte es eine ideale Lage, ich konnte sehr viele Wege zu Fuß zurücklegen, da sich sehr viele deutsche Emigranten rings um den Central Park niedergelassen hatten. Zudem konnte man ebenfalls die Metropolitan Opera zu Fuß erreichen und ebenso die berühmte Carnegie Hall. Auch das legendäre Plaza Hotel war nur ein paar Schritte weit entfernt. Wenn man den Central Park zu Fuß überquerte gelangte Metropolitan Museum. Auch war das Hotel sehr preiswert. An den Häusern von Central Park West und vor allem in Nebenstraßen konnte man überall deutsch-jüdische Namen.
Als ich eben noch dabei war, meinen Koffer auszupacken, rief schon Herr Kalinowsky an, um sich für den nächsten Tag um 10 Uhr mit mir zu verabreden. Danach ging zur Carnegie Hall. Tatsächlich gab es diesem Abend ein Konzert. Es war leider ausverkauft. Schon mehrere Leute standen hinter dem Eingang und befragten die Ankommenden, wie auch bei uns üblich ist, ob sie eine Karte übrig hätten. Aber wie sagt man so etwas in New York? Endlich konnte es verstehen „you have an extra ticket?“, ich brauchte es nachzumachen. Aber ich war erfolglos. Als schon gehen wollte, kam eine junge Frau und gab ein Ticket „it‘s not good, but it‘s free.“ Mein Platz war ganz oben, aber ich konnte eine herrliche Symphonie von Mozart genießen.
9.9.1976 in New York
Vormittags ab 10 Uhr Gespräche mit Professor Lothar Kalinowsky in seinem Office, 115 East 82nd Street, nicht weit vom Central Park entfernt. Es handelt sich um eine kleine Wohnung mit mehreren Zimmern, mit einer kleinen Toilette im Souterrain eines gut aussehenden Hauses. Das eigentliche Sprechzimmer ist ziemlich klein, wo eigentlich nur der Schreibtisch, ein Sofa und ein Sessel hineinpasst. Im Hintergrund steht noch ein Bücherschrank, der aber nur relativ wahllos psychiatrische Literatur enthält, nicht sehr viele solche Bücher.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Während des Gesprächs treffen ununterbrochen Anrufe ein, die Herr Kalinowsky nur zum Teil entgegennimmt. Es handelt sich dabei in einem Falle darum, dass eine Patientin in ein Krankenhaus aufgenommen werden soll, in einem anderen Falle darum, eine Patientin die Erlaubnis erhalten soll mit ihrer Schwester einkaufen zu gehen. Er hat in mehreren Krankenhäusern Patienten liegen; die er dann dort besucht und behandelt.
Wir versuchen einen Plan zu erstellen, in den wir alles aufnehmen, was ich unbedingt sehen und wissen möchte. Die psychiatrische Szene in New York ist ständig einem Wechsel unterlegen.
Ich entnehme aus dem Gespräch, dass die klinische Psychiatrie im Augenblick eigentlich nur dort Forschung betreibt, wo es sich um Psychopharmaka-Untersuchungen handelt, die von der Industrie finanziert werden.
Dann gibt es bei einigen speziellen staatlich unterstützten Stellen Forschungsinstitutionen, jedoch handelt es sich dabei gewöhnlich nicht um Psychiater, die selbst auch tatsächlich eine Praxis ausüben, sondern um eine reine Forschungstätigkeit. Alle Untersuchungen sind stets stark praxisbezogen.
Professor Kalinowsky erzählte, als er nach seiner Ankunft in Amerika im New York State Psychiatric Institute (das zur Columbia-Universität gehört seine Behandlungen vorführte und ein Kollege hereinschaute, der sagte: “Das ist 75 Dollar wert” und braucht nur zehn Minuten. Unter diesem Gesichtspunkt träte eine solche Behandlungsform einen Siegeszug an oder auch nicht. 75 Dollar seien allerdings, wie mir sowohl Herr K. als auch Frau Kalinowsky am Abend versichern, noch heute nicht für eine Einzelbehandlung erreicht.
Aus dem gleichen Grunde sei die Psychoanalyse jetzt im Abstieg. Es gebe nur noch wenig Leute, die sich die Preise für die analytische Stunde leisten könnten. Diesem Zurückgehen in der analytischen Praxis entspreche allerdings nicht deren Bedeutung in den offiziellen Institutionen. Es gäbe zur Zeit 92 Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie in den Vereinigten Staaten, von denen über 80 Psychoanalytiker seien. Es ist jedoch mit dem Lehrstuhl gewöhnlich nicht eine Klinik verbunden, sondern die meisten sind für diese Tätigkeit völlig unbezahlt, dürfen aber ihre Patienten in die Klinik legen und dort frei behandeln und haben außerdem noch Privatpraxis.
In New York gibt es drei wichtige psychiatrische Institutionen. Die erste nannte ich schon: Das New York State Psychiatry Institute, das zur Columbia Universität gehört. Es ist aufgegliedert in eine größere Zahl von einander völlig unabhängiger Abteilungen. Joseph Zubin (1900-90) hat darin eine große Rolle gespielt, aber er ist seit Anfang dieses Jahres im Ruhestand.
(Anmerkung: Joseph Zubin hat das Vulnerabilitätskonzept in die Psychiatrie einführt.)
Die zweite große Institution ist das Bellevue-Hospital, das zur New York City Universität gehört. Die dritte Institution ist das New York Hospital in New York City. Dieses ist der klinische Teil der Cornell-University in Ithaka. Zu dieser Universität, an der auch Sender Gilman lehrt, besteht aber nur eine administrative Verbindung. An dieser Institution war bis vor kurzem Oskar Diethelm tätig, der, wie ich jetzt höre, eigentlich Schweizer ist. Es soll versucht werden, eine Verbindung mit ihm herzustellen, da er über außergewöhnliche historische Kenntnisse verfügt. Diethelm befindet sich ebenfalls schon im Ruhestand.
