Die Arbeit untersucht gesellschaftliche Rahmenbedingungen und rechtliche Grundlagen des BIO-Bereichs, widmet sich potentiellen Käuferschichten bzw. Kaufhemmnissen und erklärt dezidiert den technischen Ablauf einer BIO-Zertifizierung („Künast-Siegel“) „entlang der Verwertungskette“ am Beispiel eines Verarbeiters, nämlich eines Restaurants. Einige Überlegungen zu den unvermeidlichen Mehrkosten runden die Arbeit ab:
Bio hat sein Palästinensertuch und die Birkenstock-Sandalen abgelegt und ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen
Der Umsatz mit ökologischen Lebensmitteln in Deutschland ist allein in den Jahren 2000 bis 2006 um 125% gestiegen und lag zuletzt bei 4,5 Mrd, Euro:
Dies zeigt, dass Bio-Produkte in den letzten Jahren starken Anklang finden und sich einer kontinuierlich wachsenden Nachfrage erfreuen können. Es dürfte sich um mehr als einen temporären Trend handeln, sondern um eine neue konstante Option bei Kaufentscheidungen wesentlicher Teile der Bevölkerung (Deutschlands).
Entsprechend ist auch der flächenmäßige Anteil ökologischen Landbaus (nicht nur) in Deutschland im steten Wachstum, was die Wahrscheinlichkeit, ökologische Produkte „aus der Region“ erwerben zu können, entsprechend erhöht. Dieser Aspekt ist gerade für die Vermarktung ökologischer Produkte in der Gastronomie nicht unerheblich, worauf noch einzugehen sein wird.
Der Bio-Boom erklärt sich nicht zuletzt aus Skandalen im Bereich der sog. konventionellen Landwirtschaft , so z.B. die Schweinepest (1991), Salmonellen in Eiern (1993), BSE (2000) und Maul-und Klauenseuche (2001) bei Rindern .Jedoch ist die Wirkung von Skandalen auf das Kaufverhalten langfristig nicht überzubewerten, Schlussendlich verlieren mediale Skandalmeldungen sukzessive an Nachrichtenwert, die Medienpräsenz lässt nach, eine andere Sau wird durch´s mediale Dorf getrieben, die öffentliche Besorgnis sinkt bzw. wird umgelenkt.
[...]
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen
2.1. Häufige Begriffe im BIO-Segment
2.2. Überblick über gängige BIO-Kennzeichen
2.2.1. Das staatliche BIO-Siegel
2.2.2. Sonstige BIO-Siegel
2.3. Objekte der Zertifizierung entlang der Verwertungskette
2.3.1. Rechtliche Grundlagen
2.3.2. Erzeuger/ Produzenten
2.3.3. Handel
2.3.4. Verarbeiter
2.3.4.1. Verarbeiter im Allgemeinen
2.3.4.2. Besonderheiten der Gastronomie als Verarbeiter
3. Hintergrund und gesellschaftliche Rahmenbedingungen
3.1. Aktueller BIO-Trend
3.2. Zweck der staatlichen Zertifizierung
3.2.1. Verbraucherschutz
3.2.2. Schutz der Wettbewerber
3.2.3. Transparenz
3.4. „Neue“ Zielgruppen im BIO-Lebensmittelbereich
4. Technischer Ablauf einer BIO-Zertifizierung mit dem staatlichen BIO-Siegel
4.1. Informationsbeschaffung
4.2. Kontrollstelle auswählen
4.3. Erstkontrolle
4.3.1. Betriebsbeschreibung
4.3.2. Kennzeichnungsvarianten in der Gastronomie / Auslobung der BIO-Produkte
4.3.3. Getrennte Lagerhaltung und Waren(fluss)kontrolle
4.4. Jährliche Überprüfungskontrolle
5. Betriebswirtschaftliche Würdigung
5.1. Höhere Kosten für potentielle Käufer
5.2. Mehrkostenvermeidungsstrategien
5.3. Kostenüberwälzung
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 BIO-Umsätze
Abb. 2 „Alles Öko ?“
Abb. 3 Das staatliche BIO-Siegel
Abb. 4 Zeichen einiger Öko-Verbände
Abb. 5 BIO-Handelsmarken
Abb. 6 Anforderungen verschiedener Zeichen
Abb. 7 BIO-Absatzwege
Abb. 8 Flächenanteile BIO
Abb. 9 BIO-Zielgruppen
Abb. 10 Auswahl Kontrollstellen
