Die Seminararbeit beschäftigt sich mit der Auslegung der Bibelstelle Joh 20, 11-18 und der Bildanalyse des Werkes "Christus und Magdalena - Noli me tangere" von Federico Barocci. Dabei wird auch auf Parallelen und Unterschiede zwischen der Perikope und der Darstellung der Szene im Werk eingegangen, besonders im Hinblick auf die Rolle der Maria Magdalena bei der Auferstehung Jesu. Die Debatte um die Beziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena beschäftigt die Wissenschaft schon über Jahrhunderte hinweg. Während die einen Maria als wichtigste Zeugin der Auferstehung Jesu und Verkünderin der Osterbotschaft sehen, betrachten die anderen sie als verführende Sünderin. Im Laufe der Geschichte nahm sie unterschiedliche Rollen und Charaktere an: Von den Kirchenvätern als Apostelin der Apostel gefeiert, stellt Gregor der Große sie als exemplarische Büßerin dar, die ein schamloses Leben als Prostituierte führt. Besonders im Mittelalter waren im westlichen Raum sexualisierte Darstellungen Marias populär, die für lange Zeit das Verständnis ihrer Gestalt prägten. So malte Tizian um 1565 "Maria Magdalena als Büßerin" mit fast entblößter Brust oder Caravaggio um 1613 die "Maria in Ekstase".
Die Basis für ihren ambivalenten Charakter ist hauptsächlich das Evangelium des Lukas, der von einer Austreibung von 7 Dämonen spricht, aber auch die Erzählungen anderer Evangelisten von einer Salbung. Neben den Berichten in der Bibel existieren auch apokryphe Schriften, die noch näher auf das Verhältnis zwischen Jesus und Maria eingehen: Das Evangelium nach Maria und das Evangelium nach Philippus bezeichnen sie als "paradigmatische Lieblingsjüngerin", die von Jesus bevorzugt wird und dadurch sogar einen Konflikt mit Petrus auslöst. Besonders hervorgehoben wird Jesu tiefe Liebe zu Maria, weswegen sie als "Partnerin" des Erlösers bezeichnet wird und daher bis heute weitgreifende Spekulationen um ihre Beziehung existieren.
Trotz der unterschiedlichen Auslegungen und Interpretationen der Texte, ist eine primär geistige Verbindung zwischen Maria und Jesus nicht zu leugnen. Als Fundament für diese These dient Joh 20, 1-18, die Begegnung Jesu am Grab. In dieser Perikope schildert Johannes eine ausdrucksstarke und bedeutungsvolle Wiedererkennungsszene, die bis heute ein weit verbreitetes Motiv in der westlichen Malerei ist.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Exegese der Perikope Joh 20, 11-18
a. Perikopenabgrenzung
b. Methodische Analyse der Perikope
i. Narrative Struktur
ii. Analyse der Semantik und Syntax
iii. Kohärenzanalyse
iv. Pragmatische Analyse
c. Theologische Gesamtinterpretation
II. Bildanalyse: „Christus und Magdalena - Noli me tangere“ (1590), Federico Barocci
a. Epoche: Der Frühbarock (ca. 1590-1630)
b. Der Künstler: Federico Barocci
c. Das Bild: „Christus und Magdalena - Noli me tangere“
i. Bildbeschreibung der Darstellung
ii. Bildnerische Mittel
III. Bibel im Bild
Schluss
Einleitung
Die Debatte um die Beziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena beschäftigt die Wissenschaft schon über Jahrhunderte hinweg. Während die einen Maria als wichtigste Zeugin der Auferstehung Jesu und Verkünderin der Osterbotschaft sehen, betrachten die anderen sie als verführende Sünderin. Im Laufe der Geschichte nahm sie unterschiedliche Rollen und Charaktere an: Von den Kirchenvätern als Apostelin der Apostel gefeiert, stellt Gregor der Große sie als exemplarische Büßerin dar, die ein schamloses Leben als Prostituierte führt. Besonders im Mittelalter waren im westlichen Raum sexualisierte Darstellungen Marias populär, die für lange Zeit das Verständnis ihrer Gestalt prägten. So malte Tizian um 1565 „Maria Magdalena als Büßerin“ mit fast entblößter Brust oder Caravaggio um 1613 die „Maria in Ekstase“.
