[...]
In dieser Arbeit soll sein Werk allerdings im Kontext seiner Zeit begriffen werden. Deshalb wird er den Minimalisten zugeschrieben. In diesem Text wird auf diese Künstlerphase genauer eingegangen. Dan Flavin arbeitete seit dem Beginn der 60er Jahre mit fluoreszierenden Leuchtstoffröhren. Systematisch untersuchte er dieses Medium und arbeitete damit bis zu seinem Tod. Er war fasziniert von einer Kunst aus genormten Fertigteilen und von ihrer sparsamen Geometrie. Er wirft die Situation auf, dass ein neutrales, technisches Material durch den Eingriff des Künstlers zum Kunstwerk wird. Werke anderer Künstler sind im Normalfall auch außerhalb ihrer Ausstellungen als solche anzusehen, während sie bei Flavin nur während der Ausstellung Kunst sind, vorher und danach aber nur einfaches Beleuchtungsmaterial. Seine Werke unterscheiden sich stark. Flavin selbst betonte, dass er jeden Teil des Fluoreszenzlicht-Systems ständig wiederholen könnte und dass den Elementen der geschichtliche Ausdruck fehle. Innerhalb seines Werkplanes empfand Flavin keine stilistische oder strukturelle Entwicklung von Bedeutung, sondern nur Betonungsverlagerungen in Bezug auf abänderbare Teile. Bezeichnungen wie Environments oder Skulpturen lehnte er für seine Werke ab. Für ihn enthielten sie „Lebensbestimmung“, waren unmittelbar wirksam und unbrauchbar für schwierige visuelle Künstlichkeit Auch lehnte er ab, ein Oeuvre erschaffen zu haben, er beschränkte sich darauf, ein System, eine Proposition, eine Situation, ein Modell oder einen Werkplan gefertigt zu haben. Diese Arbeit möchte den Künstler und sein Schaffen vorstellen und dabei einen besonderen Fokus auf seine Werkreihe der „munuments“, die dem russischen Konstruktivisten Vladimir Tatlin gewidmet sind, legen.
Flavins künstlerischer Werdegang und seine Position innerhalb des Minimalismus und seiner Künstlerkollegen sollen skizziert werden. Im Blick auf seine „monuments“ wird deren puristische Technik erklärt und näher auf deren Widmungen, besonders die an Tatlin eingegangen. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit dem Licht der Monumente und deren Bezugnahme auf den Raum, in dem sie angebracht sind. Eine Einordnung ihrer Bedeutung im kunstgeschichtlichen Rahmen soll bei der Rezeption und der abschließenden Kritik helfen. Auf einen Bildanhang wird in dieser Arbeit, aufgrund der Unmöglichkeit, Lichtkunst angemessen auf Papier auszudrucken, verzichtet.
Inhaltsverzeichnis
I. Vorwort
II. Dan Flavin, “monument” to Vladimir Tatlin,
1. Biographie
2. Zeitgeschichtliche Einordnung
2.1 Flavins Werdegang als Künstler
2.2 Flavin und der Minimalismus
3. Die „monuments“
3.1 Stil
3.1.1 Technik
3.1.2 Widmungen
3.1.3 Vladimir Tatlin und der Konstruktivismus
3.1.4 Bezugnahme der „monuments“ auf andere Werke
3.2 Raum
3.3 Licht
3.4 Rezeption
3.4.1 Kritik
III. Nachwort
Bibliographie
I. Vorwort
fluoreszierende
Pole
schimmern
zittern
flackern
aus
trübe
Monumente
von
ein
und
aus
Kunst[1]
Dieses Gedicht stammt von dem Künstler Dan Flavin und umschreibt in prägnanten Stichworten und Gedankenfetzen seine Kunst. Er gilt als einer der Hauptvertreter der Minimal Art und nimmt eine Position zwischen Pop-Art, Moderne und Massenkultur ein. Die Strömungen der zurückliegenden Dekade, wie Licht- und Objektkunst, pop-minimal- und concept-art, beeinflussten ihn mit Sicherheit, konkret zuschreiben ließ er sich aber keiner von ihnen. Flavin sträubte sich gegen jede Einordnung.