(Anmerkung: Später sollte ich Oskar Diethelm (18971993) noch viele Male begegnen. Er war seit 1936 Direktor der Payne Whitney Psychiatric Clinic der Cornell University Medical College, die sich in New York befindet. Er hatte in den Universitäten Zürich und Basel studiert und war frühzeitig und aus persönlichen Gründen nach den USA ausgewandert, auf jeden Fall musste er nicht vor den Nazis fliehen. Wie er mir später erzählt hat, hatte er sich bei der Berufung einen großen Etat für Bücher zusichern lassen. Daraus ist die heutige Oskar Diethelm Library entstanden, die 50.000 Bände zur Geschichte der Psychiatrie enthält. Oskar Diethelm war ungewöhnlich kenntnisreich auf allen Gebieten der Psychiatrie, die er gern seine Kenntnisse in unverfälschtem Schweizerdütsch weitergab. 1993 ist er 95jährig gestorben.)
Eine weitere Institution ist das Institute of living. Auch von dieser psychiatrischen Institution, die auf rein privater Basis existiert, und diesen Namen erst vor kurzem angenommen hat, gehen große Impulse aus. Hier spiel- te Braceland, zur Zeit der Doyen der amerikanischen Psychiatrie, eine große Rolle. Ich bekomme eine kleine Schrift mit, welche eine Rechtfertigungsschrift dieses Instituts aus dem Jahre 1975 beinhaltet. Daraus geht hervor, dass es 1822 als Hartford Retreat gegründet worden ist. In den einleitenden Seiten berichtet der Präsident, Philipp Wilde, über die nach seiner Darstellung unglaublich großen administrativen Schwierigkeiten, welchen sich diese Institution gegenübersieht. Das ist offenbar erheblich schlimmer als bei uns, und frisst viel Arbeitskraft auf. Direktor der Forschung ist Bernard Glueck. Leitender Psychiater (Chefpsychiater) ist John Donnelly.
Um 11.30 fahren wir mit der Taxe in das Doctor’s Hospita l, ein privates Krankenhaus, in dem Herr Kalinowsky zwei Patienten liegen hat, die er besucht. Ich fahre eben mit ihm hinauf, um den Blick auf den East River zu genießen. Dann warte ich unten, bis er fertig ist. Dabei kann man den Betrieb gut beobachten. Das Ganze macht einen gediegen vornehmen Eindruck, ist aber immer ein wenig ungepflegt, wie mir das überhaupt in ganz New York auffällt. Vieles nach unseren Begriffen alt und ungepflegt ist. Dieses Haus enthält auf der untersten Etage einige Gästezimmer, die als Hotel für die Angehörigen der Patienten geführt werden. Außerdem gibt es dort ein sehr schönes Restaurant, das öffentlich ist. Es wird von einem Österreicher geleitet, so wie hier, als wir uns zum Essen setzen, nur noch deutsch hören. Es gibt eine Suppe und man bedient sich anschließend an einem größeren kalten Buffet. Die Speisen sind ganz gut schmackhaft. Man trinkt Wasser zum Essen, indem einige Eiswürfel schwimmen. Alkoholische Getränke, auch Wein, sind nicht üblich. Herr Kalinowsky sagt mir, dass er seine Gewohnheit beibehalten hat, mittags eine warme Hauptmahlzeit zu sich zu nehmen. Er sehe nicht ein, warum er sich dem amerikanischen Lunch anpassen solle.
Kalinowsky macht mich noch mit Frl. Dr. Babara Munck bekannt, einer deutschen Psychiaterin, von ich nie verstanden habe, in welcher Funktion sie in New York arbeitet, die sich aber in der Folge als sehr kenntnisreich und hilfreich erweisen sollte.
Nach dem Mittagessen fahre ich gerade mit Herrn Kalinowsky zurück zu seinem Office und gehe von dort aus die wenigen Schritte zu Fuß zum Metropolitan Museum of Art, das sich im Central Park befindet, wo ich den Nachmittag verbringe.
Um 18.30 Uhr bin ich zum Abendessen bei Kalinowsky‘s in der Privatwohnung, 155 East 76 Street, Apartment 9 D, eingeladen. Auch dies ist nicht weit der entfernt. Man kann zu Fuß hingehen. Es ist eine von den vielen Seitenstraßen, die alle auf den Central Park zuführen. Man wird am Eingang des Hauses von einem Wärter in Uniform gemustert und man muss zunächst oben telefonisch angemeldet werden. Dies ist aus Sicherheitsgründen jetzt in allen New Yorker Häusern dieser Gegend nötig. Deshalb sei nur noch diese Gegend dichter besiedelt. Alle anderen Leute würden aus New York herausziehen. Die Sicherheit sei aber nicht völlig ausreichend, wenn jemand wie er unten mit seinem Wagen in die Garage hineinfahre und dann mit dem Fahrstuhl aufsteige, könne man völlig ungesehen in das Haus eindringen. Die Wohnung von Kalinowskys ist überraschend gemütlich und vollkommen europäisch. Man nimmt zunächst in einer gemütlichen Sitzgruppe Platz.
Das Essen wird auf einer halbrunden Veranda serviert, die auf die nicht sehr belebte und nicht laute Straße hinausführt. Es gibt ein wunderbares Gulasch und dazu einen französischen Rosé. Es fällt mir nach dem Essen auf, dass ich während dieser Zeit ganz vergessen habe in den USA sein.
