Friedrich Kittler: Romantik – Psychoanalyse – Film: Eine Doppelgängergeschichte. In: Hörisch/ Tholen (Hg.): Eingebildete Texte. Fink, 1985.
These: Der Doppelgänger taucht in den klassischen und romantischen Tagen in der Literatur auf, erfährt durch die Psychoanalyse seine wissenschaftliche Deutung und u. a. dadurch seitdem eine Wandlung. In Form von filmtechnischen Verfahren taucht diese Problematik verändert wieder in unserer Zeit auf.
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Friedrich Kittler: Romantik – Psychoanalyse – Film: Eine Doppelgängergeschichte. In: Hörisch/ Tholen (Hg.): Eingebildete Texte. Fink, 1985.
These: Der Doppelgänger taucht in den klassischen und romantischen Tagen in der Literatur
auf, erfährt durch die Psychoanalyse seine wissenschaftliche Deutung und u. a.
dadurch seitdem eine Wandlung. In Form von filmtechnischen Verfahren taucht diese
Problematik verändert wieder in unserer Zeit auf.
I. Erstes Auftauchen in den klassisch – romantischen Tagen und wissenschaftliche
Deutung
a) Gedicht Erscheinung von Adalbert von Chamisso:
- Heimkehr nach durchzechtem Abend, Erschrecken über Licht im Zimmer
- nach Eintritt trifft das lyrische Ich auf seinen Doppelgänger:
- “Wer bist du Spuk?“ – “Wer stört mich auf in später Geisterstunde?“ (S.118)[1].
- Selbstrechtfertigung des lyr. Ich : “Ein solcher bin ich, der getrachtet nur einzig nach dem Schönen, Guten, Wahren.“ - Doppelgänger: “Ich bin ein feiger, lügenhafter Wicht.“ (S.119)
- lyr. Ich verlässt wieder die Wohnung
b) Episode aus Goethes Wilhelm Meister:
- Meister soll eine Gräfin überraschen, indem er sich als ihr Gatte verkleidet und in dessen Arbeitszimmer auf sie wartet
- statt der Gräfin tritt ihr Mann ein und erschreckt, da er glaubt, sich selbst zu sehen
zu a) Otto Rank, ein Mitarbeiter Freuds, sammelte literarische Darstellungen von
Doppelgängerepisoden und wertete sie wissenschaftlich aus. So wird die Konfrontation
einer tatsächlichen oder fiktiven Person als Projektion der innerpsychischen Diskrepanz
zwischen Ich-Ideal und erreichter Wirklichkeit gewertet (vgl. S.120).
zu b) Das Buch enthält keine physische Darstellung des Helden. Dieser wird dargestellt als
gewöhnliche Persönlichkeit, die nur die Eigentümlichkeit hat, keine Eigentümlichkeit zu
haben. Dadurch kann sich der Leser mit ihm identifizieren. Meister wird zum
Doppelgänger des Lesers, und dass der Graf in seinem Arbeitszimmer seinen
Doppelgänger vor sich glaubt, muss vom Leser noch einmal geglaubt werden (S. 121 u.)
II. Wie entstand damals die Gestalt des Doppelgängers?
Ranks Aufsatz über den Doppelgänger behandelt ziemlich genau die Literatur der vergangenen hundert Jahre vor ihm. Was war also mit der Figur des Doppelgängers davor? Wieso taucht sie erst zu einer gewissen Zeit auf?
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[1] Seitenzahlen ohne Angabe beziehen sich auf den Text von Kittler.
- Quote paper
- Christian Herzig (Author), 2001, Friedrich Kittler: Romantik, Psychoanalyse, Film, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1221