Diese Studie thematisiert einen Abschnitt des jahrhundertelangen interreligiösen und interkulturellen Zusammenlebens im normannisch-staufischen Königreich Sizilien. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Darstellung des Verhältnisses zwischen Muslimen und Christen unter der Herrschaft Rogers II und Friedrichs II mit besonderer Aufmerksamkeit für die Sinnhaftigkeit des Toleranzbegriffes zur Beschreibung der muslimisch-christlichen Beziehungen. In diesem Zusammenhang sollten die Urteile moderner Historiker über die Haltungen Rogers und Friedrichs zum Islam und die in ihren Forschungen verwendeten Toleranzbegriffe auf den Prüfstand gestellt werden. Für die Zeichnung der muslimischen Geschichte im Regnum und der forschungsgeschichtlichen Analyse wurden möglichst alle einschlägigen wissenschaftlichen Standardwerke aus dem deutschen und englischen Sprachraum berücksichtigt.
Goethes Mignon gilt nicht nur als einer seiner berühmtesten und am häufigsten vertonten Gedichte, sondern auch als Inbegriff deutscher Lyrik. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass das, was Goethe als typisch italienisch empfindet und besingt, arabische Muslime nach der schrittweisen Eroberung Siziliens im 9. Jahrhundert mit sich brachten.
Inhalt
Einführung
I. Zur Rezeption des Verhältnisses Rogers II. und Friedrichs II. zum Islam in der modernen Historiografie
II. Religiöse Freiheiten und Rechtsverhältnisse der Muslime unter Roger II.
1. Rechtsverhältnisse und religiöse Freiheiten der Muslime in den Assisen von Ariano
2. Städtisches und ländliches Leben in Sizilien
3. Der Hof Rogers II. und die Rolle der muslimischen Funktionselite
4. Problematik der religiösen Ambiguität
III. Religiöse Freiheiten und Rechtsverhältnisse der Muslime unter Friedrich II.
1. Opposition zum Königtum: Rebellion und Deportation der Muslime
2. Rechtsstatus der Muslime in den Konstitutionen von Melfi
3. Städtisches und ländliches Leben in Lucera
4. Der Hof Friedrichs II. und die Rolle der muslimischen Funktionselite Schlussdiskussion: Der Toleranzbegriff als Beschreibung der Verhältnisse zwischen Herrschenden und religiöser Minderheit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Quellen
Literatur
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht…
(Johann Wolfgang von Goethe: Mignon)1
Einführung
Goethes Mignon gilt nicht nur als einer seiner berühmtesten und am häufigsten vertonten Gedichte, sondern auch als Inbegriff deutscher Lyrik. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass das, was Goethe als typisch italienisch empfindet und besingt, arabische Muslime nach der schrittweisen Eroberung Siziliens im 9. Jahrhundert mit sich brachten.2 Den bedeutenden Einfluss der Muslime auf die europäische Entwicklung beschreibt auch Johann Gottfried Herder, der zeitlebens verehrte Mentor Goethes, dem zufolge es bemerkenswert sei, dass „sowohl in Spanien als in Sizilien für ganz Europa die erste Aufklärung begann.“3 Auch heute wird die Geschichte der maurischen Herrschaft über die Iberische Halbinsel zwischen 711 – 1492 stark erforscht: Al-Andalus bildet vermehrt den Mittelpunkt von Untersuchungen zu interreligiösen Kontakten im Mittelalter und findet mit dem Einzug des interkulturellen Geschichtsunterrichts in den deutschen Bildungsplänen sukzessive Platz im europäischen Geschichtsbewusstsein.4 Dahingegen scheint es, dass das Wissen über das knapp fünfhundertjährige Zusammenleben zwischen Muslimen und Christen in Sizilien und Süditalien, die Synthese ihrer Kulturen und der damit verbundene Wissenstransfer weder in der Geschichtsforschung noch in der heutigen Gesellschaft kaum thematisiert werden.5 So schreibt der Mittelalterhistoriker Richard Engl in seiner jüngst veröffentlichten Dissertation von einer „Verdrängung der muslimischen Erinnerung Süditaliens“6 aus der Geschichtswissenschaft und dem kollektiven Gedächtnis Europas.
Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, diesem Forschungsdesiderat entgegenzukommen und darzulegen, inwiefern sich das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen im normannisch-staufischen Königreich Sizilien unter Roger II. und Friedrich II. gestaltete. Darüber hinaus ist die Sinnhaftigkeit des Toleranzbegriffes zu erfragen, der erst im Zuge der Reformation entstand und dennoch teilweise in den Standardwerken zur Beschreibung der muslimisch-christlichen Beziehungen verwendet wird. Aufgrund des begrenzten Rahmens fokussiert sich die Arbeit vorwiegend auf eine kritische Analyse der normannisch-staufischen Herrschaft im Zeitraum zwischen 1140 – 1250. Daher fällt eine ganzheitliche und tiefergehende Untersuchung der muslimisch-christlichen Beziehungen zu Beginn der Normanneneroberung, der Phase des Königreichs vor der Konsolidierung durch Roger II. und der spätstaufischen Regierungszeit aus, auch wenn für die Forschungsfrage elementare Erkenntnisse aus diesen Zeitabschnitten sporadisch berücksichtigt werden. Weiterhin beschränkt sich die forschungsgeschichtliche Analyse des Toleranzbegriffes auf die moderne Grundlagenliteratur des 20. und 21. Jahrhunderts.
Zur Normannen- und Stauferzeit ist ein insgesamt nicht mehr überschaubarer Quellenbestand an lateinischen Chroniken, Annalen, Registern, Briefen und urkundlichen Überresten vorhanden, der größtenteils nicht vollständig ediert und übersetzt zur Verfügung steht, sondern ausschnitthaft in vereinzelten Quellensammlungen und in der Sekundärliteratur zu finden ist.7 Daneben existieren wenige Quellen muslimischer Gelehrte, die in ihren Reiseberichten und Geschichtswerken über die muslimisch-christlichen Verhältnisse im Regnum berichten. Für die vorliegende Studie bildet die wichtigste Quelle zur Normannenphase der Reisebericht des arabischen Geografen Ibn Dschubair8, der als Zeitgenosse ausführlich die Freiheiten und Konflikte der sizilischen Muslime unter der Herrschaft Wilhelm II. beschreibt. Einen ordentlichen Überblick zur Herrschaft Friedrichs II. bietet die Quellensammlung von Klaus van Eickels und Tania Brüsch9 an, wenn auch hier die Quellenausschnitte zum muslimischen Leben auf Sizilien und Süditalien nur gering, dafür äußerst aufschlussreich sind. Teil-
übersetzungen der von Roger II. erlassenen „Assisen von Ariano“ führt Houbert Houben10 in seinem Werk über den Normannenkönig auf, demgegenüber schon 1973 Hermann Conrad, Thea von der Lieck-Buyken und Wolfgang Wagner11 die vollständige Übertragung der staufischen Reichsgesetzgebung veröffentlichten. Der Bestand an Forschungsliteratur zur normannisch-staufischen Herrschaft in Sizilien und Süditalien ist generell als ausreichend zu bezeichnen, gleichwohl die Normannenzeit dank anglofoner Historiker besser erforscht ist als die Stauferzeit.
Der erste Abschnitt der Arbeit befasst sich mit einer Untersuchung der Rezeption Rogers II. und Friedrichs II. Verhältnis zum Islam in der modernen Historiografie. Dabei werden die unterschiedlichen und teils gegensätzlichen Positionen der Autoren erläutert sowie die von ihnen verstandenen Toleranzbegriffe einer hermeneutischen und kritisch-reflexiven Analyse unterzogen. Im zweiten und dritten Abschnitt werden die Rechtsverhältnisse und der religiöse Status der Muslime unter der Herrschaft Rogers II. und Friedrichs II. durchleuchtet. Zur Nachvollziehbarkeit des Wandels der beiden Herrschaftsphasen werden ähnliche Vergleichspunkte in den Vordergrund gestellt: darunter die rechtlichen Grundlagen in den Assisen von Ariano und Konstitutionen von Melfi, das städtische und ländliche Leben der Muslime in Sizilien und Süditalien, der Einfluss der muslimischen Funktionselite auf den Königshof sowie die Ursachen und Wirkungen der einschneidendsten Konflikte zwischen den beiden Glaubensgruppen. Zuletzt werden die Erkenntnisse der Analyseteile zusammengeführt und diskutiert, inwiefern der Toleranzbegriff geeignet ist, die komplexen Beziehungsgeflechte im normannisch-staufischen Königreich Sizilien zu beschreiben.
I. Zur Rezeption des Verhältnisses Rogers II. und Friedrichs II. zum Islam in der modernen Historiografie
Eine ganz besondere Affinität des römisch-deutschen Kaisers zur islamischen Religion gibt Eberhard Horst an zu erkennen, die sich in seiner „nahezu allen Lebensphasen wirksamer Bevorzugung kultureller und geistiger Errungenschaften der Muslime“12 widerspiegele. Die persönliche und intensive Nähe Friedrichs zum Islam käme am auffälligsten in seinen philosophisch-naturwissenschaftlichen Fragen an Ibn Sabʿīn13 und an seiner den islamischen Wissenschaften orientierende empirische Methodik im Falkenbuch14 zum Vorschein.15 Auch wenn Horst die Rechtgläubigkeit Friedrichs keineswegs in Zweifel zieht und dessen eigennützige und politisch-praktische Art im Umgang mit den Muslimen bekräftigt, weist die pseudowissenschaftliche Argumentation des Schriftstellers Verklärungstendenzen und gravierende methodische Fehler auf.16 Erstens übernimmt er das vom spanischen Historiker Américo Castro aufgestellte Konzept der „convivenca“17, das von einer durchgehend friedlichen Koexistenz der verschiedenen Glaubensgemeinschaften auf der Iberischen Halbinsel zwischen 711 – 1492 ausgeht, und münzt es ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen geografischen, sozialen und politischen Faktoren auf die Situation in Sizilien und Süditalien um.18 Zweitens ignoriert er bewusst seiner These widersprechenden Informationen aus dem von ihm zitierten Reisebericht Ibn Dschubairs. So bleibt die Darstellung Horsts einer harmonisch wirkenden, normannisch-staufischen „religiösen Toleranz“19 gebunden an die höchst selektive Auswahl positiver Berichte über die christliche Herrschaft und das Unterschlagen kritischer Zeilen zur Regierung des Königreichs unter Wilhelm II., in denen Ibn Dschubair auf konfliktgeladene Zeiten hinweist.20 Drittens durchzieht das gesamte Werk sein schwammiger Versuch einer Definition des Toleranzbegriffes: Während er zunächst zwischen vormodernem und modernem Toleranzbegriff unterscheidet sowie dem Mittelalterhistoriker David Abulafia zustimmt, der auf eine Toleranz gemessen „an den Normen seiner eigenen Zeit“21 verweist, erhöht er an anderer Stelle die vormoderne Toleranz auf eine Respektebene22 und spricht der von Friedrich scheinbar geschaffenen „convivencia“ eine so große Vorbildhaftigkeit und Modernität zu, dass diese die „aufgeklärt dünkende Neuzeit“23 unweigerlich in den Schatten stellen müsste.24
Auf ähnlich verherrlichende Weise bringt Erich Caspar die normannische „religiöse Toleranz“ ein, die ihm „fast an die Aufklärung des 18. Jahrhunderts erinnert“25. Die mangelnde Differenziertheit in Caspars Toleranzbegriff führt dazu, dass er das Verhältnis zwischen dem Normannenkönig und den sizilischen wie nordafrikanischen Muslimen als „vollkommene religiöse Toleranz“26 charakterisiert, diese an unzähligen Stellen wiederholt und gar die „Gleichberechtigung der Religionen“27 im Königreich verkündet. Folglich verstrickt sich Caspar in deutliche Widersprüche, wenn er einerseits die Toleranzpolitik der Normannenherrscher hervorhebt28 und besonders auf Roger überschwängliche Lobeshymnen anstimmt, andererseits ihnen eine frühe Marginalisierung der Muslime vorwirft, die vor allem nach der Verfolgung muslimischer Höflinge unter Roger zum sukzessiven Untergang der muslimischen Präsenz auf Sizilien geführt habe.29
Ebenfalls stark idealisierend zeichnet John Julius Norwich Roger II. als Sinnbild der „aufgeklärten Toleranz“30 und geistigen Vermittler zwischen den verschiedenen Glaubensgemeinschaften.31 Norwich romantisiert das Regnum unter Roger zum „Beispiel der Toleranz und Aufklärung“32 mit praktisch uneingeschränkter und scheinbar moderner Glaubensfreiheit, das durch die fehlende kritische Reflexion seines Toleranzbegriffes noch weiter an Überhöhung gewinnt.33 Außerdem moniert er den „Verrat“34 der beiden Nachfolger Rogers an dessen Idealen, was Norwich zufolge zwangsläufig den Niedergang des religiösen Zusammenlebens im Normannenreich zu Folge hatte.35
Diametral entgegengesetzt positioniert sich Alex Metcalfe, der namentlich die hochstilisierenden Bilder Norwichs und Caspars kritisiert, die auf eine Unterschätzung respektive Vernachlässigung der komplizierten politisch-religiösen Dynamiken im Königreich zurückzuführen seien.36 Zwar wertet Metcalfe die Synthese der arabisch-normannischen Kultur und den sichtlich islamisch geprägten Königshof als Argumente einer interreligiösen Konvivenz, begrenzt sie aber primär auf die engen Kreise des Königs und weist unmissverständlich darauf hin, dass diese Entwicklung „with notions of religious tolerance is best avoided“37. Metcalfe reiht sich in die Meinungslinie der Historiker ein, die spätestens ab 1189, – dem Todesjahr des letzten legitimen Normannenkönigs Wilhelm II. – von einer epochalen Zäsur ausgehen.38 Anhand den aufgezählten Krisenindikatoren im Reisebericht Ibn Dschubairs sieht Metcalfe schon Mitte 1170 den kompletten Machtverlust der sizilischen Muslime, die schrittweise von der privilegierten normannischen Minderheit zur sozialen und politischen Unterschicht marginalisiert worden seien.39
Mit Metcalfe übereinstimmend kritisiert Walter Koller die Toleranzbegriffe der älteren Forschung als romantische Ideale und mystifizierte Harmonie der diversen religiösen und ethnischen Gruppen.40 Kollers eigene Vorstellung des Toleranzbegriffes, die „nicht bloß die ergebene Duldung dessen bedeutet, was nicht auszurotten ist“41, dafür im eingeschränkten Sinne die goethesche Maxime der Anerkennung miteinbezieht,42 mutet er in Anbetracht der teils positiven Aussagen Ibn Dschubairs am ehesten Wilhelm II. zu.43 Die kulturellen und religiösen Freiheiten im Normannenreich seien nicht auf dem scheinbar aufgeklärten Humanismus Rogers begründet, sondern auf dessen politische Gerissenheit, die Religionsgemeinschaften am profitabelsten auszunutzen: „Was immer Roger persönlich glauben mochte: sein politisches Ziel war nicht die Verwirklichung der Toleranz, sondern die Durchsetzung der königlichen Macht.“44 Darüber hinaus hätten die Religionsgruppen keine Basis an gemeinsam vertretbaren Werten besessen, weshalb Roger zur Stabilisierung seiner Herrschaft eine Latinisierung forcierte, die die muslimische Bevölkerung zunehmend marginalisierte und schlussendlich zum Scheitern einer nachhaltigen Koexistenz des ethnisch vielschichtigen Regnum Siciliae beitrug.45
Hubert Houben stimmt der Bezeichnung des italienischen Arabisten Michele Amari für Roger als „getauften Sultans“46 aufgrund des starken muslimisch-arabischen Kultureinflusses teilweise zu, betont jedoch dessen wesentliche Rolle als „Verteidiger des Christentums“47, wie Roger sich selbst auf den königlichen Münzen titulieren ließ. So unterscheidet Houben auf der einen Seite zwischen dem islamisch geprägten Normannenhof sowie die für seine muslimischen Untertanen adressatenorientierte Herrschaftsrepräsentation, und auf der anderen die persönliche religiöse Überzeugung des unstrittigen christlichen Königs.48 Das Verhältnis Rogers und der späteren Normannenherrscher zu den Muslimen bleibt für Houben höchst ambivalent, auch wenn ihm der politische Pragmatismus ihrer Herrschaftsweise zu überwiegen scheint: „Die normannischen Herrscher waren nur so lange tolerant gegenüber Muslimen und Juden, wie diese ihnen nützlich waren.“49 Nahezu identisch bewertet Houben den Stauferkönig, dessen Verhältnis zu den Muslimen auf den Traditionen seiner normannischen Vorfahren basiere, indem er der muslimischen Gemeinschaft weitgehende und bemerkenswerte religiöse Freiheiten gewährte.50 Dennoch lehnt Houben die Bezeichnung Friedrichs als modernen „Freigeist“51 ab und schließt jeglichen Zweifel an sein Bekenntnis als christlichen Herrscher kategorisch aus.52 In diesem Zusammenhang kritisiert Houben die idealisierten und mystifizierten Friedrichsbilder, die durch die kulturelle Globalisierung entstanden und heute besonders in Süditalien bei der kommerzialisierten Erinnerung an den „multikulturellen Hof und die vermeintlich religiöse Toleranz des Stauferkaisers“53 von Bedeutung seien.
