Das Ziel der Abschlussarbeit ist zu erforschen, aus welchen Gründen Nutzer*innen Produkte und Dienstleistungen im Internet bewerten. Dazu wird sich der Frage gewidmet, welche motivationalen, situationalen und dispositionalen Motive Deutsche User*innen beim Schreiben von Online Reviews verfolgen.
Die Erkenntnisse dieser Arbeit sind sowohl für Verbraucher*innen als auch für Unternehmen wertvoll: Unternehmen sollen dabei unterstützt werden, die Anzahl und Qualität ihrer digitalen Nutzerbewertungen zu verbessern und auf diese Weise zu einer optimierten Repräsentanz und Vertrauenswürdigkeit im E-Commerce zu gelangen. Verbraucher*innen hingegen, sollen anhand der Informationen über die digitale Mundpropaganda aufgeklärt werden und einen Einblick in die psychologischen Funktionsweisen des Themas erhalten. Dies hat positive Folgen für den Verbraucherschutz im Internet.
Zur Beantwortung der Frage wurde eine qualitative, empirische Untersuchung in Form von sechs Experteninterviews durchgeführt. Dabei besteht ein ausgewogenes Verhältnis männlicher und weiblicher Befragter im Alter von 19 bis 55 Jahren. Aus der Erhebung ging hervor, dass die Schwerpunkte Disposition, Motivation und Situation zum Schreiben von Bewertungen beitragen. Besonders relevant erscheinen, das Streben nach Nähe und Charaktereigenschaften wie z.B. ein erhöhter Mitteilungsdrang und Altruismus. Als weniger relevant erwiesen sich situationale Faktoren, wie dem Einfluss von Gewohnheiten oder dem sozialen Umfeld der User*innen.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
Einleitung
1 Theorieteil
1.1.1 Definition und Besonderheiten von eWOM
1.1.2 Zahlen und Fakten
1.2 Electronic Word of Mouth Marketing
1.3 Wissenschaftliche Einordnung
1.3.1 Konsummotive
1.3.2 Word-of-Mouth Motive
1.3.3 Electronic Word of Mouth Motive
1.4 Zwischenfazit
2 Empirische Erhebung
2.1.1 Begrundung der Methodenwahl
2.1.2 Datenaufbereitung
2.1.3 Erhebungsmethode
2.1.4 Gestaltung des Interviewleitfadens
2.1.5 Auswahl der Interviewteilnehmenden
2.1.6 Auswertungsmethode
2.1.7 Kodiersystem
2.2 Darstellung der Ergebnisse
2. 3 Zwischenfazit
3 Diskussion, Limitationen & Ausblick
4 Fazit
5 Literaturverzeichnis
Anhang 1: Interviewleitfaden
Anhang 2: Transkriptionsregeln
Anhang 3: Interviewtranskripte
3.1 Transkript Interview 1
Anhang 3.2: Transkript Interview 2
Anhang 3.3: Transkript Interview 3
Anhang 3.4: Transkript Interview 4
Anhang 3.5: Transkript Interview 5
Anhang 3.6: Transkript Interview 6
Anhang 4: Kodierregeln
Anhang 5: Kategorien und Quellen
Anhang 6: Ergebnistabelle
Anhang 7: Kodiersystem
Anhang 8: Sonstiges
Anhang 9: Finale Kodiertabelle
Abstract
Das Ziel der nachfolgenden Abschlussarbeit ist zu erforschen, aus welchen Grunden Nutzer*innen Produkte und Dienstleistungen im Internet bewerten.
Dazu wird sich der Frage gewidmet, welche motivationalen, situationalen und dispositionalen Motive Deutsche User*innen beim Schreiben von Online Reviews verfolgen.
Die Erkenntnisse dieser Arbeit sind sowohl fur Verbraucher*innen als auch fur Unternehmen wertvoll: Unternehmen sollen dabei unterstutzt werden, die Anzahl und Qualitat ihrer digitalen Nutzerbewertungen zu verbessern und auf diese Weise zu einer optimierten Reprasentanz und Vertrauenswurdigkeit im E-Commerce zu gelangen. Verbraucher*innen hingegen, sollen anhand der Informationen uber die digitale Mundpropaganda aufgeklart werden und einen Einblick in die psychologischen Funktionsweisen des Themas erhalten. Dies hat positive Folgen fur den Verbraucherschutz im Internet.
Zur Beantwortung der Frage wurde eine qualitative, empirische Untersuchung in Form von sechs Experteninterviews durchgefuhrt. Dabei besteht ein ausgewogenes Verhaltnis mannlicher und weiblicher Befragter im Alter von 19 bis 55 Jahren.
Aus der Erhebung ging hervor, dass die Schwerpunkte Disposition, Motivation und Situation zum Schreiben von Bewertungen beitragen. Besonders relevant erscheinen, das Streben nach Nahe und Charaktereigenschaften wie z.B. ein erhohter Mitteilungsdrang und Altruismus. Als weniger relevant erwiesen sich situationale Faktoren, wie dem Einfluss von Gewohnheiten oder dem sozialen Umfeld der User*innen.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Arten des eWOM Marketings
Abbildung 2: Modell zu Nutzerbewertungsmotiven
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Dies ist die Einleitung der folgenden Abschlussarbeit. Zum Verfassen der Einleitung wird in verschiedenen Ratgebern empfohlen, das Interesse der Leserschaft zu erwecken - eine Art Trigger einzubauen (zum Beispiel Scribbr, 2021).
Doch wie wird echtes Interesse in Menschen ausgelost? Wie unterscheiden Verbraucher wertvolle Empfehlungen von eigennutzigen, trugerischen Werbefloskeln? Das sind Fragen, mit denen Marketingexpert*innen alltaglich konfrontiert werden.
Es herrscht ein Zeitalter der Informationsfluten und Werbeschlachten, in welchem lediglich zwei Prozent aller Botschaften von Nutzer*innen aktiv wahrgenommen werden (Schmidt, 2009). So enthalt eine Tagesausgabe der New York Times „mehr Information als eine durchschnittliche Person im 17. Jahrhundert, wahrend ihres ganzen Lebens, aufgenommen habe“. (Schmidt, 2009, Seite 4)
Um diesen Zustand sowohl fur Verbraucher*innen, als auch fur Organisationen zu verbessern, ist es erforderlich, die Funktion der Werbemedien aus einem psychologischen Blickwinkel zu erforschen.
Dem Electronic Word of Mouth, als Teil des Empfehlungsmarketings, wird eine groRe Effektivitat und positives Entwicklungspotenzial fur die Zukunft zugeschrieben (Schmidt, 2009; Fichter, Ryf & Basel, 2018). Insbesondere die Erforschung von Nutzermotiven im Zusammenhang mit eWOM kann zu einem besseren Verstandnis des Phanomens beitragen und soll daher Gegenstand dieser Abschlussarbeit sein.
Electronic Word of Mouth umfasst verschiedene Arten von Mundpropaganda im Internet. Dabei kann es sich um AuRerungen auf Consumer Review Webseiten, Inhalte auf Videoplattformen wie YouTube oder Empfehlungen in den sozialen Medien handeln.
Um das Thema moglichst prazise bearbeiten zu konnen, soll sich auf Bewertungen uber Produkte und Dienstleistungen spezialisiert und ubrige Formen des Microbloggings vernachlassigt werden.
Plattformen auf denen Dienstleistungs- & Produktbewertungen zu finden sind, sind beispielsweise: Trustpilot.com, Kununu.com, Ebay.de, Amazon.com, Booking.com usw.
Der Stand der Forschung beinhaltet eine grofte Anzahl an Literaturquellen, die uber die Motive zum Schreiben von digitalen Nutzerbewertungen aufklaren (z.B. Babic, de Valck & Sotgiu, 2020; Mladenovic et. al, 2022). Dabei handelt es sich um englischsprachige Texte aus dem zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert. Diese haben gemein, dass sie uber die unvollstandige Ausschopfung des Potenzials von Electronic Word-of-Mouth berichten und den „wissenschaftlichen Diskurs“ zum Thema als uneinheitlich und „fragmentiert“ darstellen (Babic, de Valck & Sotgiu, 2020, S. 2). Verglichen mit der Menge und Detailliertheit deutscher Veroffentlichungen, ist der Umfang englischsprachiger Quellen groft, besonders die psychologische Betrachtung der Thematik erscheint in Deutschland ungenugend. Ferner handelt es sich bei fast allen vorhandenen Quellen um quantitative Erhebungen, wahrend diese Abschlussarbeit qualitativ arbeitet. Auf diese Weise wird ein Beitrag zur Forschung geleistet.
