Im Rahmen dieser Arbeit werden Zusammenhänge zwischen dem akademischen Selbstkonzept von Grundschulkindern, deren Schulleistung sowie der von den Kindern wahrgenommenen elterlichen Kompetenzeinschätzung behandelt. Ziel der Arbeit ist es, die Rolle der Schulleistung in Form von Noten und die Rolle der Eltern als Quellen leistungsbezogenen Feedbacks im Zusammenhang mit den bereichsspezifischen akademischen Selbstkonzepten von Kindern zu untersuchen. Im ersten Teil wird der theoretische Rahmen der Arbeit festgelegt. Hierbei wird unter anderem neben der Theorie von William James auch der Einfluss des symbolischen Interaktionismus auf die Selbstkonzeptforschung thematisiert. In Anlehnung an James wird das hierarchische Selbstkonzeptmodell von Shavelson, Hubner und Stanton betrachtet.
In Kapitel 2 wird zunächst kurz auf die Entstehung und Entwicklung des Selbstkonzepts eingegangen, bevor dann verschiedene Determinanten der Selbstkonzeptgenese aufgezeigt werden. Anschließend wird ein Überblick über unterschiedliche Quellen selbstkonzeptrelevanter Informationen gegeben und, bezüglich deren Verarbeitung, der Big-Fish-Little-Pond-Effekt sowie das Internal/External-Frame-of-Reference Modell von Marsh vorgestellt. Im Fokus des dritten Kapitels stehen neben der Definition des Begriffs und der Schulnote als Indikator für Schulleistung, die vielfältigen Bedingungsfaktoren schulischer Leistung. Auf der Grundlage des Makro-Modells der Bedingungsfaktoren schulischer Leistungen von Helmke und Schrader, werden die Einflussfaktoren auf verschiedenen Ebenen näher betrachtet. Kapitel 4 ist dem Einfluss wichtiger Bezugspersonen gewidmet.
Schließlich befasst sich Kapitel 5 mit der Frage, inwieweit Zusammenhänge zwischen dem akademischen Selbstkonzept, der Schulleistung und der wahrgenommenen elterlichen Kompetenzeinschätzung bestehen. Außerdem wird die wahrgenommene elterliche Kompetenzeinschätzung als weiterer möglicher Einflussfaktor auf das Selbstkonzept sowie die Schulleistung mit einbezogen und zu den anderen beiden Konstrukten in Beziehung gesetzt. Mit Kapitel 6 beginnt der empirische Teil der Arbeit, in welchem die Zusammenhänge zwischen Selbstkonzept, Schulleistung und wahrgenommener elterlicher Kompetenzeinschätzung von Grundschulkindern in einer eigenständig durchgeführten Studie untersucht werden. In Kapitel 7 werden die Untersuchungsergebnisse in Bezug auf den aktuellen Forschungsstand diskutiert. Abschließend folgt eine Zusammenfassung der gesamten Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
I. EINLEITUNG
II. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
1. Das Selbstkonzept
1.1 Problematik einer Definition und Abgrenzung von verwandten Konstrukten
1.2 Verschiedene Definitionen des Begriffs
1.3 Definition „akademisches Selbstkonzept“
1.4 Wurzeln der Selbstkonzeptforschung
1.4.1 Begriffsbestimmung und Theorie nach William James
1.4.2 Symbolischer Interaktionismus
1.5 Das hierarchische Selbstkonzeptmodell von Shavelson, Hubner und Stanton
1.6 Modifikation des hierarchischen Selbstkonzeptmodells
2. Entstehung und Entwicklung des Selbstkonzepts
2.1 Determinanten des akademischen Selbstkonzepts
2.2 Soziale, dimensionale, temporale und kriteriale Vergleichsinformationen
2.2.1 Big-Fish-Little-Pond -Effekt
2.2.2 Das Internal/External-Frame-of-Reference-Modell
3. Schulleistung
3.1 Definition Schulleistung
3.2 Determinanten der Schulleistung
3.3 Die Schulnote als Indikator für Schulleistung
4. Einfluss wichtiger Bezugspersonen
4.1 Der Einfluss von Fähigkeitsmitteilungen auf das akademische Selbstkonzept
4.2 Der Einfluss der Eltern auf das akademische Selbstkonzept
5. Zusammenhänge zwischen Selbstkonzept, Schulleistung und elterlicher Kompetenzeinschätzung
5.1 Zusammenhang zwischen Selbstkonzept und Schulleistung
5.2 Bisherige empirische Befunde zum Zusammenhang zwischen Selbstkonzept und Schulleistung
5.3 Zusammenhang zwischen Selbstkonzept und Fähigkeitseinschätzungen der Eltern
5.4 Bisherige empirische Befunde zum Zusammenhang zwischen Selbstkonzept und Fähigkeitseinschätzungen der Eltern
5.5 Für diese Arbeit relevante Zusammenhänge zwischen Selbstkonzept, Schulleistung sowie elterlicher wahrgenommener Kompetenzeinschätzungen
III. EMPIRISCHER TEIL
6. Eine Studie zu den Zusammenhängen zwischen akademischem Selbstkonzept, Schulleistung und von Kindern wahrgenommener elterlicher Kompetenzeinschätzung
6.1 Ziele der Untersuchung
6.2 Fragestellungen und Hypothesen
6.3 Untersuchungsplan
6.4 Methode
6.4.1 Stichprobe
6.4.2 Messinstrumente
6.4.3 Auswertungsmethoden
6.4.4 Durchführung
6.5 Ergebnisse und Interpretation
6.5.4 Zusammenhang zwischen Selbstkonzept und Schulleistung
6.5.5 Zusammenhang zwischen Selbstkonzept, Schulleistung und von Kindern wahrgenommener elterlicher Kompetenzeinschätzung
7 Diskussion
8 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang
I. EINLEITUNG
„Wer bin ich?“ - um diese komplexe Frage beantworten zu können, muss sich jeder Mensch ein eigenes Bild von sich selbst machen. Aus welchen Aspekten ein solches Bild besteht und wie es aufgebaut wird, sind fundamentale Fragen in der Psychologie. Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens in den verschiedensten Bereichen Erfahrungen, die ihn selbst betreffen und prägen. Daraus entsteht ein Bild seines Selbst, seiner eigenen Person, welches in der Psychologie unter dem Begriff „Selbstkonzept“ zusammengefasst wird. Die Gesamtheit des Selbstwissens einer Person wird verschiedenen Kategorien zugeordnet, wovon sich eine auf einen sehr dominanten Lebensbereich, die Institution Schule bezieht. Im schulischen Bereich lässt sich bei jedem Individuum ein sogenanntes akademisches Selbstkonzept ausmachen. Dieses erfährt aufgrund seiner Bedeutung für Lernverhalten und -erfolge insbesondere im Bildungswesen sowie der Pädagogischen Psychologie immer mehr Aufmerksamkeit und ist Gegenstand der vorliegenden Masterarbeit.