In dieser Arbeit soll sein Werk allerdings im Kontext seiner Zeit begriffen werden. Deshalb wird er den Minimalisten zugeschrieben. In diesem Text wird auf diese Künstlerphase genauer eingegangen.
Dan Flavin arbeitete seit dem Beginn der 60er Jahre mit fluoreszierenden Leuchtstoffröhren. Systematisch untersuchte er dieses Medium und arbeitete damit bis zu seinem Tod. Er war fasziniert von einer Kunst aus genormten Fertigteilen und von ihrer sparsamen Geometrie. Er wirft die Situation auf, dass ein neutrales, technisches Material durch den Eingriff des Künstlers zum Kunstwerk wird. Werke anderer Künstler sind im Normalfall auch außerhalb ihrer Ausstellungen als solche anzusehen, während sie bei Flavin nur während der Ausstellung Kunst sind, vorher und danach aber nur einfaches Beleuchtungsmaterial.
Seine Werke unterscheiden sich stark. „Sein gesamtes Werk und oft auch einzelne Arbeiten […] wirken angenehm entspannt.“[2]
Flavin selbst betonte, dass er jeden Teil des Fluoreszenzlicht-Systems ständig wiederholen könnte und dass den Elementen der geschichtliche Ausdruck fehle. Innerhalb seines Werkplanes empfand Flavin keine stilistische oder strukturelle Entwicklung von Bedeutung, sondern nur Betonungsverlagerungen in Bezug auf abänderbare Teile.[3]
Bezeichnungen wie E nvironments oder Skulpturen lehnte er für seine Werke ab. Für ihn enthielten sie „Lebensbestimmung“, waren unmittelbar wirksam und unbrauchbar für schwierige visuelle Künstlichkeit.[4] Auch lehnte er ab, ein Oeuvre erschaffen zu haben, er beschränkte sich darauf, ein System, eine Proposition, eine Situation, ein Modell oder einen Werkplan gefertigt zu haben.
Diese Arbeit möchte den Künstler und sein Schaffen vorstellen und dabei einen besonderen Fokus auf seine Werkreihe der „munuments“, die dem russischen Konstruktivisten Vladimir Tatlin gewidmet sind, legen.
Flavins künstlerischer Werdegang und seine Position innerhalb des Minimalismus und seiner Künstlerkollegen sollen skizziert werden. Im Blick auf seine „monuments“ wird deren puristische Technik erklärt und näher auf deren Widmungen, besonders die an Tatlin eingegangen. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit dem Licht der Monumente und deren Bezugnahme auf den Raum, in dem sie angebracht sind. Eine Einordnung ihrer Bedeutung im kunstgeschichtlichen Rahmen soll bei der Rezeption und der abschließenden Kritik helfen.
Auf einen Bildanhang wird in dieser Arbeit, aufgrund der Unmöglichkeit, Lichtkunst angemessen auf Papier auszudrucken, verzichtet.
II. Dan Flavin, “monument” to Vladimir Tatlin, 1966
1. Biographie
„Mein Name ist Dan Flavin. Ich bin zweiunddreißig Jahre alt, übergewichtig und unterprivilegiert, ein Weißer im Jahr der Schwarzen. Ich erblicke das Licht der Welt (schreiend) als zweieiiger Zwilling, vierundzwanzig Minuten vor meinem Bruder David im Mary Immaculate Hospital, Jamaica, New York, gegen sieben Uhr morgens an einem verregneten Samstag, dem 1. April 1933, als Sohn eines asketischen, ziemlich unmännlichen, trägen irisch-katholischen Offiziers und einer dummen, fetten Tyrannin von Frau, Nachfahrin des bayerischen Königsgeschlecht, doch ohne nur eine Spur von Noblesse.“[5]
So beginnt Dan Flavins autobiographische, selbstkritische, aber auch selbstsichere Skizze „…in Tageslicht oder kühlem Weiss [sic!]“ und lässt erste Schlüsse auf Flavins Kindheit, sein weiteres Leben und, so man will, auch auf sein Werk ziehen. Dem Elternhaus, in dem Flavin unterdrückt und wenig gefördert wurde, entfloh er 1953 durch eine meteorologische Ausbildung bei der US Air Force. Im Koreakrieg diente er von 1954-55 als Wetterbeobachter. Zurück in New York begann er im Jahr darauf ein Studium an der New School for Social Research in New York. Von 1957-59 studierte Flavin an der Columbia University of North Carolina, wo er alle seine Prüfungen in Kunstgeschichte ablegte.