Die Grundlage der Darstellung des staufischen Königreichs als Vorläufer eines multikulturellen und interreligiösen Europas sowie die Idealisierung des Kaisers führt Houben auf die päpstlichen Invektiven zurück, die den islamisch-arabischen Einfluss auf seine Herrschaft polemisch überspitzten.54 Darüber hinaus relativiert er die Stellung Friedrichs als „außergewöhnlichen Herrscher“55 mit einem Wink auf die zeitgenössischen spanischen Könige Alfons X. und Jakob I., die auf der Iberischen Halbinsel ähnliche und teilweise größere kulturelle Verdienste stifteten. Die kritisch-reflexive Perspektive Houbens fließt in seine Auseinandersetzung mit dem Toleranzbegriff ein, bei der er auf die Gefahr hinweist, diese Form des interreligiösen Zusammenlebens mit dem modernen Begriff der Toleranz zu verwechseln, der seinen eigentlichen Grundtenor erst in der Aufklärungszeit entwickelte.56 So sei die normannisch-staufische Toleranz nach Houben nur als „im begrenzten Sinne einer Tolerierung Andersgläubiger oder eines mehr oder weniger ungestörten Zusammenlebens von Angehörigen verschiedener Religionen“57 zu verstehen. Auch die Annahme einer gesetzlichen Gleichberechtigung der Glaubensgemeinschaften, wie z.B. einige modern anmutende Verordnungen in den Konstitutionen von Melfi suggerieren könnten, sei historisch nicht tragbar: „Tolerierung, Duldung, bedeutet nicht Gleichberechtigung.“58
Gleichermaßen positioniert sich Wolfgang Stürner gegen eine vermeintliche Gleichberechtigung zwischen der im Regnum Siciliae lebenden Muslimen und Christen, zumal sich Friedrich selbst im Proömium der Konstitutionen als von Gott beauftragten Verteidiger der Kirche und des christlichen Glaubens bezeichne.59 Die augenfällige Neugierde auf die islamisch-arabische Welt und Wissenschaft, die Friedrich auf seinem Kreuzzug legte, ändere nichts an seiner interessenorientierten Einstellung zu den Muslimen.60 So soll auch hinter seiner Entscheidung, den deportierten Muslimen religiöse Freiheiten an ihrem neuen Siedlungsort zu gewähren, weniger die islamfreundliche Mentalität des Stauferkaisers stecken, als vielmehr dessen politisches Kalkül: Erstens um den von aufständischen Muslimen verursachten Flächenbrand in Sizilien zu ersticken, und zweitens „sie in sein Staatswesen zu integrieren und ungestört von den Vorteilen ihrer Anwesenheit zu profitieren.“61
Auf derselben Argumentationslinie postuliert Olaf Rader, dass sich die persönliche Wissensaffinität des Kaisers weder als Freundschafts- und Zuneigungsbeleg zu den Muslimen deuten lässt, noch den rein pragmatischen und eigennützigen Charakter Friedrichs zu übertünchen vermag.62 Dazu stellt er die Jerusalem-Verhandlungen in den Zusammenhang mit der staufischen Interessen- und Machtpolitik, indem er den von Friedrich intensiv betriebenen Wissensaustausch mit Sultan al-Kamil als typisch „orientalische“63 Verhandlungsform bewertet. Damit einhergehend lehnt Rader das Bild Friedrichs als „Multi-Kulti-Toleranzkaiser“64 entschieden ab. Obwohl ihm Friedrichs Umgang mit den Andersgläubigen im Vergleich zu zeitgenössischen Herrschern außergewöhnlich erscheint, unterläge das Heranziehen der muslimisch-christlichen Geschichte im Stauferreich für die Bewältigung aktueller Herausforderungen in der globalisierten Welt einem anachronistischen Trugschluss.65 So trennt Rader strikt zwischen vormoderner und moderner Auffassung des Toleranzbegriffes, wobei die von Friedrich ausgeübte „Toleranz“ zu den heimatvertriebenen Muslimen in Apulien hauptsächlich als asymmetrische und disziplinierende Duldung zu begreifen sei.66
Von den sich gängigen Forschungsmeinungen abwendend, stellt Richard Engl insbesondere das etablierte Aufstiegs- und Niedergangsmodell des muslimischen Lebens in Sizilien und Süditalien auf den Prüfstand.67 Übergriffe auf Muslime wie die Hinrichtung eines Palasteunuchen unter Roger II. und antimuslimische Ausschreitungen in den Jahren 1161 und 1189 kontextualisiert Engl als lokale Ereignisse, die lediglich einen geringen Einfluss auf die Gesamtatmosphäre gegenüber der muslimischen Gemeinschaft ausgeübt hätten. So beurteilt Engl die Rolle Rogers und seiner normannischen Nachfahren nicht als Unterdrücker, sondern als Schutzherren der Muslime mit beiderseitigen Rechten und Pflichten.68 Ein ähnliches Schutz- und Abhängigkeitsverhältnis weist Engl dem Stauferkaiser zu, der durch die Vertreibung der Muslime das Ende ihrer vierhundertjährigen Präsenz auf Sizilien besiegelte, jedoch mit der Kultivierung muslimischen Lebens in Süditalien eine neue Ära der interreligiösen Koexistenz initiierte.69 Die uneinheitliche und ambivalente Beziehung Friedrichs zu den Muslimen knüpft Engl an seinen Toleranzbegriff an, indem er den Ausdruck der „religiösen Toleranz“ darin fast gänzlich ausschließt: Statt das Handeln beider Glaubensgemeinschaften auf ihre religiösen Differenzen zu reduzieren, führen Engl zufolge die Positionierungen der Akteure primär an politischen Linien entlang.70 Somit sei die Vertreibung der Muslime aus Sizilien auch keine „„notwendige Konsequenz eines unerbittlichen Marginalisierungsprozesses“71, sondern die Folge sozioökonomischer Entwicklungen und politischer Maßnahmen.
II. Religiöse Freiheiten und Rechtsverhältnisse der Muslime unter Roger II.
1. Rechtsverhältnisse und religiöse Freiheiten der Muslime in den Assisen von Ariano
Nach dem Erfolg seiner militärischen Feldzüge ließ Roger II. 1140 ein zentralistisches Gesetzeswerk anfertigen, dessen Gerüst hauptsächlich auf Kompilationen des Corpus Iuris Civilis basierte.72 Voraussetzung für das Installieren dieser einheitlichen Gesetzgebung und Verwaltung war die Konsolidierung der normannischen Königsherrschaft im Frieden von Mignano (1139) und die Unterstützung des Papstes, Adels und der Städte im politisch geeinigten Sizilien.73 Kennzeichnend für die „Assisen von Ariano“74 ist die stark dominierende Stellung des Monarchen, der befähigt war, ohne Rücksicht auf andere politische Akteure zu agieren und die eigentliche Grundlage des Königreichs bildete.75
Daneben deckten die Assisen nur einen geringen Teil der Rechtsnormen ab; einzelne Aspekte des öffentlichen Rechts, Kirchen-,/ Ehe- und Strafrechts waren betroffen, indes „pro varietate populorum“76 die bisherigen Gewohnheitsrechte unberührt blieben. Diese wurden durch königliche Bestimmung abgelöst, wenn sie mit den neuen Gesetzen kollidierten. Obgleich Caspar den in den Assisen gebilligten Gewohnheitsrechten unter diesen Bedingungen nur eine „subsidiäre Geltung“77 einräumt, ist einerseits ihre Begründung hervorzuheben, die das Bewusstsein und die Rücksichtnahme des Königs über die kulturelle Diversität Siziliens unterstreicht; andererseits stellen sie die gesetzliche Grundlage für die weitere Praxis der islamischen Jurisprudenz dar, die Muslime mit dem Einsatz islamischer Gerichte und Richter ( qādīs ) in den letzten 200 Jahren ihrer Herrschaft auf der Insel etablierten. Freilich ist das Zugeständnis des normannischen Herrschers nicht auf eine vermeintliche Selbstlosigkeit zurückzuführen. Schon seit der Eroberung Siziliens beruhten die Rechtsverhältnisse zwischen der dünnen christlichen Herrscherschicht und der muslimischen Mehrheitsbevölkerung prinzipiell auf Gegenseitigkeit. Für besondere Rechte und Privilegien leisteten die Muslime ihren christlichen Schutzherren den Treueeid und verpflichteten sich einer Kopfsteuer.78 Vor allem Letzteres zeigt exemplarisch die raffinierte Adaptionspolitik der Normannen: Sie übernahmen praktisch unverändert das etablierte Steuersystem der vorherigen muslimischen Herrscher, das Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften ( ḏimma ) eine individuell berechnete Schutzsteuer ( ǧizya ) auferlegte und wendeten dies spiegelbildlich auf die unterworfenen Muslime an. Die Analogie zur islamischen Rechtspraxis ging so weit, dass die geforderte Kopfsteuer auch künftig als ǧizya bezeichnet und selbst Kriterien der Zahlungsfähigkeit bzw. der möglichen Steuernachlässe für ausgewählte Gruppen wie Kinder, Witwen oder Kranke adaptiert wurden.79 Weiterhin bestimmend für den Rechtsstatus der muslimischen Gemeinschaft in den Assisen waren die Apostasie- und Sklavengesetze:80 Unter Androhung der Todesstrafe auf die Konversion zum Islam oder Judentum sowie dem Verbot für Juden und Muslime, mit christlichen Bediensteten zu handeln und sie einzustellen, können diese beiden Gesetze als Legitimierung einer christlichen Superiorität über die restlichen religiösen Gruppen gedeutet werden.
