Die Arbeit betrachtet einkommensteuerrechtliche Implikationen
fremdüblicher Leistungsbeziehungen zwischen einer inländischen Kapital- oder
Personengesellschaft und einer in einem Nicht-DBA-Staat ansässigen ausländischen Mutterkapitalgesellschaft (die „betrachteten Leistungsbeziehungen“). Erstens wird untersucht, ob und inwiefern die betrachteten Leistungsbeziehungen anders behandelt werden als inhaltlich idente Leistungsbeziehungen der betrachteten inländischen Unternehmenseinheiten zu unabhängigen Unternehmen; und zweitens, ob und inwiefern die Rechtsform der betrachteten inländischen Unternehmenseinheit als Kapital- oder rechtsfähige Personengesellschaft die Behandlung der betrachteten Leistungsbeziehungen beeinflusst.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Themenabgrenzung
B. Kontext
C. Begriffliche Anmerkungen, Stand der Arbeit
Teil 1 Die betrachteten Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu inländischen Kapitalgesellschaften
1. Grundlagen der Besteuerung der inländischen Kapitalgesellschaft
A. Besteuerungsgegenstand
B. Gesamtbetrag der Einkünfte
C. Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten.
1. Der Erklärungsversuch der hM
2. Suche nach einer Interpretation, welche die von der hM vertretene Wirkungsweise
des § 7 Abs 3 KStG zu erklären vermag
3. Überprüfung der Interpretationsansätze auf Übereinstimmung mit der von der hM unterstellten Wirkungsweise der Bestimmung
D. Ermittlung der Einkünfte iSd § 23 Z 1 EStG.
1. Der Betrieb der Kapitalgesellschaft
2. Das Vermögen der Kapitalgesellschaft
3. Die gewinnwirksame und die gewinnneutrale Sphäre
3.1. Die gewinnwirksame Sphäre der Kapitalgesellschaft
3.1.1. Ebene der Betriebsvermögensänderungen.
3.1.2. Ebene des Vermögens
3.2. Die gewinnneutrale Sphäre der Kapitalgesellschaft
3.2.1. Der Teilbereich der Leistungen zwischen dem Betrieb und anderen Sphären.
3.2.2. Der sozietäre Teilbereich der gewinnneutralen Sphäre
3.2.3. Der übrige Bereich der gewinnneutralen Sphäre
3.3. Wirtschaftlicher Zusammenhang mit beiden Sphären
3.4. Zwischenergebnis
3.5. § 6 Z 6 EStG.
3.6. Sonderregeln der Abgrenzung der gewinnwirksamen von der gewinnneutralen Sphare
E. Ermittlung der übrigen Einkünfte
F. Der Einfluss von DBA und unilateralen Normen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
2. Die betrachteten Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu inländischen Kapital-gesellschaften..
A. Zivilrechtliche Aspekte der betrachteten Leistungsbeziehungen.
B. Gleichbehandlung.
Teil 2 Die betrachteten Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu inländischen rechtsfähigen Personengesellschaften
3. Grundlagen der Besteuerung der inländischen rechtsfähigen Personengesellschaft
in den Händen der Muttergesellschaft..
