Hauptaugenmerk der Arbeit ist die historische Darstellung der neuzeitlichen Medizin beeinflusst durch die Neue Welt sowie die Einordnung des Guajakholzes in Bezug auf seinen Stellenwert in der Syphilistherapie und als Handelsware. Die Untersuchung beleuchtet das therapeutische Spektrum des „heiligen Holzes“ sowie Voraussetzungen und Hintergründe für den Wandel der europäischen Medizin.
Inhaltsverzeichnis
1. Auf der Suche nach Gold, Gewürzen und Drogen
2. Arzneipflanzen aus Südamerika
2.1 Voraussetzungen und Entdeckungshoffnungen
2.2 neues Wissen durch Botaniker und Ärzte
2.2.1 Martin de la Cruz
2.2.2 Francisco Hernández
2.2.3 Nicolás Monardes
2.2.4 José de Acosta
2.2.5 Thomas Harriot
2.2.6 Der Orden der Jesuiten
2.3 Pflanzen rücken ins Bewusstsein der Europäer
2.3.1 Cochenille
2.3.2 Sarsaparillawurzel
2.3.3 Sassafras
2.3.4 Tabak
2.3.5 Chinarinde
3. Die Sonderrolle des Guajakholzes
3.1 Exkurs: Syphilis – der Schock der Renaissance
3.2 Pflanze und Heilmittel Guajak
3.3 Guajakforschung: Gonzalo Hernández de Oviedo y Valdes und Ruiz Diaz de Isla
3.4 Von Hutten und andere Empfehlungen
3.5 Paracelsus und andere Kritiker
4. Der Stellenwert der Handelsware Guajakholz
4.1 Exkurs: Einblick in die Rolle der oberdeutschen Handelshäuser in der damaligen Wirtschaftswelt
4.2 Kontroverse Sudhoff – Strieder (1933/34)
4.3 Position Munger (1949)
4.4 aktuelle Positionen: Vöttiner-Pletz und Stein
4.4.1 Vöttiner-Pletz (1990)
4.4.2 Stein (2003)
5. Das moderne Europa auf der Suche nach neuen Heilmitteln
6. Anhang
6.1 Weitere Tabellen und Diagramme
6.2 Quelle: Paracelsus
6.3 weitere Bilder
6.4 Abkürzungen der Archive und Bibliotheken
6.5 Literaturverzeichnis
6.5.1 Quellen
6.5.2 Sekundärliteratur
6.6 Stichwortverzeichnis
Danksagung
Für meine Masterarbeit schulde ich vielen Menschen großen Dank. Besonders möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Reinhard Wendt bedanken, der mit seiner hervorragenden und konstruktiven Betreuung zum Gelingen dieser Arbeit beitrug.
Ein Dankeschön richte ich an all diejenigen, die mich während dieser Arbeit unterstützt haben. Ganz herzlich möchte ich mich bedanken bei meiner Familie und bei meinem Partner, der mich stets bestärkt hat. Sie haben mir die ganze Zeit den Rücken frei gehalten und so den Studienabschluss erst ermöglicht. Daher widme ich ihnen diese Arbeit.
1. „Auf der Suche nach Gold, Gewürzen und Drogen“
Hauptaugenmerk der Arbeit ist die historische Darstellung der neuzeitlichen Medizin beeinflusst durch die Neue Welt sowie die Einordnung des Guajakholzes in Bezug auf seinen Stellenwert in der Syphilistherapie und als Handelsware. Die Untersuchung beleuchtet das therapeutische Spektrum des „heiligen Holzes“ sowie Voraussetzungen und Hintergründe für den Wandel der europäischen Medizin.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Columbus landet auf der Insel Guanahani Quelle: Müller-Baden 1904
Schon seit der Antike wurden in Europa exotische Arzneimittel und Gewürze, wie Muskat, Pfeffer, Gewürznelken, Zimt und Ingwer verwendet. Für die höheren Schichten galt deren übermäßiger Gebrauch als Statussymbol; das gesamte Abendland frönte „ einer regelrechten Gewürzsucht, der es nahezu sein gesamtes Edelmetall opfert(e)“ [1]. Jene Sucht gepaart mit der Hoffnung auf ein lukratives Geschäft war die treibende Kraft der Entdeckungsfahrten der Spanier und Portugiesen. „Diesen Gewürzhunger mit vermehrten Importen zu günstigeren Preisen [2] zu befriedigen und damit die eigenen Gewinne zu vergrößern, gehörte zu den zentralen Motiven, die europäische Kaufleute oder politische Machthaber veranlassten, nach direkteren Zugriffsmöglichkeiten zu suchen.“ [3] Die gerade in diese Zeit fallende Entwicklung hochseetüchtiger Schiffe und Seeinstrumente stellte ihnen die nötige Grundlage, um diese Überseefahrten zu unternehmen. Menninger schilderte die Aufbruchsvoraussetzungen folgendermaßen, „ein Konglomerat aus ideologischen und wirtschaftlichen Motiven (begründete) Europas Griff nach der außereuropäischen Welt. (…) Die wohl stärkste Triebfeder war der Hunger nach Edelmetallen, gespeist aus individueller Habgier, aber auch volkswirtschaftlichen Bedürfnissen.“ [4] Neben Gold und Gewürzen suchten die Europäer auch nach neuen Absatzmärkten.
Von der spanischen Krone finanziert brach Christoph Columbus auf und stieß im Oktober 1492 auf einen bis dahin unentdeckten Kontinent, der anfänglich noch für die Ostküste Asiens gehalten wurde. Doch die Hoffnung auf Handelsmöglichkeiten oder in den Neuen Ländern auf bekannte und einträgliche Drogen zu stoßen wurde enttäuscht. „Die begehrten ‚indischen’ Gewürze fanden sich nicht. Aber die Erforschung und Kolonisation des amerikanischen Kontinents brachte zahlreiche bislang unbekannte Arzneidrogen nach Europa.“ [5] Aufgrund der strikten Anweisung der spanischen Krone, möglichst vielseitige Informationen aus den neuen Gebieten zu sammeln, berichtete Columbus und seine Besatzung von neuen Bäumen, Pflanzen und Ölen, „which could be of immense pharmalogical importance; but since they could speak of them only in terms of what could be found in Europe, their information was incurrate and misleading.“ [6]
Weitere Triebfeder der Expansion in die Neue Welt war die Suche nach neuen Nahrungs- und Heilmitteln. Neu entdeckte Kulturpflanzen wie Kartoffeln oder Mais wurden im Alten Europa heimisch, beeinflussten die dortigen Küchen und Gewohnheiten und auch Landschaften [7]. Mit der Expansion rückten auch neue Genussartikel – wie Kaffee, Schokolade oder Tabak - ins Bewusstsein der Europäer. Bereits im 16. Jahrhundert wurden diese aus Amerika exportiert. Hier bildeten die Amerikareisenden die Schnittstelle zwischen der Alten und der Neuen Welt. [8] Die Absichten der Konquistadoren wandelten sich jedoch mit den Entdeckungen: nicht mehr der Handel stand mehr im Vordergrund, sondern die wirtschaftliche Erschließung der Neuen Welt. [9] Als einer der ersten ahnte Michel de Montaigne [10] die reziproken Folgen der europäischen Expansion, durch die die altbekannte Welt sich plötzlich ins Endlose erweitert hatte. „Diese Entdeckung eines unendlichen Gebietes scheint von großer Bedeutung zu sein. Ich weiß nicht, ob ich dafür stehen kann, dass in Zukunft nicht noch andere dergleichen gemacht werden, so viele größere Persönlichkeiten als wir waren über diese im Irrtum. Ich fürchte fast, dass unsere Augen größer sind als unsere Mägen und unsere Neugierde größer als unsere Fassungskraft. Wir greifen nach allem, aber fassen nur den Wind.“ [11] Auch der zeitgenössische Archäologe Warwick Bray [12] charakterisierte die anfangs nicht abschätzbaren die Folgen der europäischen Expansion in The Meeting of Two Worlds treffend: „ The Columbian discovery of the New World gave rise to major biological changes of an extent which had probably never occurred so rapidly before in the history of human populations.“ [13]
2. Arzneipflanzen aus Südamerika
„Nachdem die Entdeckung Amerikas weitere botanische Schätze erschlossen hatte, setzte nun die explosionsartige Globalisierung und der interkontinentale Austausch von Nutzpflanzen unter kolonialer Kontrolle ein.“ [14] Die Pflanzenvielfalt Amerikas beeindruckte schon die Konquistadoren „und noch heute verfallen plant hunters dem Zauber der immer noch nicht völlig erforschten und klassifizierten Flora des Doppelkontinents.“ [15] Die ersten Pflanzen Amerikas, die in Europa eintrafen, waren Mais, Tabak, Sonnenblume und die Kartoffel. In der Meinung, den Weg zu den Gewürzinseln gefunden zu haben, zielten die Eroberer darauf, den Gewürzhandel an sich zu ziehen. Da Spezereien nicht nur als Statussymbole und Aphrodisiaka, sondern auch als Heilmittel galten, waren sie neben Händlern und Krämern auch bei Apothekern zu erhalten. „Mit der Doppelbedeutung der exotischen Spezerei als Würz- und Heilmittel ist bereits ein drittes Motiv der europäischen Expansion angeschnitten: die Suche nach Drogen.“ [16]
Als Christoph Columbus [17] in der Neuen Welt gelandet war, hielt er auch Ausschau nach bisher unbekannten Arzneien. „Auf Cuba will er Mastixharz entdeckt haben – ein traditionell auf der griechischen Insel Chios gewonnenes und in Europa begehrtes Medikament gegen Magenleiden [18].“ [19] Die Entdecker des Neuen Kontinents stießen auf zahlreiche Drogen, die bis dahin in der materia medica unbekannt waren. „Wo der Entdecker und Eroberer hinkommt, da folgt bald (…) der Kaufmann, der Missionar, der Arzt und der Drogenhändler.“ [20] beschrieb Paul Diepgen [21] die Tatsache, dass auf der Wunschliste der Auftraggeber der Expeditionen Drogenspezialisten meist gleich nach den Mineralkundigen angeführt wurden. Die Heilkundigen, die die Entdeckungsreisen begleiteten, entwickelten sich zu Fachleuten bislang unbekannter Pflanzen und waren sichtlich beeindruckt vom Artenreichtum der amerikanischen Pflanzenwelt, denn „unquestionably no country in the world has afforded so vast a collection of drugs, herbs, and medical plants as America.“ [22]
Viele dieser neuartigen Heilmittel wurden rasch in die materia medica eingeführt, was nicht immer bedeutete, dass diese genauso rasch auf dem Markt akzeptiert wurden. Fest steht, dass Kolonialwaren lange Zeit nicht zu den alltäglichen Gebrauchsgütern gehörten. „Tabak, Rohrzucker, Kakao, Vanille oder Farbstoffe galten auf dem europäischen Markt bis ins 18. Jahrhundert und zum Teil bis ins 19. Jahrhundert als Luxusgüter.“ [23] Die Gier nach Gold und Silber blieb jedoch zentrales Motiv der Entdeckungsfahrten, die schließlich in eine aggressive Expansionspolitik führten. „Dann es haben die Spanier von Anfang mit so grossem Begier vvnd Geitz die Ertzgruben an Gold vnnd Silber also gar außgegraben vnnd erschœpffet/ dass man heutigs tags schier kein Kœrnlein mehr darinn findt“ [24]
2.1 Voraussetzungen und Entdeckungshoffnungen
Die Entdeckung des unbekannten Kontinents bereicherte die materia medica mit neuen Drogen und nährte die Hoffnung, in der Neuen Welt auf ein universelles Heilmittel zu stoßen. Berichte über die Existenz von Wunderkuren und einer Panazee [25] nährten einen wachsenden Bedarf an amerikanischen Heilpflanzen in Europa [26]. Jedoch überwog im Alten Europa immer noch die Skepsis an deren Wirksamkeit. [27] Die in Südamerika lebenden Kolonisten halfen sich mit der traditionellen Medizin des Landes – in manchen Fällen weil sie von deren Wirksamkeit überzeugt waren, meist auch nur weil es an europäischen Alternativen mangelte. Die Substitution europäischer Arzneien und die gleichzeitige Suche nach effektiven und auch lukrativen Heilmitteln für die Alte Welt begründeten das botanische Interesse der Konquistadoren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Offizin einer Apotheke mit Standgefäßen in den Regalen, in der Mitte des Raumes der Rezepturtisch
Quelle: Wulle 1999
Bis in die 90er Jahre des 16. Jahrhunderts hinein wurden jedoch nur einige wenige amerikanische Drogen in Europas wichtigsten Heilpflanzenbüchern beschrieben. Dies liegt sicher zum einen an der Langsamkeit, mit der das neue Wissen gesammelt und weitergegeben wurde, zum anderen auch an der zurückhaltenden Akzeptanz der neuen Heilmittel [28]. Als Beweis für die keimende Akzeptanz einzelner amerikanischer Heilpflanzen lässt sich deren langsam zunehmendes Auftreten in europäischen Büchern ab den 1590er Jahren sehen. In den medizinischen Werken zwischen 1600 und 1800 wurde dennoch gerade die Hälfte der von Monardes beschriebenen Drogen in den medizinischen Büchern der Alten Welt veröffentlicht. Antreibender Motor für die Suche nach neuen Heilmitteln war der Traum eine „Wunderdroge“ zu finden oder auch herzustellen, die alle Krankheiten heilen konnte, einschließlich der Syphilis. Diese Vision versprach einen Funken Hoffnung für die Opfer der grassierenden Epidemien in Europa. Die zahlreichen Veröffentlichungen über die Syphilis und die experimentierfreudigen Heilmethoden zielten auf einen revolutionären Fortschritt der Medizin, der vierhundert Jahre später eine „Panazee“ hervorbrachte, die die Syphilis heilen konnte. Erst mit der Entdeckung des Penicillins war nach jahrhundertelangem Kampf ein Medikament gegen die venerische Krankheit gefunden.
