Der Demos, der in der Volksversammlung die Entscheidungen treffen sollte, findet bei seinen
Kritikern eine eher abschätzige Betrachtung, da mit diesem vor allem einfache Bürger wie Bauern,
Fischer, Handwerker und Krieger gemeint waren. Die Aristokratie zeichnete sich dagegen durch
„[...] Reichtum, edle Geburt, Tugend, Bildung und was sonst noch ähnlich ausgesagt wird [...]
[aus].“ Dieser Zwiespalt prägte dann auch die athenische Demokratie, da die Aristokratie nur einen
sehr kleinen Anteil an der Gesamtbevölkerung stellte. Es war demnach durchaus demokratisch, dass
der Wille des Volkes auch der Wille des einfachen Volkes gewesen war.
Diese Arbeit soll sich der Frage widmen, welches die Verfahrensweisen der Ekklesia waren,
wie sie funktionierte und wer welche Entscheidungen treffen konnte. Ob die athenische
Volksversammlung wirklich demokratisch zusammengesetzt war und die Entscheidungen dem
Willen des Volkes (demos) entsprachen, soll ebenfalls geklärt werden. Beginnen wird die Arbeit mit
einem kurzen Abriss über die Entstehung und Entwicklung der Volksversammlung [2.1], worauf
sich eine Erläuterung des Aufbaus und der Organisation anschließt [2.2]. Im weiteren Verlauf des
Hauptteils wird der Frage nach dem sozialen Gefüge, insbesondere des Vorsitzes [3.1] und den
Teilnehmern [3.2] nachgegangen. Die Verfahrensweisen der Redner und die Beschlussfindung [3.3]
der Volksentscheide finden ebenso Beachtung wie die Frage nach der Besoldung [3.4].
Über die Attische Volksversammlung (ekklesia) berichteten bereits die Zeitzeugen, und so
finden sich aussagekräftige Quellen in den Schriften von Thukydides, Aristophanes und Aristoteles.
Auch von Demosthenes, einem der bedeutendsten Redner in der Ekklesia, sind Reden und
Volksansprachen überliefert, die ein klares Bild der damaligen Umsetzung von Demokratie
zeichnen. Diese Schriften sind von umso größeren historischen Wert, da es im antiken Athen – im
Gegensatz zu den Demokratien der Neuzeit – keine geschriebene Verfassung gab und sich die
Verfahrensweisen, die Beschlüsse und die Teilnehmer nur mithilfe derer eindeutig rekonstruieren
lassen. Auch die Sekundärliteratur bietet einen breiten Überblick über das vorliegende Thema.
Neben den vielen Aufsätzen und Monographien wendet sich vor allem das Standardwerk der
'athenischen Demokratie' von Jochen Bleicken an den Leser, der sich einen wissenschaftlich
fundierten Überblick über die damaligen Verhältnisse machen möchte. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Entstehung und Zusammensetzung der Ekklesia
2.1 Geschichtlicher Überblick
2.2 Aufbau, Form und Organisation
3. Verfahrensweisen und soziales Gefüge
3.1 Vorsitz
3.2 Teilnehmer
3.3 Reden und Beschlüsse
3.4 Besoldung
4. Zusammenfassung
5. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Demos, der in der Volksversammlung die Entscheidungen treffen sollte, findet bei seinen Kritikern eine eher abschätzige Betrachtung, da mit diesem vor allem einfache Bürger wie Bauern, Fischer, Handwerker und Krieger gemeint waren.[1] Die Aristokratie zeichnete sich dagegen durch „[...] Reichtum, edle Geburt, Tugend, Bildung und was sonst noch ähnlich ausgesagt wird [...] [aus].“[2] Dieser Zwiespalt prägte dann auch die athenische Demokratie, da die Aristokratie nur einen sehr kleinen Anteil an der Gesamtbevölkerung stellte. Es war demnach durchaus demokratisch, dass der Wille des Volkes auch der Wille des einfachen Volkes gewesen war.
Diese Arbeit soll sich der Frage widmen, welches die Verfahrensweisen der Ekklesia waren, wie sie funktionierte und wer welche Entscheidungen treffen konnte. Ob die athenische Volksversammlung wirklich demokratisch zusammengesetzt war und die Entscheidungen dem Willen des Volkes (demos) entsprachen, soll ebenfalls geklärt werden. Beginnen wird die Arbeit mit einem kurzen Abriss über die Entstehung und Entwicklung der Volksversammlung [2.1], worauf sich eine Erläuterung des Aufbaus und der Organisation anschließt [2.2]. Im weiteren Verlauf des Hauptteils wird der Frage nach dem sozialen Gefüge, insbesondere des Vorsitzes [3.1] und den Teilnehmern [3.2] nachgegangen. Die Verfahrensweisen der Redner und die Beschlussfindung [3.3] der Volksentscheide finden ebenso Beachtung wie die Frage nach der Besoldung [3.4].
