Ziel dieses Praxisprojektes ist es, im Rahmen einer empirischen Untersuchung zu ermitteln, ob Rollenvorbilder einen Einfluss auf die berufliche Laufbahnentwicklung von Frauen im MINT-Bereich haben. Aus den Erkenntnissen werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die zum Beispiel im Rahmen von Personalentwicklungsmaßnahmen herangezogen werden können, um Frauen auf ihrem Karriereweg im MINT-Bereich zu fördern.
Die Leitfragen des Praxisprojektes sind: Berichten Frauen mit Rollenvorbildern über größere Karriereergebnisse? Stehen Rollenvorbilder im Zusammenhang mit beruflichen Laufbahnerfolg? Sehen Frauen mit Rollenvorbildern eine Berufung in ihrer Tätigkeit?
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhangsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 RelevanzdesThemas
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Frauen in MINT-Berufen
2.2 Konzeptualisierung von beruflichem Laufbahnerfolg
2.3 Rollenvorbilder
2.4 Zwischenfazit
3 Methodisches Vorgehen
3.1 Auswahl der Forschungsmethode
3.2 Stichprobenumfang und Auswahlkriterien
3.3 Entwicklung und Struktur des Online-Fragebogens
3.3.1 Operationalisierung
3.3.2 Fragebogenaufbau
3.3.3 GestaltungundLayout
3.4 Versuchsablauf
3.4.1 Pretest
3.4.2 Online-Umfrage
3.4.3 Auswertung
4 Ergebnisse
4.1 Feld-undTeilnehmeranalyse
4.1.1 Feldanalyse
4.1.2 Sozio-demografische Daten
4.1.3 BerufsbezogeneVariablen
4.2 Deskriptivstatistische Datenanalyse
4.2.1 Rollenvorbilder
4.2.2 Subjektiver Laufbahnerfolg
4.2.3 ObjektiverLaufbahnerfolg
4.3 Ergebnisse des Freitextfeldes „Beschreiben Sie bitte, wie Rollenvorbilder
Ihren Karriereweg beeinflusst haben“
4.4 Ergebnisse der Unterschiedshypothesen
4.4.1 Hypothese l
4.4.2 Hypothese 2
4.5 Ergebnisse der Zusammenhangshypothesen
4.5.1 Hypothese 3
4.5.2 Hypothese 4
5 Diskussion
5.1 Qualität des eigenen Vorgehens und des Datenbestandes
5.1.1 Objektivität
5.1.2 Reliabilität
5.1.3 Validität
5.2 Interpretation der Ergebnisse
5.3 Ableitungvon Handlungsempfehlungen
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: MINT-Berufskategorien
Abbildung 2: Frauenanteile in den drei MINT-Berufsaggregaten
Abbildung 3: Stichprobenumfangsplanung t-Test mit zwei Gruppen, die 2:1 verteilt sind
Abbildung 4: Fragebogenaufbau
Abbildung 5: Grafische Darstellung Variable v_3 - 1 3 Jahre Berufserfahrung
Abbildung 6: Grafische Darstellung Variable v_31 - Altersklassen
Abbildung 7: Grafische Darstellung Variable v_4 - höchster Bildungsabschluss
Abbildung 8: Grafische Darstellung der Variable v_6 - Berufsaggregat
Abbildung 9: Grafische Darstellung der Variable v_10 - Vertragliche Arbeitszeit
Abbildung 10: Vergleich der Histogramme derSkalen zur Karrierezufriedenheit
Abbildung 11: Grafische Darstellung derVariable BCS-P
Abbildung 12: Grafische Darstellung derVariable BCS-S
Abbildung 13: Grafische Darstellung derVariable SB-1
Abbildung 14: Grafische Darstellung derVariable v_30 - Hierarchieebene
Abbildung 15: Grafische Darstellung der Variable v_13 - Anzahl der Beförderungen. 43 Abbildung 16: Grafische Darstellung derVariable v_16 - Führungskraft
Abbildung 17: Grafische Darstellung derVariablen v_18 bis v_20 - geführte Berufsgruppe(n)
Abbildung 18: Grafische Darstellung derVariablen v_25 bis v_27 -Art der Führung .45 Abbildung 19: Grafische Darstellung der Variable v_32 - Einkommen
Abbildung 20: Grafische Darstellung derVariable BE-I - Berufserfolgs-Index
Abbildung 21: Mann-Whitney-U-Test bei unabhängigen Stichproben - Hypothese 1
Abbildung 22: Mann-Whitney-U-Test bei unabhängigen Stichproben - Hypothese 2
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Beispiele für Berufe nach Berufsgattung und Berufsaggregat
Tabelle 2: Übersicht zu Indikatoren des objektiven Laufbahnerfolgs mit beispielhaften Operationalisierungen
Tabelle 3: Übersicht zu Indikatoren des subjektiven Laufbahnerfolgs (Eindimensional) mit beispielhaften Operationalisierungen
Tabelle 4: Merkmale, die die Entwicklungsziele von Mentor(innen) und Rollenvorbildern unterscheiden
Tabelle 5: Statistische Hypothesen
Tabelle 6: Dimensionale Analyse des Konstrukts Laufbahnerfolg
Tabelle 7: Dimensionale Analyse des Konstrukts Rollenvorbilder
Tabelle 8: Feldbericht
Tabelle 9: Häufigkeitstabelle - Zusammenfassung derVariablen v_51 bis v_54
Tabelle 10: Pearson-Korrelation - Hypothese 3
Tabelle 11: Pearson-Korrelation - Hypothese 4
Anhangsverzeichnis
Anhang A: Operationalisierung
Anhang B: Fragebogen
Anhang C: Fragebogenskalen
Anhang D: Fallauswahl
Anhang E: Bildung von neuen Variablen und Indizes
Anhang F: Bericht der beobachteten Häufigkeiten
Anhang G: Bericht der deskriptivstatistischen Datenanalyse
Anhang H: Kodierleitfaden
Anhang I: Darstellung der einzelnen Kodierung
Anhang J: Bericht der Hypothesentest für Hypothese H1 und H2
Anhang K: Bericht der internen Konsistenz - Rollenvorbilder
Anhang L: Bericht der internen Konsistenz - CSS-S
Anhang M: Bericht der internen Konsistenz - CSS-F
Anhang N: Bericht der internen Konsistenz - BCS-P
Anhang O: Bericht der internen Konsistenz - BCS-S
Anhang P: Bericht der internen Konsistenz - SB-I
Anhang Q: Bericht der internen Konsistenz - BE-I
Anhang R: Bericht der Korrelationen zwischen den Skalen
1 Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
„Herzlich liebe ich die Physik, ich kann mir sie schwer aus meinen Leben wegdenken. Es ist so eine Art persönliche Liebe, wie gegen einen Menschen, dem man sehr viel verdankt. Und ich, die ich so sehr an schlechtem Gewissen leide, bin Physikerin ohnejedes böse Gewissen.“
Lise Meitner, 1915 (zitiert nach Rennert &Traxler, 2018, S. 74)
Lise Meitner wurde 1878 in Wien geboren und gehört zu den bekanntesten Naturwissenschaftlerinnen der Welt. Dies ist unter anderem dem Umstand verschuldet, dass sie zusammen mit Otto Hahn das Element 91 (Protactinium) entdeckt hat und an den Untersuchungen zu Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlungen und den damit verbundenen Kernprozessen maßgeblich beteiligt war (Maurmair & Harders, 2014). Kurzum, Lise Meitner war die erste österreichische Kernphysikerin. Das oben beschriebene Zitat von Lise Meitner drückt ihre Leidenschaft für die Naturwissenschaften, speziell die Physik aus und bietet eine Erklärung, wie sie sich als Frau in einer verschlossenen Männerwelt Anerkennung und Respekt verdienen konnte.
Lise Meitner ist nicht nur eine herausragende Wissenschaftlerin, sondern ebenso ein Vorbild für viele (junge) Frauen. Und trotzdem muss festgestellt werden, dass heute, 100 Jahre nachdem Lise Meitner als erste Frau zu einer Hochschullaufbahn zugelassen wurde und damit ihre Habilitation einreichen konnte (Maurmair & Harders, 2014), Frauen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) gefühlt immer noch eine Rarität sind. Obwohl in Deutschland rund 46 % aller berufstätigen Personen Frauen sind, beträgt der Anteil an Frauen im MINT-Bereich gerade einmal 15,5% (Anger, Kohlisch & Plünnecke, 2021, S. 30; Bundesagentur für Arbeit, 2019, S. 8).
