Im Verlauf der letzten Jahre gelangte eine unaufhörlich zunehmende Menge an koreanischer Populärkultur zu großer Beliebtheit in südostasiatischen Ländern wie beispielsweise Japan, China, Vietnam, Thailand oder Singapur. Auf den Märkten dieser Länder wird dabei eine äußerst breite Palette von Konsumbedürfnissen abgedeckt: Von Fernsehserien, Filmen und Popmusik über Bücher und Magazine bis hin zu Kleidung, Kosmetik und Schmuck wird der an Korea interessierte Kunde mit Produkten geradezu überschwemmt, weshalb diese Erscheinung von Seiten der Nachrichtenpresse und Fachzeitschriften auch schon früh als „Korean Wave“ (hallyu auf Koreanisch) festgehalten und geprägt wurde.
Wo aber hat dieses Interesse seinen Ursprung? Liegt die Seouler Zeitung "Segye Ilbo" richtig mit ihrer Behauptung, dass Korea der Ursprung japanischer Kultur sei? Um dies herauszufinden soll rückblickend die kulturelle Beeinflussung Japans durch Korea in der Geschichte untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: Der Koreaboom – eine Renaissance?
2 Hauptteil: Kulturkontakte und Kulturerzeugnisse
2.1 Der Beginn japanisch-koreanischer Beziehungen
2.2 Frühe Zeugnisse der Paekche-Yamato-Verbindung
2.3 Japanischer Buddhismus als koreanisches Kulturerzeugnis
2.4 Koreanische Einflüsse im höfischen Leben der Heian-Zeit
3 Resumée: Gesellschaftsprodukt oder Produktgesellschaft?
4 Verzeichnis der verwendeten Literatur
1 Einleitung: Der Koreaboom – eine Renaissance?
Im Verlauf der letzten Jahre gelangte eine unaufhörlich zunehmende Menge an koreanischer Populärkultur zu großer Beliebtheit in südostasiatischen Ländern wie beispielsweise Japan, China, Vietnam, Thailand oder Singapur. Auf den Märkten dieser Länder wird dabei eine äußerst breite Palette von Konsumbedürfnissen abgedeckt: Von Fernsehserien, Filmen und Popmusik über Bücher und Magazine bis hin zu Kleidung, Kosmetik und Schmuck wird der an Korea interessierte Kunde mit Produkten geradezu überschwemmt, weshalb diese Erscheinung von Seiten der Nachrichtenpresse und Fachzeitschriften auch schon früh als „Korean Wave“ (hallyu auf Koreanisch) festgehalten und geprägt wurde.[1]
Im Falle Japans hat vor allem die Fernsehserie „Wintersonate“ (Fuyu no Sonata) zum erhöhten Interesse an der koreanischen Populärkultur beigetragen. Mit der Ausstrahlung der Serie auf dem öffentlichen Sender NHK (Nippon Hôsô Kyôkai) im Jahre 2003 wurde der Koreaboom auch hier ausgelöst und entwickelte sich mit der Zeit zu einer Art nationalem Phänomen.[2]
Da es sich bei den hallyu -Konsumenten in Japan hauptsächlich um Frauen, oder genauer: Frauen im mittleren Alter handelt, steht nicht nur die (aus verschiedenen Gründen als sehr hochwertig empfundene[3]) Serie selbst, sondern auch ein ausgeprägtes Interesse am männlichen Hauptdarsteller Bae Yong Joon, in Japan liebevoll als „Yon-sama“ bezeichnet, im Fokus der Aufmerksamkeit. Des weiteren werden bis heute mit zunehmender Anzahl spezielle, die Original-Drehorte der Serie besichtigende Reisetouren nach Südkorea angeboten und auch wahrgenommen. Dass die Menge an sich etablierenden koreanischen Geschäften, Sprachschulen und Restaurants seit dem Beginn des Koreabooms in Japan rapide zugenommen hat, versteht sich praktisch von selbst.[4]