Anschließend gehen wir unmittelbar zu einer Sitzung bzw. Tagung der New Yorker Abteilung der American Psychiatric Association. Die amerikanische psychiatrische Gesellschaft hat 25.000 Mitglieder, alle Psychiater, so dass man eine Aufteilung nach den Distrikten vorgenommen hat. Hier kommen nur die Psychiater zusammen, die zum Distrikt Manhattan gehören. Das sind schon 1.800 ordentliche Mitglieder, von denen aber nur etwa 30 erschienen sind. Die Vorsitzende ist zur Zeit eine Frau, die mich freundlich begrüßt. Ferner mache ich die Bekanntschaft mit Robert J. Campbell der mir als Mitverfasser des Dictionary of Psychiatry bekannt ist.
Leland Hinsie sei schon ein sehr alter Mann und arbeite nach Campbells Aussagen nicht mehr an dem Werk mit. Er selber habe alle 10 Jahre eine neue Auflage gemacht, die letzte dann wohl vor einigen Jahren. Ich hatte ihn mir eigentlich sehr viel älter vorgestellt. Er ist ein weißhaariger Mann aber in relativ jugendlichem Alter, sehr smart und gelenkig in den Bewegungen. Herr Kalinowsky erzählt mir dazu, dass er ein Homosexueller ist und ihm dies bei seiner Karriere außerordentlich geschadet habe. Er sei zur Zeit Leiter eines Sanatoriums mit nur 32 Betten. Es wird verabredet, dass wir uns wiedersehen, um Kenntnisse und Erfahrungen, da wir beide Lexikografen sind, er in englischer und ich in deutscher Sprache, den beiden Sprachen auf die es gegenwärtig am meisten ankommt. Er will mir seine Karte geben, wozu es aber im Moment nicht kommt.
(Anmerkung: Es führte zu einem Briefwechsel. Wir haben uns nicht wiedergesehen. Er konnte nur Englisch, ich dagegen konnte mich in mehreren Sprachen orientieren, so dass ich im Vorteil war.)
Die Vorträge beziehen sich auf das Thema Psychiatrie und Recht. Es geht um Organisation solcher Vorgänge in den einzelnen Bundesstaaten, was mich natürlich verhältnismäßig wenig interessiert. Dann gibt es aber noch von einem Dr. Eppstein einen Vortrag über die Schwierigkeiten des Psychiaters im Umgang mit dem Recht. Ich erkenne darin außerordentlich viele Passagen aus dem Buche Death of Psychiatry von F. Torrey, weiß aber nicht, ob dies den Anderen auch geläufig ist. Gegen 10 Uhr verlassen wir nach dem Ende dieses Vortrages die Veranstaltung, um nach Hause bzw. ins Hotel zurückzukehren.
10.9.1976 New York
New York Psychatric Pavillon
Herr Kalinowsky hatte mich abends spät noch im Hotel angerufen, um mir zu sagen, dass ich mich am nächsten Morgen nicht so sehr zu beeilen brauchte, ich könne irgendwann im Laufe des Vormittages kommen. Wir hatten verabredet, dass ich ihn bei seiner täglichen Arbeit bei der Elektroschockbehandlung beobachte. Ich hatte daraus den Wunsch entnommen, ich möchte möglichst spät kommen.
Morgens um 9 Uhr ruft er aber schon wieder an, wann ich denn nun käme, es sei doch nicht so viel da und es sei jemand ausgefallen, so dass ich gleich kommen solle. Ich fahre also sofort mit der Taxe und noch ohne Frühstück (ich hatte die Zeit zum Schreiben und Diktieren benutzt) ins Queens Square Hospital 20 East 76 Street. Es handelt sich um eine psychiatrische Privatklinik, ein Belegkrankenhaus mit etwa 180 Betten. Ich fahre zunächst mit dem Fahrstuhl hinauf in eines der oberen Stockwerke, wo die Behandlungen stattfinden. Ich werde einigen Kollegen vorgestellt, die dort gewöhnlich in ihrer normalen Alltagskleidung bei der Tätigkeit sind und schon wird der erste Patient hereingefahren. Er liegt auf einem Bett, in seiner normalen Kleidung und bekommt nach ein, zwei Sätzen sofort die Narkose, die hier in Form eines Tropfs verabreicht wird, an dem zwei Flaschen hängen; die eine enthält ein Ultrakurzbarbiturat, die andere das Muskel- relaxans.
Die Anästhesie wird von einem Italiener gemacht, Dr. Salvatore dell‘Aria, der schon seit 24 Jahren mit Kalinowsky zusammenarbeitet. Er gibt mir über seine besondere Methode einen Sonderdruck mit: Anaesthesio- logic Considerations in Psychiatric Convulsive Therapy. Er sagt, auf diese Weise sei eine individuelle Dosierung am besten zu erreichen, was mich in der Praxis auch außerordentlich überzeugt. Nach Eintreten der Narkose innerhalb von wenigen Minuten legt der Anästhesist die Elektroden ziemlich tief, eigentlich über dem Jochbein bitemporal. Die Elektroden sind dabei wie eine Schere gearbeitet, so dass sie mit einer Hand gehalten werden können, was ebenfalls recht praktisch ist.
Kalinowsky schaltet jetzt nur für eine Sekunde das Gerät ein, da ist eigentlich seine einzige Tätigkeit. Der Anästhesist arbeitet noch eine Weile mit der Beatmung weiter, dann wird der Patient in ein Nebenzimmer geschoben, wo eine farbige Schwester sein weiteres Erwachen beobachtet und dabei evtl. auch eine Beatmung vornimmt.