Die Basis für ihren ambivalenten Charakter ist hauptsächlich das Evangelium des Lukas, der von einer Austreibung von 7 Dämonen spricht, aber auch die Erzählungen anderer Evangelisten von einer Salbung. Neben den Berichten in der Bibel existieren auch apokryphe Schriften, die noch näher auf das Verhältnis zwischen Jesus und Maria eingehen: Das Evangelium nach Maria und das Evangelium nach Philippus bezeichnen sie als „paradigmatische Lieblingsjüngerin“, die von Jesus bevorzugt wird und dadurch sogar einen Konflikt mit Petrus auslöst. Besonders hervorgehoben wird Jesu tiefe Liebe zu Maria, weswegen sie als „Partnerin“ des Erlösers bezeichnet wird und daher bis heute weitgreifende Spekulationen um ihre Beziehung existieren. Trotz der unterschiedlichen Auslegungen und Interpretationen der Texte, ist eine primär geistige Verbindung zwischen Maria und Jesus nicht zu leugnen. Als Fundament für diese These dient Joh 20, 1-18, die Begegnung Jesu am Grab. In dieser Perikope schildert Johannes eine ausdrucksstarke und bedeutungsvolle Wiedererkennungsszene, die bis heute ein weit verbreitetes Motiv in der westlichen Malerei ist. Diese ist Grundlage für Marias Wirken als Jüngerin und Verkünderin, als verbindendes Element von Glauben und Hoffnung. So beschäftigt sich diese Seminararbeit zum einen mit der Exegese der Bibelstelle, zum anderen mit ihrer Darstellung von Federico Barocci, wobei der Fokus auf Jesu Ausruf „noli me tangere“ gelegt wird.
I. Exegese der Perikope Joh 20, 11-18
„Die Erscheinung Jesu vor Maria aus Magdala“: Joh 20, 11-181
11 Inzwischen war auch Maria aus Magdala zum Grab zurückgekehrt und blieb voller Trauer davorstehen. Weinend schaute sie in die Kammer 12 und sah zwei weiß gekleidete Engel an der Stelle sitzen, wo der Leichnam von Jesus gelegen hatte; einen am Kopfende, den anderen am Fußende. 13 »Warum weinst du?«, fragten die Engel. »Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingebracht haben«, antwortete Maria.
14 Als sie sich umblickte, sah sie Jesus dastehen. Aber sie erkannte ihn nicht. 15 Er fragte sie: »Warum weinst du? Wen suchst du?« Maria hielt Jesus für den Gärtner und fragte deshalb: »Hast du ihn weggenommen? Dann sag mir doch bitte, wohin du ihn gebracht hast. Ich will ihn holen.« 16 »Maria!«, sagte Jesus nun. Sie wandte sich ihm zu und rief: »Rabbuni!« Das ist Hebräisch und heißt: »Mein Lehrer.« 17 Jesus sagte: »Halte mich nicht fest! Denn ich bin noch nicht zu meinem Vater in den Himmel zurückgekehrt. Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe zurück zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott!« 18 Maria aus Magdala lief nun zu den Jüngern und berichtete ihnen: »Ich habe den Herrn gesehen!« Und sie erzählte alles, was Jesus ihr gesagt hatte.
a. Perikopenabgrenzung
Die Perikope Joh 20, 11-18 ist Teil der Passions- und Auferstehungsgeschichte Jesu. Der vorausgehende Kontext hierfür war die Bestattung und Salbung Jesu (Joh 19, 38-42), durch die im 20. Kapitel direkt an seinen Tod angeknüpft wird.
Insgesamt wird jedoch im 20. Kapitel des Johannesevangeliums von 3 Ostereignissen berichtet: Angefangen mit Marias Begegnung Jesu am Grab (Joh 20, 11-18), folgt seine Erscheinung vor den Jüngern am Osterabend (Joh 20, 19-23), sowie eine weitere Erscheinung vor Thomas und den Jüngern eine Woche später (Joh 20, 24-29).
