Die vorliegende Arbeit behandelt Organisationsformen muslimischer Jugendlicher im Rahmen der Jugendarbeit in Nordrhein-Westfalen. Die Konzentration auf dieses Bundesland liegt darin begründet, dass 33,1 % der in Deutschland lebenden MuslimInnen in NRW wohnhaft seien (Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW. Von den insgesamt ca. 4 Mio. MuslimInnen in Deutschland seien zudem 25 % höchstens 15 Jahre alt. Diese Ausgangslage verdeutlicht die Relevanz einer religiös orientierten JA. Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen sowie wissenschaftlichen Interesses an einer muslimischen JA wird folgende Gliederung ausgearbeitet: Um eine Grundlage zu schaffen, erfolgt ein Abriss über die JA und ihre rechtlichen Grundlagen. Daraufhin erfolgt eine Annäherung an den Begriff der muslimischen JA unter Berücksichtigung des Islam als eine der größten Weltreligionen. Auf dieser Basis wird die Muslimische Jugend in Deutschland e.V. (MJD) als Jugendverband angeführt und mithin ein Beispiel für eine muslimische JA illustriert. Als weiterer Gesichtspunkt dient die Deutsche Islam Konferenz. An diese Grundlagen anknüpfend, werden zuletzt schwerpunktmäßig mögliche Gelingensbedingungen und Barrieren muslimischer JA reflektiert und mithin die Fragestellung dieser Arbeit aufgegriffen.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die vorliegende Arbeit behandelt Organisationsformen muslimischer Jugendlicher im Rahmen der Jugendarbeit (JA)1 in Nordrhein-Westfalen (NRW)2. Die Konzentration auf dieses Bundesland liegt darin begründet, dass 33,1 % der in Deutschland lebenden Mus- limInnen in NRW wohnhaft seien (Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW (MAIS)3 2010: 7). Von den insgesamt ca. 4 Mio. MuslimInnen in Deutschland seien zudem 25 % höchstens 15 Jahre alt (vgl. Haug 2010: 7). Zudem weisen Ergebnisse der Shell-Studie 2015 darauf hin, dass 8 % der 12- bis 25-Jährigen sich dem Islam stark zugehörig fühlen (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)4 2017: 246). Bei der Thematisierung von muslimischen Jugendlichen gehe es oftmals um die Frage nach der Relation von Religion und Staat, weshalb nicht die Rede von einem echten Jugenddiskurs sein könne (vgl. Franz 2013: 16). Dabei handle es sich in erster Linie nicht ausschließlich um gläubige MuslimInnen, „sondern um eine diffus so bezeichnete Gruppe“ (ebd.). In der Öffentlichkeit sei eine „WahrnehmungsverSchiebung [...] vom ,Ausländer‘ zum ,Muslim‘“ (Spielhaus 2006: 29f., zit. n. ebd.) zu verzeichnen, die sich in Folge des Staatsangehörigkeitsgesetzes und der damit einhergehenden Einbürgerungen vieler MigrantInnen bemerkbar machte (vgl. ebd.). Ferner gehe die Integrationsbedürftigkeit muslimischer Jugendlicher über die Bereiche Sprachkenntnis und Schulabschluss hinaus: MuslimInnen würden im Hinblick auf ihr Weltbild und ihre Werte und der damit bezweifelten Vereinbarkeit mit Werten der nicht-muslimischen Gesellschaft in den Fokus rücken. In Verbindung mit Problemzuschreibungen wie „Radikalisierungspotenzial, Gewalttätigkeit, Segregation und Demokratiedistanz“ (ebd.: 17) stehend, seien muslimische Jugendliche zur spezifischen Zielgruppe der JA geworden (vgl. ebd.). Diese Ausgangslage verdeutlicht die Relevanz einer religiös orientierten JA. Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen sowie wissenschaftlichen Interesses an einer muslimischen JA wird folgende Gliederung ausgearbeitet: Um eine Grundlage zu schaffen, erfolgt ein Abriss über die JA und ihre rechtlichen Grundlagen. Daraufhin erfolgt eine Annäherung an den Begriff der muslimischen JA unter Berücksichtigung des Islam als eine der größten Weltreligionen. Auf dieser Basis wird die Muslimische Jugend in Deutschland e.V. (MJD)5 als Jugendverband angeführt und mithin ein Beispiel für eine muslimische JA illustriert. Hierbei werden - wegen des wenig theoretischen Rahmens dieses Themengebiets - Aussagen eines Mitglieds der MJD konsultiert, die als Stütze fungieren und nicht den Zweck wissenschaftlicher Forschung erfüllen. Als weiterer Gesichtspunkt dient die Deutsche Islam Konferenz (DIK)6, eine vom ehemaligen Bundesin- nen- und Finanzminister Wolfgang Schäuble eröffnete und seit dem Jahr 2006 bestehende Organisation auf politischer Ebene, die die Herstellung eines Dialoges zwischen dem deutschen Staat und den MuslimInnen in Deutschland erzielte (vgl. MAIS 2010: 6). An diese Grundlagen anknüpfend, werden zuletzt schwerpunktmäßig mögliche Gelingensbedingungen und Barrieren muslimischer JA reflektiert und mithin die Fragestellung dieser Arbeit aufgegriffen.
Jugendarbeit
Die JA gilt neben den erzieherischen Hilfen, den Kindertageseinrichtungen und den Sozialen Diensten als weitere Säule der sozialpädagogischen Praxislandschaft (vgl. Thole 2012: 23f.). Basierend auf § 11 des Achten Sozialgesetzbuches (SGB)7, ist die JA ein Aspekt des ersten Abschnitts „Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz“ (BMFSFJ 2014: 83) im Leistungskapitel des SGB VIII. Die Leistungen der JA seien dadurch gekennzeichnet, dass sie eine „große Breite“ (ebd.: 618) abbilden, da sie nahezu alle Kinder und Jugendliche in Anspruch nehmen. In der Folge werden Angebote der JA als „allgemeine Förderungsangebote“ (ebd.) beschrieben (vgl. ebd.). Aus § 11 Absatz 1 Satz 2 gehen bedeutsame Begrifflichkeiten wie die „Anknüpfung an Interessen junger Menschen, Mitgestaltung und Mitbestimmung, Befähigung zur Selbstbestimmung sowie Anregung zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und sozialem Engagement“ (ebd.) hervor. Daraus lassen sich die Prinzipien der „Selbstorganisation, Ganzheitlichkeit und Partizipation“ (ebd.) ableiten. Mit der Partizipation als Prinzip werden Ziele der „Verbesserung der Lebensbedingungen junger Menschen“ (ebd.: 619) wie auch „Demokratiebildung“ (ebd.) akzentuiert. Absatz 2 Satz 1 dieser Rechtsnorm thematisiert die Anbieter der JA. Neben Jugendverbänden8 und Jugendgruppen9 werden Ju- gendinitiativen10 als Anbieter der JA festgelegt. Darüber hinaus fungieren Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe wie auch andere Träger als Anbieter der JA (vgl. BMFSFJ 2014: 83). Letztere seien JA anbietende freie Träger, die keine Jugendverbände, -gruppen oder -initiativen sind. Dazu gehören - neben Kirchen bzw. Trägern anderer Konfessionsgemeinschaften - die Wohlfahrtsverbände (vgl. Bernzen 2013: 619). Der zweite Satz dieses Absatzes beschreibt verschiedene Formen von JA: „bestimmte Angebote, die offene Jugendarbeit und gemeinwesenorientierte Angebote“ (BMFSFJ 2014: 83). Um den Realitäten von JA gerecht zu werden, wird die