2.2 neues Wissen durch Botaniker und Ärzte
Die europäische Schulmedizin der Renaissance war vom Konzept der Humoralpathologie geprägt. In dieser Vier-Säfte-Lehre [29], die schon in der Antike von Hippokrates und Galen begründet wurde, liegt der therapeutische Ansatz der zeitgenössischen Medizin. „ Jetzt wird das Interesse der europäischen Medizin an den außereuropäischen Gewürzen und den Substanzen Guajakholz, Sarsaparillawurzel und Sassafrasholz verständlich. Ihre purgierende und schweißtreibende Wirkung prädestinieren sie als Mittel für Körperentgiftung uns Regulierung des Säftehaushalts.“ [30] Aus diesem Grund wurde bereits Anfang des 16. Jahrhunderts das schweißtreibende Guajakholz populär. Es wurde nicht nur als Wunderwaffe gegen die in Europa wütende Seuche Syphilis [31], sondern auch gegen Brust- und Magenleiden, rheumatische Erkrankungen, Wassersucht, Blasensteine und viele Krankheiten mehr gepriesen. Den gleichen Ruf genossen die ebenfalls schweißtreibende Sarsaparillawurzel und das Sassafrasholz, die in der Neuen Welt entdeckt wurden. [32] Als in der Provinz Venezuela Balsam entdeckt wurde, richtete der spanische König 1531 die Anweisung an den dort amtierenden Gouverneur, dieses wie auch andere „drogas“ nach Europa zu schicken [33]
2.2.1 Martin de la Cruz
Neuspanien – das heutige Mexiko – wurde als Spaniens Vizekönigreich besonders intensiv auf seine Pflanzenwelt untersucht. Im Jahr 1552 schrieb der aztekische Kräuterarzt Martin de la Cruz die Bilderhandschrift Libellus de medicinalibus indorum herbis in Náhuatl-Sprache, welches später von Juan Badiano, einem Indianer aus Sochimilco, ins Lateinische übersetzt wurde. Der Codex Badianus ist heute Bestandteil der medizinischen und wissenschaftlichen Handschriften-Sammlung der Vatikanischen Bibliothek. [34] Im Jahr 1940 hat Emily Walcott Emmart eine Faksimile-Ausgabe mit ausführlich kommentierter Übersetzung ins Englische und Verzeichnissen der aztekischen, der Drogen- und der Krankheitsnamen herausgegeben.
2.2.2 Francisco Hernández
Nachdem in Spanien bereits verschiedene Werke über die bei den Azteken gebräuchlichen Heilpflanzen erschienen sind, fasste König Philipp II. [35] folgenden Plan: Er sandte 1570 seinen Leibarzt Francisco Hernández [36], einen der renommiertesten Ärzte Spaniens, nach Mexiko, um dort mit einer systematischen Heilmittelsuche zu beginnen. Dahinter stand nicht nur der Gedanke, für die Spanier in Übersee geeignete Substitutionsmittel zu entdecken, sondern auch lukrativen Handel mit medizinischen Pflanzen aus Neuspanien in Europa zu treiben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Seite des Libellus de Medicinalibus Indorum Herbis
Quelle:http://commons.wikimedia.org"
Hernández und seine Begleiter sammelten in Mexiko zahlreiche Kräuter, Mineralien und Tiere. Der Forscher beschrieb die Funde und ließ Zeichnungen von ihnen anfertigen. Schon sechs Jahre später hatte Hernández über 3000 Heilpflanzen aus dem aztekischen Arzneischatz erfasst und katalogisiert und präsentierte diese seinem König in einem reich illustrierten Manuskript. [37] Hernández berichtete über die Heilmittel die den Eingeborenen von ihren Vorfahren überliefert worden sind und in derselben Weise an ihre Nachkommen weitergegeben wurden. „Der Aufbau dieses Buches (…) ist völlig klar und erlaubt keinerlei Zweifel. Für jede Krankheit empfiehlt er (Hernández Anm.d.Verf.) den Gebrauch zahlreicher Drogen, die jedoch immer allein oder in einfachen Rezepten angewendet werden.“ [38] Erstaunlich war für seine Zeitgenossen die Verwendung reiner Heilmittel statt der in Europa üblichen Mischungen verschiedenster Drogen. „Wunden werden mit einfachen Arzneien behandelt oder deren Pulver bedeckt (…) Selten gebrauchen sie zusammengesetzte oder gemischte Arzneien.“ [39]
Im Jahr 1580 befahl Philipp II. seinem Arzt Nardo Antonio Recchi, eine Auswahl von Hernández’ Natural History of New Spain herauszugeben. Recchis Manuskript wurde allerdings erst 1615 in Mexico City unter dem Titel Quatro libros De La Naturaleza veröffentlicht [40].
2.2.3 Nicolás Monardes
Ein Forscher, der sich besonders um die Einführung amerikanischer Drogen in Europa verdient gemacht hat, war Nicolás Monardes [41]. Der aus Sevilla stammende Arzt hat sich zahlreiche ausländische Heilpflanzen verschafft und diese nicht nur in seinem Privatgarten sondern auch in dem schon 1554 viel gerühmten „Drogenmuseum“ gesammelt [42]. „Seine Kenntnis der amerikanischen Mittel hat er sich durch Nachforschungen bei Leuten erworben, welche aus dem neuen Erdteil zurückkehrten, wozu er in Sevilla, dem Sitz des ‚Rat von Indien’ reichliche Gelegenheit hatte“ [43] Jeden Heimkehrer aus der Neuen Welt befragte er und legte die Ergebnisse in seiner Schrift Dos libros en quel uni quel trada de todas las cosas que se traen de nuestras que sirven al uso de medicina nieder, die in den Jahren 1565 bis 1571 in drei erweiterten Auflagen erschien. Monardes war zwar nicht selbst in Amerika gewesen, er prüfte jedoch die ihm vermittelten Materialien, Rezepte und Indikationen und erweiterte die Angaben mit eigenen Erkenntnissen. In seinen Publikationen widmete er sich besonders den amerikanischen Arzneien. „Den spanischen Erstausgaben folgten in zahlreichen Auflagen verbreitete Übersetzungen, so ins Lateinische, Englische, Italienische.“ [44] Seine Schrift erschien in fünfzig Editionen in verschiedensten Sprachen. Die englische Version von John Frampton, einem Händler aus Dorset, erschien 1577 unter dem Titel Joyfull Newes Out of the Newe Founde Worlde. Framptons Übersetzung machte Monardes zum prominentesten spanischen Arzt seiner Zeit in Europa.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Monardes im Alter von 57 Jahren auf der Titelseite von Dos libros
Quelle:http://de.wikipedia.org
Monardes Interesse an mexikanischen und peruanischen Drogen gründete jedoch nicht nur in seinem Beruf als Arzt, sondern auch in seinen weiteren Handelsgeschäften [45]. Monardes betrieb einen einträglichen Handel mit Produkten aus dem neuen Kontinent [46]. Er beschrieb Sevilla als großen Pharmaziehandelsplatz, der zu dieser Zeit erfüllt war von Händlern aus Genua, Frankreich, England und Deutschland, und führte zahlreiche importierte Drogen an. Zu Amber bemerkte er beispielsweise: „There is brought muche quantitie of liquid amber to Spaine (...) to perfume in thinges of sweete smelles, wasting it in place of.“ [47] Monardes beschrieb die therapeutische Wirkung einer langen Liste amerikanischer Pflanzen, von denen manche in Europa nur als getrocknete Rinde, Blätter oder Harz bekannt waren – Sarsaparille, Sassafras, Coca, Chinawurzel, Guave, Sonnenblume, Guajakholz und viele mehr. [48] Er veröffentlichte die erste naturgetreue Abbildung einer Tabakpflanze. 1574 berichtete Monardes von einem indianischen Arzt, der auf der Insel Española [49] einen Spanier mit Guajakholz von einer Geschlechtskrankheit geheilt habe, mit welcher dieser sich bei einer Indianerin infiziert hätte. Weiter beschreibt Monardes Guajakholz auch wirksam gegen Gicht, Blasen- und Nierenleiden, Wassersucht, Asthma, Gelenkschmerzen und Schwellungen und „ alle anderen Krankheiten, gegen die unsere Medikamente nicht helfen.“ [50] In dieser Aussage zeigt sich die europäische Überschätzung des lignum sanctum. [51] Monardes beschrieb Guajak als das beste Heilmittel gegen die Syphilis und begründete dies unter anderem mit der Herkunft dieser Droge. „ Our Lord God [willed that] from whence the evill of the Poxe came, from thence should come the remedy for them.“ [52] Damit vertrat Monardes das in Europa vorherrschende Axiom, dass Heilmittel an den Orten zu suchen wären, von welchen die betreffenden Krankheiten stammen.
Obwohl seine Berichte ausschließlich aus zweiter Hand kamen, war es sein Werk, das verschiedene amerikanische Heilmittel in den ersten 150 Jahren nach Columbus’ Entdeckung in Europa bekannt machte. Dennoch blieben diese ersten Augenzeugenberichte, einschließlich derer von Hernández, lange Zeit unveröffentlicht und unbeachtet [53].
2.2.4 José de Acosta
José de Acosta [54] war ein spanischer Jesuit, Missionar und Gelehrter. Er kam im Alter von 31 Jahren nach Peru und wurde dort Provinzial seines Ordens. Als er 1588 nach Europa zurückkehrte, wurde er Rektor der Universität Salamanca. Seinen Berichten verdankt man frühe Kenntnisse über die Nutzpflanzen Südamerikas. So berichtet Acosta unter anderem über die Kartoffelkultur in Peru und beschreibt dabei auch deren Krankheiten. Sein Werk Historia natural y moral de las Indias wurde 1590 veröffentlicht, also beinahe ein Jahrhundert nachdem Columbus auf den neuen Kontinent stieß. Zu dieser Zeit waren die Römisch Katholische Kirche und die Spanische Krone die mächtigsten Kräfte. Daran liegt es auch, dass die Missionsorden (Franziskaner, Dominikaner und Jesuiten) von enormer Wichtigkeit in der Kolonisation der Neuen Welt waren [55].
Acostas Buch ist keine Kräutersammlung, sondern eine Zusammenstellung seiner Beobachtungen der Naturgeschichte der Neuen Welt. Es enthält ausgiebige Beschreibungen von Bezoarsteinen, Perubalsam, Kakao und Coca und ebenso kurze Bemerkungen über andere Drogen, wie Tabak, Mechoacan, Guajak und Sarsaparilla. [56] „ Im 29. Kapitel seines Werkes erwähnt Acosta eine Reihe von Vegetabilien samt deren Anwendungsgebiete, jedoch ohne diese detailliert zu beschreiben. (…) Des Weiteren führt Acosta die Sarsaparille (…) auf, die es in Peru wohl gebe, von der aber eine noch viel bessere Sorte aus Guayaquil (Ecuador) komme. [57] Die Wurzel der Sarsaparille gewann als Antisyphilitikum derart an Popularität, dass sie das Guajakholz, welches bislang als Mittel der Wahl gegen Syphilis gegolten hat, fast völlig verdrängte.“ [58] HH Auch über die amerikanischen Hölzer schrieb Acosta - das Brasilienholz sei von hochroter Farbe und diene zur Herstellung von Tinte, das Guajakholz [59] sei so schwer wie Eisen und versinke somit in Wasser [60]. Da es in der Neuen Welt unzählige aromatische Hölzer gebe, wäre es ihm unmöglich, alle zu berücksichtigen. „Schließlich hebt Acosta den Tabak hervor, der zwar eine gemeine Pflanze sei, jedoch über außergewöhnliche Kräfte (…) verfüge.“ [61] Acosta beendete die Kapitel über pflanzliche Heilmittel mit einer knappen philosophischen Betrachtung, einer kurzen Darstellung seines Weltbildes.
Die Historia natural y moral de las Indias gilt als frühe Natur- und Völkergeschichte aus jesuitischer Sicht. Acostas Werk ist nicht nur eine Sammlung von Wissen, sondern darüber hinaus eine Übermittlung von persönlichen und tradierten Erfahrungen, welche sowohl die antiken Autoritäten als auch die christliche Tradition ihren Hintergrund hat.