Durch Johannes detaillierte Personen-, Zeit- und Raumangaben entstehen unter den Perikopen einige Parallelen. Die zentrale Position Jesu Erscheinung vor den Jüngern wird durch die Auftritte von zwei Einzelpersonen umrahmt, wodurch Maria von Magdala im direkten Vergleich zu Thomas steht. Beide erhalten wesentliche Rollen bei der Erkennung Jesu:
Maria als Erste, die dem Auferstandenen begegnet, und Thomas als Erster, der das Glaubensbekenntnis ausspricht.2 Durch Marias Position als Erstzeugin und Verkünderin der Osterbotschaft fungiert sie als Verbindung des irdischen Lebens Jesu mit seiner Auferstehung zum Vater.
b. Methodische Analyse der Perikope
i. Narrative Struktur
In Bezug auf den lokalen und temporalen Aspekt ist bekannt, dass Maria sich erneut am leeren Grab Jesu ausgehend von Joh 20, 1 am „ersten Tag der Woche“ aufhält. Darüber hinaus ist die gesamte Perikope zeitdeckend erzählt.
Demzufolge lässt sich diese in vier Teile gliedern:
- Aufsuchung des Grabes durch Maria und Begegnung mit zwei Engeln (V. 11-13)
- Umwendung Marias und Auftreten des Auferstandenen (V. 13-15)
- Erkennung des auferstandenen Jesu durch Maria (V. 15-17)
- Ausführung des Verkündigungsauftrags (V. 18)
Ausgehend davon erkennt man, dass Maria nur mit den zwei Engeln3 (Angelophanie) und mit dem Auferstandenen (Christophanie) interagiert. Parallel zu jeder Interaktion ist immer ein Dialog zwischen den jeweils handelnden Personen. Ein wichtiger Unterschied zwischen diesen beiden Teilen ist Marias emotionale Wende: Erscheint sie in V. 11-13 sehr resigniert, schlägt dies in V. 15 in Euphorie um. Synchron dazu ist ihre anfängliche starre Wirkung, die in eine gewisse Dynamik umschlägt.4
Der zentrale Wendepunkt ist Jesu Aufruf „Mapiap“, durch den das geistige Umkehren Marias bewirkt wird. Laut Taschl- Erber ist eine gewisse Parallelität zur Emmaus Geschichte zu erkennen und kongruiert in diesem Fall mit dem „Zweifel - Motiv“ in Mt 28, 17 und Lk 24, 37f, das die meisten Berichte der Osterereignisse prägt.5 Eine gemeinsame Basis bei dieser Wiedererkennungsszene besitzen zudem Johannes und Mt 28, 9f, zumal diese auch Voraussetzung für Mk 16, 9 ist.
Dabei berichtet Matthäus von der ausgeprägten Euphorie der Frauen, in der sie vor Jesus, welchem sie auf dem Heimweg begegnen, niedersinken (προσκυνειν) und seine Füße berühren.6 Auch hier ist, wie in der johanneischen Fassung, die tiefe Intimität der Wiedererkennungsszene mit dem Auferstandenen erkennbar.
Des Weiteren verwendet Johannes in der gesamten Perikope das sogenannte narrative Präsens, wodurch die „kommunikative Struktur“7 des Textes deutlich wird und der Leser eine höhere Identifikationsbereitschaft entwickelt. Auch Marias direkte Dialoge mit den übrigen Akteuren zeigt ihre tiefe Verzweiflung oder in Joh 20, 16 ihre Erleichterung und somit eine offene Emotionalität. Außerdem bekräftigt in der Wiederkennungsszene das Rufen der jeweiligen Namen die gegenseitige Liebe zueinander und verleiht dem Text Lebendigkeit. Der unmittelbare Kontrast dazu ist die Konversation mit den Engeln: „Frau, warum weinst du?“ (Joh 20, 13). Die Engel weisen nicht nur darauf hin, dass Maria erkennen sollte, dass etwas Göttliches geschehen ist, sondern sie sprechen sie auch mit „Frau“ an, wodurch eine gewisse Distanz zu ihr erzeugt wird.8 Ihre Antwort darauf, sie suche ihren „Herrn“, verdeutlicht den wiederholten Irrtum.9 Man kann allgemein einen sukzessiven Erkenntnisweg Marias erkennen, auf welchem Missverständnisse überwunden werden müssen, sowie die Lösung der Frage „τι ζητεις;“.
