Analyse der Ernährungsgewohnheiten von Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa und der mögliche Zusammenhang der Aethiologie der Erkrankung.
Inhaltsübersicht
1.Einleitung
2.Zur Xtiologie der chronisch entziindlichen Darmerkrankungen
2.1 Bakterielle oder virale Infektion
2.2 Immunologische Faktoren
2.3 Energiestoffwechselstorung der Mukosazelle
2.4 Vaskulare Faktoren bei der Entstehung der Colitis ulcerosa
2.5 Genetische Faktoren
2.6 Psychosomatische Faktoren ?
2.7 Ernahrungsfaktoren
3.Patienten und Methode
3.1 Patienten
3.2 Methode
3.2.1 Vorbereitungen
3.2.2 Durchfiihrung
3.2.2.1 Form der Befragung
3.2.2.2 Ort der Befragung
3.2.2.3 Zeit und Dauer
3.2.3 Probleme bei der Durchfuhrung
3.2.4 Patienten-Compliance
3.2.5 Giiltigkeit
3.3 Auswertung und Statistik
4.Ergebnisse
4.1 Soziodemographische Daten
4.1.1 Familienstand
4.1.2 Geschlecht
4.1.3 Alter
4.1.4 Schulbildung
4.1.5 Beruf
4.1.6 Wohnort
4.2 Art der Erkrankung
4.3 Alter bei Erkrankung
4.4 Benutzung von Abfiihrmitteln
4.5 Fragen zum Ernahrungsverhalten
4.5.1 EBgewohnheiten
4.5.2 Haufigkeiten des Aul3er-Haus-Verzehrs
4.5.3 Ort des AuSer-Haus-Verzehrs
4.6 Fragen zum Verzehr bestimmter Lebensmittel
4.6.1 Pflanzliche Lebensmittel
4.6.1.1 Cornflakes-Verzehr zum Friihstiick
4.6.1.2 Verzehr von Backwaren
4.6.1.3 Verzehr von Nudeln
4.6.1.4 Verzehr von Gemiise
4.6.1.5 Verzehr von Obst
4.6.2 Verzehr von tierischen Lebensmitteln
4.6.2.1 Milch und Milchprodukte
4.6.2.2 Verzehr von Fleisch und Fisch
4.6.2.3 Verzehr von Eiern
4.6.3 Sonstige Lebensmittel
4.6.3.1 Fettverzehr
4.6.3.2 Verwendung von Zutaten
4.6.3.3 Verwendung von SiiSwaren und SiiBspeisen
4.6.3.4 LieblingssiiBspeise
4.6.3.5 Anderung des SiiBigkeitenverzehrs
4.6.3.6 Getranke verzehr
4.6.3.7 Fertigprodukt-Verzehr
4.7 Ergebnisse des Tagesprotokolls
4.7.1 Tagliche Kalorienzufuhr
4.7.2 Mono- und Disaccharide
4.7.3 Fett, Protein, Ballaststoffe
4.8 Fragen zur Person
4.8.1 Strefi vor der Erkrankung
4.8.2 Familiare Beteiligung
5.Diskussion
6.Schluftfolgerung
7.Zusammenfassung
8. Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Im Jahr 1932 wurde das Krankheitsbild der regionalen Ileitis erstmalig von CROHN, GINZENBERG und OPPENHEIMER beschrieben, dessen haufigste Lokalisation im Endabschnitt des Diinndarms vorzufinden ist.
Nachdem sich jedoch zeigte, daft der Befall nicht auf das Ileum begrenzt ist, sondern der gesamte Verdauungstrakt vom Mund bis zum After betrof- fen sein kann, traten Synonyme wie Enteritis regionalis, Enterocolitis Crohn und granulomatose Enteritis in der Literatur auf. Um alle Teilaspekte der Erkrankung unter einem Namen zu erfassen, einigte man sich auf die Be- zeichnung Morbus Crohn.
Die fruher recht seltene Erkrankung hat sich heute zu einer der haufigsten chronisch entziindlichen Darmerkrankungen entwickelt. Epidemiologische Un- tersuchungen im Verwaltungsbezirk Marburg/Lahn ermittelten zwischen 1964 - 1975 fur Morbus Crohn eine mittlere Inzidenz von 3/10 Einwohner. Diagno- stisch anfangs schwer zu unterscheiden sind die Symptome bei der Colitis ulcerosa, deren wichtigster klinischer Unterscheidungspunkt zum Morbus Crohn der fast ausschlieEliche Befall des Dickdarms ist (MILLER u. PEEREN- BAUM 1979, KORELITZ 1982).
