Die Frage nach der Stellung des Weibes in Recht und Leben der Germanen ist nicht nur eine Einzelfrage neben anderen im Gebiet der germanischen Urgeschichte – sie hat darüber hinaus präjudizielle Bedeutung.
Denn die Stellung des Weibes ist ein Maßstab für Nationalcharakter und Kulturgrad: je gemeiner, je dumpfer der Nationalcharakter, desto härter bleibt das Los des Weibes sogar auf ziemlich hoher Kulturstufe – so bei Türken und anderen Orientalen; andererseits legt aber die Noth des Lebens, die Niedrigkeit der Kultur, der noch sehr harte Kampf ums Dasein auch bei edel angelegten Völkern dem Weibe Lasten auf, welche der sonstigen idealen Würdigung des Weibes zu widersprechen scheinen, aber eben unerläßliche Folgen niederer Kultur sind, und erst bei höheren Stufen derselben, namentlich bei vermehrtem Nationalwohlstand, abgenommen werden können den zarten Schultern.
Weniger der Nationalcharakter, viel lebhafter der Kulturgrad der Germanen vor ihrer Berührung mit den Römern ist noch immer bestritten. Zumal französische Schriftsteller lieben es, die Germanen bei ihrem Eintritt in die Geschichte etwa auf die Stufe der Rothhäute in den Urwäldern Amerika’s zu stellen. Eine große Thorheit: und wüßten wir auch von Verfassung, Recht und Götterglaube unserer Ahnen zu jener Zeit gar nichts – schon ihre herrliche Sprache allein würde jene geringe Schätzung ihrer Anlagen und ihrer Entwicklungsstufe widerlegen. Allen Respekt vor Dr. Martin Luthers Bibelübersetzung; aber man wird von seinem Vorgänger Wulfila, der zwölf Jahrhunderte früher die heilige Schrift in das Gothische übertrug, sagen müssen, daß seine Aufgabe nicht nur unvergleichlich schwieriger war, sondern daß sie mindestens ebenso geistvoll und vielleicht poesiereicher gelöst wurde.
Die Frage nach der Stellung des Weibes in Recht und Leben der Germanen ist nicht nur eine Einzelfrage neben anderen im Gebiet der germanischen Urgeschichte – sie hat darüber hinaus präjudizielle Bedeutung.
Denn die Stellung des Weibes ist ein Maßstab für Nationalcharakter und Kulturgrad: je gemeiner, je dumpfer der Nationalcharakter, desto härter bleibt das Los des Weibes sogar auf ziemlich hoher Kulturstufe – so bei Türken und anderen Orientalen; andererseits legt aber die Noth des Lebens, die Niedrigkeit der Kultur, der noch sehr harte Kampf ums Dasein auch bei edel angelegten Völkern dem Weibe Lasten auf, welche der sonstigen idealen Würdigung des Weibes zu widersprechen scheinen, aber eben unerläßliche Folgen niederer Kultur sind, und erst bei höheren Stufen derselben, namentlich bei vermehrtem Nationalwohlstand, abgenommen werden können den zarten Schultern.
Weniger der Nationalcharakter, viel lebhafter der Kulturgrad der Germanen vor ihrer Berührung mit den Römern ist noch immer bestritten. Zumal französische Schriftsteller lieben es, die Germanen bei ihrem Eintritt in die Geschichte etwa auf die Stufe der Rothhäute in den Urwäldern Amerika’s zu stellen. Eine große Thorheit: und wüßten wir auch von Verfassung, Recht und Götterglaube unserer Ahnen zu jener Zeit gar nichts – schon ihre herrliche Sprache allein würde jene geringe Schätzung ihrer Anlagen und ihrer Entwicklungsstufe widerlegen. Allen Respekt vor Dr. Martin Luthers Bibelübersetzung; aber man wird von seinem Vorgänger Wulfila, der zwölf Jahrhunderte früher die heilige Schrift in das Gothische übertrug, sagen müssen, daß seine Aufgabe nicht nur unvergleichlich schwieriger war, sondern daß sie mindestens ebenso geistvoll und vielleicht poesiereicher gelöst wurde.
Andererseits hat man aber auch die Sittenzustände der Germanen überschätzt, zumal in dem man der einseitigen Idealisierung kritiklos Glauben schenkte, welche Tacitus gegenüber seinen überkultivierten Römern, zwar mit der edelsten Tendenz, aber eben doch mit Tendenz an den germanischen Verhältnissen vornahm.
Ganz ähnlich wie im vorigen Jahrhundert französische und englische Schriftsteller gegenüber den Lastern und der Lüge zu Paris und London den „tugendhaften Huronen,“ den „edeln Wilden ohne Falsch“ und in bester Absicht, aber mit sehr wenig Völkerpsychologie schilderten – ganz ähnlich wollte Tacitus seinen Römern das Bild eines rohen, aber sittenreinen sogenannten „Naturvolks“ entgegenhalten, als er seine Germania schrieb.
