Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG), welches zum 01.03.2020 in Kraft getreten ist. Die Schwerpunkte dieser Arbeit liegen dabei auf den Änderungen der Insolvenzantragspflicht und des Zahlungsverbots durch das COVInsAG.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A. Einführung
I. Überblick
II. Maßnahmen
B. Änderungen in der Insolvenzantragspflicht
I. Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a InsO
II. Insolvenzantragspflicht nach COVInsAG
C. Zahlungsverbot durch COVInsAG
D. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einführung
Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG), welches zum 01.03.2020 in Kraft getreten ist. Die Schwerpunkte dieser Arbeit liegen dabei auf den Änderungen der Insolvenzantragspflicht und des Zahlungsverbots durch das COVInsAG.
I. Überblick
Um die Folgen der COVID-19-Pandemie abzumildern wurde bereits im März 2020 durch das Bundeskabinett ein Gesetzentwurf beschlossen. Dieser von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht vorgelegte Entwurf enthält eine Vielzahl von Erleichterungen für jene, die infolge der Pandemie aktuell nicht ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen können. So sollen durch verschiedene Maßnahmen, insbesondere im Insolvenzrecht, Unternehmen welche infolge der Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind oder gar insolvent geworden sind, die Fortführung des Unternehmens ermöglicht und erleichtert werden. So soll eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Betriebe geschaffen werden, die wirtschaftliche Schäden durch den massiven Anstieg der Infektionen mit dem neuartigen SARS-CoV- 2-Virus erleiden. Die Bundesministerin Christine Lambrecht erklärte dazu: „[...] Unternehmen werden häufig mehr Zeit brauchen, um Lösungen zu finden, wie sie die Folgen der Krise bewältigen können. Deshalb sehen wir Erleichterungen im Insolvenzrecht vor, um Insolvenzen nach Möglichkeit abzuwenden.“1
II. Maßnahmen
Durch die rückwirkende Einführung des Gesetzes zum 01.03.2020 wird die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. In Bedrängnis geratene Unternehmen erhalten damit die nötige Luft um beispielsweise staatliche Hilfen zu beantragen. Damit sollen die zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abgefedert werden. Das COVInsAG sieht im Insolvenzrecht fünf Maßnahmen vor: (1) Die dreiwöchige Insolvenzantragspflicht wird vorübergehend bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. (2) Geschäftsleiter haften während der Aussetzung der Insolvenzantragspflichten nur eingeschränkt für Zahlungen, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife des Unternehmens vornehmen. (3) Während der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gewährte, neue Kredite sind nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen. (4) Während der Aussetzung erfolgende Leistungen an Vertragspartner sind nur eingeschränkt anfechtbar. (5) Die Möglichkeit von Gläubigern, durch Insolvenzanträge Insolvenzverfahren zu erzwingen, wird für drei Monate eingeschränkt.2
B. Änderungen in der Insolvenzantragspflicht
Zu klären ist zunächst, für wen die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gelten soll. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht soll für Unternehmen gelten, deren Antragspflicht direkt in § 15a der Insolvenzordnung geregelt ist. Außerdem für Unternehmen, deren Antragspflicht sich aus einem Verweis auf § 15a InsO ergibt. Die Aussetzung soll zudem auch für Vereins- und andere Vorstände gelten, deren Antragspflicht direkt in § 42 Abs. 2 BGB oder durch Verweis auf diese Vorschrift geregelt ist. Weiterhin soll sie nur gelten, wenn die Insolvenzreife auf den Folgen der COVID-19- Pandemie beruht, sowie die Aussicht auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit gegeben ist.3
I. Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a InsO
Gemäß § 15a InsO unterliegen die Geschäftsleiter der Insolvenzantragspflicht beim Eintritt der Insolvenzreife. Die Insolvenzreife liegt vor bei Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO oder bei Überschuldung gemäß § 19 InsO. Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 InsO). Der BGH nimmt die Zahlungsunfähigkeit an, wenn eine Lücke zwischen den vorhandenen liquiden Mitteln und den fälligen Verbindlichkeiten besteht, die größer als 10 % ist, und diese Lücke nicht innerhalb von längstens drei Wochen beseitigt werden kann.4 Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 S. 1 InsO). In diesen Fällen haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen (§ 15a Abs. 1 S. 1 InsO). Die Pflicht des organschaftlichen Vertreters, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, dient dem Schutz der Gläubiger, die einen Anspruch vor Insolvenzeröffnung erworben haben beziehungsweise bei der Insolvenzeröffnung noch haben. Ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht kann zu einer persönlichen Haftung des Organmitglieds nach § 823 Abs. 2 BGB führen.5
II. Insolvenzantragspflicht nach COVInsAG
Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15 a InsO und nach § 42 Abs. 2 BGB wird zunächst bis zum 30.9.2020 ausgesetzt. Durch § 4 COVInsAG wird die Möglichkeit geschaffen, diese Aussetzung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bis höchstens 31.3.2021 zu verlängern, wenn dies geboten erscheint.6
Die Aussetzung gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARSCoV-2-Virus beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Dabei gilt folgende Vermutung, wenn der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht sowie Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen (§ 1 COVInsAG).