Aufzählung ihrer Arbeitsfelder nicht als „abgeschlossene oder trennscharfe Systematisierung“ (Ilg 2013: 14) betrachtet. Vielmehr ist im dritten Absatz von „ Schwerpunkten der Jugendarbeit“ (BMFSFJ 2014: 83, Hervorheb. ÖG) die Rede, um genau jenen Aspekt der Dynamik zu suggerieren (vgl. Ilg 2013: 14).11 In der Folge gilt die JA als „per se veränderliches Arbeitsfeld“ (ebd.). Der vierte Absatz der Rechtsnorm gibt kund, dass auch Personen, die laut Gesetz keine jungen Menschen (gem. § 7 SGB VIII) mehr sind, auch Angebote der JA in Anspruch nehmen können. Dadurch werde unter anderem die Beteiligung von Ehrenamtlichen an Angeboten der JA ausgebaut (vgl. Bernzen 2013: 624). Insgesamt gilt § 11 SGB VIII insofern als unvollständig, als dass darin keine Rechtsfolge definiert sei. In § 15 SGB VIII wird durch den Verweis auf ein zusätzliches Landesrecht auf jene Tatsache hingewiesen (vgl. ebd.). Der Ermessensspielraum der Länder führe dazu, dass einige Aufführungsbestimmungen besitzen und andere nicht (vgl. ebd.: 625). NRW nutzt jenen Spielraum insofern, als dass es im Jahr 2004 das Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFG)12 als entsprechendes Landesrecht verabschiedete (vgl. ebd.). Es behandelt Regelungen bezüglich der thematischen und finanziellen Ausführung der Handlungsfelder, die in §§ 11-14 SGB VIII genannt werden. Ferner regelt es allgemeine Vorschriften (§§ 1-7 KJFG), die jeweilige Planungsverantwortung (§§ 8f. KJFG), die Förderbereiche (§§ 1014 KJFG) und zuletzt Gewährleistungsverpflichtungen (§§ 15-19 KJFG). § 12 KJFG widmet sich der Beschreibung der Offenen JA (vgl. Ministerium des Innern des Landes NRW 2018: o.S.). Laut dem Landesrecht finde Offene JA vornehmlich „in Einrichtungen, Maßnahmen und Projekten, Initiativgruppen, als mobiles Angebot, als Abenteuer- und Spielplatzarbeit sowie in kooperativen und übergreifenden Formen und Ansätzen statt“ (ebd.). Dabei spreche sie alle Kinder und Jugendlichen an und berücksichtige ebenso spezifische Zielgruppen (vgl. ebd.).
[...]
1 Im Folgenden JA.
2 Im Folgenden NRW.
3 Im Folgenden MAIS.
4 Im Folgenden BMFSFJ.
5 Im Folgenden MJD.
6 Im Folgenden DIK.
7 Im Folgenden SGB.
8 Verbände der Jugend seien „Organisationen junger Menschen, in denen diese die Arbeit selbst organisieren, gemeinsam gestalten und mitverantworten“ (Bernzen 2013: 619). Das Angebot „reicht von religiösen und politischen Verbänden bis hin zu Verbänden, die ein bestimmtes Hobby oder Engagement “ (Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW (MKFFI) 2018: o.S., Hervorheb. ÖG) verfolgen. Beispiele für Jugendverbände sind das Jugendrotkreuz, die Falken, die MJD etc. Jugendverbände sind in § 12 SGB VIII verankert.
9 Als Anbieter der JA seien Jugendgruppen im Gegensatz zu Jugendverbänden nicht auf „überörtlicher Ebene organisiert“ (Bernzen 2013: 619).
10 Im Unterschied zu Jugendgruppen und Jugendverbänden sind Jugendinitiativen keine dauerhaften Anbieter (Bernzen 2013: 619).
11 Aufgrund des gegebenen Rahmens dieser Arbeit werden die Schwerpunkte nicht weiter thematisiert.
12 Im Folgenden KJFG.
- Quote paper
- Özge Sakalar (Author), 2018, Gelingensbedingungen und Barrieren muslimischer Jugendarbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1194625
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