Diese Arbeit soll sich mit Judenverfolgungen respektive Judenpogromen im Kontext des ersten Kreuzzugs befassen und schildern, wo und unter welchen Umständen solche stattfanden. Hierfür wird zunächst erläutert, wie es überhaupt zu dem Phänomen der
Kreuzzüge und Volkskreuzzüge kam und was genau solche ausmachte. Gründe für die Bevölkerung an diesen teilzunehmen, sollen ebenso angeführt werden wie solche, es nicht zu wagen. Die Verfolgungen und Tötungen von Juden, über die diese Arbeit in erster Linie berichten soll, werden hauptsächlich auf das Rheinland bezogen dargestellt. Zudem soll die Frage beantwortet werden, wie die Bischöfe in den dortigen großen Städten mit solcherlei Verfolgungen umgingen – akzeptierten sie diese und unterstützten sie sogar, oder versuchten
sie, Ermordungen aller ihrer Bürger zu verhindern? Wie der König mit dieser Frage umging, soll ebenfalls geklärt werden.
Um hierauf näher einzugehen, werden Vergleiche aus dem Verhalten mehrerer Bischöfe gezogen. So sollen die Geschehnisse, die im Jahr 1096 in Köln, Worms, Mainz, Trier und Speyer stattfanden, genauer analysiert werden. Hierfür werden sowohl christliche als auch hebräische Quellen herangezogen, um eine möglichst objektive, kulturspezifisch unverfälschte Sichtweise zu bieten. Welche Quellen jeweils für die Bearbeitung des Themas gewählt wurden, wird in einem zusätzlichen Kapitel nach der Schilderung der Entstehung des
Kreuzzugsgedankens beschrieben, da dies ausschlaggebend für die Ergebnisse dieser Arbeit ist. Auch Quellen aus dem syrischen und armenischen Raum werden in die Bearbeitung mit einbezogen werden, ebenso wie arabische Darstellungen über die Taten der Kreuzfahrer im
Kontext der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099. Nach der Betrachtung der Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem ersten Kreuzzug erfolgt demnach ein knapper Ausblick auf die nachfolgende Zeit, um den weiteren Verlauf der zuvor beschriebenen Verfolgungen zu skizzieren.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Das Konzil von Clermont und der Beginn der Kreuzzüge
2. Quellenlage
3. Judenverfolgungen im Kontext des ersten Kreuzzuges
3.1 Das Verhalten Heinrichs IV
3.2 Trier
3.3 Speyer
3.4 Worms
3.5 Mainz
3.6 Köln
3.7 Weitere Städte
4. Übereinstimmende Handlungsabläufe in den verschiedenen von Judenverfolgungen heimgesuchten Städten
5. Gründe für das Handeln der Pilger
6. Ausblick und Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Diese Arbeit soll sich mit Judenverfolgungen respektive Judenpogromen im Kontext des ersten Kreuzzugs befassen und schildern, wo und unter welchen Umständen solche stattfanden. Hierfür wird zunächst erläutert, wie es überhaupt zu dem Phänomen der Kreuzzüge und Volkskreuzzüge kam und was genau solche ausmachte. Gründe für die Bevölkerung an diesen teilzunehmen, sollen ebenso angeführt werden wie solche, es nicht zu wagen. Die Verfolgungen und Tötungen von Juden, über die diese Arbeit in erster Linie berichten soll, werden hauptsächlich auf das Rheinland bezogen dargestellt. Zudem soll die Frage beantwortet werden, wie die Bischöfe in den dortigen großen Städten mit solcherlei Verfolgungen umgingen – akzeptierten sie diese und unterstützten sie sogar, oder versuchten sie, Ermordungen aller ihrer Bürger zu verhindern? Wie der König mit dieser Frage umging, soll ebenfalls geklärt werden.[1]
Um hierauf näher einzugehen, werden Vergleiche aus dem Verhalten mehrerer Bischöfe gezogen. So sollen die Geschehnisse, die im Jahr 1096 in Köln, Worms, Mainz, Trier und Speyer stattfanden, genauer analysiert werden. Hierfür werden sowohl christliche als auch hebräische Quellen herangezogen, um eine möglichst objektive, kulturspezifisch unverfälschte Sichtweise zu bieten. Welche Quellen jeweils für die Bearbeitung des Themas gewählt wurden, wird in einem zusätzlichen Kapitel nach der Schilderung der Entstehung des Kreuzzugsgedankens beschrieben, da dies ausschlaggebend für die Ergebnisse dieser Arbeit ist. Auch Quellen aus dem syrischen und armenischen Raum werden in die Bearbeitung mit einbezogen werden, ebenso wie arabische Darstellungen über die Taten der Kreuzfahrer im Kontext der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099. Nach der Betrachtung der Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem ersten Kreuzzug erfolgt demnach ein knapper Ausblick auf die nachfolgende Zeit, um den weiteren Verlauf der zuvor beschriebenen Verfolgungen zu skizzieren.
