Die vorliegende Arbeit hat im Rahmen des Seminars „ Mittelalterliche Tierpik: Der Reinhart Fuchs des Elsässers Heinrich“ zum Ziel, die Tiergestalten von Fuchs und Wolf darzustellen und zu analysieren. Die zu behandelnden Themenbereiche sind: das französische Tierepos Roman de Renart (im Folgenden R. d. R.) und die Volksmärchen aus der russischen Tierdichtung. Mit dieser Arbeit soll ein Überblick über die Gemeinsamkeiten und (die wenig vorhandenen) Unterschiede der Fuchs- und Wolfgestalten in der Fuchsliteratur von Frankreich und Russland gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Plan der Arbeit
2. Einleitung
3. Darstellender Teil der Tiergestalten „Fuchs“ und „Wolf“ im R. d. R.
3.1. Der Fuchs
3.2. Der Wolf
3.3. Das Verhältnis zwischen Fuchs und Wolf im R. d. R.
4. Kritischer Teil
4.1. Der kritische Vergleich der Tiergestalten des Fuchses und des Wolfs im Roman de Renart mit ihrem Auftreten in russischen Märchen
4.1.1. Der listige Fuchs
4.1.2. Der Wolf
4.1.3. Die Feindschaft zwischen Fuchs und Wolf
4.1.4. Das Bündnis zwischen Fuchs und Wolf
5. Schlussfolgerung
6. Literaturverzeichnis
a. Primärliteratur
b. Sekundärliteratur
Anhang 1
1. Plan der Arbeit
Die vorliegende Arbeit hat im Rahmen des Seminars „ Mittelalterliche Tierpik: Der Reinhart Fuchs des Elsässers Heinrich“ zum Ziel, die Tiergestalten von Fuchs und Wolf darzustellen und zu analysieren. Die zu behandelnden Themenbereiche sind: das französische Tierepos Roman de Renart (im Folgenden R. d. R.) und die Volksmärchen aus der russischen Tierdichtung. Mit dieser Arbeit soll ein Überblick über die Gemeinsamkeiten und (die wenig vorhandenen) Unterschiede der Fuchs- und Wolfgestalten in der Fuchsliteratur von Frankreich und Russland gegeben werden. Im darstellenden Teil der Arbeit wird eine kurze Charakterisierung der beiden Charaktere und ihr Verhältnis zu einander zwischen dem R. d. R. und den Märchen gegeben. Im darauffolgenden kritischen Teil soll es versucht werden, in Anlehnung an den darstellenden Teil, die Tiergestalten „Fuchs“ und „Wolf“ des R. d. R. und der russischen Volksmärchen, sowie ihre Verhältnisse zwischen einander, die Feindschaft und das Bündnis, zu analysieren und zu vergleichen. Es soll auch untersucht werden, wie weit die Darstellung der Tiergestalten im Epos mit der in den russischen Märchen übereinstimmt und wie weit die Darstellung der beiden Haupthelden im R. d. R. mit der in Märchen „Der Fuchs und der Wolf“, „Der Fuchs und der Hase“ und „Der Kloß“ (Siehe Anhang 1) sich von einander unterscheiden. Anschließend wird noch ein zusammenfassender Überblick über die erzielten Ergebnisse gegeben.
Für die Untersuchung wurde die Ausgabe[1] des französischen Tierepos von Jauss H. und Köhler E. hinzugezogen, welche in 26 Branchen die vielen Erzählungen des R. d. R. in sich vereinigt und die drei oben genannten russischen Märchen aus der Ausgabe[2] der russischen Volksmärchen von A. N. Afanasev - der wie die Brüder Grimm Märchen gesammelt und diese anschließend veröffentlicht hat - in der deutschen Übersetzung von Werner Grimm.
2. Einleitung
Das Erzählen von und mit Tieren geht auf eine lange Tradition zurück. Schlägt man eine Anthologie mit Tiergeschichten auf, so stellt man fest, dass namhafte Schriftsteller und Schriftstellerinnen zu allen Zeiten vor allem Hund und Katze, Fuchs und Wolf, aber auch allen erdenklichen anderen Tierarten Erzählungen, manchmal auch ganze Romane gewidmet haben.