Der MINT-Bereich steht für Innovationen und technologischen Fortschritt und dessen Arbeitskräfte sind maßgeblich am Wachstum und Wohlstand der deutschen Volkswirtschaft beteiligt (Demary & Koppel, 2013, S. 4). Weiterhin wird für den MINT-Bereich mit Attributen wie „sehr gute Arbeitsbedingungen“, „relativ hohes Bruttoeinkommen“, „gute Chancen für den Bildungsaufstieg“ und „gute Chancen für die Integration von Migranten“ geworben (Anger, Kohlisch, Koppel & Plünnecke, 2021, S. 33, 36, 38, 39). Aber wie steht es um die Frauen im MINT-Bereich? Dem Gutachten von Anger, Kohlisch, Koppel und Plünnecke (2020) ist zu entnehmen, dass Frauen deutlich häufiger nur einen befristeten Arbeitsvertrag erhalten (S. 33). Hieraus gibt sich die Frage, wie MINT-Frauen ihre eigene berufliche Laufbahnentwicklung wahrnehmen. Schließlich wollen nicht nur Männer eine erfolgreiche Karriere verfolgen, sondern ebenso Frauen. Entsprechend Abele, Spurk und Volmer (2011) ist ein Hauptziel vieler Menschen der Karriere- oder Laufbahnerfolg. Der Laufbahnerfolg kann als Motivator für weitere Ziele wie Leistung, Wohlbefinden oder weiteren Erfolg angesehen werden (Abele et al., 2011, S. 196).
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Ziel dieses Praxisprojektes ist es, im Rahmen einer empirischen Untersuchung zu ermitteln, ob Rollenvorbilder einen Einfluss auf die berufliche Laufbahnentwicklung von Frauen im MINT-Bereich haben. Aus den Erkenntnissen sollen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die z. B. im Rahmen von Personalentwicklungsmaßnahmen herangezogen werden können, um Frauen auf ihrem Karriereweg im MINT-Bereich zu fördern.
Die daraus abgeleitet Leitfrage lautet:
Wie beschreiben Frauen aus dem MINT-Bereich ihren Laufbahnerfolg, wenn sie Rollenvorbilder hatten im Vergleich zu Frauen im MINT-Bereich, die keine Rollenvorbilder hatten?
1.3 Aufbau der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit wird besprochen, was unter MINT-Berufen verstanden wird und wie hoch der Frauenanteil in diesen Berufen ist. Anschließend wird darauf eingegangen, wie das Konstrukt Laufbahnerfolg durch die Autorin konzeptualisiert wird und wie es gemessen werden kann. Im dritten Teil wird auf die Begriffsdefinition von Rollenvorbildern eingegangen. Zum Abschluss des theoretischen Teils erfolgt eine Zusammenfassung der Kernaspekte, um anschließend die Zielsetzung zu präzisieren und die Hypothesen abzuleiten. Im Kapitel methodisches Vorgehen wird beschrieben, wie im Rahmen dieser Arbeit die quantitative Analyse gestaltet wird. Neben der Darstellung der Stichprobe wird insbesondere auf die dimensionale Analyse und die daraus resultierenden Fragebogenskalen eingegangen. Zuletzt wird die Auswertung beschrieben, bevor im Kapitel Ergebnisse die Untersuchungsergebnisse dargestellt werden. Im Rahmen der Diskussion werden die Ergebnisse interpretiert und die Qualität des eigenen Datenbestandes reflektiert. Hierauf erfolgt eine kurze Darstellung von Handlungsempfehlungen. Abschließend erfolgen ein Fazit und derAusblick.
2 Theoretische Grundlagen
In diesem Kapitel erfolgt zunächst eine Erläuterung, was unter MINT verstanden wird und welche Rolle Frauen im MINT-Bereich spielen. Anschließend wird der aktuelle Forschungsstand zu den Themen beruflicher Laufbahnerfolg und Rollenvorbilder dargestellt. Im nächsten Schritt erfolgt eine Zusammenführung der Themen im Rahmen eines Zwischenfazits. In diesem werden die Kernaspekte nochmals herausgestellt. Abschließend erfolgt die Ableitung von Forschungsfragen.
2.1 Frauen in MINT-Berufen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: MINT-Berufskategorien (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Demary & Koppel, 2013, S. 14-15)
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, setzt sich das Akronym MINT aus den Worten Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zusammen. Jedoch fehlt noch eine klare Definition und Abgrenzung, welche Berufe dem MINT-Bereich zugeordnet werden können (Stabler, 2013, S. 9). Demary und Koppel haben 2013 auf Basis der „Klassifikation der Berufe 2010“ (KldB 2010) eine Liste erstellt, die insgesamt 435 MINT- Berufsgattungen enthält. Diese lassen sich zu 36 MINT-Berufskategorien und zu drei MINT-Berufsaggregaten zusammenfassen (Demary & Koppel, 2013, S. 12). In der Abbildung 1 sind die Berufskategorien über alle drei Berufsaggregate zusammengefasst dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Beispiele für Berufe nach Berufsgattung und Berufsaggregat (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bundesagentur für Arbeit, 2011, S. 199, 230,232, 241)
Unter einer Berufskategorie ist eine Zusammenfassung von Berufsgattungen zu verstehen (Demary & Koppel, 2013, S. 17). Die drei Berufsaggregate können vereinfacht gesagt als Facharbeiterberufe (Anforderungsniveau 2; zwei- bis dreijährige Berufsausbildung), Spezialistenberufe (Anforderungsniveau3; Meister- und Technikerausbildung, Bachelor-Absolventen) und Expertenberufe (Anforderungsniveau 4; mindestens Diplom oder Master-Abschluss) beschrieben werden (Bundesagentur für Arbeit, 2011, S. 2728). In der Tabelle 1 sind für jeden Buchstaben des Akronym MINT eine Berufsgattung und zu jedem Berufsaggregat ein beispielhafter Beruf dargestellt.
Ebenfalls wurde in der Einleitung bereits auf den geringen Anteil von Frauen in MINT- Berufen eingegangen. Bis Ende März 2021 waren nach Angaben von Anger, Kohlisch und Plünnecke (2021) 1.079.600 Frauen sozialversicherungspflichtig in MINT-Berufen beschäftigt. Dies entspricht einen Anteil von 15,5 Prozent (Anger, Kohlisch & Plünnecke, 2021, S. 8). Die Kreisdiagramme in der Abbildung 2 verdeutlichen den Frauenanteil im MINT-Bereich. Sie stellen den Frauenanteil in den zuvorgenannten drei Berufsaggregaten dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Frauenanteile in den drei MINT-Berufsaggregaten (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Anger, Kohlisch & Plünnecke, 2021, S. 8)
Bei den Facharbeiterberufen gibt es jedoch eine Besonderheit, die nicht unerwähnt bleiben soll. Entsprechend Anger, Kohlisch und Plünnecke (2021) ist der Frauenanteil in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufen auf der Facharbeiterebene, wie z. B. Chemielaborant(in), Biologisch-technische:r Assistent(in), mit 90,0 Prozent extrem hoch (S. 32). Gemäß der Bundesagentur für Arbeit (2019) beziffert sich der Frauenteil im Berufsfeld Mathematik und Naturwissenschaften (37,5 %) im Vergleich zu den technischen (14,1 %) und Informatik-Berufen (16,3 %) grundsätzlich höher (S. 8).
2.2 Konzeptualisierung von beruflichem Laufbahnerfolg
Mit dem Thema Arbeit werden die meisten Menschen bereits früh konfrontiert, in dem sie gefragt werden: „Was möchtest Du später einmal werden?“ (Rosenstiel, 2014, S. 26). Die Berufswahl und der Berufserfolg werden durch das unmittelbare Umfeld, die Eltern und den sozialen Kontext sowie eigene Merkmale wie Alter, Geschlecht, besondere Begabungen, Interessen sowie Werte beeinflusst (Cesinger, 2011, S. 3). Hinzu kommen zu diesen individuellen Einflüssen globalere Themen wie Geografie, politisches und wirtschaftliches Klima (Zikic & Hall, 2009, S. 181).
Im weiteren Verlauf des Lebens wird die berufliche Tätigkeit aus verschiedenen Gründen mal eine größere, mal eine kleinere Rolle im Leben einer Person einnehmen (Gasteiger, 2014, S. 1). Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Arbeit die Existenz sichert, einen Einfluss auf die Gesundheit hat, zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt und zur Vernetzung von Menschen dient (Rosenstiel, 2014, S. 37). Entsprechend einer Arbeit von Boehm und Lyubomirsky (2008) kann festgestellt werden, dass die berufliche Tätigkeit die Lebensqualität beeinflussen kann (S. 111). Gasteiger (2014) weist darauf hin, dass traditionell der berufliche Erfolg mit hierarchischem Aufstieg innerhalb eines Unternehmens gleichgesetzt wurde. Heute ist jedoch zusehen, dass immer mehr Arbeitnehmerinnen) im Laufe ihrer Berufstätigkeit freiwillig oder unfreiwillig mehrmals ihren Arbeitsplatz wechseln. Weiterhin ist zu registrieren, dass immer mehr Beschäftigte in befristeten Projekten, wechselnden, teilweise virtuellen Teams sowie bei verschiedenen Unternehmen tätig sind. Dies erfordert ein großes Engagement jeden Einzelnen für die eigene Erwerbsbiografie (Gasteiger, 2014, S. 1-2).