A. Besteuerungsgegenstand.
B. Gesamtbetrag der inländischen Einkünfte
C. Inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
1. Betriebe und Gewinnermittlungsobjekte der ausländischen Kapitalgesellschaft.
2. Vorgangsweise bei der Ermittlung der inländischen Einkünfte aus Gewerbebetrieb
D. Einer inländischen Betriebsstätte oder im Inland belegenem unbeweglichen Betriebs-
vermögen zuzuordnende gewerbliche Einkünfte
1. Grundsätze der Gewinnermittlung
2. Die gewinnwirksame und die gewinnneutrale Sphäre
2.1. Die Betriebsstätten der ausländischen Kapitalgesellschaft.
2.2. Konsequenzen der sinngemäßen Anwendung der Gewinnermittlungsregeln auf Betriebsstätten
2.2.1. Einlagen, Entnahmen und der Grundsatz der Einheitlichkeit des Betriebes
2.2.2. Grundsätze der Vermögenszuordnung
2.2.3. Ertrags- und Aufwandszuordnung
E. Sonstige inländische gewerbliche Einkünfte
F. Inländische Einkünfte aus den übrigen Einkunftsarten.
G. Der Einfluss von DBA und unilateralen Normen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
4. Die betrachteten Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu rechtsfähigen inländischen Personengesellschaften
A. Zivilrechtliche Aspekte von Leistungsbeziehungen zwischen Personen- und Mutterge- sellschaft
B. § 6 Z 6 EStG
1. Teleologie und besondere Auslegungsgrundsätze
2. Tatbestandsvoraussetzungen
2.1. Die Überführung von Wirtschaftsgütern.
2.2. Sonstige Leistungen zwischen in- und ausländischen Einheiten
2.2.1. Der Begriff der sonstigen Leistung.
2.2.2. Sonstige Leistungen zwischen in- und ausländischen Einheiten
2.2.3. Leistungen zwischen Betriebsstätten und Leistungen zwischen Steuer-
jekten
2.2.4. Inner- und zwischenbetriebliche Leistungen
3. Rechtsfolgen.
C. Grundsätze der Behandlung von Leistungen zwischen Mitunternehmerschaft und Mit- unternehmer und ihre Auswirkungen auf die Gewinnermittlung
1. Der eingeschränkte Gleichstellungsgrundsatz.
2. Auswirkungen auf die Vermögenszuordnung.
3. Auswirkungen auf die Ermittlung des Betriebsaufwands- und ertrags
D. Ermittlung der steuerlichen Auswirkungen der betrachteten Leistungsbeziehungen
Schritt 1: Feststellung des Betriebsvermögens dem Grunde nach
Schritt 2: Feststellung des inländischen Betriebsstättenvermögens dem Grunde nach
Schritt 3: Ermittlung der bewerteten Betriebsstättenvermögensänderungen sowie Ermittlung
und Ausscheiden der gewinnneutralen Komponente
Schritt 4: Ermittlung der sonstigen Auswirkungen auf den Gewinn iSd § 98 Abs 1 Z
1. TS EStG
Schritt 5: Ermittlung der übrigen Auswirkungen auf den Besteuerungsgegenstand.
Schritt 6: Ermittlung des Einflusses von Maßnahmen zur Vermeidung der Doppel-besteuerung
E. Aspekte betreffend die Konformität der abgeleiteten Rechtslage mit Verfassungsrecht, Gemeinschaftsrecht, dem EWRA und dem OECD-MA
1. Relevanz einer „OECD-konformen“ Auslegung
2. Aspekte des Verfassungsrechts, Gemeinschaftsrechts und des EWRA.
Ergebnisse der Untersuchung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Literaturverzeichnis
Selbständige Schriften und Kommentare werden im Text mit der unten erwähnten Kurzzitierung angeführt. Abhandlungen in Zeitschriften und Sammelwerken werden mit der Fundstelle ohne Angabe des Titels zitiert.
Selbständige Schriften und Kommentare
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Einleitung
A. Themenabgrenzung
Die vorliegende Arbeit betrachtet bestimmte einkommensteuerrechtliche Implikationen bestimmter fremdüblicher Leistungsbeziehungen zwischen einer inländischen Kapital- oder rechtsfähigen Personengesellschaft (im Folgenden gemeinsam als die „betrachteten inländischen Unternehmenseinheiten“ bezeichnet) und einer in einem Nicht-DBA-Staat ansässigen ausländischen Mutterkapitalgesellschaft (die „betrachteten Leistungsbeziehun- gen“).
Erstens wird untersucht, ob und inwiefern die betrachteten Leistungsbeziehungen anders behandelt werden als inhaltlich idente Leistungsbeziehungen der betrachteten inländischen Unternehmenseinheiten zu unabhängigen Unternehmen1; und
zweitens, ob und inwiefern die Rechtsform der betrachteten inländischen Unternehmens- einheit als Kapital- oder rechtsfähige Personengesellschaft die Behandlung der betrachte- ten Leistungsbeziehungen beeinflusst.