Insgesamt scheint der Erzähler eine interne Fokalisierung insbesondere auf Maria zu haben, erscheint dennoch nicht allwissend. Denn Marias Emotionen sind auch vom Leser allein durch ihre Dialogführung und unkommentierte Verhaltensweise zu erkennen. Vielmehr scheint es Aufgabe des Erzählers zu sein dem Leser die Gelegenheit zu bieten, sich einzubinden und Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen, um an dem Erkenntnisweg Marias zu partizipieren.10 Er baut seinen Text dramatisch auf, setzt auf Kontraste, Parallelen und die Darstellung der innenperspektivischen Wahrnehmungen.
Im Vergleich zu den Synoptikern erzeugt der Christophanie Bericht mit einer einzigen Person dadurch eine „packende Individualität“11 und trägt zur Einzigartigkeit des johanneischen Auferstehungsberichts bei.
ii. Analyse der Semantik und Syntax
Charakteristische Elemente der Perikope im sprachlich - stilistischen Kontext ist der einfache und kurze Satzbau, sowie der geläufige, hellenistische Wortschatz.12 Dieser lässt aber auch durch seine Simplizität viel Raum für Interpretationen, insbesondere bei dem Ausruf „μη μου ‘απτου“ (Joh, 20, 17). Überdies verzichtet Johannes auf ausschmückende Adjektive und Adverbien oder variierende Formulierungen.13 Jedoch ist eine übermäßige Nutzung von Präpositionen („εις“, „προς“), Partizipien („δοκουσα“, „αγγελουσα“) oder auch der Nebensatzeinleitung „‘οτι“ erkennbar. Die Komplexität des Textes wird also nur minimal durch die Partizipialkonstruktionen erhöht.
Dominant ist grundlegend der Gebrauch von Verben und Substantiven. Demnach gibt es eine Auffälligkeit bei dem Wortfeld des Sehens und Wahrnehmens, wie zum Beispiel „εδει“ und „θεωρει“ oder auch des Bewegens, wie „εστραφει“ und „αναβεινω“. Anzumerken ist, dass alle Bewegungselemente von Maria ausgehen oder sie diese induziert. Darüber hinaus fokussiert sich Johannes durch den übermäßigen Einsatz dieser Bewegungselemente auf die Bedeutung der Ostereignisse. Diese symbolisieren nämlich „das Leben, (...) Aufbruch, Umwendung“ und stehen im Kontrast zum statischen und erstarrten Aspekt des Karfreitags.14
Parallel dazu kann auch auf geistiger Ebene eine Verknüpfung der beiden Wortfelder entstehen, da mit dem „Erkennen“ oder „Umwenden“ nicht nur das irdisch - leibliche Element gemeint ist, sondern auch das mentale. Durch ihre Wiederholung und fehlende Varianz erhalten die Verben große Bedeutung, auch im Hinblick auf die Leitung der Aussage des Textes.
Gleichermaßen zu beachten ist der Imperativ Präsens „μη μου ‘απτου“, der die zentrale Aussage der Perikope bildet. Ein damit verbundener Aspekt ist Jesu Abschiedsrede in Joh 14, die häufig das Wortfeld des Weggehens andeutet. Mit seinem feierlich wirkenden Ausruf „ουπο γαρ αναβεβηκα προς τον πατερα“, in welchem er das Gewicht seines Aufstiegs zum Vater betont, greift er die Bedeutsamkeit seines Abgangs in den Abschiedsreden wieder auf.15 Damit verknüpft ist der Ausdruck „αδελφοι“ (= Brüder), welchen er zum Ersten und letztem Mal verwendet, möglicherweise um seine tiefe Verbundenheit mit seinem und unserem Vater hervorzuheben.