1. Einleitung
BIO hat sein Palästinensertuch und die Birkenstock-Sandalen abgelegt und ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.[1] Der Umsatz mit ökologischen Lebensmitteln in Deutschland ist allein in den Jahren 2000 bis 2006 um 125% gestiegen und lag zuletzt bei 4,5 Mrd. Euro:
Abb. 1 BIO-Umsätze
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bohnstein et al. (2007), in: Der Spiegel, S. 25
Dies zeigt, dass BIO-Produkte in den letzten Jahren starken Anklang finden und sich einer kontinuierlich wachsenden Nachfrage erfreuen können. Es dürfte sich um mehr als einen temporären Trend handeln, sondern um eine neue konstante Option bei Kaufentscheidungen wesentlicher Teile der Bevölkerung (Deutschlands).[2]
Durch die Variante, insbesondere auch verarbeitete Speisen mit dem BIO-Siegel nach EG-Öko-Verordnung zu kennzeichnen, eröffnet sich auch der Gastronomie die Möglichkeit, das BIO-Siegel zu verwenden[3] und auf diesem Wachstumsmarkt aktiv zu werden.
Ziel der Arbeit ist es nun, das genaue Objekt der Zertifizierung eines gastronomischen Betriebes zu erfassen und diesen von sonstigen zertifizierten Betrieben abzugrenzen, sowie im Anschluss den Weg zur BIO-Zertifizierung einer Restaurantküche im Einzelnen aufzuzeigen. Dies soll exemplarisch am Beispiel des Ausbildungsbetriebes „Hotel und Gutsgaststätte Rappenhof“ in Weinsberg erfolgen. Abschließend sollen einige betriebswirtschaftliche Aspekte einer BIO-Umstellung im gastronomischen Bereich dargestellt werden.
2. Grundlagen
2.1. Häufige Begriffe im BIO-Segment
Es herrschte und herrscht weithin eine gewisse Verunsicherung bei Konsumenten, was Produkte und deren Bezeichnungen im Öko-Sektor anlangt. „Umweltverträglich“ muss keineswegs „ökologisch“ sein, usf.:
Abb. 2 „Alles Öko ?“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Verbraucherzentrale Bayern e.V. (1)
Die Begriffe allein erzeugen also keinerlei Sicherheit beim Verbraucher dahingehend, dass das Produkt unter den landläufig von „BIO“ erwarteten ökologischen Bedingungen hergestellt wurde, sondern sind eher geeignet, Verwirrung und damit letztlich Misstrauen gegenüber der gesamten BIO-Branche zu stiften.[4]
2.2. Überblick über gängige BIO-Kennzeichen
2.2.1. Das staatliche BIO-Siegel
Nicht zuletzt zum Schutz der Verbraucher vor irreführenden Bezeichnungen wurde im Mai 2001 von der damaligen Bundesverbraucherschutzministerin[5] Renate Künast (Die Grünen)
das sog. „Staatliche BIO-SIEGEL“ oder „Künast-Siegel“ eingeführt, welches garantiert, dass das so gekennzeichnete Produkt die Vorgaben der EG-Öko-Verordnung 2092/91 (s. Anlage A) einhält.
Abb. 3 Das staatliche BIO-Siegel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Während in Deutschland das Europäische Siegel neben dem Künast-Siegel eher eine untergeordnete Rolle spielt, wird es in anderen europäischen Staaten durchaus als das BIO-Siegel wahrgenommen. Beide Siegel verbürgen indes das Selbe, nämlich die Übereinstimmung des Produkts mit der EG-Öko-Verordnung 2092/91.[6]
Nach der o.g. EG-Verordnung dürfen mit dem Siegel nur Lebensmittel gekennzeichnet werden, die
* nicht zur Konservierung radioaktiv bestrahlt werden,
* nicht durch gentechnisch veränderte Organismen erzeugt werden,
* nicht mit Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmitteln und
* nicht mit Hilfe von leicht löslichen mineralischen Düngern erzeugt werden,
jedoch bis zu 5 % konventionell erzeugte Bestandteile enthalten.