Als Künstler war Flavin Autodidakt. Anfangs entstanden vor allem Zeichnungen. 1961 heirate er Sonja Severdija, die ihm 1964 seinen Sohn Stephen Conor gebärt. Durch Marcel Duchamps Befürwortung erhält Flavin den Kunstpreis „An Avard in Art for 1964“ der William and Norma Copley Foundation Chicago (Illinois). Mitte der 60er Jahre fertigte er größere Installationen für bestimmte Räume an und schuf regelrechte Licht- Environments. Im Jahr 1967 hält Flavin Gastvorträge an der University of North Carolina, Greensboro. 1973 besetz er den Albert Dorne-Lehrstuhl an der Universität von Bridgeport, Rhode Island. 1983 eröffnet das Dan Flavin Art Institute als permanente Ausstellung in der Dia Art Foundation in Bridgehampton, New York.
Am 29. November 1996 starb Dan Flavin in Riverhead, New York.[6]
2. Zeitgeschichtliche Einordnung
2.1 Flavins Werdegang als Künstler
„Die unkontrollierten, nichtssagenden und überspannten taktilen Phantasien, die sich über unzählige Meter von Segeltuch erstreckten“[7] widerstrebten Dan Flavin, wie er in diesem Zitat sagte, deshalb wandte er sich schon sehr früh von der hier beschimpften Malerei ab. Auch Donald Judd verabschiedet sich von der Malerei, als er sagt, „Es sieht aus, als sei die Malerei am Ende“[8].
Flavin bevorzugte drei Dimensionen als wirklichen Raum. Das sollte ihn befreien vom Illusionismus, vom nur bezeichnenden Raum und nicht zuletzt von den Relikten der europäischen Kunst. Die Begrenzungen eines Bildes bestehen nicht mehr, tatsächlicher Raum ist für ihn aussagekräftiger und spezifischer, als Farbe auf einer flachen Ebene. Im Raum kann alles jede erdenkbare Form eingehen, regelmäßig oder unregelmäßig, und jede Beziehung zu Wand, Boden, Decke, Raum, Räume, Außenwelt, zu nichts oder zu allem haben.[9] Flavin war einer der ersten, der zugunsten von Environments auf Objekte verzichtete, um einen architektonischen Raum neu zu definieren.
Er selbst beschrieb, wie er 1961 bei seinen Gängen als Wärter durch das Museum of Natural History über eine neue Kunst nachdachte, in der sich keine privaten Gefühle abreagieren sollten und kein neuer Subjektivismus einziehen sollte.
Seine ersten dreidimensionalen Arbeiten in den frühen 60er Jahren waren bemalte Holzkisten, an denen er Glühbirnen befestigte. Flavin bezeichnet sie als Ikonen, allerdings nur in ihrer eigentlichen Wortbedeutung als „kleine Bilder“ und nicht als Kultbilder eines Heiligen. So begegnet er möglichen Assoziationen mit einem Hinweis auf ihre Stummheit und Bescheidenheit. Er schrieb 1962:
„Meine Ikonen unterscheiden sich von einem byzantinischen thronenden Christus. Sie sind dumm – anonym, ohne jede Verherrlichung. Sie sind ebenso stumm und neutral wie der Großteil unserer Architektur. Meine Ikonen werden nicht als Heilsgestalten in kunstvollen Kathedralen aufgestellt. Es handelt sich um einfache Konstruktionen, mit denen leere Räume gefeiert werden sollen. Sie liefern ein begrenztes Licht.“[10]
Dennoch wohnt den Ikonen etwas von der ursprünglichen Bedeutung inne, die im Ritus der russisch-orthodoxen Kirche der Andacht und dem Gebet galt.[11] Hätte er diese Assoziation nicht wecken wollen, so hätte er wohl einen anderen Namen für seine Werke gewählt. Die bewusste Inhaltsverweigerung sollte in seinem kommenden Werk weiterleben.
