Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als erstes Kind des Kaufmanns Hermann Kafka (1852-1931) und seiner Frau Julie (1856-1934) im Ghetto Prag V („Josefstadt“) geboren. Sein Vater war der tschechisch erzogene Sohn eines jüdischen Fleischhauers und seine Mutter die deutsch erzogene Tochter eines jüdischen Brauereibesitzers. Die Familie war religiös und der Junge wurde am 10. Juli beschnitten. In seinen Tagebuchaufzeichnungen berichtete Kafka hauptsächlich von seinen mütterlichen Vorfahren, unter denen es viele „fromme, zurückgezogen lebende Gelehrte und Rabbiner, einige Ärzte, zahlreiche Junggesellen und Sonderlinge“ gab. Es war auch die Familie der Mutter, zu der sich Kafka zeit seines Lebens sehr hingezogen fühlte und von der er die meisten Charaktereigenschaften geerbt hatte, so die zarte Konstitution, Empfindlichkeit, die schüchterne, beinahe übermäßig ängstliche Bescheidenheit, die Scheu und eine gewisse Kontaktarmut.
Zu seinem Vater, der von seinen Kindern immer nur das Beste verlangte, hatte Kafka immer ein sehr schwieriges Verhältnis. Kafka hatte fünf Geschwister, von denen zwei Brüder Georg (1885-1887) und Heinrich (1887-1888) früh gestorben waren, und drei Schwestern Gabriele (1889-1941), Valerie (1890-1942) und Ottla (1892-1943), Kafkas Lieblingsschwester.5 Die Kinder wuchsen unter der Obhut der Köchin, des Hausfaktotums Marie Werner, einem Kindermädchen und einer französischen Gouvernante auf. Die Eltern sahen sie selten: Der Vater hatte ständig in seinem Geschäft zu tun und die Mutter musste immer um ihn sein.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Biographie von Franz Kafka
2. Franz Kafka als Expressionist
2.1. Zum Begriff des Expressionismus
2.2. Das Expressionistisch im Werk von Franz Kafka am Beispiel der Erzählung „Das Urteil“
2.2.1. Zur Entstehungs- und Editionsgeschichte
2.2.2. Zur Kritik und Rezeption
2.2.3. Zum Inhalt
2.2.4. Zur Sprache
2.2.5. Psychoanalytische Literaturinterpretation
2.2.5.1. Kafkas Selbstinterpretation des „Urteils“ in Tagebüchern und Briefen
2.2.5.2. Psychoanalytische Literaturinterpretation am Beispiel von Kafkas Erzählung „Das Urteil“
Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis
Einleitung
Der Schriftsteller Franz Kafka gehört inzwischen zu einem international mystifizierten „Phänomen“, was seine literarische Allgegenwart, seine weltweite Aufnahme in Kritik und Wissenschaft, die zu einer dem einzelnen unüberschaubaren Flut von Detailstudien und Werkdeutungen geführt hat, und seine Wirkung über den engeren Bereich der Literatur hinaus auch beweisen. Dabei fanden die wenigen Bücher, die Franz Kafka selbst zum Druck freigegeben hat, kein Interesse in der Öffentlichkeit und hatten keinen Erfolg. Von der überragenden Bedeutung seiner Werke ahnte man erst nach seinem Tod, nach der Edition seines Nachlasses.
In meiner Arbeit möchte ich mich auf Kafkas frühe Erzählung „Das Urteil“ beschränken und sie aus dem Gesichtspunkt des Expressionistischen betrachten. Wobei ich gleich zugeben muss, dass ich bei dieser Aufgabe vor zwei Problemen stand, einerseits den Begriff des Expressionismus klar zu definieren und andererseits Kafkas Erzählung zu interpretieren. Kafka war kein typischer Vertreter dieser Stilrichtung. Er ging zwar vom Expressionismus aus und seine frühen Werke werden auch des Öfteren mit diesem Begriff in Verbindung gebracht, aber er schaffte zugleich auch etwas ganz eigenes. Deswegen war es für mich problematisch, das „typisch“ Expressionistische aus seinem Werk herauszuarbeiten. Mein zweites Problem war, dass ich mich für keine Methode der Literaturinterpretation richtig entscheiden konnte. Ich wurde von der Flut der Kafka-Interpretationen nahezu erschlagen, und jede von ihnen schien mir auch schlüssig zu sein. Ich habe mich schließlich für die psychoanalytische Literaturinterpretation entschieden, weil ich die Begriffe Psychoanalyse und Freud eher im Zusammenhang mit dem Begriff Expressionismus bringen konnte, und weil Kafka selbst sich und seine Werke andauernd analysierte und das auf der Grundlage der psychoanalytischen Theorien.
