In dieser Arbeit wird dargelegt, welche New Work Konzepte die höchste Umsetzungsrate erfahren haben und wie diese die Arbeitswelt während und nach Covid-19 beeinflussen. Gestützt wird die Analyse durch einen theoretischen Teil und Experteninterviews, durch die verdeutlicht wird, wie Unternehmen verschiedener Branchen und vor allem Größen auf die massiven Umstrukturierungsimpulse reagieren.
Die Forschungsfrage lautet: "Wie beeinflusst Covid-19 die digitale Neuordnung der Arbeitswelt unter dem Aspekt New Work?" Um die Forschungsfrage adäquat zu beantworten, werden drei weitere Fragen in Betracht gezogen, welche die Struktur der Arbeit unterstützen: Welche New Work Konzepte können in Zukunft durch eine tiefgreifende Umstrukturierung etabliert werden? Inwiefern finden Umstrukturierungsmaßnahmen einer "neuen Arbeitswelt‘" bereits in Unternehmen Anwendung? Welche Auswirkungen hat die Implementierung von New Work Faktoren auf Unternehmen und Mitarbeiter?
Das Anfang 2020 identifizierte SARS-CoV-2-Virus gab den Startschuss für eine der vehementesten Krisen des 21. Jahrhunderts. Arbeitnehmer und Unternehmen wurden gezwungen neue Wege zu bestreiten und bislang angewandte Methoden verloren ihre Gültigkeit. Als Antwort wurden vermehrt New Work Konzepte verwendet, deren Potenziale zuvor nicht von der breiten Masse erkannt wurden.
II. Inhaltsverzeichnis
I. ABSTRACT
II. INHALTSVERZEICHNIS
III. ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
IV. GLOSSAR
1. E INLEITUNG
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage
1.3 Methodische Vorgehensweise und Struktur
2. T HEORETISCHE G RUNDLAGEN
2.1 Was ist Arbeit?
2.2 Was ist New Work?
2.3 Covid-19-Krise
2.4 Disruptiver Wandel
2.4.1 Makroebene
2.4.2 Mesoebene
3. N EW W ORK K ONZEPTE
3.1 Individualisierung
3.2 Leadership
3.3 Agilität
3.4 Flexibilisierung
3.5 Arbeitsplatzkonzepte
4. A USWIRKUNGEN VON C OVID -19 AUF DAS A RBEITEN
4.1 Veränderungen einer pandemiebedingten Arbeitswelt
4.2 Negativum
5. E XPERTENINTERVIEWS
5.1 Methodik
5.1.1 Methodenwahl: Das Experteninterview
5.1.2 Gestaltung des Interviewleitfadens
5.1.3 Auswahl und Beschreibung der Interviewpartner
5.1.4 Datenerhebung und Datenauswertung
5.2.. Auswertung
5.2.1 Individualisierung
5.2.2 Leadership
5.2.3 Agilität
5.2.4 Flexibilisierung
5.2.5 Arbeitsplatzkonzepte
5.2.6 Disruptiver Wandel
5.2.7 Covid-19
5.3 Darstellung der Ergebnisse
5.3.1 Partizipation
5.3.2 Selbstbestimmung der Mitarbeiter
5.3.3 Rolle der Führungskräfte
5.3.4 Verantwortungsübergabe
5.3.5 Organisationsform
5.3.6 Flexibilität
5.3.7 Bürokonzepte
5.3.8 Innovationsintelligenz
5.3.9 Auswirkungen von Covid-19
5.4 Handlungsempfehlungen
5.4.1 Individualität
5.4.2 Leadership
5.4.3 Agilität
5.4.4 Flexibilität
5.4.5 Bürokonzepte
6 F AZIT UND A USBLICK
V. LITERATURVERZEICHNIS
VII ANHANG
Abstract
Das Anfang 2020 identifizierte SARS-CoV-2-Virus gab den Startschuss für eine der vehementesten Krisen des 21. Jahrhunderts. Arbeitnehmer und Unternehmen wurden gezwungen neue Wege zu bestreiten und bislang angewandte Methoden verloren ihre Gültigkeit. Als Antwort wurden vermehrt New Work Konzepte verwendet, deren Potenziale zuvor nicht von der breiten Masse erkannt wurden. Um darzulegen, welche New Work Konzepte die höchste Umsetzungsrate erfahren haben und wie diese die Arbeitswelt während und nach Covid-19 beeinflussen, soll in der folgenden Arbeit beschrieben werden. Gestützt wird die Analyse durch einen theoretischen Teil und Experteninterviews, durch die verdeutlicht werden soll, wie Unternehmen verschiedener Branchen und vor allem Größen auf die massiven Umstrukturierungsimpulse reagieren. Deutlich hierbei wurde vor allem, dass der New Work Faktor Individualisierung zurzeit am weitesten vorangeschritten ist und der Aspekt einer neuen Bürokultur bislang am wenigsten in das Kalkül gezogen wurde. Außerdem wurde ersichtlich, dass die Umsetzung von New Work Konzepten innehrhalb einzelner Unternehmen nicht zwingend mit der Branche zusammenhängt, da in den Gesprächen deutlich wurde, dass alle Interviewpartner New Work als Katalysator erkannt haben, sondern primär bedingt durch die Organisationsstruktur, Größe, Prozesslogiken sowie der Bürokratie innerhalb einzelner Unternehmen bestimmt wird.
The SARS-CoV-2 virus identified in early 2020 initiated one of the most vehement crises of the 21st century. Employees and companies were forced to take new paths and previously applied methods lost their stability. In response, the implementation rate of New Work concepts increased because the potential had not previously been recognized by the masses. To show which New Work concepts, experience the highest implementation rate and how these influence the working world during and after Covid-19 is to be described in the following work. The analysis is supported by a theoretical part and interviews with experts to clarify how companies of different sectors and, above all, sizes react to the massive restructuring impulses. It became II clear that the New Work factor of individualization is currently the most advanced and that the aspect of a new office culture has so far been the least considered. It also became clear that the implementation of New Work concepts within individual companies is not necessarily related to the industry, as it became clear in the interviews that all interviewees have recognized New Work as a catalyst, but is primarily determined by the organizational structure, size, process logics and bureaucracy within individual companies.
III. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Gliederung der Arbeit, Seite
Abbildung 2: Das 4s-Modell der Arbeit, Seite
Abbildung 3: Der disruptive Wandel, Seite
Abbildung 4: Natürliche Bevölkerungsbewegung und Wanderungssaldo, Seite
Abbildung 5: Semantisches Differenzial, Seite
Abbildung 6: Umsetzung von New Work Konzepten in ausgewählten Unternehmen, Seite
Abbildung 7: Ausprägung von New Work Konzepten, Seite
Tabelle 1: Entscheidungsmatrix, Ausprägung von New Work Konzepten innerhalb ausgewählter Unternehmen, Seite 47
IV. Glossar
Arbeitgebermarke (Employer Branding): ist eine unternehmensstrategische Maßnahme bei der Konzepte aus dem Marketing, vor allem der Markenbildung verwendet werden um ein Unternehmen attraktiver für Arbeitnehmer zu gestalten.1
Bottom-up: es werden zunächst enge Ziele auf den unteren Ebenen der Organisationshierarchie festgelegt. Sie werden dann schrittweise in den Rahmen der globalen Ziele und Strategie auf höheren Ebenen integriert. Es handelt sich also um einen konvergenten Ansatz.2
Clickworker: ist ein Freiberufler, der meist nebenbei kleine oder kleinste Aufträge für in der Regel Unternehmen erledigt.3
Cloud Computing: beinhaltet Technologien und Geschäftsmodelle, um IT- Ressourcen dynamisch zur Verfügung zu stellen und ihre Nutzung nach flexiblen Bezahlmodellen abzurechnen.4
Collaboration Plattform: ermöglichen diverse Maßnahmen, die eine computergestützte Zusammenarbeit von zeitlich und/oder räumlich getrennten Teams oder Personen an einem gemeinsamen Projekt ermöglichen.5
Commitment: bedeutet Selbstverpflichtung und soll zur Identifikation einer Person mit einer Organisation führen.6
Creative Work Spaces: sind ausgelagerte Raumkonzepte, die den kreativen Prozess anregen und zum gewinnbringenden Vernetzen dienen sollen.7
Cyber-physische Systeme: sind Systeme, bei denen Informations- und Softwaretechnik mit mechanischen Komponenten verbunden sind, wobei Datentransfer und -austausch sowie Kontrolle bzw. Steuerung über eine Infrastruktur wie das Internet in Echtzeit erfolgen.8
Desk Sharing: ist eine Organisationsform, bei der Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz im Büro täglich frei wählen dürfen.9
Internet of Things: verbindet physische Objekte mit der virtuellen Welt. Intelligente Geräte und Maschinen sind dabei miteinander und mit dem Internet vernetzt. Sie erfassen relevante Informationen über ihre unmittelbare Umgebung, analysieren diese und verknüpfen sie.10
Job Rotation: ist eine Maßnahme zur Arbeitsplatzgestaltung. Mitarbeiter tauschen oder wechseln dabei in vorher festgelegten Intervallen ihren Arbeitsplatz und die damit verbundenen Aufgaben.11
Smart Factory: eine Produktionsumgebung, in der Fertigungsanlagen und Logistiksysteme selbstständig arbeiten, ohne dass menschliche Eingriffe (weitestgehend) notwendig sind. Die technische Grundlage hierfür bilden wiederum cyber-physische Systeme, die mit Hilfe des Internet of Things kommunizieren.12
Top-down: Gegenrichtung des Bottum-up Ansatz, bei dem das Prinzip der Deduktion genutzt wird, das heißt, dass die Managementebene von einem übergeordneten Ziel aus auf viele Teilziele ableitet und somit in der Durchführung von oben nach unten vorgeht.13
1. Einleitung
Die Covid-19-Pandemie führte zu bisher noch nie dagewesenen Ausnahmezuständen und daraus resultierenden Lösungsansätzen. Die Folgen erstrecken sich über alle Lebensbereiche und vor allem in der Wirtschaft sind massive Herausforderungen zu erkennen. Durch das Arbeiten von zuhause und einem rasanten Anstieg der Nutzung digitaler Tools wurde Arbeitnehmern14 sowie Arbeitgebern bewusst, dass sich das Arbeitsverhältnis nachhaltig verändern wird und sich die Arbeitswelt momentan in einer Transformationsphase hin zur neuen Welt der Arbeit befindet.15 Dieser Aspekt ist an sich nicht neu, allerdings dient die Covid-19- Krise als Katalysator für die beschriebene Entwicklung.
1.1 Problemstellung
Die Pandemie führte dazu, dass der normale Arbeitsalltag, charakterisiert durch eine Präsenzkultur, Großraumbüros und stringente Organisationsformen, eine Umstrukturierung erfahren muss, um auf die veränderten Anforderungen anwendbar zu sein. Als Lösungsansatz kommt die erstmals von Frithjof Bergman thematisierte Bewegung ,,New Work" in Betracht. Zur Standardliteratur des Themengebiets New Work gehören unter anderem Titel wie ‘‘On Being Free‘‘ von Frithjof Bergman oder auch ‘‘Arbeit die schönste Nebensache der Welt: Wie New Work unsere Arbeitswelt revolutioniert‘‘ von Markus Väth.
Die ursprüngliche Kernaussage von New Work, war das Schaffen von Entscheidungsfreiheit für Möglichkeiten. Während der Covid-19-Pandemie verlagerte sich der Fokus von ,,New Work" primär auf Selbstbestimmung, Flexibilität, Individualität und Agilität.16 Der Mensch soll in den Vordergrund rücken und Ziel ist das Schaffen eines veränderten Verständnisses von Arbeit mit flexiblen Möglichkeiten zur Ausgestaltung dieser. Charakteristika von ,,New Work" sind unter anderem das Arbeiten aus dem Homeoffice, die Nutzung digitaler Tools oder die flexible Einteilung der Arbeitszeit. In der Regel haben viele der deutschen Unternehmen schon von dem Begriff ,,New Work‘‘ gehört, dessen Potenzial aber bislang noch nicht vollkommen erkannt.17 Aus diesem Grund halten viele Unternehmen an klassischen Strukturen fest, was allerdings während der Covid-19-Krise nicht mehr möglich war und Unternehmen zur Implementierung von New Work Ansätzen zwang, um den Arbeitsalltag weiterführen zu können. Auf Grund der Dringlichkeit einer Eindämmung des Virus vollzog sich der Wandel abrupt und ohne Anlaufzeit. Dies führte dazu, dass viele der Führungskräfte überfordert mit der neuen Situation waren und das Umdenken zu neuen Lösungsansätzen in den Vordergrund rückte. Die Nutzung von New Work ist demnach unumgänglich, doch ein genaues Konzept zur Bewältigung der Krise mit Hilfe von ausgewählten New Work Faktoren und den entsprechenden Instrumenten gibt es nicht.