Die genaue Forschungsfrage, mit der sich diese Abschlussarbeit beschaftigen wird, lautet wie folgt:
„Welche motivationalen, situativen und dispositionalen Motive verfolgen Deutsche User*innen beim Schreiben von Online Reviews?"
Zur Beantwortung der Fragestellung gibt es einen theoretischen und einen empirischen Textabschnitt. Im theoretischen Teil der Arbeit werden zunachst wichtige Online Begriffe definiert und das Empfehlungsmarketing vorgestellt. Im nachsten Schritt wird sich auf den wissenschaftlichen Zusammenhang des Themas mit der Motivations- und schlieftlich Konsumpsychologie bezogen. Daraufhin werden die beiden vorangegangenen Themenschwerpunkte verknupft und dienen als Fundament zur Bearbeitung der eigentlichen Aufgabe des theoretischen Teils, der Vorstellung relevanter Motive zum Verfassen von Online Bewertungen. Dabei wird sich unter anderem auf die Erkenntnisse von Hennig-Thurau et. al (2004) und neuere Veroffentlichungen wie Babic bezogen (Babic, de Valck & Sotgiu, 2020).
Der empirische Teil der Forschungsarbeit besteht aus der Darstellung von sechs qualitativen Experten interviews, welche teilstrukturiert durchgefuhrt wurden. Der Interviewleitfaden bezieht sowohl dispositionale, situationale als auch motivationale Bewertungsanreize mit ein. Die Auswertung der Interviewdaten erfolgt anhand der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015). Es handelt sich dabei um eine Auswertung mit deduktiver Kategorienanwendung. Alle Einzelheiten und Erklarungen zur Vorgehensweise werden genauer im Text erklart (siehe Abschnitt Auswertungsmethode ). Im letzten Schritt werden die Ergebnisse der Befragungen darstellt, indem die wichtigsten Nutzungsanreize der Proband*innen herausgefiltert werden. Je nach Haufigkeit und Detailliertheit der Erwahnungen sollen die unterschiedlichen Motive in ihrer Relevanz gewichtet werden.
Anschlieftend erfolgt die Ergebnisdiskussion, in der die empirischen Befunde in Ruckbezug auf die theoretischen Erkenntnisse interpretiert und auf deren Limitationen gepruft werden. Im Fazit werden die wichtigsten Aspekte zusammengefasst und ein Forschungsausblick formuliert.
1 Theorieteil
1.1.1 Definition und Besonderheiten von eWOM
Im folgenden Abschnitt soll in das Thema Electronic Word of Mouth eingefuhrt werden, indem der Ursprung des Phanomens, die Mundpropaganda, beschrieben wird:
Der Begriff Mundpropaganda (Englisch: Word of mouth ) umfasst das Aussprechen von Empfehlungen durch Freund*innen und Bekannte (Fichter, 2018). Er dient der Meinungsbildung in Konsumsituationen und gilt als besonders glaubwurdige Form der Kommunikation (Fichter, Ryf & Basel, 2018). S. Schmidt beschreibt in seinem Artikel den historischen Verlauf von Mundpropaganda (2009). WOM begleitete den Menschen im Rahmen der Evolution (Schmidt, 2009). Ursprunglich dienten Empfehlungen dazu, sich und andere vor Verletzungen bei der Jagd oder vor dem verzehren giftiger Beeren zu schutzen (Schmidt, 2009). Zu Zeiten der Industrialisierung galten Empfehlungen als Absicherung gegen Betrug im Handel. Mit Einzug des World Wide Web erweiterte sich der Raum fur Word of Mouth und digitale Empfehlungen wurden als Electronic WOM (eWOM) bezeichnet. (Schmidt, 2009)
Laut Fichter, Ryf & Basel, richten sich mehr als zwei Drittel aller Konsument*innen beim Online Shopping nach Bewertungen anderer Menschen (2018). Dieser Anteil ubertrifft alle anderen zu berucksichtigenden Quellen zur Informationsfindung im Online Shopping (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
Ein wichtiger Unterscheidungsaspekt zur traditionellen Mundpropaganda ist die Reichweite des Internets (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Digitale Nutzerbewertungen, welche auch epinions genannt werden, konnen nach ihrer Veroffentlichung von allen Nutzer*innen gelesen werden, wahrend Mundpropaganda meist in einem Dialog zweier Personen stattfindet (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Online Bewertungen existieren in diversen Formaten. Beispielsweise werden sie auf YouTube in Form von Review- & Unboxingvideos veroffentlicht, als Nutzerbeitrage in Online Foren oder direkt auf E-Commerce Landingpages spezieller Produkte angezeigt (Schmidt, 2009). In einem Springer Webexkurs zum Thema Online Bewertungen wird auf Bestandigkeit und Beobachtbarkeit von eWOM als wichtiges Unterscheidungskriterium zur Mundpropaganda hingewiesen (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Wahrend mundliche Empfehlungen in Vergessenheit geraten, verbleiben digitale Kommentare im Internet (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Auf diese Weise haben User*innen die Moglichkeit verschiedenste Bewertungen zu lesen und die Valenz der Bewertungen im zeitlichen Verlauf zu beobachten (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
Die bekannteste Definition des Begriffs eWOM stammt von dem deutschen Wirtschaftswissenschaftler Thorsten Hennig-Thurau, et. al., aus dem Jahr 2004 (S.39). Sie lautet wie folgt:
„ [...] any positive or negative statement made by potential, actual, or former customers about a product or company, which is made available to a multitude of people and institutions via the Internet’
Es geht um positive und negative online Bewertungen, die vor dem Kauf eines Produktes, wahrend des Konsumierens und durch ehemalige Kunden vorgenommen werden konnen. (Hennig-Thurau et. al, 2004)
Die Definition wurde im Jahr 2020 von Babic, de Valck & Sotgiu durch folgende Eigenschaften erganzt: „eWOM is consumer-generated, consumption-related communication that employs
digital tools and is directed primarily to other consumers’
(Babic, de Valck & Sotgiu, 2020, S. 52)
Besonders die Konsumbezogenheit von eWOM steht hierbei im Fokus.
1.1.2 Zahlen und Fakten
Das Electronic Word of Mouth erfahrt ein enormes Wachstum. So stieg die Anzahl der Nutzerbewertungen auf Yelp.com in den Jahren 2009 bis 2020 auf das funfundzwanzig-fache an und liegt bei ca. 224 Millionen Nutzerreviews (Statista, 2021a). Die Konkurrenzplattform Trustpilot.com verzeichnet ahnlich grofte Erfolge und befand sich 2019 auf Platz funf der SEO Visibility Charts von Google.de (Statista, 2021b). Diese richten sich nach dem absoluten Sichtbarkeitsanstieg einzelner Webseiten innerhalb der Suchmaschine Google.de.
Da sich diese Arbeit auch auf dispositionale Ursachen des Bewertungsschreibens bezieht, erfolgt nun die Darstellung der wichtigsten sozio-demographischen Charakteristika der betroffenen User*innen:
Nur ein geringer Teil der Internetuser*innen veroffentlicht haufig digitale Empfehlungen (De Sombre, 2011). Dabei bevorzugen vor allem kontaktscheue und schuchterne Personen digitale Medien als Kommunikationsplattform (Sun et al., 2006; zitiert nach Lis & Korchmar, 2012). EWOM Nutzer*innen zeichnen sich uberwiegend durch einen „mittleren Gesellschaftlich - wirtschaftlichen Status“ und einen erhohten Bildungsgrad aus (De Sombre, 2011). Ferner befinden sich die meisten Recommender im Alter von 30 bis 49 Jahren (De Sombre, 2011).
Einer Statista Umfrage zur Altersverteilung von Yelpuser*innen zufolge, befinden sich knapp 30 Prozent aller Nutzer*innen zwischen 20 und 29 Jahren (Statista, 2021c). Dieser Altersunterschied konnte durch den Erhebungszeitpunkt oder auch die Plattformspezifik begrundet sein.
Zu der geschlechterspezifischen Verteilung der Reviewgemeinschaft Yelp.com verzeichnet sich in Deutschland ein ausgeglichenes Verhaltnis von funfzig Prozent an Nutzerinnen die sich dem weiblichen Geschlecht zuordnen und 50 Prozent an Nutzern, die sich dem mannlichen Geschlecht zuordnen (Statista, 2021d). Wahrend sich in den Vereinigten Staaten von Amerika fast zwei Drittel aller Unique User dem weiblichen Geschlecht zugehorig fuhlen (Statista, 2021e). Diese Diskrepanz deutet auf mogliche kulturelle Einflusse hin. Der Begriff unique user ist eine Kennzahl, die beschreibt, wie viele unterschiedliche Nutzer*innen eine Plattform besucht haben
(Kollmann, 2018). Bei der Erhebung der Unique User Anzahl wird die IP Adresse der Besucher*innen berucksichtigt, um Mehrfachzahlungen der gleichen Personen ausschlieRen zu konnen.