Im Rahmen dieser Arbeit werden Zusammenhänge zwischen dem akademischen Selbstkonzept von Grundschulkindern, deren Schulleistung sowie der von den Kindern wahrgenommenen elterlichen Kompetenzeinschätzung behandelt. Ziel der Arbeit ist es, die Rolle der Schulleistung in Form von Noten und die Rolle der Eltern als Quellen leistungsbezogenen Feedbacks im Zusammenhang mit den bereichsspezifischen akademischen Selbstkonzepten von Kindern zu untersuchen. Im ersten Teil wird der theoretische Rahmen der Arbeit festgelegt. So wird in Kapitel 1 zum einen die Begrifflichkeit des Selbstkonzepts allgemein definiert, wobei zunächst auf die Problematik einer einheitlichen Definition und die Abgrenzung zu ähnlichen Konstrukten eingegangen wird. Zum anderen wird auch der spezifische Teil, das akademische Selbstkonzept, genauer definiert. Anschließend werden die Wurzeln der Selbstkonzeptforschung vorgestellt. Hierzu werden neben der Theorie von William James (1890), der als Begründer der Selbstkonzeptforschung gilt, auch der Einfluss des symbolischen Interaktionismus auf die Selbstkonzeptforschung thematisiert. In Anlehnung an James wird das hierarchische Selbstkonzeptmodell von Shavelson, Hubner und Stanton (1976) betrachtet, da dieses Modell mit seinen Erweiterungen das Fundament der modernen und aktuellen Selbstkonzeptforschung bildet. In Kapitel 2 wird zunächst kurz auf die Entstehung und Entwicklung des Selbstkonzepts eingegangen, bevor dann verschiedene Determinanten der Selbstkonzeptgenese aufgezeigt werden. Anschließend wird ein Überblick über unterschiedliche Quellen selbstkonzeptrelevanter Informationen gegeben und, bezüglich deren Verarbeitung, der Big-Fish-Little-Pond-Effekt (Marsh, 1987) sowie das Internal/External- Frame-of-Reference Modell von Marsh (1986) vorgestellt. Ausgangspunkt des dritten Kapitels ist das zweite zentrale Konstrukt der vorliegenden Arbeit, die Schulleistung. Im Fokus dieses Kapitels stehen neben der Definition des Begriffs und der Schulnote als Indikator für Schulleistung, die vielfältigen Bedingungsfaktoren schulischer Leistung. Auf der Grundlage des Makro-Modells der Bedingungsfaktoren schulischer Leistungen von Helmke und Schrader (2006), werden die Einflussfaktoren auf verschiedenen Ebenen näher betrachtet. Kapitel 4 ist dem dritten und letzten zu untersuchenden Aspekt dieser Arbeit gewidmet: dem Einfluss wichtiger Bezugspersonen. Hierbei wird insbesondere auf die Eltern, dem wichtigsten sozialen Umfeld von Kindern eingegangen. Ausgehend von dem Sozialisationsmodell von Eccles (1983) wird erläutert, weshalb die wahrgenommenen Kompetenzeinschätzungen der Eltern einen Einfluss auf die Selbstwahrnehmungen ihrer Kinder nehmen und weshalb ihnen aus diesem Grund die Rolle als „Interpreters of Reality“ zugeschrieben wird. Schließlich befasst sich Kapitel 5 mit der Frage, inwieweit Zusammenhänge zwischen dem akademischen Selbstkonzept, der Schulleistung und der wahrgenommenen elterlichen Kompetenzeinschätzung bestehen. Zunächst werden die beiden Wirkungsrichtungen des Zusammenhangs von Selbstkonzept und Leistung anhand von zwei verschiedenen Ansätzen beschrieben. Darüber hinaus wird ein Überblick über die bisherigen Forschungsergebnisse zum untersuchten Zusammenhang gegeben. Außerdem wird der dritte Aspekt der Fragestellung dieser Arbeit, die wahrgenommene elterliche Kompetenzeinschätzung, als weiterer möglicher Einflussfaktor auf das Selbstkonzept sowie die Schulleistung mit einbezogen und zu den anderen beiden Konstrukten in Beziehung gesetzt. Auch hier werden bisherige empirische Befunde aufgezeigt. Mit Kapitel 6 beginnt der empirische Teil der Arbeit, in welchem die Zusammenhänge zwischen Selbstkonzept, Schulleistung und wahrgenommener elterlicher Kompetenzeinschätzung von Grundschulkindern in einer eigenständig durchgeführten Studie untersucht werden. Hierzu werden zunächst die Hypothesen der vorliegenden Untersuchung aufgestellt. Daraufhin werden der Untersuchungsplan sowie die Methode skizziert. Schließlich werden die Untersuchungsergebnisse der hier durchgeführten Studie zu den verschiedenen Zusammenhängen vorgestellt und interpretiert. In Kapitel 7 werden die Untersuchungsergebnisse in Bezug auf den aktuellen Forschungsstand diskutiert. Neben der Einordnung in den Wissensstand aus dem Literaturteil, wird die Studie in diesem Kapitel hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen kritisch bewertet. Weiterhin werden Folgerungen für die zukünftige Forschung sowie Praxis abgeleitet und somit wird mit diesem letzten Punkt der empirische Teil der Arbeit abgeschlossen. Abschließend folgt eine Zusammenfassung der gesamten Arbeit, indem sowohl die theoretischen Grundlagen als auch die eigene empirische Forschung verkürzt mit den wichtigsten Inhalten und Ergebnissen dargestellt werden.
II. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
1. Das Selbstkonzept
Die Forschung zum eigenen Selbst ist vielfältig und hat eine große Heterogenität an Definitionen und theoretischen Modellen hervorgebracht (Hansford & Hattie, 1982a, S. 132; Moschner, 2001, S. 629). Im Ordnungsversuch der „Selbst“-Begriffsvielfalt gibt es verschiedene Ansätze, psychologische Konstrukte und Theorien, die das Verständnis und die Definition des eigenen Selbst erleichtern sollen. Bevor das Konstrukt des Selbstkonzepts definiert wird, soll im Folgenden zunächst jedoch auf die Problematik einer einheitlichen Definition des Begriffs sowie die Abgrenzung zu verwandten Konstrukten eingegangen werden.
