Die folgende Arbeit stellt eine Ausarbeitung des Referatthemas „Die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung“ im Rahmen des Hauptseminars „Männliche Schüler unterstützen und fördern“ dar.
In der Entwicklungspsychologie wurde die Bedeutung des Vaters für die Entstehung von kindlichen psychischen Störungen lange nicht berücksichtigt und auch in den Humanwissenschaften unterschätzt oder gar verleugnet. Die Mutter galt nach herkömmlicher Auffassung für Babys und Kleinkinder stets als das alles überragende Wesen. Wogegen der Vater erst viel später als „Retter“ in Erscheinung tritt, um das Kind aus der mütterlichen Umgarnung zu „befreien“ und ihm dann schließlich die Außenwelt repräsentiert.
In meiner Arbeit beginne ich zunächst mit einer Darstellung der Veränderung des väterlichen Rollenmodells im Zuge des gesellschaftlichen Wandels. Daran schließen sich Ausführungen über die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung im Allgemeinen. In differenzierter Weise gehe ich dann auf die Bedeutung des Vaters ein im Zusammenhang mit einer normalen kindlichen Entwicklung und einer gestörten kindlichen Entwicklung. Im darauf folgenden Teil werde ich die Relevanz von Vaterlosigkeit für die psychische Entwicklung eines Kindes näher erläutern.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Vater-Kind-Beziehung im gesellschaftlichen Wandel
2.2 Die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung
2.2.1 Vater-Kind-Beziehung und normale Entwicklung
2.2.2 Vater-Kind-Beziehung und gestörte Entwicklung des Kindes
2.2.3 Auswirkungen von Vaterlosigkeit auf die kindliche Entwicklung
3. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die folgende Arbeit stellt eine Ausarbeitung des Referatthemas „Die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung“ im Rahmen des Hauptseminars „Männliche Schüler unterstützen und fördern“ dar.
In der Entwicklungspsychologie wurde die Bedeutung des Vaters für die Entstehung von kindlichen psychischen Störungen lange nicht berücksichtigt und auch in den Humanwissenschaften unterschätzt oder gar verleugnet. Die Mutter galt nach herkömmlicher Auffassung für Babys und Kleinkinder stets als das alles überragende Wesen. Wogegen der Vater erst viel später als „Retter“ in Erscheinung tritt, um das Kind aus der mütterlichen Umgarnung zu „befreien“ und ihm dann schließlich die Außenwelt repräsentiert.[1]
In meiner Arbeit beginne ich zunächst mit einer Darstellung der Veränderung des väterlichen Rollenmodells im Zuge des gesellschaftlichen Wandels. Daran schließen sich Ausführungen über die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung im Allgemeinen. In differenzierter Weise gehe ich dann auf die Bedeutung des Vaters ein im Zusammenhang mit einer normalen kindlichen Entwicklung und einer gestörten kindlichen Entwicklung. Im darauf folgenden Teil werde ich die Relevanz von Vaterlosigkeit für die psychische Entwicklung eines Kindes näher erläutern.
2. Hauptteil
2.1 Vater-Kind-Beziehung im gesellschaftlichen Wandel
In den letzten 20 Jahren hat sich nach Laucht im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Veränderungen familiärer Lebensformen auch die Rolle der Väter tiefgreifend verändert. Von den Vätern werde heute erwartet, dass diese immer mehr auch die Aufgaben der Betreuung und Versorgung der Kinder übernehmen. So werden die beruflichen und familiären Aufgaben in der Partnerschaft heutzutage zunehmend geteilt.[2] Die so genannten „neuen“ Väter beteiligen sich aktiv an der Betreuung und Erziehung der Kinder. Busch zufolge finden sie dies wichtig und erleben es als bereichernd und erfüllend.[3]
Das tatsächliche Verhalten der Väter entspricht aber häufig nicht den Erwartungen, die an sie gerichtet werden. Noch immer verbringen Väter Lamb zufolge deutlich weniger Zeit mit ihren Kindern als Mütter. Die Aufgabenverteilung bezüglich des Kindes sei in vielen Fällen noch so gelagert, dass die Mutter für die Pflege, den Schutz, die Beaufsichtigung und die Betreuung der Kinder zuständig ist, während der Vater eher die spielerischen Aktivitäten übernehme.[4] Die veränderte Vaterrolle, wozu auch die Übernahme von Betreuungsaktivitäten zählt, zeigt sich laut Bacher & Wilk primär in den ersten Lebensjahren des erstgeborenen Kindes. Ab der Zweitvaterschaft oder mit steigendem Alter des ersten Kindes nähmen die Betreuungsaktivitäten der Väter wieder ab.[5]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Väter heute zwar viel präsenter sind in der Erziehung als früher, aber häufig nur als „Mithelfer“ fungieren und sich davor scheuen, die alleinige Verantwortung für das Kind zu übernehmen. Aus Statistiken und unterschiedlichen Erhebungen geht hervor, dass die jetzige Vatergeneration ein neues Verständnis von Vaterschaft hat. Dies zeigt sich z.B. darin, dass der Anteil der Väter, welche bei der Geburt ihres Kindes dabei sind auf 90% angestiegen ist. Auch hat Laucht zufolge die Erziehungsbeteiligung der Väter um 30% und deren Verfügbarkeit um die Hälfte zugenommen.[6]
2.2 Die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung
Die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung wurde lange Zeit unterschätzt, wogegen der Rolle der Mutter stets eine große Bedeutung beigemessen wurde. Früher war es nach Laucht in gesellschaftlichen Traditionen so verwurzelt, dass die Mutter als alleinige Erziehungs- und Betreuungsperson galt und sie sozusagen die Repräsentantin der Elternschaft war. Sie galt als die „primäre“ Bezugsperson und erst seit ein paar Jahren wird nun auch die Rolle des Vaters für die kindliche Entwicklung berücksichtigt.[7] Vorher spielte der Vater nur im Zusammenhang mit dem Ödipuskomplex eine wichtige Rolle, d.h. an der Stelle, wo der Sohn im Ablösungsprozess von der Mutter mit ihm um diese rivalisiert, seine Unterlegenheit bemerkt und zur Auflösung des Konflikts schließlich die Identifizierung mit dem Vater erfolgt.
