Die moderne Schönheitschirurgie macht es möglich, das Erscheinungsbild zu gestalten. Man stelle sich vor, in letzter Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit einem Charakteristikum seines Aussehens gemacht zu haben. Auch Freunde haben bereits mehrmals Bemerkungen hinsichtlich dieses Merkmals gemacht, wenn auch nur im Spaß. In einigen Wochen steht das Vorstellungsgespräch für den Traumjob an. Zwar erfordert dieser Traumjob kein perfektes Aussehen, jedoch können die gemachten Erfahrungen negative Auswirkungen auf die Psyche und das Selbstwertgefühl haben.
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Verflochten wird der ökonomische Blickwinkel stets mit der Sicht der Sozialpsychologie und deren Einordnung des Begriffs Attraktivität in die heutige Gesellschaft.
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Diskriminierung ist aus ökonomischer Sicht eine Form von Marktversagen, dennoch ist sie ein alltägliches Phänomen. Diese Erscheinung soll auf ihr Zustandekommen hin analysiert werden mit besonderem Fokus auf das Aussehen.
Weiterhin stehen die wirtschaftlichen Fragen im Vordergrund, inwieweit Attraktivität als produktivitätsrelevantes Kriterium eingestuft werden kann und falls ja, wann dies der Fall ist. Außerdem muss geklärt werden, ob auftretende Schönheitsprämien, bzw. Benachteiligungen wegen unterdurchschnittlichem Aussehen nur eine industriespezifische Entwicklung sind oder ob ein omnipräsentes Problem vorliegt.
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Inzwischen werden Randgruppen und Minderheiten gesetzlich geschützt - doch scheinbar keinen Schutz haben die Unattraktiven vor ständiger Bevorteilung der Attraktiven. Ob eine solche Protektion aus Gründen der Fairness nötig ist, oder ob ganz andere Fähigkeiten des Individuums für dessen Gehaltsstruktur verantwortlich sind, soll im Laufe dieser Arbeit erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
A. EINLEITUNG
B. THEORETISCHER TEIL
1. Arbeitsmarktdiskriminierung – ein Überblick über die klassischen Theorien
2. Psychologie und Ökonomie: Halo und Spillover Effekt
3. Was ist Schönheit und warum hat sie Einfluss?
4. Der Wandel des Schönheitsideals im vergangenen Jahrhundert
5. Schönheit und Intelligenz
6. Self-Fulfilling Prophecy in der Berufswelt
7. Ein klassisches ökonomisches Modell statistischer Diskriminierung
I. Das ökonometrische Modell
II. Statistische Diskriminierung aufgrund der Rasse als plakatives Beispiel
III. Humankapitaltheorie: Zugang und Einfluss von Training
IV. Ergebnisse des Modells
V. Leistung des Modells
8. Beauty and the Labor Market: Einfluss der Physis
I. Allgemeines zum Modell
II. Persistenz von Schönheit innerhalb einer Kultur
III. Integration der Variable Schönheit ins ökonomische Modell
IV. Daten und Ablauf der Befragung
V. Aussehen und Verdienst
VI. Synthese aller Studien
VII. Berufliche Segregation aufgrund des Aussehens
VIII. Fazit
9. Aussehen und Verdienst von Rechtsanwälten – eine Studie
I. Berufsfeld Jura
II. Sektorale Unterschiede aufgrund des Charakteristikums Aussehen
III. Vorgehen zur Einschätzung des Aussehens und weitere Daten der Anwälte
IV. Analyse wichtiger Variablen
V. Effekt von Attraktivität für Juristen
VI. Dynamische Sektorsegregation
VII. Fazit
10. Cinnirella: Eine europäische Studie
I. Körpergröße als charakterisierendes, äußerliches Merkmal
II. Informationen zum Datenset und erste Einblicke
III. Modellspezifikation
IV. Körpergröße zahlt sich aus
V. Berufliche Segregation
11. Hinweis auf weitere Formen der physischen Diskriminierung
C. PRAKTISCHER TEIL
1. Ein kurzer Einblick in die plastische Chirurgie
2. Tendenzen aus der Welt – Im Reich der Schnitte
3. Ergebnisse der Umfrage zu Motivationen der plastischen Chirurgie
I. Patientengruppe der Praxis für Plastische und Ästhetische Chirurgie
II. Gruppe der Angestellten einer deutschen Fluglinie
III. Kontrollgruppe
D. Fazit
E. ANHANG
1. Tabellen des theoretischen Teils
2. Umfrage zur ästhetischen Chirurgie
3. Auswertungen und Tabellen der Umfrage
4. Ein humoristischer Versuch, Schönheit zu optimieren
F. LITERATURVERZEICHNIS
A. EINLEITUNG
Die moderne Schönheitschirurgie macht es möglich, das Erscheinungsbild zu gestalten. Man stelle sich vor, in letzter Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit einem Charakteristikum seines Aussehens gemacht zu haben. Auch Freunde haben bereits mehrmals Bemerkungen hinsichtlich dieses Merkmals gemacht, wenn auch nur im Spaß. In einigen Wochen steht das Vorstellungsgespräch für den Traumjob an. Zwar erfordert dieser Traumjob kein perfektes Aussehen, jedoch können die gemachten Erfahrungen negative Auswirkungen auf die Psyche und das Selbstwertgefühl haben. Wäre bewiesen, dass zwischen Aussehen, Selbstwertgefühl und einem erfolgreichen Bewerbungsgespräch ein positiver Zusammenhang besteht, so könnte man vermuten, dass viele Personen aus rein ökonomischen Motivationen einen kosmetischen Eingriff durchführen ließen. Inwieweit tatsächlich berufliche Gründe für eine Veränderung des Aussehens verantwortlich sind, soll in dieser Arbeit ergründet werden.
Verflochten wird der ökonomische Blickwinkel stets mit der Sicht der Sozialpsychologie und deren Einordnung des Begriffs Attraktivität in die heutige Gesellschaft.
Diskriminierung ist aus ökonomischer Sicht eine Form von Marktversagen, dennoch ist sie ein alltägliches Phänomen. Diese Erscheinung soll auf ihr Zustandekommen hin analysiert werden mit besonderem Fokus auf das Aussehen.
Weiterhin stehen die wirtschaftlichen Fragen im Vordergrund, inwieweit Attraktivität als produktivitätsrelevantes Kriterium eingestuft werden kann und falls ja, wann dies der Fall ist. Außerdem muss geklärt werden, ob auftretende Schönheitsprämien, bzw. Benachteiligungen wegen unterdurchschnittlichem Aussehen nur eine industriespezifische Entwicklung sind oder ob ein omnipräsentes Problem vorliegt.
Diskriminierung aufgrund des Äußeren ist nach ethnologischer und geschlechtsspezifischer Ungleichbehandlung die populärste Form der Diskriminierung (siehe hierzu Tabelle 1). Sie ist wohl auch die subtilste aller Formen, gerade weil sie als einzige eine nicht kriminelle Gruppe adressiert, die in der Öffentlichkeit bloß gestellt werden darf. Aufgrund der Abstraktheit des Begriffs Schönheit ist es außerdem schwer, Ungleichbehandlungen in juristischen Grenzen zu beurteilen.
Ungerechte Behandlung tritt in vielen Situationen auf, prominenteste Beispiele sind der Bewerbungsprozess, Verurteilungen, die Vermietung eines Appartements oder eben unterschiedliche Entlohnung. Legale Möglichkeiten, sich gegen äußere Diskriminierung zu wehren oder sie in Form einer Schönheitsprämie einzufordern, sind sehr beschränkt. Inzwischen werden Randgruppen und Minderheiten gesetzlich geschützt - doch scheinbar keinen Schutz haben die Unattraktiven vor ständiger Bevorteilung der Attraktiven. Ob eine solche Protektion aus Gründen der Fairness nötig ist, oder ob ganz andere Fähigkeiten des Individuums für dessen Gehaltsstruktur verantwortlich sind, soll im Laufe dieser Arbeit erläutert werden.