Und schon wird der nächste Patient hereingefahren und auf die gleiche Weise behandelt. Daneben kann man sich noch gut unterhalten, Scherze machen und Kaffee trinken, der um die Ecke immer heiß bereit steht und von dem auch ich etwas genieße. Er ist sehr schwach und wird der Gesundheit kaum schaden. Die meisten füllen sich zwischen der Arbeit rasch immer einmal wieder einen Becher Kaffee.
So geht die Arbeit noch eine Weile weiter. Ich habe die Patienten nicht gezählt. Es wird mir versichert, dass dieser Vormittag besonders ruhig sei. Dell‘Aria erzählt mir dazu, bei guter Einarbeitung und wenn viel Betrieb sei für einen Patienten nicht mehr als insgesamt vier Minuten benötigt würden. So hätten sie häufig an einem Vormittag 80-100 Patienten mit Elektrokrampf behandelt. Man sieht, dies einer der wenigen Bereiche der Psychiatrie ist, in dem Fließbandarbeit geleistet werden kann.
Auf die psychische Verfassung des Patienten wird übrigens überraschend wenig Rücksicht genommen. Die Patienten werden hereingefahren, während sich Ärzte und Pflegepersonal weiter unterhalten, es wird weiter gescherzt und kaum von den Patienten Notiz genommen.
Im Übrigen haben diese Patienten aber wenig Zeichen von Angst, sie sind auch diese unpersönliche Art der Behandlung offenbar durchaus gewohnt, und scheinen nichts zu entbehren. Der finanzielle und industrielle Gesichtspunkt dieser Therapie ist den Therapeuten durchaus bewusst. Kalinowsky erzählt, sicherlich sei die Elektrokrampfbehandlung deswegen in USA so rasch eingeführt wurde, weil man auf relativ einfache Weise in kurzer Zeit damit viel Geld verdienen kann.
Aus dem gleichen Grunde kommt die Psychoanalyse jetzt wieder langsam außer Gebrauch, da die dafür nötigen Preise nicht mehr aufgewendet werden können.
Es muss also nach billigeren Therapien gesucht werden. Deshalb hat sich die Gruppentherapie so stark ausgebreitet.
Ferner fällt mir auf, dass die Patienten nach meinem Gefühl nicht dringend eine Elektrokrampfbehandlung benötigen. Zumindest in diesem Hause wird die Indikation noch sehr viel weiter gestellt als bei uns.
Es wird aber auch hier dazu berichtet, in den psychiatrischen Großkrankenhäusern deswegen keine Behandlungen mehr vorgenommen werden, weil dort kein Anästhesist zur Verfügung steht. Es fällt mir auf, dieses seit Jahrzehnten zusammenarbeitende Team natürlich eine besonders gute und reibungslose Behandlung garantiert.
Es kommt noch ein Internist, Dr. King, hinzu, der auch seine Bemerkungen macht und der die Voruntersuchungen vor nimmt. Er ist präzise über die Möglichkeiten der Therapie orientiert und kann daher genaue Anweisungen geben. Gelegentlich empfiehlt er noch etwas zuzuwarten mit der Behandlung, in der Regel kann er sie aber gutheißen. Auch das ist eine wesentliche Erleichterung. Es wird berichtet, in einer großen Statistik unter 100.000 Behandlungsfällen sei ein einziger Todesfall gewesen. Das Gerät, das hier benutzt wird, ist sehr viel kleiner als das, welches wir benutzen. Mit den Elektroden zusammen hat es kaum die Größe eines halben Aktenkoffers.
Nach Beendigung der Behandlungen ziehen sich alle in einen kleinen Nebenraum zurück, der hinter dem Aufwachraum und vor einem Wartezimmer liegt. Die aufgewachten Patienten können sich dort noch eine Weile hinsetzen. Ich sehe jetzt schon wieder dieselben Patienten dort sitzen, die im Anfang zur Behandlung hereingefahren wurden.
Dabei kommt noch ein Deutscher hinzu, der aber schon seit 20 Jahren in USA lebt und große Mühe hat, sich noch der deutschen Sprache zu bedienen. Er ist Psychiater und gehört zu dem Team. Es entspinnt sich eine interessante Unterhaltung über die gegenwärtige Amerikanische Psychiatrie. Demnach ist es offenbar so, dass es eine wissenschaftliche klinische Psychiatrie so gut wie gar nicht mehr gibt. Forschung wird eigentlich nur noch dort getrieben, wo es sich um die Erprobung von Psychopharmaka handelt, wobei dann die Finanzierung durch die Industrie sichergestellt wird. Dann gibt es natürlich auch noch die rein biochemische Forschung, die in den großen biochemischen Zentren geleistet wird.
Das hat aber mit klinischer Forschung nichts mehr zu tun, da die dort forschenden Persönlichkeiten auch niemals einen Patienten zu Gesicht bekommen, sondern nur irgendwelche chemischen Untersuchungen anstellen.
Man weist mich darauf hin, dass die Lithiumbehandlung, eine der größten Neuerungen des letzten Jahrzehnts, nicht in USA entstanden ist, wenn sie hier auch bald angewendet wurde.
Alles, was irgendwie von Wert zu sein scheint, findet hier jemanden, der es in gigantischer Größe nachmacht und dann mit statistisch genauen Methoden auf seine Brauchbarkeit zu überprüfen. Man braucht sich vielleicht mit diesen für uns methodisch schwierigen Untersuchungsformen gar nicht so sehr zu bemühen; es käme für die Europäer darauf an, wirkliche Innovationen zu schaffen. Das wäre vielleicht schon bei der Schlafentzugsbehandlung der Fall, die hier praktisch noch nicht bekannt ist. Das liegt wohl auch daran, dass keine praktikable Methode mitgegeben wurde.