De jure billigten die Assisen von Ariano der muslimischen Gemeinde weitgehend freie Religionsausübung, Rechtsautonomie und Schutz für Leben und Besitz. Faktisch war die Autonomie insofern eingeschränkt, dass muslimische Richter und andere hohe Funktionsträger die Zustimmung des Königs benötigten, auch wenn sie durch die integrative Politik der Normannen ihren ökonomischen, sozialen und politischen Primat in Teilen beibehalten durften. Darüber hinaus galt die Selbstbestimmung nur in der innerislamischen Gemeinschaft, da Rechtsfälle mit involvierten Christen direkt an die königlichen Gerichte zu übergeben waren.81
2. Städtisches und ländliches Leben in Sizilien
Zu Beginn übte die normannische Eroberung Siziliens auf das alltägliche Leben der Bevölkerung nur einen geringen Einfluss aus, da ein Großteil der Gebiete nicht militärisch eingenommen, sondern diplomatisch übergeben wurden. Obwohl als Konsequenz viele Angehörige der muslimischen Elite in das maurische al-Andalus oder in den Maghreb emigrierten, fanden für die nächsten Jahrzehnte kaum Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur statt. Den westlichen und südöstlichen Teil Siziliens besiedelten muslimische Araber und Berber aus Nordafrika, während der Nordosten überwiegend christlich geprägt war; an den größeren Küstengebieten lebten Muslime und Christen nebeneinanderher und im ganzen Königreich stellten verstreute jüdische Gemeinden neben den Muslimen die zweitgrößte politisch-soziale Minderheit dar.82 Die muslimischen Untertanen bildeten im Jahr 1050 mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung und sollten bis zum Ende des 12. Jahrhunderts weiterhin die numerische Mehrheit Siziliens bleiben.83 Mit Graf Roger I. folgte der Anfang eines Latinisierungs- bzw. Romanisierungsprozesses, in dem griechische und lateinische Christen aus Kalabrien und anderen Teilen Italiens die urbanen Zentren des Königreiches besiedelten und langfristig die arabisch-muslimische Bevölkerung zurückdrängten. Dieser Austauschprozess vollzog sich jedoch nur schleichend und ohne deutlich erkennbaren Konversionsdruck.84 Trotz lukrativerer, ausschließlich Christen vorbehaltener Positionen und ökonomischen Begünstigungen beim Glaubenswechsel ist davon auszugehen, dass die Normannenherrscher nicht unbedingt die Bekehrung der muslimischen Glaubensgemeinschaft forcierten; der Ausfall der muslimischen Kopfsteuer als eine der sichersten und größten Einnahmequellen hätte sich zu nachteilig auf die sizilische Wirtschaft ausgewirkt.85
Die absolute Mehrheit der muslimischen Bevölkerung lebte als Hörige auf königlichen oder klerikalen Ländereien. Somit unterlagen sie der Schollenpflicht und hatten neben der Kopfsteuer ihren Grundherren auch Abgaben, meist in Form von Naturalien zu entrichten. Dennoch unterschied ihre Religionszugehörigkeit sie nicht von christlichen Hörigen, die ebenso aufgrund ihrer Bindung an das Land bestimmten Beschränkungen unterworfen waren.86 Die königlichen Kanzleien registrierten die muslimischen Hörigen akribisch in den Domänenlisten und unterteilten sie in verschiedene Steuerklassen – ihre überwältigende Anzahl ließ das Wort agarenus (Sarazene) in den Quellen oft synonym zum villanus stehen.87 So bildeten sie mithilfe ihrer Expertise für landwirtschaftliche Sonderkulturen, die im restlichen Europa nahezu unbekannt waren, einen der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren Siziliens. Die muslimischen Bauern trieben durch raffinierte und aufwendige Bewässerungssysteme eine „grüne Revolution“88 an und leisteten mit exotischen Farbpflanzen, Früchten und feinen Textilien bedeutende Beiträge zum enormen Reichtum der Insel. Höchstwahrscheinlich wuchs die Majorität der Landbevölkerung zweisprachig auf, da abgesehen von kleineren Dörfern, in denen die Muslime unter sich blieben, das Leben in befestigten Provinzzentren sichtlich multikonfessionell geprägt war – so beherrschten christliche Bauern oftmals auch das Arabische.89 In noch höherem Maße spiegelten sich die kulturelle Mannigfaltigkeit und Interreligiosität in den vielen Städten des Königreichs wider. Die Fundamente der orientalisch-islamischen Städtearchitektur mit ihren engmaschigen, verwinkelten Sackgassen, die unregelmäßig geformten Innenhofhäuser und die nach Ethnien getrennten Wohnviertel sind heute noch in Westsizilien erkennbar.90 Besonders Palermo nahm eine hervorragende Stellung als Ort für interkulturellen und interreligiösen Wissenstransfer ein, das sich hinsichtlich der Einwohnerzahl neben damaligen Weltmetropolen wie Konstantinopel und Córdoba einreihte.91
In seinem Reisebericht beschreibt Ibn Dschubair die Lebensverhältnisse der städtischen Muslime Siziliens: So gab es allein in der Hauptstadt zahlreiche Moscheen, die von eigenen Imamen unter anderem als Bildungseinrichtungen genutzt wurden.92 Rechtlich waren die Muslime ihren eigenen Richtern unterstellt, die in Abhängigkeit zur königlichen Autorität standen. Neben den Religionsgelehrten vertraten einheimische Führungspersönlichkeiten ( quwwad ) muslimische Interessen gegenüber den Normannenkönigen.93 Festtage wie das ʿĪd al-Fiṭr oder ʿĪdu l-Aḍḥā, aber auch andere rituelle Praktiken, darunter die wöchentlichen Freitagsgebete ( ṣalāt al-ǧumʿa ), konnten generell öffentlich begangen werden.94 Die Muslime besetzten ebenfalls im städtischen Leben bedeutende Wirtschaftssektoren und betätigten sich als Handwerker in der Holz-, Metall- und Glasverarbeitung, Keramikproduktion, Seidenweberei sowie als Händler mit Waren aus Nordwestafrika und der Iberischen Halbinsel. Außerdem stellten sie die Mehrheit des vom König besoldeten stehenden Heeres, das in Friedenszeiten normannische Kastelle in größeren Städten wie Bari bewachte.95 Ibn Dschubair bestaunt den erworbenen Reichtum und die hohe Kunstfertigkeit der sizilischen Muslime, die imposante Burgen bewohnten und über Moscheen mit komplexer Architektur verfügten, die nach dem Reiseschriftsteller zu den „feinsten der Welt“96 gehörten. Während nach dem Augenzeugenbericht Ibn Dschubairs die Glaubensgemeinschaften in Messina und Trapani friedlich koexistierten,97 litt an wenigen Orten die Freiheit der Religionsausübung. So war den palermitanischen Muslimen der öffentliche Gebetsruf und die Freitagspredigt verboten; dazu erwähnt Ibn Dschubair, dass diese „keine Sicherheit für ihren Besitz, ihre Frauen oder ihre Kinder“98 genossen. Metcalfe kontextualisiert die sonderbar scheinende Ausnahme mit der Weigerung lokaler Scheichs in Palermo, aufgrund ihres mangelnden Vertrauens in den normannischen Herrschaftsapparats den Status als ḏimma anzunehmen und die ǧizya zu entrichten, infolgedessen sie den Anspruch auf königlichen Schutz für Leib und Besitz verloren. Nach Metcalfe versuchte die normannische Herrscherschicht mit dem Verbot der Freitagspredigt, die oftmals aktuelle politische Themen anprangerte, den aufkeimenden Oppositionsbewegungen in den palermitanischen Moscheen als Hotspots des politischen Widerstandes entgegenzuwirken.99 Problematisch ist hierbei die vermeintlich plausible Schlussfolgerung, dass die Indikatoren des wachsenden Unmutes gegenüber den christlichen Herrschern auf die restlichen Muslime Siziliens zu pauschalisieren seien;100 vielmehr entwickelten sich nur langsam kleinere Oppositionsgruppen an vereinzelten Orten. Zumal durch die Spannungen der interreligiöse und interkulturelle Austausch zwischen Christen und Muslimen in Palermo und den restlichen Städten nur wenig betroffen schien: Nach wie vor begegneten sich arabisch-muslimische und christliche Dichter in intellektuellen Runden, die muslimische Stadtelite unterhielt weiterhin enge Beziehungen zum Königshof und auch die christlichen Frauen ließen sich nicht zurückhalten, die Modetrends der Musliminnen zu imitieren und zierten sich nach ihrer Art mit Juwelen, Parfüm und Henna auf den Fingern.101 Festzuhalten ist das divergierende Leben zwischen städtischen und ländlichen Muslimen, wobei Erstere aufgrund ihrer sozialen Stellung und Umgebung in deutlich stärkerer Interaktion mit den christlichen Bewohnern traten.
3. Der Hof Rogers II. und die Rolle der muslimischen Funktionselite
Der normannische Königshof in Palermo bildete die Hauptverwaltungszentrale ( curia regis ) über Sizilien und Kalabrien, während vorwiegend Justiziare und Adelsangehörige in den peripheren Provinzen die Finanzen, Rechtsprechung und Steuern kontrollierten.102 Roger II., der sich ab 1140 nur noch selten aus Palermo entfernte, strebte eine Zentralisierung der Verwaltung an und vergrößerte seinen Einfluss in Apulien und den nördlicheren Gebieten mithilfe sukzessiver Installation königlicher Beamte.103 Dabei prägten maßgeblich arabisch-muslimische Eliten die normannische Verwaltung und Hofkultur, indem sie zahlreiche bedeutende Funktionen für die christlichen Herrscher erfüllten. Der palermitanische Hof ist das Beispiel par excellence für ein Konglomerat aus muslimisch-byzantinisch-lateinischen Elementen. Einen ausführlichen Einblick in das höfische Leben bietet Ibn Dschubairs Reisebericht, in dem er zunächst den normannischen Herrscher „wegen seines gerechten Verhaltens den Muslimen gegenüber“104 lobt. Anschließend berichtet der Reisende von (krypto-)muslimischen105 Ministern, Bediensteten, Verwaltungsbeamten, Architekten, Soldaten und Musikanten am normannischen Hof, aus deren Reihen sich der König seine engsten Vertrauten erwählte.106 Unter diesen nahmen die königlichen Palasteunuchen eine herausragende Stellung ein: Nachdem sie schon in kindlichen Jahren aus Nordafrika und anderen Sklavenmärkten beschafft wurden, befähigte sie die vollständige Entfernung ihrer Geschlechtsteile und ihre vielfältigen Kompetenzbereiche zum Einsatz in unmittelbarer Nähe des Herrschers. Sie dienten dem König als Kommandeure über die Heeresflotte,107 Haremwächter, Erzieher und sogar als Mitglieder des Familiarenrates – das oberste Regierungsgremium, das im Falle einer Minderjährigkeit des Königs als institutionelle Absicherung fungierte. Gleichzeitig waren sie legitimiert, bei Abwesenheit des Herrschers richterliche Funktionen und Aufgaben im Palast und in der Stadt auszuüben.108 Einer ihrer bedeutendsten Aufgaben war die Leitung der königlichen Fiskaladministration, die ab 1140 nach Vorbild des fatimidischen Verwaltungsapparates direkt in der Herrscherresidenz in Palermo errichtet wurde und die Zuständigkeit über ganz Sizilien und Kalabrien wahrnahm. Diese Behörden trugen arabische Namen wie ad- dīwān al-ma´mur oder dīwān at-tahqiq al ma´mur, verwalteten den königlichen Besitz und erhoben Steuern in Palermo.109 Dazu beschäftigten sie arabische Schreiber, die die Hörigen- und Domänenlisten registrierten, prüften und archivierten. Der Machtbereich der Eunuchenschicht vergrößerte sich parallel zu der immer komplexer werdenden normannischen Bürokratie und ihren organisatorischen Anforderungen, vor allem da sie die Verbindungspunkte zwischen dem Normannenkönig, den Diwan-Verwaltungsstellen und den muslimischen Führungspersonen inner-/ und außerhalb Siziliens darstellten; insbesondere ihre Kontakte zu den umliegenden islamischen Ländern und darunter die Almohaden-Dynastie sind hervorzuheben.110 Die Kehrseite ihrer hohen Stellung war die extreme Abhängigkeit zur königlichen Gunst, denn angesichts ihrer körperlichen Verstümmelung und ihrem religiösen Status als faktische Muslime, die sich lediglich nach außen hin als Christen ausgaben, waren sie sozial isoliert und Eigentum des Königs, der sie nach Belieben fallenlassen konnte.111 Daher agierten die Palasteunuchen meist als geschlossene Gruppe und erfanden pseudo-familiäre Beziehungen zueinander, wodurch nur wenige Fehden und Intrigen unter ihnen verzeichnet sind.112 Ihre Allkompetenz und die aus der Abhängigkeit bedingten absoluten Loyalität zur Herrscherfamilie machten sie für den König beinahe unverzichtbar. Daher duldete Roger II. ihr „Kryptomuslimdasein“ insofern, dass er den Palasteunuchen gestattete, ihren täglichen Gebeten nachzugehen und andere Muslime zu protegieren.113 Da allerdings auf Apostasie gesetzlich die Todesstrafe stand und sie stets von intriganten Höflingen und Adeligen bedroht wurden, war ein Spannungsfeld zwangsläufig vorprogrammiert.114 Ausgenommen von dieser prekären Lage schienen die muslimischen Gelehrten, Dichter, Ärzte und Astronomen am Hof gewesen zu sein, die Roger II. als Mäzen zur Förderung der Wissenschaft und Kultur persönlich begünstigte. Als bekanntester unter ihnen sticht der wahrscheinlich in Sizilien geborene Geograf, Kartograf und Botaniker Muhammed al-Idrisi hervor. Der muslimische Gelehrte war ein Urenkel des letzten Hammudidenfürsten von Malaga und wurde von Roger beauftragt, ein Kompendium über die Beschreibung der Welt anzufertigen.115 Nach fünfzehnjähriger Arbeit, kurz vor dem Tod des Normannenherrschers, veröffentlichte er im Jahr 1154 sein Opus Magnum nuzhat al-muštāq fī iḫtirāq al-āfāq, das auch bekannt unter dem Kurztitel „Tabula Rogeriana“ über drei Jahrhunderte als Standardwerk der Kartografie galt.116 Arabische Quellen berichten über das hohe Ansehen al-Idrisis am Königshof und über daraus entstandene Gerüchte, dass der Normannenherrscher insgeheim Muslim geworden und das Königreich gar eine islamische Monarchie gewesen sei.117
Resümierend ist die genuin muslimische Elite in zwei Gruppen einzuteilen: einerseits die muslimische Stadtelite, die enge Kontakte zum Königshof pflegte und sich dort zum Teil selbst betätigte; andererseits die direkt am Hof ansässige muslimische Funktionselite, die für die normannische Herrschaftsrepräsentation und Verwaltung unerlässlich war. Charakteristisch für die normannische Herrschaft waren die kryptomuslimischen und systemtragenden Palasteunuchen, die unter Roger II. einen überwiegend größeren politischen Einfluss als die meisten lateinisch-christlichen Adeligen ausübten.
