Im Rahmen dieser Bachelorarbeit als konkrete Zielsetzung der Frage nachgegangen werden: Welche Auswirkungen haben Gläubiger und Schuldner im Hinblick auf die derzeit "moderne" Finanzrepression und den damit wachsenden Trends zu negativen Zinsen zu erwarten und welche Effekte hat die finanzielle Repression auf die Wirtschaft? Eine Diskussion darüber, ob die finanzielle Repression ein geeignetes Instrument zur Bewältigung von Staatsschulden ist oder doch reformbedürftig aufgrund ihrer eigenen Grenzen, bzw. der gesamtwirtschaftlichen Kritik an ihrem Modell und der ihr gegenüberstehenden Alternativen, soll als konkrete Forschungsfrage am Ende beantwortet werden.
Das Schlagwort der "Financial Repression" macht derzeit die Runde. Die Aktualität des Themas wird belegt durch das seit Ausbruch der Schuldenkrise global sehr niedrige Zinsniveau. Nach drei Jahren Schuldenkrise in Europa zeichnen sich neben Strukturreformen auch unkonventionelle Wege, wie die der Finanzrepression ab, nach denen Noten-Banken und Regierungen direkt oder indirekt in die Zinsbildung eingreifen können und das Zinsniveau damit künstlich drücken. Maßnahmen, mit denen Staatsfinanzen nachhaltig saniert werden können, führen erst mittel- bis langfristig zum Erfolg. Aus diesem Grunde musste ein Modell her, welches auch kurzfristig produktiv wirkt. Trotz der Möglichkeit, die Schulden kurzfristig zu reduzieren, birgt jedoch auch die finanzielle Repression enorme Folgen für Sparer und Investoren, Banken sowie Versicherungsunternehmen und andere Geldanleger und führt zunehmend zu Herausforderungen für die Marktwirtschaft und die Demokratie und das nicht nur im europäischen Raum.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einführung
1 Grundlagen: Das Wesen der finanziellen Repression
1.1 Definition und Konzept finanzieller Repression
1.2 Staatsverschuldung und die Möglichkeit der Entschuldung
1.3 Übersicht der finanziellen Repression in der Historie
2 Methodisches Vorgehen: Finanzielle Repression als ein Ausweg aus der Überschuldung neben weiteren Alternativen
2.1 Maßnahmen zur finanziellen Repression
2.2 Inflation und Deflation im Zuge finanzieller Repression
2.3 Der Finanzrepression stehen einige Alternativen gegenüber
3 Auswirkungen der finanziellen Repression auf verschiedene Sektoren
3.1 Folgen finanzieller Repression auf Gläubiger sind zumeist negativ
3.2 Die Effekte finanzieller Repression auf den Staat als Schuldner
3.3 Die Begrenztheit der Finanzrepression ist gleichermaßen gesamtwirtschaftliche Kritik an ihrem Modell
Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland (in MEUR)
Abb. 2: Differenz aus 10-jährigen Renditen und BIP-Wachstum in den USA
Abb. 3: Schuldenabbau in den USA und Großbritannien von 1945 – 1955
Abb. 4: Entwicklung der Gesamtverschuldung wichtiger Industrieländer 2007/2011
Abb. 5: Leitzinsentwicklung 2008 – 2015
Abb. 6: stetig steigendes Geldvolumen überschwemmt Finanzsektoren
Abb. 7: Alternativen zur finanziellen Repression beim Schuldenabbau
Abb. 8: Entwicklung der deutschen Sparquote in den vergangenen Jahren
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Zunahme der Inflationsrate Anfang 2015
Abkürzungsverzeichnis
Aufl. Auflage
Abb. Abbildung
BIP Bruttoinlandprodukt
BPB Bundeszentrale für politische Bildung
BRD Bundesrepublik Deutschland
bzw. beziehungsweise
DBB deutsche Bundesbank
Dr. Doktor
et. al. et alii
EZB europäische Zentralbank
f. folgende
FED Federal Reserve Bank
lat. lateinisch
MEUR Millionen Euro
o.ä. oder ähnliches
o. J. ohne Jahr
o. S. ohne Seite
o. V. ohne Verfasser
priv. private
Prof. Professor
Tab. Tabelle
UK United Kingdom
USA United States of Amerika
Vgl. Vergleiche
% Prozent
Einführung