Tabelle 1- Gründe von Diskriminierung[1]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
B. THEORETISCHER TEIL
Im theoretischen Teil werden grundsätzliche ökonomische Ansätze der Diskriminierung angeschnitten und einzelne, ausgewählte Modelle detaillierter ausgeführt. Hier ist die Vorgehensweise vom Allgemeinen zum Speziellen. So werden zunächst verschiedene wirtschaftliche Blickwinkel dargestellt und diese dann ins spezielle Feld der „Appearance Discrimination“ überführt. Hierbei ist es unbedingt von Nöten, den Blick auch über volkswirtschaftliche Grenzen hinaus zu richten und gerade die Wirkung sozialpsychologischer Einflüsse zu berücksichtigen.
Nach Erläuterung des immer wieder kehrenden abstrakten Begriffs Schönheit und darauf aufbauender Prinzipien, setzt ein Modell statistischer Diskriminierung einen ersten Rahmen aus ökonomischer Sicht. Dieser wird dann anhand weiterer Modelle um die Variable Schönheit bereichert. Erste Ergebnisse zu den Forschungen folgen und schließlich soll ein Ausblick auf derzeitige Forschungsrichtungen gegeben werden.
1. Arbeitsmarktdiskriminierung – ein Überblick über die klassischen Theorien
Grundsätzlich existiert Arbeitsmarktdiskriminierung genau dann, wenn zwei Personen mit gleichen Produktivitätsmerkmalen (Qualifikation, Berufserfahrung, Beruf, etc.) eine unterschiedliche Performance am Arbeitsmarkt aufweisen, die sich aus nicht-produktivitätsrelevanten Charakteristika (Geschlecht, Abstammung, Religion, Hautfarbe, etc.) erklärt.[2] Der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes Art. 3, welcher dem „…Gesetzgeber gebietet, wesentlich gleiches Gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln“[3] ist in dieser ökonomischen Definition ohne Zweifel wieder zu finden. Diskriminierung als Spannungsfeld zwischen Gleichheit und Ungleichheit ist ein omnipräsentes Gebilde, dessen Grenzen aufgrund des schmalen Grates zwischen Mangel an Objektivität und subjektivem Werturteil verschwimmen.[4]
Während Vertreter des Egalitarismus wie John Rawls oder Ronald Dworkin[5] diskriminierende Gesellschaftsformen ablehnen, sehen Liberalisten in diesen zu akzeptierende, naturgegebene gesellschaftliche Tatsachen und Ausdruck der Freiheit bzw. der Vertragsfreiheit[6] des Einzelnen.
Da in einer Volkswirtschaft ständige Knappheit herrscht, folgt zwangsläufig eine Diskriminierung von Einzelnen und Gruppen hinsichtlich vorhandener Ressourcen. Der Effekt dieser Herabsetzung bzw. Ausgrenzung ist aufgrund der Nichtexistenz von universalen Wertvorstellungen nicht eindeutig zu bewerten und lässt wieder den weiten philosophischen Rahmen des Themas erkennen.
Um dieser Uneindeutigkeit zu entkommen, konzipierte Gary S. Becker das zentrale Konzept des Diskriminierungskoeffizienten, welches ermöglicht „…to give an unambiguous definition of discrimination in the market place and yet get at the essence of what is usually called discrimination.“[7] Der Koeffizient lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. So entstehen die präferenzorientierten Theorien der Arbeitgeber-, Arbeitnehmer-, und Kundendiskriminierung. Als Beispiel sei hier die im Verlauf dieser Arbeit relevante Arbeitgeberdiskriminierung am klassischen Beispiel des Einkommensgefälles zwischen Mann und Frau kurz erläutert:
Ein chauvinistischer Arbeitgeber empfindet den Stundenlohn von Frauen alsAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, also um die Aversionskosten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenEinheiten höher als ihren tatsächlichen StundenlohnAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[8] Im theoretischen Modell wären die Folgen eine geringere Arbeitsnachfrage für die Gruppe, gegen die diskriminiert wird. Daher kann auch ein Arbeitsmarktgleichgewicht zustande kommen, bei dem der Gleichgewichtslohn dieser Gruppe geringer ist als der Lohn der anderen Gruppe. Weiterhin wäre das Auftreten einer beruflichen Segregation sehr wahrscheinlich. Nimmt man einen Markt mit vollkommener Konkurrenz an, werden diskriminierende Unternehmen aus dem Markt gedrängt, weil nicht diskriminierende Anbieter kostengünstiger und daher preisgünstiger produzieren könnten. Durch Erhöhung des Anteils an Arbeitnehmern, gegen die diskriminiert wird, könnten Kostenvorteile in der Produktion generiert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Arbeitgeberdiskriminierung[9]
Ein weiterer klassischer Ansatz der Ökonomie ist das rationale Konzept der statistischen Diskriminierung. Hierbei maximiert der Arbeitgeber den erwarteten Nutzen eines zusätzlichen Arbeitnehmers, kann aber zweierlei Merkmale von Bewerbern nicht einschätzen. Erstens ist die tatsächliche Produktivität eines Bewerbers und zweitens die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bewerber kündigt, nicht bekannt. Folglich nutzt der Arbeitgeber zum einen beobachtbare Charakteristika (Alter, Schulabschluss etc.), zum anderen auch persönliche, unbeobachtbare Merkmale, von denen er annimmt, sie seien mit Produktivität und Kündigungswahrscheinlichkeit korreliert. Vergangene Erfahrungen können demnach von entscheidender Bedeutung sein.[10] So ist es kaum verwunderlich, dass Institutionen wie Unternehmen oder auch Universitäten von der Trägheit einer solch zementierten Hypothese der Vergangenheit profitieren, aber auch darunter leiden können.[11]
Der letzte klassische, ökonomische Ansatz, der aufgrund des geringen Kontextes mit dieser Arbeit nur angeschnitten werden soll, ist die Annahme eines dualen Arbeitsmarktes. Im Gegensatz zu den anderen Theorien ist Diskriminierung hier ein bewusst hervorgerufenes und gewolltes Phänomen, das einen primären und einen sekundären Arbeitsmarkt schafft, zwischen denen kaum Mobilität herrscht. Firmen können die tatsächliche Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers nicht festlegen und versuchen dieses Problem durch einen nicht wettbewerblichen Arbeitsmarkt und Diskriminierung zu lösen. Der primäre Arbeitsmarkt ist charakterisiert durch hohe firmenspezifische Qualifikationen, hohe Löhne, gute Aufstiegschancen und stabile Beschäftigungsverhältnisse. Im sekundären Arbeitsmarkt ist das Gegenteil der Fall. Arbeitgeber nutzen gesellschaftliche Ressentiments gegen bestimmte Gruppen, die größtenteils im sekundären Arbeitsmarkt beschäftigt sind.[12]
Neben den populärsten Erscheinungen von Diskriminierung, nämlich einmal aufgrund des Geschlechts und zweitens aufgrund der Hautfarbe, gewinnt in der Literatur zunehmend Diskriminierung aufgrund des physischen Erscheinungsbilds an Bedeutung. Im Fokus liegt hierbei ein möglicher Zusammenhang zwischen Aussehen und dem beruflichen Fortkommen.