1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage
Grundlegend für die Ausarbeitung dieser Arbeit ist die Annahme, dass deutsche Unternehmen New Work Konzepte als Reaktion auf die veränderten Anforderungen ihrer Außenwelt durch die Covid-19-Krise etablieren, um sich den Gegebenheiten anzupassen. Allerdings finden unterschiedliche Ansätze in verschiedenen Unternehmen Anwendung und nicht jedes Unternehmen begrüßt die New Work Konzepte, die eine digitale Neuordnung der Arbeitswelt beflügeln. Die daraus abgeleitete Forschungsfrage lautet: ,,Wie beeinflusst Covid-19 die digitale Neuordnung der Arbeitswelt unter dem Aspekt New Work?“ Um die Forschungsfrage adäquat zu beantworten, sollen drei weitere Fragen in Betracht gezogen werden, welche die Struktur der Arbeit unterstützen:
- Welche New Work Konzepte können in Zukunft durch eine tiefgreifende Umstrukturierung etabliert werden?
- Inwiefern finden Umstrukturierungsmaßnahmen einer „neuen Arbeitswelt" bereits in Unternehmen Anwendung?
Welche Auswirkungen hat die Implementierung von New Work Faktoren auf Unternehmen und Mitarbeiter?
Hauptaugenmerk der qualitativen Analyse liegt zunächst in der umfassenden Untergliederung von New Work Konzepten und deren Treibern. Anschließend soll deren Etablierung in der Praxis durch Experteninterviews überprüft und evaluiert werden.
1.3 Methodische Vorgehensweise und Struktur
Die Bachelorarbeit ist in sechs Kapitel unterteilt, welche durch Grafik 1 veranschaulicht werden. Die Einführung soll einen ersten Bezug zum Thema sowie die zu beantwortenden Fragen aufwerfen. Zum Schaffen eines soliden Fundaments dienen die theoretischen Grundlagen, welche den Begriff der „Arbeit" definieren und eine Abgrenzung zum Begriff „New Work" schaffen. Des Weiteren sollen die Covid-19-Krise sowie der disruptive Wandel genauer beleuchtet werden. Im nachfolgenden Hauptteil werden zunächst Hauptfaktoren für „New Work" benannt und anschließend spezifiziert. Die hier erwähnten New Work Konzepte sollen als Orientierungsstütze für das spätere Experteninterview dienen.
Daraufhin werden Studien bezüglich der Auswirkungen von Covid-19 auf die zuvor beschriebenen New Work Konzepte analysiert und zusammengetragen. In der nun folgenden Analyse werden die im Hauptteil beschriebenen New Work Konzepte und deren Implementierung in der Praxis anhand von Experteninterviews überprüft. Um die zu Beginn aufgekommene Forschungsfrage zu beantworten, wird ein Interviewleitfaden konzipiert, anhand dessen die qualitativen Experteninterviews durchgeführt werden. Die Forschungsmethodik sowie die Vorgehensweise werden im analytischen Teil dieser Arbeit beschrieben. Anschließend werden die aus den Interviews gewonnenen Erkenntnisse ausgewertet und dargestellt, um den Grad der Umsetzung von New-Work- Konzepten innerhalb der Unternehmen zu dokumentieren. Abschließend werden die gesammelten Erkenntnisse aus Theorie und Empirie in einem Fazit zusammengefasst und ein Ausblick auf zukünftige Maßnahmen dargelegt.
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
2. Theoretische Grundlagen
Begriffe wie New Work, Covid-19 oder auch disruptiver Wandel sind im allgemeinen Sprachgebrauch bekannt, allerdings ist es sinnvoll ein grundlegendes Verständnis dahingehend zu schaffen um die folgenden Themenblöcke aufbauend strukturieren zu können.
2.1 Was ist Arbeit?
„Arbeit um der Arbeit willen ist gegen die menschliche Natur.“ - John Locke
Um die Arbeitswelt der Zukunft unter dem Aspekt New Work prognostizieren zu können und die heutige zu verstehen, muss zunächst ein Verständnis von der Arbeitswelt der Vergangenheit bestehen. Dahingehend gibt es einige Denkanstöße, die beachtet werden sollen, so unter anderem, woher die momentane Auffassung und Definition von „Arbeit" stammt oder wieso ebenfalls der Ort der Verrichtung als „Arbeit" betitelt wird. Je nach persönlichem Hintergrund und Zusammenhang herrschen völlig divergente Vorstellungen von dem, was Arbeit bedeutet.18 Diese kann unter anderem den Beruf sowie die ausgeübten Tätigkeiten miteinbeziehen. Arbeit kann unter anderem ehrenamtlich, bezahlt, unbezahlt, stressig, gesund oder auch ungesund sein. Man kann anhand des Leitspruchs: „Leben, um zu arbeiten oder arbeiten, um zu leben‘‘ sogar eine Kategorisierung von Menschentypen und deren Verbindung zwischen Arbeit und Leben evaluieren. Es lässt sich also sagen, dass Arbeit von enormer Bedeutung für die Wirtschaft, den Wohlstand, aber auch für Kultur, Gesellschaft und das Leben jedes Einzelnen ist.
Auszug aus dem Duden bezüglich der Definition von „Arbeit"19:
- Tätigkeit mit einzelnen Verrichtungen, Ausführung eines Auftrags o. Ä.
- das Arbeiten, Schaffen, Tätigsein; das Beschäftigtsein mit etwas, mit jemandem
- Mühe, Anstrengung, Beschwerlichkeit, Plage
- Berufsausübung, Erwerbstätigkeit; Arbeitsplatz
-als Ergebnis einer Betätigung entstandenes Werk, Erzeugnis, Produkt.
