Diese Seminararbeit handelt von der Lenkung des deutschen Außenhandels Nationalsozialismus. Durch verschiedene Maßnahmen und Regelungen versuchte die Reichsregierung ausreichend Devisen und Rohstoffe zur Aufrüstung und Erreichung ihrer ideologischen und territorialen Ziele bereitzustellen. Hauptproblem war in weiten Teilen der Mangel an Devisen, den man durch unterschiedliche Pläne und Verträge erfolglos zu lösen versuchte. Dadurch wurden die strategischen Möglichkeiten der Reichsregierung und Wehrmacht stark eingeschränkt, was sich mit auf die Entscheidung für die Strategie des Blitzkrieges ausgewirkt haben könnte.
Gliederung
1. HistorischeAusgangslage
2. Ziele der Wirtschaftspolitik
3. Rohstoffsituation
4. Devisenbewirtschaftung
5. DieAbwertungsdebatte
6. Subvention deutscher Exporteure
7. Clearingverträge
8. Südost-VerlagerungdesAußenhandels
9. AußenpolitischeAuseinandersetzungenundBoykotte
10. Fazit
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Kapitel 1 - Historische Ausgangslage
Schon unmittelbar nach Ende des ersten Weltkriegs, war die Währungssituation in Deutschland schwierig. Der zuvor geltende Goldstandard war längst aufgehoben, um genügend finanzielle Mittel für die Rüstung zur Verfügung stellen zu können. Die durch die ungedeckte Geldschöpfung verursachte Inflation wurde jedoch erst nach dem Krieg deutlich sichtbar, da sie zuvor durch festgelegte Höchstpreise verdeckt worden war. Nach Ende des ersten Weltkrieges führten die Kriegsschulden gepaart mit den Reparationsforderungen der Alliierten und einer schwachen Nachkriegswirtschaft zu einer Verstärkung der Inflation, die 1923 in der Hyperinflation mündete. Erst die Währungsreform 1923 konnte die Lage wieder stabilisieren und Deutschland erholte sich in den Folgejahren mithilfe von ausländischen Krediten wirtschaftlich so merklich, dass die Jahre von 1923-1929 als „Goldene Zwanziger“ bekannt wurden. Der Großteil der Investitionen kam dabei aus den USA.1 So führte der Börsencrash 1929 auch zu einer Krise in Deutschland. Um die eigene Liquidität aufrecht zu erhalten wurden die kurzfristigen amerikanischen Kredite aus Europa abgezogen, dies führte auch in Deutschland zu einer schweren Banken- und Kreditkrise. Die Versuche des Reichskanzlers Heinrich Brüning ab 1930 die Krise zu beenden, waren in Form einer Deflationspolitik angedacht. Die Maßnahmen waren knapp zusammengefasst Erhöhungen der Steuern und Senkungen der Staatsausgaben.2 Die deutsche Handelsbilanz erfuhr zwischen 1928-1931 eine positive Entwicklungjedoch wurde dieser Vorteil durch hohe Zinszahlungen aufgrund der Auslandsschulden verbraucht. Somit führten die hohen Kapitalrückzüge zu einer kaum zu entlastenden Beanspruchung der Gold- und Devisenbestände des deutschen Reichs.3
Kapitel 2 - Ziele der Wirtschaftspolitik
Ein großes Ziel der Nationalsozialisten war die Erschließung neuen Lebensraums im Osten. Einerseits begründet durch die Überzeugung der Überlegenheit gegenüber den dort lebenden Menschen, gleichzeitig notwendig durch den Wunsch nach Selbstversorgung und vollkommener Autarkie.4 Im Vergleich zu anderen großen Nationen der damaligen Zeit war Deutschland tatsächlich deutlich dichter besiedelt, besonders im Vergleich zur weitläufigen USA.5 Das wachsende deutsche Volk sollte nun größere Flächen zur Bewirtschaftung erhalten um die Ernährung zu sichern, ein größerer deutscher Binnenmarkt sollte entstehen und die Rohstoffe der östlichen Länder waren nötig für industrielle Produktion.6 Dieses Ziel verbunden mit der radikalen Überzeugungen einer rassistischen Überlegenheit der Nationalsozialisten ließ kaum eine andere Konsequenz zu, als früher oder später Krieg und Raub.7 Dies war auch von vorne herein der angestrebte Plan Hitlers und eine generelle Aufrüstung des deutschen Reichs folglich notwendig, um diesen Plan zu verfolgen. Die finanziellen Mittel waren jedoch begrenzt und auch der Bedarf an notwendigen Rohstoffen konnte nicht durch inländische Produktion gedeckt werden, besonders nach der vorhergegangenen Wirtschaftskrise. Somit ist klar, dass eine besondere Organisation und Strukturierung notwendig war, um die hohen Ansprüche einer Kriegsrüstung zu erfüllen. Inwieweit spiegelt sich dabei die Kriegsplanung in der Struktur und Lenkung des Außenhandels wieder? Diese Frage möchte ich in den folgenden Kapiteln meiner Seminararbeit näher betrachten.