Das Schlagwort der „Financial Repression“ macht derzeit die Runde. Die Aktualität des Themas wird belegt durch das seit Ausbruch der Schuldenkrise global sehr niedrige Zinsniveau. Nach drei Jahren Schuldenkrise in Europa zeichnen sich neben Strukturreformen auch unkonventionelle Wege, wie die der Finanzrepression ab, nach denen Noten-Banken und Regierungen direkt oder indirekt in die Zinsbildung eingreifen können und das Zins-Niveau damit künstlich drücken.1 Maßnahmen, mit denen Staatsfinanzen nachhaltig saniert werden können, führen erst mittel- bis langfristig zum Erfolg. Aus diesem Grunde musste ein Modell her, welches auch kurzfristig produktiv wirkt. Trotz der Möglichkeit die Schulden kurzfristig zu reduzieren, birgt jedoch auch die finanzielle Repression enorme Folgen für Sparer und Investoren, Banken sowie Versicherungsunternehmen und andere Geldanleger und führt zunehmend zu Herausforderungen für die Marktwirtschaft und die Demokratie und das nicht nur im europäischen Raum.2
Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen dieser Bachelorarbeit als konkrete Zielsetzung der Frage nachgegangen werden: Welche Auswirkungen haben Gläubiger und Schuldner im Hinblick auf die derzeit „moderne“ Finanzrepression und den damit wachsenden Trends zu negativen Zinsen zu erwarten und welche Effekte hat die finanzielle Repression auf die Wirtschaft?
Eine Diskussion darüber, ob die finanzielle Repression ein geeignetes Instrument zur Bewältigung von Staatsschulden ist oder doch reformbedürftig aufgrund ihrer eigenen Grenzen, bzw. der gesamtwirtschaftlichen Kritik an ihrem Modell und der ihr gegenüberstehenden Alternativen, soll als konkrete Forschungsfrage am Ende beantwortet werden.
Für ein tieferes Verständnis und einen chronologischen Aufbau der Arbeit soll zunächst ausführlich erläutert werden, in welchem Zusammenhang man den Begriff der Finanzrepression findet, was er bedeutet und welches Konzept sich dahinter versteckt. Da die Hauptaufgabe der finanziellen Repression darin besteht die Staatsschulden abzubauen, soll im ersten Kapitel außerdem erläutert werden wie es aktuell um das Schuldenniveau steht, woraus es sich zusammensetzt und wie genau die Entschuldung wirksam funktionieren kann. Auch die Frage nach den Ursachen von Finanzrepressionen und dem Zustandekommen niedriger Zinsen soll mit Blick auf den historischen Hintergrund der vergangenen Jahre im ersten Kapitel geklärt werden.
Das zweite Kapitel soll sich mit den Zielen der finanziellen Repression und den dafür erforderlichen Maßnahmen zur Zielerreichung befassen. Außerdem soll erläutert werden, welchen Instrumenten es bedarf, um die gewünschten Effekte der Finanzrepression in bestimmte Richtungen zu lenken. Ferner werden in diesem Kapitel die Inflation und Deflation als beliebte Instrumente finanzieller Repression erläutert und der enge Zusammenhang beider wird dargelegt. Da die Finanzrepression nur ein möglicher Ausweg und bei weitem nicht die einzige Möglichkeit zur Schuldenminimierung ist und für den weiteren Verlauf der Arbeit gerade das entscheidend ist, um der Forschungsfrage ein Stück weit näher zu kommen, wird sich das zweite Kapitel ebenfalls mit den Alternativen befassen.
Auf die Frage nach den positiven und negativen Effekten finanzieller Repression auf Gläubiger und Schuldner soll im letzten Kapitel eingegangen werden. Hier sollen auch die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage Beachtung finden. Letztlich soll sich die wissenschaftliche Arbeit mit den gesamtwirtschaftlichen Grenzen finanzieller Repression beschäftigen, um an Ende darüber entscheiden zu können, ob die Kritik an ihrem Modell dem eigentlichen Nutzen überwiegt und die finanzielle Repression daher zwingend Reformen durchlaufen muss.