1.2 Electronic Word of Mouth Marketing
Zur Beantwortung der Frage aus welchen psychologischen Grunden User*innen Bewertungen auf Online Plattformen veroffentlichen, ist es ebenso wichtig, die kommerzielle Seite des eWOMs zu verstehen, welche aktiv versucht Bewertungen herbeizufuhren.
Der Begriff Electronic Word of Mouth Marketing umfasst verschiedene Strategien zur aktiven Steuerung von eWOM durch Unternehmen. Dabei wird zwischen umsatzfordernden MaRnahmen und MaRnahmen zur Starkung der Marken- und Produktbekanntheit unterschieden (Allard, 2006; zitiert nach Schmidt, 2009). AuRerdem variieren die verschiedenen eWOM-MarketingmaRnahmen in direkter und indirekter Einflussnahme von Unternehmen (Allard, 2006; zitiert nach Schmidt, 2009).
Abbildung 1: Arten des eWOM Marketings
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: (Allard, 2006; zitiert nach Schmidt, 2009)
Das indirekte eWOMM, wie beispielsweise das Viral Marketing funktioniert, indem Unternehmen Marketinginhalte produzieren, welche Konsument*innen gezielt zum Austausch anregen sollen. Es gibt Anlass zum digitalen Austausch, welcher unbewusst aber freiwillig stattfindet (Lis & Korchmar, 2012).
Direkte eWOMM Strategien hingegen, basieren auf digitaler Mundpropaganda, die das Unternehmen bei Dienstleistern wie Influencer*innen oder Evangelist*innen einkauft (Schmidt, 2009). Diese nutzen ihre sozialen Kontakte um bezahlte Werbung fur ein Produkt oder eine Dienstleistung zu betreiben.
Eine weitere Variante ist, dass Unternehmen selbst in Kontakt mit Verbraucher*innen treten, indem sie sich als Privatpersonen im Internet ausgeben und positive Bewertungen uber die eigenen Produkte veroffentlichen. Dies wurde unter den Begriff Stealth Marketing fallen.
1.3 Wissenschaftliche Einordnung
Nachdem alle technologischen Ausdrucke besprochen wurden, ist es wichtig, einen Einblick in die psychologischen Grundlagen des Konsums zu erlangen. Um die Motive zum Schreiben von Nutzerbewertungen richtig einordnen zu konnen, stellt sich die Frage, wie der Begriff Motiv definiert wird und wie Motivation im Allgemeinen entsteht.
In der Literatur gibt es verschiedene Ansatze den Begriff Motiv zu definieren. Der amerikanische Psychologe J. W. Atkinson schreibt dem Begriff folgende Bedeutung zu (1957, S.360):
“(.) disposition to strive for a certain kind of satisfaction”.
Er interpretiert Motive als Mittel zur Verwirklichung bestimmter menschlicher Ziele und verortet deren Ursprung in der Disposition des Menschen (Atkinson, 1957). Atkinsons Annahme steht im Einklang mit verschiedenen anderen wissenschaftlichen Stellungnahmen, die Motive als Personlichkeitsmerkmal verstehen (Schmitt, Altstotter-Gleich, 2010; Heckhausen & Heckhausen, 2010). Motive bestimmen die Art und Starke der Ziele, die Menschen verfolgen (Schmitt, Altstotter-Gleich, 2010). Die am haufigsten untersuchten menschlichen Motivthemen sind Leistung, Macht und Anschluss (Brandstatter et. al, 2013).
Das Machtmotiv beinhaltet das Streben nach sozialer Wirksamkeit (Heckhausen & Heckhausen, 2010). Nach Brandstatter et. al besteht das Machtmotiv in der physischen, affektiven oder kognitiven Einflussnahme auf Menschen, welche in einem Uberlegenheitsgefuhl beim Einflussnehmenden resultiert (2013).
Das Leistungsmotiv steht fur das menschliche Streben nach Effizienz (Heckhausen & Heckhausen, 2010). Vorhaben, welche stark von dem Leistungsmotiv gepragt sind beinhalten beispielsweise die Erreichung festgesetzter Meilensteine oder besonders ambitionierte Notenziele. Nach Murray (1938) muss das Ziel der Unternehmung als herausfordernd erlebt werden oder eine Konkurrenzsituation vorliegen.
Das Anschlussmotiv beschreibt die Suche nach sozialem Anschluss bzw. die Zugehorigkeit zu einer Gruppe (Heckhausen & Heckhausen, 2013). Es geht dabei um das fundamentale Bedurfnis nach menschlichen Kontakten und der Furcht vor sozialer Zuruckweisung (Brandstatter et al, 2013). Dieses ist evolutionar entstanden, da das Uberleben des Einzelnen nur innerhalb einer Familie/ Kohorte moglich war (Brandstatter et. al, 2013).
In der Wissenschaft wird zwischen impliziten und expliziten Motiven unterschieden (Schmitt, Altstotter-Gleich, 2010). Explizit steht fur bewusste Motive, wahrend implizit Motive unbewusster Natur sind (Schmitt, Altstotter-Gleich, 2010). Zusatzlich kann Verhalten auch durch den Einfluss mehrerer Motive gleichzeitig bestimmt werden (Schmitt, Altstotter-Gleich, 2010). Neben der Personlichkeit ist auch die Sozialisation der Menschen von grofter Bedeutung fur die Ausbildung personlicher Motive (Schmitt, Altstotter-Gleich, 2010). Dazu gehort sowohl Kultur als auch Erfahrungen, die ein Mensch im Verlauf seines Lebens gesammelt hat.
Aufterdem wichtig fur das Verstandnis der empirischen Forschung ist die Unterscheidung extrinsischer und intrinsischer Motive. Heckhausen & Rheinberg (1980) beschreiben intrinsische Motivation als Einklang von Handlungsthema, Handlungsergebnis und Handlungsfolgen (Heckhausen & Rheinberg, 1980). Das bedeutet ein Verhalten kann nur als intrinsisch motiviert gelten, wenn beispielsweise das Schreiben einer Bachelorarbeit nur um des Schreibens Willens geschieht und dabei kein Interesse am Beenden eines Studiums besteht.
Als extrinsisch gelten alle Verhaltensweisen, die einem gesonderten Zweck dienen. Dies ist der Fall, wenn der oben beschriebene Dreiklang nicht eingehalten werden wurde und Student*innen eine Abschlussarbeit schrieben, um das Studium zu bestehen und sich fur einen bestimmten Beruf qualifizieren wollten.
1.3.1 Konsummotive
In diesem Abschnitt werden einige Motive aus der Konsumpsychologie vorgestellt. Diese beziehen sich auf das Konsumieren von Produkten und Dienstleistungen im Allgemeinen. Sie werden zunachst beschrieben und daraufhin mit moglichen Auswirkungen auf das Schreiben von eWOM in einen Zusammenhang gebracht. Was ist ein Konsummotiv? :
„Konsummotive sind zielgerichtete, auf menschlichen Bedurfnissen basierende
Antriebe, die bestimmen, ob und was wir kaufen und welche Verhaltensmuster wir
dabei zeigen“ (Fichter, Ryf & Basel, 2018, S. 30)
Aus der Definition geht hervor, dass Konsummotive auf der Verwirklichung menschlicher Grundbedurfnisse aufbauen. Sie sind ausschlaggebend fur Kaufentscheidungen und bringen bestimmte, den Kaufprozess beeinflussende Verhaltensmuster hervor (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
In der Literatur gibt es verschiedene Auffassungen daruber, wie Konsummotive eingeteilt werden sollten (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Grundsatzlich unterscheiden sich die Unterteilungsansatze in der Spezifitat der Motivbegriffe.
Trommsdorff & Teichert haben sieben Konsummotive zusammengetragen, von welchen funf, mogliche Implikationen fur das Electronic Word of Mouth haben konnten (2011, S. 110ff):
1. Okonomik - Sparsamkeit - Rationalitat
Das erste Konsummotiv bezieht sich darauf, Konsum auf Basis von Rationalitat und Sparsamkeit zu gestalten. Konsument*innen, die das Sparsamkeitsmotiv verfolgen, interessieren sich fur gunstigste Preise oder orientieren sich an dem besten Preis- Leistungsverhaltnis (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Da Verbraucher*innen auf viele Informationen angewiesen sind, um das okonomisch gunstigste Produkt auswahlen zu konnen, ware das Lesen von Nutzerbewertungen im Internet eine denkbar nutzliche Hilfestellung. Es handelt sich dabei um eine Form der bewussten Handlungssteuerung.