1.1 Problematik einer Definition und Abgrenzung von verwandten Konstrukten
Greve (2000) bezeichnet das Selbst als ein dynamisches System, welches sich aus einer kognitiven Komponente mit dem Konstrukt des Selbstkonzepts, einer affektiven Komponente mit dem Konstrukt des Selbstwerts und einer konativen Komponente mit dem Konstrukt der Selbstwirksamkeit oder Selbstregulation zusammensetzt. In der Literatur werden verschiedene Ansichten darüber geteilt, ob sich diese drei überlappenden Begrifflichkeiten theoretisch voneinander abgrenzen lassen oder ob die psychologischen „Selbst“-Konstrukte eng miteinander verwandt und nicht trennbar sind (z.B. Filipp & Frey, 1987; Mummendey, 1990). Das psychologische Konstrukt des Selbstkonzepts lässt sich aufgrund der Unklarheit des Bedeutungsgehalts sowie der Vielfalt an verwendeten Begriffen nicht einheitlich und allgemein definieren (Byrne, 1996, S. 2; Helmke, 1992, S. 18). In der Literatur findet man für den Begriff Selbstkonzept noch weitere Begriffe, von welchen die meisten synonym verwendet werden, wie z.B. Selbstidentität, Selbsttheorie, Selbstbild oder Selbstwahrnehmung (Byrne, 1996). Hansford und Hattie (1982a, S. 132) fanden in ihrer Metaanalyse, die insgesamt 128 Studien zur Beziehung zwischen Selbstkonzept und Leistung umfasste, 15 verschiedene Selbstkonzeptdefinitionen. Auch Shavelson, Hubner und Stanton (1976, S. 409) zeigten in einer Übersicht von Selbstkonzeptdefinitionen 17 Kategorien auf, denen die Begriffsdefinitionen zugeordnet werden können. Das Konstrukt des Selbstkonzepts kann als subjektives Bild der eigenen Person bezeichnet werden, bei dem die kognitiv-beschreibende Komponente im Vordergrund steht (Moschner & Dickhäuser, 2018, S. 750). Demgegenüber liegt der Schwerpunkt des Konstrukts des Selbstwerts mit seiner subjektiven Bewertung dieses Selbstbilds auf der affektiv-evaluativen Komponente (Wylie, 1974 zitiert nach Schütz, 2003, S. 4). Die Gesamtheit der Bewertungen, die eine Person sich selbst zuschreibt, ergibt dann das globale Selbstwertgefühl (self-esteem) (Moschner & Dickhäuser, 2018, S. 750). Auch die Begriffe Selbstwert oder Selbstwertgefühl werden je nach Autor unterschiedlich definiert und bezeichnet. Hierfür werden beispielsweise die Begriffe Selbstbewusstsein, Selbstakzeptanz, Selbstwertschätzung oder Selbstachtung verwendet (Byrne, 1996). In Abgrenzung zum Selbstkonzept und zum Selbstwert wird bei dem Begriff Selbstwirksamkeit (self-efficacy) ein etwas anderer Bedeutungsaspekt fokussiert. Dieses Konzept lässt sich auf Albert Bandura (1997) zurückführen und wird definiert als „(...) die Überzeugung einer Person, das zum Erreichen eines Handlungsergebnisses erforderliche Verhalten erfolgreich ausführen zu können“ (Moschner, 2001, S. 629). Obwohl bei dem Selbstkonzept und der Selbstwirksamkeit Überschneidungsbereiche auftreten, ist es dennoch möglich die beiden Konstrukte auf theoretischer als auch auf empirischer Ebene voneinander abzugrenzen. Aus theoretischer Sicht sind Selbstkonzepte im Vergleich zu Selbstwirksamkeitsüberzeugungen breiter gefasst, zeitstabiler und eher vergangenheitsorientiert, da sie aus den Einschätzungen eigener Fähigkeiten in bisherigen Leistungen resultieren (Trautwein, 2003, S. 24). Die Selbstwirksamkeitserwartung hingegen ist kontext-, situationsspezifisch und zukunftsorientiert, da sie die Bewältigung bevorstehender kontextbezogener Aufgaben auf der Grundlage eigener Kompetenzen beurteilt (Bandura, 1997). Bei dem Konstrukt der Selbstwirksamkeit sind sich die Autoren einig, dass diese sich nur auf den kognitiven Aspekt der Selbstwahrnehmung bezieht (Bong & Skaalvik, 2003; Trautwein, 2003). Das Selbstkonzept hingegen beinhaltet zudem auch affektiv-evaluative Aspekte. In dem Versuch die verschiedenen und zum Teil doch synonym verwendeten Begriffe zu systematisieren, empfehlen mehrere Autoren eine grundlegende Trennung zwischen Selbstbeschreibungen und Selbstbewertungen zur groben Orientierung (z.B. Filipp & Frey, 1987; Helmke, 1992; Rustemeyer, 1993). Im Sinne dieser Trennung trägt nach Moschner und Dickhäuser (2018, S. 750) das Selbstkonzept dann die Rolle des kognitiv-deskriptiven Konzepts eines Individuums über sich selbst und aus der Summe aller Bewertungen, die eine Person vornimmt, entsteht das globale Selbstwertgefühl als affektiv-evaluatives Konzept. In diesem Kontext wird jedoch diskutiert, ob Selbstkonzepte nur kognitive beschreibende Repräsentationen der eigenen Fähigkeiten darstellen oder ebenfalls evaluative Komponenten enthalten (Möller & Trautwein, 2015, S. 189). Viele Autoren stellen somit die Sinnhaftigkeit einer Trennung in Frage und vertreten die Ansicht, dass zusätzlich zu dem deskriptiv-kognitiven Aspekt der affektiv- evaluative Aspekt von Bedeutung ist (Bong & Skaalvik, 2003; Marsh et al., 1988; Mummendey, 1990; Shavelson et al., 1976). Denn wenn das Subjekt gleichzeitig das Objekt der Betrachtung ist, hat dies zur Folge, dass das Selbstwertgefühl als die emotionale Komponente der Selbsteinschätzung zu einem Teilaspekt des Selbstkonzeptes wird (Mummendey, 1990, S. 79f.).
So lässt sich festhalten, dass der Begriff des Selbstkonzepts im weiten Sinne sowohl kognitive als auch affektive Aspekte enthält. Hingegen sind unter dem Begriff Selbstwertgefühl ausschließlich die evaluativen Komponenten des weiter gefassten Selbstkonzepts zu verstehen (Byrne, 1996). Ob jedoch sowohl die kognitive als auch die affektiv-evaluative Komponente bei der Selbstkonzepterfassung gemessen werden oder zwischen diesen beiden Konstrukten differenziert werden soll, ist bislang im Rahmen der Selbstkonzeptforschung ungeklärt (Bong & Skaalvik, 2003).
1.2 Verschiedene Definitionen des Begriffs
Der Begriff Selbstkonzept (self-concept) kann gemäß Shavelson, Hubner & Stanton (1976) breit gefasst als „(...) a person's perception of himself“ definiert werden (S. 411). Auch Mummendey (2006) subsumiert unter Selbstkonzept „alle Einstellungen zur eigenen Person“ (S. 38). Harter (2006) beschreibt das Selbstkonzept aus psychologischer Sicht als die Gesamtheit des Wissens und der Überzeugungen einer Person über sich selbst - darin enthalten sind ihre Vorstellungen, Gefühle, Einstellungen und Erwartungen.
In einer anderen Definition wird unter dem Begriff die mentale Repräsentation der eigenen Person, welche Vorstellungen, Einstellungen und Einschätzungen der eigenen Eigenschaften, Fähigkeiten und Kompetenzen sowie globale gefühlsmäßige Bewertungen enthält, verstanden (Moschner, 2001; Moschner & Dickhäuser, 2018, S. 750). Wie ein Individuum sich selbst sieht, ist außerdem nicht unabhängig von der Wahrnehmung seiner Umwelt und seinen sozialen Erfahrungen. Shavelson et al. (1976) fügen ihrer Definition des Selbstkonzepts als individuelle Wahrnehmung der eigenen Person hinzu, dass diese durch Erfahrungen mit der Umwelt sowie wichtige Bezugspersonen beeinflusst wird. Das Selbst ist somit ein dynamisches System, in dem sich unsere Selbstwahrnehmungen durch Wechselwirkungen mit der Umwelt, den jeweiligen Situationen und Lebensumständen anpassen (Dörfler & Roos, 2018; Woolfolk, 2014). Allgemein lässt sich festhalten, dass die Überzeugungen in Bezug auf Fähigkeiten und Kompetenzen einer Person in Interaktion und Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt entstehen. Mit dem Konstrukt des Selbstkonzepts kann das Handeln und Verhalten einer Person verstanden, erklärt und vorhergesagt werden. Hierbei beeinflusst die Wahrnehmung einer Person über sich selbst wie sie handelt, aber gleichzeitig beeinflussen diese Handlungen wiederum wie sich diese Person selbst sieht (Shavelson et al., 1976, S. 411). Auch die Handlungen anderer werden im Hinblick auf das, was man über sich selbst weiß und glaubt, interpretiert (Dörfler & Roos, 2018, S. 535). Die Wahrnehmungen der eigenen Person können sich entweder auf die gesamte Person oder nur auf bestimmte Facetten der Person beziehen. Bei Letzterem wird verallgemeinert von einem bereichspezifischen Selbstkonzept (domainspecific self-concept) gesprochen (Möller & Trautwein, 2015, S. 188). Selbstbeschreibungen in einem spezifischen Bereich können sowohl auf Fähigkeiten bezogene (z.B. akademisches Selbstkonzept) als auch auf weitere Aspekte wie beispielweise das körperliche Erscheinungsbild (physisches Selbstkonzept), die Bindung zu den Eltern, die Popularität oder die emotionale Stabilität erfolgen (Woolfolk, 2014, S. 98). Über diese Ansicht, dass das Selbstkonzept mehrere Facetten hat und somit aus mehreren Teilkonzepten besteht, herrscht weitgehend Konsens (Arens, Trautwein & Hasselhorn, 2011; Moschner & Dickhäuser, 2018). Dabei spricht man von einer multidimensionalen Struktur des Selbstkonzepts. Während des Versuchs, das eigene Selbst zu erklären, werden jedoch bezüglich der Strukturvorstellungen verschiedene Ansätze und Ansichtsweisen herangezogen. Bei einem Ansatz wird ein Schema konstruiert, welches gesammelte Eindrücke, Gefühle und Überzeugungen in einem Raum ordnet (Woolfolk, 2014, S. 98). Hierbei entstehen Wissenspakete, sogenannte Selbstschemata, die alle Informationen über das Selbst netzwerkartig strukturieren (Dörfler & Roos, 2018, S. 534). Dahingegen gehen Shavelson et al. (1976) von einer hierarchischen Struktur aus, welche das allgemeine Selbstkonzept in verschiedene Bereiche in einer bestimmten Anordnung präsentiert.
