Müssen Fotografien echt und authentisch sein oder ist es viel mehr die Wirkung des Authentischen, das sie interessant machen? Um dem auf den Grund zu gehen, bedarf es nun eine ausführliche Analyse.
Die Photographie scheint zwei Aspekte zu vereinen: das künstlerische Tun und das Abbilden von Realitäten. Was der Photographin im realen Leben vor die Linse springt, wird festgehalten. Im Gegensatz zu weitaus älteren Künsten, wie der Malerei, zeigt die Photographie das, was ist und nicht das, was sein könnte. Oder doch nicht?
Schon seit dem Beginn der Photographie im 19. Jahrhundert steht die Erfindung im Schatten der Frage nach Wirklichkeit und Symbolik. Sie stellt die Realität dar und verweist gleichzeitig auf gesellschaftliche Konstruktionen. Besonders die Digital-Fotografie mag auf letzteres zurückgreifen: Gesellschaftliche Phänomene und Problematiken werden von Künstlern und Künstlerinnen, wie Andreas Gursky oder Beate Gütschow, aufgegriffen und kommen in ihren Digital-Fotografien zum Ausdruck.
Vielleicht nicht auf den ersten, aber auf den zweiten Blick wirken Digital-Fotografien künstlich, surreal und spiegeln dennoch Realitäten. Die Frage nach Authentizität und Glaubwürdigkeit wird in ein neues Licht gerückt. Diese neue Ansichtsweise wird in der vorligenden Arbeit anhand der Fotografie S#12 von Beate Gütschow untersucht. Es wird herausgearbeitet, wie die digitale Fotografie Realität darstellt, bzw. wie sich Realität zeigt, wenn es in der Welt Kunst gibt – um es mit den Worten Wudkes zu beschreiben.
Inhalt
1. Einführung
2. Hauptteil
2.1 Theoretischer und historiographischer Hintergrund
2.1.1 Theorie und Geschichte der Digital-Fotografie
2.1.2 Der Authentizitätsbegriff in der Photographie
2.2 Analyse
2.2.1 Digital-Fotografie S#12 von Beate Gütschow
2.2.1.1 Bildstruktur und -aufbau
2.2.1.2 Schwarz-Weißbild, Schatten und Schärfe
2.2.2 Authentizitätswirkung
2.2.2.1 Fotografie S#12
2.2.2.2 Gesellschaftliche Zusammenhänge
3. Fazit
Primärquellen
Literaturverzeichnis
1. Einführung
„Wie zeigt sich Realität, wenn es in der Welt Kunst gibt?“ 1
Birgit Wudke, Fotokunst in Zeiten der Digitalisierung, 2016
Die Photographie scheint zwei Aspekte zu vereinen: das künstlerische Tun und das Abbilden von Realitäten. Was der Photographin2 im realen Leben vor die Linse springt, wird festgehalten. Im Gegensatz zu weitaus älteren Künsten, wie der Malerei, zeigt die Photographie das, was ist und nicht das, was sein könnte. Oder doch nicht?
Schon seit dem Beginn der Photographie im 19. Jahrhundert steht die Erfindung im Schatten der Frage nach Wirklichkeit und Symbolik. Sie stellt die Realität dar und verweist gleichzeitig auf gesellschaftliche Konstruktionen. Besonders die Digital-Fotografie mag auf letzteres zurückgreifen: Gesellschaftliche Phänomene und Problematiken werden von Künstlern und Künstlerinnen, wie Andreas Gursky oder Beate Gütschow, aufgegriffen und kommen in ihren Digital-Fotografien zum Ausdruck.
Vielleicht nicht auf den ersten, aber auf den zweiten Blick wirken Digital-Fotografien künstlich, surreal und spiegeln dennoch Realitäten. Die Frage nach Authentizität und Glaubwürdigkeit wird in ein neues Licht gerückt. Diese neue Ansichtsweise wird in der vorligenden Arbeit anhand der Fotografie S#12 von Beate Gütschow untersucht. Es wird herausgearbeitet, wie die digitale Fotografie Realität darstellt, bzw. wie sich Realität zeigt, wenn es in der Welt Kunst gibt – um es mit den Worten Wudkes zu beschreiben.
Müssen Fotografien echt und authentisch sein oder ist es viel mehr die Wirkung des Authentischen, das sie interessant machen? Um dem auf den Grund zu gehen, bedarf es nun eine ausführliche Analyse.
2. Hauptteil
Der folgende Abschnitt beinhaltet den theoretischen und historiographischen Rahmen der Arbeit. Zunächst wird die geschichtliche Einbettung vorgenommen und die herangezogene Theorie der Digital-Fotografie erläutert. Darauf folgt ein kurzer Umriss des Authentizitäts-Begriffes in Bezug auf die Fotografie. Auch der Begriff „Fotografie“ selbst wird näher beleuchtet. Mit diesen Hintergründen als Grundlage widmet sich die Analyse der Digital-Fotografie von Beate Gütschow. Untersucht wird das Bild S#12 aus der Serie S. Alle Erkenntnisse beziehen sich dabei auf die Fragestellung nach der Authentizität in Digital-Fotografien und dessen Verweise auf die Wirklichkeit.
2.1 Theoretischer und historiographischer Hintergrund
2.1.1 Theorie und Geschichte der Digital-Fotografie
Die Photographie findet ihre Anfänge in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts mit den ersten Erkenntnissen von Talbot, Niépce, Bayard und Daguerre, die sich alle der Aufgabe widmeten, die Abbildungen der Camera Obscura einzufangen.3 Circa 150 Jahre später führt die digitale Revolution die Entwicklung der Photographie voran und die Ära der Digital-Fotografie beginnt. Dabei waren drei technische Entwicklungen entscheidend, die im folgenden beschrieben werden. Zum einen der Digitalscanner von Russel A. Kirsch aus dem Jahr 1956, des weiteren die Erfindung des CCD-Sensors in den 1970er Jahren und abschließend die erste vollfunktionsfähige Digital-Kamera von Kodak aus dem Jahr 1975.