Deutlich hierbei wird, dass es vor allem um das Ausüben einer Tätigkeit an einem Arbeitsplatz unter Anstrengung mit dem Ziel eines Erzeugnisses, also eines Endproduktes, geht. Vor der Industriellen Revolution wurde die Wirtschaft Europas durch handwerkliche Fertigkeiten, das Arbeiten in kleinen Gruppen, Dezentralisierung und geringe Produktionsumfänge bestimmt.20 Darüber hinaus bestritten die meisten Menschen ihren Lebensunterhalt nicht nur aus einer, sondern aus mehreren Tätigkeiten, welche teilweise parallel stattfanden.21 Durch die Industrialisierung änderte sich das Verständnis von „Arbeit" immens, da die Berufsarbeit in Vollzeit und in der Regel auf Lebenszeit zur Normalität wurde. Einer der ausschlaggebenden Faktoren der Industriellen Revolution war die immense Produktivitätssteigerung durch den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt und die daraus resultierenden neuen Produktionsmöglichkeiten. Durch die erlebte Arbeitsteilung kam es zur Entfremdung des einzelnen Arbeiters mit der von ihm erbrachten Arbeit. Darüber hinaus wurden neue Fähigkeiten zur Bewertung eines Arbeiters herangezogen, nämlich die von der Arbeitskraft erbringbare Zeit. Durch die Einsatzfähigkeit in einem durch Maschinen geprägten Arbeitsfluss wurden Arbeitskräfte zu einem leicht austauschbaren und am Markt frei verfügbaren Gut. Die resultierende Veränderung war die räumliche und zeitliche Trennung von Arbeit und Privatleben. Zurzeit erleben wir einen Wandel, welcher invers zu dem der Industriellen Revolution verläuft, und das System, wie es seit über 100 Jahren aufgebaut wurde, wurde durch Tendenzen zum Individuellen und Dezentralen revolutioniert.22 Aus diesem Grund ist es sinnvoll die momentane Definition von Arbeit und Arbeitsort zu hinterfragen. Als ein weiterer Aspekt, welcher momentan immer noch aktuell ist, erscheint die Gleichsetzung von Arbeit und Zeit23, die wir am Arbeitsort verbringen. Dieses Arbeitsverständnis stammt ebenfalls aus der Zeit der Industrialisierung und erfährt momentan immer mehr Kritik, welche auf die Entkopplung von Raum und Zeit in der Dienstleistungsgesellschaft abzielt. Arbeit war schon immer fester Bestandteil im Leben der Menschen, allerdings änderte sich die Auffassung, was Arbeit ist und bewirken soll, drastisch im Laufe der Zeit. Die Industrielle Revolution gab den Startschuss für einen disruptiven Wandel, welcher das Wirtschaften, die Arbeitswelt und die Auffassung der Menschen von Arbeit nachhaltig veränderte. Diese Entwicklung unter den Aspekten Verstädterung, Zentralisierung sowie die räumliche und zeitliche Unbestimmtheit während der Arbeit begann am Ende des achtzehnten Jahrhunderts und hält bis heute an. Die Ursache dessen liegt in tiefgreifenden Strukturveränderungen innerhalb der Arbeitswelt. Die heutzutage existierende schnelle Welt kollidiert mit der mittlerweile veralteten Auffassung, die wir von Arbeit haben, und führt zur Erschaffung einer neuen arbeitsweltlichen Wirklichkeit. Das Band von Arbeit und Arbeitsort wurde vor allem durch die Covid 19-Pandemie durchschnitten, durch die Menschen gezwungen wurden von zuhause zu arbeiten. Als Resultat erkennen viele Arbeitnehmer, dass der Mensch einen Mangel an Selbstbestimmtheit hat und viele den Sinn der von ihnen erbrachten Arbeit nicht erkennen können.
2.2 Was ist New Work?
„Freude an der Arbeit lässt das Werk trefflich geraten." - Aristoteles
Der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann ist Begründer des Begriffs ,,New Work" und beschäftigte sich bereits 1978 in seinem Werk ,,On Being Free“ damit, ein alternatives Modell zur Lohnarbeit im kapitalistischen Wirtschaftssystem zu entwickeln. Sein Grundgedanke beschreibt eine Veränderung der Arbeitsbedingungen hin zu einem Umfeld, welches Arbeitnehmern eine zweckerfüllende und für sie bedeutsame Tätigkeit ermöglicht. Bergmanns Theorie begründet sich darin, dass klassische Lohnarbeit so alt sei wie die Industrielle Revolution (200 Jahre) und aus diesem Grund keine Grundsätzlichkeit widerspiegelt. Zusätzlich sei die Lohnarbeit veraltet, weswegen es Zeit für ein neues System werde. Der Mensch unterwirft sich bislang der Arbeit24. New Work soll invers hierzu agieren, der Mensch soll nicht der Arbeit dienen, sondern die Arbeit dem Menschen. Arbeit soll dem Menschen mehr Kraft und Energie verleihen und die Entwicklung eines jeden vorantreiben. Statt die Arbeit als Mittel zum Zweck zu sehen, rücken der Mensch und seine Bedürfnisse in den Vordergrund. New Work soll Mitarbeitende dazu befähigen, ihre Berufung zu finden.25 Es gibt Arbeitnehmern mehr Freiheiten, die Möglichkeit sich selbst zu entfalten und dabei kreative sowie innovative Ideen zu entwickeln. Momentan wird der Begriff „New Work“ in der Regel allgemein verwendet und steht für eine grundlegende und nachhaltige Veränderung der Arbeitswelt.26 Obwohl sich Bergmann selbst als Gründer von „New Work“ sieht, erbrachte er bis zu seinem Tod (24.05.21) keine klare Definition des Konzepts. Aus diesem Grund soll der folgende Teil ein Verständnis für den erklärungsbedürftigen Begriff schaffen.
Grundsätzlich gilt, dass „New Work“ den strukturellen Wandel der Arbeitswelt beschreibt unter Berücksichtigung der Ursachen wie Digitalisierung, Globalisierung, Dezentralisierung, Wertewandel, der Umstellung zur Industrie 4.0 oder auch dem Fachkräftemangel27. Daraus resultieren neue Chancen sowie Möglichkeiten für die Ausführung und Organisation von Arbeit, allerdings ist nur derjenige langfristig zukunftsfähig, der sich mit dem Thema „New Work“ intensiv auseinandersetzt. Aus diesem Grund ist es essenziell ein Bewusstsein bei Unternehmen und Arbeitnehmern für die neuen Anforderungen an Arbeit zu schaffen. Abbildung 2 zeigt das 4S-Model von Arbeit nach Hackl et al., welches 4 Perspektiven für die Umstrukturierung und Anpassung von Arbeit an die veränderten Anforderungen von ,,New Work" bietet.
Abbildung 2:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: (Hackl , et al., 2017, p. 38)
Für viele Menschen ist Arbeit ein zentraler Bestandteil der eigenen Selbstdefinition und die Mehrheit der Arbeitnehmer wünscht sich die eigenen Fähigkeiten, Kompetenzen und die eigene Persönlichkeit im Beruf einzubringen. Neben Sinn und Freude bei der Arbeit ist Erfüllung ein weiterer essenzieller Bestandteil auf dem Weg zur Definition von Arbeit unter dem Aspekt „New Work“. Der Arbeitsplatz soll als Ort zur Wunsch- und Traumverwirklichung dienen und die klassische Betrachtungsweise von Arbeit als zwangsläufige Tätigkeit ersetzen.28 Wichtiger Bestandteil ist die Freude, welche nicht ausschließlich in der Freizeit erlebt werden soll, sondern während der Arbeit das Handeln unterstützt und so zur Selbstverwirklichung beiträgt.