Die vorliegende Arbeit fokussiert sich bezüglich der Selbstkonzeptstruktur auf das Selbstkonzeptmodell von Shavelson et al. (1976) (siehe Kapitel 1.5), da dieses eine bereichsspezifische Betrachtung des Selbstkonzepts ermöglicht.
1.3 Definition „akademisches Selbstkonzept“
Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf dem Teilbereich des Selbstkonzepts, der den schulischen Bereich und die kognitive Leistungsfähigkeit eines Individuums umfasst. In diesem Kontext spricht man vom akademischen Selbstkonzept, das in der Literatur auch als Fähigkeitsselbstkonzept oder Selbstkonzept der Begabung bezeichnet wird (Möller & Trautwein, 2015, S. 189). Das akademische Selbstkonzept wird als die Gesamtheit der kognitiven Repräsentationen eigener Fähigkeiten in akademischen Leistungssituationen verstanden (Schöne, Dickhäuser, Spinath & Stiensmeier-Pelster, 2002). Auch Bong und Skaalvik (2003, S. 10) definieren das akademische Selbstkonzept als das Wissen über und die Eindrücke von sich selbst in Leistungssituationen. Das Fähigkeitsselbstkonzept ist also der Teilbereich des Selbstkonzepts, welcher sich auf die Einschätzung von Fähigkeiten bezieht (Moschner & Dickhäuser, 2018, S. 750). Dieses Teilkonzept selbst differenziert nochmal eine mathematische und eine verbale Komponente, denen jeweils unterschiedliche Schulfächer angehören (Marsh, Byrne & Shavelson, 1988). Es gilt als zentraler Untersuchungsgegenstand der pädagogisch-psychologischen Forschung, da neben der Leistungsentwicklung von Schülerinnen und Schülern zudem deren Persönlichkeitsentwicklung und das psychische Wohlbefinden als weitere Bildungsziele gelten. Die Vermittlung sowie Ausbildung eines positiven Selbstbilds stellt ein wichtiges und eigenständiges Erziehungsziel der Schule dar, denn eine positive Selbstbewertung wird als einer der wichtigsten Indikatoren für das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen angesehen (Trautwein, 2003, S.7). Das akademische Selbstkonzept wurde insbesondere in schulischen und leistungsthematischen Kontexten untersucht. Diesbezüglich ist der positive Zusammenhang der Bewertung der eigenen Leistungsfähigkeit mit den tatsächlichen Leistungen empirisch gut gesichert (Möller & Trautwein, 2015, S. 188). So sind einerseits die schulischen Leistungen von den tatsächlichen Fähigkeiten einer Person abhängig (Schrader & Helmke, 2008), andererseits werden sie auch durch das akademische Selbstkonzept beeinflusst (Schöne et al., 2002). Akademische Selbstkonzepte repräsentieren demnach die subjektiv wahrgenommenen Möglichkeiten zur Bewältigung schulischer Anforderungen und können gegenwärtige oder zukünftige Leistungen je nach Ausprägung sowohl positiv als auch negativ beeinflussen (Helmke, 1992, S. 117). Da es ein wichtiger Prädikator für das Verhalten in Lern- und Leistungssituationen ist und eine entscheidende Rolle für den Schulerfolg sowie für den weiteren akademischen und beruflichen Erfolg spielt (Köller & Baumert, 2001), wird das Konstrukt des akademischen Selbstkonzepts als sehr bedeutsam angesehen. Auch bei dem akademischen Selbstkonzept ist nach wie vor umstritten, ob die Kompetenz- und die Affektdimension voneinander getrennt werden sollten (Sparfeldt, Schilling, Rost & Müller, 2003). Je nach Auffassung und Messinstrument des Konstrukts werden die affektive („Ich mag...“) und die kognitive („Ich kann...gut“) Komponente entweder ein- oder ausgeschlossen. So wird beispielsweise bei den akademischen Selbstkonzeptskalen des SDQ I von Marsh (1990b) keine Trennung zwischen einer Kompetenz- und einer Affektdimension vorgenommen. Demgegenüber vertreten andere Autoren die Meinung, dass die affektive Komponente eher dem Interesse bzw. der Motivation zuzuordnen ist und das akademische Selbstkonzept primär Kompetenzwahrnehmungen umfasst (Schneider & Sparfeldt, 2020). Auch wenn sich beide Aspekte theoretisch sowie empirisch nicht immer voneinander trennen lassen, wird das akademische Selbstkonzept in der vorliegenden Arbeit gemäß der Definition von Schöne et al. (2002) als die kognitive Repräsentation eigener Fähigkeiten verstanden, weshalb die kognitive Komponente im Vordergrund steht.
1.4 Wurzeln der Selbstkonzeptforschung
Das folgende Kapitel widmet sich in prägnanter Form den theoretischen Wurzeln der pädagogisch-psychologischen Selbstkonzeptforschung. Neben William James wird auf den symbolischen Interaktionismus eingegangen, dessen Vertreter den Einfluss von Fremdwahrnehmungen durch Interaktionen mit der sozialen Umwelt auf das Selbstkonzept betonen, und Bewertungen sowie Leistungsrückmeldungen durch die Eltern oder Lehrpersonen zentrale Aspekte der Arbeit darstellen.
