Das Erkenntnisinteresse dieser Forschungsarbeit liegt insbesondere darin, inwiefern genannte, veränderte Eigenschaften der Generation Z Auswirkungen auf die Motivation haben, den Schritt in die Gründung einer eigenen geschäftlichen Unternehmung zu wagen. Welche Chancen und Notwendigkeiten sieht die Generation Z in der Gründung eines Unternehmens? Um dieser Frage nachzugehen, erweist sich die Anwendung des theoretischen und methodischen Ansatzes der psychologischen Morphologie am geeignetsten. So sollen in der dieser Ausarbeitung die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung mit dem Umfang von acht Tiefeninterviews im Zuge einer Wirkungsanalyse des Gegenstandes ausgiebig aufgezeigt und analysiert werden.
Die Thematik der Gründung einer erwerbsfähigen Unternehmung erscheint durch mediale Aufmerksamkeit und gesteigerte Interessensbekundungen mehr denn je im Fokus zu stehen, doch sinken gleichzeitig seit Jahren die Zahlen neuangemeldeter Unternehmen. Es bleibt demnach die Frage offen, wie das vermehrte Gründungsinteresse trotz rückläufiger tatsächlicher Gründungen erklärbar ist. Das Interesse liegt dabei insbesondere auf der jungen Generation Z, die sich nun unmittelbar vor dem Einstieg in die Berufswelt befindet. Es gilt dabei mittels Anwendung des theoretischen und methodischen Ansatzes der psychologischen Morphologie herauszufinden, welche Chancen und Notwendigkeiten die Generation Z in der Gründung eines Unternehmens sieht.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: Hintergrund und Forschungsinteresse
2 Der Stand der Forschung
3 Theoretischer und methodischer Aufbau
3.1 Entstehung und theoretischer Ansatz der psychologischen Morphologie
3.2 Der Gegenstand
3.3 Die Methode
3.4 Das Verfahren
3.5 Der Versionengang
3.5.1 Die Gestaltlogik
3.5.2 Die Gestalttransformation
3.5.3 Die Gestaltkonstruktion
3.5.4 Das Gestaltparadox
3.6 Gutekriterien der qualitativen Forschung
3.7 Das Studiendesign
3.8 Die Stichprobe
4 Ergebnisse der empirischen Untersuchung
4.1 Die Grundqualitat: Die Vor-Sicht
4.2 Der Wirkungsraum
4.2.1 Aneignung: Die Selbstbehandlung
4.2.2 Umbildung: Behutsames Hineinsturzen
4.2.3 Einwirkung: Den All-Tag in den Griff kriegen
4.2.4 Anordnung: Hinter Abhangigkeiten
4.2.5 Ausrustung: Fur das Wagnis der Grundung wappnen
4.2.6 Ausbreitung: Zwischen Faszination und Abschreckung
4.3 Die psychologisierende Fragestellung
4.4 Umgangstendenzen
5 AbschlieBende Einordnung
5.1 Qualitat der Forschungsarbeit
5.2 Einbettung in einen kulturellen Kontext
5.3 Fazit
II. Literaturverzeichnis
III. Anhang
Abstract
Die Thematik der Grundung einer erwerbsfahigen Unternehmung erscheint durch mediale Aufmerksamkeit und gesteigerte Interessensbekundungen mehr denn je im Fokus zu stehen, doch sinken gleichzeitig seit Jahren die Zahlen neuangemeldeter Unternehmen. Es bleibt demnach die Frage offen, wie das vermehrte Grundungsinteresse trotz rucklaufiger tatsachlicher Grundungen erklarbar ist. Das Interesse liegt dabei insbesondere auf der jungen Generation Z, die sich nun unmittelbar vor dem Einstieg in die Berufswelt befindet. Es gilt dabei mittels Anwendung des theoretischen und methodischen Ansatzes der psychologischen Morphologie herauszufinden, welche Chancen und Notwendigkeiten die Generation Z in der Grundung eines Unternehmens sieht. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung mit dem Umfang von acht Tiefeninterviews und einer nachfolgenden Wirkungsanalyse des Gegenstandes lassen insbesondere eine Spannung zwischen Faszination und Angst erkennen, aus welcher sich diverse Umgangstendenzen ableiten lassen. Es ist die als Grundqualitat benannte Vor-Sicht, die Chancen in Form von Verlockungen, Faszinationen und Begeisterungen erahnen lasst, wahrend zugleich die gegenubergestellte Angst des Scheiterns Vorkehrungen, regelhafte Muster und Absicherungen entstehen lasst, die als Notwendigkeit gebraucht werden, um diesen Schritt uberhaupt angehen zu konnen.
I. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Probandenliste; Eigens erstellt
Abbildung 2: Eigens erstelltes Hexagramm des Wirkungsraumes in Anlehnung an: Salber, W. (1969). Wirkungseinheiten. Henn Verlag.
1 Einleitung: Hintergrund und Forschungsinteresse
Die Thematik der Grundung einer erwerbsfahigen Unternehmung und der Start-Ups erfahrt derzeit eine mediale Aufmerksamkeit, wie wohl nie zuvor. So steht der Begriff ,Start-Up‘ und die damit verbundene Kultur sinnbildlich fur eine trendartige Veranderung rund um die Entwicklung des Grundungsgeschehens, was sich unter anderem einige Fernsehproduktionen zu Nutzen gemacht haben. Unterhaltungs- Fernsehshows, wie ,Die Hohle der Lowen' oder ,Das Ding des Jahres‘ mit Einschaltquoten von regelmaftigen, mehreren Millionen Zuschauern lassen erkennen, wie stark das Interesse am Grunden ist (Statista, 2018; Quotenmeter, 2019). Hinzu kommen zahlreiche journali stische Artikel in populistischen Magazinen und Zeitungen, sowie wissenschaftlichen Fachzeitschriften, die dem Thema zunehmend Beachtung schenken. Indes begeistern romantisierte Verfilmungen von pikanten Grundergeschichten, wie etwa „Steve Jobs“ (Wikipedia, 2019) oder „The Social Network“ (Wikipedia, 2018).
Zunehmendes Interesse am Grundungsgeschehen lassen auch die Daten des jahrlichen DIHK-Grunderreports 2018 (Deutscher Industrie- und Handelskammertag) verbuchen, die mit ihren Untersuchungen einen Groftteil des Grundungsgeschehens in Deutschland erfassen. Diese beruhen dabei auf Erfahrungsberichten von IHK- Grundungsberatern, die insgesamt mit rund 200.000 angehenden Unternehmerinnen und Unternehmern in Kontakt stehen (Evers, 2018, S. 4). So stieg im Jahr 2017 in 32 der 79 IHK-Regionen die Zahl der personlichen Gesprache mit Grundungsinteressierten, wahrend die IHK bundesweit zusatzli ch ein Plus von zehn Prozent auf 68.380 Teilnehmer zu Informationsveranstaltungen und IHK- Grundertagen festhalt (Evers, 2018, S. 4).
So ist es insbesondere die nachruckende Generation Z, die dabei in den Fokus ruckt, da ebendiese sich nun unmittelbar vor dem Eintritt in die Berufswelt befindet und sich somit der Frage stellen muss, wie sie ihren beruflichen Werdegang gestalten will. Die junge Generation stellt sich dabei unlangst nicht mehr nur der Frage, was sie beruflich machen mochte, sondern viel mehr wie und auf welche Art und Weise.
Genugt es, eine klassische Festanstellung mit festen Arbeitsablaufen und Sicherheiten anzustreben oder drangt es viel mehr nach Selbststandigkeit und der Grundung eines eigenen Unternehmens? So ist diese junge Generation charakterisiert als tendenziell risikofreudiger, selbstbewusst, fordernd und dennoch nach uneingeschrankten Freiheiten in ihrer Tatigkeit strebend (Scholz, 2014, S. 20). Personen der Generation Z sind unternehmerisch und wunschen in ihrer Ausbildung praktische Fahigkeiten zu erlernen, lautet sinngemaft der einleitende Satz von Elaina Loveland (2017) in ihrem Auszug aus dem „Journal of College Admission“. Weiter berichtet sie darin von einer Studie der Northeastern University aus dem Jahr 2014, die ergab, dass ganze 42 Prozent der Studenten der Generation Z erwarten, irgendwann in ihrer Karriere fur sich selbst zu arbeiten, was fast dem Vierfachen des Prozentsatzes der Amerikaner entspricht, die tatsachlich der Selbststandigkeit nachgehen (Loveland, 2017, S. 36). In Betrachtung der Tatsache, dass diese Ergebnisse lediglich das Momentum in Amerika festhalten, sind diese Ergebnisse zwar nur bedingt auf Deutschland ubertragbar, liefern allerdings dennoch eine Tendenz, wie das Interesse an selbstandiger Arbeit und der Grundung steigt.
Wahrend das Grundungsi nteresse zunimmt, verbuchen Statistiken zur Grundungsaktivitat in Deutschland jedoch gegenteilige Zahlen. So verzeichnet der KFW-Grundungsmonitor 2019 fur das vergangene Jahr 547.000 neue Unternehmensgrundungen in Deutschland, was bedeutet, dass sich die seit Jahren rucklaufige Grundungstatigkeit 2018 stabilisiert hat und nur noch ein leichtes Defizit um lediglich 10.000 Personen aufzeigt (Metzger, 2019, S. 1). Die ,Total early-stage Entrepreneurial Activity (TEA)‘ in Deutschland lag dabei 2018 bei 4,97%, worin erkennbar ist, dass etwa jeder Zwanzigste im Alter von 18 und 64 Jahren entweder seit 2015 ein Unternehmen gegrundet hat oder gerade dabei ist, diesen Schritt vorzubereiten (Sternberg et al., 2019, S. 9). In Deutschland bleiben die Grundungsaktivitaten demnach seit vielen Jahren auf einem ahnlich niedrigen Level und sind im Vergleich zu den meisten anderen Landern mit hohem Einkommen deutlich niedriger ausgepragt (Sternberg et al., 2019, S.9 und S. 16).