1 Grundlagen: Das Wesen der finanziellen Repression
1.1 Definition und Konzept finanzieller Repression
Die derzeit so häufig verwendete Begrifflichkeit „finanzielle Repression“ bzw. „Finanzrepression“, englisch financial repression, kann wie folgt definiert werden: Finanzielle Repression bedeutet eine Reduktion der staatlichen Schulden durch gezielte Beeinflussung der Staatsschuldenkosten.3 Genau genommen ist diese staatliche Kapitallenkungs-Strategie, die ausführlich durch die Ökonomen Reinhart und Sbrancia gekennzeichnet wurde, ein schleichender Verlust des Sparvermögens, der zur Verarmung der Bürger führt und gleichzeitig den hochverschuldeten Staat und die Banken finanziell entlastet. Typische Erscheinungsformen finanzieller Repressionen sind hohe, schwankende Inflationsraten. Durch diese gezielte Beeinflussung sollen die Schulden entwertet werden.4 Braunschweig und Kablitz definieren die Finanzrepression in ihrer Studie als eine verdeckte Umverteilung von den Sparern und Anlegern bis hin zum Staat.5 Im Folgenden wird jedoch erstere Definition aufgrund von Präzision als Grundlage genommen.
Das theoretische Konzept, das sich hinter der finanziellen Repression versteckt, umfasst vielerlei Faktoren. Transfer von Pensionsvermögen zu Regierungen, niedrige Leitzinsen und Anleiherenditen, der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB und der politische Druck auf Banken, Staatsanleihen zu kaufen, charakterisieren die finanzielle Repression in ihren einzelnen Merkmalen, auf die allerdings zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer eingegangen wird.6 Da die europäische Zentralbank in Korrespondenz mit der Regierung die Zinssätze absenkt, können sich Banken sehr preisgünstig über die EZB finanzieren. Der Wohlstand wird hierbei jedoch umverteilt. Privatanleger erhalten bei ihren Banken keine nennenswerten Zinsen für ihre Geldanlagen. Durch diese Niedrigzinspolitik wird der Staat entlastet, weil der Schuldendienst leichter fällt.7
1.2 Staatsverschuldung und die Möglichkeit der Entschuldung
Mit Hilfe der finanziellen Repression werden Realzinsen bewusst unterhalb der BIP Wachstumsraten gehalten, damit Regierungen sich ihrer Schulden entledigen können. Ohne einen Berg an staatlichen Schulden gäbe es die Maßnahmen im Zuge der finanziellen Repression nicht. Aus diesem Grund beschäftigt sich das jetzige Kapitel mit der staatlichen Verschuldung als Ursache der Entstehung finanzieller Repression und dem Konzept der Entschuldung.
