„Selektiv, diskriminierend, undemokratisch – das deutsche Schulsystem bietet nicht allen Kindern die gleichen Chancen. (…) und das Recht auf Bildung wird nicht überall ausreichend umgesetzt. Dies betrifft insbesondere Migranten und sozial Schwache. Kinder aus Zuwandererfamilien werden systematisch benachteiligt. Jahre-, wenn nicht jahrzehntelang haben weder Bildungs- noch Sozialpolitiker ihre Hausaufgaben gemacht. (…) Jahrzehnte nach der Ankunft von Migranten müssten heute Tausende deutscher Kinder ausländischer Herkunft besser in das Bildungssystem und in die Gesellschaft integriert worden sein, als es hier in Deutschland der Fall ist!“
(MUÑOZ, V.. IN: BERICHT FÜR DAS RECHT AUF BILDUNG IN DEUTSCHLAND, 2006)
Mit diesen harten Worten kritisierte der UN-Sonderberichterstatter (…) das deutsche Bildungssystem und zeigte damit, dass Deutschland sieben Jahre nach dem ersten PISA-Schock International erneut in der bildungspolitischen Kritik steht. […]
Allein schon die Tatsache, dass sich viele Autoren dazu entschieden haben, über „Migranten im deutschen Schulwesen“ zu schreiben, statt über die Thematik „Deutsche Kinder im deutschen Schulwesen“, zeigt, dass in unserer Kultur spätestens seit PISA die Migranten-Thematik als ein bildungspolitisches Problem eine besondere Beachtung und Begründung verdient. (…).
Das Buch mit einer eingehenden Deskription wichtiger Fakten zur Situation der Migranten im deutschen Schulwesen, in deren Verlauf wichtige Gesichtspunkte über die Lage im Primar- und Sekundarbereich, sowie nationale Unterschiede zwischen den Migranten aufgezeigt werden. Anschließend folgt die Herausarbeitung und Skizzierung verschiedener Erklärungsansätze, die anhand von markanten Befunden und empirischen Studien wie z. B. von DIEFENBACH sowie GOMOLLA UND RADTKE versuchen, den mangelnden schulischen Erfolg von Migrantenkindern zu erklären.
Auf der Grundlage der Befunde zur Situation von Migranten im deutschen Schulwesen und der Darlegung einiger Erklärungsansätze wird abschließend versucht, Interventions- und Fördermaßnahmen herauszuarbeiten, die die Bildungsdiskrepanz in Deutschland deutlich verringern sollen. Hierbei wird das Augenmerk abschließend besonders auf die «REGIONALEN ARBEITSSTELLEN ZUR FÖRDERUNG AUSLÄNDISCHER KINDER UND JUGENDLICHEN» (Kurz: RAA) in NRW gelegt, die im Hinblick auf die Unterstützung schulischer Belange und die Verknüpfung von Schule und Jugendhilfe modellhaft Migrationsförderung betreibt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2 Die Lage der Migranten im deutschen Schulwesen
2.1 Die Situation im Vorschul- und Primarbereich
2.2 Die Situation im allgemein bildenden Schulwesen
2.3 Unterschiede nach Nationalität und Region
3 Erklärungsansätze für die Nachteile von Schülern mit Migrationshintergrund
3.1 Außerschulische Erklärungsansätze
3.1.1 Die kulturell-defizitäre Erklärung
3.1.2 Die humankapitaltheoretische Erklärung
3.2 Innerschulische Erklärungsansätze
3.2.1 Die Erklärung durch Strukturdefizite des deutschen Schulsystems
3.2.2 Die Erklärung durch institutionelle Diskriminierung