1.4.1 Begriffsbestimmung und Theorie nach William James
Der amerikanische Psychologe William James gilt mit seiner grundlegenden Unterscheidung zwischen zwei komplementären Aspekten des Selbst als der Begründer der psychologischen Selbstkonzeptforschung (Möller & Trautwein, 2015). Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts differenzierte er zwischen dem Selbst als Subjekt („I“) und dem Selbst als Objekt („Me“). Unter dem „I“ verstand James die aktive, innewohnende Instanz, die ganz wesentlich unsere Wahrnehmungen und Handlungen steuert. Das „Me“ als Objekt der Betrachtung der eigenen Person hingegen repräsentiert das Selbstbild der Person, welches aus der Wahrnehmung und Interpretation der Umwelt resultiert. Dieses „Me“ entspricht unserem heutigen Selbstkonzept. Das Selbst als Objekt repräsentiert also all jene Dinge, die das Selbst als Subjekt über sich selbst weiß (Stemmler, Hagemann, Amelang & Spinath, 2016). Schon damals ging James von einem hierarchisch angeordneten und multidimensionalen System aus und unterteilte die „Me“- Komponente in drei Ebenen. Die unterste Ebene bildet das materielle Selbst, das körperliche Eigenschaften sowie das Bewusstsein um den eigenen Besitz umfasst. James zählt hierzu neben Gegenständen interessanterweise auch wichtige Bezugspersonen. Unter dem sozialen Selbst, der mittleren Ebene des „Me“, versteht James die wahrgenommene Anerkennung und Beachtung zur eigenen Person durch die soziale Umwelt (James, 1892 zitiert nach Trautwein, 2003, S. 13). Dem geistigen oder spirituellen Selbst wird innerhalb des „Me-Self“ die größte Bedeutung zugeschrieben. Es besteht aus dem Wissen über eigene Eigenschaften, Fähigkeiten und Einstellungen zu beispielsweise den Aspekten Moral und Glauben. Auf dieser spirituellen Ebene des Selbst ist aus gegenwärtiger Sicht das akademische Selbstkonzept anzusiedeln. Obwohl manche Aspekte revidiert werden mussten, schuf James mit diesen theoretischen Annahmen wie z.B. der Auffassung des Selbstkonzepts als ein hierarchisches und multidimensionales Konstrukt eine wichtige Basis für spätere Selbstkonzeptmodelle. So auch für das hierarchische und multidimensional aufgebaute Selbstkonzeptmodell von Shavelson et al. (1976), welches die Grundlage der aktuellen Selbstkonzeptforschung bildet und im Rahmen dieser Arbeit noch vorgestellt wird (Möller & Trautwein, 2015).
1.4.2 Symbolischer Interaktionismus
Auch der symbolische Interaktionismus kann neben der Theorie von William James (1982) als ein weiterer Mitbegründer der modernen Selbstkonzeptforschung angesehen werden. Die Theorie des symbolischen Interaktionismus betont den besonderen Einfluss der Prozesse und Interaktionen mit der sozialen Umwelt auf die Selbstkonzeptentwicklung. Demnach geht das Selbstkonzept einer Person als das Resultat der Fremdwahrnehmungen durch andere Personen hervor (Möller & Trautwein, 2015). Ein bedeutender Vertreter des symbolischen Interaktionismus, Cooley (1902), prägte den Begriff des „looking glass self“. Nach diesem Begriff sieht und bewertet sich eine Person selbst aus der Perspektive heraus, wie sie denkt von anderen Personen gesehen und bewertet zu werden. Besonders wichtige und nahestehende Bezugspersonen haben nach dieser Ansicht Einfluss auf das Selbstkonzept einer Person, da deren Meinung bei jedem Individuum einen hohen Stellenwert einnimmt. In Anlehnung daran betonte Mead (1934), dass nicht nur einzelne Personen, sondern alle sozialen Gruppen, zu denen ein Individuum dazugehört, das Selbstbild prägen. Denn auf der Grundlage symbolischer Kommunikation und Interaktion versucht man aus den Augen der anderen Hinweise über die eigene Person zu erhalten. Diese gewonnenen Informationen fließen dann in die Konstruktion des eigenen Selbstbilds ein. Die Erkenntnis von den Vertretern des symbolischen Interaktionismus, dass die Selbstkonzeptentwicklung maßgeblich durch die soziale Umwelt beeinflusst wird, ist bis heute von großer Bedeutung in der Selbstkonzeptforschung und trägt dort eine leitende Funktion (Möller & Trautwein, 2015; Trautwein, 2003).
1.5 Das hierarchische Selbstkonzeptmodell von Shavelson, Hubner und Stanton
In einer Übersichtsarbeit versuchten Shavelson et al. (1976) die Vielzahl der bestehenden theoretischen und empirischen Befunde der bisherigen Selbstkonzeptforschung zu systematisieren. Die Autoren vertraten mit Bezug auf James (1892) die Annahme, dass die Struktur des Selbstkonzepts multidimensional und hierarchisch aufgebaut ist. Auf dieser Basis entwickelten Shavelson und Mitarbeiter ein Selbstkonzeptmodell, das heute meist als Shavelson-Modell bekannt ist. Das von ihnen entwickelte Modell nahm einen enormen, bis heute andauernden Einfluss auf die Forschung zum Selbstkonzept und kann als Startpunkt der modernen pädagogisch-psychologischen Selbstkonzeptforschung gesehen werden (Möller & Trautwein, 2015). Des Weiteren formulierten Shavelson et al. (1976) auf der Grundlage bereits vorhandener Definitionen eine einheitliche, operationalisierbare Arbeitsdefinition von Selbstkonzept. Nach den Autoren wird das Selbstkonzept einer Person durch Erfahrungen mit der sozialen Umwelt geprägt, welche wiederum durch bedeutsame Bezugspersonen beeinflusst werden. Um das Konstrukt des Selbstkonzepts zu erklären, schrieben sie ihm sieben Eigenschaften zu: „Seven features can be identified as critical to the construct definition: Selfconcept can be described as: organized, multifaceted, hierarchical, stable, developmental, evaluative, differentiable” (Shavelson et al., 1976, S. 411). Diese charakteristischen Merkmale werden in folgendem zusammenfassend erläutert:
1) Das Selbstkonzept ist strukturiert bzw. organisiert. Vielfältige Erfahrungen und Interpretationen mit der Umwelt werden gesammelt und in verschiedene Kategorien eingeteilt.
2) Diese kategorische Zuordnung von Erfahrungen ergibt die zweite Annahme des Selbstkonzepts: es ist multidimensional und umfasst demnach verschiedene Facetten wie den physischen, emotionalen, sozialen und akademischen Bereich (Shavelson et al., 1976, S. 411f.).
3) Es besitzt eine hierarchische Struktur. An der Spitze der Hierarchie steht das allgemeine oder generelle Selbstkonzept, welches sich in der darunterliegenden Ebene in die beiden Bereiche akademisches und nicht-akademisches Selbstkonzept unterteilt. Letzteres unterscheidet zwischen einem sozialen, emotionalen und physischen Selbstkonzept. Das akademische Selbstkonzept wiederum wird weiter aufgefächert in die einzelnen spezifischen Schulfächer (z.B. Deutsch, Mathematik, Physik etc.). Auch die Teilselbstkonzepte im nicht-akademischen Bereich lassen sich auf einer weiteren Ebene ausdifferenzieren. Das Fundament der hierarchischen Struktur des Selbstkonzepts besteht aus den Selbstwahrnehmungen konkreter Verhaltensweisen in spezifischen Situationen (Arens, Trautwein & Hasselhorn, 2011).
4) Auf den unteren Hierarchieebenen nimmt die Stabilität der Bereiche zunehmend ab. Demnach ist das generelle Selbstkonzept sehr stabil, während die unteren bereichsspezifischeren Selbstkonzeptebenen aufgrund von zeitlichen und situativen Schwankungen leichter veränderbar sind. Um demgegenüber an der Hierarchiespitze eine Veränderung herbeizuführen, bedarf es wiederholten und erheblichen innerhalb des Selbstkonzepts widersprüchlichen Situationen (Shavelson et al., 1976, S. 414).
5) Das Selbstkonzept differenziert sich mit zunehmendem Alter immer mehr aus. Dementsprechend ist das Selbstkonzept von Kleinkindern noch undifferenziert und erst im Laufe der Entwicklung differenzieren sich die einzelnen Facetten des Selbstkonzepts durch spezifische Erfahrungen in den jeweiligen Bereichen immer weiter aus Harter, 1999; Shavelson et al., 1976, S. 414).