Die staatliche Verschuldung in Prozent des Bruttoinlandproduktes ergibt sich aus dem Quotienten von den nominalen Schulden zum nominalen BIP. Sie ist der größte Risikofaktor und eine Herausforderung für die heutige Generation.8 Durch hohe staatliche Verschuldung kommt es zu einer Überforderung der Finanzmärkte, bzw. zu Finanzierungsengpässen. Dieses Phänomen wird auch als „Kapitallücke“ bezeichnet.9 Ab einer Verschuldung von 90 Prozent zum Bruttoinlandprodukt wird es kritisch. Zwischen 2007 und 2011 war das der Fall als die Verschuldung gemessen am BIP von 60 auf 90% anstieg.10 Ende 2014 lag die Schuldenquote immerhin noch bei 75%.11 Deutschland überschreitet aktuell die 2000 Milliarden-Euro-Grenze in der Staatsverschuldung, wie es der unten stehenden Abbildung 1 zu entnehmen ist.12 Durch hin und wieder vereinzelt auftauchende Phasen sinkender Verschuldensquoten, hatte man keinesfalls den Anschein einer doch schleichend zunehmenden Schuldenentwicklung.13 „Trotz beträchtlicher Sparanstrengungen, die sich in einer Verringerung der öffentlichen Neuverschuldung niedergeschlagen haben, ist die Staatsverschuldung in Relation zum Bruttoinlandprodukt weiter gestiegen.“14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland (in MEUR)
Quelle: Gold.de, aktuelle Staatsverschuldung Deutschlands , URL: http://www.gold.de/images/infoseiten/staatsverschuldung-deutschland.jpg
Eine Neuverschuldung ist auf die Höhe der Staatsausgaben und -einnahmen zurückzuführen, welche wiederrum von der Höhe des Wirtschaftswachstums abhängen.15 Zudem beeinflusst die Zinshöhe die Höhe der gesamten steuerlichen Ausgaben.16 Trotz des meist negativen Beiklangs sollte man die Staatsschulden nicht gänzlich verdammen. Sie haben auch wichtige ökonomische Funktionen, wie beispielsweise den Ausgleich automatischer Schwankungen von Ausgaben und Einnahmen im Konjunkturzyklus oder die Finanzierung großer Investitionsvorhaben. Außerdem kurbeln sie mittel- bis langfristig das Wirtschaftswachstum an. Ausgegangen wird hierbei allerdings ausschließlich von einer kurzweiligen, vorübergehenden Verschuldung.17 Hinzu kommt noch, dass das Schuldenmachen noch keinerlei Indizien für ein instabil werdendes Finanzsystem hergibt, solange Einnahmen so stark anwachsen, dass Tilgung und Zinsen finanziert werden können.18
Bürger sehen den Abbau der Schulden als eine Kernaufgabe der Politik an. Die staatliche Entschuldung ist ein komplexes Thema, denn Sparmaßnahmen und damit verbundene Einkommens- und Wachstumseffekte bedingen sich einander, wie es die finanzpolitische Konsolidierung in den vergangenen Jahren gezeigt hat. Dennoch ist es wichtig die durch Staatsschulden entstandenen höheren Zinsen durch Entschuldung auszubremsen und eine Verdrängung der privaten Kreditnachfrager somit zu verhindern. Die negative Korrelation zwischen langfristiger Verschuldung und Wirtschaftswachstum19 ist wohl neben der Tatsache, dass eine hohe Schuldenquote potentiell negative Konsequenzen mit sich bringt, eines der Hauptargumente im Kampf gegen den Berg an Schulden.20
Der Prozess zum Schuldenabbau stellt sich nach dem Konzept der finanziellen Repression wie folgt dar. Regierungen zahlen durch neue Schuldenaufnahme Teile ihrer Altschulden zurück. Die Verringerung der Staatsschulden geschieht hierbei durch niedrigere Verzinsungen. Das Vorgehen ist nur im Zusammenspiel mit Geduld erfolgreich. Im Klartext bedeutet dies, dass ein niedriges Zinsniveau zur Schuldenminimierung unabdingbar ist.21
1.3 Übersicht der finanziellen Repression in der Historie
Auch, wenn die financial Repression zumindest in einigen Kreisen momentan in aller Munde ist, so gibt es sie nicht erst seit der Finanzkrise 2008. Für den weiteren Verlauf dieser wissenschaftlichen Arbeit ist die Historie finanzieller Repressionen unerlässlich, um Zweifel abzuwenden, derzeit läge keine finanzielle Repression vor. Um ihre Wirkungsweise zu erklären, werden die Beispiele der USA und Großbritanniens im Zeitraum 1945 bis 1980 herangezogen.22