2. Prestige - Ausdruck - soziale Anerkennung
Das zweite Motiv beinhaltet das Streben nach Prestige, Ausdruck und sozialer Anerkennung, das durch Konsum erfullt werden soll (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Laut Trommsdorff und Teichert handelt es sich hierbei um ein weit verbreitetes, einflussreiches Phanomen (2011). Hinter dem Motiv steckt der Erwerb von Statussymbolen, zum Zweck sozialer Anerkennung. Daruber hinaus konnen Statussymbole Statusinkongruenzen beseitigen, das heiftt Diskrepanzen zwischen Statusempfinden und Statusanspruch von Konsument*innen auflosen (Trommsdorff & Teichert, 2011).
Dieser Aspekt wird auch in der eWOM Literatur als ausschlaggebend dargestellt. So berichten Fichter, Ryf & Basel von einem Belohnungseffekt fur Nutzer*innen nach dem Schreiben eines Reviews (2018). Menschen, die vermehrt online Meinungen in bestimmten Communities veroffentlichen, gewinnen durch ihr Engagement an Anerkennung und Status von anderen Nutzer*innen. Dies animiert zum Verfassen weiterer Bewertungen (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
3. Soziale Wunschbarkeit/ Normunterwerfung
Das Motiv umschlieftt Konsumentscheidungen, welche durch den Einfluss von sozialer Erwunschtheit und Konformitat gepragt werden. Konsument*innen, die das Motiv nach Normunterwerfung verfolgen, treffen Entscheidungen nicht nach Ihrem eigenen Gefallen, sondern nach den Vorstellungen der sozialen Gruppe oder Kultur, welcher sie sich zugehorig fuhlen wollen (Trommsdorff & Teichert, 2011). Der Einfluss von sozialem Umfeld und Kultur auf Konsum wird im Rahmen der empirischen Untersuchung dieser Abschlussarbeit naher untersucht.
In der Literatur wird das Konformitatsmotiv unter Anderem in Zusammenhang mit dem Einfluss von Gewohnheiten auf Konsum gebracht. Demnach konnen Konsummuster einer Gruppe, Konformitatsstreben in Individuen auslosen, welche dazu dienen Zugehorigkeit zur Gruppe zu demonstrieren (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Ferner wirken Gewohnheitskaufe als Entlastung fur die menschliche Psyche, da die Anzahl, zu treffender Entscheidungen, durch Gewohnheiten reduziert werden kann (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
4. Lust - Erregung - Neugier
Fichter, Ryf und Basel beschreiben das Motiv der Lust und Erregung unter dem Aspekt des sensation seekings (2018). Dabei handelt es sich um ein Personlichkeitsmerkmal nach Zuckerman (1979), welches das Interesse der Menschen an Neuheiten teilzuhaben, beschreibt. Im Zusammenhang mit den Konsummotiven nach Trommsdorff und Teichert, besteht der Fokus dieses Motivs darin, Konsumaktivitaten zu beschreiben, die durch den Drang Neues zu erleben motiviert werden (2011).
Bezogen auf das Schreiben von Nutzerbewertungen zeichnet sich das Streben nach Erregung deutlich ab, so tendieren Personen in einem starken Erregungszustand eher dazu, Bewertungen zu veroffentlichen, als in milden Erregungszustanden (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Das fuhrt dazu, dass es im Internet vermehrt stark positive und stark negative Bewertungen gibt und die Anzahl an 3 Sterne-Bewertungen verhaltnismaRig gering ausfallt (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
5. Konsistenz - Dissonanz - Konflikt
Das letzte Motiv handelt von der menschlichen Suche nach Vollstandigkeit und Stimmigkeit. Im Zusammenhang mit Konsum verleiten Konsistenz und Stimmigkeit zu einem positiven Eindruck und begunstigen Kaufentscheidungen (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Ein Beispiel dafur ware, die Wahl eines Produktes zu treffen, indem entschieden wird, ob die Produktqualitat mit dem Verpackungsdesign und der preislichen Einordnung ubereinstimmen.
Im Rahmen von digitalen Meinungsbildern muss auf andere Art uber Konsistenz und Stimmigkeit entschieden werden. Sowohl bei dem Lesen als auch Schreiben von Bewertungen ordnen User*innen ihr Meinungsbild auf Basis des Referenzrahmens der Community ein. Sie beziehen sich auf Meinungen von Personen, die sie meist nicht kennen (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
Beim Lesen von Empfehlungen haben Nutzer*innen nur geringe Gewissheit uber den Wahrheitsgehalt und die Unabhangigkeit des Gesagten (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Um dies zu kompensieren berucksichtigen Nutzer*innen die Anzahl aller Bewertungen und deren Durchschnittsvalenz (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Diese wird meist in Form von Sternen ausgedruckt. Sie tragen zu mehr Ubersichtlichkeit und einem vereinfachten Verstandnis der unterschiedlichen Meinungen bei (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Laut Fichter, Ryf & Basel steigert eine grofte Anzahl an Bewertungen das Vertrauen in die Gesamtheit der Bewertungen und erhoht die Kaufwahrscheinlichkeit (2018).
Bei einem zu positiven Gesamtbild entsteht ein neuer Konsistenz-Dissonanz- Konflikt (Fichter, Ryf & Basel, 2018) indem die Glaubhaftigkeit der Bewertungen in Frage gestellt wird. Als besonders authentisch gilt ein allgemein positives Gesamtbild mit wenigen negativen Einschlagen (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
Das Schreiben von Nutzerreviews ist ebenso stark durch das Streben nach Konsistenz gepragt. Denn Nutzer*innen beziehen beim Schreiben von Empfehlungen, bewusst auf Widerspruche zwischen Konsumerwartungen und den tatsachlichen Eigenschaften eines Produktes. Dieses Konzept wird in der Literatur als Means-End-Kettentheorie betitelt (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Im Rahmen des bewussten Tatigens einer Bewertung, infolge von uneinheitlichen Erwartungen und Gegebenheiten, kann ebenso von geplantem Verhalten ausgegangen werden. Die Theorie des geplanten Verhaltens nach Ajzen (2005) bezieht sich auf die bewusste Realisierung von Verhaltensweisen, die auf den eigenen expliziten Intentionen aufbauen (Ajzen, 2005).
1.3.2 Word-of-Mouth Motive
Bei der Erforschung der Hintergrunde von eWOM ist es sinnvoll, einen Blick in die Motive zum klassischen Word of Mouth zu werfen.
Sundaram, Mitra & Webster veroffentlichten dazu einen wissenschaftlichen Artikel, der acht Motive zur WOM Kommunikation beinhaltet (1998). Zunachst unterteilten die Autoren die Motive in positive und negative Erfahrungen, welche Mundpropaganda auslosen sollen. Dazu gehoren (Sundaram, Mitra & Webster, 1998):
- Altruismus
- Das Streben nach eigener Beteiligung an Produkten
- Selbstveredelung
- Das Interesse daran, Unternehmen zu unterstutzen
Unter dem Begriff Altruismus werden Verhaltensweisen verstanden, die ohne jede Art von antizipierter Belohnung getatigt werden, beispielweise Hilfeverhaltensweisen (Hennig-Thurau et. al, 2004). Darin unterscheidet sich der Altruimus vom sog. Prosozialen Verhalten, welches auch Hilfestellungen mit der Absicht nach sozialer Bestatigung oder anderen egoistischen Motiven umfasst (Sturmer, 2009).
Das zweite Motiv nach Sundaram, Mitra & Webster handelt von Mundpropaganda, die entsteht, wenn Nutzer*innen sich uber den Besitz und Gebrauch eines Produktes erfreuen oder zur Verbesserung des Gekauften beitragen mochten (1998). Es geht dabei um den Wunsch uber die eigenen Erfahrungen berichten zu wollen.
AnschlieRend folgt das Motiv der Selbstveredelung. Dieses wurde zur Zusammenfassung von Verhaltensweisen entwickelt, welche Mundpropaganda aus Grunden der positiven Selbstdarstellung ausnutzen (Sundaram, Mitra & Webster, 1998). Dabei wird versucht, den Glanz eines Produktes durch Kommunikation mit der eigenen Person in Verbindung zu bringen.