2. Psychologie und Ökonomie: Halo und Spillover Effekt
Wolfgang Franz weist in seinem Lehrbuch „ Arbeitsmarktökonomik“ mit Nachdruck darauf hin, dass die oben beschriebenen Ansätze „…Hypothesen darstellen, deren empirische Überprüfung noch aussteht. Besser wäre es natürlich, diese Theorien überflüssig zu machen, indem das Grundrecht der Gleichberechtigung in der Praxis voll verwirklicht wird.“[13] Die bereits angesprochene Abstraktheit und die Verflechtungen in viele wissenschaftliche Spektren des Phänomens der Diskriminierung erfordern einen Blick, der über den volkswirtschaftlichen Horizont hinausreicht. Die Verbindung zwischen Ökonomie und Psychologie soll an der Äquivalenz zwischen volkswirtschaftlichem Spillover und psychologischem Halo Effekt veranschaulicht werden.
Beide Effekte sind grundsätzlich Übertragungseffekte. Der Halo Effekt ist ein Beurteilungsfehler, der dazu führt, dass ein Attribut einer Person die weitere Wahrnehmung dieser Person überstrahlt. Die Einschätzung von Brillenträgern als kluge Personen wäre beispielsweise ein typischer Halo Effekt[14]. Nicht nur Personen sind von diesem Effekt betroffen. Wie eine Studie von Brown und Perry[15] zeigt, können auch in der Bewertung von Unternehmen Verzerrungen auftreten. So bezweifeln die Autoren die Aussagekraft der jährlich herausgegebenen Ratings der Zeitschrift Fortune und liefern gleichzeitig in ihrem Modell eine Möglichkeit, die finanziellen Kennzahlen der Vergangenheit um den Halo Fehler zu bereinigen. Wie eine charakteristische Eigenschaft einer Person überstrahlen die vergangenen finanzwissenschaftlichen Indikatoren eines Unternehmens dessen aktuelle Lage und können so Anleger in die Irre führen.
Eine Externalität im volkswirtschaftlichen Sinne liegt vor, wenn Handlungen von Wirtschaftssubjekten Dritte betreffen, ohne dass hierfür ein ökonomischer Ausgleich erfolgt.[16]
Übereinstimmend ist festzustellen, dass beide Effekte, sowohl in positiver wie auch in negativer Richtung, auftreten können. Ein negativer Einfluss auf eine Firma durch eine wasserverschmutzende, zweite Firma ist ebenso offensichtlich, wie eine mögliche auftretende Benachteiligung eines Schülers aufgrund seines Übergewichts. Es ist nachvollziehbar, dass im zweiten Fall die subjektive Wahrnehmung des Lehrers von entscheidender Bedeutung ist. Es kann natürlich auch das Gegenteil der Fall sein, dass Übergewichtige bevorteilt werden.
Ein Beispiel eines positiven externen Effekts wäre die individuelle Impfung, die das Risiko der Ausbreitung von Epidemien verhindert. In diesem Fall liegt die Positivität im Konsum, da der private kleiner ist als der soziale Grenznutzen. Die Annahme eines Lehrers, dass ein gut aussehender und freundlicher Schüler auch gute Leistungen erbringt, wäre ein positiver Halo-Effekt. Gerade diese Verbindung zwischen Aussehen und Leistung soll in der Folge genauer analysiert werden.
Hier stellt sich nun die Frage, ob tatsächlich so etwas wie eine Schönheitsprämie existiert, also ein Zusammenhang zwischen Aussehen und Entlohnung bzw. dem beruflichen Fortkommen. Weiterhin ist fraglich, wie eine solche Prämie volkswirtschaftlich sinnvoll interpretiert werden könnte. Anlehnend an gerade erwähnte Definition eines positiven externen Effekts (privater Grenznutzen < sozialer Grenznutzen) könnte man beispielsweise behaupten, dass schöne Menschen durch das Attribut „Schönheit“ in Folge ihrer höheren Entlohnung auch das Sozialprodukt eines Landes steigern. Kann deshalb Schönheit auch als Produktivitätsmerkmal herhalten? Und haben schöne Menschen in der Regel überhaupt einen höheren Lohn? Wenn es eine Lohnprämie gibt, stellt sich natürlich auch die gegensätzliche Frage nach einer Lohnminderung für Personen, die nicht dem Schönheitsideal entsprechen.
Um diese Fragen zu klären, sollte zunächst einmal der Begriff Schönheit beleuchtet und in einen sinnvollen Zusammenhang mit der Ökonomie gesetzt werden. Anschließend werden einige Studien vorgestellt, die Fakten und Tendenzen hinsichtlich einer Schönheitsprämie liefern.
3. Was ist Schönheit und warum hat sie Einfluss?
Jeff E. Biddle und Daniel S. Hamermesh kritisieren in ihrem Artikel „ Beauty, Productivity, and Discrimination: Lawyers’ Looks and Lucre “ die klassischen von Borjas und Bronars vorgebrachten ökonomischen Ansätze, weil das Phänomen Diskriminierung in eine Richtung limitiert wird. Schubladendenken nach Arbeitgeber-, Arbeitnehmer und statistischer Diskriminierung kesselt das Phänomen ein; ihrer Meinung nach schaffen es bisherige empirische Studien nicht, Lohndifferenziale vollständig zu erklären. Vielmehr entsteht „…a gap between the theoretical and empirical literature on labor-market discrimination“ [17] . Berücksichtig man jedoch auch sozialpsychologische Aspekte wie eben das Erscheinungsbild einer Person, so ist es möglich, diese Erklärungslücke zu schließen. Hierzu ist es elementar, Schönheit aus sozialpsychologischer Sicht zu betrachten.
Elaine Hatfield und Susan Sprecher liefern in ihrem Buch „Mirror, Mirror..: The Importance of Looks in Everyday Life“[18] eine Zusammenschau des Begriffs Schönheit.
By physical attractiveness we mean that which best represents one’s conception of the ideal in appearance and gives the greatest pleasure to the senses.[19]
Kulturen bestehen seit Menschen Gedenken. Im sozialen Zusammenspiel von menschlichen Gemeinschaften entstehen zunächst auf individueller Ebene Rechte und Pflichten, die schließlich in fest etablierte und anerkannte Normen, Werte und Moralvorstellungen münden. Alle Bereiche des Lebens sind durchsetzt von diesen sozialen Strukturen, die dann vom Menschen ausgestaltet, gepflegt, aber über die Zeit auch geändert werden.[20]
So entwickeln sich innerhalb einer Kultur auch Schönheitsvorstellungen bzw. Tendenzen, die ein normales Äußeres definieren. Griechische Philosophen sahen im Durchschnitt das Ideal, da dieses das perfekte Gleichgewicht repräsentiere. Die Römer hingegen verehrten eher das Außergewöhnliche. In moderneren Zeiten scheiterte Darwin aufgrund der Heterogenität der Kulturen daran, ein repräsentatives Aussehen zu finden, welches das sexuelle Auswahlverhalten erklärt. Bis heute gibt es kein universelles Schönheitsideal, zu heterogen sind die Meinungen darüber, was Schönheit tatsächlich ausmacht. Die einen halten die Augenfarbe für das entscheidende Merkmal, andere sehen in Köperform und Größe wichtigstes Kriterium und wieder andere Völker definieren Schönheit anhand der Sexualorgane. Tabelle 2 zeigt äußerliche Charakteristika, die innerhalb von Kulturkreisen als anerkanntes Gütesiegel für Schönheit gelten.