6) Das Selbstkonzept einer Person unterliegt einer ständigen Evaluation hinsichtlich der in der Gesellschaft verankerten Normen, aber auch bezüglich Peers und anderer für sie bedeutsamer Personen. Somit enthält das Selbstkonzept nach Shavelson et al. (1976, S. 414) sowohl eine kognitive (beschreibende) als auch eine affektiv-evaluative (bewertende) Komponente. An dieser Stelle betonen die Autoren, dass eine klare konzeptuelle Trennung dieser beiden Komponenten noch aussteht, weshalb die Begriffe Selbstkonzept und Selbstwert in der Literatur oftmals synonym verwendet werden.
7) Das Selbstkonzept lässt sich von anderen Konstrukten, die ihm theoretisch ähnlich sind, unterscheiden. Es können zudem anhand der Ausprägung verschiedener Selbstkonzeptfacetten Vorhersagen über Zusammenhänge mit Drittvariablen gemacht werden. Wie stark der jeweilige Zusammenhang ist, hängt davon ab, ob Selbstkonzeptfacetten innerhalb eines Bereichs oder aus jeweils verschiedenen Bereichen zueinander in Beziehung gesetzt werden. Beispielsweise ist nach dem Modell der Zusammenhang zwischen dem akademischen Selbstkonzept und den Schulleistungen enger als zwischen dem akademischen Selbstkonzept und den physischen Fähigkeiten (Shavelson et al., 1976, S. 415).
Abbildung 1 zeigt das Selbstkonzeptmodell von Shavelson et al. (1976), in dem die genannten Annahmen zur hierarchischen und multidimensionalen Struktur des Selbstkonzepts veranschaulicht werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das hierarchische Selbstkonzeptmodell nach Shavelson et al., 1976 (S.413) (große Darstellung im Anhang)
Mit diesem Modell konnten zum ersten Mal die von Shavelson et al. (1976) angenommenen Vorstellungen zur Struktur und zu den Eigenschaften des Selbstkonzepts empirisch überprüft werden. Nach der Überprüfung dieser Annahmen in verschiedenen Forschungsarbeiten konnten diese teilweise bestätigt werden. Durch die mehrdimensionale Struktur des Selbstkonzeptmodells können eine Vielzahl der Facetten des Selbstkonzepts operationalisiert und somit als separate Konstrukte gemessen werden (z.B. Marsh, 1990a; Marsh & Craven, 1997). Diese erste Kernannahme einer Multidimensionalität des Selbstkonzepts ist heute allgemein akzeptiert, da die multidimensionale Struktur vielfach empirisch nachgewiesen werden konnte (Arens, 2011; Möller & Trautwein, 2015). In empirischen Studien zeigte sich jedoch, dass die zweite Kernannahme einer hierarchischen Struktur des Selbstkonzepts sowohl für den akademischen als auch für den nichtakademischen Teil nicht so stark ausgeprägt war wie es anfänglich von Shavelson et al. (1976) angenommen wurde (Arens et al., 2011; Marsh & Shavelson, 1985). Dies führte zu einer Revision des Selbstkonzeptmodells von Shavelson et al. (1976) und somit entstand das Marsh/Shavelson Modell des akademischen Selbstkonzepts (Marsh, Byrne & Shavelson, 1988), welches in folgendem Abschnitt genauer erläutert wird.
1.6 Modifikation des hierarchischen Selbstkonzeptmodells
Da in empirischen Untersuchungen die Annahme einer hierarchischen Struktur des Selbstkonzepts von Shavelson et al. (1976) nicht bestätigt werden konnten, wurde das von ihnen entwickelte Modell von Marsh et al. modifiziert (1988). Shavelson et al. (1976) gingen von einem allgemeinen Selbstkonzept aus, welches sich auf der untergeordneten Ebene in ein akademisches und ein nicht-akademisches Selbstkonzept aufspaltet. Auch für den akademischen Bereich nahmen sie eine hierarchische Struktur an, wonach sich das globale akademische Selbstkonzept aus einzelnen unterrichtsfachspezifischen Selbstkonzepten zusammensetzt. Da sich in verschiedenen empirischen Studien jedoch zeigte, dass das verbale Selbstkonzept und das mathematische Selbstkonzept gar nicht, nur gering oder teilweise sogar negativ miteinander korrelierten (z.B. Marsh, 1986; Möller & Köller, 2004; Marsh & Shavelson, 1985), lassen sich diese beiden nicht in ein globales akademisches Selbstkonzept integrieren. Sie scheinen vielmehr zwei unabhängige schulische Selbstkonzepte darzustellen, weshalb die Annahme eines generellen akademischen Selbstkonzepts verworfen wurde. Somit erfolgte eine Aufteilung des generellen akademischen Selbstkonzepts in zwei weitgehend voneinander getrennte akademische Selbstkonzeptbereiche: ein mathematisches und ein verbales Selbstkonzept (Marsh, 1990a; Marsh et al., 1988; Marsh & Shavelson, 1985). Dabei umfasst das verbale Selbstkonzept Selbsteinschätzungen zu Unterrichtsfächern wie der Muttersprache, Fremdsprachen und Geschichte und demgegenüber gehören Selbsteinschätzungen in Fächern wie Mathematik, Physik und Chemie zu dem mathematischen Selbstkonzept (Möller & Trautwein, 2015). Diese revidierte Struktur und Aufgliederung des akademischen Selbstkonzepts in eine mathematische und verbale Komponente werden in dem erweiterten Modell in Abbildung 2 gezeigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Struktur des schulischen Selbstkonzepts im revidierten Modell (modifiziert nach Marsh et al., 1988)
Das revidierte Marsh/Shavelson-Modell mit der Unterteilung des akademischen Selbstkonzepts in zwei unabhängige Faktoren konnte in zahlreichen Studien empirisch nachgewiesen werden (Köller, 2000; Marsh; 1990a; Marsh et al., 1988). Es wurde außerdem zur Grundlage vieler Studien, die sich zum einen mit den Beziehungen zwischen dem verbalen und mathematischen Selbstkonzept und zum anderen mit dazugehörigen verbalen und mathematischen Leistungen befassten. Die Untersuchungen zu diesem Zusammenhang ergaben hierbei die höchsten Korrelationen zwischen dem bereichsspezifischen Selbstkonzept und der entsprechenden Schulleistung (Byrne, 1996). Auch weitere Befunde weisen auf die Notwendigkeit einer Bereichsspezifität des akademischen Selbstkonzepts hin. Erklärt werden der geringe Zusammenhang zwischen den beiden akademischen Selbstkonzeptbereichen sowie die Beziehungen von bereichsspezifischen Selbstkonzepten und bereichsspezifischen Leistungen zueinander durch das in Kapitel 2.2.2 vorgestellte Internal/External Frame of Reference (I/E) Modell (z.B. Marsh, 1986; Marsh, 1990a). Sowohl das Selbstkonzeptmodell von Shavelson et al. (1976) als auch das modifizierte Modell von Marsh et al. (1988) bilden die Grundlage für die heutige Selbstkonzeptforschung. Für die vorliegende Arbeit sind zwei der vorgestellten theoretischen Annahmen zentral. Zum einen gilt die Annahme, dass das Selbstkonzept auf mehreren Ebenen verschiedene Facetten umfasst, wovon eine das akademische Selbstkonzept darstellt. Zum anderen wird angenommen, dass sich das akademische Selbstkonzept nochmals in einen verbalen und einen mathematischen Bereich ausdifferenzieren lässt.
2. Entstehung und Entwicklung des Selbstkonzepts
In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, wie das Selbstkonzept entsteht, sich entwickelt und durch welche Faktoren es bei der Entwicklung beeinflusst werden kann. Im Fokus stehen die Determinanten des akademischen Selbstkonzepts.