4. Problematik der religiösen Ambiguität
Die bisherige Forschung deutete das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen im normannischen Sizilien in zwei unterschiedliche Richtungen. Zum einen wird der Fokus zu stark auf eine christliche „Toleranz“ und harmonisches Zusammenleben beider Glaubensgemeinschaften gelegt. Zum anderen werden bestimmte Krisenindikatoren ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts als scheinbar religiöse Depluralisierung Siziliens infolge einer größer werdenden Marginalisierung der Muslime und Ambiguitätsintoleranz verstanden.118 Darunter sind die Verfolgungen von Palasteunuchen ab 1153, Pogrome gegen Muslime in den Jahren 1161, 1168 und 1189 sowie einige negative Urteile muslimischer Informanten aus Ibn Dschubairs Reisebericht zu nennen. Im Folgenden wird die Verurteilung des kryptomuslimischen Palasteunuchen Philip al-Mahdiyya unter Rogers Herrschaft und dessen Bewertung durch ausgewählte Historiker einer Analyse unterzogen.
Voneinander unabhängige lateinische und arabische Quellen berichten über die lediglich äußerliche Konvertierung der Palasteunuchen und das Festhalten an ihrer ursprünglichen Religion. So schreibt der sogenannte Hugo Falcandus über den Eunuchen Peter, dass er „wie alle Palasteunuchen dem Namen und dem Äußeren nach Christ, im Herzen ( animo ) jedoch ein Muslim ( Saracenus )“ gewesen sei.119 Ähnliches berichtet Ibn Dschubair über den Rechtsgelehrten Ibn Zur´a, der auf Wunsch des Königs pro forma zum Christentum konvertierte, da die beruflichen Anforderungen am Hof dies verlangten.120 Der Jurist fällte aufgrund seiner umfassenden Fachkenntnisse Urteile an muslimischen wie christlichen Gerichten und soll dabei das islamische Prinzip der Taqīya angewendet haben, das bei Zwang oder Gefahr für Besitz und Leib erlaube, den eigenen Glauben zu verheimlichen.121 Hiernach lassen sich die Briefe einiger Palasteunuchen lesen, die von ihnen im diplomatischen Dienst mit persönlichen kalligrafischen „Mottos“ ( ʾalāmā ) versehen wurden. Ineinander verschlungene Koranverse und religiöse Formeln wie innallāha lā yakhfā 'alaihi syai`un fil-arḍi wa lā fis-samā` 122 (vor Allah ist nichts verborgen, weder auf der Erde noch im Himmel) oder ḥasbiya llāhu wa-l-muslimīn 123 (Allah und die Muslime genügen mir) dienten höchstwahrscheinlich als heimliches Glaubensbekenntnis und sollten den Empfängern das eigene Kryptomuslimsein signalisieren.
Der prominenteste und zugleich von zeitgenössischen sowie modernen Historikern am stärksten rezipierte Fall zur ambivalenten Stellung der Palasteunuchen ist die des Philip al-Mahdiyya. Offiziell zum Christentum konvertiert, aber de facto Muslim aus Ifrīqiya, besaß jener am Hof als treu ergebener Eunuch, Palastvorsteher und Admiral der königlichen Flotte einen immensen Einfluss. Von Roger II. entsendet eroberte Philip al-Mahdiyya 1153 mit arabischen Hilfstruppen die nordafrikanische Küstenstadt Annaba. Nachdem er der dortigen muslimischen Adelsschicht die Flucht aus der Stadt mitsamt ihren Familien und Besitztümern ermöglichte, schränkte Philip die Zerstörungen und Plünderungen auf ein Mindestmaß ein.124 Laut Romuald von Salerno und Ibn al-Athir ließ Roger II. den Eunuchen anschließend wegen seiner milden Behandlung der Muslime und heimlicher Ausübung des Islam verurteilen und hinrichten;125 er soll von wilden Pferden zum Scheiterhaufen geschleift und mit anderen Verurteilten zusammen verbrannt worden sein. Schlussfolgernd aus der grundsätzlichen Übereinstimmung beider Quellen ist die Authentizität des Ereignisses. Dahingegen sind die von Ibn al-Athir und Romuald von Salerno divergierenden Deutungen kritisch zu betrachten: Während die Darstellung des Ersteren stark vom Wissen über den späteren Niedergang der sizilischen Muslime im 13. Jahrhundert gefärbt ist, indem er die Verurteilung als Anfang vom Ende der Muslime charakterisiert,126 versucht Letzterer Roger als fanatischen Verfechter des Christentums zu präsentieren, was aufgrund seiner penetrant apologetischen Weise eher auf das Gegenteil folgern lässt.127
Caspar bewertet die Verurteilung Philips als Folge einer primär religiös bedingten Aversion lateinischer Adelige und Barone gegenüber der muslimischen Gemeinschaft. Diese hätten den „Verrat“ des Palasteunuchen als Vorwand genutzt, um „endlich zum offenen Kampf gegen allzu weitherzige Duldung vorzugehen“.128 Weitaus weniger pochend markiert Caspar die politische Dimension des Prozesses, indem er die Härte des Urteils mit den gnadenlosen Offensiven Rogers gegen seine Verschwörer vor und nach der Königreichsgründung in Verbindung bringt.129
Auch Metcalfe konstatiert die politischen Gründe der Verurteilung und führt diese auf die notwendige Konzilianz Rogers zu den lateinisch-christlichen Adeligen zurück. Dennoch repräsentiere der Prozess sinnbildlich die wachsenden religiösen Spannungen zwischen den Muslimen und Christen in Sizilien, Ifrīqiya und insbesondere am Königshof.130 Ähnlich argumentiert Scheller, der den Auslöser des Konflikts in der uneindeutigen religiösen Lebensführung des Palasteunuchen lokalisiert. Philip verkörpere mit der kryptomuslimischen Funktionselite, so Scheller, die Problematik der kulturellen Ambiguität am normannischen Hof: Da die Konvertiten äußerlich nicht von genuinen Muslimen unterschieden werden konnten, boten sie aufgrund ihrer ambivalenten Identität eine leichte Zielscheibe für Angriffe des lateinischen Christentums, das weitestgehend nicht fähig schien, religiöse Ambiguität zu dulden.131
Im Gegensatz dazu vergleicht Engl die Lage Philips mit den Berichten anderer kryptomuslimischer Höflinge aus Trapani und Messina. Diese beklagten sich bei dem feinfühligen Ibn Dschubair über königliche Repressalien, Konversionsdruck und Todesgefahr – möglicherweise, um vor dem frommen Gelehrten ihren faktischen Glaubensabfall zu rechtfertigen. Unabhängig des Wahrheitsgehaltes ihrer Aussagen sind diese Maßnahmen jedenfalls nicht auf die Allgemeinheit der muslimischen Bevölkerung zu generalisieren. In erster Linie seien nur eine geringe muslimische Schicht am Königshof bedroht gewesen, die aufgrund ihrer exponierten Stellungen von intriganten lateinisch-christlichen Adeligen angefeindet wurden, die wiederum hauptsächlich ihren eigenen politischen Machtverlust befürchteten. Somit stützte sich die Verurteilung Philips weniger auf einen plötzlich entbrannten Religionseifer Rogers als vielmehr auf politische und ortsabhängige Ursachen.132 Aus dieser Position ist die Situation der muslimischen Gemeinschaft deutlich positiver als die bisherige Forschung zu bewerten, da aus dem Schicksal Philips weder eine allgemeine Unterdrückung noch eine grundsätzliche Bedrohung der Muslime im normannischen Sizilien durch Roger II. herleitbar ist.
III. Religiöse Freiheiten und Rechtsverhältnisse der Muslime unter Friedrich II.
1. Opposition zum Königtum: Rebellion und Deportation der Muslime
In den Wirren nach der Schutzherrschaft des letzten legitimen Normannenkönigs Wilhelm II., der 1189 kinder- und testamentlos verstarb, fanden in Palermo antimuslimische Pogrome statt. Diese ähnelten den Ausschreitungen von 1161, als die normannische Zentralgewalt unter Wilhelm I. kurzzeitig schwankte – mit dem Unterschied, dass die Muslime nun deutlich organisierter reagierten. So verbündeten sich die städtischen und ländlichen Muslime zu einer geschlossenen politischen Einheit und besetzten für den Handel und Wirtschaft strategisch günstige Positionen an der Küste und im Landeszentrum.133 Infolge der Thronstreitigkeiten zwischen dem staufisch-normannischen Herrscherpaar Heinrich VI. und Konstanze I. sowie dem illegitimen Enkel Rogers II., Graf Tankred von Lecce, gelang es Letzterem mithilfe einer stauferfeindlichen Gegenpartei 1190 das Königreich erfolgreich zu usurpieren. Die muslimische Gemeinschaft einigte sich daraufhin mit Tankred als König, der im Gegenzug die gewohnten Rechtsverhältnisse wiederherstellte. Während der vierjährigen Herrschaft des Usurpators knüpften beide Parteien ein so enges Treueverhältnis zueinander, dass die Muslime selbst der Familie Tankreds nach dessen Tod gegen die spätere staufische Invasion unterstützten. Die jedoch nicht abwendbare Einnahme Siziliens durch Heinrich VI. und Konstanze I., die wahrscheinlich mit dem Ziel der Herrschaftssicherung Tankreds Minderheitenpolitik teilweise adaptierten, entwickelte sich in den kurzen Jahren ihrer Regentschaft zu einer relativ stabilen Phase des Königreichs.134 Unter Heinrichs Führung sind zwei folgenschwere Entwicklungen hervorzuheben: Einerseits das forcierte Antreiben der Latinisierung der jahrzehntelangen griechisch-normannisch-muslimischen Palastkultur, eventuell aus Sorge vor der Rebellion alter muslimischer Eliten; andererseits der gemeinsame Aufstand von „Lateinern wie Griechen und Sarazenen“135 gegen Heinrich im Jahr 1197 aufgrund eines Eklats mit seiner Frau Konstanze, der die noch immer intakten interreligiösen Bindungen und den Modus Vivendi der Glaubensgruppen in Sizilien unterstrich.136 Der jähe Tod des Herrscherpaares und die Minderjährigkeit ihres einzigen Thronerbens führten 1198 zum völligen Zerfall der Herrschaftsstruktur. Die westsizilischen Muslime erhoben sich gegen den Kaiser und verbündeten sich mit lokalen christlichen Adeligen, um ihre materielle und soziale Position zu verbessern.137 Unter den adeligen Heerführern stach besonders der vom Papst exkommunizierte Markward von Annweiler hervor, der „sowohl von den Christen wie auch von den Sarazenen zum überwiegenden Teile freundlich empfangen“138 wurde. An seiner Seite kämpften die Muslime 1200 gegen päpstliche Truppen vor dem belagerten Palermo und stellten dabei sogar das größte Truppenkontingent.139 Spätestens ab 1206 einigten sich die Muslime und Wilhelm Capparone, der Nachfolger des verstorbenen Markwards, mit der päpstlichen Regentschaft für König Friedrich II.140 Als 1208 die Vormundschaft des Papstes endete, strebte Friedrich fest entschlossen die Wiederherstellung der alten normannischen Zustände an, was nun zwangsläufig einen Konflikt mit der muslimischen Bevölkerung bereiten musste, da diese nicht gewillt war, die bis zu dieser Zeit erkämpfte Machtstellung und Freiheiten wieder abzugeben. So unterstützten sie jene, die ihre Emanzipation von der Hörigkeit akzeptierten und standen in Folge dessen feindlich zum König:141 Während der achtjährigen Abwesenheit des Kaisers von 1212 bis 1220 eroberten die muslimischen Aufständischen in Westsizilien mit dem Einverständnis lateinisch-christlicher Adelige, die mit anderen Parteien in Konflikt standen, weitere christliche Gebiete, darunter Klöster, Kirchen und Festungen. Die Muslime dehnten ihre Kontrolle bis an die Südküste Siziliens aus und etablierten darin ein islamisches Emirat, mit der sie die Obrigkeit des Kaisers völlig zurückwiesen.142 Der zum muslimischen Oberhaupt gewählte Muhammed ibn Abbad ließ zur Untermauerung der eigenen Autorität sogar Münzen mit almohadischem Titel ( amir al-Muslimin bi-Siqilliyya ) prägen, die in Material und Dicke den Münzen des Stauferkaisers glichen – ein Majestätsverbrechen, das Friedrichs Vorfahren grundsätzlich mit absoluter Gnadenlosigkeit ahndeten.143 Um den Widerstand seiner Untertanen endgültig zu brechen, bereitete Friedrich II. ab 1221 Militäraktionen vor, die 1222 begannen und sich bis 1225 aufgrund des fast uneinnehmbaren Bergterrains in langwierigen und enorm aufwendigen Guerillakriegen hinzogen.144 In Anbetracht der immensen Renitenz der muslimischen Rebellen, die eine erfolgreiche Zurückdrängung in ihren alten Hörigkeitsstatus schlichtweg unmöglich machte, ließ der Kaiser die Mehrheit der unterworfenen Muslime sukzessive aus ihren Bergfestungen auf das 800 Kilometer entfernte apulische Festland deportieren.145 Die Zwangsumsiedelungen der schätzungsweise 28.000 bis 35.000 Muslime nach Lucera, die auch für die effiziente sizilische Verwaltung ein logistisch äußerst schwieriges Unterfangen waren, beendeten damit unter Friedrichs Herrschaft die vierhundertjährige Geschichte des christlich-islamischen Zusammenlebens auf Sizilien.146 Die Gründe für die muslimische Rebellion, ihre Verwerfung des traditionellen interreligiösen Zusammenlebens auf Sizilien und die anschließenden Deportationen unter Friedrich II. unterliegen bisher einem gewissen Deutungsspielraum. Die vorwiegenden Forschungsmeinungen führen den Aufstand der Muslime auf den Zusammenbruch des interreligiösen Lebens ab 1189 infolge der antimuslimischen Ausschreitungen in Palermo zurück und interpretieren die Entwicklung der muslimischen Gemeinschaft ab diesem Zeitraum als fortwährenden Marginalisierungsprozess; gleichzeitig deuten sie den Konflikt zwischen den in Bergfestungen verschanzten rebellischen Muslimen und der christlichen Obrigkeit unter Friedrich II. primär als Religionskrieg.147 Engl hingegen weist in seiner Dissertation auf weitere interreligiöse Kooperationen zwischen sizilischen Muslimen und Christen nach 1189 hin und wirft die Gegenthese ein, dass die westsizilischen Muslime wie andere politische Akteure lediglich das günstige Momentum der kurzzeitigen „Anarchie“ nutzten, um sich von ihren bischöflichen Grundherren zu emanzipieren und während ihres politisch-sozialen Aufstieges eigene Herrschaftsstrukturen zu etablieren – wohlgemerkt in Zusammenarbeit und dem Einvernehmen verschiedener christlicher Parteien. Erst als Friedrich II. den neu gewonnenen Status der Muslime entschieden zurückwies und versuchte, sie zu alten Verhältnissen zurückzuzwingen, brachen sie ihre Beziehungen zum Kaiser vollständig ab und radikalisierten sich vermutlich durch die rigorose Haltung ihres Führers Ibn Abbads, der das islamische Emirat unter dem Banner und den religiösen Überzeugungen der nordafrikanischen Almohaden-Dynastie regierte.148 Festzuhalten ist die eminent politische und sozioökonomische Erstarkung der Muslime und die dementsprechende Revision ihrer historischen Darstellung als wilde, gesetzlose Wegelagerer und „Halbnomaden, die mit Sack und Pack umherzogen und unter der Anführerschaft von Quads in abgelegenen Bergorten oder schwer zugänglichen Kastellen lebten“149. Schlussfolgernd sind hinter den Auslösern der Deportationen nicht vorrangig religiöse, sondern politische Motive zu finden, da die Entfernung der sizilischen Muslime aus ihrer Heimat gleichbedeutend mit der Ausschaltung ihrer Machtstellung als politische Opposition und Wiederherstellung der kaiserlichen Ordnung war.