Durch die integrierte Technik war es dem Digitalscanner nach Kirsch möglich, dem Ausgabegerät – zum Beispiel einem Computer – binäre Signale weiterzuleiten. Das Bild, das gescannt werden sollte, wurde vom Scanner abgetastet. Er speicherte bei dunklen Partien des Bildes eine binäre 1 und bei weißen Partien eine binäre 0. Diesen binären Code leitete der Scanner an das Ausgaberät weiter, welches das Bild vollständig umgewandelt anzeigen konnte.4 Die Digital-Fotografie besteht demzufolge aus binären Nullen und Einsen und ist immer abhängig von einem Ausgabegerät.
Der CCD-Sensor (Charge Coupled Device-Sensor), der auch in heutigen Digital-Kameras Verwendung findet, ist ein lichtempfindlicher Flächensensor, der zu einem bestimmten Zeitpunkt eine ausgewählte Fläche abtastet.5 Das Licht fällt für kurze Zeit auf den CCD-Sensor und wird, wie bei dem Digitalscanner von Kirsch, in einen binären Code umgewandelt. Durch die anschließende Verarbeitung des Codes mithilfe spezifischer Software entsteht aus den gespeicherten Daten das Bild.6 Die einzelnen Bildpunkte, Pixel (Picture Elements) genannt, beinhalten die gesamte Bildinformation der jeweiligen Position im Bild. Durch einen Mosaikfilter, der dem CCD-Sensor auferlegt wird, kommen die einzelnen Pixel zu ihren berechneten Farbwerten und ergeben im gesamten ein farbiges Bild – die Digital-Fotografie.7
Die industrielle Revolution, die die Digitalisierung vieler Felder vorantrieb, sorgte für eine Neupositionierung der Photographie. Bis dahin galt sie vor allem als Unterstützung individueller Bedürfnisse, zum Beispiel des Erinnerns. Durch die industrielle Revolution entwickelte sie sich zu einem Informationsmedium weiter.8
Zusammengefasst sind Digital-Fotografien errechnete Bilder, die das verbildlichen, was in der Software angelegt ist: Der CCD-Sensor selbst nimmt kein Bild auf, sondern nur eine elektrische Ladung.9 Somit ist die Schreibweise “Photopgraphie” (“mit Licht schreiben”) streng genommen keine adequate Bezeichnung der digitalen Veränderung. Was in der Analog-Photographie das Licht ist, ist in der Digital-Fotografie die Technik, die sich mit ihren Stärken und Schwächen direkt in die Fotografie einschreibt.10 So spricht man in Veröffentlichungen über die Digital-Fotografie häufig von “Fotografie” oder “Fotografik”.11 Neben der Bezeichnung veränderte sich auch die Arbeitshaltung der Fotografinnen. Die wichtigste Arbeit findet nicht mehr bei der Aufnahmesituation selbst statt. Sie verlagert sich auf das Danach am Computer.12 Durch die scheinbar unbegrenzte Speicherkapazität werden schlechte Bilder nicht gelöscht und das Fotografieren entsteht nicht mehr aus einem durchdachten Sujet und Aufbau heraus, sondern wird durch mehrfaches Auslösen erst anschließend in der Betrachtungsfunktion der Kamera bewertet.13
[...]
1 Wudke, Birgit: Fotokunst in Zeiten der Digitalisierung. Künstlerische Strategien in der digitalen und postdigitalen Phase. Bielefeld: transcript, 2016. S. 33.
2 Die Arbeit wechselt zwischen der männlichen und weiblichen Schreibweise, wobei immer alle Geschlechter eingeschlossen sind.
3 Vgl. Kemp, Wolfgang: Geschichte der Fotografie. Von Daguerre bis Gursky. München: C.H. Beck oHG, 2011. S. 13f.
4 Vgl. Kirsch, Russel A., et al.: „Experiments in processing pictorial information with a digital computer“. In: Astrahan (Hrsg.) Papers and discussions presented at the December 9-13. Eastern joint computer confernces: Computer with deadlines to meet. 1957. S. 221-229, hier: S. 222.
5 Vgl. Walter, Thomas: MediaFotografie analog & digital. Begriffe, Techniken, Web. Berlin Heidelberg: Springer, 2005. S. 80.
6 Vgl. Helmerding, Silke; Scholz, Martin: Ein Pixel, Zwei Korn. Grundlagen analoger und digitaler Fotografien und ihre Gestaltung. Frankfurt a.M.: Anabas, 2006. S. 13.
7 Vgl. Walter (2005), S. 84f.
8 Vgl. Helmerding, Silke; Scholz, Martin (2006), S. 14.
9 Vgl. ebd., S. 22.
10 Vgl.ebd., S. 13.
11 siehe Wudke, Birgit (2016). In dieser Arbeit wird die Bezeichnung „Fotografie“ und „Fotografik“ verwendet, um dem Digitalen Ausdruck zu verleihen.
12 Vgl. Helmerding, Silke; Scholz, Martin (2006), S. 14f.
13 Vgl. ebd., S. 23f.
- Citation du texte
- Constanze Zilke (Auteur), 2020, Zwischen Manipulation und Wirklichkeit: Inwieweit weisen Digital-Fotografien Authentizität auf?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1195779
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