4 Intervention und Fördermaßnahmen zur Verringerung der Bildungsdiskrepanz
4.1 Schulinterne Maßnahmen
4.2 Schulexterne Maßnahmen – »Die RAA«
5 Fazit
6 Quellen- und Literaturverzeichnis
7 Abbildungsverzeichnis
1 Einführung
„ Selektiv, diskriminierend, undemokratisch – das deutsche Schulsystem bietet nicht allen Kindern die gleichen Chancen. () und das Recht auf Bildung wird nicht überall ausreichend umgesetzt. Dies betrifft insbesondere Migranten und sozial Schwache. Kinder aus Zuwandererfamilien werden systematisch benachteiligt. Jahre-, wenn nicht jahrzehntelang haben weder Bildungs- noch Sozialpolitiker ihre Hausaufgaben gemacht. (…) Jahrzehnte nach der Ankunft von Migranten müssten heute Tausende deutscher Kinder ausländischer Herkunft besser in das Bildungssystem und in die Gesellschaft integriert worden sein, als es hier in Deutschland der Fall ist!“
(Muñoz, V.. In: Bericht für das Recht auf Bildung in Deutschland, 2006)
Mit diesen harten Worten kritisierte der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung Vernor Muñoz das deutsche Bildungssystem und zeigte damit, dass Deutschland sieben Jahre nach dem ersten PISA-Schock International erneut in der bildungspolitischen Kritik steht. Munoz inspizierte im Februar 2006 im Auftrag der Vereinten Nationen das deutsche Schulsystem und legte am 21. März 2007 seinen ernüchternden Deutschlandbericht vor. Dieser Bericht zeigt deutlich, dass das Thema „Migranten im deutschen Schulsystem“, aktueller ist als je zuvor.
Allein schon die Tatsache, dass sich viele Autoren dazu entschieden haben, über „Migranten im deutschen Schulwesen“ zu schreiben, statt über die Thematik „Deutsche Kinder im deutschen Schulwesen“, zeigt, dass in unserer Kultur spätestens seit PISA die Migranten-Thematik als ein bildungspolitisches Problem eine besondere Beachtung und Begründung verdient. Dieses Faktum hat schließlich auch mich dazu bewogen, mich näher mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
In diesem Zusammenhang beginnt die Arbeit mit einer eingehenden Deskription wichtiger Fakten zur Situation der Migranten im deutschen Schulwesen, in deren Verlauf wichtige Gesichtspunkte über die Lage im Primar- und Sekundarbereich, sowie nationale Unterschiede zwischen den Migranten aufgezeigt werden. Anschließend folgt die Herausarbeitung und Skizzierung verschiedener Erklärungsansätze, die anhand von markanten Befunden und empirischen Studien wie z.B. von Diefenbach sowie Gomolla und Radtke versuchen, den mangelnden schulischen Erfolg von Migrantenkindern zu erklären.
Auf der Grundlage der Befunde zur Situation von Migranten im deutschen Schulwesen und der Darlegung einiger Erklärungsansätze wird abschließend versucht, Interventions- und Fördermaßnahmen herauszuarbeiten, die die Bildungsdiskrepanz in Deutschland deutlich verringern sollen. Hierbei wird das Augenmerk abschließend besonders auf die «Regionalen Arbeitsstellen zur Förderung ausländischer Kinder und Jugendlichen» (Kurz: RAA) in NRW gelegt, die im Hinblick auf die Unterstützung schulischer Belange und die Verknüpfung von Schule und Jugendhilfe modellhaft Migrationsförderung betreibt.
