Im Zentrum der Stunde steht Peter Bichsels Kurzgeschichte „Die Tochter“. Im Zuge der Analyse der Beziehung der Familienmitglieder zueinander können die Schülerinnen und Schüler lernen, Literatur selbstständig zu erschließen, für die genaue Textarbeit wertvolle Textstellen wahrzunehmen, diese angemessen zu interpretieren und somit die Beziehungskonstellation literarischer Figuren in Erzähltexten zu-einander zu erfassen. Das ist dadurch erkennbar, dass die S. in angemessener Weise drei der in der Vor-stunde erstellten Statuen in Kleingruppen auswerten und begründet die Statue auswählen können, die die Beziehung der Familienmitglieder zueinander am treffendsten darstellt.
Darüber hinaus können die S. mithilfe der ausgewählten Statue Thesen über das Verhältnis der Figuren zueinander formulieren, diese am Text überprüfen und somit die in der Kurzgeschichte vorherrschende Figurenkonstellation treffend charakterisieren. In der Unterrichtsreihe wird folgende Kompetenzerweiterung angestrebt: sich mit Texten und Medien auseinandersetzen, lesen und soziale Kompetenz (überfachlich).
1. Didaktisches Zentrum der Stunde
Im Zentrum der Stunde steht Peter Bichsels Kurzgeschichte „Die Tochter“. Im Zuge der Analyse der Beziehung der Familienmitglieder zueinander können die Schülerinnen und Schüler1 lernen, Literatur selbstständig zu erschließen, für die genaue Textarbeit wertvolle Textstellen wahrzunehmen, diese angemessen zu interpretieren und somit die Beziehungskonstellation literarischer Figuren in Erzähltexten zueinander zu erfassen. Das ist dadurch erkennbar, dass die S. in angemessener Weise drei der in der Vorstunde erstellten Statuen in Kleingruppen auswerten und begründet die Statue auswählen können, die die Beziehung der Familienmitglieder zueinander am treffendsten darstellt. Darüber hinaus können die S. mithilfe der ausgewählten Statue Thesen über das Verhältnis der Figuren zueinander formulieren, diese am Text überprüfen und somit die in der Kurzgeschichte vorherrschende Figurenkonstellation treffend charakterisieren.
In der Unterrichtsreihe wird folgende Kompetenzerweiterung angestrebt:
- Sich mit Texten und Medien auseinandersetzen
- Lesen
- Soziale Kompetenz (überfachlich)
Diese Stunde leistet dazu folgenden Beitrag:
In der Stunde steht die Förderung der Kompetenz „Sich mit Texten und Medien auseinandersetzen“2 im Vordergrund. Da diese eng mit der Lesekompetenz verschränkt ist, wird diese gleichermaßen mit gefördert. Bereits beim Erstellen der Statuen in der vorangegangenen Stunde setzen sich die S. textanalytisch mit der Kurzgeschichte „Die Tochter“ von Peter Bichsel auseinander, indem sie ausgehend von ihren ersten Leseeindrücken und Deutungshypothesen die Beziehungskonstellation zwischen den literarischen Figuren gestaltend darstellen. In dieser Stunde entwickeln die S. ihr Textverständnis auf Basis der eigenen Analyseergebnisse weiter. Insbesondere der Vergleich mit den eigenen Produkten veranlasst die S. dazu, sich nochmals textanalytisch mit der Lektüre zu beschäftigen, indem sie kritisch durchleuchten, ob die Darstellung der Beziehung in den Statuen tatsächlich mit dem Text vereinbar ist. Die prozessbezogene Kompetenz „Lesen“3 wird dadurch gefördert, dass die S. den „komplexen Zusammenhang zwischen Teilaspekten und dem Textganzen erschließen“4 5 können, um begründete Rückschlüsse auf die Beziehung der literarischen Figuren zueinander zu formulieren. Dabei überprüfen sie „im Leseprozess ihre auf unterschiedlichen Interpretations- und Analyseverfahren beruhenden Verstehensentwürfe“5. Im Sinne der Anschlusskommunikation kommen die Lernenden bei der Auswertung über ihre eigenen Interpretationsansätze ins Gespräch und können diese mit denen ihrer MitschülerInnen abgleichen. Überfachlich findet eine Förderung der sozialen Kompetenz6 statt: Die Stunde verlangt von den Lernenden sich zu verständigen und zu kooperieren, um verwertbare Ergebnisse zu erzielen und diese im Plenum begründet zu präsentieren. Dabei spielen insbesondere der gegenseitige Respekt, die Übernahme von Verantwortung und die Rücksichtnahme auf Mitschüler eine entscheidende Rolle.