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was ist beruflicher Erfolg? Ist es Geld, eine bestimmte Position und/oder die Anzahl an Beförderungen oder ist es die Zufriedenheit einer Person mit ihrer beruflichen Laufbahn oder die positive Bewertung dieser (Cesinger, 2011, S. 3)? Im englischsprachigen Raum wird beruflicher Erfolg als „career success“ beschrieben. Der Begriff „career“ hat mehrere Bedeutungen. Career steht sowohl für Laufbahn, d. h. die persönliche - beruflichen - Biografie und für in diesem beruflichen Lebenslauf stattfindenden Veränderungen wie Jobwechsel, Zeiten der Arbeitslosigkeit, Versetzungen, Beförderungen, Zeiten der Weiterbildung und so weiter (Abele et al., 2011, S. 196; Hall, 2002, S. 9-10; Super, 1980, S. 283). Gemäß Abele und Mitarbeitenden (2011) kann „career“ ebenso mit dem deutschen Wort Karriere übersetzt werden (S. 196). Mit Karriere ist ein wertender Begriff gemeint, der so viel bedeutet wie ein kontinuierlicher Aufstieg in organisatorischen Hierarchien (Cesinger, 2011, S. 7; Dette, Abele & Renner, 2004, S. 171).
Der Begriff „success“, zu deutsch Erfolg, ist ebenfalls ein bewertender Begriff, der positive Ereignisse beschreibt und gleichermaßen das Vorankommen auf dem Weg zu einem Ziel meint (Abele et al., 2011, S. 196).
Der überwiegende Teil der Literatur stütz sich bei der Beschreibung des Begriffs „career success“ bzw. „Laufbahnerfolg“ auf die Definition von Judge, Higgins, Thoresen & Barrick (1999). Entsprechend dieser wird Laufbahnerfolg definiert als „The real or perceived achievements individuals have accumulated as a result of their work experiences” (Judge et al., 1999, S. 622). Seibert und Kraimer (2001) definieren den Laufbahnerfolg in Anlehnung an eine frühere Definition von Judge, Cable, Boudreau und Bretz Jr. (1995) als „die positiven psychologischen und arbeitsbezogenen Ergebnisse, die sich aus den eigenen Arbeitserfahrungen ergeben“ (S. 2). Gleichwohl muss an dieser Stelle gesagt werden, dass es bisher keine allgemeingültige Definition und keine übereinstimmende Operationalisierung des Konstruktes Laufbahnerfolg gibt (Agostini, 2021, S. 95; Spurk, 2019, S. 345-346).
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass es beim Laufbahnerfolg um die Differenzierung zwischen Beschreibung und Bewertung sowie dem Unterschied zwischen echten und gefühlten Leistungen geht (Abele et al., 2011, S. 196). Dies wird in der wissenschaftlichen Literatur als objektive/subjektive Dichotomie des Laufbahnerfolgs beschrieben (Cesinger, 2011, S. 7).
Laut Dries, Pepermans & Carlier (2008) befasst sich der objektive Erfolg “hauptsächlich mit beobachtbaren, messbaren und überprüfbaren Leistungen wie Bezahlung, Beförderung und beruflichen Status“ (S. 254). Ein weiteres Kennzeichen des objektiven Erfolgs ist, dass dieser beobachterunabhängig ist, wenn davon ausgegangen wird, dass die befragte Person wahrheitsgemäß antwortet (Dette et al., 2004, S. 171).
In der Tabelle 2 sind verschiedene Indikatoren für den objektiven Laufbahnerfolg aufgeführt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird an dieser Stelle jedoch nicht weiter auf die einzelnen Indikatoren eingegangen, für nähere Erläuterungen sei an dieser Stelle auf Spurk (2019, S. 336-339) verwiesen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Übersicht zu Indikatoren des objektiven Laufbahnerfolgs mit beispielhaf ten Operationalisierungen (Quelle: Spurk, 2019, S. 337)
Die genannten Indikatoren für den objektiven Erfolg sind kritisch zu betrachten. Die in der Tabelle 2 genannten Indikatoren können je nach Unternehmen und Branche sehr unterschiedlichen ausfallen. Dies ist besonders bedeutsam, wenn Versuchspersonen einer Erhebung nicht im gleichen Unternehmen arbeiten (Agostini, 2021, S. 97). Weiterhin sind die Indikatoren den wandelnden und organisatorischen Bedingungen des Arbeitsmarktes unterlegen, was ebenso eine Vergleichbarkeit über verschiedene Zielgruppen und/oder verschiedene Zeiträume erschwert (Abele et al., 2011, S. 196). Überdies kritisieren Abele und Kollegium (2011), dass die Indikatoren für High Potentials, Manager und Angestellte entwickelt wurden und weniger für Arbeiter (S. 196-197). Im Zusammenhang mit den Berufsaggregaten aus Kapitel 2.1 kann dies bedeuten, dass der objektive Erfolg zur Messung von Personen mit Spezialisten- und Expertenberufen herangezogen werden kann, aberwenigerfür Personen in Facharbeiterberufen.
Der subjektive Erfolg ist vergleichsweise schwer zu definieren. Heslin (2003) beschreibt, dass subjektiver Laufbahnerfolg in der Regel anhand von selbstbezogenen Kriterien wie Karrierezielen und -wünschen einer Person gemessen werden kann (S. 262). Im Gegensatz dazu schreiben Seibert und Kraimer (2001) von „intrinsic success“ und definieren diesen als „refers to factors that are inherent in the job or occupation itself and is dependent on the incumbent’s subjective evaluation relative to his or her own goals and expectations” (S. 2). Ergänzend hierzu beschreibt Heslin (2003) als einer der ersten Autoren, dass die subjektive Laufbahnbewertung nach zwei Arten unterschieden werden sollte. Zum einen, dass der Erfolg mit den eigenen Maßstäben verglichen wird (selbstreferenzieller Ansatz) und zum anderen mit dem sogenannten fremd-referenziellen Ansatz, wie zum Beispiel mit den Arbeitskolleg(innen), ehemaligen Kommiliton(innen), den Eltern oder Freund(innen) (Heslin, 2003, S. 267). Entsprechend Heslin (2005) wird der selbst-referenzielle subjektive Laufbahnerfolg als Arbeits- und/oder Karrierezufriedenheit operationalisiert (S. 116). Insbesondere der Punkt der Arbeitszufriedenheit wird u. a. von Heslin (2005) und Spurk (2019) kritisiert. Heslin (2005) schreibt hierzu, dass die Arbeitszufriedenheit eine Momentaufnahme ist und nicht zwingend einen Einfluss auf die Karrierezufriedenheit haben muss. Eine Person, die aktuell unzufrieden im Beruf ist, kann trotzdem der Meinung sein, dass sie oder er eine erfolgreiche Laufbahn hat. Genauso ist es möglich, dass aktuell Aufgaben übernommen werden müssen, die zu einer allgemeinen Unzufriedenheit im aktuellen Job führen, aber die Person weiß, dass sie dadurch höhere Ziele erreichen kann, wie z. B. eine Führungsposition nach der Promotion und somit die Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeitender hinter sich lassen kann (Heslin, 2005, S. 116-117).