Es bleibt letztendlich die Frage offen, wie das vermehrte Grundungsinteresse trotz rucklaufiger tatsachlicher Grundungen erklarbar ist. Das Erkenntnisinteresse dieser Forschungsarbeit liegt insbesondere darin, inwiefern genannte, veranderte Eigenschaften der Generation Z Auswi rkungen auf die Motivation haben, den Schritt in die Grundung einer eigenen geschaftlichen Unternehmung zu wagen. Welche Chancen und Notwendigkeiten sieht die Generation Z in der Grundung eines Unternehmens? Um dieser Frage nachzugehen, erweist sich die Anwendung des theoretischen und methodischen Ansatzes der psychologischen Morphologie am geeignetsten. So sollen in der folgenden Ausarbeitung die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung mit dem Umfang von acht Tiefeninterviews im Zuge einer Wirkungsanalyse des Gegenstandes ausgiebig aufgezeigt und analysiert werden.
2 Der Stand der Forschung
Um das Erkenntnis- und Gestaltungsinteresse der benannten Thematik noch weiter auszufuhren, gilt es nun, den Stand der bisherigen Forschung zur Generation Z weiterzufuhren, nachdem der Stand der Forschung zum Thema Grundung ausreichend beleuchtet wurde. Ein Blick auf den Stand der Forschung bezuglich der Generation Z gibt einen Uberblick uber die Charakteristika und Eigenschaften der nachruckenden, jungen Generation und lasst gegebenenfalls bereits erste Tendenzen und Vermutungen zu Motiven und Einstellungen erkennen.
Nach den Babyboomern, geboren zwischen 1946 und 1964, der Generation X, geboren zwischen 1965 und 1980 und der Generation Y, beziehungsweise den Millennials, geboren zwischen 1981 und 1994, beginnt nun die Generation Z erwachsen zu werden und allmahlich in die Berufswelt einzutreten (Seemiller, 2015, S. 2-6). Welche Personen dabei genau zu der Generation Z gehoren und welche dieser nicht angehoren, kann und sollte nicht im Konkreten festgelegt werden. Empirische Feldstudien, die nun im Folgenden jeweils zu einem Bild der Charakteristika der Generation Z beitragen sollen, nutzen jeweils leicht differierende Stichproben, die dennoch im Einzelnen die Generation Z behandeln und untersuchen. So kann festgehalten werden, dass in keiner der Feldstudien Stichproben mit Personen untersucht wurden, die fruher als 1995 geboren sind. Zudem sei hierbei zu vermerken, dass es nicht dominant auf das Geburtsjahr ankommen darf, sondern viel mehr auf die Wertemuster, wodurch Vertreter der Generation Z nicht zwingend im untersuchten Altersbereich liegen mussen (Scholz, 2014, Vorwort). Ebenso wird auch nicht jede der Generation Z zugehorige Person, nur weil sie in die Generation fallt, auch alle Merkmale und Eigenschaften dieser aufweisen. Die Ergebnisse der diversen Feldstudien sind viel mehr als Tendenzen zu behandeln und nicht als feste Regulationen, nach denen jeder Einzelne handeln wird (Seemiller, 2015, Vorwort).
Ausgiebig mit dem Charakterisieren der Generation Z hat sich unter anderem der osterreichische Wi rtschaftswi ssenschaftler Christian Scholz beschaftigt. Wahrend die Generation Y noch nach Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit gesucht und flexible Arbeitszeitmodelle angestrebt hat, will die Generation Z seiner Meinung nach zuruck zu klar definierten Strukturen und die Vermischung von Arbeits- und Privatleben durch geregelte Arbeitszeiten wieder aufheben (Scholz, 2014, S. 167 ff.). Sie brauchen zudem unbefristete Vertrage, denn Unabhangigkeit, Selbstbestimmtheit und Freiheit sind Werte, die sie nicht missen wollen. So ist das lebenslange Arbeiten fur einen Arbeitgeber nicht weiter erstrebenswert, weshalb die Generation Z in ihrer Entscheidung sich zu binden flexibel und unabhangig bleiben will, da auch die Skepsis gegenuber dem Arbeitgeber deutlich steigt (Scholz, 2014, S. 60 ff.). Weiter fordert die Generation Z Mitbestimmtheit und Eigenbeteiligung, doch wirken Fuhrungspositionen vermehrt abschreckend, da diese reprasentativ fur Uberlastung und Stress stehen. Nachruckende Generationen, wie eben die Generation Z, haben demnach veranderte Vorstellungen von ihrer Arbeit. „Sinnstiftung, Verantwortung und eine gute Vereinbarkeit mit dem Privatleben werden wichtiger“ (Franke, 2019, S. 20). Der Umstand akutem Fachkraftemangels spielt dabei den veranderten Vorstellungen zu, da nun viele den Weg in die Selbststandigkeit wagen wollen. Herausgearbeitete Motive fur einen solchen Schritt konnen beispielsweise die Freiheit der eigenstandigen Einteilung verfugbarer Zeit oder mehr Selbstbestimmtheit sein. (Franke, 2019, S. 20).
Da in dieser empirischen Forschungsarbeit mit theoretischen und methodischen Ansatzen aus der morphologischen Psychologie gearbeitet wird, stammend aus dem tiefenpsychologischen Forschungsansatz, ist es sinnig auch Erkenntnisse zur Generation Z aus diesem Forschungsbereich zu nutzen. So sollen nun noch einmal die Ergebnisse der Studie „Jugend ungeschminkt“ herbeigezogen werden, da es in ebendieser um das Selbstbild und den Selbstwert von Jugendlichen geht (Imdahl, 2018). Es ist eine tiefenpsychologisch-reprasentative Studie von „rheingold salon“ im Auftrag des IKW (Industrieverband Korperpflege- und Waschmittel e. V.), bei der im Rahmen qualitativer Befragungen Gruppendiskussionen und Einzelinterviews mit Personen im Alter von 14 bis 21 Jahren, sowie im Rahmen quantitativer Befragungen Online-Umfragen mit mehr als 1.000 Personen der selbigen Altersgruppe durchgefuhrt wurden. Es geht um Sorgen, Note, Werte der aufwachsenden Jugend, die auch fur die Charakterisierung der Generation Z entscheidende Erkenntnisse vorlegen kann.
„Tiefe Sehnsucht nach Sicherheit (52 Prozent der Probanden gaben dies an), Familie (83 Prozent), auch der Wunsch nach einer spateren eigenen Familie (80 Prozent) und die Wichtigkeit der Freundschaft sind fur die Jugendlichen zentral“ (Imdahl, 2018, S. 4). Dies beruht in erster Linie auf erlebtem Kontrollverlust, zum einen ausgelost durch kulturelle und gesellschaftliche Freiheitsgrade, bei der Rollen, Festlegungen und Grenzen nicht mehr sicher, sondern relativ erscheinen, wie etwa die Geschlechterrollen, Arbeitsrhythmen oder Vorschriften (Imdahl, 2018, S. 4). Indem hierdurch alles moglich scheint, ist gleichzeitig auch alles instabil, manipulier- und unkontrollierbar. Zum anderen wird dieser Kontrollverlust ausgelost durch die verunsichernde und instabile personliche Pubertat, in der die Jugendlichen einen chaotischen und unkontrollierbaren Zustand durchleben (Imdahl, 2018, S. 4).
Um dem gefuhlten Kontrollverlust entgegenzuwirken, werden Strategien entwickelt. „Fiese, unschone, unkontrollierbare Realitaten und Bruchiges mochten die Jugendlichen am liebsten aus ihrem Leben verbannen“ (Imdahl, 2018, S. 5). So wird wenig und ungern daruber gesprochen, was peinlich und unangenehm ist. Zudem ist die Schaffung eines attraktiven Aufteren ein gutes Mittel, um „Ordnung und Kontrolle zu erhalten oder zuruckzugewinnen“ (Imdahl, 2018, S. 5). Jugendliche machen demnach sich selbst und ihre Welt so schon, dass sie ihnen gefallt, denn aufterliches Gepflegtsein vermittelt Sicherheit, weshalb die junge Generation auch als „jugendliche Inszenierer“ (Imdahl, 2018, S. 6) betitelt wird.
Die Suche nach Orientierung und Sicherheit als zentrale Charakterisierung der Generation Z bestatigen auch weitere Quellen. So ist dieser Generation schier alles geboten, eine Grenzenlosigkeit an Handlungsalternativen, wodurch sie die freie Wahl im Beruflichen und Privaten bekommen (Klaffke, 2014, S. 75). Hinzu kommt der pragmatische Optimismus, der ihnen zugeschrieben wird. So sah dir dazugehorigen Studie keine Kohorte in den vergangenen 25 Jahren die personliche Zukunft so optimistisch wie die Generation Z (Klaffke, 2014, S. 73). So wird sich nicht an utopischen Traumen festgeklammert, sondern pragmatische Losungen gesucht, die es erlauben, sich den Traumen zu nahern, ohne dabei ein hohes Risiko eingehen zu mussen (Klaffke, 2014, S. 73 ff.). Auch die beschriebene Studie „Jugend ungeschminkt“ ergab, dass gesteigerter, gar ubertriebener Optimis mus erkennbar ist. So ist das Verwirklichen eigener Traume und das Ubersteigen von schier Unmoglichem nicht utopisch, sondern minutios planbar (Imdahl, 2018, S. 3). Der pragmatische Optimismus bezuglich beruflicher Wunsche lasst offen, ob dies auch eine Auswirkung auf das Grunderverhalten haben konnte.