2. Analyse der Lehr- und Lernsituation im Hinblick auf die zu fördernden Kompetenzen
Ich unterrichte diese E-Phase seit Beginn des Schuljahres 2017/2018 vier Stunden wöchentlich in Deutsch. Der Kurs besteht aus insgesamt 21 S., davon sind 14 weiblich und 7 männlich. Die meisten S. kennen sich bereits aus der Sekundarstufe I von , lediglich 3 S. , kamen nach der mittleren Reife an einer Realschule an das Gymnasium, sind aber gut in den Kurs integriert. Der Unterricht ist im Allgemeinen von einer angenehmen und wertschätzenden Arbeitsatmosphäre geprägt, deutlich am respektvollen Umgang der S. untereinander und dem vertrauensvollen Verhältnis der S. zu mir als Lehrkraft. Der Unterrichtsraum verfügt über Whiteboard, OHP und Beamer, die auch regelmäßig zum Einsatz kommen. Da der Raum mit 21 S. nicht voll belegt ist, ist eine Anordnung von Gruppentischen problemlos möglich.
Die Einstellung der S. dem Fach Deutsch gegenüber habe ich zu Beginn des Schuljahres mithilfe eines Selbsteinschätzungsbogens evaluiert. Dabei wurde deutlich, dass etwa ein Viertel der S. mit dem Deutschunterricht der Mittelstufe negative Erfahrungen verbinden. Kritikpunkte waren v. a. die Bevorzugung von Frontalunterricht („Text lesen und darüber sprechen“) und die mangelnde Rücksicht auf schwächere S. Nur wenige S. des Kurses standen dem Deutschunterricht offen gegenüber. Um diese Hemmnisse abzubauen, finden kooperative Lernformen möglichst große Berücksichtigung in meiner Unterrichtsgestaltung, sofern thematisch und didaktisch sinnvoll. Auch der Einstieg über das Thema „Kommunikationsmodelle“ hat mit einer verhältnismäßig hohen S.-Aktivierung dazu beigetragen, die negativen Einstellungen einiger S. zum Deutschunterricht zu korrigieren. Dementsprechend präferieren die meisten S. des Kurses auch kooperative Lernformen und sind durch meinen bisherigen Unterricht mit ihnen vertraut. Das Erstellen von Statuen zu literarischen Texten ist den meisten jedoch neu und wird daher bereits in den Vorstunden angebahnt. Wie bereits beschrieben, herrscht im Kurs ein Ungleichgewicht von männlichen zu weiblichen S. Dies führt dazu, dass die Schülerinnen teilweise als sehr dominant gegenüber ihren männlichen Mitschülern erscheinen. Erkennbar wird das besonders dadurch, dass ein Teil der männlichen S. es bevorzugt, bei Gruppenarbeiten unter sich zu bleiben. Um diese Gruppendynamik aufzubrechen, werden die Gruppen nach Möglichkeit genderspezifisch gemischt. wiederholen die E-Phase, wobei bereits letztes Jahr meinen Deutsch-Kurs besuchte. Trotz ihrer Erfahrungen mit den Unterrichtsgegenständen fällt sie als extrem zurückhaltend und schüchtern auf. Das äußert sich darin, dass sie meist nur nach Aufforderung zu mündlichen Beiträgen bereit ist, diese dann allerdings fachlich angemessen sind. Ähnliches gilt für Amjad und Karim, deren Zurückhaltung v. a. dann aufbricht, wenn sie ihre Ergebnisse vorab mit MitschülerInnen abgleichen konnten.