2.2.5 Thomas Harriot
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Thomas Harriot (1602) Quelle: http://en.wikipedia.org
Der englische Mathematiker, Naturphilosoph und Astronom Harriot [62] gründete die English School of Algebra. Er unterrichtete unter anderem Navigation in der Vorbereitungsphase des Siedlungsversuchs in Virginia, an welchem er auch teilnahm. 1588 veröffentlichte er die Schrift A brief and true report of the new found land of Virginia. In seiner Warhafftigen Abconterfaytung der Wilden in America aus dem Jahre 1603 berichtete Harriot darüber, unter „ welcherley Gestalt sie (die Indianer Anm.d.Verf.) ihre Krancken zu heylen pflegen “ [63] Unter anderem beschrieb er den Gebrauch von Tabak als Heilmittel: „Sie haben auch ein Kraut/ welches die Floridaner Vbauuoc heissen/ die Brasilianer nennen es Petum, die Spanier Tabaco, Dieses Krauts Bletter rechtschaffen getrůcknet/ legen sie auff einen theil einer Rœren/ da sie am weichsten ist/ wann diese Bletter angezůndet/ nemmen sie die Rœren / da sie am engsten ist/ in den Mund/ vnd ziehen also den Rauch dardurch so starck in sich/ dass er inen zum Munde vnd Naßlœchern widerumb heraußgehet/ vnd also zugleich hæuffig die Flůsse heraus ziehen.“ [64]
Auch das Auftreten der Syphilis wurde von Harriot erwähnt, „ Zu den Franzosen sind diese Vœlcker unsonderheit sehr geneyget/ für welche Kranckheit inen die Natur auch sonderliche Artzney gegeben vnnd mitgetheilet hat. “ [65], genauso wie Harriot die Ausfuhr von Guajakholz zur Behandlung der in Europa wütenden Syphilis beobachtete. „Darumb fůhren die Spanische Kauffleuth (…) aus der Insel Hispaniola Hæut/ Zucker/ die große purgierende Cassien Rœhren/ vñ Frantzosen Holtz dass von den Einwohnern Guaiacan [66] genennet wird/ aber von den vnsern Lignum Indicum oder Lignum Sanctum, das ist/ Indianisch oder heylig Holtz/ von wegen seiner wunderbarlichen Wirckung vnnd Kræfften. Zu vnserer zeit wirdt solcher Baum allenthalben in Spanien vnd in der Insel Hispaniola auff den Wiesen vnd in den Gärten mit hœchstem fleiß gepflantzet/ von wegen der vberschwenglichen Vnzucht vnd Geylheit/ so sie in denselbigen Landschafften ohn alle Schande vnd Scheuw offentlich pflegen zutreiben. Wie lang aber GOtt der HERR solchem vnzůchtigen vnd vnkeuschen Leben werde zusehen/ kann ein jeder frommer Christ leichtlich vrtheilen and abnemen.“ [67]
2.2.6 Der Orden der Jesuiten
Zur Erforschung der Flora und Fauna des Neuen Kontinents trugen insbesondere die Jesuiten bei. Sie übernahmen das heilkundliche Wissen von den Ureinwohnern Amerikas und schrieben es in zahlreichen Büchern nieder. Nach einer ersten Untersuchung der Schätze des Neuen Kontinents gingen die spanischen Kolonien auf in der Verwaltungsroutine der Kolonialbehörden. Daher stammen Berichte über Land und Flora aus dieser Zeit (1600-1767) überwiegend aus der Feder von Ordensbrüdern, welche in der Indianermission tätig waren. „Spanien überließ ihnen weite Teile von Paraguay, wo von 1608-1767 ein Jesuitenstaat bestand.“ [68]
Unter den Missionaren waren einige, die sich außer theologischem auch medizinisch-pharmazeutisches Wissen erworben haben. Fachlich kompetente Apotheker oder qualifizierte Ärzte waren in der Neuen Welt kaum verfügbar, „so gestaltete sich denn auch die Arzneimittelversorgung in den Städten, auf dem dünnbesiedelten Land und besonders in den entlegenen, nicht selten schwer zugänglichen Missionen eher schlecht als recht.“ [69] Die Missionare mussten sich, wenn sie sich den Zugang zur einheimischen Bevölkerung verschaffen wollten, eigenständig das Fachwissen über Amerikanische Heilmethoden, -mittel und -verständnis erwerben. Diese Umstände sind verantwortlich dafür, dass unter den Verfassern der ersten botanischen Studien der Neuen Welt viele Missionare zu finden sind. „So enthielt die enzyklopädische Historia natural y moral de las Indias des Jesuiten José de Acosta auch die Beschreibung von etwa 150 Pflanzen der Neuen Welt. Acostas deutscher Ordensbruder Johannes Schreck besorgte zusammen mit dem Apotheker Johannes Faber den Druck des Thesaurus rerum medicarum Novae Hispaniae, der im Wesentlichen von Francisco Hernández stammte (…)“ [70]
Der Jesuitenmönch Bernabé Cobo [71] veröffentlichte 1654 ein Buch mit dem Titel Historia der Nuevo Mondo, in welchem er auch die Verwendung einer Vielzahl südamerikanischer Heilpflanzen beschrieb. Von ihm stammt auch eine der frühesten Beschreibungen der Chinarinde. Er brachte im Jahr 1632 das Heilmittel auf einem Besuch mit nach Europa. Der lange Aufenthalt - insgesamt 61 Jahre - in Südamerika und seine Position als Priester und Missionar verschafften ihm die seltene Möglichkeit, altes Wissen der einheimischen Bevölkerung zu erfahren und festzuhalten.
„ José de Acosta, Bernabé Cobo und Ignaz Pfefferkorn [72] hatten es sich zur Aufgabe gemacht, das Phänomen der Neuen Welt zu erfassen und in ihren Historischen Erfahrungsraum zu integrieren. (…) All diese Werke bieten daher ein breites Spektrum an Informationen – nicht nur zur Kirchen-, Missions- und Ordensgeschichte, sondern auch zur Kultur-, Natur- und Wissenschaftsgeschichte sowie speziell zur Pharmazie- und Medizingeschichte.“ [73] Die Jesuiten vollbrachten die herausragende Leistung in den spanischen Kolonien ein funktionierendes Apothekensystem aufzubauen und auch zu erhalten. Dieses funktionstüchtige Versorgungssystem existierte nicht nur in der Neuen Welt, sondern breitete sich bald in Europa aus und bereicherte die materia medica des Alten Europa um viele neue Heilmittel. [74] „So waren es auch die Jesuiten, die die weltberühmte Chinarinde, das älteste Malariamittel, und das Wissen über ihre Heilwirkung nach Europa und schließlich bis nach Fernost brachten. Nicht umsonst kenn man in Europa das Rindenpulver auch unter dem Namen Jesuitenpulver.“ [75]
So mancher Missionar entwickelte sich zum hervorragenden Kenner der einheimischen Phytotherapie und hielt sein Wissen für andere Heilkundige schriftlich fest. Ein Experte der einheimischen materia medica war der spanische Jesuit Pedro Montenegro [76]. Er widmete sich insbesondere der Botanik südamerikanischer Drogen und deren Umsetzung in der Heilkunde. Sein umfängliches Wissen publizierte er in seiner materia medica misionera. Dieses Werk genoss in den spanischen Kolonien bald hohes Ansehen und wurde oft vervielfältigt. Einen großen Beitrag zur Erforschung der südamerikanischen materia medica leisteten insbesondere die weit entlegenen Missionsstationen. „Aus dem religiös motivierten Bedürfnis heraus, den Kranken zu helfen, erforschten sie ihre Umgebung nach verfügbaren Heilmitteln und nahmen dabei gerne die fundierten Kenntnisse der Eingeborenen in Anspruch“ [77] Die Jesuiten entwickelten sich zu Experten der Ethnomedizin und -pharmazie. Sie verstanden es meisterlich, die materia medica der Alten Welt mit dem Arzneischatz des Neuen Kontinents zu verbinden. Ihre erworbenen Kentnisse veröffentlichten sie in zahlreichen Schriften und verbreiteten diese über die Jesuitenkollegien. So leistete dieser Orden einen großen Beitrag zum internationalen Pharmaziewissen- und Heilmitteltransfer. Das einmalige Netzwerk der gut ausgestatteten südamerikanischen Apotheken zur Medikamentenversorgung brach mit der Ausweisung des Ordens [78] komplett zusammen. „Doch das Wirken der Jesuiten als Heilkundige und Pharmazeuten, als Mittler zwischen den Kulturen und Bewahrer von ethnomedizinischem Wissen hat bis heute sowohl in Amerika als auch in Europa bleibende Spuren in der Heilkunde hinterlassen.“ [79]
2.3 Pflanzen rücken ins Bewusstsein der Europäer
Zu Ende des 16. und Beginn des 17. Jahrhunderts waren von den neuen Heilpflanzen nur Guajakholz, Sassafras, Tabak, mechoacana und tacamahána im europäischen Gebrauch allgemein verbreitet. [80] Viele der aus der Neuen Welt importierten Drogen erzielten nicht die Ergebnisse, für die sie anfänglich gepriesen wurden. Die Ursache hierfür liegt sicherlich auch darin, dass die Pflanzenteile, Wurzeln und Rinden meist weit entfernt von den Häfen, an denen sie zu Schiff kamen, geerntet wurden. Oft wurden sie zum falschen Zeitpunkt geerntet, ungenügend getrocknet, schlecht verpackt über lange Strecken der Hitze und Feuchtigkeit des Landes und später zu Schiff sie der rauen See ausgesetzt. Dennoch riss der Import in den Alten Kontinent nicht ab. „ Pierre Chaunu has shown that between 1568 and 1619 at least 209 tons of canafistula (about two and a half million doses), 670 tons of sarsaparilla (about seven and a half million doses), and 930 tons of guaiacum (two and a half million doses) were brought into the port of Seville. [81] “ Noch Ende des 18. Jahrhunderts tauchten auf den Importlisten Hamburgs oder Bremens Guajak (Pockholz), Sarsaparille, Sassafras und Chinarinde - aus Spanien, Portugal, Großbritannien oder Frankreich bezogen - regelmäßig auf. [82] Unter den vielen Arzneimitteln war allerdings kein Präparat, das in Europa für vergleichbare Furore sorgte, wie das Guajakholz [83]. Als wahres Glück für die Medizin gilt die Entdeckung der Chinarinde in Peru, die im 17. Jahrhundert in Europa bekannt wurde und ab diesem Zeitpunkt auch in Arzneibüchern erscheint. Mit ihr hatte die Medizin ein erfolgreiches Medikament, gegen die auch in Europa verbreitete Malaria, gewonnen [84]. Jedoch erst seit den 1950er Jahren gedachte man in Spanien der großen Zeit der spanischen Naturforschung. Die Kolumbier pflegen heute das Andenken an Mutis und in Mexiko wurden seit 1946 kommentierte Auflagen der Werke von de la Cruz, Oviedo, Sahagún, Hernández und Monardes herausgeben. „ Damit sind die Leistungen dieser großen Naturforscher der spanischen Kolonialzeit endlich umfassend gewürdigt worden.“ [85]
2.3.1 Cochenille
Im Zuge der Entdeckung der Neuen Welt samt ihrer Flora und Fauna gelangten zahlreiche Rohstoffe in das Alte Europa, von denen heute nur noch relativ wenige zum Bestand der europäischen materia medica oder Nutzpflanzen zählen. Zu diesen gehört unter anderem Cochenille, die seit beinahe 500 Jahren als Färbemittel genutzt wird. Der rote Farbstoff spielt heute in der Medizin eine eher untergeordnete Rolle, trotz der vielen ihr zugeschriebenen Heilwirkungen.
Bei den Azteken wurde die im Náhuatl nocheztli genannte Cochenille [86] zur Verbesserung der Mundhygiene und zur Heilung von Wunden verwendet. Auch Hernández berichtete über die Cochenille. Er schrieb ihr, neben ihrer roten Färbewirkung, Eigenschaften als Herz-, Kopfschmerz- und Magentherapeutikum zu. Ebenfalls beschrieb er ihre Nützlichkeit in der Wundbehandlung und Zahnreinigung. Thomas Harriot erwähnte die Cochenille fälschlicherweise in seinem Siedlungsbericht: „ Metaquesaunnauk ist eine schœne Frucht/ hat fast die Figur vnd grœsse vnserer Byren/ aber innwendig vnd auswendig sehr rot. Sie wächst an einem gesteudt/ welchs Blætter gar dick sind/ vnd voll stachelter Spitzen. Etliche die in India gewesen sind/ vnnd die kœstliche Farb/Cochinilla genannt/ haben sehen wachsen/ die sagen/ ihr gewæchs sey dieser Metaquesunnauck gleich: Obs aber die rechte Cochinilla sey/ kann ich nicht für gewiß sagen/ sintemal/ wie ich verstanden hab/ gemeldte Cochinilla/ nicht an der Frucht/ sondern an deren Blættern wæchst.“ [87]
Um 1700 war die Cochenille bereits in zahlreichen Arzneitaxen aufgeführt, jedoch schwelte bis ins 18. Jahrhundert die Diskussion, ob sie nun ein tierisches oder pflanzliches Produkt sei. Man verwendete die Cochenille als Diaphoretikum [88], Stimulans [89], als Diuretikum [90] und Antipyretikum [91] sowie bei Keuchhusten. Im 18. Jahrhundert wurde sie trotz ihrer zahlreichen Anwendungsgebiete nur noch selten zur Therapie eingesetzt. Im 19. Jahrhundert wurde Cochenille hauptsächlich zur Zubereitung von Zahnpulvern und Mundwässern verwendet. Als übliches Therapeutikum war die Cochenille noch bis ins 20. Jahrhundert in den pharmazeutischen Lehrbüchern zu finden.