2. Rechtsstatus der Muslime in den Konstitutionen von Melfi
Bis zur Verkündung Friedrichs Konstitutionen sollte das Regnum nach dem Ableben Rogers II. noch mehrere Herrscherwechsel und krisenhafte Phasen der interreligiösen Verhältnisse erleben. Mit dem Ziel, Ordnung in die verworrenen Verhältnisse zu schaffen und nach jahrelangen Aufständen seine Herrschaft zu stabilisieren, kodifizierte Friedrich II. das Recht in Sizilien am Hoftag von Melfi im August 1231 und verkündete entschlossen die Anknüpfung an das „Goldene Zeitalter“ seiner normannischen Vorfahren.150 Darunter fällt die Wiedererrichtung des Schutz- und Abhängigkeitsverhältnisses der muslimischen Gemeinschaft zum Kaiser, für die Friedrich ein besonderes Interesse pflegte, da die nach Apulien deportierten Muslime fast gänzlich der kaiserlichen Domäne angehörten. Der Preis ihrer speziellen und engen Abhängigkeit zum Königtum als servi regis waren die schon in der Normannenzeit eingeführte Zahlung der ǧizya, jährliche Abgaben aus den landwirtschaftlichen Erträgen und eine eingeschränkte Freizügigkeit, da der Kaiser ihnen die Rückkehr nach Sizilien und die Besiedelung weiterer Festlandsprovinzen verbot. Im Gegenzug genossen sie direkten königlichen Schutz, der ihnen wirtschaftliche Betätigungsfreiheit, weitgehende religiöse Freiheitssphären und Rechtsautonomie in inneren Angelegenheiten durch islamische Gerichte ermöglichte.151 Dazu erließ Friedrich II. in den Konstitutionen von Melfi eine Reihe an Gesetzen, die deutlich zu Gunsten der muslimischen Gemeinschaft und anderen religiösen Gruppen sprachen: Erstens der Schutz vor unmittelbaren Angriffen auf Leib und Leben kraft königlicher Strafandrohungen.152 Zweitens die Ahndung heimlicher Sachbeschädigungen und Mordtaten durch hohe Kollektivstrafen; Bei Nichtermittlung der Täter übernahmen königliche Beamte die Untersuchung und verpflichteten die Einwohner des jeweiligen Ortes zu einer Geldstrafe von 50 Augustalen unter zusätzlicher Androhung härterer Strafen, falls die Gemeinde die Täter verbarg oder sich ihrer Auslieferung weigerten.153 Weiterhin die Hinrichtung der überführten Mörder, unabhängig von der Religionszugehörigkeit der Ermordeten.154 Obwohl die Strafen für Schädigungen an Christen höher ausfielen, entfalteten die Gesetze eine effektive Schutzwirkung und schränkten Übergriffe auf Muslime drastisch ein.155 Dadurch, dass die eben aufgeführten Gesetze explizit neben den Muslimen auch die sizilischen Juden unter kaiserlichen Schutz stellten, ist im Vergleich zum Rechtsstatus der jüdischen Glaubensgemeinschaft eine partielle Analogie zu erkennen. Angesichts ihres unterschiedlichen demografischen, politischen und militärischen Stellenwertes begünstigte der Kaiser jedoch die Muslime, denen er in Apulien den Bau von neuen Moscheen, die Umwandlung von Kirchen und innere Rechtsautonomie gestattete.156 Dazu berichtet der muslimische Universalgelehrte Ibn Wasil, der als Gesandter des ägyptischen Sultan Baibars zwei Jahre am staufischen Hof weilte, über öffentliche Freitagsgebete, Predigten und Gebetsrufe157 – religiöse Freiheiten, die teils im normannischen Sizilien nicht geduldet waren und dem Papst in der Propagandaschlacht gegen den Kaiser als Angriffsfläche dienten. Die neu angesiedelten Juden in Palermo mussten sich währenddessen mit abgesonderten Wohnvierteln, vom Kaiser eingesetzten jüdischen Beamten und dem Verbot des Synagogenbaus zufrieden geben. Dennoch ist das Rechtsverhältnis der sizilischen Muslime und Juden als servis regis noch nicht mit dem Konzept der bekannten Kammerknechtschaft ( servi nostre camere ) der deutschen Juden gleichzusetzen, die als Eigentum des Kaisers zählten und folglich nur sehr eingeschränkte Rechte besaßen.158
3. Städtisches und ländliches Leben in Lucera
Der Auswahl Luceras als Ansiedelungsort für die deportierten Muslime gingen strategische Überlegungen des Kaisers voraus, der zuallererst die schnelle und nachhaltige Rückgewinnung der Kontrolle über seine Untertanen anstrebte. Die größere Entfernung zu den islamischen Herrschern des Maghreb und die wenig befestigte, verwilderte Umgebung um Lucera schienen mit der dünnen Besiedelung und hohen Fruchtbarkeit günstige Voraussetzungen für eine neue Heimstätte der sizilischen Muslime zu bieten.159 Nachdem die Muslime in Lucera angesiedelt wurden, betrieben sie hauptsächlich landwirtschaftliche Arbeiten auf den umliegenden Ackerflächen, die teils königlichem, teils klerikalem Besitz angehörten. Diese wurden ihnen im beidseitigen Interesse verpachtet, da für die Sicherung ihres Lebensunterhaltes im Gegenzug die hiesigen Landbesitzer von den jährlichen Abgaben der Erträge profitierten. Die muslimischen Bauern richteten sich nach den süditalienischen Verhältnissen und bauten nun statt der bewässerungsintensiven Kulturen auf Sizilien vorrangig Getreide, Wein, Oliven, Obst und Gemüse an.160 Der restliche Teil der Bevölkerung betätigte sich im Handel und Handwerk, unter denen sich gefragte Experten befanden, deren Dienstleistungen Friedrich selbst in Anspruch nahm und für seinen Hof Keramik-,/ Holz- und Metallwaren wie auch Waffen, Sättel, Teppiche und Zelte anfertigen ließ.161 Die hohen materiellen Ressourcen Luceras und die bedeutende Rolle des Kaisers, der seine schützende Hand über die muslimische Gemeinschaft hielt und weite Freiräume, entscheidende Handelsprivilegien und Förderungen in der Binnen- und Außenwirtschaft gewährte, verhalf der Stadt zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung: Lucera entwickelte sich zu eine der wirtschaftsstärksten Städte des Kaiserreichs, in der auf kaiserlicher Anordnung ab 1234 regelmäßig einer der größten Regionalmärkte im Regnum stattfand. Darüber hinaus verbesserte Friedrich den Status Luceras immens, indem er ab 1233 die Stadtbefestigung verstärkte und dort sein Kastellpalast errichten ließ.162 Freilich ist die Einräumung der Verteidigungsmöglichkeiten und der Privilegien nicht als uneigennütziges Verhalten des Kaisers zu verstehen, sondern vielmehr als Belege für einen Wiederannäherungsprozess und einer wechselseitigen Beziehung zu den Muslimen. Friedrich unterstützte die wirtschaftliche, urbane und strukturelle Entwicklung der muslimischen Bevölkerung Luceras und profitierte dadurch von einer außerordentlichen Getreideproduktion und hohen Steuereinnahmen. Mit der Prosperität kam es zu einem Gesinnungswandel der Muslime, die sich nun als ergebene und kaisertreue Parteigänger in das Reichswesen integrierten.163 Dies spiegelt sich besonders in den Auseinandersetzungen mit dem Papst wider, der nach der Exkommunikation des Kaisers 1229 vergeblich versuchte, das Königreich militärisch einzunehmen. Es ist bemerkenswert, wie die einst renitenten und heimatvertriebenen Muslime einige Jahre später dem kaiserlichen Heer Kampf- und Elitetruppen zur Verfügung stellten, die auf Befehl ihrer Heerführer päpstliche Rebellen kreuzigten und sogar Kleriker verstümmelten.164 Auch wenn die waffenfähigen Muslime eine gewichtige Stellung in Friedrichs Heer einnahmen, mehrfach für den Kaiser und selbst für seine Söhne König Konrad IV. und Manfred kämpften, ist die Darstellung Luceras als reine Militärkolonie mit in „Sarazenenburgen“165 einkasernierten muslimischen Soldaten historisch nicht tragbar, besonders nachdem die rekrutierten Truppen ab 1228 nur saisonal engagiert wurden.166 Weiterhin bedarf die Vorstellung Luceras als einzigen zentralen Siedlungsplatz und einer vermeintlichen Isolation der muslimischen Gemeinschaft in Anbetracht aktueller archäologischer Untersuchungen einer Revision. Neben der Besiedelung und Übernahme des hochmittelalterlichen Stadtkerns weist die geringe Zahl muslimischer Fundstücke in der Stadt auf eine Verteilung der deportierten Muslime in die Regionen im Umkreis von zehn bis vierzig Kilometern hin, in denen die Bevölkerung vorwiegend durchmischt war.167 Das Leben in und rund um Lucera barg folglich eine große interkulturelle und interreligiöse Weite, die von der bisherigen Forschung nicht zur Genüge erfasst wurde. Statt der bislang angenommenen Segregation zwischen den sich niedergelassenen Muslimen und der verbliebenen christlichen Vorbevölkerung lebten diese in einem Modus Vivendi in unmittelbarer Nähe zusammen.168 Erst mit dem Zuzug weiterer tausend Muslime, dem Bau von neuen Moscheen und islamischen Bildungseinrichtungen folgte eine sukzessive Verdrängung der einheimischen Bevölkerung und ihrer Institutionen.169 Die Mehrheit der christlichen Bevölkerung, darunter der Ortsbischof nach dem Einsturz der schon baufälligen Domkirche, emigrierten aus der Stadt in die umliegenden Regionen.170 So lief in den Jahren nach den Deportationen ein sichtbarer demografischer und urbaner Wandel statt, in der die islamische Kultur Lucera bis zur Anjouzeit dominieren sollte.
4. Der Hof Friedrichs II. und die Rolle der muslimischen Funktionselite
Die staufische Herrschaftsphase über das Königreich Sizilien kennzeichnete einen massiven Rückgang des arabisch-muslimischen Einflusses in der Palastkultur und im politisch-administrativen Bereich. Die schon von Heinrich VI. vorangetriebene Latinisierung der Strukturen des dīwān wurde insbesondere nach der Deportation der Muslime, die den Bedarf an arabischer Verwaltungstätigkeit drastisch minderte, von Friedrich in derselben Richtung weitergeführt. Kein einziges arabisches Dokument während der Herrschaftszeit Friedrichs ist aus der zentralen Hofkammer, die dem ehemaligen dīwān übergeordnet war, überliefert. Wenn überhaupt, arbeiteten nur vereinzelte arabischsprachige Beamte in den königlichen Kanzleien; der reguläre arabische Schriftverkehr wie zu Zeiten Rogers II. ist in der Stauferphase des Regnum zum Erliegen gekommen.171 Darüber hinaus befeuerten die Bedingungen des römisch-deutschen Kaisertums unweigerlich die Entwicklung Siziliens vom Zentrum zur Peripherie. So verlagerte sich der Königshof in Palermo nach Süditalien, da das Einbinden muslimischer Funktionseliten in die Führungsschicht statt lateinisch-christlicher im nördlichen Herrschaftsbereich Friedrichs kaum akzeptiert worden wäre.172 Der Bedeutungsverlust der muslimischen Elite am Stauferhof lässt sich exemplarisch am Statuswechsel der Palasteunuchen skizzieren: Bisweilen die mächtigsten Höflinge im Königreich mit unmittelbarem Kontakt zum Herrscher und hohen militärischen wie verwaltungsrelevanten Positionen, stufte Friedrich die noch vorhandenen Eunuchen zu bloßen Aufpassern der höfischen Damen herab.173 Eine einzige Ausnahme scheint der in den Quellen bezeugte und strukturell den normannischen Palasteunuchen ähnelnde Johannes „Morus“ zu sein: Als Sohn einer schwarzen Sklavin brachte es der offiziell zum Christentum konvertierte und höchstwahrscheinlich kryptomuslimische Johannes in einem kometenhaften Aufstieg bis zum hochbegüterten Vorsteher der kaiserlichen Finanzverwaltung. Allerdings ist er – zumindest aus anatomischer Perspektive – kein Eunuch gewesen und wechselte nach dem Tod Friedrichs auf die päpstliche Seite, woraufhin er 1254 von staufertreuen Muslimen getötet wurde.174 Die fortlaufende Verarmung muslimischer Elemente in der Hofkultur machte sich auch in den dortigen Gelehrten- und Wissenskreisen bemerkbar. Obwohl Friedrich wie in der Zeit der Normannenkönige die Übertragung arabischer Schriften ins Hebräische und Lateinische forcierte, beherbergte er an seinem Hof kaum genuin muslimische Gelehrte. Den Hauptteil der Übersetzungen fertigten arabischkundige jüdische und christliche Gelehrte wie Michael Scotus, Theodor von Antiochia, Johannes von Palermo und Jacob ben Anatoli an, die ihre Bildung hauptsächlich in islamischen Ländern genossen hatten.175 Einzig im unteren Einflussbereich des Hofes unterhielt Friedrich eine große Anzahl männlicher und weiblicher Muslime, die als Handwerker, Tänzer, Sänger, Musikspieler, Gaukler, Akrobaten, Tierpfleger und Bedienstete den Kaiser auf seinen Zügen begleiteten. Durch die ostentative Vorführung seiner exotisch wirkenden muslimischen Entourage demonstrierte Friedrich nicht nur bewusst seine Macht und kaiserliche Überlegenheit, sondern verhalf sich so auch zu einem exklusiven und einschüchternden Prestige.176 Das wiederum nutzte die päpstliche Propaganda herzlich gegen den Kaiser aus, um seine Rechtgläubigkeit und damit seine Herrschaftslegitimation zu bestreiten, was hiernach zur starken Mystifizierung des staufischen Hofes seitens mittelalterlicher und moderner Geschichtsschreiber führte.177
Schlussdiskussion: Der Toleranzbegriff als Beschreibung der Verhältnisse zwischen Herrschenden und religiöser Minderheit
Diese Studie thematisiert einen Abschnitt des jahrhundertelangen interreligiösen und interkulturellen Zusammenlebens im normannisch-staufischen Königreich Sizilien. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Darstellung des Verhältnisses zwischen Muslimen und Christen unter der Herrschaft Rogers II. und Friedrichs II. mit besonderer Aufmerksamkeit für die Sinnhaftigkeit des Toleranzbegriffes zur Beschreibung der muslimisch-christlichen Beziehungen. In diesem Zusammenhang sollten die Urteile moderner Historiker über die Haltungen Rogers und Friedrichs zum Islam und die in ihren Forschungen verwendeten Toleranzbegriffe auf den Prüfstand gestellt werden. Für die Zeichnung der muslimischen Geschichte im Regnum und der forschungsgeschichtlichen Analyse wurden möglichst alle einschlägigen wissenschaftlichen Standardwerke aus dem deutschen und englischen Sprachraum berücksichtigt. Demgegenüber konnten im Rahmen der begrenzten Studienarbeit nur ein sehr kleiner Ausschnitt der enormen Anzahl an Quellen zur Normannen- und Stauferzeit beleuchtet werden.