Nebenher geht die Unterhaltung über weitere Patienten, die vor allem Dr. King und Dr. Kalinowsky miteinander besprechen. Jedes Mal wird auch erörtert, wie dieser Patient versichert sei. Die meisten sind schlecht versichert, haben nur eine Krankenhausversicherung für eine Woche, in der dann alles durchgezogen muss oder sie müssen aus solchen Gründen zuhause gehalten werden. Der Krankenhausaufenthalt ist mit 200-300 Dollar pro Tag auch noch sehr viel teurer als bei uns. Der ganze Betrieb geht hier aber erstaunlich ruhig vor sich. Bei uns wird sehr viel schneller und intensiver gearbeitet, ich meine sogar, auch effizienter.
Auf Telefonverbindungen, die man sich nicht selbst herstellen kann, darauf muss man oft lange warten, bis man an die richtige Stelle weiterverbunden ist. Dazwischen gibt es immer wieder Leerlauf. Auch beklagen sich alle über einen schrecklichen Mangel an Organisation. Es geht wirklich viel durcheinander.
Danach gehen wir auf mehrere geschlossene Stationen, wo Dr. Kalinowsky seine Patienten visitiert. Die Stationen sind in diesem Krankenhaus, das doch den besonders Bevorzugten in den Vereinigten Staaten gehört, durch schwere Eisentüren verschlossen, die sofort hinter einem ins Schloss fallen.
Die Patienten sitzen in einem großen Tagesraum herum. Es gibt ein altes Bild in meiner Sammlung, das aus dem 18. Jahrhundert Patienten in einem Asyl zeigt, die an großen Tischen in ihrer Alltagskleidung langsam vor sich hindösen. Daran werde ich bei meinem Aufenthalt in diesen Sälen erinnert. Niemand kümmert sich um die Patienten. Nur an einer Stelle sitzt eine Schwester mit einer Dame zusammen und spricht etwas mit ihr.
Es gibt innerhalb dieses Rahmens gewisse Freiheiten und Annehmlichkeiten, die wir nicht so kennen. Es gibt einen Automaten für Zigaretten, einen anderen für Kaffee, heiße Schokolade und schließlich noch einen besonderen Automaten für Speiseeis. Ferner gibt es in dem Saal noch drei Münztelefone.
Davon abgesehen ist aber alles ziemlich trostlos. Man sitzt herum. Es ist schmutzig. Von psychotherapeutischer oder überhaupt therapeutischer Atmosphäre ist nichts zu spüren.
Die Psychiater, es kommt auch noch ein jüngerer Kollege, der Dr. Kalinowsky während seiner häufigeren Abwesenheiten immer vertritt, gehen zwischen den Tischen herum und sprechen hie und da ein paar Minuten mit ihren Patienten. Es geht meist nur darum, ob man sich besser oder nicht besser fühlt, wobei offensichtlich die Patienten sich veranlasst fühlen, dem Arzt ein besseres Befinden zu zeigen, ob es nun stimmt oder nicht. Aber auch hier wieder ist auffällig, wie geduldig die Patienten sind.
Andrerseits sind sie aber auch aggressiver. Es kommt schneller zu aggressiven Handlungen. Ich werde von einem Patienten angesprochen, der zunächst fragt, ob ich Doktor sei und mir dann mit lauter Stimme eine lange Geschichte erzählen will. Als ich mich von ihm lösen will, wird er fast handgreiflich gegen mich. Das führt zu einem allgemeinen Gelächter.
Ich habe auch Gelegenheit, auf den Stationen die Zimmer anzusehen. Diese sind zwar als Einzelzimmer konzipiert. Jedes hat ein Bett, eine kleine Nasszelle mit eigener Toilette, eine Lampe an der Decke und einen Stuhl darin. Dennoch wirken sie mehr wie Gefängniszellen und nicht wie Aufenthaltsräume, weil sie sehr ungemütlich eingerichtet sind und in der Tür ein kleines Fenster ausgespart ist, durch welches man die Patienten beobachten kann. So kann ich also in jedes Zimmer hineinsehen und sehe einzelne Patienten auf ihren Betten herumliegen.
Auch hier fällt mir auf, wie ungeheuer viel Personal hier tätig ist. Meist handelt es sich allerdings um Farbige, die alle unteren Dienste machen müssen. Der größere Teil des Personals sitzt aber herum und hat eigentlich keine rechte Tätigkeit. Er könnte sich um die Patienten kümmern, doch scheint das nicht zu den therapeutischen Aufgaben zu gehören. Auch hier also ein ungeheu- rer Leerlauf und eine Vergeudung von Kraft und Geld, die ich in USA nicht erwartet hatte.
Nach diesen Visiten gehen wir ins unterste Stockwerk, wo es zwei Arztzimmer gibt, offenbar die einzigen in diesem ganzen Haus. Es gibt nirgendwo in psychiatrischer Hinsicht eine Intimität. Man spricht mit den Patienten unter vielen anderen. Aber es werden auch nicht wirklich intime Dinge besprochen.
Die körperlichen Untersuchungen besorgt ein im Haus angestellter Arzt, der häufig wechselt und den Dr. Kalinowsky daher persönlich auch gar nicht kennt. In dem Arztzimmer müssen einige Telefonate erledigt werden, die wieder schwer zustande zu bringen sind. Dann ist hier und da mit einzelnen Angehörigen zu sprechen. Dazwischen wieder viel Leerlauf.