Anthropologists have ended where they began – able to do no more than point to the dazzling array of characteristics that various people in various places, at various times, have idealized.[21]
Ähnlich wie sich Bräuche und Gewohnheiten des Menschen ändern, so bewirkt der Zahn der Zeit einen Wandel des gültigen Schönheitsideals innerhalb einer Kultur. Um dieses sozialpsychologische Phänomen in einen ökonomischen Rahmen zu betten, sei an E. Schlichts Interpretationen in „On Custom in the Economy “[22] erinnert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Bevorzugte Eigenschaften des Aussehens in verschiedenen Kulturkreisen[23]
Schönheit ist eine Erscheinung innerhalb eines spezifischen Kulturrahmens, die ebenso wie Normen und andere soziale Werte einem ständigen, aber trägen Wandel unterliegen. Das Rubens Ideal zum Beispiel entspricht heute kaum noch unseren Vorstellungen von gutem Aussehen, betrachtet man die mageren Mannequins der Pariser oder Mailänder Haute Couture. Auch Hamermesh und Biddle greifen den Gedanken des Wandels wieder auf und stellen die Frage, ob „…standards of attractiveness change slowly enough to allow labor-market decisions related to beauty to be planned for a horizon as long as a person’s expected working life.“[24]
Konservatismus und Konformität hingegen bremsen neue Tendenzen und erklären beispielsweise die unterschiedliche Akzeptanz von plastischer Chirurgie innerhalb verschiedener Kulturen. Auf diese Entwicklungen besonders im Hinblick auf das Feld der Schönheitschirurgie wird im praktischen Teil dieser Arbeit eingegangen.
4. Der Wandel des Schönheitsideals im vergangenen Jahrhundert
Trotz der Vielfalt an Kulturen und wider der wissenschaftlichen Hypothese der Nicht-Existenz einer universellen Schönheit, gibt es innerhalb von Kulturen bzw. innerhalb ähnlicher Kulturen durchaus Übereinstimmung hinsichtlich der Attraktivität von Menschen. Westliche Zivilisationen wie etwa Europa und die USA haben in der Regel sehr ähnliche Ansichten, was Schönheitsnormen angeht.
Wie bereits herausgearbeitet sind Standards guten Aussehens nicht statisch, sondern unterliegen – besonders für Frauen – einer konstanten Veränderung. Folgende Zusammenschau verdeutlicht den Wandel seit der 19. Jahrhundertwende:
At the turn of the century, the Gibson Girl was the ideal. She was tall and full-breasted. In the 1920s, the “Flapper” sped into view. Women cut their hair, removed the scarves and other stuffing from their bodices, and began to bind their breasts. (The brassiere was originally invented to hide breasts.) From the 1920s on, ideals of beauty flickered from the movie screens. In the 1950s, the leading Hollywood queen was Marilyn Monroe. She was the sex symbol of the era; once again beauty equaled voluptuousness. In the 1960s, Twiggy brought in the beanpole look, which did not last long. In the 1970s, with Raquel Welch, the shapely, sensuous look with legs returned. What about the 1980s? Today we admire a variety of beauty models. There are the Brooke Shieldses (all-American look), and the Dolly Partons - (with abundance.)
Very recently, a new type of ideal has begun to emerge – a more muscular, healthy, functional beauty. Time magazine (Corliss 1982) devoted a cover story to this “New Ideal of Beauty“. Time argued that women are reshaping Americans’ notions of beauty. The new woman is natural – graceful, slim, and far stronger than before. Their bodies are streamlined for motion, for purposeful strides across the mall, around the backcourt, and into the board room.
Ideals of beauty for women and men may be merging. For men, attractiveness has traditionally been equated with strength, stamina, fitness – all of which allowed men to be more functional. Women are finally joining men in the exercise gym and in corporate chambers.[25]
Aus diesem Zitat lässt sich die fortschreitende Emanzipation der Frau herauslesen. Während die typischen Eigenschaften des Mannes über die Zeit relativ konstant geblieben sind, ging der Trend beim weiblichen Geschlecht erst in den letzten Jahrzehnten gezielt in Richtung einer steigenden Funktionalität. Erst durch einen Zugewinn an Stärke, sowohl im physischen wie auch im psychischen Bereich, gelang es dem weiblichen Geschlecht, in Männerdomänen Fuß zu fassen. Wieder lässt sich erkennen, dass Aussehen eine Schlüsselfunktion im beruflichen Fortkommen spielen kann. Ein gutes äußeres Erscheinungsbild geht einher mit Stärke, symbolisiert Selbstbewusstsein und wird im gegenseitigen Umgang honoriert. Inwieweit sich dieses gestiegene Selbstwertgefühl auf eine Stufe stellen lässt, mit gestiegener Produktivität ist jedoch fraglich.
5. Schönheit und Intelligenz
Wer erinnert sich nicht an Szenen aus der Schulzeit, in der jemand aufgrund seines Aussehens besondere Aufmerksamkeit erfuhr, sowohl im positiven wie auch im negativen Sinne. Sicherlich hat ein jeder schon Situationen erlebt, in denen ein Mitschüler von anderen wegen einer körperlichen Auffälligkeit gehänselt wurde. Doch gibt es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Aussehen und Intelligenz?
Contrary to the popular belief that “beauty and brains don’t mix“, there is considerable evidence that parents, teachers, and employers equate “looks” with creativity and intelligence.[26]
Dieser Zusammenhang wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Im Falle des Lehrer-Schüler Verhältnis kommt es zur Diskriminierung, wenn Lehrer die Möglichkeit haben, Noten aufgrund ihres persönlichen Eindrucks zu beeinflussen. Das Umfeld jedes Menschen ist geprägt von Vorurteilen. Verwendet man hingegen standardisierte Leistungstests, so sollte es keine Diskriminierung geben.
Bestehen Vorurteile und Stereotype gerade während der Erziehungsphase, so kann sich eine Kluft zwischen schönen und unattraktiven[27] Kindern entwickeln, die eigentlich gleich intelligent wären. Schöne Kinder werden in der Folge gefördert, wohingegen unterdurchschnittlich aussehende Kinder mit Nachteilen und Vorurteilen zu kämpfen haben. Seit Merton (1948) spricht man hier gerne vom Konzept einer „ self-fulfilling prophecy “[28]. Experimentell wurde diese Hypothese erstmals von Rosenthal und Jacobsen 1968 getestet und seither als Pygmalion Effekt bezeichnet.[29] Die Experimentatoren waren davon überzeugt, dass die Erwartungen der Lehrer an ihre Schüler von entscheidender Bedeutung für die spätere Entwicklung der Schüler seien.
Der Versuch wurde an der Oak Schule durchgeführt. Eine Schule inmitten einer Arbeitergemeinde mit einer großen Anzahl an schwierigen Familienverhältnissen und schwachem Bildungshintergrund. Nun traten Professoren der renommierten Harvard Universität an die Schule mit einem IQ-Test, der angeblich Schüler zwischen erster und fünfter Klasse identifizieren könne, die unentdecktes Leistungspotenzial hätten und somit besonders entwicklungs- und förderungsfähig seien. Tatsächlich wurden schließlich völlig willkürlich 20% der Schüler ausgewählt. In den darauf folgenden Jahren wurde gleicher Test wiederholt und Erstaunliches festgestellt. Der IQ der Auserwählten stieg rasant. Wie konnte das passieren?
Einerseits erfuhren die ausgewählten Schüler besondere Wertschätzung durch ihre Lehrer, andererseits stieg auch die Erwartungshaltung an sie. Somit waren sie selbst bereit, mehr Aufmerksamkeit und Leistungsbereitschaft an den Tag zu legen als die Schüler, die der Zufall nicht auswählte. Der Mensch passt sich an die Erwartungshaltung seines Umfeldes an.