Als eine weitere Skala zur Messung des subjektiven Laufbahnerfolgs wird die Brief Calling Scale (BCS) von Dik, Eldridge, Steger und Duffy (2012) genannt. Unter Berufung wird der Glaube einer Person verstanden, dass sie zu einer bestimmten Tätigkeit geschaffen ist (Dik et al., 2012, S. 260). Dik und Mitarbeitende (2012) zeigen auf, dass das Konstrukt der Berufung mit vielen verschiedenen anderen Konstrukten aus der Berufsforschung positiv korrelieren, wie z. B. mit der Berufsentscheidungsfindung, der akademischen Zufriedenheit oder der intrinsischen Arbeitsmotivation. Daraus wurde geschlossen, dass die Wahrnehmung einer Berufung eine Subdimension des subjektiven Laufbahnerfolgs ist (Dik et al., 2012, S. 243).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Übersicht zu Indikatoren des subjektiven Laufbahnerfolgs (Eindimensional) mit beispielhaften Operationalisierungen (Quelle: Spurk, 2019, S. 340)
Für den subjektiven Laufbahnerfolg gibt es Spurk (2019) zufolge mittlerweile einige Indikatoren und Subdimensionen. Für die Messung bestehen eindimensionale und mehrdimensionale Konzeptualisierungen (Spurk, 2019, S. 331). Beispiele für die eindimensionalen Messinstrumente sind in der Tabelle 3 zu entnehmen. Die Tabelle entstammt der Arbeit von Spurk (2019) und stellt eine Auswahl von Messinstrumenten mit guten Gütekriterien dar. Neuere Instrumente betrachten hierbei den Laufbahnerfolg sehr umfassend, wobei kritisiert wird, dass die Grenzen zwischen anderen Konstrukten nicht klar erkennbar sind (Spurk, 2019, S. 341). Zu den neueren Operationalisierungen zählt die Arbeit von Shockley, Ureksoy, Rodopman, Poteat und Dullaghan (2016) in der ein mehrdimensionale Skala (Subjective Career Success Inventory) mit den Dimensionen (1) authenticity, (2) growth and development, (3) influence, (4) meaningful work, (5) personal life, (6) quality work, (7) recognition and (8) satisfaction beschrieben wird (S. 139).
2.3 Rollenvorbilder
Sowohl Laien als auch Forscher sind der Meinung, dass soziale Faktoren eine bedeutende Rolle im Bereich der Laufbahnentwicklung spielen (Arnold & Cohen, 2008, S. 33; Gibson, 2004, S. 134). Mit sozialen Faktoren sind dabei entsprechend Arnold und Cohen (2008) Mentoren, (berufsbezogene) Netzwerke und sogenannte Karrierehelfer gemeint (S. 7-8, 10, 13). Laut Gibson (2004) geht es zwar ebenfalls um Rollenvorbilder, diese sind, im Vergleich zu den vorgenannten Faktoren, jedoch wenig bis gar nicht untersucht (S. 135). In diesem Abschnitt wird deswegen zunächst eine Abgrenzung der Begriffe Rollenvorbilder, Mentoring und Verhaltensmodellierung vorgenommen, um anschließend einen genaueren Blick auf die Rolle von Menschen in der beruflichen Laufbahn einer Person zuwerfen.
Mentoring wird in der meisten Literatur nach einer Definition von Kram (1985) beschrieben. Entsprechend dieser geht es um eine direkte Beziehung zwischen einen jungen Erwachsenen und einer älteren Person, wobei die ältere Person der jüngeren hilft, sich in der (Berufs-)Welt zurechtzufinden (Kram, 1985; zitiert nach Allen, Eby, Poteet, Lentz & Lima, 2004, S. 127). Es geht dabei im weitesten Sinne um Unterstützung, Ratsuche und der Hilfe bei wichtigen Entscheidungen für einen vereinbarten Zeitraum (Haghani- pour, 2013, S. 116; Hofmann-Lun, Schönfeld &Tschirner, 1999, S. 8).
Verhaltensmodellierung geht auf die sozial-kognitive Lerntheorie von Bandura zurück und konzertiert sich auf die Abstimmung spezifischer Handlungen und Einstellungen einer Person mit einem Modell. Die wichtigsten Bestandteile der Verhaltensmodellierung sind entsprechend Gerrig (2016), dass die Erfahrungen nicht durch die Person selbst gemacht werden müssen, sondern stellvertretend durch eine andere, beobachtete Person, erfolgen können. Ein weiteres Charakteristikum der Verhaltensmodellierung ist die Überzeugung. Diese kann von außen oder von innen kommen und so stark werden, dass Ziele erreicht werden, an die die Person vorher nicht geglaubt hat (Gerrig, 2016, S. 530). Zentrale Personen in der Verhaltensmodellierung sind im organisationalen Bereich Trainer(innen), Supervisor(innen) und ebenso Vorgesetzte (Gibson, 2004, S. 138).
Rollenvorbild (engl. role model) wird entsprechend Gibson (2004) definiert ,,as a cognitive construction based on the attributes of people in social roles an individual perceives to be similar to him or herself to some extent and desires to increase perceived similarity by emulating those attributes” (S. 136).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4: Merkmale, die die Entwicklungsziele von Mentor(innen) und Rollenvorbil dern unterscheiden (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gibson, 2004, S. 137)
Anhand der drei Definitionen wird deutlich, dass es einen großen Unterschied zwischen den drei Konstrukten gibt. Mentoring bedarf einer one-to-one-Beziehung zwischen dem Mentor oder der Mentorin und dessen bzw. deren Mentee (Hofmann-Lun, Schönfeld & Tschirner, 1998, Kap. 2.1). Hingegen kann eine Einzelperson eine oder mehrere Rollenvorbilder haben, die nicht zwingend in einer Verbindung mit dieser stehen müssen (Gibson, 2004, S. 136). Das Konzept der Verhaltensmodellierung befindet sich irgendwo dazwischen. Weitere Unterscheidungen werden deshalb in der Tabelle 4 nur auf Rollenvorbilder und Mentoring bezogen. Im Nachfolgenden wird der Inhalt der Tabelle erläutert, hierbei wird jedoch nur noch Bezug auf das Konstrukt Rollenvorbild genommen.
Entsprechend Gibson (2004) basieren Rollenvorbilder auf der Wahrnehmung eines Individuums. Hierbei geht es insbesondere um die Attraktivität des Gegenübers. Diese kann darin gekennzeichnet sein, dass das Gegenüberein bestimmtes Ziel repräsentiert, dass die wahrnehmende Person ebenfalls gerne erreichen möchte. Gibson (2004) zufolge kommt hierbei die Theorie des sozialen Vergleichs von Festingerzum Tragen. Indem die Person sich mit ihrem oder ihren Rollenvorbild vergleicht, kommt es im Lauf der Zeitzu einerSelbstverbesserung (Gibson, 2004, S. 139).
Ibarra (1999) beschreibt, dass ein Individuum mehrere Rollenvorbilder benötigt, um die eigene berufliche Identität entwickeln zu können. Dies geschieht, indem mehrere Stile, Fähigkeiten, Einstellungen und Routinen ausprobiert werden und am Ende diese beibehalten werden, die am besten zum eigenen Selbst passen (Ibarra, 1999, S. 764). Bei den Eigenschaften von Vorbildern wird weiterhin eine Bewertung nach positiven und negativen Merkmalen vorgenommen, die dann in den professionellen Stil des Einzelnen einfließen (Gibson, 2004, S. 141). Für diese Prozesse ist allerdings entscheidend, dass geeignete Ziele (Rollenvorbilder) überhaupt zur Verfügung stehen (Kulik & Ambrosse, 1992, S. 212). Nach Wood (1998) können Rollenvorbilder durch die Umgebung auferlegt werden, wie Eltern, Arbeitskolleg(innen) oder Vorgesetzte. Andere Rollenvorbilder werden jedoch selbst ausgesucht und können z. B. in den Medien wahrgenommen werden (Wood, 1998, S. 522). Abschließend kann laut Gibson (2004) festgehalten werden, dass die Kosten für Vorbildfunktionen sehr günstig sind im Vergleich zum Mentoring. Die Person sucht sich ihre Rollenvorbilder selbst aus und entscheidet selbstständig, wie tiefgehend sie das Rollenvorbild studieren möchte (Gibson, 2004, S. 143).
2.4 Zwischenfazit
Frauen sind in den MINT-Berufen stark unterrepräsentiert mit der Ausnahme der Facharbeiterberufe im Berufsfeld Mathematik-Naturwissenschaften. Das Ziel dieser Arbeit ist, herauszufinden, ob Frauen im MINT-Bereich von einen höheren beruflichen Laufbahnerfolg berichten, wenn sie Rollenvorbilder haben oder hatten.
Hierzu wurde zunächst erörtert, wie in der Literatur der Laufbahnerfolg konzeptualisiert und operationalisiert wird. Entsprechend der Arbeitsdefinition der Autorin wird beruflicher Laufbahnerfolg als die tatsächliche oder wahrgenommen Leistung einer Person angesehen, die diese aufgrund ihrer Arbeitserfahrungen angesammelt hat. Zu den Arbeitserfahrungen zählen alle Ereignisse, die während der Berufsbiografie erworben wurden. Aus der Arbeitsdefinition geht weiterhin hervor, dass der berufliche Laufbahnerfolg aus objektiven und subjektiven Laufbahnerfolg besteht.
