Tangible User Interfaces erlauben es die Interaktion zwischen Nutzern und Computern zu vereinfachen, indem die digitale Welt mit der Physischen gekoppelt wird. Diese Arbeit stellt Tangible User Interfaces als eine Methode der Mensch-Maschinen-Interaktion vor. Besonders betrachtet werden dabei die Aspekte der kognitiven Wahrnehmung beim Menschen, sowie die Betrachtung von Tangible User Interfaces in Bezug zu Universal Design.
Tangible Bits im Hinblick auf Ergonomie und Computerzugänglichkeit Nico Jeske1
Abstract: Tangible User Interfaces erlauben es die Interaktion zwischen Nutzern und Computern zu vereinfachen, indem die digitale Welt mit der Physischen gekoppelt wird. Diese Arbeit stellt Tangible User Interfaces als eine Methode der Mensch-Maschinen-Interaktion vor. Besonders betrachtet werden dabei die Aspekte der kognitiven Wahrnehmung beim Menschen, sowie die Betrachtung von Tangible User Interfaces in Bezug zu Universal Design.
Keywords: Tangible Bits; Tangible User Interfaces; Universal Design; Mensch-Maschinen-Interaktion
1 Einführung
„[...] by pushing and pulling, by picking up tools, hands act as conduits through which we extend our will to the world. [...] hands bring us knowledge of the world. Hands feel. They probe.“ [Mc99, S.1]
Unsere Hände spielen eine große Rolle in der Art und Weise, wie wir mit der Welt interagieren. Bereits von unserer Geburt an erkunden wir die Welt mit unseren Händen. Wir bewegen Gegenstände wir fühlen Texturen und haben auf diese Weise einen Eindruck von der Welt.
Es stellt sich die Frage, wie kann man diese angelernte Intuition mit der physischen Welt für die Interaktion mit Computersystemen ausnutzen? Diese Arbeit befasst sich mit Tangible User Interfaces (TUI) einer Art von Interfaces, die versuchen die digitale Welt durch Interaktionen mit der physischen Welt intuitiv manipulierbar zu machen.
Diese Arbeit beginnt mit einer Vorstellung des Konzeptes von Tangible User Interfaces und einiger seiner Anwendungsgebiete. Im Anschluss wird der Aspekt des Haptischen Feedbacks in der Mensch-Maschinen-Interaktion analysiert und anhand konkreter Beispielanwendungen demonstriert. Abschließend wird in das Konzept von Universal Design eingeführt und die einzelnen Aspekte des Universal Designs in Bezug auf TUIs erläutert und die Umsetzung oder nicht Umsetzung dieser Aspekte erläutert.
2 Tangible Bits
Die Bezeichnungen Tangible Bits und Tangible User Interfaces wurden erstmals von Professor Hiroshi Ishii dem stellvertretenden Direktor des MIT Media Laberatories im Rahmen der CHI 1997 der ACM Conference on Human Factors in Computing Systems vorgestellt [IU97].
Das Ziel von Tangible Bits ist es digitale Bits, also digitale Information in der realen Welt manipulierbar zu machen. Es sollen greifbare Objekte, sogenannte Tokens sowohl verwendet werden, um die digitale Welt zu manipulieren, als auch um die digitale Welt physisch darzustellen. So soll schließlich eine Brücke zwischen den beiden Welten geschaffen werden [IU97].
Diese Idee die physikalische Welt eng mit der Digitalen zu koppeln führte somit zu einer neuen Form von Mensch-Computer-Interaktion, den "Tangible User Interfaces"(TUIs) mit dem Ziel die Vorteile der Interaktion mit der physikalischen Welt zu nutzen, um die Interaktion zwischen Menschen und Computern intuitiver und nahtloser zu gestalten. So wird anstelle von Maus und Tastatur wie bei herkömmlichen GUIs die physikalische Welt zur Schnittstelle um mit digitalen Systemen zu kommunizieren.
Wir demonstrieren die Kernprinzipien von Tangible User Interfaces folgend anhand des Projektes URP (Urban Planning Workbench) [UI99].
2.1 Urban Planing Workbench (URP)
Bei der Urban Planing Workbench [UI99] handelt es sich um ein System zur Stadtplanung, in dem physikalische Modelle von Gebäuden auf einem Tisch platziert werden. Die Position und Rotation dieser Modelle sind dabei an eine digitale Simulation geknüpft. Die Gebäude werfen digitale Schatten und Reflektieren Licht, welches mittels eines Projektors auf dem Tisch dargestellt wird. Ebenso wird der durch die Gebäude beeinflusste Windfluss als Linien auf den Tisch projiziert. (Abb. 1).
