In den Medien hat sich der Begriff der Eliten wieder zunehmender Beliebtheit erfreut. Im vorliegenden Text wird auf verschiedene Definitionen von Elite eingegangen und deutlich gemacht, warum sich Teile der Öffentlichkeit mit der Bezeichung Elite schwertun. Wie bei vielen Begriffen, die in öffentlichen Diskursen häufig auftreten, lässt sich eine
einheitliche Definition von Elite kaum finden. Dem Wortursprung nach, es stammt aus dem
Französischen „èlire“ abgeleitet von dem lateinischen Wort „eligere“, kommt Elite von
wählen, auswählen. Bezogen auf das Lateinische kann man auch eine Verbindung zur Bibel
ziehen, in der verkündet ist, dass viele berufen, aber nur wenige erwählt sind. Aus diesem
Bibeltext wurde dann auch geschlossen, dass somit auch eine Eliteposition und die
herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse, wie z.B. das Fehlen von Aufstiegschancen, die
über das Mittelalter hinaus Bestand hatten, einfach als gottgegeben hingenommen werden
sollten. In der Bevölkerung kam der Elitebegriff historisch betrachtet im 18. Jahrhundert in
Frankreich auf und wurde vor allem für die Abgrenzung des aufstrebenden Bürgertums gegen
Adel und Klerus verwendet. Denn es sollte statt der Geburt auf persönliche Leistungen
ankommen. Im 19. Jahrhundert erlebte der Begriff eine inhaltliche Verschiebung, indem die
Elite als Gegensatz zur Masse verstanden wurde. Wissenschaftler sprechen in diesen älteren
Elitetheorien von einer Dichotomie zwischen Masse bzw. dem Volk und den Regierenden,
der Elite. Die in dieser Zeit entstandenen klassischen Werke der Elitetheorien wie z.B. Pareto,
Mosca und Michels, werden daher auch als indirekte Wegbereiter des Faschismus betrachtet,
da sie als ideologisches Grundgerüst dienten. Dies führte zur Diskreditierung des
Elitebegriffes bis es nach dem II. Weltkrieg zu einer Neubestimmung kam. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Definition
2. Wer gehört zur Elite?
3. Funktionen und Arten von Eliten
4. Zur Problematik der Eliten
5. Die wichtigsten Theoretiker
5.1. Die Klassiker
5.2. Die Kritiker
5.3. Amerikanische Elitetheoretiker
5.4. Deutsche Elitetheoretiker
6. Neuere Trends
7. Das Beispiel Konrad Adenauer – Zu welcher Elite gehört er?
8. Fazit
9. Literaturangaben
1. Definition
Wie bei vielen Begriffen, die in öffentlichen Diskursen häufig auftreten, lässt sich eine einheitliche Definition von Elite kaum finden. Dem Wortursprung nach, es stammt aus dem Französischen „èlire“[1] abgeleitet von dem lateinischen Wort „eligere“, kommt Elite von wählen, auswählen. Bezogen auf das Lateinische kann man auch eine Verbindung zur Bibel ziehen, in der verkündet ist, dass viele berufen, aber nur wenige erwählt sind.[2] Aus diesem Bibeltext wurde dann auch geschlossen, dass somit auch eine Eliteposition und die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse, wie z.B. das Fehlen von Aufstiegschancen, die über das Mittelalter hinaus Bestand hatten, einfach als gottgegeben hingenommen werden sollten.[3] In der Bevölkerung kam der Elitebegriff historisch betrachtet im 18. Jahrhundert in Frankreich auf und wurde vor allem für die Abgrenzung des aufstrebenden Bürgertums gegen Adel und Klerus verwendet.[4] Denn es sollte statt der Geburt auf persönliche Leistungen ankommen. Im 19. Jahrhundert erlebte der Begriff eine inhaltliche Verschiebung, indem die Elite als Gegensatz zur Masse verstanden wurde.[5] Wissenschaftler sprechen in diesen älteren Elitetheorien von einer Dichotomie zwischen Masse bzw. dem Volk und den Regierenden, der Elite. Die in dieser Zeit entstandenen klassischen Werke der Elitetheorien wie z.B. Pareto, Mosca und Michels, werden daher auch als indirekte Wegbereiter des Faschismus betrachtet, da sie als ideologisches Grundgerüst dienten.[6] Dies führte zur Diskreditierung des Elitebegriffes bis es nach dem II. Weltkrieg zu einer Neubestimmung kam.
