In diesem Essay werde ich zu Descartes These, wir hätten jeweils klare und deutliche Ideen der denkenden Substanz, der körperlichen Substanz und von Gott als ungeschaffener Substanz Stellung beziehen. Zunächst werde ich vorstellen, welche Gründe er für seine Behauptung nennt. Anschließend werde ich untersuchen, ob es Gründe gibt, die man darüber hinaus geltend machen könnte und welche Gründe eher gegen seine Behauptung sprechen. Schließlich werde ich mich mit der Frage auseinandersetzen, ob diese These letztlich überzeugend ist.
Essay-Aufgabe (zur Abgabe am 19.11.2008)
In diesem Essay werde ich zu Descartes These, wir hätten jeweils klare und deutliche Ideen der denkenden Substanz, der körperlichen Substanz und von Gott als ungeschaffener Substanz Stellung beziehen. Zunächst werde ich vorstellen, welche Gründe er für seine Behauptung nennt. Anschließend werde ich untersuchen, ob es Gründe gibt, die man darüber hinaus geltend machen könnte und welche Gründe eher gegen seine Behauptung sprechen. Schließlich werde ich mich mit der Frage auseinandersetzen, ob diese These letztlich überzeugend ist.
Schon durch seine einzelnen Definitionen arbeitet Descartes auf die Gründe für seine Theorie hin, welche ich im Folgenden einzeln ansprechen möchte:
Zunächst erklärt Decartes in § 54, dass wir klare und deutliche Grundbegriffe von der geschaffenen denkenden und der körperlichen Substanz erlangen können, wenn wir alle Attribute des Denkens sorgfältig von den Attributen der Ausdehnung unterscheiden. Diese Verbindung von Substanz und Attribut begründet er in der Aussage, dass wenn ein Attribut als anwesend erfasst werden kann, notwendigerweise auch ein existierendes Ding, also eine denkende oder körperliche Substanz, anwesend ist, der das Attribut zugesprochen werden kann. So macht die Ausdehnung in Länge, Breite und Tiefe die körperliche Substanz und das Denken an sich die denkende Substanz aus. Legt man dieses Schema über alles, was erfasst werden kann, so erhält man laut Descartes die klare und deutliche Perzeption der genannten Substanzen. Er betont, dass es sich nicht nur um klare Erfassungen, die er als „jedem aufmerksamen Geist gegenwärtig und zugänglich“ definiert, handelt, sondern auch explizit um deutliche, laut Descartes „Erfassungen, die, weil sie klar sind, von allen anderen so unterschieden sind, dass sie schlichtweg nichts anderes als das, was klar ist, in sich enthalten“.
Als Begründung für seine denkende Substanz führt Descartes in seinen Prinzipien an, dass es zwar möglich ist, dass man urteilt, etwas zu berühren, dass nicht existiert, aber nicht, dass man dieses Urteil fällt, und der Geist, der dieses Urteil fällt, nicht existiert. Die klare und deutliche Erfassung dieser denkenden Substanz wäre somit immanent.
Descartes unterteilt die denkende Substanz weiterhin in die geschaffene denkende Substanz und die ungeschaffene denkende Substanz Gottes. Der Mensch ist grundsätzlich zu den denkenden Substanzen zu zählen, da alles, also sogar der eigenen Körper, bezweifeln werden kann, nur seine Existenz und damit sein Geist nicht. Descartes führt an, dass in jedem Menschen die Gewissheit vorhanden ist, dass es eine ungeschaffene und unabhängig denkende Substanz gibt und fügt hinzu, dass diese nicht außer durch die völlige Unkenntnis Gottes bestritten werden kann. Will heißen: Solange der menschliche Geist auch nur Kenntnis von einem vollkommenden Wesen hat, ist, so Descartes, auch gleichzeitig die Idee Gottes in ihm verwurzelt.
In den ersten Erwiderungen wird hier eingeharkt und gefragt, wie man Gott in seiner unendlichen Vollkommenheit überhaupt deutlich Begreifen kann. Hierzu erwidert Descartes, dass es nicht notwendig sei, diese Vollkommenheit in ihrer Vollständigkeit deutlich zu erkennen, sondern es durchaus ausreiche zu erkennen, dass sie grenzenlos sei und einen Teilaspekt zu beachten und zu versuchen, von diesem erfasst zu werden.
So baut Descartes seine Begründungen zum Einen auf der Erfassung der Umwelt (also eigentlich der Sinneswahrnehmung) und zum Anderen auf einer inneren Überzeugung auf.