Es kommt noch eine Krankenschwester, ein blondes junges Mädchen aus Wiesbaden, das nun seit 1962 in USA ist und allergrößte Mühe hat, deutsch zu sprechen. Sie ist offenbar die Seele des Ganzen und berichtet über die Organisation. Die Schwestern haben ein etwas höheres Niveau als bei uns. Es heißt, es sei eine Universitätsausbildung. In Wirklichkeit werden aber nur ein paar Kurse besucht, die auch einige theoretische Dinge enthalten.
Es gibt in der ganzen Klinik mit 180 Betten nur 7 dieser Schwestern. Die eigentliche Arbeit wird daher von Nicht-Fach-Personal ausgeführt. Eine Schwester macht sich nicht mehr die Hände schmutzig. Sie exploriert die Patienten und macht einen Krankenbericht, wie es heißt, wie der Arzt, in Wirklichkeit aber wohl anstelle des Arztes, der sich nur relativ oberflächlich orientiert. Ihre Hauptarbeit ist Schreibarbeit und Beaufsichtigung des unteren Personals. Diese Schwesternhelferinnen usw. sind, wie erwähnt, in der Regel Farbige.
Zum Mittagessen fahren wir wieder ins Doctor’s Hospital, inzwischen ist ein fürchterliches Gewitter hereingebrochen, so dass man überall nass wird. Die Wärme ist aber geblieben.
Nach dem Essen fährt mich Herr Kalinowsky noch freundlicherweise in die Academy of Medicine, ein großes Gebäude an der Fifth Avenue, das auch eine große Bibliothek enthält. Ich finde auf Anraten von Herrn Kalinowsky auch meine eigenen Bücher dort im Katalog verzeichnet. Dort gibt man mir auch eine Liste über die wenigen medizinischen Antiquariate in New York und an der ganzen Ostküste. Ich mache mich zu Fuß auf den Weg zum ersten. Unterwegs komme ich am Guggenheim Museum vorbei, das ich kurz besuche.
Die erste Adresse ist Leona Rostenberg, 40 East, 88th Street, was ich erst gar nicht finde. Es handelt sich um ein ganz normales Wohnhaus. Der Pförtner kennt die Dame nicht, auch der Fahrstuhlführer nicht. Schließlich wird es doch herausgefunden, worum es geht. Ich darf hinauffahren. Es sind zwei liebenswürdige alte Damen,
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
New York Elendtraße, Bewohner die in ihrer Wohnung auch zwei Schränke mit alten, zum Teil sehr alten Büchern haben. Beide machen sich lange auf die Suche nach medizinischen Büchern, aber sie können außer Descartes, den sie für einen Mediziner halten, nichts finden. Das Bild der alten Damen ist rührend, aber bringt mir leider nichts. Immerhin verweisen sie mich gleich an eine andere Adresse.
Es ist Thomas Heller, 308 East, 79st Street, also nicht sehr weit weg, wo sich dasselbe noch einmal wiederholt. Ich komme kaum in das Haus hinein, das, wie alle Häuser hier, scharf bewacht wird. Auch Thomas Heller hat nur in einem großen Gebäude eine Wohnung, die allerdings vollgestopft ist mit alten Büchern. Es stellt sich heraus, dass er ein Wiener war und ist und wir nach kurzer Zeit in Deutsch unterhalten kön- nen. Sein Vater war in Wien Verleger. Er zeigt mir stolz in dem Buch von Ernest Jones über Sigmund Freud und sein Leben, worin sein Vater viele Male erwähnt ist. Freud hatte seine alten Bücher bei Heller verlegen lassen.
(Anmerkung: Hugo Heller war in Wien der Verleger psychoanalytischer Zeitschriften u. a. Imago.)
Hier finde ich Pinel, den Traité médico-philosophi- que sur l‘aliénation mentale ou la manie, der allerdings 325 Dollar kostet; und ich finde Feuchtersleben, das Lehrbuch der Seelenheilkund e von 1845, der 175 Dollar kostet. Ich entschließe mich doch zum Kauf dieser Raritäten. Allerdings von der Literatur, wegen derer ich eigentlich gekommen war, finde ich nichts. Thomas Heller will für uns aber später Literatur suchen.
Es ist jetzt spät geworden, so dass ich rasch mit der Taxe ins Hotel fahre, um mich für den Opernabend mich umzuziehen. Ich bin von Kalinowskys in die Oper eingeladen.
Diese findet nicht in der Metropolitan statt, sondern in New York City Opera, im New York State Theatre, das aber auch im Lincoln Center ist. Man kommt vom Hotel aus in wenigen Minuten zu Fuß hin. Es liegt gleich am Broadway. Man gibt die Oper The Makropulos Affair von Leos Janacek. Der Saal ist sehr schön, die Aufführung wunderbar, allerdings nicht von diesem herausragenden Niveau, das ich hier eigentlich erwartet hatte. Kalinowsky erzählt mir, dass die Met nur ganz erprobte Stücke bringt, weil sie unter keinen Umständen ein Risiko eingehen möchte. In der New York State Opera probiert man aber auch hin und wieder Sachen, die nicht auf jeden Fall einen Erfolg garantieren. Auch diese Oper wird von einem Österreicher geleitet, ebenso wie die Met.
Nach dem Theater gehe ich zu Fuß ins Hotel zurück, aber nun, bei den allmählich um 11 Uhr schon dunkel und ruhig werdenden Straßen bin ich vorsichtig, man hat mich vor Überfällen gewarnt.
11.9.1976 New York
Entdecke 105 Fifth Avenue (an der Ecke zur 18. Straße) ein sehr großes Warenhaus für Bücher, eigentlich hauptsächlich wissenschaftliche Bücher. Barnes und Noble, Book Store. Ich kaufe etwa 20 Bücher. Dort kann man auch einzelne Exemplare bestellen, allerdings nur gegen Voreinsendung des Betrages oder mit der Kreditkarte, der Amerycard, in Europa gibt es [noch] keine Kreditkarten.