2.3.2 Sarsaparillawurzel
Die Portugiesen setzten sich an der südamerikanischen Ostküste fest, in der Hoffnung auf Gold- oder Silbervorkommen zu stoßen und damit die Gewürzimporte aus Indien bezahlen zu können. Hierbei bemerkten sie, dass die einheimischen Indianer die Wurzel einer lianenartigen Schlingpflanze als Heilmittel benutzten. Sie setzten die von ihnen genannte „ Zarza parilla “ [92] anfänglich als Antidot [93] ein. Aber die Konquistadoren lernten sehr bald von den Indios, ausschließlich deren Wurzel als schweißtreibendes und schmerzlinderndes Heilmittel zu verwenden. 1539 werden erstmals Sarsaparillawurzeln erwähnt. „Die Verbreitung der Wurzel ist sehr schnell vor sich gegangen: auf der Stadtbibliothek von St. Gallen findet sich eine Notiz von Vadianus, die zwischen 1540 und 1545 geschrieben sein soll (…) also nur etwa 5 – 10 Jahre jünger ist wie die frühesten Nachrichten über die Droge.“ [94] Wie bei den Indianern wurde die Sarsaparille nicht ausschließlich zur Behandlung der Syphilis eingesetzt. Ein Grund hierfür ist, dass allgemein die Meinung vorherrschte, eine südamerikanische Pflanze müsse besser als eine europäische gegen eine Krankheit helfen, von der man annahm, dass sie aus diesem Gebiet stammte. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde die „Carça-Parilla“ der Chinawurzel [95] und dem Guajak vorgezogen, wobei sie letzteres in der Syphilisbehandlung so gut wie völlig verdrängte. Ihren Ruf als Spezifikum gegen die Syphilis hat sich die Sarsaparille bis ins Ende des 19.Jahrhundert hinein behalten [96].
Die Sarsaparille [97] gilt nach dem Guajak als die bekannteste Heilpflanze aus Südamerika. Wegen der ihr zugesprochenen heißen und trockenen Eigenschaften wurde sie – wie das Guajakholz – als blutreinigendes Mittel eingesetzt gegen Syphilis, Rheuma und fieberhafte Krankheiten [98]. Monardes [99] berichtete, dass die im Náhuatl zarzaparrillal mecapatli oder quauhmecapatli genannte Wurzel in Spanien schon um 1545 herum bekannt war und man ausgiebig von ihr Gebrauch machte. [100] „Monardes weiß auch schon, dass die Wurzeln der Sarsaparille sehr weit in die Erde gehen, und dass man oft mannestief graben muss, um sie zu erlangen.“ [101] Der Spanier hatte auch beschrieben, dass die Indios nur die Wurzelrinde verwenden und deren Mazerat trinken um das Schwitzen anzuregen [102]. Monardes notierte auch ein Rezept für Sarsaparillasirup: „Man sollte zwei Teile dieser Wurzel mit vier Teilen Guajakholz, 18 Teilen Backpflaumen und Rosinen, Boretschblüten, Veilchen und Gerste mit Wasser aufkochen und bis zur Sirupkonsistenz eindicken lassen. Dieser Sirup sei bereits in ganz Spanien bekannt und wirke milder als die Rosskuren mit Guajak und Sarsaparille allein.“ [103]
Die Droge war im 16. Jahrhundert so begehrt, dass die Portugiesen, immer weiter den Amazonas aufwärts drangen, um an die begehrte Pflanze zu gelangen. „Sie missachteten hierbei die im Vertrag von Tordessillas den Spaniern zugesprochene Gebiete auf dem südamerikanischen Kontinent und dehnten auf der Suche nach Gold, aber auch nach der Sarsaparillwurzel, ihr Herrschaftsgebiet so weit nach Osten aus, wie es durch die heutigen Staatsgrenzen gegenüber Chile, Ecuador und Bolivien festgelegt ist.“ [104] Als der Jesuitenpater Acosta, der den Vizekönig Francisco de Toledo ab 1579 auf Inspektionsreisen in der Neuen Welt begleitete und 1587 von Peru nach Spanien zurückkehrte, hatte das Schiff, das ihn zurückbrachte, auch etwa 2,5 t Sarsaparillawurzeln an Bord. In seinem Werk über die Naturgeschichte des Landes, erwähnte er die Sarsaparilla von Peru und eine besonders gute, aus der Provinz Guayaquil, welche gegen eine Vielzahl von Krankheiten benutzt würden, die Syphilis erwähnte er jedoch nicht als Indikationsgebiet. [105] Auch Fracastoro widmete der Beschreibung der Sarsaparille einen großen Raum und empfahl sie wärmstens [106]. Zahlreiche Ärzte haben ihre Anwendung in der Syphilisbehandlung als Alternative zum Guajakholz befürwortet. „ In 1649, Culpeper said only that it is somewhat hot and dry, helpful against pains in the head, and joints [. The roots] provoke sweat, and are used familiarly in drying Diet-drinks.“ [107]
Durch die Geschäftstüchtigkeit der Augsburger Fugger [108] wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts die amerikanische Sarsaparille-Wurzel in großen Mengen nach Deutschland eingeführt und arzneilich verwendet. Das Handelshaus der „ Fugger in Augsburg spezialisierte unter ihren ‚Materialien’ Tabak, Sarsaparilla, Guajak, Hydrargyrum, dessen Förderung es von 1525 bis 1645 in Almaden als erkauftes Recht allein betrieb.“ [109] Der Landgraf Wilhelm IV. der Weise von Hessen [110], der selber auch als Arzt tätig war und auch Arzneimittel abgab, verordnete seinen Patienten auch Guajak und Sarsaparille, die er von den Fuggern bezog [111]. In dieser Zeit erschien die amerikanische Sarsaparilla erstmals in deutschen Apothekentaxen [112] (Neuburg an der Donau 1601, Freiburg im Breisgau 1607), auf der Anneberger Liste (Arzneitaxe Anm.d.Verf.) wurden die Importdrogen, Chinawurzel und Sarsaparilla, mit jeweils 2 ½ Gulden pro Pfund gehandelt [113]. Am Ende des 16. Jahrhunderts wurde auch in England die amerikanischen Sarsaparille in beträchtlichem Umfang gehandelt [114]: „ Für Bremen liegt in den Elsflether Weserzollregistern schon für 1658 die Nachricht vor, dass damals aus Amsterdam 1 Kasten mit 200 Pfund ‚Salsaparille’ importiert worden sei [115]. Aus dem Angabebuch der Schlachte geht hervor, dass der Bremer Kaufmann Robert Boyes 1806 von St. Thomas 6 Ballen Sassaparille bezog. [116] “
Diagramm Sarsaparille Hamburg [117]
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Zu diesem Zeitpunkt waren zwar Aussehen und Beschaffenheit der Droge in Europa bekannt, über die Pflanze selber wusste man aber noch recht wenig. Selbst um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert war das Wissen über Herkunft und Beschaffenheit der Sarsaparillapflanze noch nicht wesentlich angewachsen. [118] Mit der Entdeckung von Salvarsan® und der Antibiotika hat die Sarsaparilla inzwischen ihre Ruf als Antisyphilitikum verloren. Heute zählt man die Sarsaparilla zu den Saponin-Drogen. In manchen Büchern wird ihr eine umstimmende Wirkung auf den Stoffwechsel nachgesagt, welche einen positiven Einfluss auf Hauterkrankungen und Rheumatismus haben soll. Als überflüssig wird die Droge inzwischen nicht mehr in das DAB [119] aufgenommen. [120] Ihr Nutzwert ist heute ziemlich umstritten, daher ist sie inzwischen aus dem Arzneischatz verschwunden.
2.3.3 Sassafras
1562 war im südöstlichen Nordamerika der Fenchelholzbaum [121] entdeckt worden. „ Der Baum selbst soll schon 1597 in England kultiviert sein, 1607 besaß Caspar Bauhin Blätter desselben.“ [122] In deutschen Apotheken erschien Sassafras gegen Ende des 16. Jahrhunderts: 1582 in Frankfurt am Main, 1587 in Hamburg und 1609 in Braunschweig. Monardes hatte 1574 Sassafras zur Syphilisbehandlung empfohlen - jedoch nur aus den theoretischen Gesichtspunkten der damals noch geltenden Humoralmedizin heraus. Sassafrasholz wurde jedoch nie eine ernsthafte Konkurrenz zu Chinawurzel oder Guajak. Die Pflanze selbst enthält keine Saponine und wurde von Einheimischen in Florida nicht bei Geschlechtskrankheiten benutzt, sondern bei Fieber. [123]
In den Quatro Libros De La Naturaleza von Hernández steht über Sassafras:
„ The tree from the Province of Florida That They Call Sassafras
(1.2.27)
The sassafras is a large tree that has leaves cut and divided into three sections. The trunks are smooth, shading to a red color, and smell like anise. It grows in the province of San Augustín in Florida and in [the province] of Michoacán.
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Titelblatt der Ausgabe von 1639 des Military and Domestic Surgery
Quelle: http://en.wikipedia.org
It has a hot and dry nature, almost in the third degree, and subtle qualities, by means of which it helps colic and pains of the side. It is a great remedy for difficulty in urinating and disorders of the kidneys, provided that they proceed from a cold cause. It expels flatulence, opens obstructions, and fortifies the internal organs. It cures asthma and other illnesses of the chest born of a cold cause; it prevents vomiting; it aids the digestion; it relaxes the abdomen; it is greatly beneficial for sterility of the womb; it provokes menstruation; and it is a great remedy for buboes [124], just as other alexipharmics usually are. It eases toothache; and it clears colds by consuming the cause.“ [125]
John Woodall [126] beschrieb 1617 in seinem Medizinklassiker für die Schifffahrt The Surgeous Mate die heißen und trockenen Eigenschaften von Sassafras und begründet damit unter anderem dessen Verwendung als Syphilisspezifikum. [127] Auch in Bremens Importbücher ist Sassafras gelegentlich zu finden:
Bremens seewärtige Sassafras-Einfuhr [128]
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Das Öl aus der Wurzelrinde von Sassafras wurde früher zum Aromatisieren von Tabak und Lebensmitteln, gegen Läuse und für die Behandlung von Insektenstichen benutzt. Weiter wurde Sassafras als Bierzusatz für das amerikanische Root Beer verwendet. Heute unterliegt Sassafras in einigen Ländern gesetzlichen Beschränkungen und wird wegen seines hohen Gehalts an dem krebserregenden Safrol als Giftpflanze angesehen. In Deutschland ist Sassafras seit 1981 als Aromastoff nicht mehr zugelassen.
2.3.4 Tabak
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Tabakspflanze
Quelle: Brockhaus 1911
Die Spanier kamen erstmals mit dem Gebrauch von Tabak [129] in Berührung, als Columbus 1492 auf Cuba landete. Columbus und seine Seemänner brachten Tabak und die neue Gewohnheit des Rauchens mit nach Spanien zurück, wenn auch ihre Kenntnis darum noch rudimentär war. Das Heer Karls V. [130] brachte den Tabak Anfang des 16. Jahrhunderts nach Deutschland und wahrscheinlich auch nach Italien. [131] Die ersten Tabakpflanzen die in Spanien eingeführt worden sind, wurden zur medizinischen Nutzung importiert. Schon kurze Zeit nach dem Bekanntwerden des Tabaks in Europa wurde die Pflanze als Panazee von Jean Nicot [132] dem französischen Gesandten am portugiesischen Hof zu Lissabon, gepriesen. Er schickte Königin Katharina de Medici [133] sowohl Tabaksamen als auch pulverisierte Blätter [134], die am französischen Hof erstmals als Arzneimittel eingesetzt wurden.
Monardes berichtet, dass die Pflanze, die auch in seinem Garten wuchs, in Spanien anfänglich zum Schmuck der Gärten angebaut wurde [135]. Weiter beschreibt er den traditionellen Einsatz des Tabaks bei den Indianern als wundheilendes Mittel. „Übrigens zieht auch das gemeine Volk bei den Indianern zum Vergnügen diesen Rauch durch Mund und Nase, wenn sie mal schöne Träume haben und gleichsam außer sich geraten wollen oder auch den Ausgang ihrer Angelegenheiten, aus den Traumbildern, welche ihnen erscheinen, verkünden wollen.“ [136] Er veröffentlichte die erste naturgetreue Darstellung der Pflanze und beschrieb Tabak als eine wunderbare Panazee, von der er zwar gehört, sie aber nicht gesehen habe. [137] Monardes [138] lobte den Tabak gegen zahlreiche Leiden wie Kopfschmerzen, Vergiftungen, Asthma, Magenschmerzen, Verstopfungen, Nierenleiden, Windkolik, Uterusleiden, Spulwürmer, Gelenkleiden, Auftreibungen, Geschwülste, Zahnschmerzen, Karbunkeln, frische und alte Wunden, Krebs, Flechten und Grind.