Über die Attische Volksversammlung (ekklesia) berichteten bereits die Zeitzeugen, und so finden sich aussagekräftige Quellen in den Schriften von Thukydides, Aristophanes und Aristoteles. Auch von Demosthenes, einem der bedeutendsten Redner in der Ekklesia , sind Reden und Volksansprachen überliefert, die ein klares Bild der damaligen Umsetzung von Demokratie zeichnen. Diese Schriften sind von umso größeren historischen Wert, da es im antiken Athen – im Gegensatz zu den Demokratien der Neuzeit – keine geschriebene Verfassung gab und sich die Verfahrensweisen, die Beschlüsse und die Teilnehmer nur mithilfe derer eindeutig rekonstruieren lassen. Auch die Sekundärliteratur bietet einen breiten Überblick über das vorliegende Thema. Neben den vielen Aufsätzen und Monographien wendet sich vor allem das Standardwerk der 'athenischen Demokratie' von Jochen Bleicken an den Leser, der sich einen wissenschaftlich fundierten Überblick über die damaligen Verhältnisse machen möchte. Die Monographie von Mogen H. Hansen zur 'Athenischen Demokratie im Zeitalter des Demosthenes' betrachtet die Ekklesia explizit in dem untersuchten Zeitraum des vierten Jahrhunderts und bietet eine fundierte Analyse der einstigen Gegebenheiten.
2. Entstehung und Zusammensetzung der Ekklesia
2.1 Geschichtlicher Überblick
Der ursprüngliche Versammlungsort der Ekklesia war ein Marktplatz (agora), welcher sich nördlich der Akropolis befand. Nach den Reformen des Kleisthenes um 508 v. Chr. wählten die Athener einen neuen Ort, der sich westlich der Akropolis befand, da die bisherige Agora zu klein geworden war. Ursprünglich ein natürlicher Fels, wurde dieser Pnyx genannt und bis 330 v. Chr. in ein halbrundes Theater umgebaut, das bis zu 15.000 Menschen fassen konnte.[3]
Die Entstehung und Entwicklung der Volksversammlung ist eng mit der Rüstungspolitik sowie der Kriegsführung der athenischen Polis verbunden. So finden sich in den Komödien des Aristhophanes durchaus Hinweise, wie die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten zur Kriegspolitik standen: „Die Flotte muss man rüsten, meint der Arme,/Die Reichen und die Bauern sagen: Nein!“.[4] Dahingehend wundert es auch nicht, dass die radikale Demokratie, die durch die Reformen des Ephialtes 462 v. Chr. eingeführt wurde, mit der überwiegenden Mehrheit der Unterschicht beschlossen wurde.[5] Die Mittelschicht, vertreten durch die Hopliten, war abwesend, da sie zu dieser Zeit in Messenien kämpfte und deswegen ebenso wenig bei der Entscheidung mitwirken konnte wie die zahlenmäßig unterlegene Oberschicht. Ein weiteres Paradebeispiel, das den Zusammenhang zwischen politischer Entscheidung und gesellschaftlicher Stellung untermauert, war der Volksbeschluss zur oligarchischen Herrschaft der 400 im Jahr 411 v. Chr..[6] Bei diesem politischen Umsturz wurde die Entscheidung von den Reichen getroffen, da die Theten, überwiegend als Ruderer auf den Kriegsschiffen tätig, mit der gesamten Flotte vor Samos stationiert waren.[7]
Aristoteles schilderte in der Politik den Zusammenhang von gesellschaftlicher Schicht, militärischem Status und politischer Entscheidungsfindung. Die Oberschicht trat für die Oligarchie ein und stellte aufgrund des Besitzes die Reiterei. Die Hopliten setzten sich für eine gemäßigte Verfassung ein, in der oligarchische und demokratische Aspekte eine ausgewogene Balance bildeten. Die Schicht der Vermögenslosen und Tagelöhner (Theten) hingegen, die in der Flotte als Ruderer und im Heer als Peltasten aktiv war, war ein Verfechter der Demokratie.[8] Der Grund hierfür war vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Theten in dem Kriegsdienst eine durchaus adäquate Beschäftigung sahen, da der Sold für einen Besitzlosen die Sicherung seines Lebensunterhaltes bedeutete.[9]