Ein vergleichbares Konstrukt aus der Literatur nennt sich Basking in reflected glory, kurz BIRG nach Cialdini et. al (1970). Es beinhaltet die Tendenz sich mit dem Ruhm anderer Menschen oder Institutionen offentlich in Verbindung zu bringen, ohne jede Form des Mitwirkens oder der Zusammenarbeit beigetragen zu haben (Cialdini et. al, 1970). Das Ziel des Ganzen ist eine moglichst positive Darstellung der eigenen Identitat. Ein konkretes Beispiel dafur ware, wenn eine Person Mundpropaganda fur ein Produkt betriebe, dass er oder sie als empfehlenswert wahrgenommen hat, mit dem Ziel die eigene Personlichkeit bei anderen Menschen, mit dem Erfolg des Produktes, in Verbindung zu bringen.
In diesem Zusammenhang spielt auch der Self-Selection Bias eine wichtige Rolle. Dieser beschreibt das Phanomen, eigens ausgewahlte Produkte als besonders positiv wahrzunehmen, da diese dem eigenen Geschmack entsprechen (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
Das letzte Motiv fur positives WOM, der Unterstutzung eines Unternehmens, beschreibt Nutzer*innen, die sich positiv uber Produkte auftern, um Unternehmen zu fordern (Sundaram, Mitra & Webster, 1998). Dabei steht ein Beziehungsaspekt im Fokus der Kommunikation.
Zu den Motiven negativen WOMs, zahlen Sundaram et. al Angstreduktion, Rache, die Suche nach einem Rat und Altruismus (Sundaram, Mitra & Webster, 1998).
Bei der Angstreduktion versuchen Nutzer*innen, Sorgen und Aufregung anhand von Kommunikation zu reduzieren. Dabei dient Mundpropaganda als Absicherung des eigenen Handelns durch das Einholen von Meinungen anderer Menschen. (Sundaram, Mitra & Webster, 1998)
Das Rachemotiv dient dazu, schlechte Konsumerfahrungen zuruck an ein Unternehmen zu spielen oder im Gesprach mit anderen Menschen einen negativen Eindruck uber ein Unternehmen zu verbreiten. (Sundaram, Mitra & Webster, 1998) Nutzer*innen konnen allerdings auch WOM betreiben, um sich einen Rat von anderen Menschen einzuholen, wie sie mit einer schlechten Erfahrung umgehen sollen oder andere Menschen aus altruistischen Grunden davor warnen, ein bestimmtes Produkt ebenfalls zu kaufen. (Sundaram, Mitra & Webster, 1998)
1.3.3 Electronic Word of Mouth Motive
Um schlieftlich zur Bearbeitung der Fragestellung zu gelangen, werden verschiedene wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Motiven von electronic WOM vorgestellt.
In der Literatur wird bei der Findung von Nutzermotiven digitaler Mundpropaganda die Art der Plattform berucksichtigt, auf der Kommunikation stattfindet. Dabei wird zwischen Foren unterschieden, welche durch Unternehmen und Institutionen verwaltet werden, beispielsweise auf Handelsplattformen, Foren welche durch Nutzer*innen verwaltet werden und solchen, die durch unabhangige Dienstleister gefuhrt werden. (Lis & Korchmar, 2012)
Im Journal of interactive Marketing veroffentlichten Hennig-Thurau et. al (2004) einen Artikel, der auf den zuvor besprochenen Erkenntnissen von Sundaram, Mitra & Webster (1998) aufbaut und diese auf das internetbasierte WOM beziehen.
Daraus gingen vier Motive hervor, die die Haufigkeit der Besuche auf Bewertungsplattformen und die Anzahl geschriebener Kommentare, positiv beeinflussen (Hennig-Thurau et. al, 2004).
Das erste Motiv nach Hennig-Thurau et. al heiftt concern for other customers (2004). Es bezieht sich auf das Verfassen von Bewertungen aus dem Grund sich um andere Verbraucher*innen zu sorgen. Dies trifft vor allem bei negativen Konsumerlebnissen zu, wenn Bewertungen dazu dienen sollen, andere Nutzer*innen zu warnen.
Das zweite eWOM Motiv das Hennig-Thurau et. al ausmachen, heiftt Extraversion/ Selbstveredelung (2004). Anhand dieses Motivs kann eine Parallele zu Sundaram et. al gezogen werden, die Selbstveredelung ebenfalls als Anreiz fur WOM propagierten (Sundaram, Mitra & Webster, 1998). Im Rahmen des eWOMs wird das Motiv jedoch noch durch den Aspekt der Extraversion erweitert. Demnach dient das Schreiben einer Bewertung dem personlichkeitsbezogenen Drang sich und seine Gedanken nach auften zu tragen. Im empirischen Teil dieser Forschungsarbeit wird das Motiv unter dem Namen sharing impulsiveness bearbeitet.
Das nachste wichtige eWOM Motiv nach Hennig-Thurau et. al bezieht sich auf den sozialen Nutzen, den User*innen aus der Interaktion in Online Gemeinschaften ziehen (2004). Dazu gehoren zum Beispiel das Streben nach Zugehorigkeit und Nahe, sowie die Freude am Kennenlernen neuer Menschen und der Unterhaltungsfaktor, den der soziale Austausch den User*innen bietet.
Das letzte Konsummotiv nach Hennig-Thurau et. al handelt von wirtschaftlichen Anreizen, die eWOM fordern sollen (Hennig-Thurau et. al, 2004). Dabei geht es um Rabatte oder Geldpramien, die Nutzer*innen fur positive AuRerungen erhalten. Im Rahmen der empirischen Untersuchung dieser Bachelorarbeit wird auf die wirtschaftlichen Anreize zum Schreiben von Bewertungen eingegangen, allerdings wird das Ganze allgemeiner gefasst, indem alle denkbaren externalen Einflusse, also zum Beispiel auch Geschenke und verschiedene Formen von sozialer Anerkennung, in die Uberlegung miteinbezogen werden.
In anderen wissenschaftlichen Veroffentlichungen werden weitere Motive geschildert, die im Rahmen von Online Bewertungen wichtig sein konnten. So geht aus dem Springer Webexkurs Nutzerbewertungen im Internet hervor, dass das Streben nach Status und Anerkennung als Anreiz zum Schreiben von Bewertungen funktionieren kann (Fichter, Ryf & Basel, 2018). Haufiges bewerten wird als Engagement fur die digitale Gemeinschaft interpretiert und mit Status und Anerkennung belohnt. Diese Art der Belohnung gilt spater als Motivator fur weitere Bewertungen (Fichter, Ryf & Basel, 2018).
Daruber hinaus interessant bei der Erorterung von Bewertungsmotiven ist die Need to Evaluate Skala nach Collani, G. v. (2009).
„ Sie soll das Bedurfnis und die grundlegende Bereitschaft von Personen erfassen, bewertende Urteile zu Einstellungsobjekten abzugeben.“ (Collani, G. v., S. 1, 2009). Die Need to Evaluate Theorie zielt auf die Verankerung des Bewertens in der Personlichkeit oder Disposition eines Menschen ab. Die Skala enthalt sechszehn Items, von welchen funf in den Interviewleitfaden der empirischen Erhebung dieser Abschlussarbeit eingeflossen sind.
Aufbauend auf den Erkenntnissen von Hennig-Thurau et al. (2004) beschreiben Babic, de Valck & Sotgiu einen Wandel der Motivstrukturen von Konsument*innen, beim Schreiben von Nutzerbewertungen, im zeitlichen Verlauf (2020). Sie konstatieren drei Phasen der Bewertungsmotivation. Die erste Phase umfasst die 1980er Jahre, in welchen Menschen sich uber Produkte austauschten um ihre Freude uber Neuheiten und ihr Wissen mit anderen Nutzer*innen zu teilen (Kozinets, 1999, zitiert nach Babic, de Valck & Sotgiu, 2020). Es handelte sich dabei um eine „Mischung als sozialem und wissensbezogenem Austausch“ (Babic, de Valck & Sotgiu, 2020, S. 14).
Anschlieftend berichten die Autoren uber eine zweite Phase, welche mit dem Eintritt von Bewertungsplattformen in den 2000er Jahren einherging (Babic, de Valck & Sotgiu, 2020). Durch die Ausdehnung von eWOM kamen weitere Motivationstypen hinzu (Babic, de Valck & Sotgiu, 2020), namlich das Schreiben von Bewertungen aus monetaren Anreizen, die Sorge um andere Nutzer*innen, das Altruismus Motiv und das Vereinen mehrerer Motive in einem, wie es Hennig-Thurau et. al im Jahr 2004 beschrieben (Babic, de Valck & Sotgiu, 2020).