Die frontale Orientierung der Ikonen hat er in späteren Werken wieder aufgenommen, die der Wand als zweidimensionale Ebene verhaften bleiben.[12]
1963, im Alter von 30 Jahren, beginnt Flavin mit fluoreszierendem Licht, mit unterschiedlich großen weißen und farbigen (dabei beschränkte er sich auf blau, grün, pink, gelb, rot und ultraviolett) Leuchtstoffröhren zu arbeiten, die er an der Wand, an der Decke oder auf dem Boden anbrachte.
Revolutionär war sein Werk „Diagonal of May 25“ von 1963, das er dem rumänischen Bildhauer Constantin Brancusi widmete: Eine zweieinhalb Meter lange Leuchtstoffröhre mit goldenem Licht, die ohne weitere Bearbeitung in einem 45-Grad-Winkel über der Waagrechten an der Wand seines Studios befestigt wurde. Er sprach bei diesem Werk mit einer gewissen Ironie von einer „Diagonale der persönlichen Ekstase“.
Der Goldton versah die gewollte Profanität des Werks mit einem spirituellen Glanz. Der Leuchtkörper war aber nicht nur eine Hommage an den Schöpfer der monumentalen Endlosen Säule in Tirgu Jiu, in den Karpaten, die sich, aus gleichförmigen Elementen zusammengesetzt, senkrecht in den Himmel schraubte. Aus diesem Werk zog Flavin maßgebliche Schlüsse für seine weitere Arbeit:
„Du schaust das Licht an und bist fasziniert – praktisch gehemmt, weil du seine Grenzen an jedem Ende zu erfassen suchst. Während die Röhre selbst eine wirkliche Länge von acht Fuss [sic!] aufweist, hat der Schatten, der von ihrem Sockel geworfen wird, Grenzen, die sich ins Unendliche auflösen. Dieses Versinken kann man nicht wirklich messen, ohne dass man sublimen sichtbaren Wirkungen widersteht. Als ich das realisierte, wusste ich, dass man die räumliche Einheit eines Raumes unterbrechen, dass man durch sorgfältige gründliche Komposition des Beleuchtungsmaterials mit dem Raum spielen kann.“[13]
Sein Werk und das Brancusis waren von „gleich elementar-visueller Beschaffenheit“[14], wie Flavin bemerkte, doch zielten sie darauf ab, ihre Längenbegrenzung zu sprengen. Während die „Endlose Säule“ als ein imposantes, mythologisches Totem geschaffen wurde, trug die Diagonale als strahlende, aber gewöhnliche Leuchte, das Potential zum „modernen technologischen Fetisch“[15].
Bei der Diagonale verzichtete Flavin das erste Mal auf einen Träger und vertraute ausschließlich auf die Kraft des Lichts. Er selbst hat darauf hingewiesen, dass sich sein Werk seit der Diagonale nicht mehr weiterentwickelt hat, sondern nur noch ein weiterführendes Experiment war: Neue Erkundungen und Erprobungen des Mediums Leuchtstoffröhre und ein vielfältiges Ausgreifen und Beherrschen dieses Mediums durch Ecküberschneidungen, Eckauflösungen, Lichtbarrieren, - tunnels und -korridore.[16]
2.2 Flavin und der Minimalismus
In den 60er Jahren fand vor allem in den USA und in England eine Erweiterung des Kunstbegriffs in Bereiche der Gesellschaft, des Individuellen, Metaphysischen und Fundamentalen statt.[17] In diesem Jahrzehnt erneuerte sich die Kunstauffassung allgemein und ließ erstmals auch bildende Kunst, Theater, Tanz, Film und Musik interagieren.