Zum Stand der Forschung sei somit gesagt, dass die Generation Z in ihren Charakteristika bereits ausfuhrlich erforscht wurde und sich die Gesellschaft somit bereits mit differierenden Meinungen inmitten etwaiger Diskussionen befindet. Festzuhalten sei in jedem Fall, dass die Generation Z bereits vor dem Eintritt in die Berufswelt unzahlige Beurteilungen, Kritiken und Vorhersagen erfahrt. Wie die Generation Z dem Thema der Motivation zur Grundung gegenubersteht ist hingegen derweilen noch wenig erforscht, allerdings lassen die zahlreichen Eigenschaften, die der Generation Z zugewiesen werden, bereits viel Raum fur Hypothesen-Bildung .
3 Theoretischer und methodischer Aufbau
Wie bereits in der Einleitung anfanglich beschrieben, soll in dieser Forschungsarbeit der theoretische und methodische Ansatz der psychologischen Morphologie Anwendung finden. Wahrend der nun folgenden ausfuhrlichen Erklarungen zu Entstehung, Theorie, Gegenstand und Methodik der psychologischen Morphologie, wird erkenntlich, warum dieser Ansatz fur die Forschung sfrage am geeignetsten ist.
Zusatzlich erfolgt anschlieftend eine Beschreibung des genutzten Verfahrens, der Besonderheiten der „vier Versionen“ (Salber 2006; zitiert nach Fitzek, 2010, S. 696), der Gutekriterien qualitativen Forschens, sowie des angewandten Forschungsdesigns dieser Arbeit.
3.1 Entstehung und theoretischer Ansatz der psychologischen Morphologie
Die morphologische Forschung ist „das Resultat einer jahrelangen, beharrlichen Suche nach einem wissenschaftlichen Konzept, mit dem sich die Qualitaten komplexer psychologischer Wirkungszusammenhange erfassen und analysieren lassen“, beschreibt es Jens Lonneker (2011, S. 77), Begrunder des renommierten qualitativen Marktforschungsinstitut Lonneker & Imdahl rheingold salon.
Die Ursprunge der Morphologie als wissenschaftliches Konzept gehen zuruck auf ihren Begrunder Johann Wolfgang von Goethe, der sie vor etwas zweihundert Jahren entwickelte (Fitzek, 2010, S. 692). Dabei wurden die Bildung und Umbildung organischer Einheiten zum Mittelpunkt seiner Untersuchungen. So war seine Lehre der Gestalten auch immer eine Lehre der Verwandlungen, welche er zunachst an optischen Erscheinungen, wie etwa den Pflanzen, entdeckte und spater auch auf Kultivierungsprozesse beziehen wollte (Fitzek, 2010, S. 692).
Viele Kulturwissenschaftler des 19. Jahrhunderts, wie etwa Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud und Wilhelm Dilthey sahen sich inspiriert von Goethes Werken. So erfuhr die die morphologische Psychologie weitere pragende Einflusse vor allem durch die Ganzheitspsychologie, die Phanomenologie und die Psychoanalyse (Lonneker, 2011, S. 78 ff.).
Fur Goethe war dabei vor allem die konzipierte Beweglichkeit als Eigenart der Methode von Bedeutung. So sprach Goethe von einem wissenschaftlichen Vorgehen, das sich in den Metamorphosen, also den Wandlungen seines Gegenstandes, in Drehungen und Wendungen mitbewegt (Fitzek, 2010, S. 692). Dafur entwickelte er einen methodischen Ansatz, der von konkreten Gesta lten in standiger Weiterentwicklung und Metamorphosen ausgeht - Gestaltung und Verwandlung (Lonneker, 2011, S. 81).
Auf dieser Mitbewegung baut auch Wilhelm Salbers Metamorphosenkonzept auf, welches er Mitte des 20. Jahrhunderts in die Psychologie einfuhrte und fur den Anfang der Entwicklung einer morphologischen Psychologie steht (Fitzek, 2010, S. 692; Lonneker, 2011, S. 81). Salber bemangelte dabei theoretische und methodische Konzepte anderer Wissenschaften, da nicht angemessen waren fur eine Untersuchung des Erlebens und Verhaltens, die die Eigentumlichkeiten des Gegenstands der Psychologie ausmachen (Lonneker, 2011, S. 81 ff.) „Die gestalthafte, ganzheitliche, auf Entwicklung drangende Struktur seelischer Phanomene erforderte es, auch in Theorie und Methode auf ihre Besonderheiten einzugehen“ (Lonneker, 2011, S. 82). So entwickelte Salber die Handlungseinheit und die Wirkungseinheit als zwei neue Konzeptionen fur eine eigenstandige Gegenstandsbildung.
Die Handlungseinheit findet beispielsweise Anwendung bei Untersuchungen zum Erleben von Filmen oder alltagspsychologischen Themen, wie dem Straftenbahnfahren oder das Aufstehen am Morgen (Lonneker, 2011, S. 82). Es werden demnach Verlaufsgestalten in Eingrenzung von Stundenwelten dezidiert beschrieben und analysiert (Lonneker, 2011, S. 82). In dieser Forschungsarbeit soll der Fokus allerdings auf der Wirkungseinheit liegen, bei der im Gegensatz zur Handlungseinheit keine Ablaufregeln, sondern grundsatzliche Architektur und ihr Wirkungsgefuge untersucht werden (Lonneker, 2011, S. 86). Diese finden vorwiegend Anwendung in der Markt- und Medienforschung (Lonneker, 2011, S. 86). „Fur die Morphologie ist Wirklichkeit das, was wir konkret erleben, was auf uns wirkt und worin wir wirken“ (Salber, 2013, S. 7). So setzt sie sich zum Ziel den Wandel von Formen, in denen wir leben und handeln, zu verstehen, um schlieftlich Blockaden und weiterfuhrende Prozesse aufzudecken (Salber, 2013, S. 7). Aus dieser Argumentation heraus erweist sich die Anwendung des theoretischen und methodischen Ansatzes der psychologischen Morphologie am geeignetsten, den genannten Gegenstand zu untersuchen.
3.2 Der Gegenstand
Bevor die angewandte Methode der Beschreibung genauer erlautert werden soll, benotigt es in der psychologischen Morphologie einen differenzierten Blick auf die Bedeutung des Gegenstandes, da die Methode nie losgelost vom konkreten Gegenstand darzustellen ist.
Die Untersuchungen der psychologischen Morphologie starten unmittelbar bei den Erfahrungsgegenstanden der gelebten Wirklichkeit, die sich beispielsweise in Routinetatigkeiten oder in genutzten Medien zeigen. Der Gegenstand wird dabei in der psychologischen Morphologie als eine „Wirkungseinheit“ (Salber, 2006; zitiert nach Fitzek, 2010, S. 694) bezeichnet. Diese sind Subjekte des seelischen Geschehens, was meint, dass sich in ihnen die Grund gestalten des seelischen Geschehens strukturi eren und nach Gesetzen von Gestalt und Verwandlung organisieren (Salber, 1969, S. 64; Fitzek, 2010, S. 694). Es sind demnach „autonome Erlebenseinheiten“ (Fitzek, 2010, S. 694), in denen sich die seelische Wirklichkeit als konkrete Alltagskultur verfasst oder behandelt (Fitzek, 2010, S. 694). Das Erkenntnisziel dabei ist, diese konkreten Erlebenseinheiten zu erfassen. Dabei geht es beispielsweise um Tatigkeiten, Gegenstande oder Medien, die den Alltag kultivieren (Fitzek, 2010, S. 694).
Die Forschungsfrage einer solchen Untersuchung bezieht sich demnach auf die Frage nach den Chancen und Notwendigkeiten von Kultivierung im Alltag. Der Gegenstand der Untersuchung muss dabei von Fall zu Fall erst herausgestaltet werden. Damit gemeint ist eine Prazisierung des Untersuchungsgegenstandes, beziehungsweise die „Gegenstandsbildung“ (Salber, 1988; zitiert nach Fitzek, 2010, S. 694), die methodische Bearbeitung benotigt. Es wird dabei durch naturliches Vorgehen zum Gegenstand gemacht, was sich im Erleben zu einer Einheit zusammenschlieftt, wahrend kunstlich eingekreist wird, „aus welcher Kultivierungsperspektive ein Wi rkungszusam menhang betrachtet wird“ (Fitzek, 2010, S.694).
Wenn wir demnach in dieser Forschungsarbeit von einer Untersuchung der Motivation der Generation Z, die Grundung einer eigenen geschaftlichen Unternehmung anzustreben, sprechen, so behandeln Probanden dabei ihr Erleben zum Umgang mit der eigenen beruflichen Zukunft.
3.3 Die Methode
Die Methode der psychologischen Morphologie geht nicht wie viele andere Methoden zirkular zwischen Erfahrungs- und Darstellungsebene hin und her, sondern ist nach Goethe als „Spirale“ konzipiert (Fitzek, 2010, S. 695). So wird Material zum Gegenstand, beziehungsweise zu der Wirkungseinheit erhoben, welches uber methodische Wendungen oder auch „Versionen“ erst nach und nach zu einer Erklarung fuhrt.
„Der Zugang zu den Wirkungseinheiten erfolgt immer uber Erlebenszusammenhange“ (Fitzek, 2010, S. 695), wonach konkrete Erlebens- und Erfahrungshorizonte herausgearbeitet werden mussen. Dies geschieht, indem Erfahrungen, Einfalle oder Erinnerungen haarklein beschrieben werden, denn „Phanomene werden Phanomene durch die Kunst der Beschreibung“ (Salber, 2013, S. 52). Erst durch das Beschreiben konnen Phanomene sichtbar werden (Salber, 2013, S. 52). Beschreiben meint dabei keine simple Widergabe von allem, das sich zeigt, vielmehr ist es die Kunst, im Sich-Zeigenden zusammenhangende Gestaltbildungen aufzuzeigen und somit durch aktive Selektion selbst tatig zu werden (Salber, 2013, S. 103 ff.). Beschreiben ist dabei ein Hin und Her zwischen passivem Verweilen und aktivem Suchen, zwischen dem Achten auf das Eigene und dem Einlassen auf Fremdes, wahrend der Forscher immer auf der Suche nach vereinheitlichenden Drehpunkten einer paradoxen Werkkonstruktion ist (Salber, 2013, S. 103 ff.).