Der höchste Reiz aller Tierdichtung ist die Verschmelzung des menschlichen mit dem tierischen Element, das zugleich die Grundbedingung für die Tiersage darstellt, die ohne diese Verschmelzung der beiden Elemente undenkbar wäre. Die handelnden Tiere sind deshalb mit Sprache und Vernunft ausgestattet. Schon in den Tiermärchen wurde den Tieren Sprache und Vernunft verliehen; es ist für die Märchendichtung ein wesentliches Charakteristikum, die Naturgestände zu beleben. Deshalb sind die Tiere mit der Sprache ausgestattet, die uns verständlich ist. Dazu sagt Class[3]: „Die Tiere teilen mit den Menschen eine Reihe physischer Affekte; sie haben in der Tat eine Sprache, sie besitzen die Gabe, sich unter einander zu verständigen […], nur dass an der Stelle dieser tierischen, dem Menschen unverständlichen Sprache die menschliche gesetzt wird, ist eine Illusion, die über die natürlichen Verhältnisse hinausgeht“. Die Übertragung der menschlichen Sprache auf die Tiere findet sich in verschiedenen Märchen wieder. So fängt manches Tiermärchen an, sei es ein deutsches, französisches oder ein russisches: „ Es war einmal, als die Tiere noch sprachen“. Schon seit alten Zeiten hat sich der Mensch aufmerksam auf die Tiere gemacht, die äußerlich so anders waren, aber sie verfügten, wie der Mensch selbst, über Vernunft und Charakter. Der Mensch wunderte sich darüber, dass viele Arten von Tieren eine soziale Organisation haben, die der des Menschen gleicht - die Tiere leben wie Menschen in Kollektiven, haben ihre Führer. Aus solchen Beobachtungen hatte der Mensch den Eindruck, dass die Tiere „Menschen“ sind: Sie können mit einander sprechen, einander verstehen, heiraten, auf die Jagd gehen. Solche Glauben wurden in den Tiergeschichten verkörpert, in denen man der Fantasie und Kreativität Flügel geben könnte. Deshalb führen die Tiere in den Tiergeschichten Dialoge, können zusammen leben, einander besuchen, einander helfen.
Der obige Überblick soll aber demonstrieren, dass im Epos, wie auch in Märchen, den Tieren eine gewisse Vernunft zugeteilt wird. Gewiss nicht mit Unrecht, denn je mehr man selbst in die stets neuen und merkwürdigen Erscheinungen des Tierlebens eindringt, umso mehr kommt man dazu, dass die Tiere denken, wollen und empfinden wie Menschen. Durch die Ausstattung der Tiere mit der menschlichen Sprache werden ihnen zugleich auch die menschlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeschrieben.
In dieser Arbeit möchte ich mich jedoch auf das Themenfeld der tierischen Gestalten von Fuchs und Wolf konzentrieren.
3. Darstellender Teil der Tiergestalten „Fuchs“ und „Wolf“ im R. d. R.
3.1. Der Fuchs
Der Fuchs ist der Hauptheld des Epos R. d. R. und kommt darin sehr ausführlich zur Darstellung. Eine ausführliche Beschreibung der äußeren Gestalt des Fuchses finden wir in der Schilderung des Hahns namens Pointe gegenüber. Der Fuchs hat ein rotes Fell, das am Bauch und Hals weißlich ist; sein spitz auslaufender Kopf hat kräftige, spitze Zähne:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die kleine Körpergestalt des Fuchses befähigt ihn nicht zu Gewaltstreichen, ist ihm aber auf seinen Schleichwegen dienlich:
„Que si petiz homs con je sui
De Force et de cors autresi“XVI 761
Unter den körperlichen Eigenschaften des Fuchses wird besonders sein rascher Gang hervorgehoben:
Iloc furent li chen lasse
Recraant s'en tornent arere. II 830
Der Fuchs ist ein großer Liebhaber des Waldes: Hier fühlt er sich geborgen, hierher zieht er sich zurück, wenn er verfolgt wird:
Et Renart vers le bois se tret
Que il aimoit plus que le plein. IX 732
Der Winter ist für den Fuchs die schlimme Jahreszeit; diese Zeit verbringt er in seiner Höhle, nur äußerste Not treibt ihn ins Freie:
Et yver revient en saison Que molt at l'iver mal souffert. XVII 14.