Kapitel 3 - Rohstoffsituation
Grundsätzlich herrschte zur Zeit um 1933 keine Lebensmittelknappheit in Deutschland, jedoch war die Versorgung nicht autark. So waren beispielsweise tierische Proteine und Milchprodukte aus deutscher Herstellung verfügbar, die besonders leistungsfördemden Futtermittel für die Kühe mussten jedoch aus dem Ausland importiert werden. 1929 waren dazu Importe im Wert von 850 Millionen Reichsmark nötig.8 Dies war zu viel für die Reichsführung, die die knappen Devisen ebenso für den Rohstoffzufluss der Rüstungsindustrie benötigte. So wurden für 1933 nur noch 260 Millionen Reichsmark für derartige Importe zur Verfügung gestellt. Das fehlende Futtermittel musste mit deutschen Rohstoffen gedeckt werden, im Falle der Kühe Heu, Rüben oder Abfälle der Zuckerwirtschaft.9 So wie in diesem Beispiel verhielt es sich ähnlich an anderen Stellen des Reichs, am Import ziviler Güter sollte gespart werden, so hatten die Lebensmittelimporte 193510 nur noch ein Drittel des Wertes der Lebensmittelimporte 1930.11 Beispielhaft dafür war besonders der Import von Nahrungsfetten wie Butter, welche vom Volk durch Marmeladenkonsum ersetzt werden sollte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Statistisches Reichsamt, Jahrbuch, 53. Jahrgang, S. 196-98; Statistisches Reichsamt, Jahrbuch, 55. Jahrgang, S. 218-220
Dies lässt sich durch die Importdaten des deutschen Reichs sichtbar machen, der Verlauf der Butterimporte spiegelt den negativen Trend der Gesamtimporte gut wider, sogar ohne kurzzeitigen Anstieg bis 1934. Dass das tierische Fett hier nicht stattdessen durch pflanzliche Alternativen ersetzt wurde, zeigt der gleichbleibende Einkauf pflanzlicher Öle als Vergleichskurve. Welchem Zweck die Einsparungen dabei dienten wurde durch die politische Führung offen mit propagiert, frei nach dem Zitat von Rudolf Hess: „Auch heute gilt die Parole: Kanonen statt Butter“ von 1936.12 Ebenso nennenswert waren die Einsparungen im textilen Bereich. Wurden 1930 noch verschiedenste Erzeugnisse13 im Wert von 1230,8 Millionen Reichsmark importiert14, waren es 1935 nur noch Waren im Wert von 694,7 Millionen Reichsmark15. Reguliert wurde dies durch das Gesetz über den Verkehr mit industriellen Rohstoffen und Halbfabrikaten bis 1934, von da an über die Verordnung über den Warenverkehr, welche Regelungen für die gesamte Wirtschaft vorsah. Kosten der Kontrollen durch die Überwachungsstellen sollten zu Lasten der regulierten Unternehmen umgelegt werden, wobei die Produktionszweige der Konsumgüterindustrie, wie die Textilindustrie, deutlich stärker belastet wurden als beispielsweise die für das Regime bedeutsamere Rüstungsindustrie.16 Die inländische Produktion von Ersatzstoffen wuchs in
ihrer Bedeutung, durch chemische Verfahren und Produktion synthetischer Stoffe sollten die Rohstoffe nunmehr autark bereitgestellt werden.17 Doch welche Güter wurden stattdessen importiert? Um davon einen Eindruck zu bekommen, habe ich Rohstoffe und Produkte betrachtet, bei denen im Aufbau einer Kriegswirtschaft ein erhöhter Bedarf zu vermuten wäre. In diesem Fall sind es Erze18, Mineralöl, Metalle19 und Kohlen20.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, Daten von 1930-1933: Statistisches Reichsamt, Jahrbuch, 53. Jahrgang, S. 196-198; Daten von 1933-1935: Statistisches Reichsamt, Jahrbuch, 55. Jahrgang, S. 218-220