Gerade diese beiden S. sowie zählen auch zu den schwächeren S. im Hinblick auf die in dieser Stunde zu fördernden Kompetenzen. Beim Lesen sowie dem anschließenden Rezipieren von Texten fällt auf, dass es diesen S. nur schwer gelingt, inhaltliche Kohärenz zwischen einzelnen Textabschnitten und dem Gesamttext herzustellen und auf dieser Basis ein eigenes Textverständnis zu formulieren. Analysen oder Interpretationsansätze bleiben meist oberflächlich und teilweise fehlerhaft. Dementsprechend ist es von Vorteil, ein kleinschrittiges Vorgehen zu wählen (hier v. a. durch die bereits vorgenommene Aufteilung des Textes) und diesen S. durch zusätzliche Hilfsangebote (hier Formulierungshilfen, ergänzende Fußnoten) eine Beteiligung am Unterricht zu erleichtern.
Im Leistungsmittelfeld präsentieren sich die S. Diese S. sind in der Lage, ein eigenständiges Textverständnis zu formulieren und dieses nach Aufforderung auch auf der Basis eigener Analyseergebnisse zu begründen. Der Bezug zum Ausgangstext muss bei diesen S. meist zusätzlich eingefordert werden. gehören nach Einschätzung im Unterricht sowie hinsichtlich ihrer schriftlichen Leistungen zu den S., bei denen der Umgang mit Texten und Medien bereits recht stark ausgeprägt ist. Dies zeigt sich besonders in ihren differenzierten Analyseergebnissen und Interpretationsansätzen, die sie in Bezug zum Ausgangstext begründet darlegen können. Darüber hinaus sind sie in der Lage, eigene Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Überfachlich gilt es vor allem bei den leistungsstärkeren S. darauf zu achten, dass die Rücksichtnahme auf die schwächeren S. gefördert wird. Umgekehrt sollen stillere S. mehr Verantwortung für die Gruppenergebnisse übernehmen und gegenüber ihren MitschülerInnen stärker auftreten und sich durchsetzen.
3. Didaktische Überlegungen
Unterrichtsreihe: Didaktische Überlegungen zur längerfristigen Kompetenzentwicklung Die Unterrichtseinheit gehört zum Themenfeld „Moderne Epik“ des Halbjahresthemas „Norm und Positionierung“7. Laut Curriculum „trägt (dieses Kurshalbjahr) der Erfahrungswelt Jugendlicher und junger Erwachsener Rechnung.“8 Dementsprechend beschäftigt sich die geplante Einheit auch mit der Beziehung (junger) literarischer Figuren zu ihren Eltern. Dabei steht der Erwerb von Kompetenzen im Bereich „Sich mit Texten und Medien auseinandersetzen “ im Mittelpunkt. Gerade die Analyse von „Inhalt, Aufbau und sprachlicher Gestaltung“ sowie das Erfassen von „Sinnzusammenhänge zwischen einzelnen Einheiten dieser Texte“9 10 sollen verbessert werden. Konkret werden Kurzgeschichten gewählt, die die teilweise problematischen Verhältnisse zwischen jungen Heranwachsenden und ihren Eltern aufgreifen und die wiederum durch eine genaue Auseinandersetzung mit dem Text analysiert und gedeutet werden sollen. Die Lernenden formulieren dazu „eigenständig ein Textverständnis [...], in das sie persönliche Leseerfahrungen und alternative Lesarten des Textes einbeziehen, und auf der Basis eigener Analyseergebnisse begründen“ .10 Letztendlich sind sie in der Lage, „kreativ Texte im Sinne literarischen Probehandelns (zu) gestalten“11, um dadurch Gestaltungsansprüche der literarischen Vorlage zu reflektieren.