Die Normannenherrscher gewährten den Muslimen, die mit ihrem bedeutenden Einfluss auf Handel, Handwerk und Agrarwesen einen der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Königreichs ausmachten, im Gegenzug für fiskalische Lasten und dem Treueeid weitreichende religiöse Freiheiten, Schutz für Leben und Besitz sowie innere Rechtsautonomie. Die eingeräumten Privilegien sind jedoch nicht mit einer gesetzlichen Gleichberechtigung der Religionsgruppen zu verwechseln: Schon ab Graf Roger I. begannen schleichende Latinisierungsprozesse und die formalgesetzliche Superiorität des Christentums über die restlichen Glaubensgemeinschaften. Dennoch adaptierten die Normannen mit ihrer integrativen Politik zahlreiche muslimische Elemente aus Wirtschaft, Recht, Verwaltung und Kultur. Besonders hervorzuheben ist dabei die muslimisch geprägte königliche Fiskaladministration ( dīwān ), das Mäzenatentum Rogers II. für muslimische Intellektuelle und die enorm hohe Machtposition der kryptomuslimischen Palasteunuchen. Letztere waren durch ihre Allkompetenz am Königshof federführend, blieben jedoch wegen ihres sozialen Status exponierte politische Figuren und damit völlig auf die Gunst des Königs angewiesen. Die dadurch entstandenen Konflikte wie die Hinrichtung des Palasteunuchen Philip al-Mahdiyya wurden von der bisherigen Forschung fast ganzheitlich als Folge eines zunehmenden und vornehmlich religiös bedingten Marginalisierungsprozesses der sizilischen Muslime verstanden. Allerdings zeigte die Analyse der Verurteilung Philips, dass diese vielmehr auf politische Motive gründete, die nicht zwangsläufig auf die Gesamtheit der muslimischen Bevölkerung auszuweiten sind. Somit bedarf auch die Auffassung des Jahres 1189 – dem Todesjahr Wilhelms II. mit der anschließenden „Zeit der Anarchie“ – als epochale Zäsur einer Revision. Das Aufstreben der Muslime nach besseren sozioökonomischen Positionen und ihre geschickte politische Agilität, die zu interreligiösen Bündnissen, weiten Gebietseroberungen und sogar zur Errichtung eines islamischen Emirates in Westsizilien führten, sind von der bisherigen Forschung nur am Rande erwähnt worden und erstmals von Richard Engl durch neu erschlossenes Quellenmaterial ausführlich behandelt.
Nach seiner Machtübernahme ließ der Stauferkaiser Friedrich II. die Wiederherstellung der alten normannischen Verhältnisse ausrufen und die muslimische Usurpation königlicher Gebiete mit mehreren Deportationswellen auf das süditalienische Festland beantworten. Dadurch, dass Friedrich der muslimischen Gemeinschaft in den folgenden Jahren beträchtliche Privilegien und königlichen Schutz als servis regis einräumte, unter anderem durch den Erlass mehrerer Gesetze in den Konstitutionen von Melfi, florierte die Region um Lucera zu einer der wirtschaftsstärksten im gesamten Königreich. Diese beherbergte vor allem in den Anfangsjahren der Deportationen ein stark durchmischtes interreligiöses Leben, was der gängigen Vorstellung Luceras als isolierte und religiös segregierte „Militärkolonie“ widerspricht. Obwohl das muslimisch-christliche Verhältnis unter Friedrich Parallelen zu der gegenseitigen Nutzbeziehung seiner Normannenvorfahren aufweist, blieben ihm die einst rebellischen Muslime bis in seine dritte Nachkommengeneration treu ergeben – ein bemerkenswerter Gesinnungswandel. Die wesentlichsten Unterschiede der Beziehungen beider Herrscher zu den Muslimen machen sich im Wandel des Königshofes bemerkbar. So verblasste bei Friedrich die Bedeutung der muslimischen Elite in den oberen Einflussbereichen, unter anderem wegen der veränderten Bedingungen durch das römisch-deutsche Kaisertum. Exemplarisch stehen hierfür der Statuswechsel der Palasteunuchen und das Fehlen muslimischer Gelehrte in den höfischen Wissenskreisen.
Die Analyse des Toleranzbegriffes in der modernen Historiografie ergab eine mehr oder minder ausgeprägte Positionierung der Historiker in zwei Lagern: Auf der einen Seite kennzeichnen sich die Literaturvermittler Eberhard Horst und John Julius Norwich – die definitiv nicht als professionelle Geschichtswissenschaftler zu betrachten sind – und der Historiker Erich Caspar mit einer Überhöhung, Romantisierung und Idealisierung der Verhältnisse Rogers und Friedrichs zum Islam. Charakteristisch ist ihre fehlende Trennung zwischen dem vormodernem und modernem Toleranzbegriff, die inflationäre Benutzung und mangelnde kritische Reflexion von Begrifflichkeiten wie „Aufklärung“ und „Gleichberechtigung“. Auch wenn Horst einen rudimentären Ansatz zu erkennen gibt, definitorisch an den Toleranzbegriff heranzugehen, bleibt dieser unklar und wird überschattet von gravierenden methodischen Fehlern wie der „Rosinenpickerei“ ( cherry picking ), die seine Interpretationen der komplexen Verhältnisse im Regnum weithin verzerren. Auf der anderen Seite stehen die nüchternen und kritisch-reflexiven Perspektiven der Historiker Alex Metcalfe, Hubert Houben, Olaf Rader, Richard Engl und Wolfgang Stürner. Diese trennen zunächst den Toleranzbegriff strikt in seine vormoderne und moderne Bedeutung und ordnen die muslimisch-christlichen Beziehungen unter Roger und Friedrich ausdrücklich dem Ersteren zu. Dabei unterstreichen sie grundsätzlich die Duldungsebene des Toleranzbegriffes und stimmen im Wesentlichen damit überein, dass dieser im Regnum auf rein pragmatischer und Interessen dienlicher Basis beruhte.
Die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit scheinen sich dieser Definition zunächst anzuschließen, geben jedoch bei genauerer Betrachtung Raum für eine mögliche Ausweitung, denn
· die grundsätzlich intensiven Interaktionen zwischen den beiden Glaubensgruppen, besonders in städtischen Gemeinden und intellektuellen Kreisen
· der enorme Einfluss muslimischer Eliten in der Normannenzeit auf systemrelevante Bereiche und den Königshof
· die sichtbare Dominanz der islamischen Kultur in weiten Gebieten des Königreichs
· das umfassende Auseinandersetzen der Herrscher mit islamischen Ideen und Gedanken
· die treue Ergebenheit der Muslime – auch wenn sie kurzzeitig aus besagten Gründen aussetzte – bis hin zur spätstaufischen Phase
deuten zumindest auf eine normannisch-staufische Toleranz gegenüber den Muslimen, die über die Dimension des rein pragmatischen Duldens hinausgeht. Wenngleich hierfür der moderne Toleranzbegriff keineswegs herangezogen werden kann, erweist sich die Reduzierung der muslimisch-christlichen Verhältnisse auf den ausschließlich vormodernen Toleranzbegriff als unzulänglich und nicht sinnvoll.
Ist die normannisch-staufische Toleranz zur muslimischen Bevölkerung somit einzigartig und in seiner Zeit außergewöhnlich gewesen? Die eindeutige Beantwortung dieser Frage scheint in dieser Form nicht möglich zu sein. Der Versuch, diese Problematik mit dem Heranziehen alternativer Konzepte zu lösen, ist sicherlich ein vielversprechender Lösungsansatz, – der jedoch auch kläglich scheitern kann, wie Eberhard Horst es mit dem Modell der andalusischen „convicencia“ vor Augen führte. Dazu war das interreligiöse Leben im Regnum niemals gänzlich konfliktfrei und auch die religiöse Toleranz weniger handlungsleitend gewesen als bisher angenommen. Möglich wären auch tiefergehende Vergleichsstudien mit zeitgenössischen und ähnlich multikulturellen Gesellschaften, wie z.B. im kastilischen Königreich unter Alfons X. oder in den Kreuzfahrerstaaten der Levante, deren Untersuchung als lohnenswerte Aufgabe der zukünftigen Forschung überlassen bleibt.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Quellen
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1 Goethe, Johann Wolfgang: Wilhelm Meisters Lehrjahre. In: Goethes Werke Bd. VII Romane und Novellen II. Hamburger Ausgabe. München 1998, S. 145.
2 Vgl. Dickie, John: Bewegte Geschichte einer Frucht, 2017. In: Rotary Magazin. URL: https://rotary.de/kultur/bewegte-geschichte-einer-frucht-a-11092.html (Stand: 09.02.22); erst durch muslimische Kultivierungsprozesse auf Sizilien erhielten Italien und später ganz Europa Zugang zu Zitrusfrüchten.
3 Herder, Johann Gottfried: Briefe zur Beförderung der Humanität. 2 Bände Bd. 2. Berlin und Weimar 1971, S. 43; zum Einfluss des Islams auf die europäische Kultur vgl. Watt, William Montgomery: The Influence of Islam on Medieval Europe. Islamic Surveys Bd. 9. Edinburgh 1972.
4 Einen Überblick zum spanischen Historikerstreit und dem kontrovers diskutierten „convivencia“- Modell zwischen den verschiedenen Religionsgruppen in al-Andalus bietet Bossong, Georg: Das maurische Spanien. Geschichte und Kultur. 4. Aufl. München 2020, S. 9 – 13; vgl. von Reeken, Dietmar: Interkulturelles Geschichtslernen. In: Hilke Günther-Arndt und Meik Zülsdorf-Kersting (Hrsg.): Geschichtsdidaktik. Praxishandbuch. 8. Aufl. Berlin 2014, S. 238 – 247; vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (Hrsg.): Bildungsplan des Gymnasiums. Geschichte. Stuttgart 2016. URL: http://www.bildungsplaene-bw.de/site/bildungsplan/get/documents/lsbw/export-pdf/depot-pdf/ALLG/BP2016BW_ALLG_GYM_G.pdf (Stand: 09.02.2022).
5 Besonders in den deutschen Standardwerken zur Stauferzeit werden den Muslimen nur wenig Bedeutung zugesprochen: Stürner, Wolfgang: Friedrich II. 3. Aufl. Stuttgart 2009 räumt der muslimischen Geschichte unter Friedrich II. 9 von insgesamt 1020 Seiten ein, Houben, Hubert: Kaiser Friedrich II. (1194 – 1250). Herrscher, Mensch und Mythos. Stuttgart 2008 nur 3 von 260, Rader, Olaf: Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kaiserthron. 3. Aufl. München 2011 9 von 590. Die Liste ließe sich beliebig erweitern.
6 Engl, Richard: Die verdrängte Kultur. Muslime im Süditalien der Staufer und Anjou (12. – 13. Jahrhundert). Mittelalter-Forschungen Bd. 59. Ostfildern 2020, S. 17.
7 Vgl. Houben, Hubert: Kaiser Friedrich II. (1194 – 1250). Herrscher, Mensch und Mythos. Stuttgart 2008, S. 14 – 16; vgl. Houben, Hubert: Roger II. Herrscher zwischen Orient und Okzident. Darmstadt 1997, S. 6 – 7.
8 Ibn Dschubair: Rihla, übers. von Regina Günther (Bearb.): Tagebuch eines Mekkapilgers. Lenningen 2004.
9 Brüsch, Tania und van Eickels, Klaus (Hrsg.): Kaiser Friedrich II. Leben und Persönlichkeit in Quellen des Mittelalters. Düsseldorf 2006.
10 Vgl. Houben, Roger II., 1997, S. 135 – 148.
11 Conrad, Hermann / von der Lieck-Buyken, Thea und Wagner, Wolfgang (Hrsg.): Die Konstitutionen Friedrichs II. von Hohenstaufen für sein Königreich Sizilien. Nach einer lateinischen Handschrift des 13. Jahrhunderts. Köln 1973.