2 Die Lage der Migranten im deutschen Schulwesen
Seit 1955 hat sich Deutschland allmählich und in Wellen, aber in übersehbarer Faktizität zu einem Einwanderungsland entwickelt. Die Schule ist der beste Spiegel dieses Trends. Die multi-ethnisch zusammengesetzte Klasse ist in vielen Schulen die Regel. Ein substantieller Teil der schulpflichtigen Schüler und Schülerinnen stammt aus Familien, in denen zumindest ein Elternteil nicht in Deutschland geboren wurde.[1] Im Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland stellen Kinder und Jugendliche aus Familien mit Migrationshintergrund eine beachtlich große Gruppe dar. Ihnen muss besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, weil sich eine Reihe von Problemlagen identifizieren lassen, die für Migrantenkinder spezifisch sind und ihre schulischen Entwicklungsverläufe beeinträchtigen.[2] Ethnische Unterschiede in der Bildungsbeteiligung werden an verschiedenen Stellen in der Bildungslaufbahn sichtbar. Dieses Kapitel versucht deshalb auf der Grundlage von empirischen Forschungsbefunden wie z.B. PISA 2000 und PISA 2003, sowie Daten des Statistischen Bundesamtes und Bildungsberichten, verschiedene Aspekte der Bildungssituation von Kindern mit Migrationshintergrund im Primar- und Sekundarbereich näher zu charakterisieren. Zudem wird versucht aufzuzeigen, dass sich die Bildungssituation der Migrantenkinder je nach Herkunftsland und von Bundesland zu Bundesland erheblich unterscheidet.
2.1 Die Situation im Vorschul- und Primarbereich
Der Schulerfolg ist in Deutschland eng mit der sozialen Herkunft verbunden. Kinder und Jugendliche aus Migrationsfamilien bzw. sozial schlechter gestellten Familien haben es bedeutend schwerer, gute Lernergebnisse zu erzielen und die Schule erfolgreich abzuschließen als ihre besser gestellten Altersgenossen. Dem Bildungssystem kommt hier eine Schlüsselqualifikation für das Gelingen des gesellschaftlichen Integrationsprozesses zu.[3] Bildung ist ein wichtiger Faktor, um sich erfolgreich in die Aufnahmegesellschaft zu integrieren, da sie den Zugang zu beruflichen Positionen und zu den kulturellen Systemen ermöglicht.
Deshalb gehört es zu den wichtigsten bildungspolitischen Zielen demokratischer Gesellschaften, allen Heranwachsenden gleich gute Bildungschancen zu ermöglichen, sie individuell optimal zu fördern und gleichzeitig soziale, ethnische und kulturelle Disparitäten der Bildungsbeteiligung und des Bildungserfolgs auszugleichen.[4] Doch schafft es das Bildungssystem wirklich die kulturellen Disparitäten der Bildungsbeteiligung auszugleichen oder beginnen die schulischen Probleme der Kinder mit Migrationshintergrund bereits im Vorschul- und Primarbereich?
Der Besuch vorschulischer Einrichtungen und der Grundschule durch Kinder von Migranten ist vor allem deshalb in den Blick des Interesses gerückt, weil verschiedene internationale Studien zeigen konnten, dass Bildungs- und Sozialisationsleistungen, die von Kindergärten und Grundschulen erbracht werden, langfristige individuelle und gesellschaftliche Wirkungen haben.[5] Der Besuch eines Kindergartens ist sowohl für die soziale als auch für die kulturelle Integration von Kindern aus Zuwandererfamilien von entscheidender Bedeutung. Im Kindergarten findet ein wesentlicher Teil der sprachlichen Integration statt, da hier durch den Kontakt zu den Erziehern und den anderen Kindern die Möglichkeit besteht, die deutsche Sprache zu erlernen und bereits vor der Einschulung Sprachdefizite abzubauen.[6] Im Bildungsbericht 2003 der Kultusministerkonferenz zeigte sich für Kinder zwischen 5 bis 6 Jahren im Jahre 2001, dass die Unterschiede im Kindergartenbesuch zwischen Deutschen und Ausländern sehr gering waren (91,7% gegenüber 88,3%).[7]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Kinder in Kindergärten 2001. (Aus: Bildungsbericht für Deutschland, S. 213)