Als Gemeinsamkeiten findet man die noch unbekannte Atiologie, die Manifestation in gleichen Lebensabschnitten, einen schubweisen Verlauf sowie gemeinsame systemische Komplikationen. Beide Krankheiten werden auch ahnlich therapiert.
Betrachtet man die Darmschleimhaut als eine innere Oberflache des Korpers, so ist es naheliegend, Veranderungen deren gesunder Struktur mit Verande- rungen ihrer direkten Umgebung in Zusammenhang zu bringen. Das Milieu im Darm besteht aus Nahrungsbestandteilen, Verdauungssekreten, Schleim- hautabschilferungen und Mikroorganismen.
Unter dem EinfluE der Industrialisierung und der damit einhergehenden tech- nologischen Verarbeitung vieler Lebensmittel hat sich die Qualitat der ver- fiigbaren Nahrung in vielerlei Hinsicht verandert. Haltbarkeit, Reinheit und Aussehen bestimmten entscheidend den Wert der Grundnahrungsmittel. Ernahrungsphysiologische Anspriiche wurden erst nach dem gehauften Auf- treten zivilisationsbedingter Krankheiten an die Nahrung gestellt.
Die zunehmende Verwendung von Zusatzstoffen in der Produktion und Ver- arbeitung bedeutet eine zusatzliche Belastung fur den Organismus durch die Ernahrung.
Die Beobachtung, daB Crohn-Patienten eine besondere Vorliebe fur Srifiig- keiten haben (MARTINI & BRANDES 1976), fiihrte dazu, daB Nahrungsin- haltsstoffe in der Diskussion um die Entwicklung der Friihlasionen in Be- tracht gezogen wurden (CARSTENSEN 1979).
Ziel der hier beschriebenen Untersuchungen war es, das Ernahrungsverhalten von Patienten vor Entstehung einer chronisch entziindlichen Darmerkrankung aufzuzeigen und auf einseitige Verzehrsgewohnheiten hin zu uberpriifen. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse konnten Hinweise auf Lebensmittel geben, welche die Genese des Krankheitsbildes beeinflussen.
Des weiteren sollte iiberpruft werden, inwieweit bestehende Theorien zur Atiologie der chronisch entziindlichen Darmerkrankung anhand eigener Ergebnisse nachzuvollziehen sind.
2. Zur Atiologie der chronisch entziindlichen Darmerkrankungen
In der Diskussion um die Atiologie der chronisch entziindlichen Darmerkrankungen liegt ein breitgefachertes Angebot an Theorien vor, von denen je- doch jede einzelne bisher einen fundierten Beweis schuldig bleibt.
Unterschiedliche und teilweise widerspriichliche Ergebnisse in verschiedenen Bereichen der Medizin, von Bakteriologen, Epidemiologen, Immunologen, Genetikern, Ernahrungsmedizinern bis hin zu den Psychologen fiihrten letzt- endlich zu dem SchluE, daft eine Theorie allein nicht ausreicht, das Krank- heitsbild der chronisch entziindlichen Darmerkrankung zu erklaren. Dies fiihrte zur Hypothese einer multifaktoriellen Atiologie (siehe Abb. 1).
2.1 Bakterielle oder virale Infektion
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Rolle der Bakterien bei der Entstehung der chronisch entziindlichen Darmerkrankungen diskutiert.
Spater wurde von der Isolation des Mycobacterium Kansasii aus dem Darm von Crohn-Patienten berichtet. Eine mutierte L-Form ohne Zellwand wurde mit den Entziindungsvorgangen in Zusammenhang gebracht. Hauttests beleg- ten eine erhohte Sensibilitat von Crohn-Patienten gegen diese Bakterienform (BURNHAM 1978).
Andere Autoren entdeckten L-Formen pseudomonasahnlicher Bakterien (MITCHEL 1979) und Escherichia Coli-Bakterien (TABAQCHALI 1978) in erhohter Anzahl im Faeces von Patienten mit Morbus Crohn. Die verschiedenen Einzelbefunde waren jedoch nicht reproduzierbar (SACHAR et al. 1980).