Schon im Jahre 1973 wurde der Begriff der finanziellen Repression, in Folge des von 1945 bis 1980 in mehreren Industrieländern verwendeten Finanzmarktmodells, durch Shaw und McKinnon geprägt.23 McKinnon formulierte, mit Blick auf das Konzept der dualen Gesellschaft24, in der durch Modernisierung der traditionsbehafteten Gesellschaften in Entwicklungsländern Brüche entstanden, die großen Einfluss auf die volkswirtschaftliche Faktorrmobilität ausübten, seine These der „financial Repression“.25 Zur einfachen Darstellung unterschiedlicher Investitionsmöglichkeiten in Entwicklungsländern bei eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten und damit zur Analyse der Finanzrepression verwendete McKinnon das Zwei-Perioden-Modell von Fisher.26
In der Zwischenzeit geriet der Begriff jedoch in Vergessenheit, was auf die Liberalisierung der Finanzmärkte zurückzuführen war. Finanzmarktkontrollen als eine bedeutende Komponente der Finanzrepression wurden vorerst in den Hintergrund gestellt.27 Seit der Finanz- und Bankenkrise der vergangenen Jahre, in Folge welcher seitdem ein geringes Potentialwachstum, niedrige Zinsen und enorm hohe öffentliche Schuldenstände vorliegen, wird der finanziellen Repression enorme Relevanz beigemessen. Damit rückte auch die Frage wieder in den Fokus, wie die Regierungen in der Vergangenheit das Schuldenniveau in seiner gesamten Höhe von etwa 90% des BIP auf rund 25% drückten und das ohne Hyperinflation bzw. staatliche Insolvenzen.28
Dennoch gelang es den USA mit der Vorgehensweise der Finanzrepression damals hohe, durch den zweiten Weltkrieg entstandene, staatliche Schuldenberge von 116% des BIP´s innerhalb von zwanzig Jahren zu minimieren. Dazu legte die Regierung in Absprache mit der US-Notenbank FED eine Zinsobergrenze fest, die bewusst unter der Inflationsrate lag. Negative Realzinsen waren die Folge. Das unten stehende Schaubild (Abb. 2) zeigt, dass Anleiherenditen bis in die frühen 1980er Jahre hinein weitgehend unter den BIP-Wachstumsraten gehalten wurden.29
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: St. Louis Fed. Allianz Global Investors Economics & Strategy
Abb. 2: Differenz aus 10-jährigen Renditen und BIP-Wachstum in den USA
In Großbritannien war der Fall ähnlich wie in den USA. Bloß die Tatsache, dass die staatliche Verschuldung jene aus den USA bei weitem übertraf mit sogar 216% des BIP´s und eine Neuverschuldung von 31% noch erschwerend hinzukam, zeigt hier noch deutlicher die Wirkungsweise der Finanzrepression. Besondere Bedeutung wurde den negativen Realzinsen beigemessen. Mit einer Inflationsrate von etwa 5% konnte somit ein Großteil des Schuldenberges minimiert werden.30 Dem nachfolgenden Schaubild (Abb. 3) ist zu entnehmen, dass die Finanzrepression in den USA 75% des BIP´s an Schulden innerhalb von 10 Jahren abbauen konnte und in Großbritannien sogar 109%, was der Hälfte der Anfangsverschuldung entspricht.31
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Reinhart/Sbrancia: The Liquidation of Government Debt; DWS
Abb. 3: Schuldenabbau in den USA und GB von 1945 – 1955 in % des BIP´s
Neben den USA, Großbritannien und Deutschland, machten nach dem zweiten Weltkrieg noch viele weitere Länder von der finanziellen Repression Gebrauch. So konnten beachtliche Erträge aus der Finanzrepression gezogen werden, welche eine substanzielle Erleichterung für die Staatskasse darstellten. Von 1980 bis 1985 betrugen diese beispielsweise im aktuell so finanzschwachen Griechenland 25 Prozent gemessen am BIP, was eine immense Entlastung des griechischen Staatshaushaltes ausmachte.32 Länder, die sich ebenfalls der finanziellen Repression bedienten, wie zum Beispiel Portugal, Mexiko oder Simbabwe, konnten ähnliche Erträge erzielen. Allerdings dauerte die finanzielle Repression in diesen Ländern mit gerade einmal 6 Jahren, im Vergleich zu der in den USA oder Europa mit mehreren Jahrzehnten, deutlich kürzer.33