Tabelle 1 zeigt, dass ausländische Eltern ihre Kinder nicht auffallend seltener in Kindergärten schicken als deutsche Eltern. Die Kindergartenbesuchsquote sagt jedoch nichts darüber aus, ob der Kindergartenbesuch durchgängig oder zeitweilig stattfindet. Wichtig ist aber, dass seit Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz im Jahr 1996 eine zunehmende Angleichung der Kindergartenbesuchsquoten der ausländischen Kinder erreicht wurde.[8]
Überproportional präsent sind ausländische Kinder hingegen in Vorschulen bzw. Schulkindergärten. So besaßen im Schuljahr 2003/04 22,7% der Kinder in Vorklassen und genau 25% der Kinder in Schulkindergärten eine ausländische Staatsangehörigkeit. Diese Überrepräsentanz erklärt sich nach den Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration vor allem aus deren häufigeren Zurückstellungen bei der Einschulung aufgrund mangelnder Sprachkompetenzen.[9] Auch Zitzelsberger ist der Meinung, dass tendenziell mehr Kinder mit Migrationshintergrund zurückgestellt werden als deutsche Kinder.[10] Sie kommt zu dem Schluss:
„SchulleiterInnen von Grundschulen verweisen bei Rückstellungen von Migranten immer auf die sprachlichen Defizite sowie auf das kulturelle Herkunftsmilieu. Es scheint fast so zu sein, als müssten sich die SchülerInnen erst an das deutsche Schulsystem mit seinen Gepflogenheiten angepasst haben, bevor eine Einschulung möglich ist. Die LehrerInnen verweisen durchgehend auf ihre pädagogische Sorgfaltspflicht und das Vermeiden von Enttäuschungen für die Schülerinnen und Schüler zur Rechtfertigung der Entscheidung. Nicht zu übersehen sind dabei aber auch organisatorische Gegebenheiten, die sich weit mehr an Klassenstärken und Schulentwicklungszahlen orientieren.“
Obwohl migrationsspezifische Daten zum Schuleintritt kaum vorliegen, macht ebenso das Bundesministerium für Bildung und Forschung Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund an den Merkmalen vorzeitiger und verspäteter Einschulungen sichtbar.[11] Am Beispiel der Daten über Einschulungsentscheidungen zwischen 1995 und 2004 in NRW zeigt sich, dass die Zunahme vorzeitiger Einschulungen und die Abnahme von Zurückstellungen bei ausländischen Kindern parallel zur Entwicklung der deutschen Kindern verläuft, nur dass der Anteil vorzeitiger Einschulungen bei ausländischen Kindern um etwa ein Drittel geringer ausfällt und die Zurückstellungen etwa doppelt so hoch sind.[12]
Als Anzeichen mangelnder Förderung ausländischer Schüler, vor allem in den ersten Schuljahren, kann zudem das Verhältnis von ausländischen im Vergleich zu deutschen Wiederholern gewertet werden. In den Klassenstufen 1 bis 4 bleiben ausländische Kinder bis zu sechsmal häufiger sitzen als deutsche Kinder.[13]
Abschließend lässt sich jedoch bemängeln, dass bei der Schulerfolgsdiskussion von Migrationskindern die Mechanismen des Übergangs vom Kindergarten in die Primarschulstufe in der Fachliteratur nur wenig kommentiert werden. Dabei haben zunehmend mehr Kinder Schwierigkeiten, diesen Schritt zu bewältigen. Die Problematik besteht laut Lanfranchi hauptsächlich in den hohen Quoten der Dispensationen (Zurückstellungen in den Kindergarten), der Einweisung in die Einschulungsklassen und der Repetitionen der 1. Schulklasse. Diese Übergangsschwierigkeiten erweisen sich insbesondere für Kinder aus eingewanderten Familien als besonders gravierend.[14] Ferner ist auch Pommerin der Meinung[15]:
„Der Grundschule gelingt es nicht mehr, einem wichtigen Bildungsauftrag nachzukommen, nämlich Lesen und Schreiben zu vermitteln und Kinder mit Migrationshintergrund sprachlich ausreichend zu fördern.“
2.2 Die Situation im allgemein bildenden Schulwesen