Nachmittags um 4 Uhr Besuch bei Frau Gerstmann in 240 Central Park South, nachdem ich mich vorher telefonisch angemeldet habe. Sie ist die Witwe von Josef Gerstmann (1887-1969).
(Anmerkung: Heute wird Gerstmanns Name am häufigsten genannt in Zusammenhang mit dem Gerstmann- Syndrom. Das ist die Unfähigkeit, nach sprachlicher Aufforderung einzelne Finger zu benennen oder zu zeigen. Er war aber auch der Erforscher der juvenilen Paralyse, als Folgen der Syphilis junger Menschen.)
Zunächst werde ich von einer sehr misstrauischen Dame empfangen. Es zeigt sich, dass es sich dabei um Mathilde Juitz handelt, eine sehr beleibte Wienerin, die Haushälterin bei Frau Gerstmann ist. Sie berichtet mir dazu später, dass sie schon in Wien bei ihrem Manne in der Praxis geholfen habe und nunmehr schon 56 Jahre bei ihr sei. Sie leben seit 1938 hier in New York. Die Wohnung ist eine gemütliche kleine Wohnung an der Ecke des Hauses, so dass man aus dem Fenster zum Broadway, fast hinüber zum Lincoln-Center sehen kann, das nur drei Fußminuten entfernt ist. Die Wohnung enthält ein großes Bild mit dem Titel Narrenschiff, das sehr bekannt sein soll, das ich aber noch nicht gesehen habe. Auch ist eine Patientenmalerei über Angst erkennbar. Die Möbel sind antik.
In der Mitte das Zimmers steht der Schreibtisch von Josef Gerstmann, der seit seinem Tode noch unberührt ist und als Zusatz ein großes Bild von ihm trägt. Das
Misstrauen von Frau Gerstmann legt sich allmählich immer mehr. Sie berichtet, ihr Mann habe nach der Ankunft in New York zunächst gegenüber 14 Tage in einem Hotel gewohnt. Damals sei dieses Haus gerade gebaut worden. Sie habe gleich gesagt, dies Haus gefalle ihr und sie wolle da einziehen!
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Der Schreibtisch Gerstmanns, der seit seinem Tod unberührt geblieben ist
Sie habe damals noch nicht gewusst, dass es von einem Bekannten ihrer Familie gebaut worden sei. Auch die zentrale Lage innerhalb von Manhattan habe sie damals nicht bemerkt. Die Erzählungen sind natürlich weitschweifig und nicht immer genau. Ich bekomme beim Schreiben noch nicht die richtige Reihenfolge herein. Frau Gerstmann zeigt mir das Buch: Die Malaria-Behandlung der progressiven Paralyse, 2. Auflage bei Julius Springer, Wien 1928. Ihr Mann sei der einzige gewesen, der vollständig bei Wagner-Jauregg ausgebildet sei. Die Malaria-Behandlung ist eins seiner zentralen Arbeitsthemen gewesen. Er hatte dies Buch geschrieben, bevor Wagner-Jauregg seins schrieb. Als Wagner-Jauregg fortgefahren sei, um den Nobel-Preis abzuholen, habe er Gerstmanns Buch mitgenommen. Sein eigenes habe er erst viel später geschrieben.
Das Maria Theresien Schlössl sei ein Krankenhaus in Wien im 19. Bezirk, in der Hofzeile. Es sei ein sehr schönes Spital gewesen und er sei dort sehr zufrieden gewesen.
Gleichzeitig sei er jedoch Vertrauensarzt der amerikanischen Gesandtschaft gewesen. Aus diesem Grunde habe er sehr gut seine Flucht ermöglichen können. Am Tage nach Hitlers Einmarsch in Österreich sei Alfred Luger gekommen und habe gesagt, er müsse sofort Wien verlassen, ein Visum nach Amerika sei für ihn schon ausgestellt. So sei er ohne Schwierigkeiten herausgekommen. Die Haushälterin Mathilde Juitz sei dann noch dort geblieben und habe berichtet, dass sie am nächsten Tage gekommen seien, um ihren Mann zu verhaften.
Aber die Nazis seien eben ordentliche Menschen gewesen. Es sei nämlich ein Sonntag dazwischen gewesen, an dem die Verhaftungsbehörden offenbar nicht gearbeitet hätten. So habe er diesen Tag Vorsprung gewonnen. Wie die Nazis gekommen seien, sei er schon in London in Sicherheit gewesen. Sie hätten persönlich nie etwas auszustehen gehabt. Offenbar ist auch das jetzt in der Wohnung vorhandene Mobiliar noch gerettet worden.
Frau Gerstmann übergibt mir zu treuen Händen ein Bild der gesamten Mitarbeiter der Wiener Klinik aus dem Jahre 1929 zeigt es zeigt ihren Mann links neben Wagner-Jauregg sitzend, sie hat aber eine ganze Reihe weiterer Bilder sehr bekannter Nervenärzte. Dr. Edith Klemperer habe sich eine Vergrößerung davon machen lassen und sie kenne auch die Namen und Geschichten aller darauf abgebildeten Ärzte. Adresse: 315 East 77th Street, Tel. RH 40058.
Ich soll nicht vor 11 Uhr morgens anrufen, weil sie dann erst aufsteht, kann dafür aber um Mitternacht noch anrufen.