Die nicht funktionierende Marktwirtschaft und die daraus resultierenden Krisenphänomene waren die Ursache, dass sich die finanzielle Repression ab 2008 erneut in der instabilen Finanzarchitektur durchsetzte. Ein Zusammenbruch des Weltfinanzsystems und eine wirtschaftliche Depression konnten 2008 nur mit Hilfe spezieller Rettungsmaßnahmen und Konjunkturprogrammen verhindert werden, was allerdings einen enormen Anstieg der staatlichen Verschuldung weltweit nach sich zog. Zeiten, in denen immense Berge an Staatsschulden vorlagen, waren gleichzeitig auch jene Zeiten, die von finanzieller Repression geprägt worden waren.34 Das untenstehende Schaubild (Abbildung 4) verdeutlicht, dass Portugal, Irland, vor allem aber Griechenland die Schuldentragfähigkeit längst überschritten haben und Italien sowie Spanien nicht weit davon entfernt sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: DBB Eurosystem (2011), URL: http://slideplayer.org/slide/891853/
Abb. 4: Entwicklung d. Gesamtverschuldung wichtiger Industrieländer 07/11
In diesem Zusammenhang besteht laut Andrew Bosomworth, Managing Director der Fondsgesellschaft Pimco, die Gefahr der Rating-Abstufungen von Staatsanleihen durch Mangel an Bonität, wie es in Japan der Fall war. Japans Schuldenquote übertraf im Zeitraum 2007 bis 2011 sogar die 200% Marke (Abb.4).35 Festzuhalten bleibt, dass damals, wie heute ab 2008 die weltweiten Schuldenberge Auslöser für die Finanzrepression waren. Daher lässt sich an dieser Stelle sagen, dass aktuell, trotz aller Zweifel, eine finanzielle Repression vorliegt, die auf der Tatsache, dass sich ihre Geschichte im Vergleich zu damals fast deckungsgleich wiederholt, begründet ist.
2 Methodisches Vorgehen: Finanzielle Repression als ein Ausweg aus der Überschuldung neben weiteren Alternativen
2.1 Maßnahmen zur finanziellen Repression
Wie bereits erwähnt hat finanzielle Repression die Reduktion staatlicher Schulden und Finanzierungskosten zum Ziele. Direkte oder indirekte staatliche Interventionen sollen dabei helfen. Es gibt verschiedene Maßnahmen, Gesetze oder Vorschriften, die im Zuge der Finanzrepression angewendet werden können, um verdeckt der großen Schuldenbelastung entgegenzuwirken und somit den Finanzmarkt zu regulieren.36 Dazu muss der Staat vor allem auf sämtliche finanzielle Mittel zugreifen können, wozu er nach konventionellen Wegen unter anderen Bedingungen nicht in der Lage wäre. Um einen staatlichen Zugriff auf mehrere finanzielle Mittel zu erzielen, werden vielerlei Kontrollen durchgeführt oder Beschränkungen angewendet. Stetige, bewusst herbeigeführte Inflationen oder der Eingriff auf die Nominalzinsen gehören diesen Beschränkungen an und bilden zusammen die beliebtesten beiden Parameter finanzieller Repression. Aus ihnen resultieren niedrige, bis eventuell sogar negative Realzinsen.37
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Darlehenszinsenaktuell.de, URL: http://darlehenszinsenaktuell.de/images/leitzins-entwicklung_darlehenszinsen.jpg
Abb. 5: Leitzinsentwicklung 2008 – 2015
Zum Einen können Zinssätze direkt durch Interventionen der Notenbank oder indirekt verändert werden. Erst kürzlich hat die EZB die Leitzinsen auf 0,25% herabgesenkt und mitgeteilt, dass in absehbarer Zeit mit einem negativen Leitzins zu rechnen sei (siehe obige Abb. 5).38 Der Leitzins, der das wichtigste Instrument für die Ökonomie ist, wird in Abständen planwirtschaftlich gesenkt und die Preise dementsprechend staatlich administriert, was wiederrum zu einer Fehlsteuerung der Märkte durch manipulierte Preissignale führt. Die finanzielle Repression ist jedoch keinesfalls gleichzusetzen mit der rein konjunkturellen Niedrigzinspolitik der EZB, da diese keine repressiven Effekte zu erzielen versucht.39
[...]
