Die Einnahme der Stadt Toledo im Jahre 1085 im Rahmen der Reconquista war ein wichtiges Ereignis sowohl für die sprachliche Zusammenarbeit zwischen den drei großen Religionen der Iberischen Halbinsel als auch für den kulturellen Austausch zwischen den Völkern. Der Aufstieg Toledos zum kulturellen Zentrum und zur Hauptstadt des Kastilischen Königreiches im Jahre 1086 war vor allem geprägt durch die Übersetzertätigkeiten vieler Gelehrter, die mehrere Jahrhunderte überdauerte. Unter Alfons X., genannt el Sabio („der Weise“), erfuhr die Übersetzerschule von Toledo ihren Höhepunkt - auch wenn sie diese Bezeichnung, die erst später üblich wurde, damals noch gar nicht trug. Die Tätigkeiten in der Übersetzerschule nahmen nicht nur Einfluss auf das kulturelle Zusammenwirken von Juden, Moslems und Christen, sondern waren eine Bereicherung für ganz Europa, da durch die Übersetzungen arabischer Schriften das Wissen weiter verbreitet werden konnte. Zudem wurde an diesem Ort im 13. Jahrhundert das von Alfons X. das während seiner Regierungszeit fortwährend propagierte castellano drecho („das richtige Kastilisch“) niedergeschrieben und somit für die Nachwelt gesichert. In meiner Ausarbeitung, bei der es sich um die schriftliche Bearbeitung des Referats, das ich am 16. Mai 2006 im Rahmen des Proseminars „Español medieval“ gehalten habe, handelt, werde ich zunächst einen Einblick in die kulturellen Begebenheiten des 11. und 12. Jahrhunderts der Stadt Toledo geben, um anschließend die Übersetzertätigkeiten in der Übersetzerschule und ihre Differenzen unter dem Gründer Raimundo de Salvetat und dem kastilischen König Alfons X. aufzuzeigen. Dies wird gefolgt von der Herausstellung einiger wichtiger Übersetzer und ihrer Werke, sowie einem Ausblick auf die Übersetzerschule von Toledo heutzutage. In einer Zusammenfassung werde ich abschließend die Kernpunkte hervorheben und ihre Bedeutung im Hinblick auf das Thema des Pro-Seminars “Español medieval“ reflektieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Inhalt und Struktur der Ausarbeitung
2. Die Convivencia und die Übersetzerschule von Toledo
3. Die Übersetzungen unter Erzbischof Raimundo de Salvetat und Alfonso X
4. Wichtige Übersetzer und ihre Werke
5. Die gegenwärtige Situation der Übersetzerschule
6. Zusammenfassung
7. Bibliografie:
1. Inhalt und Struktur der Ausarbeitung
Die Einnahme der Stadt Toledo im Jahre 1085[1] im Rahmen der Reconquista war ein wichtiges Ereignis sowohl für die sprachliche Zusammenarbeit zwischen den drei großen Religionen der Iberischen Halbinsel als auch für den kulturellen Austausch zwischen den Völkern. Der Aufstieg Toledos zum kulturellen Zentrum und zur Hauptstadt des Kastilischen Königreiches im Jahre 1086[2] war vor allem geprägt durch die Übersetzertätigkeiten vieler Gelehrter, die mehrere Jahrhunderte überdauerte.
Unter Alfons X., genannt el Sabio („der Weise“), erfuhr die Übersetzerschule von Toledo ihren Höhepunkt - auch wenn sie diese Bezeichnung, die erst später üblich wurde, damals noch gar nicht trug. Die Tätigkeiten in der Übersetzerschule nahmen nicht nur Einfluss auf das kulturelle Zusammenwirken von Juden, Moslems und Christen, sondern waren eine Bereicherung für ganz Europa, da durch die Übersetzungen arabischer Schriften das Wissen weiter verbreitet werden konnte. Zudem wurde an diesem Ort im 13. Jahrhundert das von Alfons X. das während seiner Regierungszeit fortwährend propagierte castellano drecho („das richtige Kastilisch“) niedergeschrieben und somit für die Nachwelt gesichert.[3]
In meiner Ausarbeitung, bei der es sich um die schriftliche Bearbeitung des Referats, das ich am 16. Mai 2006 im Rahmen des Proseminars „Español medieval“ gehalten habe, handelt, werde ich zunächst einen Einblick in die kulturellen Begebenheiten des 11. und 12. Jahrhunderts der Stadt Toledo geben, um anschließend die Übersetzertätigkeiten in der Übersetzerschule und ihre Differenzen unter dem Gründer Raimundo de Salvetat und dem kastilischen König Alfons X. aufzuzeigen.[4]
Dies wird gefolgt von der Herausstellung einiger wichtiger Übersetzer und ihrer Werke, sowie einem Ausblick auf die Übersetzerschule von Toledo heutzutage. In einer Zusammenfassung werde ich abschließend die Kernpunkte hervorheben und ihre Bedeutung im Hinblick auf das Thema des Pro-Seminars “Español medieval“ reflektieren.