Wichtig für die Definition von Elite und mit ihr in Verbindung stehend scheinen Begriffe wie Macht, Herrschaft, Klasse und Masse, Minderheit, Selektion und Position zu sein. Einig sind sich die Definierenden darüber, dass die Elite eine Minderheit darstellt, die aufgrund bestimmter Merkmale selektiert worden ist. Darüber hinaus findet man viele verschiedene, sich im Laufe der Geschichte verändernde Auffassungen darüber, was eine Elite ausmacht und wer dazu gehört. Während Endruweit/Trommdsdorff den Begriff mit dem Begriff definieren wollen, wenn sie schreiben, dass die Mitglieder der Elite „nach einem Selektionsprozess Positionen innehaben, die ein im Vergleich zu nicht elitären Positionen ein höheres Machtpotenzial aufweisen“[7], hebt Hillmann die „Inhaber höchster Führungspositionen [...], die insgesamt eine soziokulturell, politisch und wirtschaftlich gestaltend tätige Minderheit bilden“[8], hervor und weist auf eine davon abweichende allgemeine Auffassung hin, die die Elite als Oberschicht oder herrschende Klasse definiert. Es bleibt jedoch schwierig, diese Positionen zu bestimmen. Somit macht Hillmann wenigstens auf einen Unterschied zwischen einer wissenschaftlichen Diskussion und dem alltäglichen Gebrauch des Begriffes Elite aufmerksam. Hartmann und Wasner verzichten in ihren soziologischen Büchern zur Elite völlig auf den Versuch einer Definition.
2. Wer gehört zur Elite?
Nach heutiger Auffassung finden sich Teileliten in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Justiz, Medien, Wissenschaft, Militär, Gewerkschaften[9], Kirche und Freizeit wieder.[10] Diese kann man auf lokaler oder nationaler Ebene untersuchen und beobachten. Im Bereich der politischen Elite unterscheidet man zwischen der Herrschaftselite, die gesellschaftlich wichtige Entscheidungen trifft, und zwischen der Verwaltungselite, die die eigentlichen Entscheidungsträger unterstützt.[11] Die Rekrutierung zum Elitemitglied kann durch Wahl, Ernennung bzw. Berufung oder Kooptation stattfinden.[12]
Es gibt drei bekannte Methoden zur Identifizierung von Elitemitgliedern: die Reputations-, Entscheidungs- oder Positionstechnik. Die Reputationstechnik beruht auf Befragung von Leuten, entweder durch Experten oder dem Volk, die nach ihrer Meinung gefragt werden, wer zur Elite gehört und welche Merkmale diese Mitglieder auszeichnen. Diese Methode ist vor allem dadurch problematisch, dass man die Ergebnisse dahingehend untersuchen muss, ob die Einschätzung der Elite nicht durch eine von der Realität abweichenden Meinung verzerrt wird. Bei der Entscheidungstechnik geht man davon aus, dass Elitemitglieder ihren Willen in Konflikten durchsetzen können. Man wählt hierfür bestimmte Entscheidungsprozesse aus und analysiert, wie bzw. wer hierbei involviert ist. Die Positionselite soll durch die Positionstechnik identifiziert werden. Zuerst wird hierbei ein bestimmter gesellschaftlicher Sektor ausgewählt, in der die Organisation untersucht und die Spitzenpositionen bestimmt werden. Die Inhaber dieser Positionen verfügen über bestimmte Merkmale in ihrer Persönlichkeit und in ihrem Handeln wie z.B. taktisches Geschick.[13] Neben diesen drei bekannten, gibt es noch weitere Ansätze zum Bestimmen, wer zur Elite gehört: den netzwerkanalytischen, den Cleavage- und den sogenannten Social-Activity-Ansatz, die beide besonders im englischsprachigen Bereich eine Rolle spielen. Während beim ersten das persönliche Netzwerk einflussreicher Personen identifiziert wird, werden beim Cleavage-Ansatz die Anführer von miteinander konfligierenden Gruppen untersucht. Der Social-Activity-Ansatz filtert sozial aktive Menschen heraus, was nicht den üblichen Elitebegriff impliziert. Denn nur wenige, die sozial aktiv sind, sind auch Mitglieder in der Elite! Diese Methoden sind Teil einer Fremdeinschätzungselite. Die Selbsteinschätzungstechnik zur Identifizierung der Elite, die teilweise bei der Reputationstechnik verfolgt wird, scheint meiner Meinung nach jedoch subjektiver als die Fremdeinschätzung und ist somit ohne kritische Überprüfung immer abzulehnen.