1. Biographie von Franz Kafka
Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als erstes Kind des Kaufmanns Hermann Kafka (1852-1931) und seiner Frau Julie (1856-1934) im Ghetto Prag V („Josefstadt“) geboren. Sein Vater war der tschechisch erzogene Sohn eines jüdischen Fleischhauers und seine Mutter die deutsch erzogene Tochter eines jüdischen Brauereibesitzers. Die Familie war religiös und der Junge wurde am 10. Juli beschnitten.1 In seinen Tagebuchaufzeichnungen berichtete Kafka hauptsächlich von seinen mütterlichen Vorfahren, unter denen es viele „fromme, zurückgezogen lebende Gelehrte und Rabbiner, einige Ärzte, zahlreiche Junggesellen und Sonderlinge“ gab.2 Es war auch die Familie der Mutter, zu der sich Kafka zeit seines Lebens sehr hingezogen fühlte und von der er die meisten Charaktereigenschaften geerbt hatte, so die zarte Konstitution, Empfindlichkeit, die schüchterne, beinahe übermäßig ängstliche Bescheidenheit, die Scheu und eine gewisse Kontaktarmut.3
Zu seinem Vater, der von seinen Kindern immer nur das Beste verlangte, hatte Kafka immer ein sehr schwieriges Verhältnis.4 Kafka hatte fünf Geschwister, von denen zwei Brüder Georg (1885-1887) und Heinrich (1887-1888) früh gestorben waren, und drei Schwestern Gabriele (1889-1941), Valerie (1890-1942) und Ottla (1892-1943), Kafkas Lieblingsschwester.5 Die Kinder wuchsen unter der Obhut der Köchin, des Hausfaktotums Marie Werner, einem Kindermädchen und einer französischen Gouvernante auf. Die Eltern sahen sie selten: Der Vater hatte ständig in seinem Geschäft zu tun und die Mutter musste immer um ihn sein.
Die Erziehung beschränkte sich auf Anweisungen bei Tisch und Befehle. Abends musste die Mutter dem Vater stets Gesellschaft leisten.6
In den Jahren 1889 bis 1893 besuchte Kafka die „Deutsche Volks- und Bürgerschule in Prag I“ auf dem Fleischmarkt, in der deutsche, tschechische und jüdische Lehrer unterrichteten.7 Kafka beherrschte perfekt die deutsche und die tschechische Sprachen, die antiken Sprachen, Griechisch und Latein, interessierten ihn eher weniger. Von 1893 bis 1901 besuchte er das „Staats-Gymnasium mit deutscher Unterrichtssprache in Prag“ (genannt Altstädter Deutsches Gymnasium) im Kinsky-Palais am Altstädter Ring. In Religion wurde auch Hebräisch unterrichtet. Das Gymnasium galt als das strengste in Prag, Kafkas Schulleistungen waren überdurchschnittlich und er galt als „Vorzugsschüler“.8 In seinem dreizehnten Lebensjahr hatte er seine „Bar-mizwah“ in der Zigeuner-Synagoge und entwickelte kurz darauf eine starke Abneigung allem Religiösen gegenüber.9 Ein Klassenrammerad gibt eine folgende Charakteristik Kafkas ab: „Wenn ich von Kafka etwas Charakteristisches sagen soll, dann ist es das, dass an ihm nichts Auffälliges war. Er war immer rein und ordentlich, unauffällig und solid, aber niemals elegant gekleidet. Die Schule war für ihn etwas, was ihn im Innersten nicht sehr berührte, was aber ordentlich gemacht werden musste. Wir hatten ihn alle gern und schätzten ihn, aber niemals konnten wir mit ihm ganz intim werden, immer umgab ihn irgendwie eine gläserne Wand. Mit seinem stillen, liebenswürdigen Lächeln öffnete er sich die Welt, aber er verschloss sich vor ihr. Von meinen anderen Mitschülern könnte ich viel mehr sagen, weil sie als Freunde mitteilsam waren. Was mir im Gedächtnis haften geblieben ist, ist das Bild eines schlanken, hoch gewachsenen, jungenhaften Menschen, der so still aussah, der gut war und liebenswürdig, der freimütig jedes Andere anerkannte und doch immer irgendwie entfernt und fremd blieb.“10