Die hier dargestellten Datenreihen beginnen 1930 zur Zeit der Deflationspolitik, das Außenhandelsniveau ist aufgrund der vorhergegangenen Weltwirtschaftskrise bereits auf einem sehr niedrigen Niveau. Der zusätzliche Rückgang der Gesamtimporte und auch aller einzelnen dargestellten Güter lässt sich zunächst durch die Deflationspolitik Brünings erklären, die hier für große Einsparungen sorgte. Ab der Machtübernahme 1933 lässt sich für die meisten hier dargestellten Güterjedoch ein steigender Trend erkennen und das obwohl der Wert der Gesamtimport im Gegensatz dazu tendenziell noch weiter sinkt. Damit lässt sich bei der Frage welche Güter importiert werden eine Umlenkung in Richtung industrie- und damit auch rüstungsrelevanter Rohstoffe skizzieren, die die Linie der Nationalsozialisten widerspiegelt, die Einfuhr der für das Rüstungsprogramm wichtigen Güter sicherzustellen.21
Diese offensichtlich hohe Bedeutung von Rohstoffen wird nochmals unterstrichen durch das Ausfuhrverbot von Rohstoffen 1934.22 Außenhandel bedeutete für das NS-Regime vereinfacht die Einfuhr von Rohstoffen, deren Verarbeitung und dann die Ausfuhr der produzierten Fertigwaren.23
Kapitel 4 - Devisenbewirtschaftung
Bis 1930 waren deutsche Defizite in der Handels- und Dienstleistungsbilanz noch über hohe Kapitalimporte aus dem Ausland auszugleichen. Durch die extreme Kapitalflucht in Folge der Weltwirtschaftskrise war die Situation für viele europäische Länder schwieriger geworden, jedoch für die Deutschen ganz besonders, da die Reparationsforderungen und Zinszahlungen zusätzlichen Druck ausübten und die Gold- und Devisenreserven der Reichsbank in dieser Folge extrem schwanden.24 Aus dem Grunde dieser Devisenknappheit wurde am 1. August 1931 die Verordnung über die Devisenwirtschaft erlassen, bei der die Reichsbank die volle Kontrolle über den Verkehr ausländischer Zahlungsmittel erhielt. Zur technischen Abwicklung wurden Devisenstellen eingerichtet, die der Reichsbank unterstellt wurden, ab 1933 der Reichstelle für Devisenbewirtschaftung. Ein freier Zahlungsverkehr mit ausländischen Geschäftspartnern war nun nicht mehr möglich, ebenso das Einlösen von Schecks und Wechseln ohne Genehmigung.25 Für ausländische Kreditgeber wurden die Schuldenrückzahlungen als Sperrmark auf inländischen Konten einbehalten, um weitere Kapitalflucht zu verhindern26. Dieses Guthaben konnte nur noch für begrenzte Zwecke innerhalb Deutschlands, wie Beteiligungen oder deutsche Bonds verwendet werden.27 Gleichzeitig mussten auch der Warenhandel überwacht werden, da es ansonsten möglich gewesen wäre, auf diesem Weg Kapital in Form von Waren ins Ausland zu bringen. Um dies zu verhindern, mussten Exportvalutaerklärungen über den Wert der ausgeführten Waren abgegeben werden, um später sicherstellen zu können, dass im Gegenzug Devisen oder Werte gleicher Höhe zurück nach Deutschland kamen. Auf der Importseite schlug sich die Devisenknappheit in der Form dar, dass alle Güter kategorisiert wurden und eine Devisenzuteilung nur erfolgte, wenn die Einfuhr bedeutend genug war.28 Obwohl diese Maßnahmen hohe Einschränkungen darstellten, war kein Erfolg spürbar.