Im Folgenden werden die in dieser Umschreibung des Untersuchungsgegenstands verwen- deten Begriffe definiert:
Bestimmte) (fremdübliche) Leistungsbeziehungen
Als Leistungsbeziehung wird jedes vertragliche2 und nicht durch ein Beteiligungsverhält- nis bedingte Schuldverhältnis iwS3 bezeichnet.4
Eine fremdübliche Leistungsbeziehung liegt vor, wenn die Leistungsbeziehung unter in- haltlichen Bedingungen erfolgt, wie sie unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls auch zwischen unabhängigen, jeweils von sorgfältigen und gewissenhaften Ge- schäftsführern vertretenen Parteien vereinbart werden könnten. Hinsichtlich der Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit ist kein gesellschaftsrechtlicher sondern ein betriebswirtschaftli- cher Maßstab (Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Hinblick auf die Erzielung von Gewin- nen) anzulegen. Es sei angenommen, dass die im Rahmen einer fremdüblichen Leistungs- beziehung vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen jeweils im Verhältnis zueinander dem Wertmaßstab des § 6 Z 6 EStG entsprechen.5
Ausgenommen von der vorliegenden Untersuchung sollen hingegen Leistungsbeziehungen sein, deren Gegenstand Finanzierungsleistungen wie insb die Vergabe von Darlehen ist.6 Solche Leistungsbeziehungen zählen somit nicht zu den „betrachteten Leistungsbeziehun- gen“.
Kapitalgesellschaft
Für Zwecke dieser Arbeit gilt als Kapitalgesellschaft eine nach inländischem bzw Gemein- schaftsrecht gegründete Gesellschaft in den Rechtsformen GmbH, AG oder SE sowie ein nach ausländischem Recht gegründetes Rechtsgebilde, das hinsichtlich seiner (insb gesell- schafts-)rechtlichen Merkmale mit den genannten inländischen Rechtsformen vergleichbar ist und daher als Körperschaft iSd § 21 Abs 1 Z 3 KStG qualifiziert.7 Bei Kapitalgesell- schaften mit ausländischem Personalstatut sei angenommen, dass diese zumindest jenen Grad an Rechtsfähigkeit besitzen, der für das Eingehen der betrachteten Leistungsbezie- hungen erforderlich ist.8
Als inländische Kapitalgesellschaft gilt eine Kapitalgesellschaft, deren Ort der Geschäfts- leitung iSd § 27 Abs 2 BAO im Inland liegt und die über keine Betriebsstätten iSd § 29 BAO im Ausland verfügt. Angenommen sei, dass die inländische Kapitalgesellschaft aus- schließlich eine selbständige, nachhaltige und mit Gewinnabsicht unternommene Tätigkeit ausübt, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.9 Auch die Begründung und die Erfüllung der betrachteten Leistungsbeziehungen stelle sich als eine solche Tätigkeit dar.
Als ausländische Kapitalgesellschaft gilt eine Kapitalgesellschaft, die über keinen Sitz iSd § 27 Abs 1 BAO in Österreich verfügt und deren Ort der Geschäftsleitung iSd § 27 Abs 2 BAO außerhalb von Österreich liegt.
Als ausländische nicht in einem DBA-Staat ansässige Kapitalgesellschaft gilt eine auslän- dische Kapitalgesellschaft, die nicht aufgrund eines zwischen Österreich und einem ande- ren Staat abgeschlossenen DBA als in diesem Staat ansässig gilt.
Inländische rechtsfähige Personengesellschaft
Als inländische rechtsfähige Personengesellschaft gilt eine im Inland in der Rechtsform OG oder KG gegründete Gesellschaft, welche die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt:
- Die Gesellschaft übt ausschließlich eine selbständige, nachhaltige und mit Gewinn- absicht unternommene Tätigkeit aus, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirt- schaftlichen Verkehr darstellt. Auch die Begründung und die Erfüllung der betrach- teten Leistungsbeziehungen stelle sich als eine solche Tätigkeit dar.