Es wird ferner gefordert,
* Fruchtfolgen (Zwei-, Drei- und Vierfelderwirtschaft) abwechslungsreich zu gestalten,
* Tiere artgerecht zu halten und
* mit ökologisch produzierten Futtermitteln ohne Zusatz von AntiBiotika und
Leistungsförderern zu füttern.
Im Jahr 2004 wurde das 20.000. Produkte mit dem BIO-Siegel ausgezeichnet. Ende Sept- ember 2007 nutzten 2.431 Unternehmen das Siegel für 41.708 Produkte.[7]
Die Vergabe des Siegels wird mittels eines Zertifizierungsverfahrens bewerkstelligt, auf das noch näher einzugehen sein wird.
2.2.2. Sonstige BIO-Siegel
Ferner gibt es in Deutschland weit über 100 Öko-Marken und Warenzeichen, die ein Ökoprodukt eindeutig kennzeichnen.
Dazu gehören die Zeichen der anerkannten Anbauverbände:
Abb. 4 Zeichen einiger Öko-Verbände
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Verbraucherzentrale Bayern e.V. (2)
Die Bandbreite: reicht von „Spezialanbietern“ wie Ecovin, die nur Wein, Sekt und Traubensaft in ihrer Produktpalette aufweisen und entsprechend auch bundesweit nur 200 Betriebe mit 880 ha Anbaufläche repräsentieren , über regionale Verbände , wie Ecoland, die hauptsächlich in der Region Hohenlohe 19 Betriebe mit 500 ha vertreten, bis hin zu „Allroundern“ wie dem schon 1924 von der Anthroposophischen Schule nach Rudolf Steiner gegründeten demeter -Verband mit heute ca. 1340 Betrieben und 56.000 ha Anbaufläche.[8]
Abb. 5 BIO-Handelsmarken
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Verbraucherzentrale Bayern e.V. (2)
Zur Marken- und Zeichenkonfusion[9] trägt auch dieser Umstand bei: Viele Supermärkte und Reformhäuser bieten (zusätzlich) Öko-Lebensmittel unter (z.T. o.g.) eigenen Handelsmarken an.
Die Anforderungen an die jeweiligen Mitglieder bzw. Verwender der Zeichen sind recht unterschiedlich. Die Verbände bestimmen ihre Qualitätsanforderungen an ökologische Produkte selbst und gehen größtenteils über die staatlichen Anforderungen an das „Künast-Siegel“ hinaus:
Abb. 6 Anforderungen verschiedener Zeichen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung nach Verbraucherzentrale Bayern e.V. (1)
Diese unterschiedlichen Qualitätsstandards wirken sich natürlich auch finanziell auf den zertifizierten Betrieb aus, so sind konventionelle Futtermittel deutlich preiswerter zu beziehen, sodass eine „nur“ staatliche Zertifizierung i.d.R. weniger Folgekosten zeitigt.