Gerstmann sei durch seine Malaria-Behandlung der Progressiven Paralyse in Wien sehr bekannt geworden, bekannter als Wagner-Jauregg selbst vielleicht, da er die meisten Behandlungen ausgeführt habe, etwa 1.000. So sei es z. B. vorgekommen, dass man in ein Taxi eingestiegen sei und der Chauffeur dann gesagt habe: “Wissen Sie noch, ich war einer Ihrer ersten Patienten.” Über die Wiener Klinik gebe es noch ein Buch von Benno Schlesinger dessen genauen Titel sie mir leider nicht nennen kann. Die Adresse Benno Schlesinger, der wieder in Wien lebe, könne man über das Anatomische Institut erfahren in Wien erfahren. Sie g1aube, dass er dort ein Zimmer habe.
Ein guter Freund Ihres Mannes sei Kurt Goldstein (1878-1965) gewesen. Sie berichtet jedoch im Augenblick nicht weiter über ihn. Ein anderer guter Freund sei Paul Schilder (1886-1940) gewesen. Dass Paul Schilders Arbeiten jetzt wieder erschienen, sei das Verdienst die seiner Witwe, Lauretta Bender (1897-1987), ihre Adresse bekomme man wohl über die Akademie Medicine. Frau Schilder habe sehr gut sprechen können. Lauretta Bender habe hier in USA einen Verleger für Schilder gefunden, der immer wieder neue Sachen von Schilder auflege, obwohl er offenbar kaum etwas davon verkaufe. Sie lasse auch immer noch aus seinem Nachlass Dinge erscheinen, als ob er noch lebe. Irgendwie habe sie daraus auch das große Geld gemacht. Sie habe früher eine große Rolle gespielt und im Staate New York die psychiatrischen Krankenhäuser geleitet.
Ein anderer sehr enger Freund der Familie sei Johannes Lange gewesen, mit dem sie auch Urlaube zusammen verbracht hatten.
(Anmerkung: Johannes Lange (1891-1938) war Schüler Kraepelins, bei dem er sich 1921 mit einer Arbeit über die katatonen Erscheinungen im Rahmen manischer Erkrankungen habilitierte. Er ist Mitherausgeber der 9. Aufl. (1927), der letzten des Lehrbuchs der Psychiatrie von Kraepelin, das er nach dessen Tod - 1926 - Lange allein bearbeitete).
Nach der Ankunft in den USA habe er zunächst ein Jahr in St. Elisabeth in Washington gearbeitet. Dort habe ihr Mann auch Indianer behandelt, die aber nach seiner Auffassung schlecht behandelt worden seien. Ihr Mann habe in Wien erst Jus studiert und in diesem Fach auch Examen gemacht. Dann sei er zu Obersteiner gekommen.
(Anmerkung: Der Psychiater und Hirnforscher Heinrich Obersteiner hatte 1882 ein Institut für interdisziplinäre medizinisch-neurowissenschaftliche Forschung gegründet. Es gibt heute noch als Obersteiner Institut und war seinerseits Vorbild für gleichartige Institute in aller Welt.) 14 Tage nach der Ankunft in USA seien sie nach Baltimore zu Adolf Meyer gefahren, der sehr freundlich gewesen sei zu ihnen. Dort hätten sie auch Quäker kennengelernt, die sich als Einzige nach den Schwierigkeiten der Einwanderer erkundigt hätten. Auf ihre Anregung hin hätten die Quäker dann ein Haus erworben oder erbaut, in das die älteren Einwanderer aufgenommen worden seien. Zum Beispiel sei auch die Mutter von Heinz Hartmann dort untergebracht worden.
Die Tätigkeit in New York sei vielfältig gewesen. Sie ist offenbar, auch nach den jetzigen Lebensumständen zu schließen, einträglich gewesen. Die Ordination sei häufig von Schülern von ihm, jüngeren Ärzten, aufgesucht worden, die ihre Patienten gebracht hätten, damit er sie neurologisch untersuchen und beurteilen könne. Ferner habe ihr Mann begonnen, vor den Ärzten in den Mental State Hospitals einmal wöchentlich Vorträge zur Weiterbildung zu halten. Das sei dann später so geblieben.
Vormittags habe er Konsilien in verschiedenen Kliniken gemacht. Nachmittags habe er dann zunächst im Neurologischen Institut des Coldwater (Goldwater Institute) gearbeitet.
Nachmittags habe er dann ab 18 Uhr in seiner Wohnung eine psychiatrische und psychotherapeutische Praxis ausgeübt. Abends habe er mit Ärzten diskutiert.
Sie habe in der Wohnung alles so gelassen wie es war. Viele Kontakte nach außen habe er nicht gehabt, er habe lieber zuhause an seinem Schreibtisch in der Nische der jetzigen Wohnung gesessen und gelesen. Aber er habe weiter Verbindung gehalten mit Kurt Goldstein und auch mit Putnam.
(Anmerkung: Tracy Jackson Putnam (1894-1975), Direktor des New York Neurological Instituts).
Verbindungen bestanden auch mit Schilder weiter, der sich allerdings in den Vereinigten Staaten stark verändert haben. Besonders nett sei Oswald Bumke, zu ihm gewesen. Sehr enge Beziehungen haben auch zu Heinz Hartmann bestanden. Einmal habe Wagner-Jauregg ihn nach Rom geschickt, damit man dort Malaria-Therapie treiben könne. Er habe sich mit einem Kasten während der Zugfahrt immer weit in der Ecke zurückgehalten, was sie nicht verstanden habe (gemeint ist ihr Mann). Später habe er das dann erzählt. Rom hätten sie dann unter der Führung des Vaters von Heinz Hartmann kennengelernt, was ein sehr schönes Erlebnis gewesen sei.
[...]
- Citar trabajo
- Uwe H. Peters (Autor), 2022, Die deutsch-jüdische Psychiatrie und Psychotherapie in der Welt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1223320
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