- Jeder Gesellschafter trägt einen ausreichenden Grad an Unternehmerrisiko und -initiative, um an einem allfälligen Betrieb, dem die Betätigung der Personengesell- schaft (teilweise) zurechenbar sein könnte, mitunternehmerisch beteiligt zu sein.10
- Die Tätigkeit der Gesellschaft11 wird ausschließlich durch eine in Österreich bele- gene feste Geschäftseinrichtung ausgeübt, die als Betriebsstätte iSd § 29 BAO qua- lifiziert. Die Gesellschaft übt keine Tätigkeiten aus, die zum Entstehen einer Mehr- zahl an wirtschaftlich und organisatorisch getrennten Wirtschaftseinheiten führten.
Wird im Folgenden kurz von „Personengesellschaft“ gesprochen, so ist dies als Kurzform für „inländische rechtsfähige Personengesellschaft“ zu verstehen sofern nicht anders ange- geben.
Ausländische nicht in einem DBA-Staat ansässige Mutterkapitalgesellschaft
Als ausländische nicht in einem DBA-Staat ansässige Mutterkapitalgesellschaft einer in- ländischen Kapitalgesellschaft gilt eine ausländische nicht in einem DBA-Staat ansässige Kapitalgesellschaft, die sämtliche Anteile am Nennkapital der inländischen Kapitalgesell- schaft in ihrem wirtschaftlichen Eigentum hält und die über keine Betriebsstätten iSd § 29 BAO in Österreich oder einem Drittstaat verfügt.
Als ausländische nicht in einem DBA-Staat ansässige Mutterkapitalgesellschaft einer Per- sonengesellschaft gilt eine ausländische nicht in einem DBA-Staat ansässige Kapitalgesell- schaft, die einen Gesellschaftsanteil an der Personengesellschaft in ihrem wirtschaftlichen Eigentum hält, der eine Beteiligung am gesamten Vermögen dieser Gesellschaft vermit- telt.12 Mit Ausnahme allfälliger ihr zugerechneter Betriebsstätten der inländischen Perso- nengesellschaft verfügt die ausländische Mutterkapitalgesellschaft über keine Betriebsstät- ten iSd § 29 BAO in Österreich oder einem Drittstaat.
Letztlich sei angenommen, dass die ausländische nicht in einem DBA-Staat ansässige Mut- terkapitalgesellschaft ausschließlich eine selbständige, nachhaltige und mit Gewinnabsicht unternommene Tätigkeit ausübt, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht als reine Vermögensverwaltung anzusehen ist.13
Im Folgenden soll „Muttergesellschaft“ als Kurzform für „ausländische nicht in einem DBA-Staat ansässige Mutterkapitalgesellschaft“ Verwendung finden.
Weitere Annahmen hinsichtlich der betrachteten Unternehmenseinheiten
Angenommen sei, dass weder die betrachteten inländischen Unternehmenseinheiten noch die Muttergesellschaft Tätigkeiten ausüben, die
- unabhängig sowohl vom Vorliegen der unbeschränkten Steuerpflicht als auch dem „Unterhalten“ einer inländischen Betriebsstätte einen österreichischen Besteue- rungsanspruch bewirken;14 oder
- zum Entstehen eines Besteuerungsanspruchs durch einen sowohl von Österreich als auch vom Sitzstaat der Muttergesellschaft verschiedenen Staat oder zur Beschrän- kung des österreichischen innerstaatlichen Besteuerungsanspruchs durch ein DBA führen.
(Bestimmte) Einkommensteuerrechtliche Implikationen
Die Untersuchung beschränkt sich auf das österreichische Einkommensteuerrecht.15 As- pekte des Gemeinschaftsrechts und des EWRA werden allerdings nicht abschließend un- tersucht.