Sicherheit gehört zu einem der Grundbedürfnisse des Menschen. Allerdings bewirken die aktuellen Transformationsprozesse bei vielen Arbeitnehmern das Auslösen von Ängsten. Sie können die Folgen einer Transformation nicht konkret abschätzen, wodurch die Zukunft mit Unsicherheiten verbunden ist. Vor allem den Deutschen ist die Sicherheit der Beschäftigung wichtig und trägt dazu bei, die seelische Gesundheit zu stärken. Um die Transformationsprozesse positiv zu durchlaufen, sind gemeinsame Entscheidungsprozesse sowie eine klare und transparente Kommunikation seitens der Führung unumgänglich.
Sinnhaftigkeit wird mehr und mehr zum entscheidenden Aspekt der Arbeit und prägt das Anspruchsdenken der Teilnehmer am Arbeitsmarkt. Sie unterscheidet sich von der Selbstverwirklichung durch den höheren gesellschaftlichen Zweck. Sinnvermittlung hat eine große Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen vor allem dadurch, dass Mitarbeiter in ihren Handlungen bestärkt werden, wenn die erbrachte Leistung Veränderungen bewirkt. Im Kontext von New Work wird es insbesondre im Zusammenhang mit neuen Führungskonzepten zu einer tragenden Säule, wenn es um die Übergabe von Eigenverantwortung, Entscheidungsfreiheit und Gestaltungsspielräumen geht.
Arbeit und Sozialleben sind oftmals kohärent miteinander verbunden und Menschen verbringen in der Regel viel Zeit mit deren Arbeitskollegen. Damit Arbeit Freude verursacht, sind drei Faktoren nötig. Diese sind passende objektive Gegebenheiten, zum Beispiel die technische Ausstattung, Formen der Anerkennung, die durch das Ausüben der Tätigkeit entstehen, und die persönliche Einstellung zur auszuführenden Arbeit. Allerdings ist das Empfinden von Glück ebenfalls von den Personen und Gegebenheiten innerhalb einer Organisation abhängig. Die Beachtung und Wertschätzung durch Mitmenschen stellen Leistungsverstärker dar, welche unter Ausbleiben zu einem Risiko von psychischen Erkrankungen führen können.
Durch die Veränderungen auf Unternehmens- sowie gesellschaftlicher- Ebene definiert Steffen Kirchner den Begriff New Work in dem Buch „New Work: Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt“ wie folgt: „New Work oder die Neue Welt des Arbeitens ist Denkansatz und Bewegung zugleich. Ursache sind tiefgreifende Veränderungsprozesse auf gesellschaftlicher und auf Unternehmensebene und damit verbundene neue Anforderungen an Manager, Führungskräfte und Mitarbeiter. Ziel ist ein Wandel des Verständnisses und der Ausgestaltung von Arbeit in der Praxis.“29
2.3 Covid-19-Krise
,,Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus 2 Schriftzeichen zusammen, das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit‘‘ - John F. Kennedy Anfang des Jahres 2020 wurde SARS-CoV-2 als neues Beta-Coronavirus und Auslöser von Covid-19 identifiziert, dies sollte der Ursprung einer der größten Krisen des 21 Jahrhunderts sein.30 Die Atemwegserkrankung, welche zuerst in China ausbrach, infizierte innerhalb weniger Wochen Großteile der Welt. Die ersten Infektionen in Deutschland wurden im Januar 2020 festgestellt und ab März 2020 stufte das Robert Koch Institut die Gefahr einer Ansteckung als hoch ein.31 Was folgt, war eine Krise auf allen Ebenen. Die deutsche Wirtschaft hat 2020 eine Rezession erlebt, die vergleichbar mit der der Finanzkrise 2009 war. Beispielsweise ist das Bruttoinlandsprodukt 2020 um 4,6 Prozent gegenüber 2019 zurückgegangen.32 Das öffentliche Leben wurde eingeschränkt, es galten Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen, Abstandsregeln, Hygienekonzepte sowie das Tragen einer medizinischen Schutzmaske. Menschen aller Altersgruppen waren an ihren Wohnort gebunden und mussten über Homeoffice oder Homeschooling ihren Pflichten nachgehen. Allerdings trugen all diese Maßnahmen dazu bei, dass die Covid-19- Pandemie als Katalysator für New Work fungierte. New Work brauchte einen Wandel in der Arbeitswelt, welcher durch starke gesellschaftliche Veränderungen verursacht wird, um in das Bewusstsein der Massen einzudringen und für Veränderung zu sorgen. Pandemiebedingt sind Arbeitnehmer gezwungen aus dem Homeoffice zu arbeiten und gleichzeitig die Kinder zu betreuen, weil Schulen ebenfalls nicht geöffnet sind oder der Arbeitsplatz im eigenen Heim nicht adäquat ausgestattet ist, um effizient zu arbeiten. Dies stellt flächendeckend große Hürden für Mitarbeiter und Unternehmen dar. Aus diesem Grund sind schnelle Lösungsansätze und Entscheidungen gefordert. Die Gesellschaft befindet sich in einem noch nie dagewesenen Zustand, dessen Komplexität viele überfordert. New Work kann genau in solchen Fällen, helfen und veraltete Strukturen ersetzen. Digitale Prozesse werden zum Alltag, wodurch Geschäftsreisen oder Kundentermine in Zukunft ebenfalls von zuhause oder aus dem Büro getätigt werden können. Büroflächen sind nicht mehr zwingend notwendig, da durch Tools der digitalen Zusammenarbeit Meetings virtuell abgehalten werden. Durch das Etablieren von Homeoffice gelingt es häufig besser Beruf und Familie zu vereinbaren. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) geht sogar so weit, dass ein Recht auf Homeoffice eingefordert werden soll. In einem Interview sagt der DGB Vorsitzende Reiner Hoffmann: „Wir brauchen klare Spielregeln für eine moderne, digitale Arbeitswelt.“33 Allerdings führen die immensen Einschränkungen im Alltag auch zu einem vermehrten Auftreten von Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen oder psychosomatischen Beschwerden. Im Endeffekt geht es darum, dass die Covid-19-Pandemie deutlich gemacht hat, dass Unternehmen veraltete Strukturen auflösen und sich auf eine digitale Arbeitswelt einlassen müssen, wenn sie in Zukunft konkurrenzfähig bleiben wollen. Außerdem kommt es zu einem neuen Verständnis, welche Anforderungen Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplatz haben, was von flexiblen Arbeitszeitmodellen bis hin zu individuellen Arbeitsplätzen reichen kann. Es gibt die Möglichkeit eine neue Arbeitswelt zu schaffen, in der der Mensch und seine Bedürfnisse die primäre Rolle spielen.