12 Horst, Eberhard: Der Sultan von Lucera. Friedrich II. und der Islam. München 2009, S. 18.
13 Zur Kritik an der Authentizität der Fragen Friedrichs II. an den aus Andalusien stammenden islamischen Philosophen vgl. Ibn Sabʿīn: Al-Masā'il al-Ṣiqilliyya, übers. und eingel. von Anna Akasoy (Bearb.): Die Sizilianischen Fragen. Arabisch – Deutsch. Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters Bd. 2. Freiburg 2005.
14 Kaiser Friedrich II.: De arte venandi cum avibus, übers. und hrsg. von Carl Arnold Willemsen (Bearb.): Über die Kunst mit Vögeln zu jagen. 2 Bände. Frankfurt am Main 1964.
15 Vgl. Horst, Der Sultan von Lucera, 2009, S. 108.
16 Vgl. ebd. S. 6, 11, 17, 50.
17 Castro, Américo: España en su historia. Cristianos, moros y judíos. Buenos Aires 1948.
18 Vgl. Horst, Der Sultan von Lucera, 2009, S. 6, 20, 28.
19 „Das Zusammenleben der so unterschiedlich religiös gebundenen Volksgruppen verschiedener Herkunft blieb unter den Normannen weithin ungestört. Wahrhaft als der Gute erwies sich Wilhelm II., der mit seinem Leitsatz zur religiösen Toleranz aufrief: »Möge jeder von Euch den Gott anrufen, den er verehrt.«“ (Ebd., S. 27).
20 Vgl. Ibn Dschubair: Rihla, übers. von Regina Günther (Bearb.): Tagebuch eines Mekkapilgers. Lenningen 2004, S. 239, 242, 248, 254 – 257.
21 Abulafia, David: Herrscher zwischen den Kulturen. Friedrich II. von Hohenstaufen. Berlin 1991, S. 398.
22 So wird von Horst die weitere Vermischung der Duldungs- und Respektebene im Toleranzbegriff nicht weiter thematisiert: „Toleranz ist das Respektieren des anderen in seinem Anderssein. Nicht anders verhielt sich Friedrich gegenüber den Sarazenen in Lucera, indem er ihr Herkommen, ihre Lebensgewohnheiten, ihren Glauben und ihre Eigenrechte respektierte.“ (Horst, Der Sultan von Lucera, 2009, S. 50).
23 „Für eine Weltstunde, die kurze Zeit unter den normannisch-sizilischen Vorfahren Friedrichs und noch unter seiner Herrschaft war möglich, was in der sich so aufgeklärt dünkenden Neuzeit nahezu unlösbar zu sein scheint: die convivencia, das friedliche Zusammenleben zum Nutzen aller.“ (Ebd., S. 6).
24 Vgl. ebd., S. 14, 51.
25 Caspar, Erich: Roger II. (1101 – 1154) und die Gründung der normannisch-sicilischen Monarchie. 2. Aufl. Darmstadt 1968, S. 447.
26 Ebd., S. 422.
27 Ebd., S. 447.
28 „Hier zum erstenmal in der Geschichte der christlichen Welt wurde durch die zwingende Macht
der Umstände die Idee eines toleranten Staatswesens gefaßt und verwirklicht.“ (Ebd., S. 9); vgl. ebd., S. 272, 432 – 433.
29 „Der Haß gegen die Mohammedaner, der geschlummert hatte, solange die Christen in der Minderzahl waren, flammte auf, sobald sie sich an Zahl überlegen wußten; das arabische Element trat immer mehr zurück und verschwand zuletzt vollständig.“ (Ebd., S. 471); vgl. ebd., S. 303, 434.
30 Norwich, John: Die Normannen in Sizilien 1130 – 1194. 2. Aufl. und übers. aus d. Engl. von Helmuth Eggert. Wiesbaden 1973, S. 151.
31 Vgl. ebd., S. 18.
32 Ebd., S. 351.
33 Vgl. ebd., S. 11 – 12.
34 Ebd., S. 324.
35 Vgl., Norwich, Die Normannen, 1973, S. 154.
36 Vgl. Metcalfe, Alex: The Muslims of Medieval Italy. The New Edinburgh Islamic Surveys Bd. 4. Edinburgh 2009, S. 236.
37 Ebd., S. 45; vgl. ebd., S. 1.
38 Vgl. ebd., S. 142, 249 – 250.
39 Vgl. ebd., S. 214 – 215, 272.
40 Vgl. Koller, Walter: Toleranz im Königreich Sizilien zur Zeit der Normannen. In: Alexander Patschovsky und Harald Zimmermann (Hrsg.): Toleranz im Mittelalter. Vorträge und Forschungen Bd. 45. Sigmaringen 1998, S. 162.
41 Ebd., S. 163.
42 „Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: sie muß zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ (Goethe, Johann Wolfgang: Kunsttheoretische Schriften und Übersetzungen. Schriften zur Literatur II. Aufsätze zur Weltliteratur. Maximen und Reflexionen. Berliner Ausgabe Bd. 18. Berlin 1984, S. 609); vgl. Koller, Toleranz im Königreich Sizilien, 1998, S. 163.
43 Vgl. Koller, Toleranz im Königreich Sizilien, 1998, S. 184 – 185.
44 Koller, Toleranz im Königreich Sizilien, 1998, S. 172; vgl. ebd., S. 162.
45 Vgl. ebd., S. 184 – 185.
46 Amari, Michele: Storia dei Musulmani di Sicilia 3. Catania 1938, S. 372 bezeichnet Roger II. und Friedrich II. als „sultani battezzati“.
47 Houben, Hubert: Möglichkeiten und Grenzen religiöser Toleranz im normannisch-staufischen Süditalien. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 50 (1994) H. 1, S. 177.
48 Vgl. ebd., S. 177; vgl. Houben, Roger II., 1997, S. 132.
49 Houben, Möglichkeiten und Grenzen, 1994, S. 197.
50 Vgl. Houben, Kaiser Friedrich II., 2008, S. 157, 233; vgl. Houben, Möglichkeiten und Grenzen, 1994, S. 190, 198.
51 So aber Nietzsche, dessen Worte die Historiker der Zwischenkriegszeit wie Wolfram von den Steinen und Ernst Kantorowicz maßgeblich prägten: „»Krieg mit Rom bis auf´s Messer! Friede, Freundschaft mit dem Islam!«: So empfand, so tat jener große Freigeist, das Genie unter den deutschen Kaisern, Friedrich der Zweite.“ (Nietzsche, Friedrich: Kritische Studienausgabe, hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari Bd. 6. München 1988, S. 250).
52 Vgl. Houben, Kaiser Friedrich II., 2008, S. 157 – 158.
53 Houben, Kaiser Friedrich II., 2008, S. 224.
54 Vgl. ebd., S. 225 – 228.
55 Ebd., S. 229.
56 Vgl. ebd., S. 156.
57 Houben, Möglichkeiten und Grenzen, 1994, S. 163.
58 Ebd., S. 195.
59 Vgl. Stürner, Friedrich II., 2009, S. 198 (II).
60 Vgl. ebd., S. 156 (II).
61 Stürner, Friedrich II., 2009, S. 73 – 74 (II).
62 Vgl. Rader, Friedrich II., 2011, S. 401 – 404.
63 Ebd., S. 402.
64 Ebd., S. 528; zusätzlich kritisiert er den suggestiven Titel der Friedrichsbiografie Eberhard Horsts und reiht ihn neben anderen Autoren ein, die Rader zufolge ihre Orientsehnsucht auf den Kaiser projizieren (vgl. ebd.).
65 Vgl. ebd., S. 528.
66 Vgl. ebd., S. 425 – 428.
67 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 243, 300, 303, 313.
68 Vgl. ebd., S. 62 – 63.
69 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 15
70 Vgl. ebd., S. 312.
71 Ebd.
72 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 151.
73 So beschreibt Romuald von Salerno die Hintergründe der Assisen: „Nachdem König Roger in seinem Königreich die Ruhe eines vollkommenen Friedens erreicht hatte, setzte er zur Bewahrung des Friedens für das ganze Land Kämmerer und Justitiare ein, verkündete neu(lich) von ihm erlassene Gesetze und schaffte die schlechten Gewohnheitsrechte ab.“ (Romuald von Salerno: Chronicon, ed. C.A. Garufi. Città di Castello 1935, S. 226 zit. nach und übers. von Houben, Roger II., 1997, S. 135).
74 Zur kritischen Analyse der Bezeichnung „Assisen von Ariano“ vgl. Houben, Roger II., 1997, S. 136 – 137.
75 So galt die Einmischung in königliche Entscheidungen und jegliche Form der Rebellion gegen die Krone als Sakrileg und Majestätsverbrechen, die mit der Todesstrafe geahndet wurden (vgl. Hofmann, Max: Die Stellung des Königs von Sizilien nach den Assisen von Ariano (1140). Münster 1915, S. 110 – 114).
76 Brandileone, Francesco: Il diritto romano nelle leggi normanne e sueve del Regno di Sicilia. Torino 1884, S. 96.
77 Caspar, Roger II., 1968, S. 260.
78 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 33.
79 Vgl. Johns, Jeremy: Arabic Administration in Norman Sicily. The Royal Diwan. Cambridge Studies in Islamic Civilization. Cambridge 2002, S. 34ff.
80 Vgl. Brandileone, Il diritto romano, 1884, S. 101 – 102.
81 Engl, Richard: Die verdrängte Kultur, 2020, S. 37 – 38.
82 Vgl. Houben, Hubert: Die Normannen. C.H. Beck Wissen Bd. 2755. München 2012, S. 59, 75.
83 Vgl. ebd., S. 74.
84 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 32 – 33.
85 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 223.
86 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 38 – 39.
87 Vgl. Caspar, Roger II, 1968, S. 293 – 294.
88 Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 39.
89 Vgl. ebd., S. 39 – 40.
90 Vgl. ebd., S. 40.
91 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 142. Hervorzuheben ist die prägende Mehrsprachigkeit Palermos: Grabtafeln aus dem Jahr 1149 zeigen, dass neben der griechischen und lateinischen Inschrift auch die arabische und hebräische aufgeführt worden sind (vgl. Houben, Die Normannen, 2012, S. 110).
92 Vgl. Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 248.
93 Darunter der namentlich erwähnte Abu l-Qasim Muhammed ibn Hammud und As-Sadid al Husri, die beide als reiche Intellektuelle, Dichter und Mäzen auftraten sowie zeitweise selbst für die Krone arbeiteten (vgl. Engl. Die verdrängte Kultur, 2020, S. 40 – 42; vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 215ff.).
94 Vgl. Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 247, 251.
95 Vgl. ebd., S. 240; vgl. Houben, Die Normannen, 2012, S. 101; vgl. Houben, Roger II., 1997, S. 156 – 158.
96 Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 245.
97 „An ihrer Seite [Christen] leben die Muslime mit ihrem Besitz und ihren Gehöften. Die Christen behandeln diese Muslime gut und haben »sie angenommen«.“ (Ebd., S. 240); die entsprechende Stelle wird bei Ibn Jubayr: Rihla, übers. von Ronald Broadhurst und eingl. von Robert Irwin (Bearb.): The travels of Ibn Jubayr. A medieval journey from Cordoba to Jerusalem. London 2020, S. 359, konkreter mit „have taken them to themselves as friends“ übersetzt.
98 Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 248.
99 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 224.
100 So aber Metcalfe, der die Entwicklungen im Zusammenhang einer generellen Marginalisierung der Muslime zu einer politisch-religiösen Unterklasse sieht: „even though Muslims were obviously marginalised as a politico-religious underclass“ (ebd., S. 227).
101 Vgl. Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 248 – 249; vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 42.
102 Vgl. Houben, Die Normannen, 2012, S. 102.
103 Vgl. Houben, Roger II., 1997, S. 149 – 152.
104 Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 240.
105 Zur vertieften Erörterung der „Kryptomuslime“ am Normannenhof vgl. Kap. 4 (II).
106 Vgl. Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 240 – 241.
107 Das Amt des ammiratus ammiratorum (Emir der Emire) entwickelte sich in den ersten Jahren der Herrschaft Rogers II. zum höchsten und einflussreichsten nach dem König. Arabische Quellen geben dem ersten Träger ´Abd al-Ra ̨man al-Nasranı den Titel eines Sultans und beschreiben ihn in seiner Funktion als Großwesir, der während Rogers Minderjährigkeit als faktischer Herrscher der Insel regierte. (Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 125; vgl. Caspar, Roger II., 1968, S. 296; vgl. Johns, Arabic Administration, 2002, S. 69ff.).
108 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 43.
109 Vgl. Caspar, Roger II., 1968, S. 291, 315.
110 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 193 – 195.
111 Vgl. Johns, Arabic Administration, 2002, S. 250ff.
112 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 196 – 197.
113 Laut Ibn Dschubair sorgten sich die kryptomuslimischen Beamten um die muslimische Gemeinschaft, indem sie Gefangene freikauften, Almosen verteilten und Ehen vermittelten. (Vgl. Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 241 – 242).
114 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 44 – 45.
115 Vgl. Houben, Roger II., 1997, S. 108.
116 Vgl. Houben, Die Normannen, 2012, S. 111.
117 Wenn auch die vermeintliche Konversion des christlichen Herrschers entschieden zurückzuweisen ist, so stimmt doch der Kern der Berichte. Al-Idrisi behielt auch nach dem Ableben Rogers unter Wilhelm I. eine begünstigte Stellung am Hof. (Vgl. Ibn al-Athir: Al-Kamil fi’l-Ta’rikh, übers. ins Engl. von D.S. Richards (Bearb.): The chronicle of Ibn al-Athir for the crusading period from al-Kamil fi’l-Ta’rikh Pt. 1. The Years 491 – 541/ 1097 – 1146. The Coming of the Franks and the Muslim Response. Crusade texts in translation Bd. 13. New York 2006, S. 374).
118 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 49.