Im Übergang vom fünften zum vierten Jahrhundert v. Chr. änderte sich die Souveränität der Volksversammlung als Folge der oligarchischen Umstürze von 411 und 404.[10] Dies bewirkte einen Bruch mit der radikalen Demokratie des fünften Jahrhunderts. Der Grund für die Umstürze und Veränderungen waren, wie so oft, militärische Ereignisse, in diesem Fall die Niederlage im Peloponnesischen Krieg im Jahre 404, für die das Volk die 'Demagogen' der Volksversammlung verantwortlich machte.[11] In Folge dessen wurden die Befugnisse der Ekklesia abgeschwächt und vor allem innenpolitische Entscheidungen den Nomotheten (Legislative) und Dikasten (Judikative) übertragen. Der Ekklesia blieb dabei nur die Rolle der Exekutive. Lediglich außenpolitische Beschlüsse waren weiterhin Angelegenheit der Volksversammlung, jedoch auch nur in Abstimmung mit anderen Institutionen.[12]
2.2 Aufbau, Form und Organisation
Um mit der Volksversammlung beginnen zu können, mussten zunächst die Ratsmitglieder ausgelost werden, wobei fünfzig Ratsmitglieder jeweils aus einer Phyle kamen.[13] Die Geschäftstätigkeit wurde dann von jeder Phyle abwechselnd übernommen, wobei das Los die Reihenfolge bestimmte. Da die Athener ihren Kalender nach dem Mondjahr auslegten, kam es zu einer nicht exakt gleich verteilten Regierungszeit der einzelnen Phylen: „[...] die ersten vier Phylen amtieren jeweils sechsunddreißig Tage, die späteren sechs je fünfunddreißig Tage [...].“[14] Die eigentliche Geschäftstätigkeit begann laut Aristoteles dann nach einem gemeinsamen Essen der Prytanen, die täglich, außer an Festtagen, den Rat und viermal in ihrer Amtszeit die Volksversammlung einberiefen.[15] Die Dauer der jeweiligen Ekklesia richtete sich nach den besprochenen Themen, startete bei Sonnenaufgang und endete spätestens am Abend, wobei meistens wohl eher nur der halbe Tag in Anspruch genommen wurde.[16] Die genauen Daten der Volksversammlung waren vorher nicht genau festgelegt und konnten durch die Prytanie innerhalb kürzester Zeit dem Demos bekannt gegeben werden. Es gab jedoch Tage, an denen keine Volksversammlung stattfand, wie bspw. Feiertage, Tage an denen die Geschworenengerichte tagten, 'verbotene Tage' (hemérai apophrádes) und am Festtag der Reinigung der Athena-Statue.[17]
[...]
[1] Arist. Pol. 1291b18-26.
[2] Arist. Pol. 1291b26-29.
[3] Vgl. Bleicken, Jochen: Die Athenische Demokratie, Paderborn 1995., S. 192.
[4] Ar. Ekkl. 197-8.
[5] Vgl. Hansen, Mogens Herman: Die Athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes: Struktur, Prinzipien und Selbstverständnis, Berlin 1995., S. 129.
[6] Vgl. Hansen, Mogens Herman: Die Athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes. a.a.O., S. 40.
[7] Vgl. ebda., S. 129.
[8] Arist . Pol. 1321a5-15.
[9] Vgl. Kluwe, Ernst: Die soziale Zusammensetzung der athenischen Ekklesia und ihr Einfluss auf politische
Entscheidungen. In: Klio (59/1977), S. 48.
[10] Vgl. Kluwe, Ernst: Die soziale Zusammensetzung der athenischen Ekklesia. a.a.O., S. 61. Vgl. auch: Hansen, Mogens Herman: Die Athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes. a.a.O., S. 156.
[11] Vgl. Hansen, Mogens Herman: Die Athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes. a.a.O., S. 156.
[12] Ebda., S. 156.
[13] Arist. Ath. Pol. 43,2.
[14] Ebda., 43,2.
[15] Ebda., 43,3.
[16] Vgl. Bleicken, Jochen: Die Athenische Demokratie. a.a.O., S. 192.
[17] Vgl. Bleicken, Jochen: Die Athenische Demokratie. a.a.O., S. 193.
- Citar trabajo
- Andrej Wackerow (Autor), 2008, Die Ekklesia - Verfahrensweisen der Athenischen Volksversammlung , Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121563
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