„Texte verstehen, sie mit externen Wissensbeständen verbinden und die eigene Lesekompetenz für den analytischen, interpretatorischen sowie kreativen Umgang mit Texten nutzen“12 bildet dabei die Ausgangs- läge, um sich vertiefend mit Texten und Medien auseinanderzusetzen. Während der Arbeit mit den Kurzgeschichten erweitern die S. ihre Fähigkeit, „im Leseprozess ihre auf unterschiedlichen Interpretations- und Analyseverfahren beruhenden Verstehensentwürfe (zu) überprüfen“13 Die Lesekompetenz dient zudem im Allgemeinen „als basales Kulturwerkzeug, das erforderlich ist für die Bewältigung der charakteristischen Kommunikations- und Handlungsanforderungen, denen ein durchschnittlicher Gesellschaftsteilnehmer in seinem Alltag und Beruf begegnet“14 zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Durch kooperative Lernformen, die den Lernprozess der Unterrichtseinheit begleiten, wird die Sozialkompetenz gefördert. So sind z.B. beim Bau der hier auszuwertenden Statuen Kooperation und gegenseitige Verantwortung für den Lernprozess nötig.
Bedeutung des Unterrichtsgegenstands aus Sicht der Fachwissenschaft Als Gattung setzt sich die Kurzgeschichte - als Lehnübersetzung aus dem Angloamerikanischen von „Short Story“ - in Deutschland mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs durch.15 Ihr geringer Umfang, die häufig verwendete Alltagssprache, eine eher schlichte Darstellungsweise sowie die zuerst unbedeutend erscheinenden alltäglichen Ereignisse machen sie als Gegenstand des Deutschunterrichts bedeutsam. Dabei birgt gerade das Ungesagte (unvermittelter Anfang, offenes Ende) eine besondere Herausforderung für den Unterricht, da die S. durch Rückbezug der eigenen Interpretationsansätze auf den Text diese Leerstellen füllen müssen.16
Die Kurzgeschichte „Die Tochter“ beschäftigt sich mit dem Verhältnis der Eltern zu ihrer sich langsam emanzipierenden Tochter. Hierbei wird deutlich, dass die Tochter immer weniger dem Bild entspricht, das die Eltern von ihr haben („Sie war immer ein liebes Kind“, Z.21). Dies ist zurückzuführen auf die großen Unterschiede zwischen der traditionellen Lebenswelt der Eltern und der modernen der Tochter . Durch ihre Veränderung und den Prozess der Ablösung hinterlässt Monika eine Lücke bei den Eltern, denen es nicht gelingt, diese zu füllen. Ganz im Gegenteil kommt es zu Entfremdung und Einsamkeit in der Ehe, die geprägt ist von der Langeweile und Monotonie des Alltags („Abends warteten sie auf Monika“, Z.1f) Insgesamt wird die Entfremdung zwischen den Eltern und ihrer Tochter äußerlich durch den zunächst neutralen, später auktorialen Erzählstil, nur recht sparsam dargestellt. Die räumliche und emotionale Distanz der Figuren zueinander sowie die Fremdheit der Lebensentwürfe in diesem Generationenkonflikt müssen viel mehr über das gestörte Kommunikationsverhalten erschlossen werden.
Didaktische Überlegungen zur Stunde - Eingrenzung des Themas
1. Relevanz des Themas/des Lerngegenstandes:
Das gewählte Thema ist von hoher Relevanz für die S., da sie sich momentan selbst in einem Prozess der Adoleszenz befinden, der einerseits geprägt ist von Fragen zur Selbstfindung und andererseits von der zunehmenden Ablösung von den Eltern. Ähnlich wie in „Die Tochter“ ist bei Jugendlichen dieser Ablöseprozess begleitet von Missverständnissen und Kommunikationsproblemen zwischen der Generation der Eltern und der der Kinder. Auch wenn die Kurzgeschichte bereits 1964 veröffentlich wurde, ist die Thematik der Ablösung jedoch auch auf aktuelle Konflikte zwischen den Jugendlichen und ihren Eltern übertragbar: Viele S. wollen mit Beginn der Pubertät ein zunehmend selbstbestimmtes Leben führen und entsprechen in ihren Lebensentwürfen eventuell nicht immer den Vorstellungen ihrer Eltern.