Die Arbeit ist grundsätzlicher Natur: Nicht untersucht wird daher insb (A) der Einfluss der in Kapitel 1 Punkt 3.6 als „Sonderregeln der Abgrenzung der gewinnwirksamen von der gewinnneutralen Sphäre“ bezeichneten Normen; sowie (B) der Einfluss von Normen, wel- che bestimmte Teile des Gewinns von der Steuerpflicht ausnehmen oder die Höhe des Ge- winns beeinflussen ohne dass korrespondierende gewinnwirksame Betriebsvermögensän- derungen vorliegen.16
B. Kontext
Bewirkt die grenzüberschreitende Tätigkeit eines Unternehmens17 eine wirtschaftliche Bindung bestimmter Intensität zu einem ausländischen Staat, so erhebt dieser regelmäßig den Anspruch, Teile des Unternehmensgewinns zu besteuern.18 Häufig entsteht ein solcher Besteuerungsanspruch, wenn das Unternehmen im anderen Staat wesentliche Tätigkeiten über eine dort befindliche feste Einrichtung oder einen abhängigen Vertreter ausübt. Wäh- rend bis Anfang der 1990er Jahre im zwischenstaatlichen Steuerrecht eine Tendenz er- kennbar war, die Voraussetzungen für ein Besteuerungsrecht des Zielstaats im Interesse des Wirtschaftsverkehrs anzuheben,19 zeichnet sich in den letzten Jahren eine gegenläufige Tendenz ab.20
Spätestens wenn ein Besteuerungsanspruch des Zielstaates nicht vermieden werden kann oder soll21, steht das Unternehmen vor der Entscheidung, wie die Tätigkeit im anderen Staat in der rechtlichen Innenorganisation des Unternehmens abgebildet werden soll. Diese Entscheidung kann aufgegliedert werden in die folgenden zwei wechselseitig abhängigen Teilentscheidungen:
1. Entscheidung über die Rechtsform der im anderen Staat aktiven Unternehmensein- heit (Rechtsformwahl);22
2. Entscheidung betreffend der Frage, welche(r) Rechtsträger als Gesellschafter oder Eigentümer dieser Unternehmenseinheit fungieren soll(en) (Entscheidung der Ei- gentumsstruktur).
Beide Teilentscheidungen gemeinsam werden im Folgenden als Entscheidung der Unter- nehmensstruktur bezeichnet. Sie wird regelmäßig von einer Vielzahl an Kriterien beein- flusst. Neben steuerlichen Erwägungen zählen Aspekte des Gesellschaftsrechts23 und des Bilanzrechts,24 sowie betriebswirtschaftliche Aspekte25 zu den bedeutendsten Einflussfak- toren.26 Das Gewicht dieser Entscheidung wird dadurch erhöht, dass Änderungen der ein- mal gewählten Struktur uU nur unter Inkaufnahme hoher Kosten durchgeführt werden können,27 sodass sie zu den langfristig wirksamen unternehmerischen Entscheidungen ge- zählt werden kann.28
Steuerlich wirkt sich die Unternehmensstruktur regelmäßig in mehrerlei Hinsicht aus. So können Unternehmenseinheiten je nach Rechtsform unterschiedlichen Besteuerungsregi- men unterliegen. Die Rechtsformwahl kann maßgebenden Einfluss auf die Besteuerung laufender Gewinne und Gewinntransfers an Gesellschafter bzw Eigentümer als auch auf die Besteuerung im Fall eines Verkaufs, einer Umstrukturierung oder einer Auflösung der Unternehmenseinheit haben. Auch die Eigentumsstruktur kann sich (häufig in Abhängig- keit von der Rechtsform) in vielfältiger Weise auf die Steuerbelastung auswirken. Beson- ders häufig kommt ihr Bedeutung bei der Verwertung oder der Übertragung von vorgetra- genen Verlusten zwischen Unternehmenseinheiten zu. Abseits der Steuern vom Einkom- men kann sich die Unternehmensstruktur auch im Bereich der Verkehrsteuern auswirken.29
Zudem kann die Unternehmensstruktur Auswirkungen auf die Besteuerung von unterneh- mensinternen Leistungsbeziehungen haben. Unternehmenseinheiten grenzüberschreitend tätiger Unternehmen sind heute regelmäßig durch ein Geflecht von Leistungsbeziehungen miteinander verbunden. So wird davon ausgegangen, dass rund 70% des internationalen Handelsvolumens zwischen verbundenen Unternehmen(seinheiten) abgewickelt wird.30 Ursächlich hierfür ist, dass die optimale Nutzung von Standortvorteilen, Lern-, Skalen- und Synergieeffekten eine Konzentration der einzelnen Unternehmenseinheiten auf jene Funk- tionen voraussetzt, welche diese kostengünstiger oder nach anderen Kriterien effizienter als andere Unternehmenseinheiten ausüben können.