Unter objektiven Laufbahnerfolg werden in dieser Arbeit Leistungen verstanden, die überwiegend beobachtbar, messbar und überprüfbar sind. Der objektive Laufbahnerfolg kann anhand des Einkommens, der Anzahl der Beförderungen und der Hierarchieebene gemessen werden. Hingegen ist der gefühlte oder subjektive Laufbahnerfolg als individuelle, selbstbezogene und fremdbezogene Einschätzungen und/oder Bewertungen hinsichtlich des bisherigen Laufbahnverlaufs anzusehen. Der Erfolg wird demnach mit den eigenen Maßstäben (selbst-referenzieller Ansatz) oder anderen Personen (fremd-referenzieller Ansatz) verglichen.
Außerdem ist die Autorin der Meinung, dass die Berufungswahrnehmung einen Einfluss auf den subjektiven Laufbahnerfolg hat. Es wird angenommen, dass wenn die Wahrnehmung der Berufung vorhanden ist, der subjektive Laufbahnerfolg höher eingestuft wird, als wenn die Berufung noch gesucht wird. Hingegen sieht die Autorin die Arbeitszufriedenheit nicht als Dimension des Laufbahnerfolgs an.
Rollenvorbilder werden definiert als ein kognitives Konstrukt, das auf den Eigenschaften von Menschen in sozialen Rollen beruht, die sich ein Individuum selbst heraussucht. Dabei ist wichtig, dass das Rollenvorbild bis zu einem bestimmten Grad von der Person als ähnlich wahrgenommen wird und die Person den Wunsch hat, die Ähnlichkeit zum Vorbild zu erhöhen. Wichtig ist bei diesem Ansatz, dass das Rollenvorbild nicht zwingend in einem persönlichen Verhältnis zu dem Individuum stehen muss. Damit Rollenvorbilder jedoch eine positive Wirkung haben, dürfen diese nicht als „Überflieger(innen)“ wahrgenommen werden.
Aus der Leitfrage der empirischen Arbeit und den theoretischen Grundlagen ergeben sich folgende vier Hypothesen:
- Hypothese 1: Wenn Frauen im MINT-Bereich Rollenvorbilder haben oder hatten, dann berichten Sie übereinen größeren objektiven Berufserfolg als Frauen ohne Rollenvorbilder.
- Hypothese 2: Wenn Frauen im MINT-Bereich Rollenvorbilder haben oder hatten, dann berichten Sie über einen größeren subjektiven Berufserfolg als Frauen ohne Rollenvorbilder.
- Hypothese 3: Wenn Frauen im MINT-Bereich Rollenvorbilder haben oder hatten, dann sehen diese Frauen eine Berufung in ihrerTätigkeit.
- Hypothese 4: Wenn Frauen im MINT-Bereich keine Rollenvorbilder haben oder hatten, dann suchen diese Frauen nach ihrer Berufung.
Die zu den Hypothesen dazugehörigen statistischen Hypothesenpaare sind in der Tabelle 5 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelleö: StatistischeHypothesen (Quelle: Eigene Darstellung)
3 Methodisches Vorgehen
Um die Replizierbarkeit der Daten zu gewährleisten, wird im Folgenden beschrieben, wie das methodische Vorgehen im Rahmen dieser empirischen Untersuchung gestaltet wird.
3.1 Auswahl der Forschungsmethode
Im Bereich der Erforschung des Laufbahnerfolgs liegen bereits einige empirische Befunde vor, weshalb die Autorin sich für ein quantitatives Untersuchungsdesign entschieden hat (Hussy, 2013, S. 9-10). Im Rahmen dieser quantitativen Untersuchung wird eine Teilerhebung im Querschnittsdesign vorgenommen (Döring & Bortz, 2016, S. 294). Da der MINT-Bereich sich über insgesamt 12 Berufskategorien erstreckt, wird eine Gelegenheitsstichprobe herangezogen (Döring & Bortz, 2016, S. 305).
3.2 Stichprobenumfang und Auswahlkriterien
In dieser Studie wird ein nicht probabilistisches Auswahlverfahren eingesetzt, weshalb nur die Effektgröße betrachtet wird. Um eine Replikation der Werte zu ermöglichen, wird von Bühner und Ziegler (2009) empfohlen, vor Beginn der Untersuchung den minimalen Effekt sowie den a- und den ß-Fehler festzulegen und damit eine Stichprobenumfangsplanung durchzuführen (S. 197).
Zur Berechnung der Stichprobenumfangsplanung wurde das Tool G*Power der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf verwendet (Buchner, Erdfelder, Faul & Lang, 2020). Mit den Forschungsfragen soll sowohl eine Zusammenhangsanalyse als auch eine Unterschiedsanalyse durchgeführt werden (Eid, Gollwitzer & Schmitt, 2017, S. 331, 529), weshalb zwei Berechnungen zum Stichprobenumfang durchgeführt werden. An dieser Stelle wird jedoch nur auf den t-Test eingegangen, da die optimale Stichprobengröße hierbei größer ausfällt.
In der folgenden Abbildung ist die Stichprobenumfangsplanung dargestellt. Die Abbildung 3 zeigt einen Bedarf von insgesamt 236 Versuchspersonen, die in einem Verhältnis von zwei zu eins auf die Gruppen Rollenvorbild vorhanden (157 Versuchspersonen) und Rollenvorbild nicht vorhanden (79 Versuchspersonen) verteilt sind (Erdfelder, Faul, Buchner & Cüpper, 2010, S. 365; Rasche, Friese, Hofmann & Naumann, 2014, S. 2-3, 2021, S. 66).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Stichprobenumfangsplanung t-Test mit zwei Gruppen, die 2:1 verteilt sind (Quelle: Buchner et al., 2020)
Im Rahmen der Untersuchung werden aufgrund des Themas der Arbeit ausschließlich Frauen gesucht, die eine abgeschlossene Ausbildung und/oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium in einem MINT-Fach absolviert haben.
3.3 Entwicklung und Struktur des Online-Fragebogens
Dieses Kapitel stellt die Operationalisierung dar und erläutert den Fragebogenaufbau, wobei hier insbesondere auf die verwendeten Skalen eingegangen wird. Abschließend werden die Gestaltung und das Layout des Fragebogens beschrieben.
3.3.1 Operationalisierung
Nachdem in Kapitel 2.4 die Hypothesen abgeleitet wurden, müssen die darin vorkommenden Begriffe zunächst operationalisiert und in beobachtbare Variablen überführt werden (Döring & Bortz, 2016, S. 228; Stein, 2019, S. 127). Ziel ist es, die Konstrukte messbar zu machen (Steiner & Benesch, 2018, S. 50). Die nachfolgenden zwei Tabellen zeigen die Ableitung derjeweiligen Dimensionen und Indikatoren. Die abgeleiteten Indikatoren stellen hierbei die Grundlage für die Fragestellung der Online-Befragung dar. In dem Anhang A befindet sich die Operationalisierung inklusive der Items.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 7 Dimensionale Analyse des Konstrukts Rollenvorbilder(Quelle: Eigene Darstellung)
3.3.2 Fragebogenaufbau
Der Fragebogen soll die theoretischen Konstrukte durch Items und Skalen messbar machen (Fietz & Friedrichs, 2019, S. 814). Bevor die einzelnen Teile des Fragebogens genauer erläutert werden, ist der Aufbau des Fragebogens schematisch in der Abbildung 4 dargestellt. Der Fragebogen ist entsprechend Diekmann (2008) so aufgebaut, dass mit einer inhaltlich interessierenden Frage gestartet wird, anschließend werden die Fragen inhaltlich nach Themen angeordnet und teilweise zu Themenkomplexen zusammengefasst. Sensible Fragen wie die Frage nach dem Einkommen und die Demografie kommen am Ende der Umfrage (Diekmann, 2008, S. 518).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Fragebogenaufbau(Quelle: Eigene Darstellung)
Insgesamt setzt sich der Fragebogen aus 39 Fragen zusammen, davon sind zwei Fragen zur Auswahl der Teilnehmer. Insgesamt 23 Fragen betreffen den Laufbahnerfolg, sieben Fragen beschäftigen sich mit Rollenvorbildern, die berufsbezogene Variable enthält vier Fragen und eine Frage betrifft die sozio-demografischen Angaben. Der komplette Fragebogen inklusive Codierung ist dem Anhang B zu entnehmen.
Titelseite: Auf der Titelseite wird das Thema grob umrissen, es wird die Zielgruppe genannt. Außerdem wird darüber aufgeklärt, in welchem Rahmen die Daten verwendet werden. Daneben wird die E-Mail-Adresse der Erstellerin für mögliche Rückfragen genannt. Des Weiteren wird als Anreiz auf ein Gewinnspiel am Ende der Umfrage hingewiesen. Im dritten Teil derTitelseite erfolgen Informationen zum Datenschutz.