119 Falcando: La Historia o Liber de Regno Sicilie e la Epistola ad Petrum Panormitane Ecclesia Thesaurium di Ugo Falcando, ed. G. B. Siragusa (Fonti per la storia d’Italia 22). Rom 1897, S. 49: „Isque, sicut et omnes eunuchi palatii, nomine tantum habituque christianus erat, animo saracenus.“, übers. von Scheller, Benjamin: Prozesse religiöser Pluralisierung und Depluralisierung im normannisch-staufischen Königreich Sizilien. Das Problem der Ambiguität. In: Astrid Reuter / Daniel Gerster und Ulrich Willems (Hrsg.): Ordnungen religiöser Pluralität. Wirklichkeit – Wahrnehmung – Gestaltung. Religion und Moderne Bd. 3. Frankfurt 2016, S. 115.
120 Vgl. Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 254; vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 222.
121 Ibn Dschubair rechtfertigt aus theologischer Sicht Ibn Zur´as Entscheidung gemäß dem Koranvers: „Wer nicht mehr an Gott glaubt, nachdem er gläubig war – außer, wer gezwungen wurde, jedoch im Herzen weiter gläubig ist –,wer aber seine Brust dem Unglauben öffnet, über den kommt Gottes Zorn, und den erwartet harte Strafe.“ (Bobzin, Hartmut: Der Koran. C.H. Beck, München 2010, S. 239 [16:106]; vgl. Ibn Dschubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, 2004, S. 255).
122 Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 196.
123 Johns, Arabic Administration, 2002, S. 252.
124 Vgl. Romuald von Salerno, Chronicon, 1935, S. 234 – 236; vgl. Ibn al-Athir: Al-Kamil fi’l-Ta’rikh, übers. ins Engl. von D.S. Richards (Bearb.): The chronicle of Ibn al-Athir for the crusading period from al-Kamil fi’l-Ta’rikh Pt. 2. The Years 541 – 589/ 1146 – 1193. The Age of Nur al-Din and Saladin. Crusade texts in translation Bd. 13. New York 2007, S. 63 – 64.
125 Über sein heimliches Muslimsein berichtet Romuald von Salerno: „Die Christen hasste er, die Heiden schätze er hoch. Die Kirchen Gottes betrat er nur widerwillig, die Synagogen der Bösen besuchte er häufiger und lieferte ihnen Öl zum Herrichten der Lampen und was sie sonst noch brauchten. Er lehnte die christlichen Traditionen vollkommen ab und aß freitags und in der Fastenzeit Fleisch. Er schickte seine Boten mit Gaben zum Grad Mohammeds und vertraute sich den Gebeten der Priester dieses Ortes an.“ (Romuald von Salerno, Chronicon, 1935, S. 234 – 236 zit. nach und übers. von Houben, Roger II., 1997, S. 117); und Ibn al-Athir: „Philip, of whom it was said that he and indeed all Roger’s eunuchs were Muslims, concealed that fact. However, testimony was given that he did not fast with the king and that he was a Muslim, so Roger assembled the bishops, priests and knights who judged that he should be burnt.“ (Ibn al-Athir, The chronicle 1146 – 1193, 2007, S. 64).
126 „This was the first calamity that befell the Muslims in Sicily. Nevertheless God only allowed Roger a little time after that before he died.“ (Ibn al-Athir, The chronicle 1146 – 1193, 2007, S. 64).
127 So legt Romuald Roger II. folgende fiktive Worte in den Mund: „Ihr sollt wissen, dass mein Herz von größtem Schmerz gequält und von heftigem Zorn erschüttert wird darüber, dass dieser mein Diener, den ich von klein an im rechten Glauben aufgezogen habe, getrieben von seinen Sünden zum Muslim geworden ist und unter dem Namen des Glaubens Werke des Unglaubens ausgeübt hat. […] Hieraus soll die ganze Welt lernen, dass ich den christlichen Glauben von ganzem Herzen liebe und nicht zögere, seine Beleidigung auch an meinen Dienern zu rächen.“ (Romuald von Salerno, Chronicon, 1935, S. 235 zit. nach und übers. von Houben, Roger II., 1997, S. 117).
128 Caspar, Roger II., 1968, S. 433.
129 Vgl. ebd., 1968, S. 432 – 434.
130 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 166 – 169.
131 Vgl. Scheller, Prozesse religiöser Pluralisierungen und Depluralisierungen, 2016, S. 104 – 105, 117 – 121.
132 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 50 – 55.
133 „Wilielmus rex Siciliae sine liberis et testamento moritur. Panormi oritur inter christianos et Sarracenos dissensio; Sarraceni multa suorum strage facta, exeunt et inhabitant montana. Roffredus Casinensis abbas futurorum providus cum vicinis comitibus et baronibus confederatur.“ (Annales Casinenses, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS rer Germ 19), Hannover 1866, S. 314); vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 275.
134 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, S. 72 – 76.
135 So berichtet die wahrscheinlich im 13. Jahrhundert verfasste Chronik des italienischen Zisterzienserklosters S. Maria della Ferraria über einen eskalierten Konflikt zwischen dem Herrscherpaar, in dem lateinische und griechische Christen mit Muslimen kooperierten und sich auf die Seite Konstanzes positionierten: „Quod audientes Siculi, tam latini quam greci et sarraceni, rebellati sunt omnes contra imperatorem.“ (Ignoti monachi cisterciensis S. Mariae de Ferraria Chronica, ed. Augusto Gaudenzi, Societa Napoletana di storia patria. Monumenti storici. Serie 1: Chronache, 3. Neapel 1888, S. 32); zur quellenkritischen Analyse vgl. Engl, Richard: Der lange Weg in den Süden. Neues zu Heinrich VI., Konstanze und den Muslimen Siziliens. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hrsg.): Friedrich Barbarossa. Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst Bd. 36. Göppingen 2017, S. 109ff.
136 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, S. 76 – 78.
137 Vgl. ebd., S. 79 – 82.
138 Breve chronicon de rebus sicilis, in: Brüsch und van Eickels, Kaiser Friedrich II., 2006, S. 41; das Bündnis Markwards mit den Muslimen als Vorwand nutzend, brandmarkte Papst Innozenz III. den Regenten in einem öffentlichen Schreiben an die sizilische Bevölkerung als „einen weiteren Saladin“ ( alius Saladinus ) und rief die Christenheit zum Kreuzzug gegen ihn auf (Kennan, Elizabeth: Innocent III and the first political Crusade: A Comment on the Limitations of Papal Power. In: Traditio. Vol. 27 (1971) H. 1, S. 231).
139 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 80 – 82.
140 Vgl. ebd., S. 84 – 85.
141 Vgl. ebd., S. 93 – 94.
142 Vgl. Brüsch und van Eickels, Kaiser Friedrich II., 2006, S. 125.
143 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 98 – 100, 103 – 104; vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 282.
144 Vgl. Rader, Friedrich II., 2011, S. 423.
145 Vgl. Brüsch und van Eickels, Kaiser Friedrich II., 2006, S. 125.
146 Vgl. Engl, Richard: Religionskonflikt im Protostaat? Die Deportation der Muslime Siziliens durch Kaiser Friedrich II. (1223 – 1246/47). In: Thomas Ertl (Hrsg.): Erzwungene Exile. Umsiedlung und Vertreibung in der Vormoderne (500 bis 1850). Frankfurt am Main 2017, S. 87 – 90.
147 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 119ff.
148 Vgl. Engl, Religionskonflikt im Protostaat, 2017, S. 86 – 88, 94 – 95; vgl. Engl. Die verdrängte Kultur, 2020, S. 123 – 124; zur Theologie und dem drastischen Umgang der Almohaden mit Nichtmuslimen vgl. Wasserstein, David: The Intellectual Genealogy of Almohad Policy towards Christians and Jews. In: Mercedes García-Arenal und Yonatan Glazer-Eytan (Hrsg.): Forced Conversion in Christianity, Judaism and Islam. Coercion and Faith in Premodern Iberia and Beyond. Numen Book Series Bd. 164. Leiden 2019, S. 133 – 154.
149 So aber Rader, Friedrich II., 2011, S. 422, der darüber hinaus weder die muslimische Münzprägung noch die führende Position Ibn Abbads als Emir thematisiert. Auch Metcalfe misst der muslimischen Rolle in den politischen Entwicklungen während der Thronvakanz wenig Bedeutung zu: „Indeed, their perilous position depended on events which were being played out beyond their control as they were increasingly caught up as minor players in the thirteenth-century struggle for dominance of the kingdom between the major powers of medieval Europe.“ (Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 277).
150 Schon in den Assisen von Capua ließ Friedrich II. die Wiederherstellung der alten normannischen Zustände verlauten: „Vor allem weisen wir alle Getreuen an, die Prälaten der Kirchen, die Grafen, Barone und Bürger, die Landbewohner und alle in unserem Königreich, alle guten Gebräuche und Gewohnheiten, nach denen sie zur Zeit König Wilhelms zu leben pflegten, fest zu beachten.“ (Die Assisen von Capua, in: Brüsch und van Eickels, Kaiser Friedrich II., 2006, S. 113).
151 Vgl. Engl. Die verdrängte Kultur, 2020, S. 149 – 150.
152 Vgl. Conrad et al., Die Konstitutionen Friedrichs II, 1973, S. 21 – 22 (I,XIV); Muslime und Juden werden dabei namentlich in den kaiserlichen Schutz genommen: „Ferner geben wir Juden und Sarazenen sowie zu ihrem Schutz auch anderen, den Beamten nämlich, in besagten Fällen die Erlaubnis, Frieden und Bann zu gebieten; sie sollen nach Unserem Willen nicht deshalb, weil sie Juden oder Sarazenen sind, ohne eigene Schuld davon ausgeschlossen werden.“ (Ebd., S. 29 (I, XVIII)).
153 Vgl. ebd., S. 40 (I, XXVII), S. 41 – 43 (I, XXVIII).
154 Vgl. ebd., S. 40 (I, XXVII).
155 So waren die Einwohner für die heimliche Ermordung eines Christen zu 100 Augustalen und für die eines Muslims oder Juden nur zu 50 Augustalen zu verurteilen (vgl. ebd., S. 43 (I, XXVII)).
156 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, S. 152 – 155.
157 „Nicht weit von meinem Aufenthaltsort lag eine Stadt mit Namen Lucera, deren Einwohner alle Muslime von der Insel Sizilien sind: Hier wird der Freitagsgottesdienst öffentlich abgehalten, und alle bekennen sich offen zum muslimischen Glauben. Das ist dort so seit der Zeit des Kaisers, Manfreds Vaters.[…] Die Mehrheit seiner Vertrauten und Höflinge waren Muslime, in seinem Lager erscholl offen der Gebetsruf, und das vorgeschriebene Gebet wurde verrichtet.“ (Ibn Wasil, in: Brüsch und van Eickels, Kaiser Friedrich II., 2006, S. 130).
158 So aber Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 283: „The Luceran Muslims, like Jews in Staufen Sicily and Germany, had the status of being servi nostre camere.“
159 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2009, S. 126 – 128.
160 Vgl. Stürner, Friedrich II, 2009, S. 72 – 73 (II).
161 Vgl. Stürner, Friedrich II, 2009, S. 72 – 73 (II).
162 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 145 – 148; vgl. Engl, Religionskonflikt im Protostaat, 2017, S. 93.
163 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 299; vgl. Stürner, Friedrich II., 2009, S. 73 – 74 (II).
164 Vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 289; vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 144; vgl. Brüsch und van Eickels, Kaiser Friedrich II., 2006, S. 125, 325.
165 So aber Gregorovius, Ferdinand: Wanderjahre in Italien. Apulische Landschaften Bd. 5. 2. Aufl. Leipzig 1880, S. 37; ebenso Horst, Der Sultan von Lucera, 2009, S. 12.
166 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 162 – 163; vgl. Stürner, Friedrich II., 2009, S. 73 – 75.
167 Vgl. Rader, Friedrich II., 2011, S. 425 – 426.
168 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 140.
169 Vgl. Engl, Religionskonflikt im Protostaat, 2017, S. 91 – 92; vgl. Metcalfe, The Muslims of Medieval Italy, 2009, S. 289.
170 Vgl. Stürner, Friedrich II., 2009. S. 74 (II).
171 Vgl. Johns, Arabic Administration, 2002, S. 245.
172 Vgl. Houben, Kaiser Friedrich II., 2008, S. 233.
173 In der Forschung wird kontrovers diskutiert, ob Friedrich seine dritte Gemahlin Isabella Plantagenêt von muslimischen Eunuchen bewachen ließ. Während Uwe A. Oster dieser Behauptung des Benediktinermönchen Matthäus Paris keinen Glauben schenkt und dahinter antistaufische päpstliche Propaganda vermutet (Oster, Uwe A.: Die Frauen Kaiser Friedrichs II. München 2008, S. 180) bezweifelt sie etwa Walter Koch nicht (Koch, Walter: Kaiser Friedrich II (1212 – 1250). In: Gerhard Hartmann und Karl Schnith (Hrsg.): Die Kaiser. 1200 Jahre europäische Geschichte. Graz 1996, S. 340); Bezug nehmend auf die päpstliche Kritik schreibt Kantorowicz, dass Friedrich Isabella in seinem „Harem“ verschwinden ließ. (Kantorowicz, Ernst H.: Kaiser Friedrich der Zweite Bd.1. Düsseldorf 1963, S. 373).
174 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 172 – 176; vgl. Houben, Kaiser Friedrich II., 2008, S. 139.
175 Vgl. Houben, Kaiser Friedrich II., 2008, S. 145 – 147; vgl. Rader, Friedrich II., 2011, S. 278 – 279; unter anderem wurde das Historia animalium des Aristoteles´, eine kommentierte Kurzfassung dieses Werkes von Ibn Sina und das Hauptwerk des muslimischen Astronomen al-Biṭrūǧī übersetzt (vgl. Stürner, Friedrich II., 2009, S. 400 – 404).
176 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S: 171ff.; vgl. Stürner, Friedrich II., 2008, S. 346 – 349.
177 Vgl. Engl, Die verdrängte Kultur, 2020, S. 188; vgl. Stürner, Friedrich II., 2008, S. 349 – 350.
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- Abdullah Sencan (Autor:in), 2022, Eine sizilianische Convivencia? Religiöse Freiheiten und Rechtsverhältnisse der Muslime unter normannisch-staufischer Herrschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1217233
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