Überträgt man dieses Phänomen auf ein Auswahlverfahren zur Vergabe eines Jobs, so ist es nahe liegend, dass bei Übereinstimmung sämtlicher, anderer Qualifikationen eines Bewerbers das Erscheinungsbild das Zünglein an der Waage sein kann. Wie im Anschluss beschriebene Studien belegen, ist es möglich, dass ein Charakteristikum wie z.B. das Aussehen oder die Körpergröße den Gesamteindruck eines Bewerbers überstrahlt und so Erwartungen und Hoffnungen, die in diesen gesetzt werden, beeinflusst.
6. Self-Fulfilling Prophecy in der Berufswelt
Wie im oben beschriebenen Schüler-Lehrer Versuch, lässt sich das Konzept der Self-Fulfilling Prophecy ebenfalls auf andere Bereiche übertragen. So findet das Prinzip beispielsweise auf Management Ebene Anwendung. Entscheidendes Element bleibt auch hier der Faktor Aufmerksamkeit, der direkt gekoppelt ist mit dem Auftreten und dem Erscheinungsbild einer Person. Führungskräfte sollten gewisse Eigenschaften mitbringen, die es ihnen ermöglichen, Forderungen und Erwartungen glaubhaft zu vermitteln.
Die entscheidende Frage ist hier also, ob - äquivalent zur hohen Erwartungshaltung der Lehrer an die auserwählten Schüler - ein großer Erwartungsdruck an bestimmte Mitarbeiter innerhalb einer Unternehmung genauso positiv wirken kann. In einem Experiment an 100 Luftfahrern wies Schrank 1968 auf einen „labeling effect “ hin[30]. Dieser Schubladeneffekt sorgte dafür, dass sich die Leistungen der Probanden erheblich beeinflussen ließen durch eine willkürliche Gruppenzuteilung. Obwohl diese Selektion bloßer Zufall war, war sie doch von fundamentaler Wichtigkeit für die weitere Entwicklung der Testperson. Im Laufe des Lebens erarbeitet sich der Mensch Wissen, welches er kategorisiert, um sich in Folge an stabilen Regelmäßigkeiten orientieren zu können. Eingebettet in einem sozialen Plan richtet sich das Individuum nach diesen erlernten Mustern. Ein Beispiel einer solchen sozialen Struktur wäre Konformismus, der beschrieben werden kann „…as a force that tries to maintain a pattern that has been perceived in a group.“[31] Gruppenzugehörigkeit, Selbst-Attribution, Commitment, Rule Preference und Clarity sind weitere Wegweiser, die den sozialen Hintergrund des Menschen in diesem Zusammenhang bestimmen[32] und erklären, warum der Mechanismus der „self-fulfilling prophecy“ in verschiedensten Gesellschaften funktioniert.
Abbildung 2 stellt eine Kausalkette aus fünf Modulen dar, die Konzepte der Management- und Organisationspsychologie veranschaulicht. Repräsentiert durch Pfeil 1 impliziert eine hohe Erwartungshaltung bessere Führungseigenschaften. Pfeil 2 richtet sich an die Mitarbeiter, die unterschiedlich behandelt werden. Diese Spezialbehandlung durch den Vorgesetzten fordert und fördert bessere Leistung. Kommunikation dieser erhöhten Forderungshaltung ist hierbei herausragende Eigenschaft der Führungsperson. Zur Erreichung der Zielgrößen wird verstärkt auf variable Vergütungsansätze zurückgegriffen. Direkt gekoppelt an starken Druck durch den Vorgesetzten ist schließlich erhöhte Motivation (Pfeil 3) seitens des Mitarbeiters, was letztendlich zu einem besseren Ergebnis führen soll (Pfeil 4). Eine Rückkopplung (Pfeil 6) erfolgt zwischen den Modulen „Performance“ und „Subordinate Self-Expectancy“: Die Führungskraft erkennt die gestiegene Motivation des Mitarbeiters auf dem Weg zu einem besseren Ergebnis und honoriert diese durch verstärkte Unterstützung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Self-Fulfilling Prophecy als Management Tool[33]
Dieses einfache Konzept zur Förderung der Leistungsbereitschaft scheint einleuchtend, hat jedoch einen Haken. Nicht alle Mitarbeiter erfahren das Schicksal dieser besonderen Erwartungshaltung. Es taucht die Frage auf, wonach wird entschieden, wer zu dieser Gruppe gehören darf. Im wahren Leben wird nicht willkürlich entschieden, folglich muss es Faktoren geben, die diese Entscheidungen herbeiführen.
Schauen wir uns einmal ein typisches Anforderungsprofil einer aktuellen Stellenanzeige an. Abbildung 3 zeigt ein solches und listet neben üblichen, notwendigen Qualifikationen (Hard Facts) auch andere geforderte Kompetenzen auf (Soft Facts). Sogar in der IT-Branche, von der man annehmen könnte, dass das Aussehen eher von untergeordneter Priorität ist, steht ein gepflegtes und sicheres Auftreten im Anforderungsprofil. Dieser Umstand gibt den Hinweis, dass bei identischen Hard Facts bessere Soft Facts den Ausschlag für beruflichen Erfolg geben können. So ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die Forschung der Ökonomie immer mehr Themen widmet, die sich auf das äußere Erscheinungsbild fokussieren.[34]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 - Anforderungsprofil an einen Hochschulabsolventen in der IT-Branche[35]
7. Ein klassisches ökonomisches Modell statistischer Diskriminierung
I. Das ökonometrische Modell
Joseph G. Altonji und Charles R. Pierret wählen in ihrer Arbeit „ Employer Learning and Statistical Discrimination“[36] ein typisches Einstiegsszenario: Ein Arbeitgeber muss sich mit nur begrenzten Informationen für einen Bewerber entscheiden. Es tritt zwangsläufig die Frage auf, ob sich der Arbeitgeber aufgrund einfach zu beobachtender Merkmale wie Bildung und Rasse dazu verleiten lässt, auf die Fähigkeiten des Bewerbers zu schließen. Und inwieweit ändert sich im Laufe des Berufslebens die Wichtigkeit dieser Faktoren, wenn der Arbeitgeber mehr und mehr spezifisches Wissen über seine Arbeitnehmer kumuliert.
Die Arbeit liefert einen Ansatz, um zu testen, ob Firmen auf Basis der verfügbaren Informationen zu Bildung und Rasse statistisch diskriminieren. Durch Hinzunehmen weiterer restriktiver Annahmen soll das ökonometrische Modell weiterhin den Trade Off zwischen beobachtbaren und unbeobachtbaren Merkmalen während des Berufslebens aus Sicht des Arbeitgebers erklären.
Hierbei wird die Annahme gemacht, dass beobachtbare Variablen direkt mit der Produktivität korrelieren.[37] Es wird also versucht, einen Teil der Diskriminierung auf statistische Gründe zurückzuführen. Dies gibt uns den Hinweis, wie groß die Lücke ist, die durch unbeobachtbare Faktoren wie z.B. das Aussehen entsteht.
Aufbauend auf das Modell von Farber und Gibbons (1996)[38] sei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Log der Arbeitsmarktproduktivität eines Arbeiters Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenmit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenJahren an Berufserfahrung:
(1) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
Die Produktivität wird demnach in vier Kategorien unterteilt: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbeschreibt Variablen, die sowohl vom Arbeitgeber wie auch vom Ökonometriker beobachtbar sind; Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbeinhaltet Variablen, die lediglich vom Arbeitgeber beobachtet werden, nicht jedoch vom Ökonometriker beobachtet (oder verwendet) werden; Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbeinhaltet Korrelationen der Produktivität, die nicht direkt vom Arbeitgeber beobachtbar sind, dem Ökonometriker aber vorliegen (so z.B. Ergebnisse des AFQ-Tests[39] ) ; Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenist ein Index anderer Determinanten der Produktivität, die von keiner der Parteien direkt beobachtbar sind. Durch Standardisierung von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenwerden alle Elemente des Vektors Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenpositiv. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbeschreibt ein Berufserfahrungsprofil der Produktivität, von dem angenommen wird, dass es unabhängig von den VariablenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten,Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenist.