Die aktuellen Daten der amtlichen Bildungsstatistik weisen für das Schuljahr 2003/2004 eine Zahl von 962.835 ausländischen Schülern auf allgemein bildenden Schulen aus, was einem Anteil von 9,9 % (Westdeutschland: 11 %; Ostdeutschland: 4,7%) an allen Schülern entspricht. Hierzu kommt eine unbekannte Anzahl von Schülern mit Migrationshintergrund, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben und deshalb in der amtlichen Bildungsstatistik nicht identifizierbar sind.[16] Dabei sind 70% aller Migrationskinder in Deutschland geboren.[17] Sie haben damit maßgebliche und für das schulische Lernen ausschlaggebende Sozialisationsprozesse im hiesigen Kontext durchlaufen. Und trotzdem lässt sich im Zuge der PISA-Untersuchungen festhalten, dass Kinder mit Migrationshintergrund in den höheren Bildungsgängen unterrepräsentiert sind.[18]
Die Situation der Migranten im allgemein bildenden Schulwesen wird in Abbildung 1 deutlich sichtbar. Sie stellt die Verteilung der 15-Jährigen auf die Bildungsgänge der Sekundarstufe I differenziert nach dem Migrationsstatus der Familie vor, wobei Familien unterschieden werden, in denen beide Eltern, ein Elternteil oder kein Elternteil in Deutschland geboren wurden. Schon ein erster Blick auf die Abbildung lässt einen strukturellen Unterschied in der Bildungsbeteiligung zwischen Kinder aus deutschen und gemischten Ehen und Kindern, deren beide Eltern nach Deutschland zugewandert sind, erkennen.[19]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: 15-Jährige nach Migrationshintergrund der Familie und Bildungsgang in %. (Aus: PISA 2000, S. 373)
Knapp 60% der Schüler, von denen kein Elternteil in Deutschland geboren ist, besuchen eine Hauptschule. Desweiteren macht ein geringer Gymnasialbesuch von 15% die Distanz zu dieser Schulform sichtbar. Hingegen besuchen nur 23% der Schüler, deren beide Elternteile in Deutschland geboren sind, eine Hauptschule. Tatsächlich ergaben die PISA-Untersuchungen, dass Jugendliche, die aus einem Elternhaus stammen, in dem beide Eltern in Deutschland geboren wurden, im Vergleich zu ihren Altersgleichen aus reinen Zuwandererfamilien weitaus günstigere Chancen haben, anstelle einer Hauptschule eine andere weiterführende Schule zu besuchen. Die relativen Chancen eines Gesamtschulbesuchs liegen etwa um das Doppelte, eines Realschulbesuchs um das 2,6fache und eines Gymnasialbesuchs um das 4,4fache höher. Die Bildungsbeteiligung von Jugendlichen aus gemischten Ehen nehmen eine mittlere Position ein, liegen aber näher an den Chancen von Jugendlichen aus Familien, in denen beide Eltern in Deutschland geboren wurden.[20] Jugendliche mit Migrationshintergrund erreichen international und in Deutschland ein geringeres Kompetenzniveau in Mathematik, Deutsch und auch in anderen getesteten Domänen, als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Dieser Abstand entspricht in Deutschland der Kompetenzentwicklung von einem bis zu fast zwei Schuljahren.[21] Bereits in PISA 2000 wurde auf diesen Tatbestand hingewiesen und auch 2003 hat sich daran nichts geändert. PISA schreibt der deutschen Sprache einen großen Einfluss zu[22]:
„Lesekompetenz auf anspruchsvollem Niveau stellt in modernen Gesellschaften eine Basisqualifikation dar, die für alle Lebensbereiche zunehmende Bedeutung hat. Ernsthafte Defizite in der Sprachbeherrschung können durch Leistungsstärken in anderen Bereichen nicht kompensiert werden.“
Der Anteil extrem schwacher Leser, die durch das PISA-Material praktisch überfordert waren, stieg auf 20%. Exellente Beherrschung der deutschen Sprache und die souveräne Bewältigung auch schwieriger Texte waren nur noch bei 2% anzutreffen. Besonders auffällig ist, dass fast 50% der Jugendlichen aus zugewanderten Familien die elementare Kompetenzstufe I im Lesen nicht überschritten haben. Dieser Befund ist bemerkenswert, wenn man den Tatbestand hinzunimmt, dass über 70% der Jungendlichen die gesamte Schulzeit in Deutschalnd absolviert haben.[23]
[...]