Die dritte und neuste Phase der Bewertungsmotivationen, welche in das Jahr 2014 eingeordnet wird, beschreiben Babic, de Valck & Sotgiu als weniger altruistisch und starker selbstbezogen als vorherige Phasen (2020). Sie behaupten, Bewertungen dienten nun als Mittel zur positiven Selbstdarstellung und Machtdemonstration (Babic, de Valck & Sotgiu, 2020). Ein Beispiel dafur ware Nutzerbewertungen zu veroffentlichen, um sich selbst in Verbindung mit einem besonders erfolgreichen Produkt zu bringen. Dies wurde dem Motiv des Baskings in reflected Glory nach Cialdini et al. entsprechen (1976).
Zusatzlich berichten Babic, de Valck & Sotgiu uber eine Diversifizierung der Motive durch den Anstieg der verschiedenen digitalen Kanale und Arten Bewertungen anzufertigen (2020). So gabe es zunehmend unterschiedliche Arten, Bewertungen abzugeben, beispielsweise durch Gefallt-mir Funktionen, Verlinkungen oder Microblogging-Beitrage in den sozialen Medien (Babic, de Valck & Sotgiu, 2020). Aufgrund dieser zunehmenden Zerstreuung von Motiven erscheinen die Motive aus der ersten und zweiten Phase nach Babic, de Valck & Sotgiu nicht als uberholt, sondern als Teil des aktuellen Motivationsspektrums welche jedoch durch die darauffolgenden Phasen erweitert wurden (2020).
Ein Aspekt, in dem Unklarheit herrscht, ist die Rolle kultureller Einflusse und Nationalitat auf eWOM. So berichten Babic, de Valck & Sotgiu (2020) uber einen bestehenden Zusammenhang von Kulturcharakteristika und eWOM, wahrend Mladenovic et al. keinen Einfluss des Lands des Wohnsitzes auf das Schreiben von Bewertungen feststellen konnten (2022). Babic et al. beziehen sich dabei auf Kubler et al. indem die Werte „Vermeidung von Unsicherheiten“, „Individualismus“ und „Machtdistanz“ als entscheidend dargestellt werden (Kubler et al., 2018; zitiert nach Babic, de Valck & Sotgiu, 2020, S. 32). Im Rahmen des Bewertungen Schreibens, dient das Absprechen mit anderen Menschen als Art und Weise Risiken zu vermeiden und Unsicherheiten zu minimieren. Das Individualismus Motiv steht fur das Bewusstsein einer Gruppe anzugehoren oder sich als eigenstandig zu empfinden, dies wirkt sich auf den Drang anderen von den eigenen Erfahrungen zu berichten, aus (Babic, de Valck & Sotgui, 2020). Die empfundene Machtdistanz kann daruber entscheiden, ob sich Nutzer*innen bei negativen Erfahrungen gegen eine Institution auflehnen oder nicht.
Mladenovic et al. haben eWOM ebenfalls nach kulturellen Ursprungen untersucht und vernahmen keine signifikanten Unterschiede zwischen den untersuchten Nationen Serbien, Kosovo und Tschechien (2022). Allerdings unterschieden sich die Befunde der drei aufstrebenden Wirtschaftslander von jenen Befunden entwickelter Industrienationen wie Japan, USA und Korea (Mladenovic et al., 2022).
1.4 Zwischenfazit
Im vorhergehenden Text wurden unterschiedliche wissenschaftliche Stellungnahmen zu den verschiedenen Anreizen vom Verfassen einer Online Bewertung dargestellt. Dabei wurde ebenso auf die Hintergrunde des Themas, also die Konsum- & Motivationspsychologie, sowie das Phanomen der Mundpropaganda eingegangen und auf deren Implikationen fur eWOM hingewiesen.
Auf diese Weise wurden unterschiedliche, sich im zeitlichen Verlauf verandernde Motive herausgearbeitet. Es handelt sich um monetare Anreize, der Suche nach Nahe und Anschluss, Altruismus und prosoziales Verhalten, rationalere Ansatze wie dem Erfullen von Nutzererwartungen, dem Streben nach Leistung und Macht, der Suche nach Neuheiten, sowie den Einfluss von Kultur und Nation auf das Schreiben von Nutzerbewertungen.
2 Empirische Erhebung
Im folgenden Teil wird der empirische Teil dieser Bachelorarbeit dargestellt. Begonnen wird mit der Darstellung der Erhebungsmethode, dem leitfadengestutzten, qualitativen Experteninterview. Im Zuge dessen wird der Interviewleitfaden skizziert und die Auswahl der Interviewpartner begrundet. Im nachsten Schritt wird auf die Auswertungsmethode der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) eingegangen und die deduktive Kategorienanwendung naher beleuchtet. Daraufhin erfolgt die Darstellung der Erhebungsergebnisse und deren Interpretation.
2.1.1 Begrundung der Methodenwahl
Die psychologischen Bewertungsanreize von User*innen auf Online Plattformen werden in dieser Bachelorarbeit qualitativ untersucht.
Die Entscheidung fur eine qualitative Erhebung basiert auf dem Stand der Forschung, welcher bisher fast ausschlieftlich quantitative Beitrage beinhaltet. Daruber hinaus unterstutzt die qualitative Vorgehensweise die Exploration neuartiger Motive. Dies wird nochmals durch die Wahl der Befragten begunstigt, da die bisherige Forschung sich selten auf Deutsche Nutzer*innen bezogen hat.
Um die Forschungsfrage bestmoglich beantworten zu konnen, wurde die Methode des leitfadengestutzten Experteninterviews ausgewahlt. Das Experteninterview dient dazu, konzentriertes Fachwissen von Menschen zu einem bestimmten Thema abzufragen (Mayring, 2015). Der Leitfaden tragt dabei eine Strukturierungsfunktion. Der Interviewende orientiert sich bei der Befragung an den zu thematisierenden Grundfragen, hat aber jeder Zeit die Moglichkeit Zwischenfragen einzubringen und individuell auf den Befragten einzugehen (Mayring, 2015). Interviewees hingegen, beantworten die Leitfragen frei nach Ihrem Ermessen. Auf diese Weise konnen sowohl bestehende Motive aus der Literatur gefestigt und neuartige Motive ausgemacht werden.
Insgesamt wurden sechs Experteninterviews abgehalten. Zur Auswertung der Experteninterviews wird sich auf die strukturierende, qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) mit Schwerpunkt auf deduktive Kategorienanwendung gestutzt. Der Grund fur die Wahl der strukturierenden Inhaltsanalyse ist ihre grofte Transparenz und Regelgeleitetheit (Mayring, 2015), sowie ihre Effizienz im Vergleich zur zusammenfassenden Inhaltsanalyse.
2.1.2 Datenaufbereitung
Die Interviews wurden mithilfe einer Notebook Recording-Software aufgenommen und eigenstandig verschriftlicht. Dabei wurde sich an den Transkriptionsregeln nach Dresing und Pehl (2012) orientiert, welche den Zweck verfolgen, Sprache in ihrem Sinn wiederzugeben und eine gute Lesbarkeit zu ermoglichen (Dresing & Pehl, 2012). Die genauen Transkriptionsregeln sind im Anhang aufgelistet (siehe Anhang 2 Transkriptionsregeln ).
Die Auswertung der Interviews erfolgte nach den Maftstaben der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Mayring (2015). Dazu wurde zunachst ein Kodierleitfaden erstellt. Dieser enthalt die Benennung von Haupt- und Unterkategorien, eine Beschreibung der einzelnen Kategorien, die Darstellung der jeweiligen Kategorie anhand von Ankerbeispielen und eine Reihe von Kodierregeln. Aus Formatgrunden werden die Kodierregeln im Anhang dargestellt (siehe Anhang 4 Kodierregeln).
Gefolgt von der Erstellung des Kodierleitfadens wurden schlieftlich die einzelnen Interviewaussagen in das Kodiersystem eingefugt, paraphrasiert und generalisiert. Die vollstandige Excel-Tabelle befindet sich ebenfalls im Anhang (siehe Anhang 9 Finale Kodiertabelle ).
2.1.3 Erhebungsmethode
Das teilstrukturierte, qualitative Experteninterview
Das qualitative Interview ist eine Methode zur Erhebung von Informationen. Im Dialog zwischen Interviewleiter*in und Interviewteilnehmer*in, wird ein Forschungsgegenstand besprochen. Das qualitative Interview, welches zu den qualitativen Forschungsmethoden gehort, zeichnet sich vor allem durch die Offenheit der Interviewsituation aus. In der Befragung gibt es keine vorgefertigten Antwortvorgaben. (Flick, Kardoff & Steinke, 2000).