2. Die Convivencia und die Übersetzerschule von Toledo
Im Jahre 1085 wurde Toledo im Zuge der Reconquista - der Rückeroberung der Iberischen Halbinsel durch die Christen - von Alfons VI erobert.[5] Zu dieser Zeit bevölkerten sowohl Juden, als auch Moslems neben den Christen die Stadt Toledo, was zu einem unmittelbaren Kulturkontakt führte, der für die spätere Entwicklung der spanischen Sprache, aber auch für die spanische Kultur selbst, essentiell war. Dieses friedliche Nebeneinanderleben der drei Völkergruppen, das in Toledo vorkam, nennt man Convivencia[6]. Der tägliche Austausch, der zwischen den Kulturen stattfand, und die Anzahl der Werke in arabischer Schrift, die von den Moslems nach Toledo gebracht wurden und sich nun in den Bibliotheken befanden, schaffte ideale Bedingungen für die Entwicklung Toledos zu einem Zentrum der Übersetzungstätigkeit.[7] Bereits im 12. Jahrhundert veranlasste Raimundo de Salvetat, Erzbischof von Toledo (1126-1151)[8], die Übersetzung arabischer Schriftstücke, die die Philosophie und Religion behandelten. Übersetzt wurde vorzugsweise vom Arabischen ins Lateinische. Auf diese Weise gelangten die Werke und das Wissen, wie zum Beispiel die Erkenntnisse des griechischen Philosophen Aristoteles, an die Universitäten in ganz Europa - eine völlige Neuheit, da sich die Lehre an den europäischen Universitäten bis dahin nur auf die „lateinische Kultur“[9] bezogen hatte. Durch die Übersetzungen wurde auch das Wissen über Medizin weitergegeben, ebenso wie Forschungsergebnisse, zum Beispiel von Euklid, über Astrologie, Astronomie und Arithmetik.
Nach der Eroberung Toledos durch die Christen sank die Zahl der muslimischen Bürger in der Stadt, woraus zu schließen ist, dass diese ebenso wenig wie die Mozaraber - Christen, die ihren Glauben trotz islamischer Herrschaft beibehalten hatten[10] und ebenfalls die arabische Sprache beherrschten -, an den Übersetzungsvorgängen beteiligt waren.[11]
Die offizielle Übersetzerschule von Toledo, die diesen Namen damals jedoch noch nicht trug, wurde im 13. Jahrhundert von Alfons X., dem damaligen König von Castilla y León während seiner Regierungszeit (1252 - 1284)[12], gegründet. Er führte damit die Übersetzertätigkeiten, die unter Erzbischof Raimundo begonnen hatten, weiter und baute diese aus. Das Wort “Escuela“ („Schule“) meint in diesem Kontext nicht eine Lehrinstitution mit Schülern und ihren Lehrern, sondern wird so bezeichnet, weil viele christliche und jüdische Gelehrte und Lehrer dort zusammenwirkten und bedeutende Übersetzungen verfassten. Wie genau diese Zusammenarbeit vonstatten ging, wird unter Punkt 3 näher erläutert. Das Spektrum der Werke, die übersetzt wurden, wurde unter Alfons X. auf Naturwissenschaften wie Physik, Chemie und Mathematik ausgeweitet, womit die Bedeutung der Schule und von Toledo selbst als Kulturhauptstadt weiter zunahm. Dies lockte weitere Gelehrte in diese Stadt, um ihr Wissen zu teilen und die Möglichkeit zu bekommen, sich mit Gelehrten anderer Kulturen über die Wissenschaften auszutauschen[13]. Jedoch gibt es nicht nur Unterschiede zwischen dem Gegenstand und dem Inhalt der Werke, sondern auch zwischen der Art und Weise, wie die Übersetzung dieser erfolgte. Im Folgenden wird der letzte Unterschied genauer dargestellt.
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[1] Dietrich, W. / Geckeler H., Einführung in die spanische Sprachwissenschaft, Berlin: Erich Schmidt Verlag 2004, S. 149.
[2] Bollée, A. / Neumann-Holzschuh, I., Spanische Sprachgeschichte, Stuttgart: Klett 2005, S. 71
[3] Bollée / Neumann-Holzschuh, S. 74f.
[4] Gil, José S., La escuela de traductores de Toledo y sus colaboradores judíos, Toledo: Instituto Provincial de Investigaciones y Estudios Toledanos 1985, S. 25.
[5] Dietrich / Geckeler, S. 149.
[6] Bollée / Neumann-Holzschuh, S. 70.
[7] http://www.uclm.es/escueladetraductores/paginas/historia.html (27.04.2006).
[8] Gil, S.27.
[9] http://www.cervantes-muenchen.de/onlineausstellungen/toledo/subframe.html (25.04.2006).
[10] Bollée / Neumann-Holzschuh, S. 44.
[11] Angermann, Norbert, „Die Schule von Toledo“, in: Lexikon des Mittelalters VIII, München: LexMA- Verlag 1997, S. 1151.
[12] Dietrich / Geckeler, S. 167.
[13] http://www.uclm.es/escueladetraductores/paginas/historia.html (27.04.2006).
- Citar trabajo
- Eveline Podgorski (Autor), 2006, Übersetzerschule von Toledo, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119439
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