[1] Vgl. Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen 2001, S. 340.
[2] Vgl. Herwartz-Emden, L.: Einwandererkinder im deutschen Bildungswesen. In: Cortina, K.S./Baumert, J. u a.(Hrsg.): Das Bildungswesen in der BRD. Hamburg 2003, S. 661.
[3] Vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Hrsg.): Förderung von Migranten und Migrantinnen im Elementar- und Primarbereich. Dokumentation der Fachtagung am
07. März 2003 in Berlin. Berlin/Bonn 2003, S. 10.
[4] Vgl. Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen 2001, S. 323.
[5] Vgl. Kultusministerkonferenz: Bildungsbericht für Deutschland. Erste Befunde. Berlin 2003. URL: http://www.kmk.org/doc/publ/bildungsbericht/bildungsbericht_1610b.pdf, S. 26.
[6] Vgl. Beauftrage der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Hrsg.): Daten – Fakten – Trends. Bildung und Ausbildung. Berlin 2005. S. 254.
[7] Vgl. Kultusministerkonferenz: Bildungsbericht für Deutschland. Erste Befunde. Berlin 2003. a.a.O. S. 213.
[8] Vgl. Beauftrage der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Hrsg.): Daten – Fakten – Trends. Bildung und Ausbildung. a.a.O., S. 254.
[9] Vgl. ebd. S. 255.
[10] Vgl. Zitzelsberger, O.: Schulkinder aus Migrantenfamilien. URL: http://www.familienhandbuch.de/cmain/ f__Aktuelles/a_Schule/s_774.html, S. 52.
[11] Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Bildung in Deutschland. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration 2006. URL: http://www.bildungsbericht. de/daten/ gesamtbericht.pdf, S. 150.
[12] Vgl. ebd. S. 151.
[13] Vgl. Kultusministerkonferenz: Bildungsbericht für Deutschland. Erste Befunde. Berlin 2003. a.a.O., S. 215.
[14] Vgl. Lanfranchi, A.: Schulerfolg von Migrationskindern. Die Bedeutung familienergänzender Betreuung im Vorschulalter. Opladen 2002, S. 11.
[15] Vgl. Pommerin-Götze, G.: Zur Bildungssituation Jugendlicher mit Migrationshintergrund. In: Frederking, V. et. al. (Hrsg.): Nach PISA: Konsequenzen für Schule und Lehrerbildung nach zwei Studien. Wiesbaden 2005, S. 143f.
[16] Vgl. Diefenbach, H.: Bildungschancen und Bildungs(miss)erfolg von ausländischen Schülern aus Migrantenfamilien im System schulischer Bildung. In: Becker, R./Lauterbach, W.(Hrsg.): Bildung als Privileg. Erklärungen und Befunde zu den Ursachen der Bildungsungleichheit 2., aktualisierte Auflage. Wiesbaden 2007, S. 219.
[17] Vgl. Herwartz-Emden, L.: Einwandererkinder im deutschen Bildungswesen. a.a.O., S. 67.
[18] Vgl. Baumert, J.; Stanat, P.; Watermann, R. (Hrsg.): Herkunftsbedingte Disparitäten im Bildungswesen. Vertiefende Analysen im Rahmen von PISA 2000. Wiesbaden 2006, S. 189f.
[19] Vgl. Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. a.a.O., S. 373.
[20] Vgl. ebd., S. 374f
[21] Vgl. Deutsches PISA-Konsortium Deutschland (Hrsg.): PISA 2003. Der Bildungsstand der Jugendlichen in Deutschland – Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleichs. Münster 2004, S. 236.
[22] Vgl. ebd. S. 375
[23] Vgl. ebd. S. 376
- Quote paper
- Hanna Cieslak (Author), 2007, Die Situation der Schüler mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungswesen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121898
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