Um diese Beschreibungen zu erlangen, ist es Teil der Methode, zunachst sein eigenes Erleben zum Gegenstand, mithilfe der Selbstreflexion des Forschenden, in einem Erlebensprotokoll detailgetreu darzulegen. So macht sich der Forschende bereits im Vorfeld mit den eigenen Vorurteilen und dem Untersuchungsgegenstand vertraut (Lonneker, 2011, S. 92). Unter anderem auf Basis des Erlebensprotokolls kann daraufhin ein thematischer Untersuchungsleitfaden erstellt werden, „der die im Vorfeld der Untersuchung relevanten Fragen auffuhrt“ (Lonneker, 2011, S. 92) und dem Interviewer als eine Orientierungshilfe dienen kann. Die Tiefeninterviews werden nach der Durchfuhrung ebenfalls protokollartig in einzelnen strukturierten Auswertungen, sogenannten Interviewbeschreibungen zusammengefasst, um somit den Grundstein fur die vereinheitlichende Beschreibung zu dem ausgewahlten Thema zu legen. In dieser vereinheitlichenden Beschreibung werden die gefuhrten Interviews und die erstellten Interviewbeschreibungen nach durchgehenden Erlebenszugen uberpruft und vereinheitlicht.
Ein methodisches Vorgehen in der psychologischen Morphologie muss dabei vier Grundmerkmale erfassen konnen, die der Forschende im Hinblick auf die durchzufuhrenden Interviews beachten muss. Zum einen muss in Betracht gezogen werden, dass das Seelische eine Struktur in Bewegung ist und somit keine starre Motivansammlung darstellt (Lonneker, 2011, S. 91). „In dieser Struktur ist vieles zugleich wirksam“ (Salber, 2013, S. 51), was bedeutet, dass Zusammenhange mehrere kausale Ursachen haben konnen. In demselben Phanomen konnen somit vielfaltige und gegensatzliche Wirkungen zum Ausdruck kommen, wie beispielsweise ein Kaffee, der wegen des aromatischen Geschmacks oder des aufputschenden Koffeins getrunken wird (Salber, 2013, S. 51). Als drittes Grundmerkmal wird beschrieben, dass widerspruchliche Phanomene, beziehungsweise Paradoxien auf Verkehrungen seelischer Werke hinweisen (Salber, 2013, S. 74). So leiten sie den Forschenden zu „unbewussten Bildern, denen Menschen (oder Marken) folgen, von denen sie fasziniert sind, an denen sie sich abarbeiten und immer wieder scheitern“ (Salber, 2013, S. 74). Als Beispiel der Paradoxie fuhrt Salber den sich wiederholenden Vorsatz eines Mannes auf, der mit dem Rauchen aufhoren will, sich aber in einen Kreislauf verstrickt und standig erneut mit dem Rauchen beginnt. Als viertes und abschlieftendes Grundmerkmal wird genannt, dass die Phanomene des menschlichen Erlebens und Verhaltens kunstvolle Produktionen sind, dessen Sinnhaftigkeit sich oftmals erst in weiterer Analyse und Bearbeitung ergibt (Lonneker, 2011, S. 91).
3.4 Das Verfahren
Die soeben erlauterte Methode des Beschreibens findet in der psychologischen Morphologie Anwendung in Verfahren, beziehungsweise E rhebungsi nstrumenten, wie etwa dem Tiefeninterview. Das Verfahren steht demnach im Dienste der Methode, welche wiederum das theoretische Konzept widerspiegelt (Lonneker, 2011, S. 91). Das genutzte Verfahren des Tiefeni nterviews muss den Anspruch haben, „die Phanomenwelten auf Grundannahmen der Morphologischen Psychologie zu prufen“ (Lonneker, 2011, S. 91) und ist demnach eine intensivierte Form der Beschreibung (Salber, 2013, S. 108). So muss es die soeben erlauterten vier Grundmerkmale der Phanomenerhebung erfullen, damit der Interviewer dem Probanden behandelnd dazu verhelfen kann, das Erleben beschreibend zum Ausdruck zu bringen (Lonneker, 2011, S. 92; Salber, 2013, S. 108).
Warum es dabei ein qualitatives Tiefeninterview benotigt und ein einfacher Fragebogen nicht genugt, begrundet Psychotherapeut Hans-Jurgen Freichels damit, dass psycho log ische Forschungs methoden „grbG>ere Einheiten in den Blick nehmen [mussen], um ihrem Gegenstand gerecht zu werden“ (Freichels, 1995, S. 88). Es gebraucht ein offenes Befragungsverfahren, das Zusammenhange erkennen lasst, die in einem Fragebogen verloren gehen, da der Proband den Zusammenhang, der ihn beschaftigt und bewegt, fur sich behalt (Freichels, 1995, S. 88ff.). Das Psychische ist namlich kein einfacher und linearer Ablauf, sondern immer ein Geschehen, das entschlusselt werden muss, damit es verstanden werden kann (Freichels, 1995, S. 88 ff.). So beschreibt Freichels dies als ein „gespanntes und dynamisches Verhaltnis von Ideologie und Handlung“ (Freichels, 1995, S. 89), was im Grunde bedeutet, dass sich der Forschende bei der psychologischen Rekonstruktion auf die wahrhaftige Realitat zwischen einer konkreten Handlung und dem vom Probanden beschriebenen Erleben dazu bezieht (Freichels, 1995, S. 89 ff.). So bewegt sich diese Realitat beispielsweise zwischen dem Anmelden eines neugegrundeten Unternehmens und der Geschichte dazu, die der Proband anderen erzahlt. Demnach fuhrt die Begrifflichkei t der ,Tiefe‘ etwas in die Irre, denn es wird kein ,Darunter‘, sondern vielmehr ein ,Dazwischen‘ gesucht, das im Alltaglichen nicht bewusst ist und dennoch standig wirkt (Freichels, 1995, S. 89 ff.). So meint ,Tiefe‘ die bewussten Gestaltungen zu uberschreiten und durch ein erweitertes Blickfeld in Richtung der ihnen wirksamen Gestaltungen zu schreiten, die gelebt werden und wirken, aber nicht bewusst sind (Salber, 2013, S. 108). So ist es dementsprechend das Ziel eines Tiefeninterviews durch Herausarbeiten von Implikationen und unbemerkten Wirkungen diese unbewussten Emotionen, Motive und Gedanken zu ergrunden (Misoch, 2015, S. 88). Erreicht wird dieses Ziel durch die Gestaltentwicklung und damit durch einen Entwicklungsprozess, der Festes in Drehung bringt, um diese unbewussten Dinge vorkommen zu lassen (Freichels, 1995, S. 89). Beispielsweise kann „durch Zerdehnen des Augenblicks [...] das, was sonst keinen Ausdruck findet, in einen Entwicklungsprozess gezogen werden“ (Salber, 2013, S. 110). Generell sind es solche Verfremdungs-Techniken, wie auch das Aufspuren von Paradoxem, die zurechtgemachten Bilder aufbrechen und Raum fur Gestaltentwicklung schaffen (Salber, 2013, S. 110). Der Interviewer muss in der Lage sein, zwischen den Zeilen lesen zu konnen oder Anklingendes, wie Ausweichen, Vermeiden, Klischees, Ausreden oder Paradoxien zu bemerken (Melchers & Ziems, 2001, S. 51).
Das Tiefeninterview orientiert sich an der Dauer zwischen eineinhalb und zwei Stunden, wobei es auch langer andauern darf, lediglich nicht kurzer sein sollte, da sonst nicht gewahrleistet ist, zuverlassige Ergebnisse zu erhalten (Melchers & Ziems, 2001, S. 51). Dabei ist das Tiefeninterview grundsatzlich eine flexible Interviewform, die zwar in vielen Fallen von einem Leitfaden begleitet wird, sich allerdings lediglich an diesem orientiert und somit fur neue Erkenntnisse und Inhalte aus dem Interview offen ist (Misoch, 2015, S. 88). Die Fragen des vorangefertigten Leitfadens werden nicht in einer festen Reihenfolge gestellt und sollen auch nicht zwangsweise in kompletter Ausfuhrung Platz finden, sondern dienen mehr als eine orientierungsstiftende und strukturierende Einheit (Melchers & Ziems, 2001, S. 51). Die Prinzipien der Struktur und Flexibilitat werden hierdurch miteinander in Verbindung gebracht (Misoch, 2015, S. 88).
Abschlieftend ist das Tiefeninterview selbstverstandlich auch durch die Interaktivitat gekennzeichnet, in der die Information gewonnen und der Sinn kommunikativ entwickelt und verhandelt wird (Misoch, 2015, S. 88). Der Forschende stellt wiederholend Fragen, die sich an den gegebenen Antworten des Interviewten 13
orientieren (Misoch, 2015, S. 88). Daher ist es so wichtig, „dass ein Fachmann die Exploration fuhrt, der in der Lage ist, die Aufterungen der Befragten psychologisch zu verstehen, einzuordnen und schon wahrend des Gesprachs Schlussfolgerungen zu ziehen - und diese wieder in weiterfuhrende Fragen umzumunzen“ (Melchers & Ziems, 2001, S. 50).