Et Renart fu en sa maison. III 3
In der Höhle des Fuchses spielt sich ein ganz idyllisches Familienleben ab. Mit Sehnsucht wird der Fuchs erwartet, äußerst herzlich wird er begrüßt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Fuchs ist ein Fleischfresser. Geflügel gehört zu seiner Lieblingsspeise, schon beim Anblick von Geflügel zittert er:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Den Vögeln gegenüber wendet der Fuchs immer eine besondere List an, er stellt sich tot, um sie auf diese Weise zu überraschen. So findet man ihn schwer verwundet mit gähnendem Rachen im Graben. Zwei Aasvögel bemerken den anscheinend toten Fuchs und wollen sich gütlich tun an dem Leichnam. Ahnungslos fliegen die Krähe und der Rabe auf den vermeintlichen Leichnam zu. Der Rabe hackt schon in das Fleisch des Fuchses, da schnappt dieser nach ihm:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A soi si con l'escrit retret,
Eine beabsichtigte List ist dieses Sichtotstellen im Abenteuer, wo der Fuchs die Krähe sieht und beschließt sie zu betrügen. Er lässt sich wie tot umfallen, legt sich auf den Rücken, streckt die Beine in die Luft und lässt die Zunge zum weit geöffneten Rachen heraushängen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
La lamgue traite, n'i ot plus. XIII 865
Nicht nur Aasvögel gegenüber wendet der Fuchs diese List an, sondern alle möglichen Tiere sucht er damit zu betrügen. So überlistet er in seinem Kampf mit dem Wolf, dem Hund und dem Hahn durch seine Gegner, dass er wie tot liegen bleibt und so sein Leben rettet. Selbst Menschen übertölpelt er durch diese List (Fischdiebstahl).
Von der Beute, die der Fuchs unter den gefiederten Tieren macht, kann er nicht leben; er frisst auch andere Tiere, z. B. Fische:
„Moult par en menja volentiers,
Onques n'i quist ne sel ne sauge“III 88
Der Fuchs wird immer mehr Phantasiegebilde, so dass von seiner eigentlichen Tiernatur wenig übrig bleibt. Dies lässt sich in seinem ganzen Auftreten konstatieren: Er ist bekleidet VI 67, morgens wäscht er sich XIII 1527, er lässt sich sogar rasieren VII 897, er ist ein gewandter Reiter XI 1529, auf seinen Raubzügen tritt er seinen Gegnern als wohl bewaffneter Ritter entgegen, die Enten fängt er kunstgerecht mit dem Falken XI 1572.
3.2. Der Wolf
Der Wolf nimmt neben dem Fuchs als dessen Gegenspieler die bedeutsamste Stelle ein und doch ist er nicht annähernd mit der gleichen Sorgfalt gezeichnet wie der Fuchs. Nur mit Mühe lässt sich aus dem Wirrwarr der Branchen die Gestalt des Wolfs herausschälen: Die ganze Zeichnung ist in Anlehnung an die Gestalt seines Gegners, des Fuchses, vorgenommen.
Der Wolf ist ein starkes Tier mit kräftigen Schultern und starkem Rückgrat; er ist stärker als der Fuchs:
[...]
[1] Jauss, Hans Robert und Köhler, Erich (Hrsg): «Le Roman de Renart». München: Fink. 1965.
[2] Afanasev, A. N.: Russische Volksmärchen. Übertr. von Werner Grimm. Hrsg. von Imogen Delisle-Zupffer. Orig.-Ausg., 1. Aufl. Frankfurt am Main: Insel-Verl., 1990. 274-276, 341-345.
[3] Class, H.: Auffassung und Dargestellung der Tierwelt im französischen Roman de Renart. Tübingen: Schnürlen, 1910. S. 38.
- Quote paper
- Tatiana Orlova (Author), 2008, Der Fuchs und der Wolf - Zur Darstellung von Fuchs und Wolf in "Roman de Renart" und in russischen Volksmärchen., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120802
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