In der Diskussion um eine Virusinfektion widersprechen Mitteilungen tiber den Fund virusahnlicher Partikel (GITNIK et al. 1979, RIEMANN 1977, ARONSON 1974) anderen Berichten, die in elektronenmikroskopischen Un- tersuchungen der Zellen keinen dieser Erreger beobachten konnten (WHORWELL 1976, DVORAK 1978, PHILLPOTTS et al. 1980).
Ein schliissiger Beweis, welcher eine Infektion als Ursache der chronisch entziindlichen Darmerkrankungen ausschlieBt, steht bislang noch aus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1:Hypothesen zur multifaktoriellen Atiologie der chronisch entziindlichen Darmerkrankung.
Es besteht auch die Moglichkeit, daB die gefundenen Erreger lediglich Ausdruck einer erhohten Infektanfalligkeit der geschadigten Schieimhaut sind.
2.2 Immunologische Faktoren
Ausgelost durch Antigene aus dem Darmlumen aktiviert der Organismus verschiedene Immunreaktionen. Diese Abwehrmechanismen treten auch ge- gen Stoffwechselprodukte einer gesunden Darmflora auf und stehen in einem okologischen Gleichgewicht. Etwa 90 % aller im Korper gebildeten Immun- globuline sind gegen Antigene der mikrobiellen Flora gerichtet, schadigen diese aufgrund fein abgestufter Reaktionsweisen aber nur gering (GEBBERS 1981).
Die Gesamtheit intestinaler Abwehrmechanismen der Darmschleimhaut bil- det den Mukosablock.
Inwieweit Entgleisungen dieser Symbiose bei den chronisch entziindlichen Darmerkrankungen auf pathologische Reaktionen des Immunsystems oder iiberschieBende immunologische Reaktionen gegen luminare Antigene zu deuten sind, ist noch ungeklart. Als Auslosemechanismus werden ein gene- tisch bedingter Defekt des Mukosablockes und ein bestehender Defekt der zellvermittelten und spezifischen Immunitat diskutiert (AUER 1979). Hohe Titer zirkulierender Antikorper gegen Kolonepithel sowie als gekreuzte Immunantwort gegen biochemisch nahestehende bakterielle Antigene und eine an Lymphozyten gebundene zytotoxische Wirkung auf das Kolonepithel sind praktisch bei alien Colitis ulcerosa-Patienten nachweisbar (HELMKE 1978).
Kombiniertes Auftreten mit anderen autoimmunologischen Erkrankungen wie Erythrema nodusum, Arthritiden, Uveitiden und autoimmunhamo- lytischen Anamien zeigen die Bedeutung immunologischer Mechanismen fur die Entstehung der chronisch entziindlichen Darmerkrankung (SCHOL- MERICH 1982).
Neuere Untersuchungen iiber Autoimmunitat belegen ein verstarktes Auftreten von Autoantikorpern gegen intestinale Becherzellen bei Colitis ulcerosa und spezifischer Antikorper gegen exokrines Pankreas beim Morbus Crohn (STOCKER et al. 1984 a).
Aufgrund der hohen Spezifitat der gefundenen Antikorper wurde auf eine Beteiligung dieser Prozesse an der Pathogenese geschlossen.
2.3 Energiestoffwechselstorung der Mukosazelle
Untersuchungen an isolierten Kolonepithelzellen von Colitis ulcerosa- Patienten zeigten einen Defekt im Energiestoffwechsel der Zelle (ROEDIGER 1980). Neben Glutamin und Glukose decken diese Zellen ihren Energiehaus- halt durch die Verbrennung von n-Butyrat, einem Stoffwechselprodukt der Dickdarm-Bakterienflora. Zellen aus dem Darmepithel von Colitis ulcerosa- Patienten zeigten eine eingeschrankte Fettsaureoxidation zugunsten der Glukose- und Glutaminoxidation (ROEDIGER 1980).
Im Tierversuch zeigten sich nach pantothensaurearmer Ernahrung bei Schweinen Entziindungen der Darmschleimhaut, die einer menschlichen Colitis ahnelten (GOODWIN 1962, NELSEN 1968). Pantothensaure ist ein Vitamin aus dem B-Komplex und gilt als Vorstufe des Coenzym A.
Bei Crohn- und Colitis-Patienten wurde eine deutlich herabgesetzte Aktivitat des Co-A in der Darmmukosa festgestellt (ELLESTAD-SAYED & NELSON 1976).