2.4 Disruptiver Wandel
„Nichts in dieser Welt ist sicher, außer dem Tod und den Steuern.“ — Benjamin Franklin
Der disruptive Wandel basiert auf tiefgreifenden sowie nachhaltigen Transformationen, welche auf einer Vielzahl von Veränderungen im gesellschaftlichen wie auch wirtschaftlichen Kontext beruhen. Im Kontext einer Transformation steht ebenfalls der Begriff der Disruption, dessen Bedeutung mit dem Erschüttern des Existierenden einhergeht. Der disruptive Wandel sorgt demnach dafür, dass bestehende Technologien oder Lösungsansätze durch völlig neue ersetzt werden.34 Momentan befinden wir uns in einem Prozess des disruptiven Wandels, welcher grundlegende Veränderungen auf gesellschaftlicher Ebene (Makroebene) wie auch im Unternehmensumfeld (Mesoebene) mit sich zieht. Im Folgenden wird genauer auf die Treiber jeder Ebene eingegangen und diese erläutert.
Abbildung 3
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
2.4.1 Makroebene
Die Veränderungen auf gesellschaftliche Ebene durch den disruptiven Wandel sind die Digitalisierung, die Globalisierung, der Wertewandel sowie der demographische Wandel. Im Folgenden soll auf die soeben genannten Aspekte näher eingegangen werden.
Digitalisierung
Die Beeinflussung der Digitalisierung auf Wirtschaft und Gesellschaft trägt dazu bei, dass das Zusammenleben grundsätzlich verändert wird. Die vierte Industrielle Revolution unterscheidet sich vehement von den vorangegangenen dadurch, dass nicht ein einzelnes Werkzeug die Transformation formt, sondern die Synergien verschiedener Technologien und die daraus resultierenden Möglichkeiten. Ein wesentlicher Faktor hierfür ist unter anderem die Schnelligkeit der Veränderung, welche die Arbeitswelt maßgeblich beeinflusst.35 Informations-, Automatisierungs- und Kommunikationstechnologien entwickeln sich in einem rasanten Tempo, auf deren Grundlage cyber-physische Systeme (CPS) entstehen, welche virtuelle Strukturen mit der physischen Welt verbinden. Weitere Schlagwörte r in diesem Zusammenhang sind die Smart Factory oder das Internet of Things. Weitere Effekte auf die Wirtschaft sind eine Produktivitätssteigerung, das Erschließen neuer Geschäftsfelder sowie Wachstumschancen.36 Diese Digitalisierungsfaktoren haben ebenfalls Auswirkungen auf die Anforderungen der Arbeitskräfte, was als Folge haben wird, dass einige Tätigkeiten überflüssig werden, Berufsbilder verschwinden und neue Tätigkeitsfelder entstehen. So können wiederum viele Tätigkeiten in Schwellen- und Entwicklungsländern durch Automatisierung gefährdet werden. Insgesamt wird die Digitalisierung Treiber eines tiefgreifenden sowie weitreichenden Wandels der Erwerbsarbeit sein.
Globalisierung und Klimawandel
Der technologische Fortschritt in Bereichen der Information, Kommunikation sowie der Vernetzung treibt die Globalisierung voran und bildet Synergieeffekte. Diese wiederum stärken den Strukturwandel von Wirtschaft und Arbeit. Es geht darum, dass Flexibilisierung, Job- und Ortswechsel zur Normalität werden. Darüber hinaus ermöglichen internationale Kooperationen das vermehrte Erschließen neuer Märkte.37
Wichtig hierbei sind das steigende Bewusstsein für den Klimawandel und die Etablierung von nachhaltigen Produkten und Geschäftsformen in Industrieländern unter dem Aspekt der Ressourceneffizienz. Diese dient nicht nur dem Umweltschutz, sondern oftmals auch veränderten Kundenansprüchen.
Wertewandel
Der Wertewandel hat einen konkreten Bezug auf jeden, denn er beschreibt den Wandel bezüglich der Art und Weise, wie Menschen leben und arbeiten möchten. Grundsätzlich findet etwa seit den 1960er-Jahren ein Strukturwandel in Richtung der Individualisierung von Arbeit statt, der veränderte Ansprüche sowie veränderte Organisationsweisen bedingt. Insbesondere Arbeitnehmer der Generation Y und Z sehen ihre Ideale in einer besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und einer Tätigkeit, in der sie sich selbst verwirklichen können. Insgesamt geht es bei der Diskussion um die Werte verschiedener Generationen primär darum, dass Menschen Freiheit unterschiedlich empfinden und darüber hinaus verschiedene Werte teilen. Aus diesem Grund sollte möglichst jedem die Arbeitswelt geboten werden, die seinem Werteideal entspricht.
Demografischer Wandel
Die demographische Entwicklung der Gesellschaft und deren Einflüsse wirken sich ebenfalls stark auf den Strukturwandel des Arbeitsmarktes und der Arbeit aus. Wenn vom demographischen Wandel gesprochen wird, rücken drei Faktoren in den Vordergrund, die maßgeblich an diesem beteiligt sind. Der erste Faktor ist eine erhöhte Lebenserwartung38. Diese steigt in Deutschland seit über 50 Jahren kontinuierlich, darüber hinaus wird die deutsche Bevölkerung im Alter gesünder und leistungsfähiger.39 Demgegenüber steht der zweite Faktor, eine nach wie vor niedrige Geburtenrate. Diese ist seit über 40 Jahren annähernd konstant geblieben und jede Frau bringt im Schnitt 1,4 Kinder zur Welt, obgleich eine Geburtenrate von 2,1 erforderlich ist, um die Bevölkerungszahl konstant zu halten.40 Der dritte Faktor ist das Wanderungssaldo. Zuwanderung und die gewachsene internationale Mobilität werden den demographischen Wandel im besten Fall abmildern, allerdings nicht umkehren können.41 42 Folgen des demographischen Wandels sind eine Alterung der Gesellschaft und ein Rückgang der Erwerbsbevölkerung. Dem gegenüber steht ein wachsender Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften was im Fachkräftemangel resultiert.
Abbildung 4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: [42]
2.4.2 Mesoebene
Die Veränderungen, welche auf unternehmerischer Seite erkennbar sind, lauten Arbeit 4.0, Fachkräftemangel, Industrie 4.0 und Dezentralisierung. Um die Begriffe verständlicher zu machen und ein Bewusstsein der Auswirkungen zu schaffen, soll der folgende Teil Abhilfe leisten.