Da nun aber gerade die Verhältnisse der Geschlechter in und außer der Ehe in Rom ganz besondere Symptome der beginnenden Fäulniß aufwiesen, hatte Tacitus das Bedürfnis, gerade diese Dinge bei den Germanen in das hellste Licht zu stellen. Die unleugbar vorhandenen, in dem Nationalcharakter begründeten Vorzüge in der Stellung der germanischen Frau verleiteten ihn nun aber, jene Schattenseiten nicht oder doch nicht genügend hervorzuheben, welche durch den niederen Kulturgrad und die Noth des Lebens bedingt waren.
Wir werden die Wahrheit zwischen beiden Extremen finden: der Kulturgrad war ein niedriger, der Nationalcharakter und demgemäß die Würdigung der Frau edel; was in der Stellung der Frau jener idealen Werthschätzung nicht entspricht, erklärt sich aus den noch rohen einfachen Anfängen der Kultur; anders gewendet: die Stellung der Frau ist vermöge des Nationalcharakters eine viel günstigere als bei andern Völkern gleicher, ja oft viel höherer Kulturstufe, und das Ungünstige in der Stellung der Frau, was ihrer hohen Würdigung in dem Nationalcharakter nicht entspricht, ist Folge des niedrigen Kulturgrades und des zum Theil noch harten Kampfes ums Dasein.
Betrachten wir zunächst die Stellung des altgermanischen Weibes im Recht, so müssen Einrichtungen, welche heute als Zurücksetzungen erscheinen, im Zusammenhang mit den Zuständen jener Zeit ganz anders aufgefaßt werden: dahin zählt die Geschlechtsmuntschaft (Vor-Mundschaft) und die Ausschließung oder Beschränkung der Frauen im Erbgang des Grundeigenthums.
Jene nothwendige Muntschaft, unter der die Weiber wenigstens nach dem Recht der Langobarden und anderer Stämme standen, war die Folge ihrer Waffenunfähigkeit nicht nur im Fehdegang, auch im gerichtlichen Zweikampf: eine Zurücksetzung des Geschlechts als solchen lag durchaus nicht darin: galt doch gleiche Muntschaft auch für Männer, die z. B. wegen Jugend nicht waffenfähig waren. Diese von dem nächsten Schwertmag, (d. h. dem nächsten durch Männer mit dem Weib verwandten Mann), über Frauen, die in rechter Ehe standen, von dem Gatten geübte Muntschaft (von munt, manus, Hand: mit dem Munde hat die Muntschaft nichts zu thun: hierin besteht kein Bedürfniß der Unterstützung für das Geschlecht, das hierin schwerlich das schwächere) war keineswegs nur ein einseitiges Recht, sie legte vielmehr auch sehr schwere Pflichten auf: Schutz und Vertretung vor Gericht, Unterhalt und Anderes.
Auch in dem geringeren Wergeld (Buße für Tödtung) der Frau liegt nicht eine Zurücksetzung: nur der Ausdruck der unleugbaren Thatsache, daß in jenen Tagen der gewaffneten Selbsthilfe die Spindel wirklich weniger werth war für die Sippe (Familie) als der Speer: daher haben auch Männer, welche nicht waffenfähig, ein geringeres Wergeld als waffenfähige: daher hat das Weib während der Zeit der Gebärfähigkeit ein höheres Wergeld als vor und nach dieser Zeit. Ist dies noch die Auffassung einer roheren Zeit, so drückt sich bei anderen Völkerschaften eine sehr ideale Denkart darin aus, daß das Weib, unerachtet seines geringeren Brauchwerths für die Sippe, sogar ein höheres Wergeld als der Mann erhält: der fehlende Selbstschutz soll durch die erhöhte Abschreckung (d. h. Buße) ersetzt werden.