Die Vereinsamung in der Kindheit entwickelte sich in der Jugend zur endgültigen Abkapselung. In dieser Zeit, etwa 1897/98, begann Kafka zu schreiben. Neben Tagebüchern und Briefen, die insgesamt über 3000 Seiten aufweisen, verfasste er schon sehr früh Theaterstücke für die Hausaufführungen an den Familienfesten, Gedichte, Erzählungen und Kurzgeschichten, die er später allerdings alle vernichtete.11Im Juli 1901 legte er das Abitur ab und begann im November desselben Jahres sein Studium an der „Deutschen Universität in Prag“. In den ersten zwei Wochen studierte er Chemie, wechselte später zur Jura über. Daneben hörte er kunstgeschichtliche Vorlesungen und besuchte ein Semester lang Philosophievorlesung. Später entschied er sich für Germanistik und studierte nebenbei Jura als „Brotberuf“.12 1902 lernte Kafka Max Brod kennen, der später zu seinem besten Freund werden sollte und eine entscheidende Rolle in seinem Leben spielte. Im Jahre 1906 wurde Kafka zum Doktor der Rechte promoviert, er bestand seine Staatsprüfung mit „genügendem Erfolge“.13 Seiner Berufswahl stand er mehr oder weniger hilflos und gleichgültig gegenüber. Seine einzige Bedingung war ein Beruf, „der zwar die Unabhängigkeit vom Elternhaus sicherte, gleichzeitig aber dem Schreiben möglichst viel Zeit ließ (…)“.14 Nach einem obligatorischen Jahr der „Rechtspraxis“ begann er seine Arbeit in der „Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen“, in der er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1922 arbeitete. Die Arbeitsbedingungen dort waren günstig und bei den Beamten der Anstalt, überwiegend Tschechen, war Kafka sehr beliebt.15
Der bereits erwähnte Freund Max Brod holte Kafka aus seiner Vereinsamung heraus. Sie unternahmen gemeinsam die Ferienreisen nach Oberitalien, Weimar, Paris oder in die Schweiz, Brod begleitete Kafka in die Prager Chantals, Nachtlokale und Cafes und führte ihn in das Prager Literatenleben ein. Er machte ihn mit anderen
Schriftstellern bekannt, ermunterte ihn dazu, seine Arbeiten in diesem Freundeskreis vorzulesen, ermunterte ihn zu neuen Arbeiten und förderte ihre Publikation. Aber das Wichtigste war, dass Brod schon sehr früh Kafkas Begabung erkannte. Er schrieb über ihn: „Es ging etwas ganz ungewöhnlich Starkes von ihm aus, was ich nie wieder angetroffen habe, auch bei Begegnungen mit sehr bedeutenden und berühmten Männern nicht… Nie sprach er ein unbedeutsames Wort. Was von ihm kam, war auf eine Art, die im Laufe der Jahre immer ungezwungener wurde, ein kostbarer Ausdruck seiner ganz besonderen, geduldigen, lebenswilligen, den Narrheiten der Welt gegenüber ironisch nachsichtigen, daher schmerzlich humorvollen und doch niemals den echten Kern, das ’Unzerstörbare’ vernachlässigenden, also stets dem Blasierten oder Zynischen am weitesten abgekehrten Betrachtungsweise. In seiner Gegenwart veränderte sich der Alltag, alles wirkte wie zum ersten Mal gesehen, war neu, oft auf eine sehr traurige, ja niederschmetternde Art neu. Übrigens wirkte Kafka nicht etwa nur auf mich, sondern auf viele in der bezeichneten Richtung. Seine literarischen Werke kannte damals niemand außer mir. Es bedurfte der Werke nicht: der Mensch selbst wirkte und wurde von Menschen von Rang bei aller Schüchternheit seines Auftretens rasch als etwas Besonderes erkannt.“16