Arbeit 4.0
Durch den seit Beginn des 21. Jahrhunderts anhaltenden Wandel und das Zukunftsbild der Arbeit 4.0 kommt es zur Deutungsvielfalt des Begriffs. Grundsätzlich gilt, dass Arbeit 4.0 die Art und Weise, wie in Zukunft gearbeitet werden soll und welche Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen, beschreibt.43 Durch die zunehmende Vernetzung zwischen Menschen und Maschine entstehen neue Produktionsmöglichkeiten und Dienstleistungen.44 Allerdings ändern sich durch den gesellschaftlichen Wandel auch die Ansprüche an Arbeit sowie die Nachfrage nach Produkten oder Dienstleistungen. Ein großer Vorteil der Arbeit 4.0 ist, dass Mitarbeiter in Zukunft immer öfter von Routineaufgaben losgelöst werden und ihren primären Fokus auf wertschöpfende Aufgaben richten können. So kann die Arbeitswelt produktiver und gesünder werden. Was Arbeit heute und in Zukunft bestimmt, ist also vor allem das Zusammenspiel der gezeigten Einflüsse und Möglichkeiten, welche insbesondere die Digitalisierung eröffnet. Hinzu kommen die gleichsam mit ihr verbundenen Herausforderungen. Arbeit 4.0 ist ein kennzeichnender Sammelbegriff, vor dem sich die vielfältigen Elemente und Einflüsse der laufenden, aber noch offenen Transformation von Arbeit und deren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft diskutieren lassen. Die Veränderung von Produktions-, Informations- und Kommunikationsprozessen sowie von Geschäftsmodellen durch digitale Technologien haben starke Auswirkungen auf die Beschäftigung sowie auf die Beschäftigten. Während einerseits Effizienz- und Produktivitätssteigerung, Zeitersparnis, Entlastung und örtliche wie zeitliche Flexibilisierung möglich sind, entwickeln sich andererseits prekäre Beschäftigungsformen und zusätzliche Belastungen für Beschäftigte, etwa durch mobiles Arbeiten und ständige Erreichbarkeit.45 Wie und in welcher Form sich insbesondere der technische Fortschritt auf Arbeit auswirkt, ist gegenwärtig noch sehr unterschiedlich: Je nach Branche, Geschäftsfeld, Ausrichtung, Größe, Etablierung oder Standort eines Unternehmens spielen die neuen Organisations- und Aneignungsweisen von Arbeit eine mehr oder weniger große Rolle.
Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel führt dazu, dass die Suche nach hoch qualifizierten Mitarbeitern schwer ist und darüber hinaus das Halten dieser in einem Unternehmen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Maßgeblich daran beteiligt ist die demographische Entwicklung. Unternehmen sollten ihren Fokus auf den Aufbau einer Arbeitgebermarke, also das Vermitteln von Alleinstellungsmerkmalen nach innen und außen, legen, um geeignete Mitarbeiter begeistern zu können.46 Diese Aufgaben können unter den Begriffen Employer Branding, Lern- und Entwicklungsprogrammen sowie Führungskräfteprogramme zusammengefasst werden.47 Demgegenüber steht der Fakt, dass durch Dezentralisierung und Automatisierung punktuell eine geringere Nachfrage nach Arbeitskräften auf Seiten der Unternehmen vorliegt.48
Industrie 4.0
Der Begriff Industrie 4.0 beschreibt die Digitalisierung der Industrie, da die Wirtschaft an der Schwelle einer vierten industriellen Revolution steht. In einer Retroperspektive lassen sich bislang 3 vorherige Industrielle Revolutionen erkennen, die jeweils durch neue Technologien eingeleitet wurden. So fand Mitte des 18. Jahrhunderts die erste Industrielle Revolution durch die Erfindung der Dampfmaschine und des mechanischen Webstuhls statt. Die zweite Industrielle Revolution geht auf den Einsatz des Fließbandes ab Mitte des 19. Jahrhunderts und den Einsatz elektrischer Energie um das Jahr 1870 zurück. Die dritte Industrielle Revolution startete ab den 1960er Jahren durch den Einsatz von Elektronik und Informationstechnologien zur Weiterentwicklung der Automatisierung. Die vierte Industrielle Revolution soll die Zukunft der Produktion gestalten und ist durch ausgeprägte Individualisierung unter stark flexibilisierten Produktionskapazitäten gekennzeichnet. Startpunkt der vierten industriellen Revolution ist etwa das Jahr 2010 und Treiber der Entwicklung ist das Internet. Dies kann zum Entstehen von Smart Factories beitragen, welche sich durch vollständige Automatisierung aller Produktionsabläufe ohne menschlichen Zugriff auszeichnen.49 Ein weiterer Aspekt ist das Entstehen des Internet of Things, in dem die physische und virtuelle Welt verschwimmen. Der Wandel zur Industrie 4.0 führt dazu, dass neue Geschäftsmodelle durch die mobile Internetnutzung und das Anwenden von Cloud Computing sowie Social Media entstehen.50 Da jede Revolution die Produktionsweise revolutionierte, soll der momentane Wandel zu Effizienzsteigerungen, Arbeitsentlastung und Zeitersparnis führen. Außerdem können alte Beschäftigungsformen überflüssig werden und im Kontrast dazu völlig neue Jobs entstehen.
Dezentralisierung
Dezentralisierung umfasst in erster Linie, dass die Notwendigkeit von räumlicher Nähe während der Arbeit an Bedeutung verliert und die Funktionalität des Mitarbeiters stattdessen in den Fokus rückt. So kann es zu einer räumlichen Entgrenzung kommen. Der Prozess der räumlichen Entgrenzung in Kombination mit der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt kann dazu führen, dass Coworking Spaces und auch Collaboration Plattforms an Bedeutung gewinnen und verstärkt benutzt werden. Aber auch im Zusammenhang mit dem Begriff Leadership kann Dezentralisierung zu Änderungen führen, da Hierarchien an Bedeutung verlieren können, wenn Führungskraft und Mitarbeiter einen Dialog auf Augenhöhe führen.51
3. New Work Konzepte
Das digitalisierte Arbeiten erfordert eine Umstellung der bislang etablierten Strukturen hin zu neuen Prozessen, Skills und Methoden. Diesbezüglich werden im Folgenden die fünf New Work Konzepte vorgestellt, die den signifikantesten Einfluss verzeichnen.