Als zusätzliche Gründe könnte man anführen, dass der Mensch schon aus Evolutionsgründen gezwungen war, seine Umwelt sowohl klar, als auch deutlich wahrzunehmen. Die von Descartes getroffene Einteilung in denkende und ausgedehnte Substanzen erscheint durchaus verständlich, da gerade die geistigen Fähigkeiten, also sowohl, das Denken, Glauben, Wollen und Empfinden zu den Dingen gehören, die uns von anderen Lebewesen unterscheiden und Gott in seiner dargestellten Form annähren.
Desweiteren könnte man hinzufügen, dass alles, was der Wahrnehmung unterliegt, ob nun Attribut, die Wesenheit, allgemeine oder spezielle Details – alles was der ausgedehnten Substanz zugeordnet wird, von uns auch eingeordnet werden kann. So kann man sich über das Vorhandensein des Gegenstandes zwar täuschen, nicht aber über dessen Existenz, den soweit ich es mir vorstellen kann, habe ich es auch schon erfasst. So ist zwar möglich, eine seltene Pflanze nicht zu kennen, doch kann man sie als Pfanze oder wenigstens als Teil der Natur einordnen. Es ist allerdings nicht möglich, sich eine Farbabstufung vorzustellen, die es nicht gibt. So beruht auch die phantastischste Vorstellung auf bekannten Elementen. Und sollte man alles wahrnehmbare auf ein Prinzip reduzieren wollen, bleibt wirklich nur der eigentliche Körper neben der denkenden Substanz übrig.
Als Gründe die gegen seine Theorie sprechen, werde ich zunächst auf die schon oben genannte Erwiderung auf die ersten Einwände eingehen. So widerspricht seine These, Gott deutlich wahrzunehmen, indem auf einzelne Vollkommenheiten zu achten ist seiner Definition der deutlichen Erfassung, die m.E. nach aussagt, dass nur das deutlich zu nennen ist, das nicht mehr als das klare in sich enthält. Eine „Ausschnittserfassung“ wie die von Descartes hier angestrebte, kann daher niemals deutlich sein, da Gott ja, wie er selbst sagt, unendlich ist und somit der Ausschnitt immer mehr umfasst, als das Klare und daher niemals deutlich sein kann.
Desweiteren scheint seine Einteilung in denkende und ausgedehnte Substanzen nicht umfassend zu sein, da es einige erfassbare Dinge gibt, die eine eindeutige Einordnung verhindern. Hierunter verstehe ich Elemente, wie Luft, Wasser, Donner, Blitze pp., die grundsätzlich über keinen Körper im genannten Sinne verfügen, jedoch trotzdem klar und auch deutlich erfasst werden können.
Ebenfalls fraglich ist, inwieweit andere Lebewesen, z.B. Säugetiere einzuordnen sind. Sie sind in der Lage zu lernen und können Empfinden, jedoch ist es mehr als fraglich, ob sie sich ihrer eigenen Existenz bewusst sind und wirklich „denken“ können.
Da ich Beispiele finde, die ich nicht klar und deutlich in die körperliche oder denkende Substanz einordnen kann, habe ich meines Erachtens auch keine klare und deutliche Idee dieser Substanzen. Somit erscheint mir seine Theorie nicht insofern überzeugend, als das sie das Kriterium einer Allgemeingültigkeit erfüllt.
Zudem fehlen mir genauere Beispiele in seiner Theorie, die seine Definitionen eindeutiger festlegen. Seine Behauptung, die Existenz Gottes sei im Menschen inhärent, ist in der heutigen Zeit nicht mehr wissenschaftlich, sondern lediglich theologisch, und nur von diesem Gesichtspunkt zu bewehrten.
Abschließend komme ich zu dem Schluss, dass seine These zwar einen wichtigen Aspekt in der Philosophie darstellt, jedoch unter den heutigen Gesichtspunkten nicht mehr überzeugt.
Literaturangabe:
- Descartes, Prinzipien der Philosophie I, übersetzt und herausgegeben v. C. Wohlers, Aufl. 2005
- Discours de la Methode, Teil IV; Meditationen über die Grundlagen der
Philosophie (dt. Ausg. v.A. Buchenau, Hamburg 1972)
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- Citation du texte
- Christine Natterer (Auteur), 2008, Descartes über klare und deutliche Ideen der körperlichen, geistigen und göttlichen Substanz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120048