3.5 Der Versionengang
Die beschriebene Methode der psychologischen Morphologie findet Anwendung in Gebieten der Diagnose und Beratung von Einzelpersonen oder Organisation, sowie in der Psychotherapie, Wirtschafts- und Kulturpsychologie, aber auch und vor allem in der Medien- und Marktforschung (Fitzek, 2010, S. 696). Die zahlreichen unterschiedlichen Anwendungsfelder erfordern ein dementsprechend eindeutiges Vorgehen in der Methodik, welche in der festgelegten Abfolge der vier „Versionen“ morphologischer Beschreibung erkennbar ist. Jegliche Untersuchungsgegenstande, beziehungsweise Gegenstandsbildungen folgen diesem Entwicklungsgang der vier Versionen, die da waren: Gestaltlogik, Gestalttransformation, Gestaltkonstruktion und Gestaltparadoxie. Diese vier Versionen bilden den methodischen Kern „und damit das vereinheitlichende Moment der morphologischen Auswertung“ (Salber, 2006; zitiert nach Fitzek, 2010, S. 696).
In diesen vier Versionen findet eine Rekonstruktion von zusammenhangenden Phanomenen statt - „schopferisches Nachbilden ermoglicht Verstehen des Entstehens des Sich-Zeigenden“ (Salber, 2013, S. 113). So ist dieses Nachbilden auch immer ein Wandlungsprozess, der nicht auf Anhieb, sondern erst durch kreisende Bewegung in einem Hin und Her zwischen Ganzem und Einzelnem gelingen kann (Salber, 2013, S. 114). Es ist ein andauernder Prozess, der uber das Anderssagen, Verrucken oder Hervorbringen zu seinem Erkenntnisziel gelangen kann (Salber, 2013, S. 114). Genau fur diesen Rekonstruktions-Prozess hat Wilhelm Salber die vier Version entwickelt (Salber, 2013, S. 115). Diese sind dabei nicht als eine feststrukturierte Abfolge zu verstehen, sondern dienen als Zwischenschritte zum Verstandnis eines Werkes (Salber, 2013, S. 115). Jede Version stellt dabei seine eigene Blickrichtung, aus der das Werk analysiert und verstanden wird.
3.5.1 Die Gestaltlogik
In der ersten Version des Entwicklungsganges ist man auf der Suche nach „ubergreifenden Bildern fur das Ganze der untersuchten Wirkungseinheit, die die phanomenale Breite ihrer Manifestationen auf einen Blick verfugbar machen“ (Fitzek, 2010, S.696 f.). Das meint, es werden grundlegende, durchgangige, aber ebenso vorgestaltliche Qualitaten gesucht, die sich in den einzelnen Phanomenen des Gegenstandes wiederkehrend zeigen. Eben eine Spannung oder ein Verhaltnis, das sich durch die Gesamtgestalt zieht, jedoch haufig aufgrund ihrer Sperrigkeit und Ambivalenz narrativ geglattet wird und so der Selbstbeobachtung oftmals entfallt (Fitzek, 2010, S.696 f.).
3.5.2 Die Gestalttransformation
Die bereits herausgearbeitete Grundqualitat wird nun in der zweiten Version im Hinblick auf durchgangige Wirkungstendenzen oder -einheiten vertieft (Fitzek, 2010, 697). Die Gestalt wird demnach sortiert und vereinfacht, „indem man grofte Verhaltnisse, Polaritaten, Bewegungen und Gegenbewegungen heraus modelliert“ (Salber, 2013, S. 116). Die Grundgestalten sind dabei nichts Festgelegtes oder gar Einfaches, sondern stets in einem Prozess des Sich-Wandelns und der Umgestaltung verstrickt. Die Interviewbeschreibungen werden dabei im Hinblick auf durchgangige Sinnrichtungen transformiert (Fitzek, 2010, S. 697 f.). Es werden aufdrangende Haupt- und verdeckte Nebenbilder herausgearbeitet, die schlieftlich zu unbewussten Verhaltnissen fuhren (Salber, 2013, S. 116). Diese zweite Version ist notwendig, da sich hier deutlich herausstellt, dass diese Bildung und Umbildung, das Sich-Wandeln voller Spannungen steckt, die nun in wiederkehrenden Mustern anschaulich gemacht werden sollen (Salber, 2013, S. 116 f.). In jeglichen Prozessen lasst sich stets auf sechs zentrale Grundgestalten, beziehungsweise Gestaltkomplexe ruckschlieften, die sich im Ganzen wiederfinden lassen und ebenso das Ganze in den einzelnen Gestalten zum Ausdruck bringen. Aneignung, Umbildung, Anordnung, Einwirkung, Ausrustung und Ausbreitung betiteln diese Gestaltkomplexe (Salber, 1969, S. 64). Die paarweise Gegenuberstellung der Wirkungstendenzen fungiert dem Forscher als ein Such- und Vergleichsraster fur alle morphologischen Analysen (Fitzek, 2010, S. 697 f.).
In dieser zweiten Version der Gestalttransformation gilt es nun die Spannungen zu erkennen und aufzudecken. Dabei sei jedoch vorab angemerkt, dass nicht jeder Gestaltkomplex gleichermaften stark ausgepragt sein muss. So kann es vorkommen, dass gewisse Spannungen direkt ins Auge fallen und sich aufdrangen, wahrend andere deutlich spater im Untersuchung sprozess und erst bei genauerer Betrachtung zum Vorschein kommen oder eben ganzlich eine Hintergrundfunktion annehmen. Das kann zur Folge haben, dass der Fokus nicht pauschal ausgeglichen auf allen sechs Gestaltkomplexen liegt, sondern auch unterschiedlich gewichtet sein kann (Salber, 2013, S. 122). Im gleichen Zuge zeigt das hintergrundige Auftreten eines Wirkungszuges allerdings auch auf, dass an diesem Punkt ausgewichen und vermieden wird, was den Forscher zu einer genaueren Betrachtung der entsprechenden Wirkungszuge fuhren sollte. Ebenso kann es vorkommen, dass Gestaltkomplexe zu Teilen grofte Ahnlichkeit aufweisen, was daran liegt, dass sie oft nicht klar voneinander trennbar sind, sondern viel mehr ineinander ubergehen und denselben Kontext behandeln, diesen nur aus einer differierenden Perspektiven betrachten.
1. Aneignung
Beginnend bei der Aneignung geht es hier um den Gestaltkomplex einer kontinuierlichen Zufuhr, um das Zu-eigen-Sein, Zu-eigen-Haben und Zu-eigen- Werden. Wie alle Gestaltkomplexe hat die Aneignung gewisse Funktions- und Bewegungsmoglichkeiten, wie etwa die des Sich-Aneignens und Angeeignet- Werdens, des Habens und Nichthabens oder des Haftens und Losens. Diese Gestalt zeigt sich im Festwerden, Verklebtsein, Dabeibleiben und Beharren (Salber, 1969, S. 65).
2. Umbildung
Der Gestaltkomplex der Umbildung steht dem der Aneignung gegenuber. Hier geht es um die Gestaltung und Umgestaltung, bei der Angeeignetes aufgelost und neugestaltet wird, damit Geschehenes in Neuem weiterleben kann. Die Umbildung braucht die Aneignung und andersrum, obwohl sie sich wie zwei Extreme gegenuberstehen (Salber, 1969, S. 65).
3. Anordnung
Die Gestaltkomplexe der Anordnung und der Einwirkung stehen sich wie die der Aneignung und der Umbildung als zwei Extreme gegenuber, die einander brauchen. Die Anordnung stellt Ordnungs- und Durchformungsprinzipien, die wir benotigen, um strukturierende Gestalten, wie verbindliche Regulationen, Bearbeitungsprinzipien oder strukturelle Gefuge, existenzfahig zu machen (Salber, 1969, S. 65).
4. Einwirkung
Der Gestaltkomplex der Einwirkung stellt das Gegenstuck zur Anordnung. Bei ihr geht es um Probleme des Machens und Bewi rkens, Unterwerfen und Unterworfensein, Tun oder Lassen, Entscheidung und Auswahl. Es wird dabei versucht auf die aufgesetzten Anordnungen einzuwirken, wodurch man sich Problemen wie denen des Eingreifens oder Aufgebens stellt (Salber, 1969, S. 65).
5. Ausrustung
Die Gestaltkomplexe der Ausrustung und Ausbreitung stellen zusammen das letzte Gegenstuck des Hexagramms der Wirkungseinheiten. Die Ausrustung stellt das seelische Geschehen unter den Zwang des Stabilisierenden und Konsequenten. Es geht um Einschrankungen seelischer Formen. Arbeit, Anstrengung, Begrenzung sind beispielsweise Zuge der Ausrustung (Salber, 1969, S. 65).
6. Ausbreitung
Bei der Ausbreitung geht es um einen Gestaltkomplex, bei dem der Wunsch und der Wille nach Uberschreitung der Erfahrungen mit dem Anstreben eines ,Mehr‘ an Leben uberwiegt. Wunsche, Paradiesvorstellungen, Idealbildungen und Unei ngeschranktheit sind Zuge dieses Komplexes (Salber, 1969, S. 65).
3.5.3 Die Gestaltkonstruktion
Die dritte Version der Gestaltkonstruktion von Kultivierungsprozessen ist eine weitere Wendung in der Verdichtung der Analyse von Wirkungseinheiten (Fitzek, 2010, S. 699). In dieser werden die Probleme des seelischen Gesamtgeschehens mit der Kultivierungsaufgabe zusammengebracht (Fitzek, 2010, S. 699). Die Erkenntnisse der ersten beiden Versionen werden demnach nun dahingehend untersucht, wie sie in sich funktionieren, was die Treiber in Bildung und Umbildung sind und welchen Sinn das Werk insgesamt hat (Salber, 2013, S. 118). „Auch Umstellen, sich Dummstellen, Auf-den-Kopf-Stellen gehoren [dabei] zum methodischen Umkonstruieren“ (Salber, 2013, S. 118).
