In den letzten Jahren sind Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten bei Kindern im
Grundschulalter in zunehmendem Maße als Problem identifiziert worden. Eine
Aussage über die Häufigkeit zu treffen ist ohne Bezugnahme auf operationalisierte
Kriterien schwierig. Man geht jedoch davon aus, dass ca. 10-15% der deutschen
Grundschulkinder deutliche Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben.1
Bedenkt man, dass z.B. die Stadt Heidelberg die Folgekosten von Therapie- und
Fördermaßnahmen für lese- und rechtschreibschwache Kinder kaum noch tragen
kann und deshalb verstärkt bereits in Kindergarten und Vorschule auf
Präventionsmaßnahmen setzt, wird die Tragweite des Problems Lese- und
Rechtschreibschwäche bei Kindern bewusst.2
Seit einigen Jahren greifen Lehrer und Therapeuten als Ergänzung zu
konventionellen Fördermaßnahmen im Rahmen der Gruppen- oder Einzelförderung
vermehrt auf Lernsoftware zum Lesen und Schreiben zurück. Auch die Eltern sind
bemüht, durch den Einsatz dieser Programme ihre möglicherweise betroffenen
Kinder zu fördern, bzw. die Software als Präventivmaßnahme einzusetzen.
Dementsprechend unübersichtlich ist der Markt für diese Programme inzwischen
geworden und die Grundlagen, auf denen die dort angebotenen Übungen basieren,
ebenso wie deren Qualität oder Erfolgsgarantie, bleiben oft fragwürdig.3
Auf der Seite der Forschung hat die Psycholinguistik in jüngerer Zeit ihre
Erkenntnisse und Modelle zum Lesen und Schreiben, zum Schriftspracherwerb und
somit auch zur Ermittlung von Ursachen für Lese-Rechtschreibschwäche stetig
erweitert. Die Frage nach der tatsächlichen Wirksamkeit solcher Fördersoftware kann im
Rahmen dieser Arbeit zwar nicht geklärt werden, vielmehr unternimmt sie den
Versuch, drei exemplarisch ausgesuchte Software-Programme auf Basis dieser
psycholinguistischen Erkenntnisse zu beleuchten, um deren theoretisches
Fundament abzuklopfen. [...]
1 KLICPERA & GASTEIGER-KLICPERA (1995, 227-228)
2 http://www.ph-heidelberg.de/wp/schoeler/EVES_Nr1.pdf/
3 Einen Überblick über neue Medien im Unterricht versucht die Datenbank SODIS http://www.sodis.de/ zu geben.
Hier im speziellen http://www.leu.bw.schule.de/allg/mmsoft/index.htm/
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- GESPROCHENE UND GESCHRIEBENE SPRACHE
- DAS VERHÄLTNIS VON GESPROCHENER UND GESCHRIEBENER SPRACHE
- NICHT-PHONOLOGISCHE UND PHONOLOGISCHE SCHRIFTSYSTEME
- DIE DEUTSCHE SPRACHE UND IHRE VERSCHRIFTUNGSPRINZIPIEN
- SCHLUSSBEMERKUNG
- KOGNITIVE MODELLE ZUR SCHRIFTSPRACHVERARBEITUNG
- VORBEMERKUNG
- DAS LOGOGENMODELL VON MORTON
- DAS INTERAKTI'Æ MODELL DES WORTERKENNENS_
- GEMEINSANIES MODELL FÜR DAS LESEN UND SCHREIBEN..
- Vorbemerkung
- Lesen
- Schreiben
- ZUR BEDEUTUNG DES ARBEITSGEDÄCHTNISSES
- SCHLUSSBEMERKUNG
- ENTWICKLUNGSMODELLE DES SCHRIFTSPRACHERWERBS
- VORBEMERKUNG.
- DAS SECHSPHASENMODELL DES LESEN- UND SCHREIBENLERNENS NACH FRITH
- DER ANSATZ VON EHRI
- DAS ORTHOGRAPHIC FRAMEWORK MODEL
- SCHLUSSBEMERKUNG
- DIE PHONOLOGISCHE BEWUSSTHEIT
- VORBEMERKUNG.
- DEFINITIONEN
- ROLLE DER PHONOLOGISCHEN BEWUSSTHEIT BEIM SCHRIFTSPRACHERWERB
- SCHLUSSBEMERKUNG
- STÖRUNGEN DES LESENS UND SCHREIBENS .
- DEFINITIONEN
- BETRACHTUNG VON STÖRUNGEN AUF BASIS DER VORGESTELLTEN THEORIEN UND MODELLE.