3. Funktionen und Arten von Eliten
In dem Maße, wie es keine einheitliche Definition von Eliten gibt, so sind auch die Meinungen zu den verschiedenen Arten von Eliten sehr unterschiedlich, da sie von jeweils bestimmten Merkmalen und Methoden abhängen. Allgemein kann man immer zwischen einer offenen oder geschlossenen Elite unterscheiden. Die geschlossene, oligarchische Elite findet man, wenn die Elite selbst die Kriterien für ihren Status festlegt. Diesem Bild einer dichotomen Gesellschaft[14] entspricht auch eine patriarchalische Elite, deren Mitglieder lebenslang oder bis zum freiwilligen Rücktritt ihren Posten besetzt halten wie z.B. hohe Geistliche. Wenn die Gesellschaft selbst über die Zugehörigkeit zu den Eliten entscheidet und sie überwacht bildet sich eine abruf- und auswechselbare offene Elite.[15] Nach historischer Entwicklung der Auswahlkriterien gab es zuerst die Geburtselite – der Adel und der Klerus besetzten die hohen Positionen. Ähnlich ist auch die dynastische Elite gekennzeichnet, bei der alle Elitemitglieder einer Familie angehören und dies der Grund für die Zugehörigkeit ist.[16] Später entwickelten sich die Begriffe der Macht- und der Wertelite. Alle Mitglieder der Machteliten verfügen über Herrschaftspositionen, meist in Militär, Politik und Wirtschaft, und wollen ihre Ziele durchsetzen. Die Mitglieder der Wertelite sollten durch ihre sozial anerkannten Merkmale eine Vorbildwirkung entfalten. In der heutigen Welt spricht man jedoch auch von Geschmacks- und Konsumeliten, die auf unseren Geschmack und unsere Lebensstile Einfluss ausüben können, aber nicht, oder nur sehr eingeschränkt, auf gesellschaftlich wichtige Entscheidungen. Zur kulturellen Elite gehören diejenigen, die zwar nicht auf die Individuen, aber auf die Inhaber der Machtpositionen wirken, wozu die Leiter von Forschungsinstitutionen, Theatern, Museen, Hochschulen und Akademien gehören.[17] Einen speziellen Bereich wird teilweise den Meinungsmachern der Massenmedien eingeräumt, die Einfluss auf die Individuen und Entscheidungsträger ausüben wollen. Diese fasst man im Begriff „meinungsbildende Elite“ zusammen.[18] Die von Mills beschriebenen „celebrities“ könnte man heute zur Prominenz oder einer Prestige-Elite zählen, die auf öffentlicher Bewunderung und gesellschaftlichem Ansehen beruht. Kritisch kann man dieses Konzept aufgrund der Schnittstelle zur Wertelite und meinungsbildenden Elite sehen, auch wenn man einen Dieter Bohlen ausschließlich einer Prestige-Elite zuordnen könnte. In diesem Zusammenhang kann man auch von einer Elite im „Vordergrund“, die von der Öffentlichkeit als solche wahrgenommen, und einer Elite im „Hintergrund“, die fast „unsichtbar“ agiert, sprechen. Wichtiger sind da die Funktions- bzw. Leistungseliten, die aufgrund ihrer Fähigkeiten und beruflichen Leistungen Führungspositionen innehaben.[19]