1 Vgl. Dr. Quitzau / Wulf (2013)., Vgl. Kolb, Plattes, Fitzner (2013): 159.
2 Vgl. Belke/Keil (2013): 113-125. , Vgl. Horstmann (2014): 67.
3 Wortherkunft „finanzielle Repression“ aus dem lateinischen („reprimere“ = zurückdrängen); Synonym für Unterdrückung politischer Bewegungen/Unfreiheit.(Vgl. Wörterbuch deutsch, URL: http://worterbuchdeutsch.com/de/repression)
4 Vgl. Schrooten (2000): 14., Vgl. Reinhart/Sbrancia (2011): 19, 31.
5 Vgl. Braunschweig/Kablitz (2014): S.44.
6 Vgl. Giovannini / de Melo (1993): 1f., Vgl. Li (1994): 9 ff.
7 Vgl. Horstmann (2014): 67.
8 Vgl. Allianz (2012): 8., Vgl. Halilovic (2012): 14. Drei Parameter bestimmen die Staatsschuldenquote: der Primärsaldo, der sich aus der Differenz von staatlichen Einnahmen und Ausgaben ohne Zinsendienst ergibt, dem Realzinsniveau und der realen Wachstumsrate des BIP´s. (Vgl. Depenheuer (2014): 28., Vgl. Corrado/Bürzle (2015): 18.)
9 Vgl. Dr. Neck/Dr. Holzmann/Dr. Schneider (2000): 81. Die deutsche Schuldenquote hat sich von 1970 bis zum Jahre 2001 von 18% auf 58% mehr als verdreifacht. (Vgl. BPB (2013): 184 f.)
10 Vgl. Dr. Melzer (2012): 1. Die Finanzkrise hatte die Explosion einer Neuverschuldung ausgelöst. (Vgl. Ebenda)
11 Vgl. Cash.Online.de URL: http://www.cash-online.de/investmentfonds/2015/naumer-5/227889
12 Vgl. Haushaltssteuerung.de URL: http://www.haushaltssteuerung.de/schuldenuhr-deutschland.html. Die Verschuldung des deutschen Staates setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Das sind auf der einen Seite Schulden des Bundes, der Länder und Kommunen sowie der Zweckverbände und auf der anderen Seite zudem Sondervermögen des Bundes, womit Sonderfonds Finanzmarkstabilisierung, Investitions- und Tilgungsfonds gemeint sind. (Vgl. Depenheuer (2014): 28).
13 Vgl. Depenheuer (2014): 23.
14 Corrado/Bürzle (2015): 18.
15 Vermehrtes Wirtschaftswachstum führt nämlich zu höheren Steuereinnahmen und gleichzeitig zu geringeren Sozialausgaben. (Vgl. Depenheuer (2014): 28.)
16 Vgl. Depenheuer (2014): 28.
17 Vgl. Depenheuer (2014): 27.
18 Vgl. Rühl/Feiten (2007): 155 f.
19 Reinhart und Rogoff konnten belegen, dass sich das Wirtschaftswachstum um einen Prozentpunkt ab einer Verschuldung von 90 % zum BIP verringert. (Vgl. Reinhart / Rogoff (2009): Part 1., Vgl. Halilovic (2012): 52., Vgl. Miles/Scott/Breedon (2014): 545.)
20 Vgl. Müller (2012): 138 f., Vgl. Beck / Prinz (2013): 97- 100., Vgl. Depenheuer (2014): 27.
21 Vgl. Beck/Prinz (2013): 97-100., Vgl. Handelsblatt, URL: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/schuldenabbau-dank-niedrigzins-spart-deutschland-41-milliarden-euro/8656198.html.