Generell muss dem Koreaboom unabhängig von seiner Existenz als populärkulturelle Erscheinung ein scheinbar darüber hinaus gehender Nutzen zugeschrieben werden, da er die Wahrnehmung der Japaner von Süd-Koreanern sowie den in Japan lebenden Koreanern (Zainichi) durchaus verbessert hat; ein Umstand, der sich bereits in alltäglichem Verhalten widerspiegelt.[5] Da außerdem vor Ausbruch des Booms noch Japan führend auf dem Populärkultur-Markt in Asien gewesen war, hat diese Entwicklung in den Koreanern ein besonderes Gefühl des Nationalstolzes und des Glückes hervorgerufen, welches vielleicht in Zukunft einen Beitrag dazu leisten kann, das seit vielen Jahren problematische politische Verhältnis beider Länder zueinander ein wenig zu entspannen.[6]
Dass diese Form des Nationalgefühls allerdings auch in einer Überbewertung des eigenen kulturellen Einflusses münden kann, wird bereits im Jahre 2004 deutlich. Denn im Bochumer Jahrbuch zur Ostasienforschung (BJOAF) diesen Jahres findet sich ein sehr aussagestarkes Zitat eines Artikels der allgemein bildenden Seouler Zeitung Segye Ilbo vom 28. Januar, in dem mit großem Stolz verkündet wird, dass es schon seit der Beeinflussung Japans durch die koreanische Kultur des Altertums (kodai) eindeutig sei, dass „Korea der Ursprung der japanischen Kultur ist“ (Lee 2004: 230) und nun mit dem Koreaboom eine „Renaissance“ (Lee 2004: 230) eben dieser kulturellen Vormachtstellung in Japan aufgekommen sei.[7]
Eine solche These erscheint zunächst recht übertrieben und unreflektiert, lässt sich jedoch ohne eingehendere Untersuchung weder widerlegen noch bestätigen. Deshalb soll es Zweck der vorliegenden Arbeit sein, überblicksartig eine thematisch strukturierte, aber dabei (nach Möglichkeit) auch chronologische Darstellung der Beeinflussung der japanischen durch die koreanische Kultur im Altertum, d.h. von der Yamato- bis zur Heian-Zeit, zu geben. Vor diesem Hintergrund soll dann in einer Zusammenfassung geklärt werden, ob es unter historischen Gesichtspunkten tatsächlich berechtigt ist, von einem Korea als Kulturquelle Japans und vom Koreaboom als deren Renaissance zu sprechen.
2 Hauptteil: Kulturkontakte und Kulturerzeugnisse
2.1 Der Beginn japanisch-koreanischer Beziehungen
Um sich mit den Auswirkungen und Hinterbliebenschaften eines Kulturkontaktes zwischen Japan und Korea auseinandersetzen zu können, bedarf es selbstverständlich eines Wissens von den Ursprüngen eben dieses. Da die Historie an sich aber nicht den eigentlichen Schwerpunkt dieser Arbeit bilden soll, werde ich im Folgenden nur eine kurze Übersicht über Entstehungsgeschichte und –mythologie anführen.