Im Jahr 1586 beschrieb der Bremer Arzt Johannes Neander [139] die Indikationsgebiete der Pflanze in seiner Tabalogica. Im Jahr 1598 legte man zur Zeit der Regierung vom Heidelberger Kurfürsten Friedrich IV. erste Tabakplantagen in der Pfalz an, um den Bedarf an Tabak zu Arzneizwecken zu decken. „Die getrockneten und zerriebenen Blätter der Tabakpflanze wurden als Extrakte, Tinkturen, Aufgüsse, Pillen, Pulver, Sirupe und Salben angewendet. Die innerliche Anwendung von Tabaksirup sollte ‚alten Husten’, enge Brust und ähnliche Krankheiten, die von zähem und kaltem Schleim herrührten, vertreiben und Eingeweidewürmer töten. Mit Tabaksaft wurden in Spanien Wassersüchtige behandelt. Auch bei frischen Verletzungen, schlechtheilenden Wunden, Geschwüren, Karbunkeln und Krebs wurde Tabak in äußerlicher Anwendung gebraucht.“ [140]
Charles de l’Écluse [141] war als Professor der Botanik in Leiden tätig und hat sich sowohl durch seine Untersuchungen ausländischer Drogen selbst, als auch durch seine Tätigkeit als Übersetzer und Herausgeber der Schriften von Monardes verdient gemacht. Er wurde oft von späteren Pflanzenforschern zitiert. In seinem Exoticorum libri decem aus dem Jahre 1605, das ein längeres Kapitel über amerikanische Medizin enthält, berichtete er auch darüber, dass Tabak auch für Geschwülste, Magenleiden, Asthma und viele Krankheiten mehr verwendet werden könnte – Tabak also eine wahre Panazee wäre [142]. Auch Culpeper, der sich an die Beschreibungen von Monardes und l’Écluse anlehnte, stellte die vielfältige Wirkung des Tabaks dar: „ Taken in a pipe it hath almost as many virtues, it easeth weariness, takes away the sence of hunger and thirst, provokes to stool [and] easeth the body of superfluous humours, opens stoppings.“ [143] Weiter äußerte sich auch Thomas Harriot im Jahre 1603 in seiner Warhafftigen Abconterfaytung der Wilden in America über den Gebrauch von Tabak als Heilmittel: „Sie haben auch ein Kraut/ welches die Floridaner Vbauuoc heissen/ die Brasilianer nennen es Petum, die Spanier Tabaco, Dieses Krauts Bletter rechtschaffen getrůcknet/ legen sie auff einen theil einer Rœren/ da sie am weichsten ist/ wann diese Bletter angezůndet/ nemmen sie die Rœren / da sie am engsten ist/ in den Mund/ vnd ziehen also den Rauch dardurch so starck in sich/ dass er inen zum Munde vnd Naßlœchern widerumb heraußgehet/ vnd also zugleich hæuffig die Flůsse heraus ziehen.“ [144]
1657 berichtete William Coles über den erfolgreichen Kultivierungsversuch von Tabakspflanzen in Gloucestershire und darüber, dass dem Anbau nichts anderes im Wege stehen würde, als die Zollbürokratie. Er erwähnte die neue Gewohnheit des Rauchens aus Genussgründen. „ And as early as 1657, Coles knew the Náhuatl word for tobacco, picietl, which barely suggests that tobacco smoked in England, was not all best-quality Virginia.“ [145] Obwohl Tabak zu medizinischen Zwecken verbreitet wurde, erreichte er seine Beliebtheit vor allem aus Genussgründen. In England wurde sein Anbau im Jahr 1660 verboten, aber die Siedler in Virginia verdienten gut daran. [146] Die englischen Tabakimporte aus Virgina erhöhten sich von 2.300 Pfund im Jahr 1615/16 auf 14.395.635 Pfund im Jahr 1689. [147] Insbesondere das Tabakrauchklistier erfreute sich im 18. Jahrhundert zunehmender Beliebtheit. Der Tabakrauch, den man „trank“, wurde gleichfalls in den Status eines Arzneimittels erhoben. Im 19. Jahrhundert waren medizinische Zigaretten beliebt, mit weiteren Zusatzstoffen wie Atropin, Tollkirsche, Bilsenkraut, Anis, Bernstein oder Salpeter. „ Particularly popular were commercial brands such as Grimaud’s Cigarettes ® containing cannabis resin, Cigarettes de Joy ® containing arsenic, Crevoisier’s Cigarettes ® containing foxglove and Savory & Moore’s Cigarettes ® containing camphor.“ [148] Im Wissen um die gesundheitsschädliche Wirkung von Tabak erscheint es geradezu als Ironie des Schicksals, dass die Einführung des Tabaks durch die Spanier nach Europa vor allem aus medizinischen Gründen erfolgte.
2.3.5 Chinarinde
Das bekannteste Heilmittel aus der Neuen Welt ist die Chinarinde [149], das erste wirksame Malariamittel. Die auch Fieberrinde genannte Droge stammt von den in den Anden beheimateten, immergrünen Cinchonabäumen ab. Der geographisch irreführende Name „China“ leitet sich von dem indianischen Wort „kina-kina“ [150] ab, das frei übersetzt „Rinde der Rinden“ [151] bedeutet.
Der hohe Stellenwert, der der Chinarinde in der materia medica zukam, liegt in ihrer fiebersenkenden und zuverlässigen Wirkung gegen die Malaria [152], welche im 16. Jahrhundert mit den Negersklaven aus Afrika nach Amerika eingeschleppt worden war. „Nach spanischen Quellen sind Malariafälle in Amerika erstmals 1534 aufgetreten, nachdem die Truppe des Konquistadors Alvarado auf dem Marsch von Guatemala nach Ekuador die Küstengebiete von Honduras uns Nikaragua passiert hatte, wo damals bereits 200 Negersklaven zwangsweise angesiedelt waren.“ [153] Die Behauptung, die Kenntnis der Anwendung der Chinarinde würde auf „altem indianischen Wissen“ beruhen, gilt heute als widerlegt. Bei der Entdeckung der Rinde im Tal von Loxa waren wohl die Jesuiten involviert. Dafür spricht, dass der Orden die Anwendung der Chinarinde in der Alten Welt propagierte und gleichzeitig zur Geheimhaltung deren Herkunft, diese nur in Pulverform importierten – daher auch der Name „Pulvis Patrum Jesuiarum“ - „Jesuitenpulver“ [154].
Erstmals wurde die Rinde den Europäern um 1630 herum bekannt [155] und wurde in den nächsten Jahren von den Jesuiten eingeführt. Schon 1639 wendete eine Anzahl spanischer Ärzte die Droge an [156]. Der Genter Arzt Hermann van der Heyden [157] empfahl in seinem Werk Discours et advice sur les flucs de ventre douloureux als einer der ersten die Chinarinde zur Behandlung der Malaria. Der eigentliche Propagandist der Droge war jedoch Kardinal Juan de Lugo [158], der bis zum Jahr 1643 am jesuitischen Collegium Romanum in Rom Kirchenrecht lehrte. Er führte 1645 das Rindenpulver in seiner Heimat ein und förderte deren Vertrieb durch die Jesuiten. [159] Der Umstand, dass das Heilmittel von den Jesuiten verkauft wurde, führte zu Streit, der vor allem durch religiöse Auseinandersetzungen geprägt war. Einige Ärzte wollten den Jesuiten ihre Vorrangstellung beim Vertrieb der Fieberrinde nicht überlassen. [160] Kurioserweise lehnten radikale Protestanten eine Behandlung mit der Droge ab. Der englische Diktator Oliver Cromwell [161] beispielsweise starb an der Malaria, weil er nicht mit dem „Jesuitenpulver“ geheilt werden wollte. In dieser Verweigerungshaltung ein Geschäft witternd, stellte der englische Arzt Robert Talbor [162] einen Chinarindenwein [163] her. Dessen Rezeptur verkaufte er teuer im Jahr 1679 an Ludwig XIV [164].
Obwohl die englischen Ärzte Thomas Willis [165] und Thomas Sydenham [166] den hohen Nutzen der Chinarinde propagierten, konnte sich das Heilmittel erst 30 Jahre nach dessen Einführung in Deutschland durchsetzen. Hier erschien die Droge erstmals 1663 in der Regensburger Arzneitaxe. [167] „ In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts findet sich die Droge dann in den europäischen Arzneitaxen, so etwa 1672 in Kopenhagen oder 1682 in Celle. Der Preis lag vergleichsweise hoch: Die Frankfurter Arzneitaxe von 1669 berechnet für ein Quintlein [168] 50 Kreuzer, die gleiche Menge Opium kostete 4 Kreuzer.“ [169] Ab dem 18. Jahrhundert spielte die Droge eine immer wichtigere Rolle in der europäischen Medizin – demgemäß stiegen auch die Importmengen. Die Holländer und Engländer gewannen die Rinde nun auch von den in ihre ostindischen Herrschaftsgebiete verpflanzten Cinchonabäumen.
Diagramm Einfuhr von Chinarinde nach Hamburg [170]
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Die Einfuhr von Chinarinde nach Bremen ist auch in den hiesigen Schlachtebüchern vermerkt. [171]
Bremens seewärtige Chinarindeneinfuhr
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Als im 19. Jahrhundert durch den steigenden Bedarf an Chinarinde, die natürlichen Bestände der Bäume zunehmend dezimiert wurden, die Einfuhr der Chinarinde aus Amerika teuer war und zudem ab 1820 die Andenrepubliken sich von der spanischen Herrschaft nach und nach befreiten, versuchten die Europäer neue Anbaugebiete für die Chinarinde zu erschließen [172]. Botaniker sammelten Samen verschiedener Cinchona-Arten für den Plantagenanbau in europäischen Kolonien. „Erfolgreich waren Anbauversuche der Niederländer auf Java ab 1852, allerdings mit relativ chininarmen Arten, und der Engländer ab 1860 auf Ceylon und in Indien. 1867 kamen erstmals Chinarinden aus dem Plantagenanbau in London in den Arzneimittelhandel. Auch eine deutsche Fabrik besaß Plantagen auf Java: die Braunschweiger Chininfabrik Dr. Buchler & Co.“ [173] 1820 gelang es Joseph Bienaimé Caventou [174] und Pierre-Joseph Pelletier [175] das Chinin und seine wichtigsten Isomere aus Chinarinde zu isolieren [176]. Nun wurde die industrielle Chininproduktion aufgenommen: „Bei der Verarbeitung der Chinarinde zur fabrikmäßigen Herstellung der Chinaalkaloide spielte Braunschweig als bedeutender Produktionsstandort eine Rolle. Hier gründete Hermann Buchler 1858 ‚Hermann Buchlers Chininfabrik’, später Chininfabrik Braunschweig, Buchler & Co.“ [177] Chinin [178] war lange Zeit das einzige Malariamittel. Erst unter dem Einfluss von Paul Ehrlich [179] wurden seit 1910 Chininersatzstoffe erprobt. Heute ist Chinin jahrzehntelang erfolgreich durch Synthetika (Resochin, Chloroquin u.a.) weitgehend ersetzt. Wegen der zunehmenden Resistenz der Malariaerreger gegen die synthetischen Medikamente stößt Chinin wieder auf erneutes Interesse [180].
3. Die Sonderrolle des Guajakholzes
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Guajak, auch Pockholz oder lignum sanctum genannt, galt lange Zeit in der europäischen Medizin als Allheilmittel. Schon in präkolumbianischer Zeit war das Guajakholz in Mittelamerika bekannt, für dessen medizinische Anwendung in dieser Zeit existieren leider keine Belege. Ziemlich bald nach der Entdeckung des Neuen Kontinents wurde Guajacum officinale von den spanischen Forschern beschrieben. Die Droge stieß in der medizinischen Fachwelt auf großes Interesse und wurde mit Begeisterung aufgenommen. Zu dessen Popularität trugen insbesondere zwei Literaten bei: Ulrich von Hutten und Girolamo Fracastoro. [181]
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Guajakbaum Quelle: Köhler (1887
Um der Sonderrolle, die dem Guajakholz zukommt, gerecht zu werden, ist es nützlich, nicht nur ausschließlich über die Droge und deren Geschichte und Anwendung zu schreiben, sondern auch über deren populärstes Indikationsgebiet, die Syphilis, zu informieren. Heilmittel und Seuche sollten zusammenhängend dargestellt werden, da der anfängliche Import von Guajak beinahe ausschließlich der Bekämpfung dieser venerischen Krankheit dienten. Daher wird zum besseren Verständnis des Stellenwerts der Handelsware zunächst die Geschichte der Krankheit Syphilis beleuchtet.