iii. Kohärenzanalyse
Im Hinblick auf den Anfang der Perikope besteht die Vermutung, dass die zwei Engel und die damit verbundene Angelophanie-Szene mit Maria, die allein am Grab erscheint, ein sekundärer Eintrag ist.16 An dieser Stelle ist nämlich Marias eher nüchterne Reaktion auf das Erscheinen der Engel auffallend. Das Motiv der Furcht, welches sonst eher charakteristisch für das Auftreten himmlischer Gestalten ist, bleibt in diesem Kontext völlig aus.17 Außerdem gelten die Engel als Zeichen der Auferstehung und markieren zudem mit ihrer Position das leere Grab. Maria hingegen verharrt in ihrem Irrtum auch nach ihrer Frage „Frau, was weinst du?“ Ihr daran anknüpfendes und nicht begründetes Umwenden ist Basis für die Christophanie Szene und bestätigt in diesem Fall das sekundäre Einsetzen der Angelopahnie Szene.18
Darüber hinaus ist eine Analyse der Begründung für die Ablehnung Marias essenziell für die Feststellung weiterer inkohärenter Merkmale. Denn ein auffälliger Aspekt ist Jesu noch nicht vollzogener Aufstieg. Demnach ist ein Widerspruch zu der Aussage „Ich bin noch nicht aufgestiegen“ (20, 17 a) und dem „Ich steige auf“ (20, 17 c) wahrzunehmen19, welcher abgeschwächt wird, indem man Jesu Intention untersucht: Er beauftragt Maria mit der Verkündigung seines Aufstiegs zum Vater an seine „Brüder“. Jesu letzter Wille ist also die Verbindung seiner Gemeinschaft mit dem Vater.20 In diesem Fall besteht trotzdem eine Spannung zwischen der Theologie des Johannes und der Betrachtungsweise der Urkirche der Auferstehung Jesu. Der Evangelist überbrückt die räumliche und irdische Vorstellung der Auferstehung, erschafft einen Übergang in den transzendenten Bereich und enthüllt, dass das Auftreten des Auferstandenen seine Selbstoffenbarung ist.21
iv. Pragmatische Analyse
Die Gestalt der Maria von Magdala in Joh 20, 11-18 besitzt eine grundlegende Rolle für das gesamte Verständnis der Perikope. Ihr Verhalten und ihre Reaktion auf den auferstandenen Jesus prägen die Wahrnehmung des Lesers und tragen ausschlaggebend zu seiner Aufnahme des Textes bei.
Die drei Teile der Erzählung, also das Gesprächs Marias mit den zwei Engeln, die Begegnung und Erkennung Jesu und letztendlich die Aussendung Marias von Jesus ähnelt der Einteilung der sogenannten „drei Phasen des geistlichen Weges der Maria“22, die jeweils durch die Verwendung eines bestimmten Partizips erkennbar werden:
1) Maria weint (Kkaiouoa)
2) Maria wendet sich selbst um (oTpapeioa)
3) Maria verkündet (ayyEkovaa)
Das „Umwenden“ der Maria von Magdala ist zum ersten Mal physisch und zum zweiten Mal psychisch wahrzunehmen. Als sich Maria nach dem Gespräch mit den Engeln wortwörtlich umdreht, erkennt diese noch nicht den auferstandenen Jesus. Daraufhin folgt der Ausruf „Mapiap“, wodurch Maria von Magdala ihn augenblicklich erkennt.
Der Höhepunkt der Szene ist die Wiedererkennung Marias mit dem Ausruf „paßßouvi“. Hier ist das zweite „Umwenden“ Marias zu erkennen, diesmal nun auf geistiger Ebene.
Durch die Bezeichnung „Meister“23 erkennt Maria den auferstandenen Jesus nun als erhöht, „göttlich - überlegen“ an. Sie hat eine sprituelle Erleuchtung und befindet sich in der 2. Phase ihres Weges.