Gerade die Auseinandersetzung mit den selbst entworfenen Statuen als in die Stunde einführendem Material ist für die S. besonders interessant, da der Unterricht hierdurch zu einer „Verlagerung vom Sprechen über zum Handeln mit dem Unterrichtsgegenstand mit dem Ziel der Produktion von etwas Neuem und gegebenenfalls Eigenem“17 gelangt. Damit trägt die Stunde der Kritik der S. von Schuljahresbeginn Rechnung. Ebenfalls geben die Statuen Anlass zu einer genauen Textarbeit, da ein „stetiger Rückbezug des Produkts auf den Text nötig (wird), um zu überprüfen, ob man dem Text gerecht wird“18 und somit ein textnahes Arbeiten aus der intrinsischen Motivation heraus entsteht, ohne, dass der Lernprozess zu sehr von außen gesteuert wird. Dadurch können die S. am Ende der Stunde die Beziehung der literarischen Figuren in der Kurzgeschichte treffend charakterisieren und im Gegensatz zu vorher ihre eigenen Deutungsmuster nicht nur am Text überprüfen, sondern vor allem bestätigen oder ggf. korrigieren. Somit bewirkt das gewählte Thema eine besondere kognitive Aktivierung der S., da sie sich aus eigenem Antrieb mit anspruchsvollen Inhalten auseinandersetzen, was wiederum allgemein eine intensivere gedankliche Durchdringung des Lernstoffes bewirkt.19
2. Materialanalyse:
Da die ausgewählte Kurzgeschichte bereits 1964 veröffentlicht wurde, birgt sie für die S. auch Schwierigkeiten. Gerade sprachlich wurden daher im Vorfeld einige Begriffe geklärt, die sonst zu Verständnisproblemen führen würden. Jedoch ist darauf zu achten, dass die sprachlichen Hürden sich nicht negativ auf den eigentlichen Analyseprozess auswirken. Hier helfen die inhaltliche Vorentlastung in der vorangegangenen Stunde sowie zusätzliche Fußnoten. Auch eine Identifikation mit den Figuren der Geschichte könnte aufgrund der zeitlichen Distanz für schwächere S. schwierig werden. Dieser Umstand beinhaltet jedoch auch die Chance eines Vergleichs der damaligen Konflikte zwischen Eltern und ihren Kindern mit heutigen Lebenssituationen und regt zur Reflexion der eigenen Beziehung zu den Eltern an.
Bei den Statuen ist zu beachten, dass aufgrund der Kursgröße vorab eine Reduktion auf drei Statuen nötig war. Eventuell fühlen sich die S., deren Statuen nicht genauer betrachtet werden, dadurch benachteiligt.20 Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass sich die S. bei der Auswertung auf das Wesentliche konzentrieren21 und ihnen die Distanzierung zwischen der eigenen (abgebildeten) Person und der dargestellten literarischen Figur gelingt. Diesen Prozess können der Auswertungsbogen und die Formulierungshilfen unterstützen. Wie bereits erwähnt, bietet die Auseinandersetzung mit eigenen Produkten die Chance, die Motivation der S. zur Auseinandersetzung mit dem Ausgangstext zu steigern und vermittelt ihnen somit, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird.
3. Überlegungen zu den Schüler/innen mit Blick auf das Unterrichtsvorhaben:
In der Unterrichtsreihe wurden bereits einige Kurzgeschichten zu ähnlichen Themen gelesen und analysiert. Dabei standen die Beziehung zwischen literarischen Figuren sowie deren Kommunikation im Mittelpunkt. Da es in „Die Tochter“ um den Konflikt zwischen Eltern und Kindern geht, wurde auch dieses Thema bereits im Vorfeld mithilfe der Kurzgeschichten „Streuselschnacke“ von Julia Franck oder „Augenblick“ von Walter Helmut Fritz exemplarisch eingeführt. Neben der Analyse von Beziehungskonstellation und Kommunikation wurden die behandelten Kurzgeschichten auch hinsichtlich ihrer Erzählperspektive und sprachlichen Gestaltung analysiert. Mit dem Autor Peter Bichsel sind die Lernenden bereits durch die genauere Betrachtung seiner Kurzgeschichte „San Salvador“ vertraut. „Die Tochter“ wurde in der vorangegangenen Stunde von den S. gelesen und inhaltlich vorentlastet, indem zunächst offene (Verständnis-)Fra- gen geklärt und der inhaltliche Aufbau erschlossen wurden. Dieses Vorgehen wurde u.a. auch deshalb gewählt, um möglichen Lernschwierigkeiten in dieser Stunde entgegenzuwirken. Dennoch kann es passieren, dass gerade in leistungsschwächeren Gruppen eine tiefergehende Beziehungsanalyse nicht oder nur oberflächlich gelingt und Deutungsansätze nicht am Text begründet werden (können). In diesem Fall steht die LiV durch gezielte Impulse beratend zur Seite.