3.1 Exkurs: Syphilis – der Schock der Renaissance
In der Periode zwischen 1450 und 1550 wandelte die westeuropäische Zivilisation ihr mittelalterliches Gesicht. Die Renaissance leitete eine Reihe revolutionärer Wechsel in Philosophie und Wissenschaft, Kunst und Religion, Technologie und Kommunikation ein. Einer der größten anglo-irischen Politiker und Redner, Edmund Burke [182] beschrieb die Zeitenwende um 1500 folgendermaßen, wenn er zurückblicke auf die Renaissance, sehe er ein außergewöhnliches Zusammenspiel von Ereignissen in dieser Zeit, voran die federführende Entdeckung Amerikas, die Einführung des Buchdrucks, die Erfindung von Schießpulver, die Weiterentwicklung der Seefahrt, die Rückbesinnung auf antike Lehren, und die Reformation; alle diese veränderten gänzlich das Gesicht Europas. [183] Inspiriert vom damaligen Fortschritt Europas frohlockte der Zeitgenosse Ulrich von Hutten: „ O saeculu! O litterae! Iuvat vivere … [184] “
Der Schock der Syphilis traf Europa in einem Moment, in dem die Renaissance in ihrer vollen Blüte stand. Die epidemischen Ausmaße der neuen Seuche und die Heftigkeit ihrer Auswirkungen veränderten das Weltbild dieser Zeit schlagartig. Für die Geschichtsforschung hat die Syphilis eine spezielle Faszination, da sie von allen Krankheiten der Menschheit diejenige ist, deren erstes Auftreten am besten festgehalten und damit historisch erforschbar ist [185].
3.1.1 Ursprung und Herkunftsdiskussion
Die Lustseuche versetzte nach ihrem ersten Auftreten gegen Ende des 15. Jahrhunderts ganz Europa in Angst und Schrecken. Die gewachsene Mobilität der Menschen dieser Zeit und das allgemeine Bevölkerungswachstum [186] waren ein idealer Nährboden für ihre lawinenartige Ausbreitung. Die Seuche beeinflusste beinahe jede Sphäre des kulturellen Lebens und war mehr gefürchtet als Lepra und Pest – zum einen wegen ihres unbekannten Ursprungs und ihrer unklaren Symptomatik, zum anderen wegen ihrer hohen Kontagiosität [187]. Obgleich ihre Herkunft nicht unumstritten ist, wird in der Forschung vorwiegend berichtet, dass sie vermutlich durch die Seeleute der Flotte des Columbus von der Neuen Welt ins Alte Europa gelangte [188]. Von ihrem Landungshafen Palos an der Südküste Spaniens aus, soll die Seuche von den Heimkehrern über Bordelle auf der Iberischen Halbinsel gekommen sein und schon bald danach (1493) war die Krankheit bis nach Südfrankreich verbreitet. Für die weitere Ausbreitung werden die Landsknechte der französischen Söldnerheere verantwortlich gemacht, die sich im Heerlager Karls VIII. [189] von Neapel infiziert und nach dem Truppenabschied die Syphilis in ihre Heimatländer getragen hätten. Diesem Umstand hat die Syphilis den Namen „Franzosenkrankheit“ zu verdanken. Um 1500 grassierte sie bereits in Deutschland, in Dänemark und England und wurde als „nie gesehene“ Krankheit wahrgenommen, die bald „böse Blattern“, „seuch der Frantzosen“ oder „mal de Naples“ hieß.
Trotz der hervorragenden Quellenlage wurden Ursprung und Herkunft der Syphilis lange Zeit kontrovers diskutiert. Je mehr sich die Ansicht des amerikanischen Ursprungs der Syphilis durchsetzte, umso stärker verbreitete sich auch die Anwendung des Guajakholzes und ließ das Quecksilber in den Hintergrund treten. Dieser jahrhundertelange Disput kam in Deutschland zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zu einem Höhepunkt. [190] „Hier stehen sich das Lager der ‚Amerikanisten’, d.h. derjenigen, die das Auftreten der Franzosenkrankheit mit der Entdeckung der Neuen Welt im Jahre 1492 in Verbindung bringen (Iwan Bloch) und das der Anti-Amerikanisten (Sudhoff und Proksch) gegenüber.“ [191] An dieser Stelle möchte ich nicht genauer auf diese alte Streitfrage eingehen, da weder die eine noch die andere Position lückenlos bewiesen werden kann und deren Beweisführung zudem den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Sicher ist jedenfalls, dass sich die Syphilis im sechzehnten Jahrhundert auf sexuellem Weg in ganz Europa verbreitete und dass das Krankheitsbild und der Verlauf viel schwerer waren, als es heutzutage zu beobachten ist [192]. Zudem ist erwiesen, dass die Syphilis ein neues Krankheitsbild hinsichtlich Symptomen und Übertragungsweise war, mit dem die Menschheit von diesen Tagen an zu rechnen hatte.
3.1.2 rasende Verbreitung in der Neuen Welt
Unglaublich schnell breitete sich die Krankheit aus. Besonders das Deutsche Gebiet wurde von der Syphilis sehr früh heimgesucht, was in zahlreichen deutschen Städtechroniken auch festgehalten wurde. [193] Wahrscheinlich war die Seuche 1495 in Deutschland noch nicht oder nur in Einzelfällen verbreitet. In der Augsburger Chronik hob der Chronist Hector Mühlich für das Jahr 1495 drei Ereignisse besonders hervor: „ die Stiftung einer silbernen Heiligenbüste für eine Augsburger Kirche, die Verwüstungen eines Großbrandes in Gersthofen und als das dramatische Ereignis, das Auftreten einer mysteriösen Krankheit: ‚Zů der zeit des jars ist ain grosse plag in diese land kommen mit den grossen platteren, die hieß man die Frantzosen, umb daß [die kranckhait] in Franckreich am ersten sich erhůb; und kam darnach in alle welt und weret, bis man zallt 1499 jar und 1500 jar und lenger, und was ain solliche grossse straff und mercklicher wetag, den man nit erlessen noch erschreiben kann und kain mensch nie gehert. [194] “Die Schuld für die Epidemie gaben die Geschichtsschreiber den Soldaten und der Unzucht in ihrer Stadt: „Wo des Kaisers Volk zur Herberg saß, da gab es für jeden zu trinken, so viel er wollte, dann gieng es an ein Buhlen mit den Weibern und Töchtern –fürwahr es war eine böse Frauenzucht hie. Die Franzosenkranckheit wütete so heftig in der Stadt, dass man bereits im Jahre 1495 ein bis dahin als Pesthaus benütztes Hospital beim rothen Thurm als ‚Franzosenhaus’ benützen musste. Die immer häufiger werdenden Findelkinder nöthigten i.J. 1471 zur Errichtung eines eigenen Findelhauses, wozu die Strafgelder verwendet wurden.“ [195] Augsburg war somit die erste Stadt im deutschsprachigen Raum, welche ihren Einwohnern eine derartige Einrichtung anbot.
Bis zum Sommer des folgenden Jahres muss sich die Lage zugespitzt haben und bekam im darauf folgenden Herbst dramatische Züge. „ Das darf man aus einem Kreuzgang schließen, der bald nach dem 16. September 1496 der Syphilis wegen in Freiburg/Br. Stattfand und aus einer Predigt Geilers von Kaysersberg vom 19. September im Straßburger Münster, die wahrscheinlich mit einer Bittprozession im Zusammenhang steht, die 1496 in Straßburg aus Anlaß der Syphilis veranstaltet worden sein soll.“ [196] Der Ausbreitungsweg der Seuche ist für Deutschland am genauesten erforscht. Alemannische Reiseläufer brachten die Syphilis im Ende 1496 ins Elsass, die Schweiz [197] sowie nach Schwaben. Im Folgejahr stieß die Seuche rheinabwärts bis Köln, mainaufwärts bis Nürnberg vor und erreichte auf dem Seeweg die Niederlande. 1497 haben die „Frantzosen“ Thüringen, Wien und Prag erfasst. Auch das umliegende Europa wurde von der Krankheitswelle überrollt: Die Syphilis tauchte 1496 in Frankreich, Holland und Griechenland 1496 auf. Im Jahr 1497 berichteten die Schotten deren Ankunft mit Schrecken und 1499 schließlich die Ungarn und Russen. [198] Die Syphilis verbreitete sich rapide und hielt unter einer Vielzahl von verschiedenen Bezeichnungen Einzug in die medizinische und populäre Literatur.
3.1.3 erste Schilderung der neuen Krankheit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Joseph Grünpeck: Das Christuskind straft die Menschheit mit Syphilis (Holzschnitt 1496)
Quelle:http://de.wikipedia.org
Eine eindrucksvolle Schilderung der unbekannten Seuche findet sich bei Joseph Grünpeck [199] von Burckhausen, zugleich Sekretär des Kaisers Maximilians I. Als einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller über die Syphilis gab Grünpeck, obgleich er kein Arzt [200] war, 1496 seine erste Schrift über die Syphilis heraus. Diese erschien im November in lateinischer und im Dezember in deutscher Sprache unter den Titeln Tracttatus de pestilentiali scorra sive mala de franczos und Ein hübscher Tractat von dem Ursprung des Bösen Franzos [201]. Seine Schrift war sehr erfolgreich: bis zum Jahr 1500 erschienen außerhalb Augsburgs vier Nachdrucke der lateinischen und einer der deutschen Fassung.
In seinem Traktat beschrieb Grünpeck die schrecklichen Auswirkungen der Krankheit und gab Anweisungen, wie man eine Ansteckung verhindern und die Seuche kurieren könnte. Sein Hauptinteresse lag im Ursprung der Krankheit und den Heilmitteln. Als deren Ursache nannte er: 1. den Willen Gottes, der Seuchen als Strafe für die Todsünde des Hochmuts schickt; 2. die Natur des Menschen; 3. die Planetenkonstellationen seiner Zeit. [202] Er widmete sich ausführlich den Symptomen, wie er sie bei den Soldaten Karls VIII. gesehen und später auch am eigenen Körper erlitten hatte, da er sich 1501 bei einem Gastmahl zu Augsburg, „ bei welchem außer Ceres und Bacchus auch Venus zugegen [203] “ war, angesteckt hatte. Grünpeck gab zunächst Auskunft über seine Erkrankung: „ Die herrschende Seuche schoss ihren ersten giftigen Pfeil auf die Glans penis ab, und diese schwoll von der Wunde so an, dass er sie kaum mit beiden Händen umfassen konnte. Der Schmerz war gross, und später löste sich die Geschwulst in tausend Fisteln auf, welche vier Monate lang beständig stinkende Jauche ergossen. Alle Mittel waren unvermögend, diese Eiterung, welche auch auf den Penis und Hodensack überging, zu beschränken, bis ein Pfuscher den Schaden in 24 Stunden durch ein heftig schmerzendes Diapasma [204] heilte. Jetzt kam aber der Ausschlag über den ganzen Körper!“ [205] Grünpecks Schriften lassen die ungewöhnliche Heftigkeit der Symptome und den bösartigen Verlauf der Erkrankung in den ersten Fällen erkennen: „Die Einen waren vom Scheitel bis zu den Knien mit einer zusammenhängenden, fürchterlichen, schwarzen Art von Krätze überzogen und dadurch so abschreckend, dass sie, von allen Kameraden verlassen, sich in der Einsamkeit den Tod wünschten; die Anderen hatten diese Krätze an einzelnen Stellen (per intervalla), aber härter als Baumrinde, am Vorder- und Hinterkopfe, an der Stirne, dem Halse, der Brust, dem Gesässe u.s.w. und zerrissen sich dieselbe vor heftigem Schmerzen mit den Nägeln. Die Uebrigen starrten an allen Körperteilen von einer solchen Menge von Warzen und Pusteln, dass ihre Zahl nicht zu bestimmen war; sehr vielen aber wuchsen im Gesichte, an den Ohren und der Nase dicke und raue Pusteln, wie Zapfen oder kleine Hörner (ducillorum s. corniculorum instar) in die Höhe, die mit pestilentialischem Gestanke aufbrachen und hervorstehenden Hauern glichen.“ [206]
[...]
[1] Braudel 1985 S. 231
[2] So konnte man beispielsweise 1522 für 1 ½ Reichsgulden (90 Kreuzer) 463 kg Weizen, 59 kg Rindfleisch, 15 Spanferkel oder 17 kg Karpfen erwerben – aber nur knapp 1 kg Pfeffer, ½ kg Zimt oder 200g Muskatblüte. Das entsprach (…) dem Jahreslohn einer Dienstmagd, während sich die Jahreseinkommen des Schulmeisters auf 3 ¾, des Bäckers auf 12 und des Wundarztes auf 16 Gulden beliefen.
[3] Wendt 1999 S.207 ff.
[4] Menninger 2004 S.99
[5] Wulle 1999 S.79
[6] Talbot 1976a S.834
[7] „Maize is still less highly esteemed in Europe than wheat (…) Potatoes are the leading vegetable in the world.“ (Hamilton 1976a S.876f.)
[8] Vgl. Menninger 2005 S.121
[9] Vgl. Van Dülmen 1982 „It is also obvious that the European made large profits and shaped the land and histories of whole areas of the New World by raising American plants on extensive plantations – tobacco, cocoa, paprika, American cotton – and that he cut and gathered guaiacum, sassafras, and other native products for export across the Atlantic.“ (Crosby 1972 S.66)
[10] Michel Eyquem de Montaigne (1533-1592) Politiker, Philosoph, Begründer der Essayistik
[11] Montaigne 1923 S.230 in: Van Dülmen 1982
[12] Emer. Prof. für Südamerikan. Archäologie, University College, London.