Diesem letzten Bereich widmet sich die vorliegende Arbeit anhand der beispielhaften Be- trachtung eines ausländischen Unternehmens in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, welches über eine inländische Unternehmenseinheit in Form einer Kapital- oder Personen- gesellschaft verfügt und mit dieser durch bestimmte fremdübliche Leistungsbeziehungen verbunden ist. Das Thema dieser Arbeit beleuchtet daher einen kleinen, in der Praxis der Beratung grenzüberschreitend tätiger Unternehmen aber dennoch relevanten, Aspekt der Entscheidung der Unternehmensstruktur.31
C. Begriffliche Anmerkungen, Stand der Arbeit
Werden im Rahmen dieser Arbeit der Begriff „Steuer“ oder davon abgeleitete Begriffe verwendet,32 so beziehen sich diese jeweils auf die Einkommensteuer.33 Unter „Betriebs- stätte“ ist eine solche iSd § 29 BAO zu verstehen.
Die Begriffe Personengesellschaft und Mitunternehmerschaft werden nicht unterschiedslos verwendet: „Personengesellschaft“ bezeichnet das definierte Rechtssubjekt, „Mitunter- nehmerschaft“ bezeichnet einen Betrieb, dem (teilweise) Tätigkeiten und das Vermögen der Personengesellschaft, daneben aber möglicherweise auch Tätigkeiten und Vermögen der Gesellschafter, zuzuordnen sind.
Die vorliegende Arbeit basiert auf dem Literatur- und Judikaturstand vom 1. August 2008.
[...]
1 Der Begriff des Unternehmens soll hier in seiner betriebswirtschaftlichen Bedeutung verstanden werden. Ein Unter- nehmen ist eine wirtschaftlich-rechtlich organisierte Gestaltungseinheit zum Zweck der Ausübung eines Geschäfts, um dadurch Gewinne zu erzielen. Der Begriff umfasst damit sowohl Einheitsunternehmen (das sind Unternehmen, welche nur einem einzigen Rechtsträger zugeordnet sind und dessen sämtliche Unternehmenseinheiten daher rechtlich unselb- ständig sind) und Konzerne (das sind Mehrheiten rechtlich selbständiger sowie zusätzlich allenfalls auch unselbständiger Einheiten, die in personeller, institutioneller, funktioneller und struktureller Hinsicht ein gemeinsames wirtschaftliches Ziel verfolgen und insofern eine wirtschaftliche Einheit darstellen); vgl Theissen, Konzern, 23.
2 Schuldverhältnisse können grundsätzlich unmittelbar durch das Gesetz oder ein Rechtsgeschäft bewirkt werden (Kozi- ol/Welser II13, 13). Unter den Begriff der Leistungsbeziehung fallen hier aber nur solche Schuldverhältnisse, die unmit- telbar durch einen Vertrag, also eine Mehrzahl an übereinstimmenden Willenserklärungen, entstanden sind (Vgl Welser, Fachwörterbuch, Stichworte „Vertrag“, „Rechtsgeschäft“, „Rechtsgeschäft, mehrseitiges“, „Beschluss“, „Willenserklä- rung“).
3 Ein Schuldverhältnis ieS ist eine rechtliche Beziehung von Personen, kraft derer ein Gläubiger berechtigt ist, von einem Schuldner ein bestimmtes Verhalten zu fordern (Welser, Fachwörterbuch, Stichworte „Schuldverhältnis“, „Rechtsver- hältnis“, „Leistung“; vgl Koziol/Welser II13, 3). Ein Schuldverhältnis iwS ist die Gesamtheit von (meist wechselseitigen) Schuldverhältnissen ieS, die durch Entstehungsgrund und Zweck zu einem einheitlichen Verhältnis zusammengehalten werden (Vgl Koziol/Welser II13, 3f).
4 Dieser Begriff ist in der steuerlichen Literatur gebräuchlich: Für Beziehungen von Personengesellschaften zu Gesell- schaftern vgl etwa Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, § 23 Rz 38; Schmidt, Mitunternehmer, 227; Doralt § 23 Tz 38; Dor- alt/Ruppe, Grundriss I9, 543ff; Gündisch, Personengesellschaften, 190; für Beziehungen zwischen verbundenen Kapital- gesellschaften vgl etwa Lechner in Gassner/Lechner, Steuerbilanzreform, 209 (211); KStR Rz 748, 771 u 794.