Die neuen Skulpturen der Minimalisten sprengen in dieser Zeit den Rahmen des Museums. Sie ergreifen Besitz von den Räumen, nicht zuletzt durch ihre Größe. Die Kunst dehnt sich zeitlich und räumlich aus, in Installationen, die im Kontext ihrer Umgebung betrachtet werden müssen und in Environments, die sich selbst ihre ästhetischen Grenzen setzen. Die Existenz der Skulpturen wird erst im Raum und durch ihn relevant. Sie beleben ihn geradezu. Die Skulpturen stehen im Gegensatz zu früher nicht mehr im Zentrum und sind nicht zwingend mehr Ziel der Betrachtung, repräsentieren keine in sich geschlossene Welt.
Für Bilder ist in dieser Zeit kein Platz mehr.[18] Die minimalistischen Arbeiten streben meist entpersönlichte, objekthafte oder lapidare reine Formen, so genannte Primary Structures, an.
Oft wurden banale Elemente aneinandergereiht, wie zum Beispiel Steinfliesen und Metallplatten bei Carl André, Metallwürfel oder Stahlrahmen bei Donald Judd und Gitterstrukturen bei Sol LeWitt. Lapidare, vorgefundene Module für eine realitätsbezogene, auf Raumwahrnehmung abzielende Kunst. Die Schöpfer suchen nach elementaren Quellen der Kunst, wie den Grundwerten von Strukturen, Volumen, Materialwirkungen, von Negativ- und Positivformen.
In der Minimal Art leben Erinnerungen an den Konstruktivismus.[19]
Beeinflusst waren die Künstler auch durch Roland Barthes Essay „Der Tod des Autors“ von 1968. Barthes zweifelt in diesem poststrukturalistischen Aufsatz die traditionelle Idee an, nach der der Künstler die völlige Kontrolle über sein Werk hat. Das Werk könne durch den Rezipienten durchaus eine Bedeutung erlangen, die der Schöpfer nicht unbedingt beabsichtigt hat. Dies fordert den Rezipienten vermehrt in seinen interpretativen Fähigkeiten.
Dieses Prinzip kann durchaus auch auf Flavin angewendet werden, da er sich meist von Interpretationen distanzierte und den Betrachter über eigene Assoziationen zu sich selbst führen wollte.
Die Minimalisten verstörten damals ihre Rezipienten mit ihrem Anspruch, dass Skulpturen als künstlich geschaffene Objekte betrachtet werden sollen. Das unmittelbar subjektive fällt weg. Die Kunst „ist was sie ist, nicht mehr und nicht weniger…Alles wird klar, offen und deutlich“[20] lautete ein Credo Flavins, aber auch der Minimalisten. Es ging ihnen darum, das Reale, das Faktische der Wahrnehmung offen zu legen. Die Kunst wird nicht mehr als isolierter Bereich verstanden, sondern als kreativer Eingriff in die Gesellschaft. Ausstellungsgänger wurden für Selbsterfahrung sensibilisiert. 1968 erlebten die Besucher der documenta 4 genau diese Erfahrung mit ihren eigenen Gefühlen im fluoreszierenden Licht Dan Flavins.[21]
Als Künstler war Flavin, wie schon bemerkt, Autodidakt, „glücklicherweise“, wie er sagte, fehlten ihm „verschiedenartige, voreingenommene Ausbildungen an Kunstakademien“[22]. Er setzte seine eigene künstlerische Erziehung durch und stand dabei unter dem Einfluss des Abstrakten Expressionismus (mit dem die Minimalisten später brechen sollten), der verzerrten Frauen des Bill de Koonings, der Drippings Jackson Pollocks und der objekthaften frühen Gemälde und Collagen Jasper Johns. Ein anderes Interesse galt den Readymades Marcel Duchamps mit denen Kritiker Flavins Werke immer wieder verglichen.[23] Es lässt sich in der Tat in Flavins Werk von einer gewissen Annäherung an den Dadaismus und zu den Readymades sprechen. In den späten 50er Jahren gab es angeblich frühe Betrachter, die laut „Duchamp!“ riefen, wenn sie Flavins Werke sahen, obwohl er selbst immer darauf bestanden hat, nicht in die Nähe der Dadaisten gesetzt zu werden.[24] Die „Diagonale vom 25. Mai“ hatte aber nur noch wenig mit den Objektmontagen Duchamps zu tun, was noch durch die Ironie des Kunstwerks und die Wertschätzung durch Marcel Duchamp selbst bekräftigt wurde.