Abbildung 3: Gold- und Devisenbestände 1930-1940
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus: Ritschi, Zahlungsbilanz, S.lll
Die Devisenbestände sanken von 1932 mit Devisen im Wert von 920 Millionen Reichsmark auf nur noch 83 Millionen Reichmark im Jahr 1934.29 Zwar blieben die Bestände auf diesem Niveau stabiljedoch bei einem Wert der praktisch aufgezehrten Reserven. Auch bei späteren Leistungsbilanzüberschüssen wurden die Devisenreserven nicht wieder aufgefüllt.30 Dies machte eine Handlungsänderung notwendig. Im Juni 1934 wurde ein neues Verfahren eingeführt, bei dem die Devisenein- und -auskünfte nun täglich ausgeglichen werden mussten.31 Dies hatte natürlich zur Folge, dass ständig höhere Devisenanfragen durch Händler vorlagen, als es möglich gewesen wäre durch die Bestände zu bedienen. Der Import von Waren war so zwangsweise reduziert und auch die Ausfuhr war auf einem schwachen Niveau. Dass neben Deutschland auch andere europäische Länder zur Devisenbewirtschaftung übergegangen waren, verstärkte die deutschen Ausfuhrprobleme und der europäische Handel machte mit seinen Güterfreilisten einen protektionistischen Eindruck.32 Der Devisenmangel blieb jedoch ein stetiges Problem und gefährdete die Aufrüstung. Die Not war so groß, dass im Sommer 1936 Göring eigens ein Devisenfahndungsamt aufbauen ließ, das sicherstellen sollte, dass restlos alle im Reich befindlichen ausländischen Werte den Zwecken der Regierung zur Verfügung standen.33
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1 Ebi,Export,S.ll
2 Erbe, Wirtschaftspolitik, S.15f
3 Erbe, Wirtschaftspolitik, S. 12f
4 Teichert, Autarkie, S. 207
5 Tooze, Ökonomie, S. 212
6 Teichert, Autarkie, S. 207
7 Ebi, Export, S. 243
8 Tooze, Ökonomie, S. 229f
9 Ebd.
10 Statistisches Reichsamt, Jahrbuch, 55. Jahrgang, S. 220
11 Statistisches Reichsamt, Jahrbuch, 53. Jahrgang, S. 198
12 Schanetzki, Kanonen, S. 1
13 Rohseide, Florettseide, Wolle und andere Tierhaare, Baumwolle, Flachs, Hanf, Jute und dergleichen
14 Statistisches Reichsamt, Jahrbuch, 53. Jahrgang, S. 198
15 Statistisches Reichsamt, Jahrbuch, 55. Jahrgang, S. 220
16 Höschle, Textilindustrie, S. 31f
17 Erbe,Wirtschaftspolitik, S. 77
18 Eisenerz, Kupfererz, Zinkerz, Schwefelkies, Manganerz und sonstige Metallaschen
19 Eisen, Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Aluminium und unedle Metalle
20 Steinkohle, Braunkohle, Presskohle und Koks
21 Erbe, Wirtschaftspolitik, S. 77
22 Barkai, Wirtschaftssystem, S. 140
23 Teichert, Autarkie, S. 186
24 Ebi, Export, S.19f
25 Ebi, Export, S. 20f
26 Ebd.
27 Tooze, Ökonomie, S. 103
28 Ebi, Export, S. 22
29 Ritschi, Zahlungsbilanz, S. lllf
30 Ebd.
31 Tooze, Ökonomie, S. 96
32 Ebi, Export, S. 75
33 Tooze, Ökonomie, S. 255
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