3.5.4 Das Gestaltparadox
Die vierte und damit abschlieftende Wendung des Versionenganges lasst nun deutlich werden, worauf das „Um-Konstruieren“ hinauslauft. Es geht um den Sinn zwischen den Gestalten, die paradoxe und witzige Unterhaltung, die den Sinn der Metamorphosen ausmachen (Salber, 2013, S. 124). Wahrend die ersten drei Versionen auf Verdichtung beruhen, soll die vierte Version der Gestaltparadoxie die anschauliche Wirklichkeit darstellen (Fitzek, 2010, S. 699). „Das fur die jeweilige Kultivi erungsform (Wirkungseinheit) gefundene Verwandlungsmuster [findet] ausdrucklich Anschluss an die Anschaulichkeit des Ausgangsmaterial“ (Fitzek, 2010, S. 699). Dabei werden individuelle Losungsformen des Umgangs mit dem Verwandlungsmuster herausgearbeitet (Fitzek, 2010, S. 699).
3.6 Gutekriterien der qualitativen Forschung
Um die Gultigkeit und Qualitat der Ergebnisse dieser qualitativen Forschungsarbeit bemessen zu konnen, benotigt es die Orientierung an gewissen Gutekriterien. Generell setzt sich mehrheitlich die Meinung durch, dass es bei qualitativer Forschung anderer Maftstabe und Gutekriterien bedarf, als bei der quantitativen Forschung, da vor allem die Geltungsbegrundung der Ergebnisse erheblich flexibler sein muss. Zur Bemessung der Qualitat dieser Forschungsarbeit sollen also nun im Vorfeld einige Kriterien aufgestellt werden, dessen Uberprufung zum Ende der Arbeit erfolgen soll.
1. Verfahrensdokumentation
Da in der qualitativen Forschung keine standardisierten Techniken und Messinstrumente fur die Datenerhebung genutzt werden, sondern spezifische Methoden, die sich am jeweiligen Gegenstand orientieren, ist eine detaillierte Dokumentation erforderlich. Nur so kann der Forschungsprozess fur andere intersubjektiv nachvollziehbar bleiben (Kirk & Miller, 1986; zitiert nach Mayring, 2016, S. 144 ff.).
2. Argumentative Dokumentationsabsicherung
Die qualitative Forschung nutzt eine Interpretation von empirischen Ergebnissen, die nicht mit Beweisen belegt werden kann, daher nicht gesetzt ist, sondern „argumentativ begrundet werden muss“ (Hirsch, 1967; zitiert nach Mayring, 2016, S. 144 ff.). Dabei muss das soeben beschriebene Vorverstandnis des Aufbaus, hinsichtlich genutzter Theorie, Methodik und Instrument sinnhaft dargelegt sein, damit die Interpretation nachvollziehbar und schlussig ist. Zusatzlich sollten sogenannte Alternativdeutungen gesucht und uberpruft werden, um diese zu widerlegen und die eigene Interpretation zu starken (Mayring, 2016, S. 144 ff.).
3. Regelgeleitetheit
Die weiten Freiheiten in der qualitativen Forschung im Erheben von Daten, Durchfuhren von Interviews oder Interpretation der Daten erfordern ein systematisches Vorgehen mit festgelegten Regeln (Mayring, 2016, S. 145).
4. Nahe zum Gegenstand
Die Bedeutung des Gegenstandes in Verbindung zur angewandten Methodik innerhalb der psychologischen Morphologie wurde bereits verdeutlichend herausgestellt (vgl. 3.2 Der Gegenstand). Die Nahe zum Gegenstand wird dabei vor allem durch ein offenes und gleichberechtigtes Verhaltnis zwischen Interviewer und Probanden geschaffen, das keiner Tauschung obliegt (Mayring, 2016, S. 146).
„Durch diese Interessenannaherung erreicht der Forschungsprozess eine grofttmogliche Nahe zum Gegenstand“ (Mayring, 2016, S. 146).
3.5 Kommunikative Validierung
Um eine luckenlose und gultige Interpretation der Ergebnisse zu erzielen, sollten die Ergebnisse eines Interviews nach Durchfuhrung mit dem Probanden besprochen und auf Ubereinstimmung untersucht werden (Mayring, 2016, S. 144 ff.)
3.6 Triangulation
Die Triangulation meint, dass fur die Fragestellung unterschiedliche Losungswege gefunden werden sollten, um so die Ergebnisse vergleichen zu konnen (Mayring, 2016, S. 147). Dabei eine vollige Ubereinstimmung zu erreichen kann und sollte dabei allerdings nicht das Ziel sein. So konnen die Ergebnisse der unterschiedlichen Analysewege jedoch verglichen werden (Mayring, 2016, S. 148).
3.7 Das Studiendesign
Die Forschungsarbeit beginnt mit einem Erlebensprotokoll, welches dem Forschenden dienen soll, sich dem Gegenstand zu nahern und gleichzeitig Selbstreflexion zu betreiben. Bereits zu diesem Zeitpunkt der Arbeit konnen erste Erkenntnisse herausgearbeitet werden, die Anreize fur Hypothesengenerierungen und -testungen im weiteren Verlauf der empirischen Arbeit bieten. Das Erlebensprotokoll hilft dem Forschenden somit unmittelbar dabei, Themen und Struktur fur den anzufertigenden Leitfaden zu finden, welcher mit fortschreitender Anzahl beendeter Tiefeninterviews noch angepasst und verandert werden kann. Mithilfe dieses Leitfadens als begleitende Stutze sollen dann acht Tiefeninterviews im beschriebenen wissenschaftlichen Rahmen und mit einer gewahlten Stichprobe durchgefuhrt werden. Eine zusatzliche Bilderauswahl soll als weiteres begleitendes Hilfsmittel angewandt werden, um den Probanden zum Ende der Interviews erneut Anreize fur weitere Beschreibungen seines Erlebens zu bieten (vgl. Anhang Bilderauswahl). Jedes einzelne der Tiefeninterviews wird aufgenommen, um daraus schlieftlich eine exemplarische Transkription und acht ausfuhrliche Interviewbeschreibungen zu erstellen. Aus diesen wird darauffolgend eine vereinheitlichende Beschreibung erstellt und im Zuge des beschriebenen Versionenganges die erste Version der Gestaltlogik, sowie die zweite Version der Gestalttransformation bearbeitet.
3.8 Die Stichprobe
Da der Fokus der Untersuchung auf der Generati on Z liegt, soll auch die Probanden- Zielgruppe der durchzufuhrenden Tiefeninterviews diesem Rahmen entsprechen. Zu der sogenannten Generation Z zahlen samtliche Personen, die im Jahre 1995 oder spater geboren sind und somit nicht mehr zu der vorhergehenden Generation Y gehoren (vgl. 2 Stand der Forschung). In dieser Forschungsarbeit sollen somit ausschlieftlich Personen befragt werden, die im Jahre 1995 oder spater geboren sind, damit davon ausgegangen werden kann, dass es sich tatsachlich um die Generation Z handelt und nicht andere Generationen untersucht werden. Als weitere zwingende Voraussetzungen sollten die befragten Personen ein Mindestalter von 18 Jahren und mindestens ein halbes Jahr einschlagige Berufserfahrung aufweisen konnen, beispielsweise in Form eines ausgefuhrten Praktikums, einer Werkstudententatigkeit oder einer Ausbildung. Dies soll der Untersuchung insofern zuspielen, dass durch die Vorerfahrung eine zu naive und realitatsferne Einschatzung der Arbeitswelt ausgeschlossen werden kann. Es gilt bei der Untersuchung, Probanden zu finden, die sich bereits in der Auseinandersetzung mit ihrem zukunftigen beruflichen Werdegang befinden und somit vergleichsweise konkretere Vorstellungen mitbringen als ganzlich Unerfahrene.
In der empirischen Arbeit sollen nebst angehender Grunder auch gegenwartige Grunder interviewt werden, um den Blick auf den Gegenstand zu erweitern und einen eventuellen blinden Fleck zu verhindern. Es schafft dabei die Moglichkeit, in Erfahrung zu bringen, welche Umstande es den gegenwartigen Grundern erlauben, bereits in den Grundungsprozess eingestiegen zu sein. Es konnen somit Ruckschlusse darauf gezogen werden, was angehende Grunder derzeit daran hindert, zu grunden. Auf der anderen Seite wird dadurch erkennbar, welche eventuellen Hurden von gegenwartigen Grundern gemeistert wurden, an denen angehende Grunder noch festhangen oder moglicherweise sogar scheitern. Nur so kann gewahrleistet werden, ein ganzheitliches und luckenloses Bild der Grundungsmotivation der Generation Z zu erheben.
Dabei ist wichtig zu beachten, dass nicht eine zweite Wirkungseinheit untersucht wird, da es sich sonst um ungultige, beziehungsweise um keine zielfuhrenden Ergebnisse handeln wurde. Verhindert werden kann dies indem praventiv Uberlegungen dazu getatigt werden, ob auch bei unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema der Grundung, namlich aus der Perspektive angehender und bestehender Grunder, ein und dieselbe Wirkungseinheit behandelt wird. So durfen sich Perspektiven auf den Gege nstand durchaus unterscheiden, solange von derselben Wirkungseinheit ausgegangen werden kann. Beispielsweise ist es somit moglich, beim Untersuchen der Wirkungseinheit des Rauchens sowohl Raucher als auch Nicht-Raucher zu interviewen.
Die nachfolgende Abbildung zeigt die ausgewahlten Probanden in einer Ubersicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Probandenliste
4 Ergebnisse der empirischen Untersuchung
In der nun folgenden ersten und zweiten Version des beschriebenen Versionenganges sollen die Ergebnisse der empirischen Erhebung in aller Ausfuhrlichkeit dargestellt werden, ehe anhand der psychologisierenden Fragestellung und ersten Umgangstendenzen ein Abschluss des empirischen Teils erfolgen soll.