Auswahl der Versuchsteilnehmerinnen: Im ersten Teil des Fragebogens kommen zwei Filterfragen, die für die Teilnehmenden leicht zu beantworten sind (Fietz & Friedrichs, 2019, S. 814). Zunächst kommt jedoch eine sogenannte Eisbrecher-Frage (Porst, 2014, S. 140), die an dieser Stelle aus Porst (2014, S. 141) wortwörtlich übernommen wurde. Hierbei geht es ausschließlich darum, dass die angesprochenen Personen motiviert werden, weiterhin teilzunehmen (Fietz & Friedrichs, 2019, S. 814). Die anschließenden Filterfragen dienen der Sicherstellung, dass die Teilnehmenden der gewünschten Zielgruppe entsprechen. Hierbei wird das Geschlecht („weiblich“ & „männlich“) und die Ausbildung im MINT-Bereich („ja“ & „nein“) abgefragt. Abschließend erfolgt eine Frage, ob bereits mehr als drei Jahre Berufserfahrung vorliegen („ja“ und „nein“). Wenn die Frage nach dem Geschlecht mit „männlich“ oder die Frage nach der Ausbildung mit „nein“ beantwortet wird, wird die Umfrage beendet.
Rollenvorbilder: Die Skala Rollenvorbilder wurde von der Autorin entworfen und enthält insgesamt sieben Fragen. Hierbei werden mithilfe einer dichotomen Skala („ja“ & „nein“) vier mögliche Bereiche abgefragt, wo die Rollenvorbilder wahrgenommen wurden („Haben oder hatten Sie Rollenvorbilder im privaten Bereich?“). Wenn eine der vier Fragen mit „ja“ beantwortet wurde, wird ein Filter ausgelöst, der abfragt, welchem Geschlecht das Rollenvorbild angehört. Außerdem wird ein Freitext-Feld zur Frage „Beschreiben Sie bitte, wie Rollenvorbilder Ihren Karriereweg beeinflusst haben.“ eingeblendet. Falls die Frage aus den Medien?“ mit „ja“ beantwortet wird, erscheint eine Abfrage nach der Rolle des Rollenvorbildes, wobei eine Mehrfachauswahl möglich ist und die Probandin selbstständig eine Rolle eintragen kann.
Subjektiver Berufserfolg: Der Fragebogenteil subjektiver Berufserfolg setzt sich aus insgesamt 16 Fragen zusammen. Als Grundlage wird die Career Satisfaction Scale (CSS) von Greenhaus, Parasuraman und Wormley (1990) verwendet, die von Heslin (2003) adaptiert wurde. Die CSS besteht aus insgesamt fünf Items, u. a. „Ich bin zufrieden mit dem Erfolg, den ich in meiner Karriere erreicht habe“ (Greenhaus et al., 1990, S. 86; Original-Skala und Übersetzung, siehe Anhang C). Heslin (2003) hat die CSS insofern angepasst, dass er für die Erfassung der selbstbezogenen Kriterien (CSS-S), der eigentlichen Frage den Ausdruck „relativ zu meinen Berufswünschen“ vorangestellt hat. Um die fremdbezogenen Kriterien (CSS-F) zu erfassen, hat Heslin (2003) wieder die CSS verwendet in der Kombination mit dem Ausdruck „relativ zu meinen Berufskollegen“. Beide Bewertungen erfolgen auf einer 7-Punkte-Skala (endpunktbenannt) von 1 (stimme gar nicht zu) bis 7 (stimme voll und ganz zu). Für diesen Fragebogen wurde dieses Verfahren so beibehalten, da für die selbstbezogenen Kriterien eine akzeptable interne Konsistenz von a = 0,88 vorliegt und die fremdbezogenen Kriterien eine hohe Reliabilität von a = 0,95 geschätzt wurde (Heslin, 2003, S. 272).
Weiterhin hat Heslin (2003) in seiner Arbeit zwei Referenzkriterien erhoben, die ebenfalls in dieser Umfrage verwendet werden. Die beiden Fragen dienen dazu herauszufinden, ob die beiden Skalen zur Karrierezufriedenheit verallgemeinert werden können. Die Frage „Inwieweit achten Sie bei der Bewertung Ihres beruflichen Erfolgs darauf, was Sie im Vergleich zu anderen getan und erreicht haben“ bezieht sich auf die selbstbezogenen Kriterien der Karrierezufriedenheit und werden auf einer 7-stufigen endpunktbenannten Likertskala erhoben, die von 1 (überhaupt nicht) bis 7 (sehr stark) reicht. Die zweite Frage „Im Vergleich zu Ihren Arbeitskolleg(innen) schätzen Sie Ihren beruflichen Erfolg ... ein“ bezieht sich hingegen auf die fremdbezogenen Kriterien der Karrierezufriedenheit. Diese Skala wird ebenfalls auf einer endpunktbenannten Skala von 1 (unterdurchschnittlich) bis 7 (überdurchschnittlich) erfasst (Heslin, 2003, S. 273; Original-Skala und Übersetzung, siehe Anhang C).
Als dritte Skala wurde für die Messung des subjektiven Berufserfolgs die BCS von Dik und Kollegium (2012) herangezogen. Die BCS misst das Vorhandensein (BCS- Presence; BCS-P) und die Suche (BCS-Search; BCS-S) nach einer Berufung. Die Skala besteht aus vier Items, die auf einer 5-Punkte-Likertskala erfasst werden, wobei 1 = „trifft überhaupt nicht auf mich zu“ und 5 = „trifft voll und ganz auf mich zu“ ist (Dik et al., 2012, S. 253-254, 261; Original-Skala und Übersetzung, siehe Anhang C).
Berufsbezogene Variable: Die berufsbezogene Variable wird mit vier Items operationalisiert. Hierbei wird der höchste erworbene Bildungsabschluss („Welchen Bildungsabschluss haben Sie?“) erfragt, das Berufsaggregat („Entsprechend derBundesagenturfür Arbeit werden im MINT-Bereich drei Berufsaggregate unterschieden: Facharbeiterberuf, Spezialistenberuf und Expertenberuf. Mit welchem Berufsaggregat würden Sie Ihre aktuelle Position beschreiben?“), der Arbeitsbereich („Welchem Bereich ist Ihre aktuelle Tätigkeit zuzuordnen?“) und die Arbeitszeit („Wie hoch ist Ihre vertragliche Arbeitszeit pro Woche?“). Die berufsbezogene Variable wird als Moderator-Variable für den objektiven Berufserfolg angesehen.
Objektiver Berufserfolg: Der objektive Berufserfolg wird mit insgesamt sieben Items erhoben, die von der Autorin entworfen wurden und sich an die Darstellung von Spurk, (2019, S. 337) und den Projektbericht zur Messung der „beruflichen Laufbahnentwicklung von Akademikerinnen und Akademikern der Universität Erlangen-Nürnberg (BELA- E)“ von Abele und Hagmaier (2011) orientiert.
Zunächst wird nach der Hierarchieebene („In welche der genannten Hierarchieebenen ordnen Sie sich ein?“) der Teilnehmerin gefragt. Im nächsten Schritt wird nach der Anzahl der Beförderungen gefragt. Hierbei gibt es unter anderem die Auswahlmöglichkeiten „keine Beförderung“, „eine Beförderung“ mehr als drei Beförderungen“ sowie „keine Angabe“. Anschließend erfolgt eine Filterfrage zur Führungsverantwortung („Sind Sie anderen bei der Arbeit leitend vorgesetzt, d. h., dass Personen nach Ihren Anweisungen arbeiten?“). Wenn diese mit „ja“ beantwortet wird, erfolgen drei weitere Fragen zur Anzahl der unterstellten Personen, der Berufsgruppe dieser Personen und in welchem Verhältnis die Führungskraft zu diesen Personen steht. Die Anzahl wird mithilfe eines Freitextes abgefragt und die anderen beiden Antworten sind als Mehrfachauswahl gestaltet. Zum Schluss wird in diesem Teil des Fragebogens nach dem monatlichen Bruttoeinkommen gefragt. Dieses ist unterteilt in neun Schritte von „unter 1 000 Euro“, „1 000 Euro bis 2 500 Euro“ und dann weiter in 1 500 Euro-Schritten bis zur Auswahl „über 10 000 Euro“ sowie „keine Angabe“.
Soziodemografische Daten: Bei den soziodemografischen Daten wird ausschließlich das Alter erhoben. Das Alter ist in Kategorien dargestellt (in 15er-Schritten von „jünger als 20 Jahre“, „20 - 35 Jahre“ bis „51 - 65 Jahre“, „älter als 65 Jahre“ und „keine Angabe“).
Auf der Endseite werden die Teilnehmerinnen über die eigentliche Forschungsfrage aufgeklärt. Anschließend werden Sie darum gebeten, die Umfrage an andere Frauen aus der Zielgruppe weiterzuleiten. Nach der Verabschiedung erfolgt der Hinweis auf das Gewinnspiel mit der Information, wie daran teilgenommen werden kann.