Das Nihonshoki („Chronik Japans in einzelnen Schriften“, 720) bietet eine sehr illustre Geschichte zum Thema der Entstehung koreanisch-japanischer Beziehungen. Diesem Werk zufolge nämlich war es die legendäre Tennô-Gemahlin und Regentin Jingû (jingû-kôgô), die im Jahre 246 eine Invasionsarmee auf die koreanische Halbinsel führte und nach wenigen Jahren erfolgreich zurückkehrte. Von den damals vier koreanischen Einzelstaaten Koguryô, Silla, Kaya und Paekche, wird besonders letzterer als den Japanern gegenüber sehr aufgeschlossen und, in einem eher nationalistischen Ton, die Haltung der Paekche-Koreaner Japan gegenüber als unterwürfig dargestellt.[8] Die fortlaufende Errichtung eines dauerhaften Kontaktes beider Nationen wird dabei zu einem großen Teil der Verbindung zwischen Paekche und dem fünfzehnten Tennô Ôjin, Sohn der Jingû, zugeschrieben.[9]
Diese mythologische Darstellung der Ereignisse wird von den meisten modernen Historikern zwar abgelehnt, ein einheitlicher, allgemein als „richtig“ geltender Ansatz konnte trotz intensiver Nachforschungen auf dem Gebiet allerdings auch noch nicht herausgestellt werden; die Erklärungsversuche reichen stattdessen von einem gewaltsamen Eindringen der japanischen Armee auf die Halbinsel, um dort eine wirtschaftliche und politische Basis für Operationen auf dem Festland gründen zu können (wobei die Geschichte des Nihonshoki dann also einen romantisierend-verschleiernden Charakter bekäme), bis hin zu vollkommen gegenteiligen Ansichten, nach denen es die Koreaner waren, welche zuerst zum Zweck des Handels nach Kyûshû übergesiedelt seien (und die Legende nur dazu benutzt worden sei, die vermeintliche Überlegenheit des japanischen Volkes zu demonstrieren).[10] Als historisch erwiesen gilt jedoch, dass der in der Mythologie erwähnte Kontakt tatsächlich schon seit spätestens dem vierten Jahrhundert existiert, wie sich anhand verschiedener Funde aufzeigen lässt. Der berühmteste unter diesen dürfte dabei wohl das „siebenschneidige Schwert“ (Nanatsusaya no Tachi) sein, welches laut seiner chinesischen Inschrift vom König von Paekche als Geschenk an den König von Yamato überreicht und aufgrund der für die Zeit typischen Metallarbeit auf das Jahr 369 datiert wurde.[11] Spätestens seit dieser Zeit also lässt sich der Kulturkontakt beider Länder auf der Basis von gegebenen Kulturerzeugnissen untersuchen.
[...]
[1] Vgl. Shim, Dooboo (2006): “Hybridity and the rise of Korean popular culture in Asia”. In: Media, Culture & Society. Vol. 28(1), S. 25
[2] Vgl. Hayashi, Kaori / Lee, Eun-Jeung (2007): “The Potential of Fandom and the Limits of Soft Power: Media Representations on the Popularity of a Korean Melodrama in Japan”. In: Social Science Japan Journal. Vol. 10, No. 2, S. 197f
[3] Für detailliertere Informationen, vgl. Hanaki, Toru (2007): Hanryu Sweeps East Asia. How Winter Sonata is Gripping Japan”. In: The International Communication Gazette. Vol. 69(3), S. 286-292
[4] Vgl. Hanaki (2007), S. 281f
[5] Vgl. Hanaki (2007), S. 288-290
[6] Vgl. Lee, Eun-Jeung (2004): “Korean Wave (Hallyu): Korea als neue Kulturmacht in Asien?” In: Bochumer Jahrbuch zur Ostasienforschung (BJOAF), Vol. 28, S. 228ff
[7] Vgl. Lee (2004), S. 230
[8] Vgl. Farris, William Wayne: Sacred Texts and Buried Treasures. Issues in the Historical Archaeology of Ancient Japan. Honolulu: University of Hawai’i Press 1998, S. 57ff
[9] Vgl. Covell, Dr. Jon Carter / Covell, Alan: Korean Impact on Japanese Culture. Japan’s Hidden History. Elizabeth: Hollym International Corp. 1993, S. 25ff
[10] Für detaillierte Informationen, vgl. Farris (1998), S. 60-68
[11] Vgl. Farris (1998), S. 64 und Covell/Covell (1993), S. 22f
- Citation du texte
- Marvin Udzik (Auteur), 2008, Kulturelle Beeinflussung Japans durch Korea im Altertum als Kontrast zum gegenwärtigen Koreaboom, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120812
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