Neben den Quellen werden zudem Bearbeitungen dieser, wie etwa von Buchner, Neubauer und Stern, sowie Aufsätze diverser Autoren herangezogen, so solche von Hiestand, Regul, Barkenings, Mentgen, Flesch und Kauffeldt. Zusätzliche fließen Schilderungen von Alfred Haverkamp, Thorau, Czermak, Zöllner, Somerville, Lüders, van Ess und mehrere Werke von Chazan und Cohen in die Bearbeitung des gewählten Themas ebenso ein, wie Doktorarbeiten von Eva Haverkamp und Schiffmann, sowie auch Auszüge aus der Encyclopaedia Judaica, der Germania Judaica und der Gesta Treverorum.
1. Das Konzil von Clermont und der Beginn der Kreuzzüge
Am 27.11.1095 hielt Papst Urban II. im Rahmen des Konzils von Clermont in der Auvergne eine Rede, in welcher er zur Hilfe für die sogenannten christlichen Brüder im Osten aufrief und zudem die Befreiung der dortigen Kirche anmahnte. Als er mit den Worten „bewaffnet euch mit dem Eifer Gottes, liebe Brüder, gürtet eure Schwerter. Besser ist es im Kampf zu sterben, als unser Volk und die Heiligen leiden zu lassen. […] ziehet aus, und der Herr wird mit euch seien!“[2] das Konzil schloss, begann eine Epoche, die fast 200 Jahren andauerte und in welcher Hunderttausende aus allen Teilen Europas den Weg in den östlichen Mittelmeerraum beschritten. Die Worte, mit denen der Papst den Aufruf tätigte, werden in diversen Quellen häufig anderslautend dargestellt, jedoch ist allen diesen Quellen gemein, dass in der Rede des Papstes die Beschuldigung erhoben wurde, dass Christen von Moslems wie Vieh geschlachtet worden seien. Die Pilger, die den hierdurch angesprochenen Christen in Form einer bewaffneten Wallfahrt[3] zu Hilfe eilen sollten, nannten sich „cruce signatii“ (mit dem Kreuz gezeichnete) und folgten dem Ruf „deus lo vult“ – Gott will es.[4]
Heutzutage wird für die soeben beschriebene Pilgerschaft das Wort Kreuzzug verwendet, was im 11. und 12. Jhdt. jedoch noch nicht der Fall war. Erst im 13 Jhdt. begegnet man in französischen Quellen dem Wort „croiserie“, was in etwa dem heutigen Begriff des Kreuzzuges entspricht, zuvor war jedoch lediglich von einem iter (Weg, Reise), einer expeditio oder auch von einer peregrinatio (Wallfahrt) die Rede. Die Juden hingegen bezeichneten die Kreuzfahrer als to'im ("[verirrte] Wanderer").[5] Da schon zur damaligen Zeit eine Diskrepanz bezüglich einer genauen Bezeichnung der Pilgerfahrten vorherrschte, ist es nicht verwunderlich, dass bis heute über eine genaue Begriffsabgrenzung diskutiert wird. Gerade die Abgrenzung zu dem weiter gefassten Begriffs des bellum sacrum – des heiligen Krieges – macht hier Mühe, was sich darin äußert, dass es fraglich war, ob Jerusalem immer das Ziel sein müsse, oder, ob auch andere Zielrichtungen unter den Begriff eines Kreuzzuges fallen können.[6]