In erster Linie lassen Erfahrungen mit der eigenen und über die eigene Person Selbstkonzepte entstehen. Diese Erfahrungen sind überwiegend von wichtigen Bezugspersonen oder gesellschaftlichen Einrichtungen ausgesendete Du-Botschaften, die bewertet sowie verinnerlicht werden und dadurch grundlegend das Selbstkonzept formen (Schulz von Thun, 2010, S. 191). Besonders prägend sind hierbei positive bzw. negative Rückmeldungen, die ein Individuum von anderen Personen erhält (Schulz von Thun, 2010, S. 187f.). Die verbalen und nicht-verbalen Reaktionen und Rückmeldungen der jeweils wichtigen sozialen Bezugspersonen werden verwendet, um sich selbst zu beurteilen und daraus ein Selbstkonzept zu konstruieren (Harter, 2006). Neben individuellen kognitiven Entwicklungsprozessen geht die Selbstkonzeptentwicklung auch mit der Nutzung verschiedener Quellen selbstbezogenen Wissens einher (Thomsen, Lessing, Greve & Dresbach, 2018, S. 97). Filipp (1979) nennt hierbei fünf Quellen selbstbezogenen Wissens, die den Aufbau und die Entwicklung des Selbstkonzepts beeinflussen. Soziale Erfahrungen eines Individuums sind eine zentrale Quelle seines selbstbezogenen Wissens. Hierzu zählen neben direkten verbalen Interaktionen auch indirekte Interaktionen mit anderen. Es werden somit bestimmte Attribute zur eigenen Person, die entweder von anderen explizit formuliert oder die aufgrund von beobachtbarem Verhalten der anderen interpretiert wurden, in das eigene Selbstkonzept übernommen. Ab dem Schulalter kommen zusätzlich komparative Selbstzuweisungen als Quelle selbstbezogenen Wissens hinzu, die durch die Beobachtung von und den Vergleich mit anderen entstehen. Mit zunehmendem Alter kommen schließlich neben Fremdzuweisungen und Vergleichen noch die Beobachtung sowie die Reflexion des eigenen Verhaltens als Quellen selbstbezogenen Wissens hinzu. Die letzte Quelle ist das Nachdenken über sich selbst, wobei über vorangegangene Erfahrungen sowie zukünftiges Handeln nachgedacht wird (Filipp, 1979, S. 131f.; Stemmler et al., 2016, S. 466). Die voranschreitende kognitive Entwicklung, die zunehmenden Vergleiche und Fremdzuweisungen als auch die wachsenden Erfahrungen tragen dazu bei, dass das Selbstkonzept im Laufe der Entwicklung immer differenzierter, strukturierter, zusammenhängender, abstrakter und realistischer wird (Thomsen et al., 2018, S. 97). Des Weiteren kommt im Sozialisationsprozess eines Individuums unterschiedlichen Bezugsgruppen eine wichtige Bedeutung bei der Selbstkonzeptentwicklung zu (Moschner & Dickhäuser, 2018). Während in der Kindheit die Eltern und andere Familienmitglieder die wichtigsten Bezugspersonen darstellen, gewinnen im frühen Jugendalter zunehmend Freunde und Peers an Einfluss bei der Selbstkonzeptgenese. Im schulischen Kontext sind vor allem die Erfahrungen in der Klasse sowie die Lehrpersonen bedeutsam (Harter, 2006).
2.1 Determinanten des akademischen Selbstkonzepts
Überträgt man die genannten Aspekte aus dem letzten Kapitel auf das akademische Selbstkonzept der Kinder im Grundschulalter, so können verschiedene Einflussfaktoren angenommen werden. In erster Linie lassen sich grob zwei Kategorien unterscheiden, aus denen das akademische Selbstkonzept einer Schülerin oder eines Schülers resultiert: einerseits aus Erfahrungen, die mit den eigenen Leistungen gemacht werden, wozu direkte oder indirekte Leistungsmitteilungen von relevanten Bezugspersonen, vor allem von Eltern, Lehrpersonen und Mitschülerinnen oder Mitschülern gehören (Meyer, 1984). Andererseits aus den kognitiven Verarbeitungs- und Interpretationsprozessen dieser erhaltenen Informationen.
Zum ersten Bereich gehören wesentlich Erfolge und Misserfolge, die bei der Bearbeitung einer Aufgabe erlebt werden, aber auch die (meist durch die Lehrperson) festgestellte Leistung (Schöne & Stiensmeier-Pelster, 2011, S. 57). Die Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten beruht jedoch nicht nur auf Leistungsrückmeldungen signifikant Anderer, sondern auch auf den eigenen subjektiven Wahrnehmungen sowie Interpretationen in verschiedenen Situationen und in Interaktion mit der Umwelt (Hellmich & Günther, 2011, S. 29). Schülerinnen und Schüler erhalten somit Informationen bezüglich ihrer eigenen Fähigkeiten durch konkrete Leistungsrückmeldungen wichtiger Bezugspersonen, aber auch durch die eigene Verarbeitung sowie Interpretation dieser Informationen, bei der Ursachenzuschreibungen und Vergleichsprozesse eine Rolle spielen (Möller & Köller, 2004). Zu Beginn der Grundschulzeit wird die eigene Leistungsfähigkeit stark überschätzt, was auf die zu diesem Zeitpunkt existente optimistische Selbstwahrnehmung zurückzuführen ist. So behaupteten in einer Untersuchung in einer ersten Klasse 80% der Kinder, sie seien die besten Schülerinnen oder Schüler in der Klasse (Stipek, 1981 zitiert nach Woolfolk, 2014). Auch die LOGIK-Studie kam zu dem gleichen Ergebnis dieser Selbstüberschätzung eigener Kompetenzen. Infolgedessen stimmt das Selbstkonzept anfangs nur in geringem Maße mit den tatsächlichen Leistungen überein. Im Laufe der Grundschulzeit nimmt die Selbsteinschätzung jedoch ab und das akademische Selbstkonzept wird zunehmend realistischer (Helmke, 1992 & 1998). Zu diesem Rückgang bereichsspezifischer Selbstkonzepte tragen vermutlich mehrere Faktoren bei. Mit zunehmendem Alter entwickelt ein Individuum ein differenziertes Bild über verschiedene Aspekte der eigenen Person und deren Selbstkonzepte, wodurch auch eine realistischere Einschätzung der eigenen Leistungen ermöglicht wird (Harter, 1999). Neben den allgemeinen Entwicklungsverläufen kommen mit dem Schuleintritt zudem neue Quellen selbstbezogenen Wissens hinzu. Zum einen bietet die Schule viele Gelegenheiten zum leistungsbezogenen Vergleich mit anderen, wodurch komparative Selbstzuschreibungen hinzukommen. Außerdem kommen neue Fremdzuweisungen sowie Leistungsrückmeldungen durch die Lehrpersonen hinzu (Thomsen et al., 2018). Demnach werden die eigenen Leistungseinschätzungen zunehmend an die Leistungsbeurteilungen durch die Lehrpersonen angeglichen. Bis zum Ende der Grundschulzeit steigt der Zusammenhang zwischen Selbsteinschätzungen und Schulleistungen auf eine mittlere Korrelation an (Helmke, 1998). Das Absinken der akademischen Selbstkonzepte bei den Schülerinnen und Schülern im Laufe der Grundschulzeit ist sowohl auf die leistungsbezogenen Rückmeldungen (Noten, verbale Rückmeldungen etc.) als auch auf die Vergleichsprozesse, die je nach Referenzgruppe (leistungsschwache vs. leistungsstarke Gruppe) unterschiedlich ausfallen, zurückzuführen (Hellmich & Günther, 2011, S. 27). Schülerinnen und Schüler führen soziale sowie dimensionale Vergleiche durch, um Rückschlusse auf die eigenen Fähigkeiten ziehen und diese somit einschätzen zu können (Marsh, 1986), da die Informationen über die eigenen Leistungen allein nicht ausreichen. Als weitere Einflussfaktoren auf die Selbstkonzeptgenese können das Geschlecht und deren Stereotype genannt werden. So zeigen Befunde aus der Selbstkonzeptforschung, dass Geschlechterstereotype bereits in der Kindheit Einfluss auf das Selbstkonzept nehmen.