[13] Bray 1993
[14] Wendt 1999 S.207 ff.
[15] Ewald 1995 S.33
[16] Menninger 2004 S.111
[17] (1451-1506)
[18] Varela, Consuelo (Hg.) (1982) Cristóbal Colón, Textos y documentos completos, Relaciones de viajes, cartas y memoriales, Alianza Editorial, Madrid, S.52
[19] Menninger 2005 S.115
[20] Diepgen 1949 S.278
[21] (1878-1966) Gynäkologe, Wissenschafts- und Medizinhistoriker
[22] Munger 1949 S.222
[23] Ewald 1995 S.42
[24] Harriot 1970d S.136f.
[25] „Panazee“ leitet sich von Panakeia ab, der alles heilenden Göttin der Arzneien, die eine Tochter des Asklepios, des bedeutendsten Arztes im archaischen Griechenland, gewesen war.
[26] Vgl. Sauer 1976a S.819
[27] Vgl.Varey 2000a S.116
[28] „ The first major English herbal to describe more than one or two medicinal plants from the New World was published in 1597 by John Gerard, a barber-surgeon of London; Thomas Johnson published a posthumous expansion in 1633 (reissued in 1636). Both editions relied heavily on Monardes for American drugs. The first included substantial articles on mechoacan, tobacco, and sassafras, as well as a Caribbean version of mastic. The 1636 edition added articles on guaiacum, sarsaparilla, and minor drugs as balsam of Peru and dragon’s blood, but Johnson was most effusive in praising tobacco.“ (Varey 2000a S.117f.)
[29] Dieses Säfte-Schema beruhte auf der Vorstellung, dass der menschliche Körper aus den vier Kardinalsäften Blut, Schleim (Phlegma), gelber und schwarzer Galle zusammengesetzt sei, die als ein Produkt des Stoffwechsels aus der aufgenommenen Nahrung gedeutet wurden. Diesen Säften wurden wiederum jeweils die Organe Herz, Hirn, Leber und Milz und die Qualitäten Wärme, Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit zugeordnet. (…) Die einzelnen Säfte konnten je nach Temperament – Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker – natürlicherweise vorherrschen. Unter Berücksichtigung dieser naturgegebenen Besonderheiten bezeichnete ein ausgewogenes Verhältnis der vier Säfte Gesundheit. Krankheiten und Organbeschwerden brachte man dagegen mit einem ins Ungleichgewicht geratenen Säftehaushalts in Verbindung, wobei der medizinkundige Heiler eine entsprechende Therapie zu dessen Regulierung zu verordnen hatte ( Schöner, Erich (1964) Das Viererschema in der antiken Humoralpathologie, Franz Steiner-Verlag, Wiesbaden; Jütte 1991 S.42ff).
[30] Menninger 2005 S.123f.
[31] Vgl. Munger 1949
[32] Monardes 1989a S.109ff., 117ff.
[33] Otte, Enrique (Hg.) (1959) Cedularios de la Monarquía española relativos a la provincial de Venezuela , Band 1, Fundación John Boulton y Fundación Eugenio Mendoza, Caracas, S.63 in: Menninger 2005 S.116
[34] Vgl. Wolters 1999b S.2
[35] (1527–1598) König von Spanien, einziger überlebender legitimer Sohn Karls V.
[36] (1514/17-1587)
[37] Vgl. Menninger 2005 S.116
[38] Hein 1984 S.88f.
[39] Hein 1984 S.85
[40] „ The first substantial selection of the writings of Hernández to appear in print was the Quatro libros (Mexico City, 1615)“ (Varey 2000b S.117)
[41] (~1493-1588)
[42] „ Monardes was still considered important, but Hernández can be seen profitably in the context of the other Spanish medical writers working and writing in Mexico at much the same time.“ (Varey 2000a S.143)
[43] Stünzner 1895 S.3
[44] Wulle 1999 S.79
[45] vor allem Sklavenhandel, aber auch Handel mit Waren aus der Neuen Welt
[46] „According to his own account, he tried on his own patients many of the drugs his contacts brought to the wharves of Seville.“ (Varey 2000a S.112)
[47] Monardes, op. cit., note 27 above, fol. 15v in: Huguet-Termes 2001 S.368
[48] Sneader 2005 S.33f.
[49] heute Haiti
[50] Vgl. Wolters 1994 S.145
[51] „Monardes was not the first to recommend guaiac, a resin exuded from the heartwood of the small West Indian tree known now as Guaiacum officinale L. This was already in wide use against syphilis, then generally believed to have been imported into Spain on the return from the West Indies of those who sailed with Columbus. Infected Spanish colonists on observing that the indigenous population were treating the similar disease of yaws with guaiac promptly concluded it would also cure syphilis. Their view was bolstered by the ability of large doses of guaiac to induce diuresis, expectoration, purgation and profuse sweating. For those familiar with humoral medicine, no better indication of efficacy need have been sought. They even went so far as to recommend the resin for the relief of rheumatism and gout. When guaiac failed to cure syphilis, there were other herbs from the same region they could turn to, such as china root (Smilax china L.) or sarsaparilla (S. aristolochia).“ (Sneader 2005 S.33f.)
[52] Monardes in: Varey 2000a S.114
[53] „ Inasmuch as he never visited the new World, it is ironic that it was his work, not that of firsthand observers such as Cruz, Sahagún, and Hernandez, that was most frequently cited in European descriptions of America drugs before 1650.“ (Varey 2000a S.112)
[54] (1539/40-1599)
[55] „Acosta’s book was also written at the intersection of the Renaissance revival of the Greco-Latin tradition and the emergence of something unexpected within that tradition. A heretofore unknown but impressive mass of land and an intriguing variety of people.“ (Acosta 2002 S. xvii)
[56] Vgl. Varey 2000a S.118
[57] Die Sarsaparille wurde schon vor der Ankunft der Spanier bei den Eingeborenen als Heilmittel benutzt und in Europa um die Mitte des 16. Jahrhunderts bekannt.
[58] Anagnostou 2000 S.145f.
[59] (palo de Guayacan, Palo Sancto, Palo de las Indias) Guaiacum officinale L. und Guaiacum sanctum L., Zygophyllaceae. Vgl. Vöttiner-Pletz 1990
[60] Acosta 2002 S.222. Das Holz von Guaiacum officinale ist sehr hart und hat ein spezifisches Gewicht bis 1,3 Vgl. Anagnostou 2000 S.145f. ; Wolters 1994 S.248
[61] Anagnostou 2000 S.147
[62] (1560-1621)
[63] Harriot 1970b S. II
[64] Harriot 1970b S.II
[65] Harriot 1970b S.II
[66] „ Diß ist ein grosser Bawm/ an grœsse gleich dem Stein Eychbawm/ æstechtug/ hat viel Marck/ ist schwartz vnd hærter weder der Indianisch Bauwm Ebenus genannt/ hat ein dicke Rinden/ Hartzechtig vnd feyßt/ vnd wann das Holtz důrr vnd trucken ist/ fællt es leichtlich ab/ hat geringe vnd harte Bletter/ vnd dottergeele Blumen/ vnd trægt ein ronde vnd harte Frucht/ vnd hat innwendig Steinlein oder Kernlein/ gleich wie die Mespeln. Es wächst dieser Bawm vberflüssig in der Insel S. Dominici. Dessen Brauch vnd Krafft oder Nutz hat man auff solche weiß erkundiget. Es ward ein Spanier vber die massen hefftgi geplagt/ vnnd litte grossen Schmerzen von der Indianischen Seucht oder Kranckheit/ welche er von einem Indianischen Kæbsweib geerbet hatt. Sie wird darumb die Indianische Seucht (welche etlich die Frantzosen heissen) genennt/ dieweil sie durch Unzucht und Unkeuschheit/ so die Spanier mit den Indianischen Weibern haben getrieben/ erstlich geerbet vnnd bekommen haben. Von denen sie nachmals an die Italiäner/ von den Italiänern an die Frantzosen/ vnd entlich von den Frantzosen an die Teutschen ist kommen. Diesen obgedachten Spanier heylet sein Diener/ der ein Arzt war in der Insel Hispaniola/ welcher ihm das Wasser so er von der Frucht deß Bawms Guaiacan distiliert hatt/ zutrincken gab/ mit welchem Tranck er in allein gesundt gemacht/ vnd ihn von solchem grossen Schmerzen vnnd Noth entlediget. Durch dieses Exempel seynd viel andere Spanier/ die auch mit dieser Kranckheit behafftet/ entledigt vnd curiert worden. Diese Artzney solcher schrecklichen Kranckheit ist baldt zu Hispali geoffenbaret worden von denen so dahin gefahren. Demnach ist sie durch gantz Spanien vnd alle Nationen/ dahin diese Seuche kommen/ausgespreitet worden.“
[67] Harriot 1970d S.136f.
[68] Wolters 1999b 4 Die Jesuiten behandelten die Missionsindianer übrigens weit besser, as das die spanischen Großgrundbesitzer taten, mit dem Erfolg, dass nach dem Verbot des Jesuitenordens durch Spanien im Jahre 1767 90% der Guarani aus den Missionen flüchteten und Paraguay ruiniert war.
[69] Anagnostou 2004 S.16
[70] Wendt 1999 S.211f.; Vgl. Hernández 1651
[71] (1582-1657)
[72] (1726-1798) deutscher Jesuit, Missionar und Naturforscher, Verfasser der ersten Landesbeschreibung von Sonora in Mexiko
[73] Anagnostou 2000 S.236f.
[74] Die amerikanische Materia medica vertraten u.a. Copaivabalsam, Perubalsam, Tolubalsam, Kakao, Mechoacanna, Jalape, Tacamahac, Brechwurzel, Pareira brava, Guajakholz (Guaiacum officinale L. und G. sanctum L.), Giftwurzel, Sassafrasholz, Tabak, Quinoa, Sarsaparille und Kondorfett. (Vgl. Anagnostou 2004 S.17)
[75] Anagnostou 2001 S.241
[76] (1663-1728)
[77] Anagnostou 2001 S.257
[78] Das Jesuitenverbot gilt als einzigartiger Vorgang in der katholischen Kirchengeschichte, bei dem der Papst Clemens XIV. im Jahr 1773 den Jesuiten-Orden aufhob und somit dem Papsttum eine wichtige Stütze raubte. In späteren Jahren kemen noch weitere Verbote des Ordens in mehreren anderen Ländern hinzu. In der Schweizer Verfassung beispielsweise gab es bis 1973 ein Jesuitenverbot.
[79] Anagnostou 2001 S.259
[80] Vgl. Talbot 1976a S.837
[81] Chaunu 1956 S. 1022, 1023, 1025,1027; Huguet-Termes 2001 S.368
[82] Vgl. die Importlisten bzw. Diagramme zu Sarsaparille, Sassafras und Guajak im fortlaufenden Text.
[83] Lignum guaiaci, Lignum sanctum
[84] „ Nicht von ungefähr bemühten sich die Niederländer im 19.Jahrhundert, die Pflanze auf Java heimisch zu machen. Bis ins frühe 20.Jahrhundert blieb sie dank ihres Wirkstoffes Chinin das einzige effektive Therapeutikum gegen diese Krankheit.“ (Menninger 2004 S.115f.)
[85] Wolters 1999b 4
[86] Die Cochenille ist der zerriebene getrocknete Körper weiblicher Nopalschildläuse (Dactylopius
coccus Costa) , stammt ursprünglich aus Mexiko und lebt auf dem Feigenbaum (Opuntia
Ficus-indica).
[87] Harriot 1970a S.17f.
[88] schweißtreibendes Mittel (griech. dia = durch, jorein = tragen)
[89] anregendes, aufputschendes Mittel (lat. stimulare = anregen)
[90] wassertreibendes Mittel(griech. dia = durch, ouron = Urin, rew = fließen)
[91] fiebersenkendes Mittel (griech. anti = gegen, pur = Feuer)
[92] (span.) zarza = Strauch, parilla = Weintraube (nach:http://bibdigital.rjb.csic.es/Imagenes/F(4)ASC_Syn_3/ASC_Syn_3_0330.pdf am 26.11.08)
[93] Gegenmittel gegen tödliche Gifte
[94] Hartwich 1892 S.46
[95] Smilax china
[96] Vgl. Hartwich 1892 S.47. „Die Sarsaparilla, welche jedenfalls ebenso wenig wirksam ist wie die beiden eben genannten längst verschollenen Vegetabilien (Guajak, Chinawurzel Anm.d.Verf.), hat sich bis auf den heutigen Tag (1895 Anm.d.Verf.) nicht nur bei dem Publikum, sondern auch bei einigen Aerzten in gewissen veralteten, mit Mercur und Jod übersättigten Fällen, im Ansehen erhalten.“ (Proksch 1895b S.197f.)