Ein weiterer johanneischer Höhepunkt, insbesondere im Hinblick auf die Aussageabsicht für den Empfänger des Textes, ist Jesu Begründung, warum Maria ihn nicht aufhalten soll. Er setzt damit fest, worauf das ganze irdische Leben auf der Erde ausgerichtet ist: Das Aufsteigen zum Vater.24 Die Aussendung Marias durch Jesus bildet den Abschluss und die 3. Phase ihrer Entwicklung. In ihrer Euphorie überträgt sie ihr Verständnis und ihre Botschaft an die Jünger.
c. Theologische Gesamtinterpretation
Beginnend mit der Angelophanie Szene begibt sich Maria ein zweites Mal aus Trauer zum Grab Jesu, an dem sie zwei Engel wahrnimmt, die als Symbol für Jesu Auferstehung gelten. In ihrer Trauer gefangen vernachlässigt sie die Bedeutung der Erscheinung der himmlischen Gestalten und drückt nach der Frage „Frau, was suchst du?“ ihren Irrtum aus: Sie glaube, der Leichnam des Herrn sei entwendet worden. Beim physischen sich Umwenden Marias, erblickt diese den
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1 Die Bibel - Einheitsübersetzung Altes und Neues Testament
2 Weidemann, H., http://www.perikopen.de/Leseiahr B/Ostersonntag ABC Joh20 1-18 Weidemann.pdf (zuletzt besucht am 11. Juli 2021)
3 Die zwei Engel sind parallel zur Lk 24,4
4 Taschl-Erber, A. 2007, vgl. S. 142: Darüber hinaus bringt Taschl-Erber an, dass die anderen Charaktere hingegen ruhig und ausgeglichen wirken
5 Taschl-Erber, A: Die Autorin spricht in diesem Kontext vom sogenannten „Rekognitionsmotiv“
6 Schnackenburg, R 1975, vgl. S. 375
7 Taschl-Erber, A 2007, S. 143
8 Schwank, B, vgl. S. 476
9 Beutler, J., vgl. S. 521
10 Taschl-Erber, A. 2007; vgl. S. 144: Taschl - Erber setzt zudem an, dass Maria „unbeirrbar“ auf ihrem Weg der Erkenntnis ist,
11 Taschl-Erber, A. 2007, S. 150
12 Taschl-Erber, A. 2007; S. 109 ff: Die Autorin verweist dabei explizit auf den „schlichten (...) Stil“ der Perikope, welchen sie in einer ausführlichen Analyse untersucht.
13 Taschl-Erber, A. 2007; vgl. S. 110: Dabei spricht Taschl-Erber von einem „repetitiven Stil“ wegen der sich wiederholenden Wörter.
14 Weidemann, H.; http://www.perikopen.de/Lesejahr B/Ostersonntag ABC Joh20 1-18 Weidemann.pdf (zul. bes. 11. Juli 2021)
15 Schnackenburg, R. 1975, vgl. S. 377
16 Schwank, B. 2007; vgl. S. 477: Dabei betont der Autor, dass der sekundäre Zusatz noch vor Veröffentlichung des „authentischen Textes“ war.
17 Schnackenburg, R. 1975; vgl. S. 372: Der Autor weist hierbei darauf hin, dass die Engel somit als Zeugnis für Jesu Auferstehung fungieren und weniger die Angelophanie im Einzelnen im Fokus steht.
18 Schnackenburg, R. 1975, vgl. S. 374
19 Schnackenburg, R. 1975; vgl. S. 377: Der Autor gibt an, dass der Evangelist vermutlich mit dem Anbringen des Wortes „avaßaiveiv“ eine Parallele zur Abschiedsrede erschaffen wollte. Zudem finde sich durch diesen Ausdruck die johanneische Auferstehungstheologie Jesu wieder.
20 Schnackenburg, R. 1975, vgl. S. 377
21 Schnackenburg, R. 1975; vgl. S. 378: Dieser bringt in diesem Kontext an, dass die Kreuzigung Jesu schon die „Erhöhung“ ist
22 S.M. Schneiders, Johannine Resurrection Narrative (aus Beutler, J., 2013, S. 529)
23 Schwank, B.2007; S. 478: „Rabbuni“ ist die aramäische Form des Namens Jesu.
24 Schwank, B. 2007; vgl. S. 478: Schwank erkennt in diesem Zusammenhang eine Parallele zur Abschiedsrede Jesu.
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