22 Vgl. Kolb/Plattes/Fitzner (2013): 160., Vgl. Finanzen.net, URL: http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Allianz-GI-Kolumne-Finanzielle-Repression-findet-bereits-statt-2002958
23 Vgl. Shaw (1973): 80 ff/106 ff., Vgl. McKinnon (1973): 69 ff., Vgl. Belke/Keil (2013): 114.
24 Dieses Konzept geht auf die Auffassung, das Nebeneinander eines modernen, kapitalistischen Bevölkerungs- und eines traditionsbehafteten Bevölkerungsteils als Merkmal von Unterentwicklung zu sehen, des Niederländers Boeke (1953) zurück. (Vgl. Ebenda)
25 Vgl. Kapur (1986): introduction xi., Vgl. McKinnon (1973): 69 ff., Vgl. Vargas (2012): 62 f.
26 Vgl. Li (1994): 11., Vgl. Vargas (2012): 70 f. Mit Hilfe dieses Modells zeichnete er verschiedene, durch Finanzrepression hervorgerufene Wirkungen auf. (Vgl. Ebenda)
27 Vgl. Belke/Keil (2013): 114.
28 Vgl. Reinhart/Sbrancia (2011): 14 ff.
29 Vgl. Meyer (2012): 67., Vgl. Müller (2012): 20., Vgl. Walz (2013): 72., Vgl. Finanzen.net, URL: http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Allianz-GI-Kolumne-Finanzielle-Repression-findet-bereits-statt-2002958.
30 Vgl. Allen (2014): intro., Vgl. Faz.net URL: http://www.google.de/imgres?imgurl=http://media1.faz.net/ppmedia/aktuell/wirtschaft/1477657927/1.1751101/der-reiz-der-finanzrepression.jpg&imgrefurl=http://www.faz.net/aktuell/finanzen/fonds-mehr/schuldenkrise-von-der-bilanzrezession-zur-finanzrepression-11751722/der-reiz-der-finanzrepression-11751101.html&h=352&w=610&tbnid=qMnhZXuAsvKB3M:&zoom=1&docid=M-OxhN-O03OPmM&ei=QVp4VauGBMGesAHstq_gCA&tbm=isch.
31 Vgl. Reinhart/Sbrancia (2011): 38 f., Vgl. Mehnert/Nastansky (2012): 34 f.
32 Vgl. Dr. Melzer (2012): 1.
33 Vgl. Ebenda. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Nachkriegsschuldenstände in Europa und den USA deutlich höher ausfielen und es einem längeren und umfangreicheren Entschuldungsprozess bedurfte (Vgl. Dr. Melzer (2012): 1.)
34 Vgl. Ebenda., Vgl. Berens (2014): 34 ff.
35 Vgl. Ebenda., Vgl. Belke/Keil (2013): 114. Mögen die Situationen in Japan und Europa auch ähnlich erscheinen, so gibt es dennoch einen bedeutenden Unterschied beider Wirtschaftsgebiete. Die Tatsache, dass Europa nicht ein einziges Land ist, sondern aus vielen Ländern besteht, lässt die Vermutung zu, dass die Eurozone an diesem Finanzproblem zerbrechen könnte. (Vgl. FAZ (2015)., Vgl. Auswertiges Amt., Vgl. FAZ (2005)., Vgl. Hansmann (2012): 12., Vgl. Zimmermann/Baier (2012): 600 ff.)
36 Vgl. Kletzer/Kohli/Clark (2001): 5ff., Vgl. Dr. Melzer (2012): 1.
37 Vgl. Reinhart/Sbrancia (2011): 40 f., Vgl. Belke/Keil (2013): 113.
38 Die EZB ist in der Ausübung ihrer Befugnisse nach Art. 282 Abs. 3 AEUV unabhängig. (Vgl. Frenz (2011): 388 Abs.1440 f.)
39 Vgl. Ergin Finanzberatung AG (2013): 3., Vgl. Horstmann (2014): 67 f., Vgl. Focus Money Online (2013), URL: http://www.focus.de/finanzen/boerse/finanzkrise/tid-32180/finanzielle-repression-so-stoppen-sie-die-heimliche-enteignung-2_aid_1033285.html.
- Citar trabajo
- Sabrina Pracz-Groenen (Autor), 2015, Finanzielle Repression als möglicher Ausweg aus der Überschuldung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1214568
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