2.3. Objekte der Zertifizierung entlang der Verwertungskette
2.3.1. Rechtliche Grundlagen
EU-Mutternorm für alle Lebensmittel –egal, ob „BIO“ oder konventionell erzeugt- bzw. alle mit Lebensmitteln umgehenden Personengruppen ist die sog. „EU-Basis-VO“ (EU-VO Nr. 178/2002). Sie liefert die „Grundlage für ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit des Menschen und die Verbraucherinteressen bei Lebensmitteln.“[11] Sie legt damit –wiederum für alle Lebensmittel– das „from-farm-to-fork-Prinzip “ fest, das die Lebensmittelsicherheit entlang der gesamten Herstellungs- und Verwertungskette –nämlich von der Geburtsstunde auf dem Bauernhof („farm“) bis zur Gabel des Endverbrauchers („fork“)- verlangt und kontrolliert. Das ursprünglich vertikal gegliederte Rechtsgebiet „Lebensmittelrecht“, also eigene Richtlinien für jede Lebensmittelgruppe[12] wurde mit der „EU-Basis-VO“ horizontal an der Wertschöpfungskette ausgerichtet. Die Verordnung hob mithin die zuvor bestehende lebensmittelrechtliche Trennung zwischen (Ur)Produktion und Verarbeitung der Lebensmittel auf.[13]
Die an sich ältere sog. „EG-Öko-VO“ (EG-VO Nr. 2092/91; s. Anlage A) orientiert sich –durch entsprechende Änderungen- am „from-farm-to-fork-Prinzip“, greift aber nur einen Ausschnitt aller Lebensmittel, nämlich die „aus ökologischem Landbau“ auf.[14] Sollen diese entsprechend mit „BIO“, „Öko“, etc. gekennzeichnet werden (dürfen), müssen die von der „EG-Öko-VO“ vorgegebenen Anforderungen erfüllt sein.[15]
Die Umsetzung des EU-Rechts in nationales deutsches Recht erfolgt durch das Öko-Landbau-Gesetz (ÖLG), das insbesondere das in der EG-Öko-VO vorgeschriebene Kontrollverfahren „längs der Verwertungskette“ in einem System privater Kontrollstellen, der sog. BIO-Zertifizierer, unter staatlicher Überwachung ausgestaltet hat.
Die Beschreibung des bei der Zertifizierung verliehenen staatlichen BIO-Siegels/ Künast-Siegels, sowie die Sanktionsmaßnahmen (Straf- und Bußgeldvorschriften) bei Kennzeichen- Missbrauch schließlich sind dem Öko-Kennzeichen-Gesetz und der Öko-Kennzeichen-VO vorbehalten.
Die genannten Normen definieren in Summe den Öko-Landbau als „ eine besondere Art der Agrarerzeugung. Diese Besonderheit begründet sich nicht in einer bestimmten stofflichen Definition der Produkte, beispielsweise über maximale Rückstandswerte. Vielmehr definiert sie prozessbezogen ein besonderes Verfahren der landwirtschaftlichen Produktion.“[16]
2.3.2. Erzeuger/ Produzenten
Im Sinne der „EG-Öko-VO“–Verwertungskette steht auf erster Stufe stets der Erzeuger.
[...]
[1] Vgl. Kaletta (2007a) ; Artikel basiert auf einem Pressegespräch von regionalen BIO-Akteuren (den Autor einschließend) mit dem „Heilbronner Stimme“- Redakteur Herbert Kaletta, der daraus eine BIO-Serie entwickelte, die nach seiner Aussage auf außergewöhnlich hohes Leserinteresse stieß.
[2] Vgl. Zenner (2004), S. 18.
[3] Vgl. ÖGS (2006), S.10-11.
[4] Vgl. Wirthgen (2005), S. 511f.
[5] Zur Umbenennung bzw. „Umwandlung“ des vormaligen Bundeslandwirtschaftsministeriums im Jahr 2001 und zur zugrundeliegenden sog. Agrarwende, vgl. Schmidt/Jasper.
[6] Im Weiteren kurz: EG-Öko-VO (s. Anlage A).
[7] Vgl. BLE (2007).
[8] Zur (schillernden) Person Steiners und der Geschichte des Verbandes vgl. demeter (1).
[9] Vgl. Wirthgen (2005), S. 511f.
[10] Dies sind die 3 größten (deutschen) Bioanbauverbände.
[11] Art. 1 Abs. 1 EU-Basis-VO.
[12] S. z.B. die frühere Hackfleisch-VO.
[13] Z.B. galten früher Rechtsnormen zur Lebensmittelhygiene erst ab dem Schlachthof, etc..
[14] Dazu und zum Folgenden insgesamt BöLW (2007), S. 8ff.
[15] Dazu sogleich im Folgenden unter 2.3.2.ff.
[16] BÖLW (2007), S. 10 unter Bezugnahme auf Art. 5 und 6, sowie Anlage I zur EG-Öko-VO (s. Anlage A).
- Arbeit zitieren
- Sascha Nikolai Schmidt (Autor:in), 2007, Aspekte der Bio-Zertifizierung in der Gastronomie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119568
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