Die Geschichte der Publikationen Franz Kafkas begann mit ersten Veröffentlichungen kleiner Werke in Zeitschriften in den Jahren 1908 bis 1912. Als 23jähriger Student beteiligte er sich an einem Preisausschreiben der Wiener Zeitung „Die Zeit“ im Jahre 1906. Doch seine eingereichte Erzählung „Himmel in engen Gassen“ fand nicht den Gefallen Wiener Preisrichter und blieb bei der Preisverleihung unberücksichtigt und ist seitdem verschollen.17 Zwei Jahre später, im März 1908 erschien die erste Publikation Kafkas unter dem Titel „Betrachtungen“ im ersten Heft der neu gegründeten Münchner Zweimonatsschrift „Hyperion“: acht unbetitelte Texte, deren spätere Titel sind: Der Kaufmann, Zerstreutes Hinausschaun, Der Nachhauseweg, Die Vorüberlaufenden, Kleider, Der Fahrgast,
Die Abweisung, Die Bäume.18 Die Kritik lautete: „Hinter Tetschen-Bodenbach wird kein Mensch Kafka verstehen.“19 In diesem Zeitraum bis zum Jahr 1912 kamen nur sechs literarische Veröffentlichungen Kafkas zustande, es waren Prosastücke und –fragmente, die in verschiedenen literarischen Zeitschriften erschienen. Die restlichen Manuskripte vernichtete er.20
Erst im Jahre 1912 gelang Kafka der Durchbruch. Im Dezember wurde sein erstes Buch Betrachtungen veröffentlicht und es entstanden die Erzählungen Das Urteil und Die Verwandlung und die ersten sieben Kapitel des Romans Der Verschollene (Amerika).21 Am 4. Dezember desselben Jahres las Kafka seine Erzählung Das Urteil bei einem „Prager Autorenabend“ der „Herder-Vereinigung zu Prag“ vor. Die Rezension in der Zeitung „Bohemia“ lautete: „ Seine Novelle ’Das Urteil’ ist der Durchbruch eines großen, überraschend großen, leidenschaftlichen und disziplinierten Talentes, das schon jetzt die Kraft hat, allein seinen Weg zu gehen.“22
1913 erschienen Der Heizer. Ein Fragment, 1915 Die Verwandlung und 1916 Das Urteil im Kurt Wolff Verlag und im Herbst 1915 erhielt Kafka den Fontane-Preis.23 In den folgenden Jahren schrieb Kafka In der Strafkolonie, die 1919 gedruckt wurde, eine Sammlung von Erzählungen mit dem Titel Ein Landarzt, ebenfalls 1919 veröffentlicht, sowie zahlreiche Erzählungen, darunter Poseidon, Nachts, Zur Frage der Gesetze, Der Kreisel.24
Kafkas sehr widersprüchliches Verhältnis zu Frauen, mit denen er sich ständig verlobte und wieder entlobte, zeugt von seinen Zweifeln, das bürgerliche Leben und das Schriftstellerdasein unter einen Hut zu bringen. 1912 lernte er Felice Bauer kennen, mit der er sich im Sommer 1914 zum ersten Mal verlobte und einen Monat
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1 Vgl. Bezzel, Chris: Kafka Chronik. Daten zu Leben und Werk. Carl Hanser Verlag, München-Wien, 1975, S. 7.
2 Wagenbach, Klaus: Franz Kafka in Selbstzeugnissen und Bilderdokumenten. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1964, S. 14.
3 Ebd., S. 14 f.
4 Ebd., S. 15 f.
5 Vgl. Binder, Hartmut (Hrsg.): Kafka-Handbuch in zwei Bänden. Band 1: Der Mensch und seine Zeit. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart, 1979, S. 128.
6 Vgl. Wagenbach, a. a. O., S. 20.
7 Vgl. Bezzel, a. a. O., S. 10.
8 Ebd., S. 13.
9 Vgl. Wagenbach, a. a. O., S. 29.
10 Ebd., S. 30
11 Ebd., S. 34.
12 Vgl. Bezzel, a. a. O., S. 20 f.
13 Wagenbach, a. a. O., S. 47 f.
14 Ebd., S. 47
15 Ebd., S. 58 ff.
16 Ebd., S. 60
17 Vgl. Unseld, Joachim: Franz Kafka. Ein Schriftstellerleben. Die Geschichte seiner Veröffentlichungen. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1984, S. 16 f.
18 Vgl. Bezzel, a. a. O., S. 32.
19 Ebd., S. 32.
20 Vgl. Unseld, a. a. O., S. 34 ff.
21 Vgl. Wagenbach, a. a. O., S. 141.
22 Bezzel, a. a. O., S. 70.
23 Ebd., S. 72 ff.
24 Vgl. Wagenbach, a. a. O., S. 141 f.
- Citar trabajo
- Magistra Artium Julia-Maria Warkentin (Autor), 2006, Das Expressionistische im Werk von Franz Kafka am Beispiel der Erzählung „Das Urteil“, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119362
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