Mit seinen Leuchtstoffröhren hat sich Flavin einen Werkstoff ausgesucht, den besonders effektvoll auch die Werbung aufgriff. So gesehen könnten die Röhren auf eine kritische Fragestellung zu Kunst und Nichtkunst, beziehungsweise Kunst und Ware bezogen werden. Für Flavin allerdings stellte die Röhre in ihrer genormten Maßen und Farben ein neutrales Formelement dar.[25]
[...]
[1] Dan Flavin: „Gedicht“ vom 2. Oktober 1961. In: Jochen Poetter: Neue Anwendungen fluoreszierenden Lichts mit Diagrammen, Zeichnungen und Drucken von Dan Flavin. Baden Baden 1989, S. 40.
[2] Don Judd: Aspekte von Flavins Arbeit. Aus „Aspects of Flavin`s work“, Art and Artists, IV, März 1970, S. 48f. In Zdenek Felix (Red.): Kunsthalle Basel, fünf Installationen in fluoreszierendem Licht von Dan Flavin, vom 8. März bis 16. April 1975. Basel 1975, o. S.
[3] Vgl. Felix, aus Flavins „some remarks“, o.S.
[4] Ebd.
[5] Helmut Friedel (Hrsg.): Dan Flavin. Kunstbau Lenbachhaus München Architektur Uwe Kiessler. München 1994, S. 19.
[6] Die Biographischen Eckdaten stammen aus Christos M. Joachimedes/ Norman M. Rosenthal (Hrsg.): Amerikanische Kunst im 20. Jahrhundert. Malerei und Plastik 1913-1993. Berlin 1993, S. 473f.
[7] Joachimides, S. 137.
[8] Friedel, S. 19
[9] Vgl. Laszlo Glozer: Westkunst. Zeitgenössische Kunst seit 1939. Köln 1981, o. S.
[10] Gérard Durozoi: Die Kunst im 20. Jahrhundert. Sehen und Verstehen. Paris 1998, S. 142.
[11] Vgl. Poetter, S. 9.
[12] Fiona Ragheb: Situationen und Orte. In: Dan Flavin: Die Architektur des Lichts. Berlin 1999, S. 11.
[13] Poetter, S .9.
[14] Ebd.
[15] Ebd.
[16] Vgl. Manfred Schneckenburger: Dan Flavin. Drei Installationen in fluoreszierendem Licht. Kunsthalle Köln. 1973, S. 6.
[17] Vgl. Poetter, S. 9.
[18] Vgl. Glozer, S. 286.
[19] Die Definition des Minimalismus richtet sich vor allem nach Harald Olbrich (Red.): Lexikon der Kunst in sieben Bänden. Leipzig 2004.
[20] Ragheb, S. 14.
[21] Ebd.
[22] Vgl. Poetter, S. 47.
[23] Vgl. Kenneth Baker: Minimalism. Art of Circumstance. New York 1988, S. 97.
[24] Vgl. James Meyer: Minimalism. Art and polemics in the sixties. New Haven and London, 2001, S. 97.
[25] Vgl. Renate Puvogel: Dan Flavin. Bild- Objekte oder Licht-Körper. In: Künstler. Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst. München 1991, S. 6.
- Citation du texte
- Eva Lindner (Auteur), 2008, Dan Flavin, “monument” to Vladimir Tatlin, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121954
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