3.3.3 Gestaltung und Layout
Der Fragebogen wird mit dem Umfragetool Unipark der Firma Tivian XI GmbH erstellt (Unipark, 2022). Während der Umfrage erscheint oben rechts das Logo der SRH Fernhochschule. Der Hintergrund ist in Weiß gehalten. Bei den meisten Fragen wird eine Akkordeon-Matrix eingesetzt. Bei Fragen vom Typ Standard-Matrix und Einfachauswahl werden die Farben alternierend dargestellt, um eine bessere Führung zu erhalten. Außerdem wurde bei der Online-Umfrage darauf geachtet, dass ein Fortschrittsbalken zu sehen ist und ein Zurück-Button. Bei Benutzung von diesem werden die vorher genannten Antworten gespeichert und angezeigt.
3.4 Versuchsablauf
Im nachfolgenden Abschnitt wird der Versuchsablauf vom Pretest bis zur Auswertung erläutert.
3.4.1 Pretest
Vor der eigentlichen Erhebungsphase wird eine Testerhebung durchgeführt (Atteslander, 2010, S. 295). Das Ziel des Pretests ist entsprechend Steiner und Benesch (2018) die Bearbeitungsdauer und die Verständlichkeit der Fragen zu überprüfen (S. 64). Der Pretest wurde an einer Gruppe von neun weiblichen Studierenden der SRH Fernhochschule durchgeführt, die unterschiedlichen Studiengängen angehören und keine Ausbildung im MINT-Bereich haben. Des Weiteren wurde ein Test mit einer männlichen Testperson durchgeführt, die ein abgeschlossenes Hochschulstudium im MINT-Bereich hat und über 10 Jahre Berufserfahrung im MINT-Bereich vorweisen kann.
Der erste Pretest wurde nach der „think aloud“-Methode durchgeführt. Bei dieser Befragungsform wird die Testperson dazu aufgefordert, beim Bearbeiten des Fragebogens laut zu denken, d. h. es sollen alle Gedankengänge laut ausgesprochen werden (Porst, 2014, S. 194-195). Diese Methode wurde mit der männlichen Versuchsperson durchgeführt. Es gab einige Verbesserungsvorschläge, was die Gestaltung des Fragebogens und die Zusammenfassung der Themenkomplexe anbelangt. Des Weiteren wurden Verständnisprobleme bei einigen Fragen und Antwortskalen deutlich. Die Anmerkungen wurden in dem Fragebogen aufgenommen und entsprechend angepasst. Daraufhin erfolgte die „Standard“-Version der Testerhebung. In dieser wurden die Testteilnehmerinnen aufgefordert, den Fragebogen auf Verständlichkeit zu überprüfen (Kromrey, Roose & Strübing, 2016, S. 363). Hier gab es nur Anmerkungen zu Begrifflichkeiten, die erläutert werden sollen. Nachdem diese Änderungen ebenfalls eingearbeitet wurden, gab es zum Abschluss nochmals einen Test mit der „think aloud“-Methode mit einer Kommilitonin. Dieserverliefohne Befund.
3.4.2 Online-Umfrage
Die Datenerhebung erfolgt mit dem Tool Unipark im Internet (Unipark, 2022) im Zeitraum vom 24.03.2022 bis zum 07.04.2022. Für die Umfrage wurde auf einen Mix von aktiver und passiver Rekrutierung gesetzt (Döring & Bortz, 2016, S. 411). Bei der aktiven Rekrutierung wurden gezielt Frauen aus dem Bekanntenkreis der Autorin angesprochen, an der Umfrage teilzunehmen. Für die passive Rekrutierung wurde der Link zur Umfrage auf verschiedenen Kanälen geteilt, u. a. Facebook, Xing, WhatsApp und verschiedene Foren der SRH Fernhochschule. Ferner wurden alle Alumninetzwerke von deutschen Hochschulen mit MINT-Studiengängen angeschrieben und um die Teilung der OnlineUmfrage gebeten. Am Ende der Umfrage erfolgt ein Aufruf zum Teilen der Umfrage, damit vom Schneeballverfahren Gebrauch gemacht werden kann (Döring & Bortz, 2016, S. 308).
3.4.3 Auswertung
Die Auswertung erfolgt mithilfe der Software SPSS Statistics 28 (SPSS) (SPSS Statistics 28, 2022). Hierzu werden die Daten aus Unipark exportiert und anschließend in SPSS importiert.
Bevor mit der Auswertung der Daten begonnen werden kann, müssen diese bereinigt werden (Kuckartz, Ebert, Rädiker& Stefer, 2009, S. 61). Zunächst wird bei SPSS nach Fällen gefiltert. Es werden alle Fälle ausgeschlossen, die bei der Frage nach dem Geschlecht nicht weiblich angegeben haben und nicht angegeben haben, dass sie eine Ausbildung im MINT-Bereich abgeschlossen haben. Außerdem werden alle Fälle ausgeschlossen, die die Fragen zum Themenkomplex Rollenvorbilder und die Fragen zum Themenkomplex subjektiver Laufbahnerfolg nicht beantwortet haben. Begründet wird dies damit, dass entsprechend der Vorgaben nur Frauen gesucht werden, die eine abgeschlossene Berufsausbildung und/oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium in einem MINT-Fach absolviert haben und dass für die Hypothesentestung die Beantwortung der Fragen des Themenkomplex subjektiver Laufbahnerfolg mindestens erforderlich ist. Die Beschreibung der Fallauswahl befindet sich in dem Anhang D.
Weiterhin werden die Daten auf Inkonsistenz und logische Fehler geprüft. Für die Einheitlichkeit der Daten werden alle Angaben auf inhaltliche Plausibilität gecheckt. Wenn eine Person in einem Freitextfeld bei „Andere“ oder „Sonstige(s)“ Angaben getätigt hat, die gemäß der Autorin bereits in den Antwortvorgaben vorhanden sind, werden diese sachgemäß geändert. Weiterhin wurde untersucht, ob die Angaben unter Arbeitsort - Bereich und Hierarchieebene konsistent sind. Wenn eine Versuchsperson angibt, dass sie in Elternzeit ist oder arbeitslos, dann werden diese Angabe ebenso bei der Hierarchieebene (aktuell nicht berufstätig) erwartet und ggf. geändert. Wenn eine Studienteilnehmerin angibt, dass sie nicht erwerbstätig ist, dann werden die Angaben zu Arbeitszeit und Führungsverantwortung auf 0 Stunden bzw. keine Führungsverantwortung gesetzt, falls dies nicht von der Versuchsperson getan wurde. Des Weiteren wird bei der Angabe Führungskraft „ja“ geschaut, wie viele Mitarbeiter und welche Berufsgruppe geführt wird. Wurde hierbei angegeben, dass null, eins oder zwei Mitarbeiter geführt werden und sind diese der Gruppe „Auszubildende, Praktikanten und studentische Hilfskraft“ zugeordnet, wird derVorgesetztenstatus auf „nein“ gesetzt und die entsprechenden Angaben in den weiteren Variablen angepasst. Weiterhin werden Datensätze von der Umfrage ausgeschlossen, die durchgehend die gleichen Antworten aufweisen, da diese als qualitativ nicht ausreichend eingestuft werden.
Für die Auswertung der Daten ist es notwendig, dass einige Skalen zu Indexvariablen zusammengefasst werden (Döring & Bortz, 2016, S. 278). Um den subjektiven Berufserfolg ermitteln zu können, ist es notwendig, dass die einzelnen Variablen der beiden Skalen CSS-S und CSS-F zu jeweils einer Indexvariable erfasst werden. Hierzu werden die einzelnen Items zu einem Gesamtwert gemittelt (Greenhaus et al., 1990, S. 73). Die beiden Skalen zur Messung der Berufungswahrnehmung werden ebenfalls jeweils zu einer Indexvariable zusammengefasst. Die beiden Items der Subskalen BCS- P und BCS-S werden jeweils aufsummiert (Dik et al., 2012, S. 261). Anschließend werden die Skalen CSS-S, CSS-F und BCS-P summiert und zu dem Index Subjektiver-Be- rufserfolgs-lndex (SB-I) zusammengefasst, der den subjektiven Laufbahnerfolg widerspiegelt (Schnell, Hill & Esser, 2013, S. 161). Der SB-I kann Werte zwischen null und 24 annehmen, wobei null für kein subjektiver Laufbahnerfolg vorhanden steht und 24 für einen sehr hohen subjektiven Laufbahnerfolg.