Aber auch die Beschränkung der Frauen in der Erbnahme von Grundstücken war durchaus nicht als Zurücksetzung gedacht: vielmehr folgte sie aus dem Bedürfnis, den Grundbesitz, auf welchem nicht nur der Wohlstand, auch die Rechtsstellung in Gemeinde und Staat beruhte, dem Mannstamm der Sippe zu erhalten: übrigens ist sehr zweifelhaft, wie alt und wie weit verbreitet solche Beschränkung war; jedenfalls trat sie erst sein, nachdem seit mehreren Generationen der Uebergang zu seßhaftem Ackerbau vollzogen war: ferner war das Vorrecht des Mannstammes auf das bei der ursprünglichen Ansiedelung von Staat oder Gemeinde dem Sippe-Haupt zugetheilte Gut, das „Erbgut“ beschränkt: anderweitig erworbene Grundstücke vererbten auch auf die Frauen; endlich waren nach manchen Rechten die „Spindeln“ nicht völlig ausgeschlossen durch die „Speere“, sondern nur durch die Männer der gleichen Gradnähe der Verwandtschaft, so daß z. B. die Schwester hinter dem Bruder des Erblassers zwar zurückstand, aber dessen Vetter oder Neffen vorging. Daß Zurücksetzung der Frau als solcher ganz fern lag, erhellt daraus, daß bei manchen Völkern das Recht, bei anderen wenigstens die Sitte auch die nachgeborenen Söhnen ausschloß, nur den Erstgeborenen in das Erbgut folgen ließ. Nur die Männer vermochten ja auch den Grundbesitz mit den Waffen zu vertreten: und die Frauen hatten selbst ein Interesse daran, das Erbgut in der Sippe erhalten zu sehen, da die verheiratheten ihr ehelicher, die unverheiratheten der Geschlechts-Muntwalt aus den Früchten des Guts zu ernähren verpflichtet war. Seitdem die Pflichten der Sippe, zumal der Waffenschutz, von geringerer Bedeutung wurden, ist auch die Geschlechtsmuntschaft und die Zurückstellung im Erbgang des Grundeigens abgeschwächt, zuletzt völlig aufgehoben worden. Nur im Recht des Adels und zum Theil des Bauernstandes, deren Gedeihen noch immer auf der Erhaltung unzersplitterten Grundeigenthums beruht, hat sich der Vorzug des Mannstamms bis auf heut erhalten.
Betrachten wir nun, abgesehen von jenen Beschränkungen, das Recht des Weibes im Allgemeinen, zumal in der Ehe.
Bei der „einfachen Ehe“ blieb das Mädchen (oder die Witwe, die wieder heirathete, was aber bei manchen Völkern verboten war) in der Muntschaft ihres bisherigen Muntwalts: also z. B. ihres Vaters, Bruders, Vaterbruders (die Witwe in der ihres eignen Schwertmagen, also z. B. ihres waffenfähigen Sohnes, oder nach anderen Rechten, des nächsten Schwertmagen ihres verstorbenen Mannes: also z. B. ihres Stiefsohnes): bei der „rechten Ehe“ trat sie in die eheliche Muntschaft ihres Mannes: bei dieser rechten Ehe mußte also der Mann dem bisherigen Muntwalt seine Muntschaft ablösen, was in der Zeit vor Einführung des (römischen) Geldes durch Hingabe einer vertragsmäßig beredeten Zahl von Rossen oder Herdenthieren, von Waffen, Schmuck, anderer Fahrhabe geschah. Ein „Kauf“ liegt hier gar nicht vor, sondern ein Tausch: ein Recht ist die eine Leistung, Sachen bilden die andere: erst später, seit Einführung des Geldes, wird die Muntschaft als Waare zum Geld erworben, also gekauft. Dieser Kauf der Muntschaft gab Anlaß zu der abscheulichen und unmöglichen, aber immer wieder vorgebrachten Behauptung, die Eheschließung der Germanen sei ein „Kauf des Weibes “ gewesen: ein freies Weib kann man aber nach germanischem Recht – was in vorgeschichtlicher Zeit nach vorgermanischem Recht galt, geht uns hier nichts an – so wenig kaufen, als einen freien Mann. Die fraglichen Ausdrücke der Quellen sind eben kurz gedrungen und übertragen: so wenig ein Grundstück eine Person wird, weil der Reallast das Recht sagt: „das Gut schuldet,“ so wenig wird der Leib eines freien Weibes Waare, weil das Recht statt der Muntschaft über das Weib das Weib selbst als gekauft nennt. Zum wenigsten darf man sich für jene Meinung auf die „Weibermärkte“ berufen, die in Schottland und England bis in unser Jahrhundert hinein bestanden: man wird doch nicht glauben, daß man 1830 ein schottisches Mädchen kaufen konnte, wie eine schottische Kuh; gerade diese von der Verlobung und Erwerbung der Zustimmung des Vaters oder Vormunds gemeinten Ausdrücke zeigen, wie gleiche Wendungen auch der alten Rechtssprache zu deuten sind. Das Muntgeld ward selbstverständlich als Preis der Muntschaft von dem bisherigen Muntwalt erworben; erst später, nachdem diese in ihrer Bedeutung sehr abgeschwächt war, zum Theil, endlich (unter Einfluß auch des römischen Rechts als donatio propter nuptias) ganz der Braut überlassen. – Das Recht zog bei der einfachen Ehe alle Folgerungen aus dem Satz, daß die Muntschaft nicht abgelöst war: es blieb daher die Frau unter der Muntschaft ihres bisherigen Muntwalts, trat nicht in die eheliche ihres Gatten: und die in solcher Ehe geborenen Kinder kamen nicht in die Muntschaft ihres Vaters, sondern des Muntwalts ihrer Mutter: also z. B. ihres mütterlichen Großvaters oder des Bruders ihrer Mutter.
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- Felix Dahn (Autor), 2008, Das Weib im altgermanischen Recht und Leben, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120176
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