Eine Reihe von Untersuchungen (Korrelationsstudien) haben sich mit der Frage beschäftigt, wie Väter die Entwicklung ihrer Kinder beeinflussen und ob es einen Unterschied zwischen dem mütterlichen und dem väterlichen Einfluss gibt. Die Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass dem Vater gerade bei der Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten des Kindes eine besondere Bedeutung zukommt, das gilt insbesondere für Jungen im Bereich schulischer Leistungen. Dieses Areal sei sehr stark von Merkmalen der Vater-Kind-Beziehung geprägt.[8] Daneben hätten die Väter in der häuslichen Umgebung auch einen großen Einfluss auf die sozial-emotionale Entwicklung ihrer Söhne. In retrospektiven Studien wurde ein Vergleich von Jugendlichen mit guter und schlechter sozialer Anpassung hinsichtlich der familiären Situation angestellt. In den Studien kam man zu dem Ergebnis, dass eine gelungene Anpassung, emotionale Stabilität und eine hohe soziale Kompetenz eines männlichen Jugendlichen mit einem hohen väterlichen Engagement in den ersten Lebensjahren bei der Erziehung und Versorgung einhergeht. Dagegen fand man nachhaltig negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Persönlichkeit vor allem dort, wo ein fürsorglicher Vater nicht ausreichend verfügbar war.[9]
2.2.1 Vater-Kind-Beziehung und normale Entwicklung
Wie bereits im obigen Abschnitt erwähnt galt lange Zeit die Mutter als primäre Bezugsperson und als Repräsentantin der Elternschaft und die Rolle des Vaters fand wenig Berücksichtigung bei Untersuchungen über die kindliche Entwicklung. Die Vaterforschung in den 70er und 80er Jahren hat sich die Frage gestellt, ob Väter sich genauso gut wie die Mütter für die Pflege und Erziehung der Kinder eignen. Die Forschungsergebnisse lieferten einen Beweis dafür, dass sowohl Mütter als auch Väter über viele ähnliche Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen, diese Aufgabe zu bewältigen und laut Fthenakis Väter diese Kompetenzen auch anwenden, wenn sie dazu die Gelegenheit bekommen.[10]
Dennoch erfüllen Väter gegenüber den Müttern diese Aufgabe in unserem Kulturkreis in unterschiedlichem Maße und auf unterschiedliche Art und Weise. So verbringen die Väter Laucht zufolge in traditionellen Familien deutlich weniger Zeit, etwa 50% weniger als die[11] Betreuungszeit der Mütter, mit ihren Kindern als in anderen Familien.[12] Traditionell meint hier diejenige Rollenverteilung, bei welcher der Frau die Zuständigkeit für den Haushalt und die Erziehung der Kinder zukommt und der Mann die Rolle des „Ernährers“ einnimmt, also allein einer Erwerbstätigkeit nachgeht, um die Familie zu „ernähren“.