2.4 Vaskulare Faktoren bei der Entstehung der Colitis ulcerosa
Bei Messung des intraluminaren Druckes wurden bei Colitis ulcerosa-Patienten langer erhohte Driicke von steigender Frequenz im distalen Colon beobach- tet (FAIRBURN 1973, GRIMES 1976). Storungen im Rhythmus des Intra- luminardruckes, wie sie auch bei Diarrhoe zu beobachten sind, fuhrten zu einer Unterbrechung des arteriellen und venosen Blutflusses in der Darmmukosa und als Folge zu einer Colitis ulcerosa. Jede Mokusaschadigung konnte nach dieser Hypothese zu einer Colitis ulcerosa werden. Autoimmuno'o- gische Prozesse konnten zusatzlich auftreten.
Genetische Faktoren Eine familiare Haufung der chronisch entziindlichen Darmerkrankungen wurde bereits in verschiedenen Studien festgestellt (KIRSNER & SPENCER 1963, LEWKONIA & McCONNEL 1976, SINGER et al. 1971).
Genetische Gemeinsamkeiten zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind zu vermuten, nachdem beide Formen der Darmerkrankung innerhalb einzelner Familien beobachtet wurden (FARMER et al. 1980, McCONNEL 1979).
Andere Untersuchungen deuten darauf hin, daB in bestimmten Bevolkerungs- gruppen mehr Menschen an chronisch entziindlichen Darmerkrankungen leiden. Epidemiologische Untersuchungen zeigten, daB Juden haufiger erkran- ken als andere Religionen (BRAHME et al. 1975, MENDELOFF 1979).
Daten aus Baltimore von 1963 - 1973 zeigten eine niedrigere Erkrankungs- rate bei der schwarzen Bevolkerung (MONK 1967).
2.6 Psychosomatische Faktoren
Eine psychologische Untersuchung in Heidelberg kam zu dem Ergebnis, daB Morbus Crohn- und Colitis ulcerosa-Patienten in ihren aggressiven Trieb- impulsen gehemmt sind und Konflikten gem aus dem Weg gehen. Furcht- samkeit und leichte Erregbarkeit kennzeichnen die Patienten beider Krank- heitsbilder (PETZOLD 1982).
Eine psychologische Trias von Infantilitat, labilem Selbstwertgefiihl und Hilf- losigkeit wurde bei chronisch Darmkranken beschrieben (FREYBERGER 1977).
Der schleichenden Form einer Colitis ulcerosa geht oft eine sich uber lan- gere Zeit ausdehnende psychische Belastung voraus, wahrend der akute Krank- heitsbeginn meist mit kurzfristig starkem StreB einhergeht (KORELITZ 1982).
2.7 Ernahrungsfaktoren
Ernahrungserhebungen bei Patienten mit chronisch entziindlichen Darmer- krankung zeigten Besonderheiten in deren Ernahrungsverhalten auf.
Bei Crohn-Patienten wurde ein iiberhdhter Konsum raffinierter Kohlenhydrate beschrieben und ein moglicher Zusammenhang zur Krankheitsursache aufge- zeigt (MARTINI & BRANDES 1976).
Spatere Untersuchungen scheinen diese Ergebnisse zu bestatigen (MILLER et al. 1976, KASPER & SOMMER 1979, THORNTON et al. 1979).
Patienten mit Colitis ulcerosa hatten im Vergleich zu gesunden Personen einen signifikant hoheren Konsum an Getreideprodukten und Kartoffeln (BRANDES et al. 1979).
Unter einer ballaststoffreichen Kost konnte eine Verbesserung des Krank- heitsverlaufs bei Crohn-Patienten beobachtet werden (HEATON et al. 1979 b, BRANDES & LORENZ-MEYER 1981).
Neben der Bedeutung technologisch veranderter Lebensmittel wurde auch die Rolle von Nahrungszusatzen diskutiert (CARSTENSEN 1979). Hierzu zahlen neben den Produktionshilfen in Form von Giften im Pflanzenbau und Medikamenten in der Tierzucht auch die Verarbeitungshilfen. Es wurde be- sonders die Rolle der Carrageene hervorgehoben, die im Tierversuch den chronisch entziindlichen Darmerkrankungen ahnliche gastrointestinale Sto- rungen hervorriefen (ABRAHAM & COULSTON 1979).
Bei der Diskussion um allergische Prozesse wurde auch auf die Bedeutung der Schimmelpilzallergene in der Nahrung hingewiesen (TSCHAIKWSKI 1978 u. 1983).