5 Zu diesem Wertmaßstab siehe etwa Lechner in Gassner/Lechner, Steuerbilanzreform, 209 (222f).
6 Solche Leistungsbeziehungen haben eine hohe praktische Relevanz, doch erfordert ihre Behandlung eine Reihe beson- derer Erwägungen, die nicht Gegenstand diser Arbeit sein sollen.
7 Zu den Kriterien der Vergleichbarkeit siehe Steiner, ÖStZ 2007, 160 (Teil I) und 2007, 204 (Teil II); Bau- er/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, § 1 Tz 31ff.
8 Gebilde mit ausländischem Personalstatut, die von dem in dieser Arbeit verwendeten Begriff der Kapitalgesellschaft
umfasst sind, sind regelmäßig rechtsfähig, da dies eines der Kriterien für die Vergleichbarkeit mit nach inländischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaften darstellt (KStR Rz 551, Steiner, ÖStZ 2007, 162; Bau- er/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, § 1 Tz 31ff).
9 Dies ist eine vereinfachende Annahme. Praktisch ist kaum denkbar, dass eine Kapitalgesellschaft nicht auch Betätigun- gen im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsverhältnis entfaltet (zB Gewinnausschüttungen). Solche Betätigungen werden hier aber nicht betrachtet.
10 Ausführlich zum Begriff der Mitunternehmerschaft Schmidt, Mitunternehmer, 22ff; Gröhs, Personengesellschaften, 32f; Ostendorf, S ondervergütungen, 19ff; Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, § 23 Tz 19.
11 Als Gesellschaft ist hier das Rechtssubjekt Personengesellschaft gemeint, nicht etwa der Betrieb, dem die Tätigkeit der Personengesellschaft steuerlich zuzurechnen ist; siehe unten C.
12 Da definitonsgemäß dennoch die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft erfüllt sind, kommen als andere(r) Gesellschafter der Personengesellschaft insb unbeschränkt haftende sog Arbeitsgesellschafter in Betracht.
13 Es ist darauf hinzuweisen, dass dieses letzte Kriterium für die Tätigkeit der inländischen Unternehmenseinheiten nicht vorausgesetzt wurde.
14 Ausgenommen sind also Tätigkeiten, die auf Ebene der beschränkt steuerpflichtigen Vertragspartei auch unter Außer- achtlassung des § 98 Abs 1 Z 3 1. TS EStG der beschränkten Steuerpflicht unterliegende Einkünfte bewirken. Ua ist dadurch ausgeschlossen, dass die Gesellschaften über in Österreich belegenes unbewegliches Vermögen verfügen. Der Grund für diese Ausnahme liegt ua darin, dass solche Tätigkeiten regelmäßig unabhängig von den Ergebnissen der vor- liegenden Arbeit der österreichischen Besteuerung unterliegen und ihre Betrachtung daher nur eine eingeschränkte Rele- vanz hätte. Ungeachtet dessen werfen solche Leistungsbeziehungen einige spezielle Fragen auf (ua Aspekte des Steuer- abzugs gem § 99 EStG), die durch die Ausnahme vom Untersuchungsgegenstand ausgeklammert bleiben sollen
15 Der Begriff des Einkommensteuerrechts soll hier auch das Körperschaftsteuerrecht als Recht der Besteuerung des Einkommens von Körperschaften umfassen.
16 Beispiele hierfür sind diverse Freibeträge und sachliche Steuerbefreiungen.
17 Siehe oben FN 1.
18 Vgl OECD-MK Art 5 Nr 1; BFH 21.4.1999, I R 99/97, BStBl. 1999 II S. 694 BStBl II 1999, 694 (696).
19 Görl in Vogel/Lehner, DBA4, Art 5 Tz 3.
20 MwN Bendlinger, SWI 2006, 358; ders, SWI 2007, 151, bei FN 11; ebenso Görl in Vogel/Lehner, DBA4, Art 5 Tz 3.
21 Ein Besteuerungsanspruch soll insb dann nicht vermieden werden, wenn dies zur Nutzung eines Steuergefälles im Rahmen der Steuerplanung erforderlich ist.