Das teilstrukturierte qualitative Interview wird durch einen Leitfaden unterstutzt. Der Leitfaden enthalt sog. Leitfragen, welche in der Befragung thematisiert werden sollen. Je nach Interviewsituation kann der Leitfaden wahrend des Gesprachs angepasst werden, so konnen beispielsweise Fragen ausgelassen werden, die der Interviewte bereits im Zusammenhang mit einer anderen Frage beantwortet hat und es besteht die Moglichkeit, den Leitfaden durch zusatzliche Fragen zu erganzen. (Glaser & Laudel, 2009)
Das Experteninterview zeichnet sich durch die Auswahl der Befragten aus (Glaser & Laudel, 2009). Wahrend andere Formen der qualitativen Forschung sich auf das Erleben und Verhalten von allen Menschen beziehen, werden im Rahmen von Experteninterview ausschlieftlich sachkundige Personen befragt. Als Expert*innen gelten Menschen, die sich uber einen langen Zeitraum oder besonders oft und detailliert mit dem zu erforschenden Thema befasst haben und aufgrund dessen uber sogenanntes Spezialwissen verfugen (Glaser & Laudel, 2009). Die Wahl der Expert*innen dieser Forschung wird im Abschnitt Auswahl der Interviewteilnehmenden genauer beschrieben.
2.1.4 Gestaltung des Interviewleitfadens
Der folgende Textabschnitt skizziert den Leitfaden der Untersuchung. Er ist in verschiedene Teilbereiche untergliedert und verfolgt das Ziel, die verschiedenen Dimensionen des Bewertungsschreibens zu erfassen. Eine Abbildung befindet sich im Anhang (siehe Anhang 1: Interviewleitfaden ).
Zunachst beginnt der Leitfaden mit der Abfrage soziodemographischer Daten und weist auf verschiedene Aufzeichnungs- und Anonymisierungsprozesse hin.
Im nachsten Schritt wird sich dem allgemeinen Nutzungsverhalten der Befragten gewidmet. Beispielsweise wird abgefragt, wie haufig Bewertungen veroffentlicht werden und seit wann dies getan wird. Die Abfrage der Haufigkeit und zeitlichen Stabilitat ihrer Bewertungsaktivitaten, sichert zusatzlich die Eignung der Befragten als Expert*innen ab.
Der darauffolgende Teil des Interviewleitfadens behandelt situationale Faktoren, die das Verfassen von Nutzerbewertungen anregen. Dabei soll herausgearbeitet werden, wie bestimmte Situationen die Expert*innen in ihrem Verhalten beeinflussen. Ein Beispiel dafur ist, ob die Tendenz eine Bewertung zu verfassen eher spontan oder geplant, bzw. bewusst oder unbewusst einsetzt. Erkenntnisse aus diesem Themenblock wurden Marketingstrategien insofern beeinflussen, als dass zur Erhohung der Bewertungszahlen kunftig bestimmte bewertungsfordernde Situationen hergestellt werden konnten.
Der dritte Teil des Leitfadens behandelt motivationale Anreize Bewertungen zu verfassen. Dabei wird zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation unterschieden. Dies dient dem Zweck herauszufinden, ob Nutzer*innen von auften in Ihrer Tendenz sich zu auftern beeinflusst werden konnen und wollen. Ein Beispiel fur extrinsische Motivation ware ein Entlohnungssystem fur verfasste Bewertungen in Form von Rabatten oder Geldauszahlungen anzunehmen. Intrinsische Ziele waren hingegen Bewertungen aus Grunden der Freude uber das Bewerten zu verfassen.
Der nachste Interviewabschnitt fokussiert mogliche dispositionale Faktoren zum Schreiben von Nutzerbewertungen. Beispiele dafur sind Unterschiede im Geschlecht, Alter oder Bildungsniveau von Menschen, die besonders viele Bewertungen schreiben. Um moglichst unverzerrte Antworten zu erhalten, wurden an dieser Stelle des Interviews zwei Wunderfragen eingesetzt. Die Interviewees wenden den Blick von sich auf andere, indem sie zu ihrer Vorstellung einer Person befragt werden, die niemals eine Bewertung verfassen wurden oder standig Bewertungen veroffentlicht. Zusatzlich unterstutzt der Einsatz von Wunderfragen die Gesprachsdynamik des Interviews.
Neben den Wunderfragen wurden auch andere besondere Fragetypen im Interviewleitfaden eingesetzt, beispielsweise eine heikle Frage und die Einleitung einer kurzen Narration.
Um die Gesprachsdynamik moglichst angenehm zu gestalten, wurde bei der Erstellung des Interviewleitfadens auf die Reihenfolge der verschiedenen Fragetypen wertgelegt. Nicht zuletzt wurde auf diese Weise versucht, mogliche Diffusionseffekte verschiedener Frageschwerpunkte zu vermeiden. Aufgrund dessen wurden die beiden Wunderfragen an einer Stelle eingefugt, an dem die Interviewten wahrend des Pre-tests oftmals zu sozialer Erwunschtheit tendierten und eine heikle Frage wurde erst nach der Sicherstellung eines gewissen Vertrauensniveaus angewendet. Abschlieftend ist zu erwahnen, dass die Fragen sich vom Allgemeinen zum Spezifischen entwickeln.
Im letzten Teil des Interviews wurden einige Items der Need to evaluate Skala nach Collani G. v. (2009) sinngetreu ubernommen und abgefragt. Dabei wurde sich auf funf der 16 Items beschrankt. Die vollstandige Liste der Items ist im Anhang nachzulesen (siehe Anhang 7: Sonstiges). Bei dem Bedurfnis zu bewerten, handelt es sich um eine Kategorie des Kodierleitfadens. Der Interviewschluss, soll den Drang zu bewerten naher beleuchten und den Zusammenhang von Menschen, die viele Bewertungen verfassen mit dem Personlichkeitsmerkmal Need to Evaluate zusammenfuhren.
2.1.5 Auswahl der Interviewteilnehmenden
Bei der Auswahl der Befragten wurde sich auf eine Anzahl von sechs Personen festgelegt. Dies erscheint im Rahmen einer qualitativen Erhebung und anhand der Hochschulvorgaben angemessen.
Bei den Interviewten handelt es sich um ein ausgewogenes Verhaltnis von mannlichen und weiblichen Proband*innen, zwischen 19 und 55 Jahren. Die beruflichen Tatigkeiten und Bildungsniveaus der Befragten sind unterschiedlich. An den Interviews haben sowohl Schuler*innen und Student*innen als auch Selbststandige und Berufstatige im Angestelltenverhaltnis teilgenommen.
Als Voraussetzung fur die Teilnahme an den Interviews gilt das regelmaftige veroffentlichen und lesen von Userbewertungen auf Online Plattformen. Diese auftern sich beispielsweise in einem erhohten Google Local-Guides Score oder ahnlichen Creditpoints, wie etwa bei Yelp oder Trustpilot.
Die Eignung der einzelnen Teilnehmer*innen wurde vor Beginn der Befragungen sichergestellt und jeweils im Zusammenhang mit dem allgemeinen Nutzungsverhalten im Interview abgefragt. Dies ist in den Transkripten dokumentiert (siehe Anhang 3: Interviewtranskripte ).
2.1.6 Auswertungsmethode
Die strukturierende, qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2015)
Zur Auswertung der gewonnenen empirischen Daten wurde die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewahlt (2015). Dabei handelt es sich um ein Auswertungsverfahren der qualitativen Sozialforschung, welches sich fur die Auswertung verschiedener Textkorpora wie beispielsweise umfangreichen Interviewtranskripten eignet (Mayring, 2015).
Wahrend Mayring mehrere Arten der qualitativen Inhaltsanalyse unterscheidet, wird sich in dieser Abschlussarbeit auf die qualitative Inhaltsanalyse mit deduktiver Kategorienanwendung konzentriert (2015).
Die Inhaltsanalyse mit deduktiver Kategorienanwendung zeichnet sich durch einige Arbeitsschritte aus, die im Folgenden kurz skizziert werden:
Als erstes ist es wichtig, ausfuhrliche Literaturrecherche zu betreiben und ein Kategoriensystem herzustellen. Die einzelnen Kategorien sollen in Folge dessen in einer Tabelle aufgelistet und durch eine Beschreibung erganzt werden. Daraufhin werden aus Grunden der Nachvollziehbarkeit und Objektivitat, Ankerbeispiele fur jede Kategorie herausgearbeitet und der Tabelle angefugt. Im letzten Schritt werden die einzelnen Zitate paraphrasiert und generalisiert, bevor sie schlieftlich zu den Kategorien zugeordnet werden konnen. Dabei ist es wichtig, Regeln fur das Kodieren aufzustellen und diese offenzulegen.