Das Subskript i kann in Folge vernachlässigt werden.
Da Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenden Firmen nicht bekannt sind, bilden sie die bedingten Erwartungswerte Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, von welchen angenommen wird, dass sie linear in q uns s sind.
Folglich gilt,
(2) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei der Vektor v und das Skalar e den Durchschnitt null haben und nach Definition des Erwartungswerts jeweils unkorreliert mit q uns s sind.
Gleichung (1) und (2) implizieren, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Fehler der logarithmierten Produktivität des Arbeiters ist, der durch falsche Einschätzung des Arbeitgebers zu Beginn des Einstiegs in den Arbeitsmarkt entsteht. Die Summe Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenist unkorreliert mit s und q. Zusätzlich wird angenommen, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenunabhängig von q und s ist.
Firmen können Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenzu Beginn nur einschätzen, jedoch offenbart der Arbeiter mit jedem weiteren Jahr am Arbeitsmarkt ein Signal seiner tatsächlichen Produktivität, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltensteht dabei für die transitorische Varianz in der Leistungsentwicklung des Arbeiters, die für die Firma für die weitere Einschätzung des Mitarbeiters nur schwer zu messen ist. Auch von dieser wird angenommen, dass sie unabhängig von den anderen Variablen ist.
Der Arbeitgeber kennt q und s, woraus folgt, dass die Beobachtung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenäquivalent ist zu Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, also die Summe aus den Fehlern Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, die gleichbedeutend ist mit dem Irrtum des Arbeitgebers über die logarithmierte Produktivität des Arbeiters. Der Vektor Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenfasst die vergangene Performance des Arbeiters bis zum Zeitpunkt t zusammen. Weiterhin sei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie Differenz zwischen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenunkorreliert ist mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, q und s. Es wird angenommen, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenunabhängig von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, q und s verteilt ist und alle Arbeitgeber Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, q und s kennen .
Aufgrund der Konkurrenz der Firmen erhalten die Arbeiter den Lohn Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltengleich Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Hierbei entspricht Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendem Produktivitätslevel Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender erwarteten Produktivität bedingt auf s, q und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltengibt den Messfehler und firmenspezifische Faktoren wieder, die nicht im Fokus des Modells liegen und in keiner Beziehung zu s, z und q stehen.
Durch Substitution und Logarithmisierung erhalten wir schließlich folgenden Lohnprozess:
(3) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten,
mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
Der Ausdruck Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenin (3) zeigt einerseits, dass der Lohn über die Zeit variiert, weil sich die Produktivität mit zunehmender Erfahrung ändert, andererseits aber auch, dass Firmen ihre mögliche, anfängliche Fehleinschätzung bezüglich der Produktivität des Arbeiters anpassen.
Bezug nehmend auf die Signalling Theorie sei kurz der Zusammenhang zwischen Bildung und Produktivität beleuchtet. Insbesondere Riley[40] hat darauf hingewiesen, dass sich mit steigender Erfahrung diese Beziehung zwar ändert, der zugehörige Koeffizient zu s aber konstant bleibt.
Nun werden die Parameter des bedingten Erwartungswerts Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbei gegebenem s, z und t, sowie des Erfahrungsprofils Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, betrachtet. Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltengilt:
(4) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
Ohne zusätzliche Annahme interpretieren wir s, z, q als Komponenten der Skalare s, z und q, die orthogonal sind zuAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Laut Prozess (3) entwickelt sich der Lohn dermaßen, dass die OLS-Regression impliziert:
(5) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie Koeffizienten der Hilfsregression von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenauf s und z sind, bzw. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie Koeffizienten der Regression von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenauf s und z. Zum Zeitpunkt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenfand noch keine Arbeit statt, daher ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten; ebenso ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltengleich null.
Da gilt, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, kann Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenebenfalls ausgedrückt werden als
(6) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten,
wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie Koeffizienten der Regression von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenüber s und z sind und folglich gilt:
(7) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Parameter Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbeschreibt den Erfahrungsschatz Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Firma zum Zeitpunkt t und liegt im Intervall zwischen null und eins. Zur Periode null ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenebenfalls null, da der Arbeitgeber noch nichts weiß überAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Würde der Arbeitgeber im Laufe des Arbeitslebens die Produktivität des Arbeitnehmers perfekt einschätzen können, so wäre der Koeffizient eins. Intuitiv ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltennicht fallend in t, weil zusätzliche Information über die Entwicklung des Arbeiters eine genauere Schätzung von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenzulässt.
Auf diesen Grundlagen formuliert das Modell zwei Vorschläge:[41]
Vorschlag 1: Unter den gemachten Annahmen ist der Regressionskoeffizient Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltennicht fallend in t und der Regressionskoeffizient Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenist nicht steigend in t.
Wie bereits oben erwähnt leuchtet die Intuition für ein fallendes Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenein: Arbeitgeber lernen im Laufe der Zeit über die Produktivität ihrer Arbeiter. Infolgedessen verliert die mit der Produktivität verknüpfte Variable s an Signifikanz . Gleichzeitig ist s mit dem Parameter z (nicht beobachtbare Eigenschaften des Arbeitnehmers) korreliert. Falls dieser Zusammenhang durch einen zeitabhängigen Koeffizienten in der Lohngleichung berücksichtigt wird, wirkt dieser Effekt positiv auf die Produktivitätswahrnehmung des Arbeitgebers. Lernt der Arbeitnehmer über die Zeit nicht, die Leistungsfähigkeit seines Arbeitnehmers besser einzuschätzen, so ist sofort klar, dass sich Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenim Zeitverlauf nicht ändern: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltensind Konstanten.
Durch einige Umformungen der OLS-Formel ist leicht zu zeigen, dass das Model Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenimpliziert, wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Koeffizient der Regression von z auf s ist. Hierauf beruht Vorschlag 2:
Vorschlag 2: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
Dieser Zusammenhang kann als Hebeleffekt zwischen beiden Variablen interpretiert werden. s ist Teil der ursprünglichen Informationsausstattung des Arbeitgebers, was bedeutet, dass Lerneffekte auf Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenallein der Korrelation zwischen s und z zuzuordnen sind. Die Tatsache, dass durch Lerneffekte ein Spillover vom Koeffizienten von z auf solche Variablen erfolgt, die die Firma verwendet, um statistisch zu diskriminieren, ist entscheidende Grundlage dieses Modells.
Sind s und z Vektoren, so ist die starke Behauptung aus Vorschlag 1 nicht mehr aufrecht zu erhalten. Eine Matrix Version des Vorschlags 2 ist jedoch hinreichend,
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten,
wobei gilt, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltennun die Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenMatrix des Regressionskoeffizienten von z auf s ist. Es gilt, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenfür alle in der Analyse verwendetenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, weiterhin istAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[42] Diese Studie verwendet Daten, in der s die beobachtbare Variable Bildung repräsentiert und der Vektor z aus Daten des AFQT-Tests[43] stammen und somit obige Bedingungen erfüllt sind.
Eine besondere Leistung, die das Modell liefert, ist die Tatsache, dass Differenzen in den Effekten einzelner Variablen auf die Lohnentwicklung genau die Rate widerspiegeln, zu der die Firmen ihre Einschätzungen anpassen. Die Zeitpfade des Elements Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenverdeutlichen demzufolge, inwieweit die Firma über produktivitätsrelevante Komponenten hinzulernt. Somit zeigen Altonji und Pierret eine Alternative zum Standardansatz, um Einflüsse auf den Lohnprozess entweder beobachtbaren oder noch nicht beobachtbaren Variablen wie z.B. dem „ on-the-job-training “ zu zuschreiben.