4.1 Die Grundqualitat: Die Vor-Sicht
Das, was die Probanden im Wagnis der Grundung erkennen, ist immer „ein bisschen ungewiss“ (IB 3) und „unklar“ (IB 3), dennoch „ziemlich attraktiv“ (IB 2) und „schon verlockend“ (IB 2). „Es ist ein unsicheres Feld, auf dem man sich da bewegt“ (IB 3), was die Probanden zum einen „heiG> daraf (IB 7) macht, einen „Nervenkitzel“ (IB 8) verspuren und zum anderen den „tiefe[n] Fall“ (IB 6) befurchten lasst. Die Probanden fuhlen sich zwischen diesen zwei Extremen, in denen die Grundung „faszinierend und abschreckend“ (IB 3) zugleich ist, hin- und hergerissen.
Die Grundung lasst die Probanden dabei ein „wahnsinniges Gefuhl“ (IB 4) verspuren „eben diesen anderen Weg“ (IB 5) zu gehen, sobald sie vom „Traum“ (IB 1) der eigenen Grundung sprechen. Es ist das, „was dann (...) so geht“ (IB 7), in dem alles moglich scheint, sogar „gegen Apple oder Amazon anzukampfen“ (IB 5) oder „etwas Neues zu bieten“ (IB 8), das alles verandert. So kann das Angestrebte, Verlockende und Faszinierende aber auch „ein kleines, vielleicht etwas unscheinbares, mittelmaftiges Start-Up“ (IB 6) sein. Die Wunsche sind dabei individuell, doch funktionieren sie nach ein und demselben Schema, da es immer die Dinge beschreibt, die noch unterschiedlich weit vor dem jeweiligen Probanden liegen, ganz gleich ob die Grundung bereits hinter ihnen liegt oder nicht. Die Verlockung des Vor- Liegenden soll betitelt werden als die verheiftungsvolle Vor-Sicht, auf die hoffend und staunend, sowie ehrfurchtig und verhalten geblickt wird.
Die Ehrfurcht vor der Ungewissheit dieses „Gluckspiel[s]“ (IB 8) und die Angst davor, nach einem Erfolg „dem bbsen Scheitern“ (IB 6) zu begegnen, lasst die Probanden in individuellem Ausmaft verhalten und vorsichtig agieren. Das Vorsichtig-Agieren und Herantasten steht der verlockenden Vor-Sicht unmittelbar gegenuber. Sehr anschaulich beschreibt eine Probandin ihr Erleben von diesem Hin und Her der Faszination und Vorsichtigkeit verpackt in einer Analogie zum Wachsen einer Physalis (vgl. IB 1). So ist in ihren Beschreibungen deutlich die Vorsicht im Sinne des Behutsamen zu erkennen, wahrend sie augenscheinlich auch das Verlockende der Vor-Sicht wahrnimmt. Dabei erkennt sie in der Physalis eine Frucht, die „ganz geborgen in den Handen einer Person“ (IB 1) liegt und „ganz stolz in die Kamera“ (IB 1) gezeigt wird. Wahrend die Physalis als „kleiner Samen“ (IB 1) beginnt und durch Pflege, Wasser und Sonne zu einer Frucht wachst, durchlauft auch das gegrundete Unternehmen solch einen Wachstumsprozess, „damit es so werden kann, wie es sein soll“ (IB 1). Am Ende steht dann das Endprodukt, das es zu „ernten“ (IB 1) gilt. So ist dieser Prozess, der vorsichtig behutet werden muss mit dem Ziel verbunden, ein vollendetes Unternehmen zu haben, das die eigenen Wunsche und Traume erfullt. Diese Ziele konnen beispielsweise Zufriedenheit, positives Feedback, Gewinne oder Erfolg sein, sind letztendlich allerdings individuell, da sie sich an der Vor-Sicht der jeweiligen Person orientieren.
So wunscht man sich fur sein eigenes Unternehmen, dass es zwar nicht „extremgroG>“ (IB 1) wird, sondern „etwas Kleineres“ (IB 1) bleibt, aber dennoch „seinen Lauf nimmt“ (IB 1) und „einen guten Ruf bekommt“ (IB 1). „Etwas ganz Neues“ (IB 4) schaffen, aber dafur ein Praktikum als eine „Art Testlauf“ (IB 5) nutzen. Ein „ubertriebenes Ziel“ (IB 8), wie den „Apple-Millionen-Mega-Erfolg“ (IB 6) erreichen, aber trotzdem den sicherheitsspendenden „familiaren Rahmen“ (IB 8) nicht verlieren. Die „aufregend[e]“ (IB 3) Grundung eingehen wollen, um „Freiheit[en]“ (IB 2) genieften zu konnen, doch „die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben“ (IB 2) nicht verschwimmen lassen wollen. Diese und unzahlige weitere Beispiele zeigen, wie in Absicherungen das Behutsame und Vorsichtige wirkt, wahrend die individuellen Wunsche und Verlockungen dennoch aktiv und unverkennbar sind.
Auch in den Dynamiken der Interviews ist sehr anschaulich erkennbar, wie sehr die Probanden hin- und hergerissen sind zwischen der Faszi nation der verlockenden Vor-Sicht und dem Absichern des Vorsichtig-Seins. So konnen es einige Probanden gar nicht abwarten, in die Themen einzusteigen, reiften die Fuhrung des Interviews selbst an sich und sprechen unmittelbar von der Grundung (vgl. IB 1, IB 2, IB 4, IB 7 und IB 8). Die Thematik der Grundung und insbesondere ihrer eigenen Grundung erscheint ihnen in diesen Momenten als so anziehend, dass die Behutsamkeit und das vorsichtige Herantasten gar in den Hintergrund rucken. Andere Probanden hingegen tun sich schwerer uber die Grundung zu sprechen, sind abwartend, verhalten und passiv, wahrend sie darauf warten, dass sie vom Interviewer zum Thema geleitet werden (vgl. IB 3, IB 5 und IB 6). Bei ihnen scheint die Verlockung der Vor-Sicht nicht auszureichen, um das Vorsichtig-Sein auszublenden, weshalb sie zunachst bedeckt bleiben.
Auch im Warten auf etwas, auf „die Idee“ oder auf eine „Initialzundung“ steckt die Grundqualitat der Vorsicht. So lieften bereits die Dynamiken erkennen, dass einige Probanden nicht proaktiv auf die Grundung zugehen, sondern abwartend und passiv darauf warten, dass „irgendwann (.) die Idee kommen“ (IB 3) wird. Sei es die „Unzufriedenheit als Initia lzundung“ (IB 6), ein „festgelegtes Datum“ (IB 5) oder der „Geistesblitz“ (IB 3). In all diesen Phanomenen ist erkennbar, dass die Grundung „nicht aktiv“ (IB 3) angegangen wird, sondern abwartend auf das Vorbeikommen eines „Trigger[s]“ (IB 6) gewartet wird, damit dann „wie eine Explosion alles ins Rollen“ (IB 6) kommt. Dieser „Trigger“ (IB 6) oder die Verbindlichkeit eines Termines, an den man sich „halten muss“ (IB 5) wirkt dabei „fast schon wie eine Verpflichtung“. Das Vorsichtig-Sein zeigt sich demnach im behuteten Abwarten.
In den in der zweiten Version der Gestalttransformation folgenden Wirkungszugen soll die Grundqualitat jeweils erneut aufgezeigt und spezifiziert werden. Erst in den einzelnen Wirkungszugen wird dabei deutlich, dass die Grundqualitat der Vor-Sicht im Sinne von Verlockung und Behutsamkeit nicht nur im Ganzen, sondern auch im Einzelnen wirkt.
4.2 Der Wirkungsraum
Die eigens erstellte Abbildung des Hexagramms nach Salber mit der inkludierten Umbenennung der einzelnen Wirkungszuge soll dem Verstandnis und der Ubersicht dienen. In der Weiterfuhrung des Versionenganges mit der Gestalttransformation werden die Benennungen der Wirkungszuge nun im Einzelnen detailliert aufgegriffen und erlautert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Hexagramm des Wirkungsraumes in Anlehnung an W. Salber
4.2.1 Aneignung: Die Selbstbehandlung
Die Grundung ist etwas besonders „Faszinierendes“ (IB 3), ein langgehegter „Traum“ (IB 1) und gibt daher auch den Probanden das Gefuhl selbst etwas Besonderes zu sein, sofern sie sich diese Grundung aneignen wollen. Dabei funktioniert die Grundung und auch die hypothetische Grundung als eine Art der Selbstbehandlung.
Diese Selbstbehandlung zeigt sich unter anderem darin, dass die Grundung genutzt wird, um vor sich „selbst und vor anderen“ (IB 8) etwas „zu beweisen“ (IB 4). Auf die Grundung zu blicken und dabei zu wissen, dass dies „etwas Eigenes“ (IB 1), beziehungsweise „dein eigenes Ding“ (IB 8) ist, erscheint den Probanden als ein „schones Gefuhl“ (IB 8). So ist dabei gar „ein geiles Gefuhl, ein eigenes Unternehmen zu haben“ (IB 7). Ob es dieses Unternehmen dabei tatsachlich bereits gibt oder ob es nur in den Vorstellungen existiert, ist dabei zweitrangig. So geht es um den „Stolz“ (IB 7) auf das eigene Unternehmen, den „bestmoglichen Weg“ (IB 4) zur Selbstverwirklichung und den Wunsch es mit diesem „allen [zu] zeigen“ (IB 4). Die Moglichkeit, dass andere uber das eigene Unternehmen denken: „Wow, da hat er echt was erreicht“ (IB 8) fordert die Attraktivitat dieses Unterfangens und ware „schon eine krasse Nummer“ (IB 5). In diesem Sich-Beweisen und dem damit zusammenhangend verspurten Stolz ist die Selbstbehandlung bereits unmittelbar in Gang.