Im Zusammenhang mit dem Forschungsthema erscheint die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse sinnvoll, da es sich um eine qualitative Untersuchung handelt und die Exploration von menschlichem Erleben und Verhalten, bzw. den Nutzungsmotiven der Befragten im Fokus steht. Weitere Ausfuhrungen zur Sinnhaftigkeit der Methodenwahl befinden sich im Absatz Begrundung der Methodenwahl.
2.1.7 Kodiersystem
Im Rahmen der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ist das Erstellen eines sinnvollen Kodiersystems von grofter Wichtigkeit. Die finale Version des Kodierleitfadens wird im Anhang abgebildet (siehe Anhang 7: Finale Kodiertabelle ). Zusatzlich wird im Schlussteil ein Modell zu den unterschiedlichen Nutzerbewertungsmotiven zusammenfassend dargestellt (siehe Abschnitt 4 Fazit ).
Das Kodiersystem beinhaltet eine Auflistung der verschiedenen Haupt- und Subkategorien, sowie eine passende Beschreibung zur Erlauterung der einzelnen Aspekte. Die Kategorien sind zunachst deduktiv aus der Literatur entnommen worden, sie wurden im Rahmen des hermeneutischen Zirkels (zwei Pretestinterviews) an einzelnen Stellen umformuliert und durch induktive Kategorien erweitert. Sie basieren auf verschiedenen Theorien aus der Literatur, die sich entweder direkt auf eWOM, oder auf verwandte Themen, wie Konsummotivationen im Allgemeinen oder das analoge Word of Mouth beziehen. Die Quellen der einzelnen Aspekte befinden sich in Anhang 5: Kategorien und Quellen.
2.2 Darstellung der Ergebnisse
Im folgenden Textabschnitt werden die einzelnen Kodierkategorien nacheinander vorgestellt und in einen Zusammenhang mit den Ergebnissen der Experteninterviews gebracht. Zur Verdeutlichung der Inhalte werden wichtige Paraphrasen und Ankerbeispiele herangezogen. Zusatzlich werden Aussagen uber die Gewichtung der Kategorien getroffen.
HK1 Dispositionale Faktoren
Bei Hauptkategorie 1 handelt es sich um eine Ansammlung dispositionaler Beweggrunde zum Schreiben von User Bewertungen.
Zunachst umfasste die dispositionale Dimension die Kategorien Sensation Seeking, Sharing Impulsiveness und die Kategorie des Need to evaluate. Nach ersten Auswertungsdurchlaufen fiel jedoch auf, dass der Kodierleitfaden zwei Kategorien auslieft, die nachtraglich hinzugekommen sind. Es handelt sich dabei um die Motive Altruismus/prosoziales Verhalten und Sozio-Demographie. Daher wurde die das Kodiersystem nachtraglich, durch die beiden genannten Motive erganzt.
Grundsatzlich sind allen Interviews dispositionale Motivstrukturen im Zusammenhang mit dem Schreiben von Online Bewertungen zu entnehmen. Alle Interviewten berichteten von Charaktereigenschaften, die das Schreiben einer Bewertung fordern sollen. Die Annahme bestimmter bewertungsfordernder oder - hemmender Charaktereigenschaften wurde sowohl anhand der eigenen Identitat als auch anhand von Aussagen uber andere Menschen kommuniziert.
K1 Sensation seeking/ novelty seeking
Die erste Kategorie des dispositionalen Faktorenspektrums, das Schreiben einer Bewertung aufgrund eines ausgepragten Drangs Neuheiten zu erleben, wurde in drei von sechs Interviews geauftert.
Dabei wurde das Konzept sowohl auf die eigene Person als auch auf andere Menschen projiziert. Eine der Befragten beschrieb die Suche nach Neuheiten als Quelle fur das Verfassen ihrer Bewertungen. Sie konstatiert einen Zusammenhang:
B:"(...) Ich mochte viel Neues also erleben, wenn man das jetzt dazu sagen kann und deswegen bewerte ich auch so gerne!" #00:33:01-12# Interview 6
Wahrend Interviewee 6 neutral uber den Zusammenhang berichtet, beschreibt Interviewee 4 den erhohten Drang Neuheiten zu erleben, als negative Eigenschaft: B: "Ja, ich glaube ich bin da voll schlimm. Ich muss immer irgendwie, wenn es etwas Neues gibt, mich da einlesen und dann so einen Standpunkt haben, auch schon so in der Corona Zeit oder auch was politische oder religiose Sachen angeht, irgendwie. Ich glaube schon, dass ich bei allem immer so eine Meinung haben muss. Beim Bewerten ist das auch so! Da schreibe ich dann immer rein, wenn ich was Neues schon als einer der ersten testen konnte." #00:15:54- 00:16:16# Interview 4
Die Aussage lasst vermuten, dass es sich bei novelty seeking im deutschsprachigen Raum um ein sozial weniger erwunschtes Motiv handeln konnte. Dies wurde erklaren, wieso sich andere Interviewteilnehmer*innen nicht zu dem Thema aufterten.
K2 Sharing Impulsiveness
Die zweite Kategorie des dispositionalen Itemblocks bezieht sich auf die Kommunikationsfreude und den Drang sich mit anderen Menschen auszutauschen. Ein Beispiel dafur ist folgende Aussage:
B: "Das kann. Das ist schwierig, aber einerseits f&llt mir jetzt der Mitarbeiter bei uns ein der das zu 100 Prozent macht, obwohl ich es nicht weifc, aber ich kann es zu sehr hohem Prozentsatz vorstellen, dass der Mann das macht, dass der Mann gerne Bewertungen schreibt, weil er auch unheimlich gro&en Kommunikationsdrang hat, der will dir immer alles erzahlen mit alien moglichen Details. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass derjenige dann auch seine volle Kommunikationsfreudigkeit im Internet anwendet und gut und gern mal Bewertungen schreibt.(...) " #00:27:41- 00:28:26# (Anhang 3.5 Transkript Interview 5).
In diesem Zitat aus Interview Nummer funf wird ein klarer Zusammenhang zwischen der Disposition eines Kollegen des Befragten und dessen Tendenz Bewertungen zu schreiben geauftert. Dies ist nur ein Beispiel fur einige ahnliche Aussagen die in den unterschiedlichen Interviews zu Tage gekommen sind.
In den meisten Interviews wird Aufregung vor dem Veroffentlichen einer Bewertung geschildert. Im Verlauf der Interviews wurde nicht weiter nachgefragt, wie diese zu deuten ist. Beim Kodieren wurde davon ausgegangen, dass es sich bei der Aufregung um einen Ausdruck der Sharing Impulsiveness handelt. Eine weitere Interpretationsmoglichkeit ware, dass es sich ebenso um Angst vor sozialer Ablehnung handeln konnte. Diese Art der Interpretation erscheint vor dem Hintergrund, dass Befragte die gleiche Aufregung vor dem Verfassen einer positiven Bewertung aufterten, jedoch eher unwahrscheinlich.
Aufterdem finden sich in den verschiedenen Transkripten weitere, vorher ungeahnte Unterscheidungskriterien der Probanden, die sich auf ihren Mitteilungsdrang auswirken.
Die Tendenz des Bewertungsschreibens hangt demnach davon ab, ob die Befragten im personlichen Kontakt mit den Anbietern standen, beispielsweise beim Erwerb von Dienstleistungen, oder ob es sich um einen Produktkauf ohne menschliche Kontakte handelte. Aufterdem scheint die Intensitat einer Erfahrung starken Einfluss auf den Mitteilungsdrang der Personen auszuuben. In zwei der sechs Befragungen wurde ebenfalls uber den monetaren Wert einer Anschaffung berichtet, der den Mitteilungsdrang der Konsumenten beeinflusste (Interview 5, 6). Nicht allen der oben genannten Kriterien wurden einheitliche Einflussrichtungen zugeordnet. Allen Interviewten ist jedoch gemeinsam, dass sich personlicher Kontakt mit Anbietern positiv auf die Tendenz eine Bewertung zu verfassen auswirkte. Ein hoher monetarer Wert einer Ausgabe wurde in zwei Interviews als Grund fur einen gestiegenen Mitteilungsdrang genannt.
[...]
- Arbeit zitieren
- Violetta Wißmann (Autor:in), 2022, Electronic Word of Mouth. Motive zum Schreiben von Online Reviews, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1214533
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