[97] Smilax regelii
[98] „ Monardes had considered it ‘good for the Dropsy, for the shortnes of breath, for the Falling sicknes, for the evill of the Bladder, and of the Raines [gonorrhea]: for the paynes of the Joyntes: for all evils caused by colde Humors, for ventositie, and for large and importunate diseases, where the ordinarie benefites of Phisitions hath not profited.’ Later other ailments were added. “ (Munger 1949 S.218)
[99] Vgl. Monardes 1574
[100] Huguet-Termes 2001 S.363
[101] Hartwich 1892 S.43ff.
[102] Vgl. Göpfert 1985a S.997
[103] Schmitz 1998 S.150
[104] Göpfert 1985a S.1030f.
[105] Vgl. Acosta 2002 S.222; Göpfert 1985a S.999; Schmitz 1998 S.150
[106] Proksch 1895b S.200
[107] Varey 2000a S.115 Sein Zeitgenosse Munting führt in seiner Naauwkeurige(n) Beschrijving der Aardgewassen ebenfalls die Sarsaparilla an: „ Sarsaparilla -- Boiled in water or wine, taken twice a day, in the morning and evening, six ounces at a time, hot, for forty consecutive days, the patient to be well covered up, and sweated. Otherwise, two drams of the powder of the dried root, taken with wine, is a very good remedy for the Spanish pox, chronic sickness, fevers, and nervous disorders. Moreover, very useful for all kinds of tumors and foul swellings; gross and viscous humours: an upset stomach, flatulence, cold humors of the mother, harssenen, and many, many other complaints. It also dissolves hardness of the spleen, and causes sweating.“ (Varey 2000b S.192) (Harssenen ist ein Synonym für hersenen = Gehirn.)
[108] Schelenz 1965 S.429
[109] Schelenz 1965 S.429; Tschirch, Alexander (1932) Handbuch der Pharmakognosie, II/2, Verlag Tauchnitz, Leipzig, S.515.
[110] 1532-1592
[111] Schelenz 1965 S.429 u. 444
[112] Schmitz 1998 S.150
[113] Vgl. Vöttiner-Pletz 1990 S.125
[114] Vgl. Göpfert 1985a S.1001
[115] StAO (Niedersächsisches Staatsarschiv Oldenburg) Best.20(Grafschaft Oldenburg) Ab D5
[116] StAB (Staatsarchiv Bremen) 2 (Ratsarchiv) -Ss.2.a.4.f.1(Handel) Bd17, 1806 Juli 8, in: Schwebel 1995 S.361
[117] Vgl. Schneider 2001 S.509
[118] Vgl. Schmitz 1998 S.509
[119] Deutsches Arzneibuch
[120] Vgl. Göpfert 1985a S.1029
[121] Sassafras sassafras, syn. Sassafras officinale
[122] Hartwich 1892 S.43
[123] Vgl. Wolters 1999b 1
[124] Syphilis
[125] Varey 2000b S.121
[126] (1570-1643) englischer Militärarzt, Chemiker und Diplomat
[127] „ is of a hot and drie temperament in the second degree, commended in taking away obstructions, corroborating the inward parts, helping the asthmatique and Nephretike, clensing the reines from grauell, discussing winde, good for womens diseases, and against any kinde of fluxion, and the Morbus Gallicus, or French pox it is a good medicine.“ (Woodall 1617 S.98 in: Fabricius 1994 S.54)
[128] Vgl. Schwebel 1995 S.359f.
[129] Nicotiana tabacum
[130] Karl V. (1500-1558) König von Kastilien und Leon (1506–1556), König von Aragón (1516–1556), Römisch-deutscher Kaiser (1519–1556)
[131] Vgl. Hamilton 1976a S.861f.
[132] (1530-1617) Seigneur de Villemain
[133] (1519-1589) Katharina Maria Romula de Medici, Königin und Regentin von Frankreich
[134] Vgl. Sneader 2005 S.34
[135] Vgl. Stünzner 1895 S.22
[136] Stünzner 1895 S.27
[137] Sauer 1976a S.819
[138] „ Hot and dry in the second degree, it had entered medical practice by the 1570s as a medicine that opens obstructed passages to remove cold humours that cause shortness of breath, kidney stones, and stomach-aches. It could also expel intestinal worms and, when applied topically, relieve joint pains and toothaches. Monardes said that the excellent royal physician Dr. Bernardo had experimented successfully with tobacco on a dog intentionally given a ‘venomous wound’. Washing the wound with wine and the crude debridement that Monardes says was usually performed were just as likely to have helped the wound heal.“ (Monardes in:Varey 2000a S.115)
[139] (1596-um 1630)
[140] Schmitz 1998 S.149
[141] (1526 – 1609) syn. Carolus Clusius
[142] Vgl. Talbot 1976a S.839
[143] Culpeper in: Varey 2000a S.115
[144] Harriot 1970b S.II
[145] Varey 2000a S.144
[146] Culpeper in:Varey 2000a S.115
[147] Hamilton 1976a S.864
[148] Sneader 2005 S.34
[149] Cinchonae cortex
[150] spanische Schreibweise „quina-quina“
[151] Vgl. Wolters 1994 S.74; Wulle 1999 S.82
[152] Die durch die Anophelesmücke übertragene Malaria, die ihren Namen (mal aria = schlechte Luft) dem italienischen Arzt Francesco Torti (1658-1741) verdankt, war mit ihren Fieberschüben, deren Stadien in wiederholten Anfällen langsam zum Tod führen, bereits in der Antike bekannt. (Vgl. Schmitz 1998 S.151)
[153] Wolters 1994 S.74
[154] Vgl. Wolters 1999b 4
[155] Die Geschichte der Chinarinde „ist mit einigen Legenden verbunden. So soll die Gräfin von Chinchon, Gattin des Vizekönigs von Peru, im Jahre 1638 damit von Malaria geheilt worden sein und nach ihrer Rückkehr nach Spanien mit Chinarinde arme Leute geheilt haben. Diese rührende Geschichte hat auch Carl von Linné geglaubt und den Chinarindenbäumen zu Ehren der Gräfin von Chinchon den Gattungsnamen Chinchona gegeben. Tatsache ist aber, dass der Graf in seinen vollständig erhaltenen Tagebüchern nichts über eine Malariaerkrankung seiner Gattin und auch nichts über die Chinarinde geschrieben hat. Und seine Gattin kann die Rinde in Spanien gar nicht verteilt haben, weil sie vor der Rückkehr nach Spanien in Cartagena in Kolumbien verstorben ist.“ (Wolters 1999b 4)
[156] Vgl. Wolters 1994 S.77
[157] (1572-1649)
[158] (1583-1660)
[159] Sneader 2005 S.35
[160] Vgl. Schmitz 1998 S.151
[161] (1599-1658)
[162] (1642-1681)
[163] „ The fact that it was distributed by the Jesuits led to an element of religious bigotry adding to the confusion, and it was only the efforts of an English quack, Robert Talbor that finally ensured Jesuit’s bark a role in medicine. Talbor was an apprentice to an apothecary in Cambridge, where the Professor of Physic, Robert Brady, had begun to prescribe the bark in 1658 during a serious outbreak of malaria. Talbor moved to London, where he treated many cases of malaria with a secret remedy. In 1672, he published a small book called A Rational Account of the Cause and Cure of Agues. In this he warned the public of the dangers surrounding the administration of Jesuit’s bark by the unskilled. Cunningly, he suggested that this remedy should not altogether be condemner, but nowhere did he even hint that he himself had used it! The book boosted his reputation, and King Charles II awarded him a knighthood and issued letters patent appointing Talbor as his physician in ordinary. (…) The following year, King Charles’ judgement was vindicated when he fell ill with tertian fever at Windsor and was cured by Talbor’s secret remedy. (…) it consisted of large doses of Jesuit’s bark infused in wine.“ (Sneader 2005 S.35)
[164] (1638-1715) König von Frankreich, „Sonnenkönig“
[165] (1621-1675)
[166] (1624-1689)
[167] Vgl. Wolters 1994 S.74
[168] Ein Quintlein (= eine Drachme) entspricht ca. 3,7 Gramm. Die genaue Umrechnungstabelle findet sich im Anhang.
[169] Wulle 1999 S.83
[170] Vgl. Schneider 2001 S.324
[171] Vgl. Schwebel 1995 S.359
[172] Vgl. Wulle 1999 S.83
[173] Wolters 1994 S.77
[174] (1795-1877)
[175] (1788-1842)
[176] Vgl. Hamilton 1976a S.861
[177] Wulle 1999 S.84; Vgl. Schmitz 1998 S.152
[178] Chinin kann auch gegen nächtliche Wadenkrämpfe helfen. Chinin wirkt außerdem schwach fiebersenkend und schmerzlindernd. Noch heute wird Chinidin bei Herzrhythmusstörungen und bei Malaria tropica eingesetzt, doch ist Chinin nicht arm an Nebenwirkungen. Deshalb hat man die Suche nach weiteren malariawirksamen Substanzen intensiviert.
[179] (1854-1915)
[180] Wolters 1996 S.284
[181] Vgl. Göpfert 1985a S.725
[182] (1729-1797) irischer Schriftsteller, Staatsphilosoph und Politiker; gilt heute als geistiger Vater des Konservatismus
[183] Vgl. Varey 2000a S.144
[184] Böcking 1963a S.212f. freie Übersetzung d.Verf.: „ Oh Jahrhundert, oh Wissenschaften! Es ist eine Lust zu leben!“
[185] Vgl.Crosby 1972 S.123
[186] Die Gesamtbevölkerung Europas zu dieser Zeit lag ungefähr bei 50 Millionen. (Vgl. Clodius 1994 S.59)
[187] hohes Maß der Ansteckungsgefahr
[188] Vgl. Adam 2001 S.34; Crosby 1969 S.219; Göpfert 1985a S.726; Herrmann 1989 S.118; Menninger 2004 S.130; Munger 1949 S.196; Pálfi 1999 S.30; Ruffié 2000 S.121; Winkle 2005 S. 541; Wolters 1999b 1.
[189] Karl VIII. der Freundliche (1470 – 1498) war von 1483 bis 1498 König von Frankreich.
[190] „ The dispute between ’americanists’ and ‘anti-americanists’ came to a head in Germany at the beginning of the twentieth century. The two major protagonists were Iwan Bloch and Karl Sudhoff. Bloch (…) describes the successive stages of the epidemic whose origin, he has no doubt, is the island of Hispaniola. (…) Sudhoff is the great opponent of the ‘americanist’ theory. In his very numerous works he maintains that is highly plausible that syphilis was circulating in Europe from the beginning of the Middle Ages.“ (Quétel 1990 S.40)
[191] Stein 2003 S.19
[192] Peschke 1985 S.39; Ruffié 2000 S.120
[193] Martin 1920 S.209-223, 227-240.
[194] Rem 1966 S.421f. An anderer Stelle heißt es: „ Wie ain seltzame Kranckhait hie auffkam, hieß man die Frantzosenplattern. 1495 da kam ain kranckhait her gen Augsburg, die hieß man die plattern oder Frantzosen, und da kund man in aller welt niemandt finden, wie oder in was gestalt man sie vertreiben solt. (…) dann vor 2 jaren ungefarlich da hett sie erst angefangen in Franckreich, etlich sagen in Spangnia, und darnach kam es gen Naplaß under die kriegsknecht und hernach heraus in teutsche land und überall in alle welt. “ (Rem in: Peschke 1985 S.37)
[195] Roth 1881 S.16f.
[196] Fracastoro 1993 S.129 Auch in der Memminger Chronik finden wir im Jahre 1496 folgenden Eintrag: „Es kam in diesem Jahr ein Wehetag in das Land, es wuste niemand was es were, vnd wie es hiesse, man konnte auch Niemand daran helffen, dann es hat es kein Mensch nie gesehen, die Leuth lidten grossen Schmertzen, man nennte es endlich die Blattern, vnd fanden letztlich die Artzt, wie man den Leuthen helffen konnte.“ (Uhlig 1913 S.5)
[197] „ Anno domini 1495 gieng ein plag vnd gepresten uss, desglichen nie gehötz was; nant … man die bösen Blatern, dera vil lüten lam wurden an allen glidern, vil lten sturbent ir ouch vnd entsprungen fast von fröwen vnd gingen ein vom andren an; was ein grüselich unlustige kranckheit vnd regiert in aller welt vnd weret etwa mengs Jar.“ (Ludwig Feer von Luzern [seit 1490 Stadtschreiber von daselbst] (um 1500) in: Fuchs 1843 S.318)
[198] Crosby 1972 S.150; Herrmann 1989 S.119; Munger 1949 S.196; Weisman 1966 S.286
[199] (~1470- nach 1531)
[200] Er war kein Arzt, wofür ihn Astruc und Andere halten: er würde sonst nicht den Rath geben, sich an die Doctorne der Medicin zu wenden, qui sanius quam ego consulere possunt. (Vgl. Fuchs 1843 S.384)
[201] beide veröffentlicht bei Hans Schauer
[202] Vgl. Fracastoro 1993 S.138
[203] Grünpeck in: Hölder 1851 S.107
[204] medizinisches, wohlriechendes Streupulver (griech. diapassw = ich bestreue)
[205] Grünpeck in: Proksch 1895b S.11
[206] Fuchs 1843 S.426
- Quote paper
- Felicitas Söhner (Author), 2008, Neue Welt und neuzeitliche Medizin, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120210
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