Nicht allein die Grundung selbst, sondern auch die Vorstellung von der Grundung funktioniert als eine Selbstbehandlung. Das Verstecken hinter Abhangigkeiten, wie das Fehlen einer „Idee“ (IB 3) oder zu wenig gemachte „Erfahrungen“ (IB 1), lassen oftmals erst einmal davor zuruckschrecken, den Schritt in die Grundung zu wagen. Stattdessen wird die Grundung weit von sich weggeschoben als „Option am Horizont“ (IB 6), von dort aus sie dennoch zur Selbstbehandlung beitragt. Da die Grundung zwar „faszinierend“ (IB 3) ist, aber „noch genugend Zeit“ (IB 3) vorhanden ist, verstecken sich Probanden gerne hinter diversen Grunden, warum die Grundung noch nicht stattfinden soll. Um den „Traum“ (IB 1) der Grundung zu erfullen, mussen somit beispielsweise zunachst „Erfahrungen in Unternehmen“ (IB 1) bei „drei bis vier Jobs gemacht werden“ (IB 6).
Der Gedanke an die Grundung nach „10 Jahre[n]“ (IB 6) „arbeiten, arbeiten, arbeiten“ (IB 6) funktioniert als ein Fixpunkt am Horizont, auf den es sich „lohnt“ (IB 2) hinzuarbeiten. So hilft es dabei, mit der derzeitigen Situation des Nicht-Grundens zurechtzukommen und ebenso an dem Glauben festhalten zu konnen, nicht einfach nur ein „Teil dieser ganzen Maschinerie und des Systems“ (IB 2) zu sein. Dabei muss die tatsachliche Grundung niemals stattfinden, da es lediglich darum geht nicht als „unreflektierter Hamster im Hamsterrad“ (IB 2) zu landen und „in der Festanstellung“ (IB 2) als Teil des „vorgeebneten Weg[es]“ (IB 2) zu landen. Solange der Glaube an die freie Entscheidung zum Grunden besteht, ist es demnach in Ordnung Alternativen einzugehen, weshalb alternative Optionen, wie etwa die Festanstellung nicht als etwas „grundsatzlich (...) Schlechtes“ (IB 2) angesehen werden.
Wahrend die Grundung am Horizont vielen Probanden dabei hilft, den Schritt in die Festanstellung zu gestalten, so hilft auch die bereits getatigte Grundung dabei. Wahrend die Grundung „so gut es geht“ (IB 8) „weiterdurchgeboxt“ (IB 8) werden soll, wird parallel dazu mit dem Gedanken gespielt, „hochstwahrscheinlich“ (IB 8) eine Festanstellung anzugehen. Gedanken an die sowieso bereits getatigte Grundung erleichtern dabei die Planung des Berufslebens, da sich der Proband dann daruber im Klaren ist, dass er sich durch die Grundung irgendwann problemlos „loslosen [kann] vom Angestellten-Dasein“ (IB 8). Die Festanstellung wurden Probanden daher „niemals komplett ausschlieften“ (IB 7), da sie nicht „fur immer“ (IB 8) ist und der „komplette Sprung“ (IB 8) in das Grunder-Dasein jederzeit getatigt werden kann.
Das Halten der Grundung am Horizont in weiter Ferne lasst auch die Grundqualitat des Vorsichtigen und Behutsamen zum Vorschein kommen. So wollen Probanden „erst Erfahrungen sammeln“ (IB 6), einen „vertrauten Partner“ (IB 1) finden oder auf „die Idee“ (IB 3) warten, ehe sie die Grundung eingehen. Auch erste kleinere Projekte konnen als Absicherung funktionieren, da so per „Testlauf“ (IB 5) ausgetestet werden kann, ob man die „Probezeit“ (IB 5) besteht und uberhaupt „der Typ dafur“ (IB 7) ist. Sie sehen diese Vorkehrungen als „Vorbereitung auf die Grundung“ (IB 6), um nicht „unvorbereitet und naiv“ (IB 1) vorzugehen. Es fehlt die Sicherheit und das Selbstbewusstsein, aufgrund zu weniger Vorbereitung, weshalb sich zunachst auf vorsichtiges Herantasten zuruckberufen wird. Ebenso lasst die Selbstbehandlung der Grundung und der hypothetischen Grundung auch das Verlockende und „Faszinierende“ (IB 3) in der Vor-Sicht erkennen. Erst durch die Besonderheit des Grundens erleben die Probanden es als fast schon notwendig, die Grundung alternativ eingehen zu konnen.
4.2.2 Umbildung: Behutsames Hineinsturzen
Der Prozess der Grundung ist auch immer ein Prozess der Veranderung und damit der Umbildung von angeeigneten Strukturen oder festgefahrenen Denkmuster hinzu neuen Gestalten. Was Probanden in der Grundung anstreben, ist dabei eine Veranderung in Richtung der bereits beschriebenen eigenen Vor-Sicht (vgl. 4.1 Die Grundqualitat: Die Vor-Sicht). Dabei wird in der Umbildung nicht das Erreichen der Vor-Sicht im Konkreten behandelt, sondern das, was sich zeigt und was erlebt wird, wenn die Gestalt des Festen in Drehung kommt. Es steht demnach im Vordergrund, was passiert, wenn sich mit der Vor-Sicht beschaftigt, vor ihr zuruckgeschreckt, sie gemieden, umgangen, angegangen oder attackiert wird.
Unmittelbar davorzustehen, sich in Richtung der eigenen Vor-Sicht zu verandern, lost ein „komisches Gefuhl“ (IB 5) aus, wenngleich es auch „packt“ (IB 8) und ein „Kribbeln“ (IB 8) auslost - „Es ist wie Neuverlieben“ (IB 8). Die „positive Aufregung“ (IB 5) davor, dass die Grundung nun in greifbare Nahe ruckt und somit konkret die eigene berufliche Zukunft geformt werden kann, steigt immens - „Umso naher das Datum ruckt, desto komischer fuhlt es sich an“ (IB 5). Es ist die Phase, die „begeistert“ (IB 5), ein „wahnsinniges Gefuhl“ (IB 4) auslost und in der es „ernst“ (IB 5) wird. Zu sehen, wie „Hindernisse uberwunden werden konnen“ (IB 4), wahrend „unmittelbar an seiner eigenen Zukunft“ (IB 4) gefeilt wird, „macht unglaublich SpaG>“ (IB4) und „heiG> darauf“ (IB 7), mehr zu erreichen. Die Umbildung hin zur verlockenden Vor-Sicht ruckt in greifbare Nahe und das ist „ja auch irgendwie das Geile“ (IB 8).
Durch das intensive Arbeiten an der Veranderung gewinnt die Vor-Sicht an Konturen und die „abschreckend[e]“ (IB 3) Ungewissheit wird kleiner, wahrend die Faszination fur das Festwerden in der eigenen Wunschvorstellung steigt. Das „unsichere Feld, auf dem man sich da bewegt“ (IB 3) wird zur „eigenen Welt“ (IB 4). Die Charakteristi ka der Gestaltung und Umgestaltung der Umbildung werden deutlich, da hier Strukturen aufgelost werden, damit sie in anderem weiterleben konnen. Die befremdlich wirkende Welt der Ungewissheit formt sich um zu konkreten Vorstellungen, die „halt richtig gut werden“ (IB 8) konnen und offenhalten „was dann wohl so geht“ (IB 7).
Diese Faszination an der eigenen Veranderung kann dabei auch zu „fast schon ubermotiviert[em]“ (IB 8) Hineinsturzen fuhren. Die „ubersturzte Grundung“ (IB 5) wird, wie bereits beschrieben, allgemeinhin gerne durch Absicherung und Planung gemieden (vgl. 4.2.1 Aneignung: Die Selbstbehandlung), doch kann die Begeisterung der Faszination diese Absicherung kurzzeitig ausblenden lassen. Dieses Hineinsturzen wird meist erst im Nachgang reflektiert und dann bereut, da die Unsicherheit im Grunden ohnehin schon zu pragnant ist und ein Hineinsturzen dies nur verstarkt. Wiederkehrend erkennbar ist das Ubersturzen auch in den Dynamiken der Tiefeninterviews. Wahrend sich Probanden, die sich ganzlich von dem Thema der Grundung begeistern und faszinieren lieften, ohne zu zogern in die Thematik der Grundung hineinsturzten und dabei gar Beschreibungen zu ihrem Alltag ubersprangen (vgl. IB 1, IB 2, IB 4, IB 5, IB 7 und IB 8), waren weniger begeisterte Probanden zu Beginn eher zuruckhaltend (vgl. IB 3 und IB 6).
Um den „Drang“ (IB 2) zu dieser Veranderung in Richtung der Vor-Sicht uberhaupt zu verspuren braucht es erst eine „Initialzundung“ (IB 6), die „wie eine Explosion alles ins Rollen“ (IB 6) bringt. Ob es dabei benannt wird mit der „Idee“ (IB 3) oder dem Ausbrechen-Wollen „aus der Maschi neri e“ (IB 2), so ist es immer eine „Unzufriedenheit“ (IB 6), die verspurt wird und den Drang nach Veranderung auslost. Wenn die Strukturen des Alltags zu starr und fest werden, wenn man „mit dem ganzen Kram“ (IB 6) unzufrieden ist, aus dem „vorgeebneten Weg“ (IB 2) ausbrechen, es „besser“ (IB 1) machen oder den „ganzen alten Strukturen“ (IB 3) eine bessere Alternative aufzeigen will, dann wird der Drang nach Umbildung verspurt. Solange der Alltag somit in Bewegung erscheint und man „zufrieden“ (IB 6) ist mit der derzeitigen Situation, so wird auch der Drang nach Verlassen dieses Zustandes nicht verspurt.
Die Ungewissheit der Vor-Sicht birgt dabei nicht nur faszinierende, sondern auch „abschreckend[e]“ (IB 3) Elemente.
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- Citar trabajo
- Jonas Klumski (Autor), 2019, Gründung einer eigenen geschäftlichen Unternehmung. Generation Z, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1214647
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