Neben den physikalischen Modellen stehen dem Nutzer auch mehrere greifbare Tools zur Verfügung. So kann beispielsweise die Uhrzeit durch das Drehen eines Uhrzeigers angepasst werden, oder die Reflexionseigenschaften eines Gebäudes durch das Berühren mit einem Holzstück angepasst werden.
2.2 Kerneigenschaften
Ishii beschreibt in seiner Arbeit folgende drei Kernprinzipien für Tangible User Interfaces. [Is08]
[Die Abb. 1 wurde aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt.]
Abb. 1: Physikalische Modelle werfen simulierten Schatten, reflektieren virtuellen Lichteinfall und beeinflussen den Windverlauf. (Foto: Tangible Media Group)
Kopplung zwischen greifbarer Darstellung und digitaler Information: Die zentrale Eigenschaft von Tangible User Interfaces ist es physikalische Objekte und die Manipulation dieser sinnvoll digital abzubilden. Dies ist gleichzeitig auch eine der größten Herausforderungen im Design von Tangible User Interfaces. So können abstraktere Formen wie Kreise oder Boxen als generische Controller für verschiedenste Zwecke eingesetzt werden. z.B. erlauben in dem Projekt Sensetable [Pa01] mehrere Runde Tokens verschiedenste Eingaben. So kann beispielsweise die Lautstärke eines Audio Tracks durch das Drehen des Tokens angepasst werden, oder die Tokens können in einer Geschäftssimulation an verschiedene Parameter gebunden werden und diese zusammen durch ihre Position und Rotation beeinflussen.
Intuitive Interaktion mit greifbarer Darstellung: Tokens in Tangible User Interfaces können verschiedene Eigenschaften haben. Sie können motorisch bewegt werden (InForm [Fo13], Materiable [Na16]), aber auch in ihrer Bewegungsmöglichkeit eingeschränkt sein durch z.B. auf einer Tischoberfläche oder stark eingeschränkt, indem Tokens nur in vorgeschriebene Aushöhlungen gesetzt und bewegt werden können (z.B. Tangible query interfaces [UIJ03]).
Das Ziel von Tangible User Interfaces ist es nun diese verschiedenen Möglichkeiten zur Gestaltung von Tokens und ihren Einschränkungen so zu verwenden, dass die Interaktion mit den Tokens für den Endnutzer intuitiv ist und die anwendende Person auf bereits bekannte Interaktionen mit Alltagsgegenständen zurückgreifen kann.
Perzeptuelle Kopplung: Damit die Interaktion mittels Tokens von dem Nutzer als natürlich angesehen werden kann, muss die greifbare Repräsentation mittels digitaler Repräsentation auf anderen Kommunikationskanälen wie z.B. Audio, oder Videoprojektion ergänzt werden. Eine sehr wichtige Rolle spielt hierbei das durch die digitale Repräsentation gegebene Feedback. Dies führt dazu, dass der Nutzer die physikalischen Tokens auch unterbewusst als Steuermittel wahrnimmt.
Am Beispiel von URP [UI99] wird jedes physikalische Gebäude auf dem Tisch immer von seinem digitalen Schatten ohne große Verzögerung begleitet. Dies überzeugt die benutzende Person unterbewusst, dass die Schatten statt von einem Projektor, direkt von den Modellen auf den Tisch geworfen werden. [Is08]
2.3 Anwendungsfelder
Tangible User Interfaces erlauben viele verschiedene Anwendungsmöglichkeiten, für die sie teils mehr, teils weniger geeignet sind. Wir stellen im folgenden einige Anwendungsfelder vor, in denen TUIs am dominantesten auffindbar sind.
2.3.1 Lernen
Vor allem der Bereich des Lernens ist ein Anwendungsbereich, der für Tangible User Interfaces sehr geeignet ist. Die Reduktion der Interaktion auf intuitive physikalische Tokens erlaubt es die Komplexität der Interaktion zu reduzieren und stattdessen komplexe Abläufe auch räumlich und visuell darzustellen.
In dem Bereich des Lernens gibt es wiederum mehrere Subkategorien von Tangible User Interfaces. So gibt es TUIs für das interaktive Erzählen von Geschichten. So ermöglicht Triangles [GO01] es Kindern Dreiecke mit Zeichnungen aneinander zu stecken und erzählt abhängig davon eine Geschichte.
Weitere TUIs erlauben das spielerische Erlernen von Bewegung und Anatomie. Das Projekt Topobo [RPI04] besteht beispielsweise aus einzelne Bauteile, die sich spielerisch zusammenstecken lassen, an ihnen durchgeführte Bewegungen merken und diese wiederholt ausführen.