Beispielsweise haben Jungen im Vergleich zu Mädchen ein tendenziell höher ausgeprägtes Selbstkonzept im mathematischen Bereich, während Mädchen im verbalen Bereich ein positiveres Selbstkonzept aufweisen (Helmke, 1998). Jerusalem (1993) betrachtet als Einflussfaktoren für die Genese und Veränderung akademischer Selbstkonzepte Schülerleistungen und -aktivitäten, soziale Vergleiche und Bezugsgruppen, die Rolle der Lehrperson und Aspekte der Lehr-Lernumwelt. Relevant für diese Arbeit sind sowohl die Leistungsbewertungen durch die Lehrperson, die Vergleichsprozesse, die entweder intraindividuell oder interindividuell anhand der Bezugsgruppe erfolgen, und die Rolle wichtiger Bezugspersonen. Diese Aspekte werden im Folgenden weiter ausgeführt.
Im schulischen Kontext stellen soziale Vergleiche die zentralen psychologischen Prozesse dar, welche die akademische Selbstkonzeptgenese determinieren (Helmke, 1992). Zusätzlich zu den sozialen und dimensionalen Vergleichen beeinflussen auch noch andere Arten von Vergleichen, welche anhand verschiedener Bezugsnormorientierungen stattfinden, die Entwicklung akademischer Selbstkonzepte. Möller und Trautwein (2015) unterscheiden als Quellen der Selbstkonzeptgenese zwischen sozialen, dimensionalen, temporalen und kriterialen Vergleichsinformationen.
Diese unterschiedlichen Quellen selbstkonzeptrelevanter Vergleichsinformationen werden in folgendem beschrieben. Anschließend wird die Verarbeitung dieser Vergleichsinformationen anhand von zwei einflussreichen, theoretischen Modellen erklärt, die beide als Bezugsrahmenoder Bezugsgruppeneffekte beschrieben werden können: der Big-Fish-Little-Pond-Effekt sowie das Internal/External-Frame-of-Reference-Modell (I/E-Modell) (Möller & Trautwein, 2015).
2.2 Soziale, dimensionale, temporale und kriteriale Vergleichsinformationen
Die Quellen, die für die Selbstkonzeptgenese relevant sind, können nach Möller & Trautwein (2015) zwischen sozialen, temporalen, dimensionalen und kriterialen Vergleichsinformationen unterschieden werden. Sozialen Vergleichen wird insbesondere im schulischen Kontext eine besondere Rolle zugeschrieben. Beim sozialen Vergleich (Festinger, 1954) werden die eigenen Leistungen an den Leistungen der Mitschülerinnen und Mitschüler gemessen („In Mathematik bin ich besser als meine Mitschülerinnen und Mitschüler“). Festinger geht in seiner Theorie davon aus, dass eine Person das Bedürfnis hat, seine eigenen Fähigkeiten zu bewerten, um seine eigene Leistungsfähigkeit einschätzen zu können. Um eigene Fähigkeiten erkennen und bewerten zu können bedarf es jedoch immer einer Bezugsnorm, einem Maßstab, mit dem die Fähigkeit ins Verhältnis gesetzt wird (Heckhausen, 1974 zitiert nach Rheinberg & Fries, 2018). In Situationen, in denen es keinen objektiven Maßstab gibt, greifen Menschen zu einer sozialen Bezugsnorm. Die eigenen Leistungen werden mit denen der anderen verglichen, um so zu korrekten Selbsteinschätzungen zu kommen (Festinger, 1954; Heckhausen, 1974). Um zu einer realistischen und angemessenen Selbsteinschätzung zu gelangen, werden nach der sogenannten Ähnlichkeitshypothese von Festinger (1954) zum sozialen Vergleich solche Personen herangezogen, die bezüglich ihrer Fähigkeiten einem selbst am ähnlichsten sind. Nach Festinger (1954) liegt sozialen Vergleichen neben der korrekten Selbsteinschätzung noch ein weiteres Motiv zugrunde: das Bedürfnis nach Selbstverbesserung. Um die eigenen Fähigkeiten zu steigern und zu verbessern, werden deshalb zum Leistungsvergleich Personen ausgewählt, denen hinsichtlich der Vergleichsdimension höhere Fähigkeiten zugeschrieben werden. Diese Annahme stimmt mit heutigen motivationspsychologischen Theorien wie beispielsweise der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1985) überein, in der von drei menschlichen Grundbedürfnissen eines der Kompetenzsteigerung gilt. Eine Gegenposition zu Festingers Theorie (1954) stellt ein weiteres Motiv dar: das Motiv der Selbstwerterhöhung. Demnach werden soziale Vergleiche gezielt eingesetzt, um das eigene Wohlbefinden zu verbessern, indem Abwärtsvergleiche das Selbstkonzept erhöhen und Aufwärtsvergleiche es wiederum senken (Trautwein, 2003). Unabhängig von den Leistungen anderer werden auch intraindividuelle Vergleiche vollzogen. Zum einen erfolgen temporale Vergleiche anhand einer individuellen Bezugsnorm. Aktuelle Leistungen werden mit früheren Leistungen in diesem Bereich verglichen („Ich bin besser in Mathematik als früher“). Da im Laufe eines Schuljahres neues Wissen hinzuerworben wird und der Leistungsstand zu unterschiedlichen Zeitpunkten betrachtet wird, führt ein temporaler Vergleich in der Regel zu einer positiven Entwicklung des Selbstkonzepts (Rheinberg & Fries, 2018). Ebenfalls intraindividuell finden die dimensionalen Vergleiche statt. Hierbei werden jedoch Fächer kontrastiert, indem die eigenen Leistungen in unterschiedlichen Fachbereichen gegenübergestellt werden („In Deutsch bin ich besser als in Mathe“). Im leistungsstärkeren Bereich ist das Selbstkonzept in der Regel höher ausgeprägt als im leistungsschwächeren Bereich. Und je höher die Leistung in Fach X ist, desto niedriger ist das Selbstkonzept in Fach Y. Zuletzt wird beim kriterialen Vergleich die eigene Leistung mit einem objektiven Kriterium (Möller & Trautwein, 2015) oder einer sachlichen Bezugsnorm (Heckhausen, 1974 zitiert nach Rheinberg & Fries, 2018) verglichen. Beispielsweise werden die erreichten Punkte mit der zuvor festgelegten und geforderten Mindestpunktzahl, die zum Bestehen einer Prüfung benötigt wird, verglichen (Rheinberg & Fries, 2018). Das akademische Selbstkonzept wird als Resultat einer Reihe von Bewertungs- und Vergleichsprozessen verstanden (Möller & Köller, 2004).
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- Citation du texte
- Anonyme,, 2021, Akademisches Selbstkonzept von Grundschulkindern. Big-Fish-Little-Pond-Effekt und das Internal/External-Frame-of-Reference Modell von Herbert Marsh, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1214614
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