Der Gesetzgeber greift hier auf eine Regel-Ausnahmetechnik und eine Vermutungsregelung zurück. Für die Beweislastverteilung heißt das konkret, dass derjenige, der sich darauf beruft, die Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a InsO sei im konkreten Fall nicht ausgesetzt, dies zu beweisen hat. Eine Widerlegung der Vermutung des NichtVorliegens der Ausnahmetatbestände nach dem COVInsAG kommt nach dem Willen des Gesetzgebers deswegen nur in solchen Fällen in Betracht, in denen kein Zweifel daran besteht, dass die COVID-19-Pandemie nicht ursächlich für die Insolvenzreife war oder dass die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nicht gelingen konnte. Der Gesetzgeber stellt hier lediglich auf die Beseitigung einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit ab. Wie konkret die Aussicht zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit sein muss bleibt unklar.7
C. Zahlungsverbot durch COVInsAG
Geschäftsführer und Vorstände unterliegen in der Krise eines Unternehmens einem erheblichen Haftungsrisiko. Gemäß § 64 S. 1 GmbHG und gemäß § 92 Abs. 2 S. 1 AktG können alle Zahlungen, die von der Geschäftsleitung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung veranlasst oder zugelassen werden, eine persönliche Haftung zur Folge haben. Durch eine Fortführung des Unternehmens nach Eintritt der Insolvenzreife entsteht damit ein erhebliches Haftungsrisiko für die Geschäftsleitung.8 Ab der Insolvenzreife sind nahezu alle Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen, die masseschmälernd sind, „verboten“.9
Durch das COVInsAG werden die oben beschriebenen Zahlungsverbote gelockert, insofern die Voraussetzungen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vorliegen. Zahlungen die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, gelten dann als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar und lösen keine Haftung aus.10 Dem Normzweck nach sollen Geschäftsleiter dadurch die erforderlichen Maß- nahmen ergreifen können, um das Unternehmen im ordentlichen Geschäftsgang fortzuführen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG gilt die erfolgte Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite als nicht gläubigerbenachteiligend. Selbiges gilt für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Zahlungen auf Forderungen aus Gesellschafterdarlehen und Zahlungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 COVInsAG sind Kreditgewährungen und Besicherungen im Aussetzungszeitraum nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen. § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG erweitert den Schutzbereich privilegierter Zahlungen über die bereits genannten hinaus.11
Die Entlastung der Geschäftsleiter im Bereich der Zahlungsverbote wurde entgegen der gesetzgeberischen Ankündigung nicht durch deren Aussetzung umgesetzt, sondern beim subjektiven Tatbestand verankert. Die Zahlungsverbote als solche bestehen also fort, was zur Folge hat, dass eine verbotswidrige Zahlung objektiv tatbestandsmäßig bleibt. Die Zahlungsverbote beginnen unmittelbar nach dem Eintritt der Insolvenzreife. Selbst wenn der Geschäftsleiter wegen laufender Sanierungsbemühungen innerhalb der drei wöchigen Frist noch keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen muss, hat er doch das Gesellschaftsvermögen zu sichern. Verhält er sich pflichtgemäß und stellt unverzüglich nach dem Scheitern der Sanierungsbemühungen den Insolvenzantrag, hat das Zahlungsverbot nur Bedeutung für den Zeitraum ab Eintritt der Insolvenzreife. Bei erfolgreichen Sanierungsbemühungen müssen die Organe der Gesellschaften solche Zahlungen nicht erstatten, welche nach dem Eintritt der Insolvenzreife mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.12
D. Fazit
Grundsätzlich dient das rechtzeitige stellen eines Insolvenzantrag dem Schutz der Gläubiger, welche ihren Anspruch vor Insolvenzeröffnung erworben haben und der bei Insolvenzeröffnung noch vorhanden ist. Durch das COVInsAG und die damit einherge- hende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, unter bereits genannten Voraussetzungen, wird der Schutz der Gläubiger insofern geschwächt, dass für den Fall scheiternder Sanierungsmaßnahmen durch das betreffende Unternehmen dennoch eine Insolvenz droht, denn das COVInsAG gilt derzeit nur bis zum 30.09.2020. Sollte bis dahin die drohende Insolvenz nicht abgewendet worden sein und das BMJV keine Fristenverlängerung gemäß § 4 COVInsAG für geboten erachten, könnte das Unternehmen gemäß § 15a InsO ab dem 01.10.2020 der Insolvenzantragspflicht unterliegen.
[...]
1 BMJV Pressemitteilung, Die wirtschaftliche Existenz in der Coronakrise sichern, 23.03.2020
2 BMJV Pressemitteilung, Corona Insolvenzantragspflicht wird ausgesetzt, 30.03.2020
3 BMJV Pressemitteilung, Corona Insolvenzantragspflicht wird ausgesetzt, FAQ, 30.03.2020
4 Lütcke/Faude, Haftung von Geschäftsführern und Vorständen für Zahlungen in der Krise, https://www.cmshs-bloggt.de/insolvenzrecht/insolvenz-haftung-von-geschaeftsfuehrern-und-vorstaen den-fuer-zahlungen-in-der-krise/ [Zugriff: 30.07.2020]
5 Andres/Leithaus/Leithaus, 4. Aufl. 2018, InsO § 15a Rn. 1-11
6 Römermann, NJW 2020, 1108
7 Schluck-Amend, NZI 2020, 289
8 Lütcke/Faude, Haftung von Geschäftsführern und Vorständen für Zahlungen in der Krise, https://www.cmshs-bloggt.de/insolvenzrecht/insolvenz-haftung-von-geschaeftsfuehrern-und-vorstaen den-fuer-zahlungen-in-der-krise/ [Zugriff: 30.07.2020]
9 Schluck-Amend, NZI 2020, 289
10 Schluck-Amend, COVInsAG in Kraft getreten - Update #2, https://www.cmshs-bloggt.de/ rechtsthe- men/coronavirus-schutzschirm-fuer-die-deutsche-wirtschaft/corona-insolvenz-aussetzung sgesetz- corinsag-veroeffentlicht/ [Zugriff: 30.07.2020]
11 Huber, JuS 2020, 519
12 Born, NZG 2020, 521
- Citation du texte
- Friedrich Paula Wilhelm (Auteur), 2020, Das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1195232
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.