Insgesamt ist trotzdem eine selbständige Erschließung gerade in der Einstiegsphase der Stunde möglich, da sich die Lenkung von Seiten der LiV während der Auswertung der Statuen auf die vorgefertigten Auswertungsbögen beschränkt. Auch im späteren Verlauf der Stunde arbeiten die S. möglichst selbständig in Gruppen am Text, können aber jederzeit auf die LiV als Hilfestellung zurückgreifen, die lediglich in der Sicherungsphase eine moderierende und ggf. korrigierende Rolle einnimmt, um Vollständigkeit und Korrektheit der Ergebnisse zu gewährleisten.
Da die S. in leistungshomogenen Gruppen arbeiten, findet hier eine organisatorische Binnendifferenzie- rung22 statt, die die S. im Vorfeld je nach Leistungsstand voneinander trennt. Dadurch kann während der Erarbeitungsphase auch didaktisch differenziert23 werden, um leistungsschwache S. möglichst gut zu fördern, während stärke S. dementsprechend kognitiv gefordert werden. Die S. können dabei ihrem Leistungsstand angemessen auf unterschiedliche Hilfestellungen (Formulierungshilfen, Fußnoten) zurückgreifen und auch während der Gruppenarbeit unterscheidet sich die Aufgabenstellung der leistungsstärkeren S. von der der schwächeren.
4. Reflexion über die Erarbeitung des Lerngegenstandes
Eine erste Reflexion des bisherigen Lernprozesses findet bereits nach dem Einstieg statt. Die Auswertung der verschiedenen Statuen gibt den Schülerinnen und Schülern Anlass über die Erarbeitung des Lerngegenstandes zu reflektieren. Insbesondere indem die S. die von ihnen gewählte Statue auswerten und deren Auswahl begründen, reflektieren sie den Arbeitsprozess, der während des Gallery Walks24 stattgefunden hat. Weitere Reflexionsprozesse werden durch die Vertiefung am Ende der Stunde (oder in der Hausaufgabe) angestoßen. Durch die Stellungnahme zu der vorliegenden Aussage zum Generationenkonflikt reflektieren die S. die in der Stunde erarbeiteten Ergebnisse hinsichtlich ihrer Aktualität.
4. Methodische Überlegungen zur Stunde
Im Vorfeld haben die S. Statuen erstellt, die jetzt die Ausgangslage des Unterrichts bilden. Das Bauen von Statuen ist methodisch den produktiven Verfahren im Literaturunterricht zuzuordnen und unterstützt die „aktive Beteiligung des Lesers an der Sinnbildung“.25 Methodisch entschied ich mich für die Statue als szenisches Verfahren, da es sich hierbei um bewusst gestaltete Bilder handelt, die sich besonders dazu eignen, die Beziehungen von Figuren darzustellen.26 Die Analyse von Beziehungskonstellationen mit Hilfe von Statuen bietet den S. dementsprechend die Möglichkeit, einerseits ihre Deutungsmuster zu veranschaulichen, andererseits können dabei auch zu Tage tretende Unterschiede in Wahrnehmungen und Deutungen diskutiert und anhand des Textes überprüft werden27.