Abgesehen von der Brisanz, die dem Konzil rückwirkend zugeschrieben werden kann, gilt es hier besonders zu beachten, dass der Kreuzzugsgedanke damals nicht derart im Vordergrund stand, wie es aus heutiger Sicht der Fall zu sein scheint. Der Konzilbeschluss, zu einem Kreuzzug aufzurufen, stellte lediglich einen von insgesamt 32 erfolgten Beschlüssen dar und wurde zudem nur in vier von vierzehn bekannten Fassungen der auf dem Concil erfolgten Beschlüsse erwähnt.[7] Der Appell erfolgte am Ende der zweiten Rede des Papstes, wonach Bischof Le Puy in wohl zuvor abgesprochener Weise vor dem Redner niederkniete, um vor der versammelten Menge ein Gelöbnis abzulegen, an einem solchen Kreuzzug teilzunehmen. Hierauf folgten andere seinem Beispiel, wonach der Papst manchen von ihnen – andere auch sich selbst – ein Stoffkreuz anheftete, was zum symbolischen Zeichen der Kreuzzugsbewegung werden sollte.[8]
Als Termin für den Aufbruch des ersten Kreuzzuges wurde mit dem 15. August 1096 das Fest Mariä Himmelfahrt durch den Papst festgesetzt, allerdings kam es bereits vor diesem Termin zu dem Aufbruch einer großer Anzahl von Menschen, die insbesondere aus Nordfrankreich, Belgien und dem Rheinland stammten. Diese Bewegung wurde Bauernkreuzzug oder auch Volkskreuzzug genannt, wobei die letztere Formulierung den Tatsachen eher entspricht, bestand doch zu dem Zeitpunkt des Aufbruches beinahe 97% der Bevölkerung aus Bauern.[9] Die Anführer der Gruppen kamen zumeist aus dem Adel oder aus dem Rittertum und hatten sich zum größten Teil selbst zu solchen ernannt. Zudem unterschied sich die Struktur dieser Volksheere in großem Maße von der der Ritterheere, sowohl was die Zusammensetzung der Kämpfer als auch die Ordnung und Anzahl dieser betraf. Gemeinsam mit den acht organisierten Heeren, bildeten jene Volkskreuzzügler den ersten Kreuzzug.
Da die Kreuzfahrer relativ spontan aufbrachen, war es nicht möglich, zuvor einen Vorrat an Speisen für den langen Weg nach Jerusalem anzulegen. Selbst wenn dies im Bereich des Möglichen gelegen hätte, wäre es in Anbetracht der langen Reisedauer von 300 bis 400 Tagesmärschen nicht möglich gewesen, das Ziel zu erreichen, ohne dass die mitgenommenen Vorräte nicht mehr genießbar gewesen wären. Dies führte dazu, dass die jeweils erste Gruppe, die an einer Stadt mit einem Markt vorbeikam diesen in der Regel aufkaufte, so dass 1. für die nachfolgenden Pilger nichts mehr übrig blieb und es 2. zu einer wesentlichen Verteuerung der Produkte kam. Aus diesem Grund war es für Kreuzfahrer oft nötig, sich zu verschulden, bzw. ihre Grundstücke oder ihr Eigentum vor dem Aufbruch zu verkaufen oder zu verpfänden, um genug Geldmittel zur Verfügung zu haben.[10] Auch Kirchen und Klöster unterstützten die Reisenden finanziell, in dem sie angesammelte Kirchenschätze veräußerten. Zu Problemen mit der Bevölkerung der auf dem Weg besuchten Städte kam es hierbei ebenfalls, da die Kreuzfahrer davon ausgingen, auf ihrem von Gott vorbestimmten Weg jedwede mögliche Unterstützung zu erfahren, was die Beamten und Bewohner jedoch nicht leisten konnten, da sie auf eine solche Masse an Reisenden nicht vorbereitet waren.[11] Dies könnte, wie im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu erkennen ist, neben anderen auch ein Grund für die in den folgenden Kapiteln geschilderten Vorgänge sein.