22 Hierbei wird auch die Gestaltung als rechtlich unselbständiger Teil einer anderen Unternehmenseinheit (insb als Be- triebsstätte) als eigene Rechtsform angesehen (ebenso Hirschler, Rechtsformplanung, 31).
23 Die gewählte rechtliche Innenorganisation kann etwa einen Einfluss auf Mitsprache- und Kontrollmöglichkeiten, die Haftung für Schulden, Kapitalentnahmerechte sowie die Flexibilität im Fall zukünftiger Umgründungen, Änderungen von Beteiligungsverhältnissen oder der Auflösung haben; Quellen siehe FN 23.
24 Hier können sich Auwirkungen insb auf die anzuwendenden Bilanzierungsgrundsätze, den Konsolidierungskreis und die Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses ergeben; Quellen siehe FN 23.
25 So kann etwa das Tätigwerden über eine nach dem Recht des Zielstaats gegründete rechtlich selbständige Einheit verbesserte Kooperationsmöglichkeiten mit Dritten bieten. Auch kann das Auftreten als lokales Unternehmen potentiell das Vertrauen von lokalen Kunden und Gläubigern erhöhen. Andererseits kann aber die Einflussnahme der Unterneh- mensleitung auf rechtlich selbständige Unternehmenseinheiten gesellschaftsrechtlich begrenzt sein, womit Verselbstän- digungstendenzen begünstigt werden. Der einmalige und laufende rechtsformabhängige Verwaltungsaufwand ist ebenso zu berücksichtigen. Eine wichtige Rolle spielen auch Finanzierungsmöglichkeiten, die zT rechtsformabhängig sind. Quellen siehe FN 23
26 Vgl Hirschler, Rechtsformplanung, 28ff; Fritz, Gesellschafts- und Unternehmensformen, 44ff; Bau- er/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, § 1 Tz 25; Wöhe, Einführung20, 281.
27 Wird etwa die Tätigkeit im betreffenden Staat auf eine andere Unternehmenseinheit übertragen, so kann damit zB die Kündigung von konzerninternen Vertragsbeziehungen unter nicht fremdüblichen Umständen oder eine Übertragung von immateriellen Vermögensgegenständen (Geschäftschancen, Kundenstamm, Know-how, etc) verbunden sein. Eine erhöhte Einkommensteuerbelastung kann die Folge sein. Weiters können auch Änderungen der Rechtsform oder der Eigentums- verhältnisse an Unternehmenseinheiten außerhalb allfälliger umgründungssteuerrechtlicher Begünstigungen Verkehrs- und Einkommensteuern auslösen. Neben Steuermehrkosten verursacht eine solche Änderung regelmäßig auch andere Kosten (zB Mieterhöhung gem § 12a MRG, Beratungskosten, etc).
28 Zur Rechtsformwahl aus betriebswirtschaftlicher Sicht vgl etwa Wöhe, Einführung, 281.
29 In der österreichischen Rechtsordnung hat die Unternehmensstruktur etwa im Bereich der Gesellschaftsteuer Bedeu- tung, wo grundsätzlich nur vom unmittelbaren Gesellschafter veranlasste Zuwendungen in eine Gesellschaft bestimmter Rechtsform die Steuer auslösen. Ist also geplant, eine österreichische Unternehmenseinheit mit Eigenkapital auszustatten, so kann der Anfall von Gesellschaftsteuer häufig durch die Wahl einer bestimmten Rechtsform (zB Offene Gesellschaft) oder Eigentumsstruktur (Eigenkapitalgeber ist nicht unmittelbar an der inländischen Unternehmenseinheit beteiligt) vermieden werden.
30 Fraberger F. in Schuch/Zehetner, Verrechnungspreisgestaltung, 45 (48).
31 Zur dessen betriebswirtschaftlicher Bedeutung vgl etwa Ostendorf, S ondervergütungen, 18 u 189.
32 Insb die Begriffe „steuer(recht)lich“ oder „Steuersubjekt“.
33 Dies umfasst das Körperschaftsteuerrecht; vgl oben FN 15.
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