Als kognitiv aktivierenden Einstieg erfolgt die Auswertung von drei zuvor ausgewählten Statuen mithilfe eines Gallery Walks, wobei darauf verzichtet wird, dass einer der erstellenden Künstler bei den Statuen stehen bleibt. Die drei entsprechenden Statuen wurden von mir als didaktische Reduktion im Vorfeld ausgewählt, da eine Auswertung von sieben S.-Produkten den didaktischen sowie zeitlichen Rahmen der Stunde sprengen würde. Dementsprechend konnten auf diesem Weg qualitativ hochwertige Statuen ausgewählt werden, die aufgrund ihrer Unterschiede den S. Anlass zu einer tiefergehenden Auswertung geben . Da die S. bisher nur ihre eigenen Produkte kennen, werden sie zudem neugierig auf die Ergebnisse ihrer Mitschülerinnen sein. Die Methode des Gallery Walks erlaubt es den S., verschiedene Ergebnisse in Augenschein zu nehmen und über diese mit ihren Gruppenmitgliedern ins Gespräch zu kommen. Durch diese ersten Gesprächsanlässe in Kleingruppen findet direkt zu Stundenbeginn eine Auseinandersetzung mit dem Stundenthema statt, die eine hohe Schüleraktivierung bietet und Hemmnisse der Lernenden abbauen kann. Der dabei verwendete Auswertungsbogen hilft den S., sich auf die wesentlichen Kriterien bei der Betrachtung der Statuen zu konzentrieren und irrelevante Äußerungen im Plenum zu minimieren. Darüber hinaus bietet der Auswertungsbogen den S. eine Möglichkeit, sich den Lerngegenstand möglichst eigenständig zu erschließen, da diese Einstiegsphase von Seiten der LiV nicht gelenkt wird. Die Formulierungshilfen sollen dabei vor allem schwächeren S. helfen, sich an der Gruppendiskussion beteiligen zu können. Insgesamt arbeiten die S. bereits in dieser Phase des Lernprozesses (und später auch) in leistungshomogenen Gruppen zusammen, um hierdurch auch bei stilleren und leistungsschwächeren S. eine möglichst große Aktivierung zu erreichen. Daher wird auch während der Phase der Ergebnissicherung zunächst eine leistungsschwächere Gruppe ihre Ergebnisse präsentieren. Die restlichen Gruppen können sich in dieser Phase ergänzend an der Sicherung beteiligen, wobei leistungsstärkeren S. zusätzlich eine ggf. korrigierende Rolle zugesprochen wird. Durch dieses Lernarrangement soll einerseits eine Förderung der leistungsschwächeren S. erreicht werden. Andererseits sehen sich die leistungsstärkeren S. dazu aufgefordert im Sinne von Kooperation und Rücksichtnahme ergänzend und korrigierend tätig zu werden. Entsprechende Impulse von Seiten der LiV können diesen Prozess zusätzlich in Gang setzen.
Ebenfalls der Binnendifferenzierung zuträglich ist die Gestaltung der Arbeitsaufträge. Während die Texteinteilung für die leistungsschwächeren Gruppen bereits vorgenommen wurde, müssen sich die leistungsstärkeren S. im Vorfeld über eine passende Vorgehensweise verständigen. An dieser Stelle könnte möglicherweise das Problem auftreten, dass die S. dennoch versuchen, den gesamten Text einzeln zu lesen und zu bearbeiten. In diesem Fall greift die LiV steuernd ein. Durch eine Textaufteilung wird darüber hinaus erreicht, dass die S. nicht nur für ihren eigenen Lernfortschritt, sondern auch für den der Gruppe verantwortlich sind.28
Medial gestützt wird der Arbeitsprozess der S. hauptsächlich durch Einsatz von Beamer und Whiteboard. Gerade bei der Auswertung der ausgewählten Statue ist von Seiten der LiV eine gewisse Flexibilität gefordert, da die Auswahl der S. nicht genau vorhersehbar ist. Um ein visuell ansprechendes Endergebnis zu erhalten, wird die ausgewählte Statue zusätzlich während der Ergebnispräsentation in die Mitte des Whiteboards gehängt, sodass die S. ihre auf den Karten formulierten Thesen und Textstellen um die Statue herum anheften können. Das hat den Vorteil, dass in der anschließenden Sicherungsphase Karten geclustert und verschoben werden können.