2. Quellenlage
Einige wesentliche Quellen, die uns über die für das Thema dieser Arbeit aufschlussreichen Abläufe unterrichten, sind neben anderen drei hebräische Berichte, die von Neubauer und Stern analysiert bzw. bearbeitet worden sind und in die hier vorliegende Bearbeitung direkt oder indirekt einfließen.[12] Es handelt sich hierbei zum einen um die Berichte Salomon bar Simsons, die 1140 niedergeschrieben wurden und wohl aus mehreren schriftlichen Quellen, die Simson damals vorlagen, zusammengefasst und durch Erkundungen aus mündlichen Überlieferungen ergänzt wurden. Die zweite Quelle ist wohl von Elieser ben Nathan, welcher als junger Mann Verfolgungen gegenüber Juden miterlebt hat, noch vor dem zweiten Kreuzzug verfasst worden. Der dritte Autor ist der sogenannte Mainzer Anonymus, der seinen Bericht über die Handlungen der Kreuzfahrer jedoch vermutlich erst später, genauer im 14 Jhdt., verfasst hat, da eine im dortigen Text enthaltene geschilderte Anklage über eine Brunnenvergiftung frühestens aus dieser Zeit stammen könne, wie Schiffmann anführt.[13]
Von den hier genannten Quellen wird besonders die Wichtigkeit der Schilderungen Salomon bar Simsons verdeutlicht, da dieser nicht nur über die Verfolgungen geschrieben hat, sondern auch über die Organisation von jüdischen Gemeinden, das Verhalten der Bischöfe und gleichermaßen auch über Dinge, die Nichtjuden betrafen, so etwa über Graf Emicho von Leinigen bzw. Flonheim oder auch Peter den Eremiten. Neben hebräischen Urkunden wurden von Salomo zudem auch lateinische Quellen herangezogen, was ebenfalls auf eine halbwegs objektive Sicht der Dinge schließen lässt. Dies kann man auch daran festmachen, dass zwar diejenigen Juden, die den Märtyrertod der Zwangstaufe vorzogen von diesem ausdrücklich gelobt wurden („Selig ist ihr Los, denn sie alle haben die zukünftige Welt verdient“), die anderen jedoch, die sich taufen ließen, hierfür von ihm trotzdem nicht verurteilt wurden („Wer ihnen Übles nachredet, sündigt, als rede er gegen die Gottheit“).[14]
Weiteren Aufschluss geben die Aufzeichnungen Albert von Aachens, auf den sich in der für diese Arbeit benutzten Literatur sehr viele Verweise finden, ebenso wie die Chroniken von Frutolf von Michelsberg und Ekkehard von Aura, welche jedoch, wie später zu erkennen ist, die Geschehnisse sehr subjektiv aus christlicher Sicht darstellen.[15] Berichte aus der Encyclopaedia Judaica und der Germania Judaica folgen hingegen eher der jüdischen Sichtweise. Ferner werden Darstellungen, die aus der Gesta Treverorum stammen und insbesondere den Ablauf der Verfolgungen in Trier beschreiben, Verwendung finden. Um ein umfassenderes Bild bieten zu können, werden zudem Erfahrungen aus syrischen und armenischen Quellen genutzt, ebenso wie arabische Quellen, wie etwa die von Ibn al-Qalanisi und Ibn al-Atir, die Aufschlüsse über das Verhalten der Kreuzfahrer mit den Sarazenen ermöglichen. Hierbei wird teilweise mit den Originalberichten gearbeitet, teilweise stützen sich die Ausführungen jedoch auch auf Verfasser/Innen, die sich mit den genannten Quellen befasst haben.
[...]
[1] Rudolf Hiestand. Der erste Kreuzzug in der Welt des ausgehenden 11. Jahrhunderts. In: Der erste Kreuzzug
1096 und seine Folgen. Die Verfolgung der Juden im Rheinland. Düsseldorf 1996, S. 1f.
[2] Jürgen Regul. Vorwort. In: Der erste Kreuzzug 1096 und seine Folgen. Die Verfolgung der Juden im Rheinland.
Düsseldorf 1996, S. III.
[3] Alfred Haverkamp. Aufbruch und Gestaltung. Deutschland 1056-1273. Die neue deutsche Geschichte. Band 2.
München 1984, S. 18.
[4] Hans-Joachim Barkenings, Sachor – Reminiscere – Gedenke. In: Der erste Kreuzzug 1096 und seine Folgen.
Die Verfolgung der Juden im Rheinland. Düsseldorf 1996, S. 95.
[5] Michael Palomino (Übersetzung mit Ergänzungen). Crusades. Pogromes against the Jews during the crusades –
and the consequences. In: Encyclopaedia Judaica 1971. Volume 5, S. 1136.
[6] Hiestand, S. 3.
[7] Ebd., S. 12.
[8] Ebd., S. 15.
[9] Ebd., S. 30.
[10] Peter Thorau. Die Kreuzzüge. 3. Auflage. München 2007, S. 49. // Hiestand. S. 17.
[11] Ebd., S. 18.
[12] Adolf Neubauer, Moritz Stern (Hrsg.). Hebräische Berichte über die Judenverfolgungen während der
Kreuzzüge. Berlin 1892.
[13] Sarah Schiffmann. Heinrich IV. und die Bischöfe in ihrem Verhalten zu den deutschen Juden zur Zeit des
ersten Kreuzzuges. Eine Untersuchung nach den hebräischen und lateinischen Quellen. Berlin 1931, S. 6.
[14] Ebd., S. 8 f.
[15] Rudolf Buchner (Hrsg.). Frutolfs und Ekkehards Chroniken und die anonyme Kaiserchronik. (Aus der Reihe)
Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr von Stein-Gedächtnisausgabe. Band
XV. Darmstadt 1972.
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