Neuere Studien unterscheiden beim zeitlichen Umfang der väterlichen Erziehungsbeteiligung laut Pleck zwischen Engagement, also direkter Interaktion, Verfügbarkeit, was in diesem Zusammenhang als bloßes Dabeisein verstanden werden soll und Verantwortlichkeit, womit die Übernahme der alleinigen Verantwortung für das Kind gemeint ist.[13]
Diesen Studien zufolge zeigen Väter zwar eine hohe Verfügbarkeit, aber wenig Engagement. Sie vermeiden häufig die Übernahme der alleinigen Verantwortung für das Kind. Nach Lamb et al. ist die ausschließliche Betreuung der Kinder durch den Vater am Wochenende in Familien, wo entweder beide Elternteile berufstätig sind oder auch nur der Vater einer Erwerbstätigkeit nachgeht immer noch eine Ausnahme. Die Unterschiedlichkeit zwischen Müttern und Vätern zeigt sich aber nicht nur im Hinblick auf das Ausmaß an direkter Interaktion, sondern auch darin, in welchen Bereichen sich die Elternteile jeweils engagieren. Bei Müttern, so Schmidt-Denter, stehen vor allem die Pflege-, Schutz-, Beaufsichtigungs- und Betreuungsfunktionen im Fokus der erzieherischen Aufgaben, während sich die Väter eher den spielerischen und sportlichen Aktivitäten mit dem Kind zuwenden.[14]
Schließlich hängt Fthenakis zufolge das väterliche Engagement im Vergleich zur Mutter von verschiedenen Faktoren ab. Hier spielt zum einen das Alter des Kindes eine entscheidende Rolle: die Beteiligung der Väter ist am stärksten bei kleinen Kindern und Kindern im Schulalter. Zum anderen ist auch das Geschlecht des Kindes von Bedeutung: Väter haben häufig eine engere Beziehung zu ihren Söhnen und verhalten sich ihnen gegenüber fürsorglicher und unterstützender, als gegenüber ihren Töchtern. Ein weiterer Faktor, der das väterliche Engagement beeinflusst ist das Bildungsniveau des Vaters. So zeigen gebildete Väter häufig ein stärker[15] es Engagement, besonders bei der Förderung intellektueller Fähigkeiten ihrer Söhne. Nicht zuletzt hat auch die Qualität der Paarbeziehung Auswirkungen auf das Engagement der Väter, denn Väter, die ihre Beziehung als positiv erleben, beteiligen sich laut Fthenakis stärker an der Kinderbetreuung.
2.2.2 Vater-Kind-Beziehung und gestörte Entwicklung des Kindes
Im Vergleich zur Vaterforschung in Bezug auf die normale Entwicklung des Kindes stehen die Untersuchungen über die Rolle des Vaters bei kindlichen Psychopathologien noch ganz am Anfang. Laut Phares und Compas findet in der Forschung kaum eine Auseinandersetzung über die Rolle der Väter bei der Entstehung von psychischen Störungen in der Kindheit statt. Bei den Vorstellungen über die Verlaufsbedingungen und die Entwicklungsgeschichte von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen stehen immer noch die Merkmale, das Verhalten und die Psychopathologie der Mutter stark im Vordergrund.[16] Als Beispiel führt Laucht die postpartale Depression der Mutter und deren Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung an, welches in der Literatur ein viel beschriebenes Thema darstellt, wogegen der väterliche Alkoholismus und seine Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung als Untersuchungsgegenstand deutlich weniger vertreten ist. Dies erwecke den Eindruck, als seien vor allem die Mütter für die Entwicklung von psychischen Störungen der Kinder verantwortlich.[17] Diese Sichtweise führte zu heftiger Kritik und gab in der Folge den Anlass, die Bedeutung des väterlichen Rollenmodells in diesem Zusammenhang näher zu untersuchen. Um der Frage auf den Grund zu gehen wie und in welchem Maße die Väter eine Rolle für die Psychopathologie ihrer Kinder spielen wurden drei verschiedene Untersuchungsmethoden angewendet. Bei der Top-Down-Methode wurde die Entwicklung von Kindern untersucht, deren Väter eine psychische Störung haben oder in anderer Art und Weise wie z.B. durch sexuellen Missbrauch ein auffälliges Elternverhalten zeigen. In der Bottom-Up-Methode wurden Väter von Kindern mit psychischen Auffälligkeiten näher betrachtet. Dabei wurden Kinder auffälliger Väter oder Väter auffälliger Kinder einer unauffälligen Vergleichsgruppe gegenübergestellt. Mit Hilfe der dritten Methode wurden aus epidemiologischen Stichproben Auffälligkeiten von Vätern und ihren Kindern korrelativ zueinander in Relation gesetzt.[18]
[...]
[1] vgl. Aigner (2005)
[2] vgl. Laucht (2003)
[3] vgl. Busch et al. (1988)
[4] vgl. Lamb (1997)
[5] vgl. Bacher/ Wilk (2000)
[6] vgl. Laucht (2003)
[7] vgl. ebd.
[8] vgl. Laucht (2003)
[9] vgl. ebd.
[10] vgl. Fthenakis (1984)
[11] vgl. Lamb et al. (1988)
[12] vgl. Laucht
[13] vgl. Pleck (1997)
[14] vgl. Schmidt-Denter (1984)
[15] vgl. Fthenakis (1999)
[16] vgl. Phares und Compas (1992)
[17] vgl. Laucht (2003)
[18] vgl. Laucht (2003)
- Citation du texte
- Annika Westphal (Auteur), 2007, Die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122046
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