Da es während der Erarbeitung und der anschließenden Sicherung durchaus zu zeitlichen Abweichungen kommen kann, ist nach dieser Phase ein Unterrichtsausstieg möglich. Die Stundenfrage nach der Beziehung der literarischen Figuren kann hiernach beantwortet werden. In diesem Fall würde die Vertiefung im Unterricht entfallen und in der Hausaufgabe stattfinden. Die Vertiefung über die Stellungnahme zu der ausgewählten Aussage zum Generationenkonflikt bietet den S. die Möglichkeit der Reflexion der erarbeiteten Ergebnisse sowie die Übertragung der herausgearbeiteten Konflikte auf die heutige Zeit und die eigenen Lebensumstände. Dabei wird deutlich, dass der Ablöseprozess vom Elternhaus auch für sie heute noch seine Gültigkeit hat.
[...]
1 Im Folgenden mit S. abgekürzt
2 Hessisches Kultusministerium: Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe. Deutsch, S.11.
3 Ebd., S.11.
4 Ebd., S.24.
5 Ebd., S.24.
6 Ebd., S.8.
7 Ebd., S.27.
8 Ebd., S.30.
9 Ebd., S.16f.
10 Ebd., S.16.
11 Ebd., S.17.
12 Ebd., S.12.
13 Ebd., S.24.
14 Hurrelmann, Bettina (2016): Modelle und Merkmale der Lesekompetenz. In: Bertschi-Kaufmann, Andrea (Hg.): Lesekompetenz - Leseleistung - Leseförderung, S.22.
15 Vgl. Marx, Leonie (2005): Die Deutsche Kurzgeschichte. S.2f.
16 Siehe zur Theorie und Bedeutung der Kurzgeschichte für den Deutschunterricht auch: Spinner, Kaspar (2012): Kurzgeschichten - kurze Prosa: Grundlagen - Methoden - Anregungen für den Unterricht.
17 Von Brand, Tilman (2015): Deutsch unterrichten. Einführung in die Planung, Durchführung und Auswertung in den Sekundarstufen, S. 126.
18 Ebd., S.88.
19 Vgl. Heymann, Hans Werner (2015): Warum sollte Unterricht „kognitiv aktivieren“?, in: Pädagogik, Heft 5,2015 S.6f.
20 Die Sichtung der übrigen Statuen kann in der darauffolgenden Stunde nachgeholt werden.
21 Zu diesem Zweck sind die Fotos auch in schwarz/weiß gehalten.
22 Vgl. Von Brand, Tilman (2015): Deutsch unterrichten. Einführung in die Planung, Durchführung und Auswertung in den Sekundarstufen, S. 225.
23 Vgl. ebd., S.225.
24 Siehe zu theoretischen und praktischen Überlegungen zum Gallery Walk: Mattes, Wolfgang (2002): Methoden für den Unterricht. Kompakte Übersichten für Lehrende und Lernende, S.124-126.
25 Spinner, Kaspar (1999): Produktive Verfahren im Literaturunterricht. In: Spinner, Kaspar H. (Hrsg.): Neue Wege im Literaturunterricht, S.34.
26 Siehe zu theoretischen und praktischen Überlegungen zur szenischen Interpretation: Scheller, Ingo (2004): Szenische Interpretation. Theorie und Praxis eines handlungs- und erfahrungsbezogenen Literaturunterrichts in Sekundarstufe I und II.
27 Vgl. ebd, S.57ff.
28 Vgl. Brüning/Saum (2007): Mit kooperativem Lernen erfolgreich unterrichten, in: Pädagogik, Heft 4/2007, S.12.
- Citar trabajo
- Julia Goedicke (Autor), 2020, Beziehung und Kommunikation in Kurzgeschichten. Unterrichtsentwurf zur Prüfungslehrprobe im Fach Deutsch, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1223205
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