2.3.2 Problemlösungen
Die Verwendung von Tangible User Interfaces ist außerdem vor allem für das Lösen von räumlichen Problemen vom großen Vorteil. So kann die kognitive Last der Problemvorstellung reduziert werden, in dem das Problem direkt durch physikalische Tokens räumlich abgebildet wird. Vor allem im Architekturbereich oder in der Landschaftsplanung können physikalische Einschränkungen direkt durch die physikalischen Modelle in die Lösung des Problems mit einbezogen werden.
Das bereits vorgestellte Urp [UI99] (Abb. 1) fällt genau in dieses Anwendungsfeld. Es erlaubt den Nutzern auch Kollaborativ die Modelle der Gebäude zu drehen und zu bewegen, wobei sich sowohl Schatten, Reflexionen, als auch simulierter Wind dynamisch anpassen. Dies erlaubt es Architekten bei ihrer Planung verschiedene Gebäudepositionierungen zu testen und Probleme wie beispielsweise die Reflexion von einem Gebäude auf eine Straße die zu Unfällen führen könnte, frühzeitig zu erkennen und interaktiv durch Umstellen der Gebäude zu lösen.
Eine besonders interaktive Anwendungsmöglichkeit findet sich im Bereich der Landschaftsplanung. Hier erlauben Projekte wie SandScape oder Illuminating Clay [Is04] zu einem mit Sand und zum anderen mit Lehm Landschaften zu bilden, anzupassen und umzuformen. Die geformte Landschaft kann nun auf mehrere Arten analysiert werden. So kann beispielsweise eine Erosions Simulation auf die geformte Landschaft angewandt werden und die Ergebnisse direkt visuell auf die Landschaft projiziert werden.
2.3.3 Visualisieren von Informationen
Durch sowohl die Multimodale Ausgabe von Informationen als auch die Möglichkeit des Kollaborativen Steuerung und einer allgemein zweihändigen Steuerung eignen sich Tangible User Interfaces auch optimal in der Visualisierung von Informationen.
So erlaubt Relief [LI10] das dynamische Darstellen von Topologischen Informationen wie beispielsweise das dynamische Visualisieren von Gebirgen durch dünne mechanische Pins, die Lehm oder Tücher an entsprechenden Stellen anheben kombiniert mit einem Projektor, der die Landschaft auf dieser Mechanisch abgebildeten Topografie darstellt.
Materiable [Na16] erlaubt es Informationen über Materialien, wie die Viskosität von Flüssigkeiten oder die Elastizität von Stoffen, durch mechanisch steuerbare Pins haptisch zu visualisieren. Andere Projekte wie Embodied Axes [Co20] kombinieren moderne Technologien wie AR mit einem Tangible User Interface. Dort wird 3D Modell wird mittels eines AR Displays wie beispielsweise einer Microsoft HoloLens dargestellt, während physikalische Slider an allen 3 Achsen die dynamische Interaktion mit diesem Modell erlauben.
3 Haptik als Basis für Tangible User Interfaces
Wie wir gesehen haben sind Tangible User Interfaces eine neue Art der Mensch-Maschinen Interaktion, die einen besonderen Fokus auf die Interaktion mit physikalischen Objekten legt. In Rahmen dieser Arbeit wollen wir den Aspekt der Haptik in der Mensch-MaschinenInteraktion genauer betrachten. Wir betrachten dabei erst den Einfluss von Verzögerungen auf die Interaktion mit Computersystemen und vergleichen im Anschluss die Feedback-Schleife in normalen GUI-Programmen mit der Feedback-Schleife bei Tangible User Interfaces.
3.1 Einfluss von Verzögerungen auf Computerinteraktion
Verzögerung hat einen hohen Einfluss darauf, wie gut ein Mensch mit einem Computer interagieren kann. So hat MacKenzie bereits 1993 eine Studie durchgeführt [MW93], um den Einfluss von Verzögerung auf Fehlerrate und Bandbreite der Interaktion zu messen. In der Studie mussten Probanden mit einem 1x1 Pixel großen Mauszeiger von der Linken Seite des Bildschirms diesen auf die rechte Seite bewegen und dort in ein 7x7 großes
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1 TU Dortmund, Informatik, Otto-Hahn-Straße 14, 44227 Dortmund, DE nico.jeske@tu-dortmund.de
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- Nico Jeske (Autor), 2022, Tangible Bits im Hinblick auf Ergonomie und Computerzugänglichkeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1196104
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