3.1 Individualisierung
,,Die Welt hat so viele Mittelpunkte, als es Menschen gibt." - Gerhard Szczesny
Laut dem Zukunftsinstitut wird der Megatrend Individualisierung wie folgt definiert: „Individualität bedeutet die Freiheit der Wahl. Es heißt selbstbestimmt zu entscheiden, wie und wo man lebt, welchen Beruf man ausübt oder wie man seine Sexualität auslebt. Individualisierung ist der Prozess, den Freiheitsraum und die Möglichkeiten für den Einzelnen auszuweiten. Die Antwort auf die Frage, welche Lebensweise die richtige ist, liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen.“52 Es gibt drei Faktoren, die im Zusammenhang von New Work und Individualisierung essenziell sind. Einer dieser Punkte ist das Teilhaben der Mitarbeiter an der Strategieentwicklung, also an Unternehmensprozessen und -entscheidungen. Im Kontrast hierzu steht der oftmals angewandte Top-down Ansatz, welcher stringent über Hierarchieebenen das Mitwirken an Strategie- oder Geschäftsmodellentwicklung unterbindet. Damit die Beschlüsse erfolgreich umgesetzt werden können, braucht es das notwendige Commitment, welches unter solchen Gegebenheiten in der Regel nicht entstehen kann, wodurch die Umsetzung gefährdet wird. Ebenfalls wichtig ist die Ideeneinbringung der Mitarbeiter, allerdings wird diese häufig durch Downstream getrimmte Prozesslogiken der Unternehmensleitung ausgebremst. Essenziell hierbei ist das Etablieren einer reibungslosen Kommunikationskette entlang aller Hierarchieebenen, welche als Katalysator für Informationsaustausch und Entscheidungsfindung fungiert. Um diese Entwicklung zu unterstützen, können neue Formen der Zusammenarbeit genutzt werden, wie zum Beispiel Creative Work Spaces oder Desk Sharing. Diese Maßnahmen helfen dabei die Kommunikation zu intensivieren, indem Mitarbeiter und Führungskräfte vermehrt in den Dialog treten und Meinungen austauschen können.53 Ein weiterer Parameter der Individualisierung unter dem Aspekt New Work ist eine Fokussierung auf Leistungs- und Lernziele. Das Performance Management vieler deutscher Unternehmen ist sehr klassisch aufgebaut, was mit jährlichen Zielvereinbarungen und Messen der Leistung anhand der Ziel Erreichung einhergeht. Die Problematik dieses Ansatzes für die neue Welt des Arbeitens liegt darin begründet, dass die vereinbarten Ziele oftmals aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden und als Top-down Ansatz auf die Mitarbeiter heruntergebrochen werden. Dies führt dazu, dass die Expertise der Mitarbeiter häufig außen vor gelassen wird, was sich wiederum in weniger Commitment für die auferlegten Ziele widerspiegelt.54 Ebenfalls von großer Bedeutung sind individuelle Lernziele, denn nur durch lebenslanges Lernen können Mitarbeiter einer sich ständig verändernden Welt aktiv beiwohnen. Allerdings gibt es in der Realität häufig eine hohe Diskrepanz der Umsetzung in unternehmerischer Praxis. Dies führt zu verschenktem Potenzial und erhöhten Frustrationsrisiken. Als letzter Parameter ist das Einbringen eines Teils der Arbeitszeit für kreative Prozesse und Lernen anzusetzen. In einer sich verändernden Welt ist es für Unternehmen wichtig den Mitarbeitern Freiräume einzugestehen, durch die Möglichkeiten geschaffen werden. Es geht um das Übernehmen von Verantwortung und das eigenständige Treffen von Entscheidungen. Damit Mitarbeiter am Arbeitsplatz lernen wollen, müssen sie einen Sinn der Arbeit erkennen und ebenfalls Wertschätzung für diese erfahren. Darüber hinaus sollten sie sich selbst aussuchen dürfen, was sie lernen wollen, damit sie mehr Einfluss auf ihre Arbeit haben und sich der Autonomiegrad erhöht. Durch das Gewähren von Freiräumen und das Teilhabenlassen an Entscheidungsprozessen wird Commitment erzeugt, welches die Bindung sowie die Begeisterungsfähigkeit von Mitarbeitern an das Unternehmen steigert. In einer neuen Welt des Arbeitens werden zunehmend weiche Faktoren zum Erfolgsfaktor für Unternehmen, da diese maßgeblich dazu beitragen, ob Unternehmen passende Mitarbeiter finden und diese auch halten können.
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1 (Lies, 2018)
2 (Lackes & Siepermann, 2018)
3 (Wortbedeutung.info Wörterbuch, 2021)
4 (Fehling & Leymann, 2018)
5 (comidor, 2021)
6 (Becker, 2002)
7 (De Paoli & Ropo , 2017)
8 (Bendel, 2021)
9 (Avantgarde Experts, 2019)
10 (Lackes & Siepermann, 2018)
11 (Zvoove, 2021)
12 (Luber & Litzel, 2017)
13 (Angermeier, 2010)
14 In dieser Bachelorarbeit wird im Sinne der sprachlichen Vereinfachung die männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Diese Sprachform bezieht sich allerdings sowohl auf männliche als auch auf weibliche Personen.
15 (Gimpel & Röglinger, 2015, p. 5)
16 (Ipsen, et al., 2021, p. 1)
17 (Buchhorn & Werle, 2016, p. 4)
18 (Kürschner, 2018, pp. 37 - 40)
19 (Duden, 2021)
20 (Hackl , et al., 2017, pp. 3 - 9)
21 (Kürschner, 2018, pp. 55 - 57)
22 (Kürschner, 2018, pp. 60 - 64)
23 (Vollmer, 2016, pp. 10 - 12)
24 (Bergmann, 1977, pp. 13 - 17)
25 (Haufe, 2021)
26 (Bergmann, 2005, pp. 33 - 35)
27 (T3N Magazin, 2021)
28 (Väth, 2016, pp. 10 - 12)
29 (Hackl , et al., 2017, p. 56)
30 (Tagesspiegel, 2021)
31 (Robert Koch-Institut, 2021)
32 (Statista, 2021)
33 (Redaktionsnetzwerk Deutschland , 2021)
34 (Sassenrath, 2018)
35 (Bitkom , 2020, p. 39)
36 (Feld, et al., 2016, p. 29)
37 (Bundeszentrale für politische Bildung , 2021)
38 (Walter, et al., 2013, p. 22 )
39 (Hackl , et al., 2017)
40 (Bundeszentrale für politische Bildung , 2020)
41 (Wilke, 2016)
42 (Destatis, 2020)
43 (Bundeszentrale für politische Bildung, 2021)
44 (Bertelsmann Stiftung, 2021)
45 (Hackl , et al., 2017)
46 (Walter, et al., 2013, p. 38)
47 (Bitkom, 2016)
48 (Krüger, 2018, p. 132)
49 (Bundeszentrale für politische Bildung, 2021)
50 (Hackl , et al., 2017)
51 (Lippe , 2015, p. 26)
52 (Zukunftsinstitut, 2021)
53 (Zukunftsinstitut, 2021)
54 (Biemann & Weckmüller, 2015)
- Citar trabajo
- Patrick Müller (Autor), 2021, Covid-19 als Katalysator für New Work Konzepte. Wie die Krise deutsche Unternehmen zu Umstrukturierungsimpulsen angeregt hat, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1221168
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