Man kann die Eliten auch nach den Formen der Eliterekrutierung einteilen, wobei man zwischen einer aristokratischen (Elite durch Geburt), plutokratischen (Elite durch Reichtum), einer theokratischen (Elite durch geglaubte göttliche Auswahl) und meritokratischen Elite (Elite durch Leistung) unterscheidet.[20] Nach dem Modell von Higley kann man die Eliten auch nach Einigkeit und Differenzierung unterteilen.[21] Bei einer geringen Elitedifferenzierung und einer hohen Einigkeit innerhalb der Elite finden wir die ideokratische Elite, die auf einer dominanten Ideologie beruhend meist in einem totalitären Regime herrscht. Das trifft auch auf die geteilte Elite zu, die nur geringe Einigkeit untereinander zeigt und daher auch durch einen ständigen Kampf gekennzeichnet ist. Eine ebenfalls geringe Einigkeit, aber eine hohe Elitendifferenzierung finden wir bei der fragmentierten Elite, die meist bei vordemokratischen Formen, also bei Systemumbrüchen und autoritären Regimen, vorkommt. Die demokratische Eliteform findet man einzig bei einer hohen Einigkeit der Elite UND einer hohen Elitendifferenzierung. Da diese dann auch auf einem gesamtgesellschaftlichen Konsens beruht wird diese auch Konsenselite genannt. Heute spricht man von einem Elitenpluralismus der liberalen Konsensuseliten (welfare elites),[22] der geprägt wird durch eine organisatorische Ausdifferenzierung und moderne Massenmedien.[23]
Für Ursula-Hoffmann-Lange gibt es vier Typen demokratischer Eliten, unterschieden nach Repräsentation und Elitenintegration: die etabliert-demokratische Elite, die pluralistische Elite, Machtelite und desintegrierte Elite. Die pluralistische, d.h. die über einen niedrigen Grad an Elitenintegration, aber einen hohen Grad an Repräsentation verfügt, ist in demokratischen Systemen am Wahrscheinlichsten.[24]
[...]
[1] Vgl. Hillmann (1994), S. 177.
[2] (Matthäus 22,14)
[3] Vgl. Wasner (2004), S. 16.
[4] Vgl. Hartmann (2004), S. 9.
[5] ebenda
[6] ebenda
[7] Endruweit/Trommsdorff (1989), S. 140.
[8] Hillmann (1994), S. 177.
[9] Vgl. Aufzählung bei Hartmann (2004), S. 10.
[10] Vgl. Hillmann (1994), S. 177.
[11] Vgl. Fuchs-Heinritz (1994), S. 164.
[12] Vgl. Hoffmann-Lange (2004), S. 33.
[13] Vgl. Wasner (2004), S. 123.
[14] Vgl. Fuchs-Heinritz (1994), S. 163.
[15] Vgl. ebenda, S. 164.
[16] Vgl. ebenda, S. 163.
[17] Vgl. Fuchs-Heinritz (1994), S. 163.
[18] Vgl. ebenda, S. 163.
[19] Vgl. ganzen Absatz Hillmann (1994), S. 177.
[20] Vgl. Wasner (2004), S. 21.
[21] Ebenda, S. 21f.
[22] Vgl. Schwengel (2004), S. 71.
[23] Vgl. Hoffmann-Lange (2004), S. 25.
[24] Vgl. Ursula Hoffmann-Lange (1990), S. 21.
- Arbeit zitieren
- B.A. Julia Scheffler (Autor:in), 2005, Zur Problematik der Eliten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122301
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