- Visuell-perzeptuelle Aspekte
- Phonologische Verarbeitungsschwächen
- Phonologische Bewusstheit
- Schwierigkeiten in der Entwicklung des phonologischen Rekodierens
- Schwierigkeiten bei der Ausnutzung von Informationen hinsichtlich orthographischer Regelmäßigkeiten, Morphemaufbau und Silbenuntetteilung
- ERKLÄRUNG DER LESERECHTSCHREIBSCHWACHE ANHAND DES ENTWICKLUNGSMODELLS DES SCHRIFTSPRACHERWERBS VON FRITH
- LESE-RECHTSCHREIBSCHWÄCHE IM KONTEXT DES PROZESSMODELLS
- IMPLIKATIONEN FÜR DIE BETRACHTUNG VON _
- VERSUCH DER PSYCHOLINGUISTISCHEN REFLEXION AUSGEWÄHLTER LERNSOFTWARE
- VORBEMERKUNG.
- T2 CESAR LESEN - ZUR UNTERSTÜTZUNG DER LEGASTHENIE-THERAPIE
- Vorbemerkung
- Beschreibung und psycholinguistische Betrachtung
- Zusammenfassende Bemerkung zur CD-ROM CESAR LESEN
- DUDEN-LERNSOFTWARE ICH LERNE LESEN _
- Vorbemerkung
- Beschreibung und psycholinguistische Betrachtung
- Zusammenfassende Bemerkung zur Duden-Lemsoftware Ich leme Lesen
- DIE SOFTWARE „LESE-ZEILE"
- SCHLUSS
- LITERATUR............................................................................................
- ERKLÄRUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die wissenschaftliche Hausarbeit befasst sich mit der Frage, inwieweit Lernsoftware zur Förderung von Lese- und Rechtschreibschwäche Erkenntnisse der Psycholinguistik umsetzt. Die Arbeit analysiert drei exemplarische Software-Programme und untersucht deren theoretisches Fundament anhand von Modellen und Theorien der Schriftsprachverarbeitung und -entwicklung.
- Kognitive Modelle der Schriftsprachverarbeitung
- Entwicklungsmodelle des Schriftspracherwerbs
- Phonologische Bewusstheit
- Störungen des Lesens und Schreibens
- Implikationen für die Betrachtung von Lernsoftware
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema „Lernsoftware in der Förderung von Lese- und Rechtschreibschwäche" ein und erläutert die Relevanz des Themas.
Das Kapitel „Gesprochene und geschriebene Sprache" behandelt das Verhältnis von gesprochener und geschriebener Sprache, verschiedene Schriftsysteme und die Verschriftungsprinzipien der deutschen Sprache.
Das Kapitel „Kognitive Modelle zur Schriftsprachverarbeitung" stellt verschiedene Modelle der Wortverarbeitung vor, darunter das Logogenmodell von Morton, das interaktive Modell des Worterkennens und ein gemeinsames Modell für das Lesen und Schreiben. Darüber hinaus werden die Bedeutung des Arbeitsgedächtnisses und die Rolle von Subsystemen innerhalb der Modelle für die Entstehung von Lese- und Rechtschreibschwäche diskutiert.
Das Kapitel „Entwicklungsmodelle des Schriftspracherwerbs" beschreibt verschiedene Modelle des Schriftspracherwerbs, darunter das Sechsphasenmodell von Frith, den Ansatz von Ehri und das Orthographic Framework Model. Die Modelle beleuchten die Entwicklung des Schriftspracherwerbs in verschiedenen Phasen und die Bedeutung phonologischer Bewusstheit für den Prozess.
Das Kapitel „Die phonologische Bewusstheit" definiert den Begriff der phonologischen Bewusstheit und untersucht die Rolle dieser Fähigkeit im Schriftspracherwerb.
Das Kapitel „Störungen des Lesens und Schreibens" beschäftigt sich mit Definitionen und Ursachen von Lese- und Rechtschreibschwäche. Es werden verschiedene Theorien und Modelle vorgestellt, die zur Erklärung von Störungen des Lesens und Schreibens beitragen.
Das Kapitel „Versuch der psycholinguistischen Reflexion ausgewählter Lernsoftware" analysiert drei exemplarische Software-Programme: CESAR LESEN 1.0, Duden-Lernsoftware Ich lerne Lesen 1&2 und die Software „LESE-ZEILE". Die Analyse untersucht, inwieweit die Programme die im Verlauf der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse der Psycholinguistik umsetzen.
Der Schluss fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und diskutiert die Bedeutung der Psycholinguistik für die Entwicklung von Lernsoftware zur Förderung von Lese- und Rechtschreibschwäche.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Förderung von Lese- und Rechtschreibschwäche, die Psycholinguistik, kognitive Modelle der Schriftsprachverarbeitung, Entwicklungsmodelle des Schriftspracherwerbs, phonologische Bewusstheit, Störungen des Lesens und Schreibens, sowie die Analyse von Lernsoftware.
- Citation du texte
- Rainer Böhm (Auteur), 2003, Lernsoftware in der Förderung von Lese- und Rechtschreibschwäche: Versuch einer psycholinguistischen Reflexion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12087
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