Zur Erfassung des objektiven Berufserfolgs werden die Variablen Hierarchieebene, Anzahl der Beförderungen, Führungsverantwortung und Einkommen betrachtet und daraus der Berufserfolgsindex (BE-I) gebildet. Für die Erfassung der Berufsgruppe wird nur der höchste Wert verwendet. Daraus ergibt sich, dass der BE-I zwischen Werten von null bis 22 variieren kann (Schnell et al., 2013, S. 162; vgl. Abele & Hagmaier, 2011, S. 15). Analog zum SB-I stellt beim BE-I eine null kein objektiver Laufbahnerfolg vorhanden dar und 22 stellt einen sehr hohen objektiven Laufbahnerfolg dar. Die Bildung der Indizes sind in dem Anhang E dargestellt.
Um das Freitextfeld für die Frage „Beschreibe Sie bitte, wie Rollenvorbilder Ihren Karriereweg beeinflusst haben“ auszuwerten, wird ein Kategoriensystem angewendet (Schnell et al., 2013, S. 419). Die Auswertung orientiert sich an der deduktiven Kategorienanwendung von Mayring (2015, S. 97). Der dazugehörige Kodierleitfaden befindet sich in dem Anhang H.
4 Ergebnisse
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Online-Befragung dargestellt. Zu Beginn erfolgt eine Analyse des Rücklaufs sowie der Befragungsteilnehmerinnen. Anschließend erfolgt die deskriptivstatistische Analyse. Abschließend werden die Ergebnisse der Unterschieds- und Zusammenhangsanalysen dargestellt.
4.1 Feld- und Teilnehmeranalyse
In den nachfolgenden Unterkapiteln wird eine Feldanalyse und eine Teilnehmeranalyse durchgeführt. Bei der Teilnehmeranalyse werden die sozio-demografischen Daten und berufsbezogenen Daten betrachtet. Aufein vollständiges berichten der Ergebnisse wird aus Gründen der Lesbarkeit an dieser Stelle verzichtet. Die Häufigkeitstabellen zu jeder Variable befinden sich in Anhang F.
4.1.1 Feldanalyse
Insgesamt wurde der Online-Fragebogen 81-mal (=Gesamtsample) elektronisch aufgerufen. Davon beteiligten sich 74 Personen an der Online-Befragung, indem sie mindestens die erste Frage beantworteten. Zehn Personen haben zwar Interesse an der Befragung bekundet, jedoch frühzeitig abgebrochen oder wurden aufgrund der definierten Zielgruppe nicht zur Umfrage zugelassen. Die restlichen 64 Personen bilden das bereinigte Gesamtsample. Davon haben insgesamt 55 Personen die Befragung beendet. Nach der Durchsicht der Daten wurden drei Personen aufgrund mangelnder Plausibilität ihrer Antworten entfernt. Daraus ergibt sich eine Größe der Gesamtpopulation von N = 52. Der Feldbericht ist in Tabelle 8 wiedergegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 8: Feldbericht(Quelle: Hartleff, 2022)
4.1.2 Sozio-demografischeDaten
Wie bereits in der Feldanalyse berichtet, besteht das bereinigte Sample aus 52 Frauen. Neben der ersten Bedingung, dass die Teilnehmenden weiblich sein müssen, war die zweite Voraussetzung, dass die Frauen eine Berufsausbildung und/oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium im MINT-Bereich vorweisen müssen. In der vierten Frage wurde erhoben, ob die Frauen mindestens drei Jahre Berufserfahrung in einem MINT- Beruf haben. Hierbeigaben insgesamt 48 Teilnehmerinnen (92,3 %)an, mindestens drei Jahre Berufserfahrung zu haben. Vier Teilnehmerinnen (7,7 %) haben diese Frage mit nein beantwortet, wie aus derAbbildung 5 hervorgeht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Grafische Darstellung Variable v_3 - 1 3 Jahre Berufserfahrung (Quelle: Hartleff, 2022)
Der grafischen Darstellung der Alterskategorien in Abbildung 6 kann entnommen werden, dass die Teilnehmerinnen sich auf drei Altersklassen verteilen. Die Hälfte aller Teilnehmerinnen mit n = 26 gehören der Altersklasse 20 - 35 Jahre an. Die Teilnehmerinnen aus der Altersklasse 36 - 50 Jahre machen insgesamt 38,5 % der Stichprobe aus. Die wenigsten Teilnehmerinnen mit n = 5 (9,6%) gehören der Altersklasse 51 - 65 Jahre an. Der Häufigkeitstabelle Tabelle F-54 im Anhang F ist außerdem zu entnehmen, dass eine Teilnehmerin die Frage nicht beantwortet hat.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Grafische Darstellung Variable v_31 - Altersklassen(Quelle: Hartleff, 2022)
4.1.3 BerufsbezogeneVariablen
Die Autorin geht davon aus, dass neben dem Alter die berufsbezogenen Variablen einen Einfluss insbesondere auf die objektive Laufbahnentwicklung haben. Um die Ergebnisse in der Diskussion entsprechend einordnen zu können, werden an dieser Stelle einige erhobenen Studiendaten des Themenkomplexes berufsbezogene Variablen betrachtet.
Zu Beginn wird der höchste Bildungsabschluss der Teilnehmerinnen evaluiert. Hierbei fällt in der Abbildung 7 auf, dass die meisten Teilnehmerinnen mit 69,2 % (n = 36) einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss haben. 15,4 % der Teilnehmerinnen gaben an, einen anderen Abschluss erworben zu haben. Von diesen acht Versuchspersonen haben sieben einen Doktortitel erlangt. Daraus ergibt sich, dass insgesamt 82,7 % der Teilnehmerinnen einen akademischen Titel erlangt haben. Zwei Versuchsteilnehmerinnen (3,8 %) gaben an, dass sie eine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Die anderen Teilnehmerinnen (n = 6) wählen als höchsten Bildungsabschluss die (Fach-)Hoch- schulreife aus. Unter Sonstiges gab eine Versuchsperson an einen Abschluss von der Berufsfachschule fürTechnik zu haben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Grafische Darstellung Variable v_4 - höchster Bildungsabschluss (Quelle: Hartleff, 2022)
Bei der Frage nach dem Berufsaggregat standen die drei Aggregate Facharbeiterberuf, Spezialistenberuf und Expertenberuf zur Auswahl. Aus der Abbildung 8 geht hervor, dass die meisten Versuchspersonen ihre aktuelle Tätigkeit als Expertenberuf (59,6 %) beschreiben. Zwölf Teilnehmerinnen 23,1 % gaben an, in einem Spezialistenberuf beschäftigt zu sein. Als Facharbeiterinnen stuften sich acht Studienteilnehmerinnen ein und eine Person macht keine Angaben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Grafische Darstellung der Variable v_6 - Berufsaggregat (Quelle: Hartleff, 2022)
Als letzte Variable der berufsbezogenen Variablen wurde die Arbeitszeit erfasst. Diese ist in der Abbildung 9 in Kategorien dargestellt, wurde in der Umfrage jedoch als Freitext abgefragt. Die Häufigkeitstabelle ist in derTabelle F-38 im Anhang F zu finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Grafische Darstellung der Variable v_10 - Vertragliche Arbeitszeit (Quelle: Hartleff, 2022)
Im Mittel haben die Probandinnen eine wöchentliche Arbeitszeit von M = 35,93 Stunden (SD = 6,107). Die geringste Stundenanzahl liegt bei 18,75 Stunden pro Woche und das Maximum bei 50 Stunden pro Woche. Die meisten Studienteilnehmerinnen (n = 32; 68,1 %) arbeiten in Vollzeit, wenn angenommen wird, dass i 35 Stunden pro Woche einer Vollzeitbeschäftigung entspricht. Zehn Probandinnen arbeiten zwischen 30 und 35 Stunden pro Woche, die anderen fünf Versuchspersonen haben angegeben, dass sie unter 30 Stunden die Woche arbeiten. Des Weiteren konnten insgesamt fünf fehlende Werte ermittelt werden.
4.2 Deskriptivstatistische Datenanalyse
Das Ziel der deskriptiven Datenanalyse ist eine erste Visualisierung der, für die Hypothesenüberprüfung, relevanten Daten (Steiner & Benesch, 2018, S. 88). Diese gliedert sich entsprechend dem Fragebogen vom Themenkomplex Rollenvorbilder über die Erfassung des subjektiven Laufbahnerfolgs bis zur Darstellung der relevanten Daten für die Erfassung des objektiven Laufbahnerfolgs.
[...]
- Quote paper
- Madeleine Hartleff (Author), 2022, Der Einfluss von Rollenvorbildern auf die berufliche Laufbahnentwicklung von Frauen in MINT-Berufen. Eine quantitative Studie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1223164
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