Jiingere Untersuchungen zeigten Zusammenhange zwischen dem Verzehr geharteter Fette und der Entstehung der chronisch entziindlichen Darmerkrankungen auf (GUTHY 1982 u. 1983 a, b, NORDENVALL 1982, HECKERS 1984).
3.Patienten und Methode
3.1 Patienten
Die Erhebung der Verzehrsgewohnheiten wurde bei 26 Patienten mit ge- sicherter Diagnose eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa durch- gefiihrt. Eine Auswahl der Patienten wurde nicht vorgenommen. Alle Per- sonen mit einer chronisch entziindlichen Darmerkrankung, die im Befra- gungszeitraum von Dezember 1984 bis Marz 1985 im Klinikbereich der Me- dizinischen Poliklinik GieBen zur Verfirgung standen, wurden auf ihre Er- nahrungsgewohnheiten hin befragt. Zwei Patienten erhielten den Fragebo- gen per Post zugeschickt.
3.2 Methode
3.2.1 Vorbereitungen
Die Zusammenstellung des Fragebogens erfolgte mit Blick auf verschiedene Schwerpunkte. Neben der Frage nach allgemeinen Ernahrungsgewohnheiten vor der Erkrankung wurde besonderer Wert auf solche Fragen gelegt, die Ergebnisse zur derzeitigen Diskussion iiber die Atiologie liefern.
Um eine zu groBe zeitliche Belastung der Patienten zu vermeiden, wurden die Fragen so konzipiert, daB sie in etwa 30 Minuten zu beantworten waren.
Nach der Erstellung der ersten 3 Anamnesen wurden am Fragenkatalog weitere Korrekturen vorgenommen.
Zu stark differenzierte Fragen wurden aus zeitlichen Griinden vereinfacht. Andere, die sich als wenig sinnvoll erwiesen, wurden gestrichen. Die end- giiltige Fassung des Fragebogens gliederte sich in folgende Teilbereiche:
a) Fragen zum Ernahrungsverhalten
b) Fragen zum Verzehr bestimmter Lebensmittel, untergliedert nach Lebensmittelgruppen
c) 24-Stunden-Erinnerungsprotokoll
d) Fragen zur Person (Muster siehe Anhang).
3.2.2 Durchfiihrung
3.2.2.1 Form der Befragung
Sie erfolgte bei 24 der insgesamt 26 Patienten in Form eines Interviews, wobei der Fragebogen nicht vom Patienten selbst, sondern vom Fragestel- ler ausgefiillt wurde. Lediglich 2 Patienten, bei denen eine personliche Befragung nicht durchgefiihrt werden konnte, wurden Fragebogen zur schrift- lichen Beantwortung zugeschickt.
3.2.2.2 Qrt der Befragung
Die Befragung wurde bei 81 % (21) der personlich Befragten innerhalb der Medizinischen Poliklinik GieBen durchgefiihrt. 13 % (3) der Patienten wurden zu Hause aufgesucht.
3.2.2.3 Zeit und Dauer
Die Termine mit den Patienten wurden in Absprache mit dem behandeln- den Arzt festgelegt. Die Befragung erfolgte vor, zwischen oder nach einer vereinbarten Untersuchung und dauerte zwischen 25 und 60 Minuten.
3.2.3 Probleme bei der Durchfiihrung
Die Tatsache, daB ein GroBteil der Fragen iiber Emahrungsgewohnheiten auf die Zeit vor der Erkrankung zuriickzielte, erschwerte die Befragung bei einigen Patienten. Man konnte zwar in den meisten Fallen davon ausgehen, daB sich das Ernahrungsverhalten nicht von einem Jahr zum nachsten erheb- lich verandert hat, doch bei 23 % der Patienten lag der Zeitpunkt der Erkrankung mehr als 10 Jahre zuriick.
Das damalige Angebot von Lebensmitteln unterschied sich, ebenso wie die Verzehrsgewohnheiten, erheblich von heutigen Gegebenheiten.
3.2.4 Patienten-Compliance
Die Mitarbeit bei den personlichen Befragungen war durchweg als gut zu bezeichnen. Auch das Interesse an der Erkrankung, die bislang als nicht heilbar gilt, war in den meisten Fallen grofi.
Weniger zufriedenstellend war die Resonanz auf 6 verschickte Fragebogen. Nur 1/3 der Bogen wurde ausgefiillt zuruckgeschickt.