Im Zusammenhang mit einer möglichen Schönheitsprämie wäre hier eine Variable denkbar, die zusätzlich den beobachtbaren Parameter Bildung nach oben treibt. Man könnte sich vorstellen, dass ein besonders passendes Äußeres den Arbeitgeber in seiner Meinung bekräftigt, dem Bewerber eine hohe Produktivität zu attestieren. Statistische Diskriminierung wird weiter forciert, es entsteht ein Lohndifferenzial. Ob diese Lücke mit der Zeit durch Revision oder Anpassung der anfänglichen Produktivitätseinschätzung durch den Arbeitgeber kleiner oder größer wird, oder gar konstant bleibt, sei im Moment dahingestellt. Das im Verlauf dieser Arbeit angeschnittene Modell „Beauty, Productivity, and Discrimination: Lawyers’ Looks and Lucre“ von Jeff E. Biddle und Daniel S. Hamersmesh[44] wird diesen Gedanken fortführen.
II. Statistische Diskriminierung aufgrund der Rasse als plakatives Beispiel
Generell ist die Lohndiskriminierung zwischen Schwarzen und Weißen ein bekanntes Problem. Im Schnitt kommen Schwarze aus ärmeren, weniger gebildeten Elternhäusern und die Wahrscheinlichkeit ist ebenfalls größer, dass sie in allein erziehenden Haushalten und schlechteren Wohnverhältnissen aufwachsen.[45] Viele dieser Einflüsse wirken sich negativ auf das Qualifikationslevel und späteren, beruflichen Erfolg aus. Hierin liegt ein Teil der Begründung des Lohnunterschieds, der andere Teil beruht auf Diskriminierung.
Im hier beschriebenen Modell von Altionji und Pierret hat der Arbeitgeber zwei Möglichkeiten[46]: Entweder er diskriminiert aufgrund der leicht zugänglichen Information Hautfarbe oder eben nicht. Im ersten Fall kann Rasse als Variable s interpretiert werden. Infolgedessen schätzt der Arbeitgeber die Qualifikation basierend auf statistischen Erfahrungen über den Bewerbermarkt niedriger ein. Die Konsequenz ist ein geringeres Einstiegsgehalt. Im Laufe des Arbeitslebens gewinnen die Variablen s, q, und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenan Gewicht und die Entlohnung wird sich entsprechend danach ausrichten.
Wird nicht aufgrund der Rasse diskriminiert, so hat sie im ökonometrischen Modell die Eigenschaften einer Variablen z.[47] Wenn Rasse negativ korreliert mit der Produktivität Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenist und Firmen über die Zeit lernen, dann wird der Lohnunterschied zum Erfahrungszeitpunkt null kleiner sein, als wenn die Firmen die Rasse als zusätzliche Information nutzen. Im Laufe des Beruflebens wird die negative Beziehung zwischen Rasse und Produktivität treibende Kraft der Expansion des Lohnunterschieds sein. Genauso könnte jedoch eine zusätzliche, zeitabhängige z Variable hinzugefügt werden, die positiv mit der Produktivität korreliert ist und in Konsequenz eine Ausweitung der Lohnlücke eindämmt.
III. Humankapitaltheorie: Zugang und Einfluss von Training
Es erscheint nahe liegend, dass neben erworbenen Qualifikationen der Zugang zu Training on the Job für die Entwicklung und den beruflichen Erfolg von entscheidender Bedeutung ist. Das Modell Altonji und Pierret tut sich jedoch schwer, eine klare strukturelle Interpretation der Effekte von Training und von statistischer Diskriminierung aufgrund des Kriteriums der Rasse zu liefern. Die Zeitpfade Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenundAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltensind relativ losgelöst von Trainingseffekten. Zwar ist es möglich, durch geeignete Kalibrierung des Modells verschiedenste Verflechtungen von Variablen darzustellen, jedoch bleibt die Frage, welche Korrelationen am meisten der Realität entsprechen. Gewichtet man einerseits Qualifikationsunterschiede wegen des ethnologischen Hintergrunds relativ hoch, so steht ganz klar der humankapitalorientierte[48] Gedanke gegenüber dem Ansatz der Arbeitsmarktdiskriminierung im Vordergrund. Andererseits ist ebenso nachvollziehbar, dass schon der schlechtere Zugang zu Ressourcen und Netzwerken ein diskriminierendes Hindernis darstellt und beispielsweise einer schnellen Beförderung im Weg steht. Gerade Führungspositionen sind kaum von Schwarzen besetzt[49]. Wieder taucht die Frage nach der Wurzel des Problems auf, das schon mit dem Bewerberinterview beginnt und sich konsequent durch das Arbeitsleben zieht.
Das sehr populäre Phänomen der ethnischen Diskriminierung sei hier als plakatives Beispiel verstanden, in dem der Lohnunterschied besonders stark zu Tage tritt. Der essenzielle Gedanke ist aber auf alle Formen auftretender Diskriminierung übertragbar; beispielsweise auch im kleiner ausfallenden Rahmen einer lohndifferenzierenden Schönheitsprämie.
IV. Ergebnisse des Modells
Die empirische Analyse beruht auf Daten der NLSY79[50], eines Panels von Männern und Frauen zwischen 14 und 21 Jahren, dessen Mitglieder seit 1979 jährlich befragt werden (seit 1994 sogar zweimal pro Jahr). Als Berufserfahrung wird jede Woche gewertet, in der mehr als 30 Stunden gearbeitet wird. Die potenzielle Berufserfahrung wird definiert als „Alter, minus Jahre an Ausbildung, minus sechs“.
Basisspezifikation des Modells ist eine OLS-Schätzung des logarithmierten Lohns (Gleichung (4)) über die Variable s, den Jahren an Ausbildung, verschiedenen z Variablen (inkl. des AFQT-Ergebnisses), den logarithmierten Lohn der Geschwister, sowie über die Bildung des Vaters.
Panel 1 und 2 der Tabelle 3 zeigen die konsistenten Ergebnisse der Schätzung und unterscheiden sich insofern, dass einmal die potenzielle und einmal die tatsächliche Berufserfahrung berücksichtigt wird. In Panel 1 beträgt der Bildungskoeffizient Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltengleich -.0032 (.0094), was verdeutlicht, dass der Einfluss von Bildung mit Zunahme an Berufserfahrung abnimmt. Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Arbeitgeber mit der Zeit lernen, die Produktivität ihrer Arbeitnehmer exakter einzuschätzen.
Das wichtigste Ergebnis hinsichtlich statistischer Diskriminierung ist sicherlich, dass der Bildungskoeffizient Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenstark abfällt auf -.0234 (.0123), sobald die AFQT-Scores in Zeile (2) hinzugefügt werden. Altonji und Pierret fassen dies wie folgt zusammen:
These results provide support for the hypothesis that employers have limited information about the productivity of labor force entrants and statistically discriminate on the basis of education. Early wages are based on expected productivity conditional on easily observable variables such as education. As experience accumulates, wages become more strongly related to variables that are likely to be correlated with productivity but hard for the employer to observe directly.[51]
Tabelle 4 zeigt Ergebnisse einer Regression, in der neben den AFQT-Scores gleichzeitig noch die väterliche Bildung, sowie die Gehaltsstruktur der Geschwister in die Variable z einfließen. Alle Variablen stehen in positivem Zusammenhang zur Berufserfahrung und sind statistisch signifikant.
[...]