3.2.5 Gultigkeit
Bei einer Oberpriifung der Zuverlassigkeit der erhobenen Daten ergibt sich die Moglichkeit, Angaben aus dem Ernahrungsprotokoll mit verschiedenen Fragen des Interviewteils zu vergleichen.
Eine gute Obereinstimmung ergab der Vergleich des taglichen Getrankever- zehrs mit der im Tagesprotokoll angegebenen Menge. Das gleiche gait fur den angegebenen Brotverzehr. Eine Oberpriifung von Verzehrshaufigkeiten, die sich auf das ganze Jahr bezogen, war anhand des Tagesprotokolls nicht moglich.
3.3 Auswertung und Statistik
Bei der Auswertung der Ernahrungsanamnesen chronisch entziindlicher Darm- erkrankung-Patienten wurde eine Differenzierung zwischen Crohn- und Colitis-Patienten vorgenommen. Dies ermoglichte einen Vergleich der Verzehrsgewohnheiten der beiden Gruppen.
Auf die Befragung einer Kontrollgruppe wurde aus zeitlichen Griinden ver- zichtet. Statt dessen wurde versucht, soweit moglich Daten aus den Er- nahrungsberichten 1980 und 1984 zum Vergleich hinzuzuziehen.
Die Auswertung der Fragebogen erfolgte vom Verfasser personlich. Hier- bei warden Prozentangaben auf ganze Zahlen und Zahlenangaben - soweit sinnvoll - auf eine Steile hinter dem Komma abgerundet.
Durchschnittswerte bei der Ermittlung von Verzehrsmengen wurden als arithmetisches Mittel aller Werte errechnet.
Die Daten des 24-Stunden-Protokolls wurden hinsichtlich PortionsgroBen und Mengenangaben aufgeschliisselt (Muster siehe Anhang). Hierzu wurden "die kleine Mengenlehre fur die Kiiche" sowie eine "Ernahrungs-Check- Liste" der Fa. Schneekoppe benutzt.
Anschlieftend erfolgte eine Zuordnung der verschiedenen Zutaten zu vorge- gebenen Kennziffern. Diese wurden dann, zusammen mit den Mengenangaben, in einen Computer im Institut fur Ernahrung GieBen, GoethestraBe, eingegeben. Das Programm fur die Nahrwertberechnung basierte auf Daten des Tabellenwerks liber die Zusammensetzung von Lebensmitteln von Souci, Fachmann & Kraut und umfaBte 116 verschiedene Zutaten.
Lebensmittel, die nicht in dieser Liste aufgefiihrt waren, wurden zur Be- rechnung durch Lebensmittel ahnlichen Nahrstoffgehaltes ersetzt.
Auf unterschiedliche Zubereitungsarten der Speisen konnte bei der Auswertung keine Riicksicht genommen werden.
Den errechneten Verzehrsmengen der einzelnen Nahrstoffe wurden Angaben iiber den entsprechenden Durchschnittsverzehr der Gesamtbevolkerung gegen- iibergestellt. Diese wurden dem Ernahrungsbericht 1984 entnommen und ent- stammen der EVS (Einkommens- und Verbrauchsstichprobe) 1978 sowie einer Spezialerhebung der GfK (Gesellschaft fiir Konsum-, Markt- und Absatz- forschung), Niimberg, und wurden unter Zuhilfenahme der Jahresstatistik des Bundesministeriums fiir Ernahrung, Landwirtschaft und Forsten zur Aktualisierung auf 1980/81 hochgerechnet.
Bei dem Vergleich wurden Geschlechtsunterschiede sowie 6 verschiedene Altersgruppen zwischen 7 und 50 Jahren beriicksichtigt. Diese Gliederung ergab sich aus der im Ernahrungsbericht gewahlten Einteilung in Altersgruppen zwischen 7-9, 10-12, 13-14, 15-18, 19-25, 36-50 Jahren.
Eine Differenzierung nach Berufen konnte nicht vorgenommen werden.
4. Ergebnisse
4.1 Soziodemographische Paten
4.1.1 Familienstand
Die Gruppe der Patienten setzte sich aus 46 % Verheirateten und 54 % Ledigen zusammen. Verwitwet oder geschieden war keiner der Befragten.
4.1.2 Geschlecht
Der Frauenanteil mit Diagnose Colitis ulcerosa war mit 83 % wesentlich hoher als bei Crohn-Kranken mit 65 % (siehe Tab. 1).