[1] R.C. Kessler, K.D. Mickelson, D.R. Williams, The Prevalence, Distribution, and Mental Health Correlates of Perceived Discrimination in the United States, Journal of Health and Social Behavior, Vol. 40, Nr. 3, 1999, S. 216.
[2] George L. Borjas, Labor Economics, Boston etc. McGraw-Hill, 3rd edition, S. 342.
[3] Art. 3 Abs. 1 GG.
[4] G. S. Becker, The Economics of Discrimination, 2nd edition, The University of Chicago Press, 1971, S. 13.
[5] siehe u.a.: J. Rawls: A Theory of Justice, Belknap Press of Harvard Univ. Press, 1971, S. 100, o. Ronald D. Dworkin: A Matter of Principle, Harvard Univ. Press, 1985, S. 283.
[6] siehe z.B.: http://webh01.ua.ac.be/storme/Storme-Juridica.pdf, Matthias E. Storme, Freedom of Contract: Mandatory and Non-mandatory Rules in European Contract Law, 2005, aufgerufen am 16.06.08.
[7] G.S. Becker (1971), S. 13.
[8] G.S. Becker (1971), S. 39 ff.
[9] Abb. 2: http://openlearn.open.ac.uk/file.php/2700/D319_1_001i.jpg, aufgerufen am 16.06.08.
[10] E. S. Phelps, The Statistical Theory of Racism and Sexism, The American Economic Review, Vol, 62, Nr. 4, 1972, S. 659-661.
[11] siehe später auch Halo Effekt.
[12] P. B. Doeringer u. M. J. Piore, Internal Labor Markets and Manpower Analysis, Heath Lexington Books, 1971, S. 133ff.
[13] W. Franz, Arbeitsmarktökonomik, 6. Auflage, Springer Verlag, 2006, S. 342.
[14] E. L. Thorndike: A constant error in psychological rating. Journal of Applied Psychology , 1920, S. 25-29.
[15] B. Brown und S. Perry, Removing the Financial Performance Halo from Fortune’s most admired companies, The Academy of Management Journal, Vol. 37, Nr. 5, 1994, S. 1347-1359.
[16] siehe u.a. Hal R. Varian , Intermediate Microeconomics, 6. Auflage, Norton, 2003, S. 602 ff.
[17] J. E. Biddle u. D. S. Hamersmesh , Beauty, Productivity, and Discrimination: Lawyers’ Looks and Lucre, Journal of Labor Economics, Vol. 16, Nr. 1, 1998, S. 173.
[18] E. Hatfield u. S. Sprecher, Mirror, Mirror…: The Importance of Looks in Everyday Life, Albany, NY: State University of New York Press, 1986.
[19] E. Hatfield u. S. Sprecher (1986), S.4.
[20] E. Schlicht, On Custom in the Economy, Clarendon Press, 1998.
[21] E. Hatfield u. S. Sprecher (1986), S.12.
[22] E. Schlicht (1998), zur Entwicklung des menschlichen Lernens siehe auch E. Schlicht, Aestheticism in the Theory of Custom, Journal des Économistes et des Études Humaines, Vol. 10, Nr. 1, 2000, S. 33-51.
[23] Tabelle übersetzt aus: E. Hatfield u. S. Sprecher (1986), S.7.
[24] D.S. Hamermesh u. J.E. Biddle, Beauty and the Labor Market, The American Economic Review, Vol. 84, Nr. 5, 1994, S. 1175.
[25] E. Hatfield u. S. Sprecher (1986), S.17-18.
[26] E. Hatfield u. S. Sprecher (1986), S. 45.
[27] In der englischsprachigen Literatur ist das Äquivalent zu unattraktiv „ugly“.
[28] R.K. Merton, The self-fulfilling prophecy, Antioch Review, 1948, 8, S. 193-210.
[29] R. Rosenthal u. J. Jacobsen, Pygmalion in the Classroom, New York: Holt, Reinhart und Winston Inc., 1968.
[30] W.R. Schrank, The Labeling effect of abiltiy grouping, Journal of Educational Research, 1968, 62, S. 51-52.
[31] E. Schlicht (1998), Kapitel 8, S. 6.
[32] Für eine detaillierte Analyse dieser Stichwörter siehe: E. Schlicht (1998).
[33] Grafik aus D. Eden, Self-Fulfilling Prophecy as a Management Tool: Harnessing Pygmalion, Academy of Management Review, 1984, Vol. 9, Nr. 1, S. 67.
[34] Im Laufe dieser Arbeit wird noch explizit auf Charakteristika wie Größe, Gewicht und Schönheit eingegangen.
[35] Das Anforderungsprofil wurde entnommen aus einer aktuellen Stellenanzeige vom 09.07.2008.
[36] J.G. Altonji u. C.R. Pierret, Employer Learning and Statistical Discrimination, The Quarterly Journal of Economics, Vol. 116, Nr. 1, 2001, S. 313-350.
[37] J.G. Altonji u. C.R. Pierret (2001), S. 314.
[38] H. Farber u. R. Gibbons, Learning and Wage Dynamics, Quarterly Journal of Economics, CXI, 1996, S. 1007-1047.
[39] z wird in diesem Modell durch Daten des Armed Forces Qualification Tests (AFQT) befüllt. Es handelt sich hierbei um einen Test, der die Einstufung der Bewerber des Militärs ermöglichen soll. Getestet werden: Wortschatz, Auffassungsgabe, logisches Denken und mathematisches Wissen. Für weitere Informationen siehe u.a.: http://www.kaptest.com/Military/ASVAB/Learn-ASVAB/ML_afqt_testoverview.html, aufgerufen am 09.08.2008.
[40] J.G. Riley, Testing the Educational Screening Hypothesis, Journal of Political Economy, LXXXIV, 1979, S. 227-252.
[41] J.G. Altonji u. C.R. Pierret (2001), S. 321.
[42] Für Details siehe: J.G. Altonji u. C.R. Pierret (2001).
[43] z wird in diesem Modell durch Daten des Armed Forces Qualification Tests (AFQT) befüllt.
[44] J. E. Biddle u. D.S. Hamersmesh, Beauty, Productivity, and Discrimination: Lawyers’ Looks and Lucre, Journal of Labor Economics, Vol. 16, Nr. 1, 1998, S. 172-201.
[45] Für weiterführende Literatur siehe z.B.: W.C. Carrington u. K.R. Troske , Interfirm Segregation and the Black/White Wage Gap, Journal of Labor Economics, Vol. 16, Nr. 2, 1998, S. 231-260 oder G.S. Oettinger, Statistical Disrimination and the Early Career Evolution of the Black-White Wage Gap, Journal of Labor Economics, XIV, 1996, 52-78
[46] J.G. Altonji u. C.R. Pierret (2001), S. 324.
[47] Unter der Annahme, dass Rasse die einzige Variable z der Gleichung ist.
[48] Für weiterführende Literatur zum Thema Humankapitaltheorie siehe u.a.: G.S. Becker, Investment in Human Capital: A Theoretical Analysis, The Journal of Political Economy, Vol. 70, Nr. 5, Part 2: Investment in Human Beings, 1962, S. 9-49.
[49] Für weiterführende Literatur siehe z.B.: K. H. Flaming, J.J. Palen, G. Ringlien und C. Taylor, Black Powerlessness in Policy-Making Positions, The Sociological Quarterly, Vol. 13, Nr. 1, 1971, S. 126-133.
[50] Für detaillierte Informationen zu den Daten und der ökonometrischen Spezifikation des Modells siehe J.G. Altonji u. C.R. Pierret (2001), S. 327 f. sowie den Anhang.
[51] J.G. Altonji u. C.R. Pierret (2001), S. 331.
- Citation du texte
- Thomas Weingartner (Auteur), 2008, Appearance Discrimination, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121941
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