Tab. 1: Zusammensetzung der Patienten, differenziert nach Geschlecht
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.1.3 Alter
Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Befragung wurde bei Morbus Crohn-Patienten mit 29 Jahren und bei Colitis ulcerosa-Patienten mit 34 Jahren ermittelt. Die Einzelwerte streuten zwischen 16 und 56 Jahren.
4.1.4 Schulbildung
Von alien Patienten besuchten 12 die Volks- oder Hauptschule; 7 davon schlossen nachher eine Lehre ab. Eine weiterfuhrende Schule besuchten 8 der befragten Personen, und 6 weitere erreichten die Hochschulreife. Ein Studium wurde von keinem beendet (Tab. 2).
Tab. 2: Unterteilung der Patienten mit chronisch entziindlichen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.1.5 Beruf
Eine Einteilung in Berufsgruppen ergab, daE von den 26 Patienten 7 noch in der Berufsausbildung waren. Zu dieser Gruppe wurden Schuler, Studenten und Auszubildende gezahlt.
12 der Befragten waren als Arbeiter oder Angestellte tatig, und 5 weitere verrichteten ihre Arbeit als Hausfrauen. Eine Person arbeitete als Selb- standiger im eigenen Betrieb, und eine Frau konnte, bedingt durch den schwe- ren Verlauf der Krankheit in friiher Jugend, keine Berufsausbildung beginnen (Tab. 3).
Tab. 3: Unterteilung des Patientenkollektivs in Berufsgruppen
Schiiler/Lehrlinge 12 %
Studenten 15 %
Arbeiter 19 %
Angestellte 27 %
Selbstandig 4 %
Hausfrauen 19 %
Friihrentner/ohne Beruf 4 %
4.1.6 Wohnort
Befragt nach der GroBe des Wohnortes, gaben 50 % der Personen an, in dorflichen Gemeinden mit bis zu 5.000 Einwohnern zu leben. 31 % wohnten in Kleinstadten bis zu 20.000 Einwohnern, und nur 19 % kamen aus Stadten mit mehr als 50.000 Einwohnern (Tab. 4).
Tab. 4: GroBe der Gemeinden, in der sie leben (n = 26)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.3 Alter bei Erkrankung
Frage 2: Seit wann leiden Sie an einer chronisch entziindlichen Darm- erkrankung?
Da die weiteren Fragen auf die Zeit vor der Erkrankung abzielen, war es von Bedeutung zu wissen, wie lange die ersten Symptome zuriicklagen. Bei 50 % der Patienten wurde zusatzlich das Jahr der Diagnosestellung notiert. Bei 62 % dieser Gruppe lag zwischen ersten Symptomen und
Diagnosestellung nicht langer als 1 Jahr. Die langste Zeit wurde mit 26 Jahren angegeben. Die Krankheit dieser Colitis-Patientin zeigte einen leichten Verlauf.
Das Durchschnittsalter der Patienten mit Morbus Crohn bei Krankheitsbe- ginn lag mit 22 Jahren (s = 8,8) niedriger als das Alter der Colitis ulcerosa- Patienten, die durchschnittlich 24,5 Jahre (s = 7,7) alt waren. Am starksten betroffen waren Altersgruppen zwischen 15 und 30 Jahren (Abb. 2 u. 3).
4.4 Benutzung von Abfiihrmitteln
Frage 3: Haben Sie vor der Manifestation der Erkrankung des ofteren Abfiihrmittel benutzt?
Auf diese Frage antworteten 90 % der befragten Crohn-Patienten mit nein (Tab. 5). Lediglich 2 Patienten mit Morbus Crohn gaben an, hin und wie- der ein Abfiihrmittel zu benutzen. Beide iibten in ihren Berufen eine vor- wiegend sitzende Tatigkeit aus.
Von den Colitis-Fallen wurden keine Abfiihrmittel benutzt.
Tab. 5: Benutzung von Abfiihrmitteln
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Relative (%) und absolute (n) Altersverteilung der Morbus-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Relative (%) und absolute (n) Altersverteilung der Morbus-
Crohn-Patienten bei Krankheitsbeginn (n = 20)
[...]
- Quote paper
- Dr. Stefan Eick (Author), 1985, Untersuchungen zum Einfluss von Ernährungsfaktoren auf die Entstehung von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120676
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