Durch den aktuell vorherrschenden Lehrer*innenmangel gilt es, die Gründe für vorzeitige Pensionierungen zu erkennen und zu beseitigen. Da Stress eine negative Auswirkung auf die Gesundheit der Lehrpersonen hat, möchte diese Studie überprüfen, ob es eine positive Korrelation zwischen Stress und kultureller Vielfalt gibt. Zudem wird untersucht, ob die Höhe des Diversitätsgrades sich positiv oder negativ auf das Stressempfinden der Lehrer auswirkt.
Durch den stressinduzierten Burnout scheiden pro Jahr geschätzte fünf- bis sechstausend Lehrpersonen vorzeitig aus dem Dienst aus. Zahlreiche Lehrkräfte sind auch bereits krank oder haben ein besonders hohes Risiko, an stressinduzierten Krankheiten zu erkranken. Stress belastet Lehrpersonen sowohl physisch als auch psychisch, nach Professor Martin Halle, Leiter des Zentrums für Prävention und Sportmedizin an der Technischen Universität München. Die Hauptursachen für Stress oder Burnout sind unter anderem Probleme im Klassenzimmermanagement, Verhalten schwieriger Schüler*innen, die Klassengröße und die Klassenzusammensetzung. Wenn bei dem zuletzt genannten mehrere unterschiedliche Leitungsmuster existieren, so muss sich die Lehrperson auf einen Unterricht mit hoher kultureller Vielfalt vorbereiten. Diese zusätzliche Vorbereitung erzeugt weiteren Stress bei Lehrpersonen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Theoretischer Hintergrund
1.1.1 Kulturelle Vielfalt
1.1.2 Stress und kulturelle Vielfalt
2. Methode
2.1 Stichprobe
2.2 Maße und Durchführung
2.2.1 Kulturelle Vielfalt
2.2.2 Stress
2.2.3 Stress und kulturelle Vielfalt
2.3 Auswertung
3. Ergebnisse
3.1 Deskriptive Ergebnisse
3.1.1 Stress im Zusammenhang mit kultureller Vielfalt
3.1.2 Arbeitszufriedenheit
3.2 Analytische Ergebnisse
3.2.1 Hypothese
4. Diskussion
4.1 Fazit
Referenzen
1. Einleitung
„Teachers who were confronted with a highly culturally diverse school showed higher feelings of burnout and stress and lower self-efficacy than teachers presented with a school low in cultural diversity.“ (Glock, Kleen & Morgenroth, 2019, S. 696).
Nach dem obigen Zitat, zeigen Lehrpersonen an Schulen mit einer hohen kulturellen Vielfalt ein höheres Burnout- und Stressgefühl, als Lehrpersonen, die an Schulen mit einer niedrigen kulturellen Vielfalt beschäftigt sind. Durch den stressinduzierten Burnout scheiden pro Jahr geschätzte fünf- bis sechstausend Lehrpersonen vorzeitig aus dem Dienst aus. Nach der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, die sich auf eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg von 2001 bezieht, ist bei jeder zweiten Frühpensionierung eine psychiatrische oder psychosomatische Erkrankung die Ursache. Der Faktor Stress belastet viele Lehrkräfte, so sind vier von zehn Grundschullehrer*innen dauermüde und erschöpft (Technische Universität München, 2017). Zahlreiche Lehrkräfte sind auch bereits krank oder haben ein besonders hohes Risiko an stressinduzierten Krankheiten zu erkranken. Stress belastet Lehrpersonen sowohl physisch als auch psychisch, nach Professor Martin Halle, Leiter des Zentrums für Prävention und Sportmedizin an der Technischen Universität München . Die häufigsten Beschwerden sind Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Nervosität, die die Lehrtätigkeit massiv einschränken (ebd.). Die Hauptursachen für Stress oder Burnout sind, unter anderem, Probleme im Klassenzimmermanagement, Verhalten schwieriger Schüler*innen, die Klassengröße und die Klassenzusammensetzung (Glock, Kleen & Morgenroth, 2019). Wenn bei dem zuletzt genannten mehrere unterschiedliche Leitungsmuster existieren, so muss sich die Lehrperson auf einen Unterricht mit hoher kultureller Vielfalt vorbereiten. Diese zusätzliche Vorbereitung erzeugt weiteren Stress bei Lehrpersonen. Des Weiteren gibt es eine mehr soziale Stressoren (Leifels, 2018), die auf die Lehrpersonen einwirken.
Durch den aktuell vorherrschenden Lehrer*innenmangel gilt es, die Gründe für vorzeitige Pensionierungen zu erkennen und zu beseitigen. Da Stress eine negative Auswirkung auf die Gesundheit der Lehrpersonen hat, möchte die Studie überprüfen, ob es eine positive Korrelation zwischen Stress und kultureller Vielfalt gibt. Zudem wird untersucht, ob die Höhe des Diversitätsgrades sich positiv oder negativ auf das Stressempfinden der Lehrer auswirkt.
1.1 Theoretischer Hintergrund
1.1.1 Kulturelle Vielfalt
Für den Kulturbegriff existieren zahlreiche Definitionen. Nach Podsiadlowski, aus dem Jahre 2002, wird Diversität oder auch kulturelle Vielfalt als Unterschiede zwischen einzelnen Personen oder Gruppen hinsichtlich bestimmter Merkmale beschrieben. Die Unterscheidungsmerkmale sind vielfältig. Häufig werden Merkmale, wie Geschlecht, Rasse, Kulturraum, Nationalität, Alter, ethnische Zugehörigkeit und Beruf beleuchtet. Ebenfalls lassen sich die Merkmale, nach Milliken und Martins (1996), in beobachtbare und nicht beobachtbare Unterschiede einteilen. So sind beispielsweise Alter und biologisches Geschlecht einer Person schnell ersichtlich und zählen somit zu den beobachtbaren Merkmalen. Hingegen zählen Merkmale, wie persönliche Eigenschaften, Bildungsgrad und Wertvorstellungen, die erst über einen längeren Zeitraum ersichtlich werden, zu den nicht beobachtbaren Merkmalen. Insgesamt lässt sich sagen, dass sich die kulturelle Zugehörigkeit sowie Unterschiede vor allem durch „Werte, Rituale, Helden und Symbole“ abzeichnen (Hofstede & Hofstede, 2007, S. 7). Grundsätzlich wird unter dem Begriff der kulturellen Vielfalt die Wahrnehmung von Personen oder Gruppen als anders verstanden (Podsiadlowski, 2002).
In modernen Gesellschaften, wie beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland, ist eine zunehmende kulturelle Vielfalt zu erkennen. So sind im Jahre 2008 etwa 19% der Bevölkerung in Deutschland Menschen mit Migrationshintergrund (Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge). Unter anderem durch die Globalisierung, europäische Integration, deutsche Wiedervereinigung und Zuwanderung, nimmt der Grad der kulturellen Vielfalt in allen Lebenslagen zu. Dadurch werden interkulturelle Begegnungen und Erfahrungen zum Lebensalltag und prägt jeden Menschen (Marx, 2006).
Durch den PISA-Schock 2000 wurde das Thema populär in Deutschland. Er löste eine Bildungsdebatte aus, die sich mit Schüler*innen mit Migrationshintergrund beschäftigte (Rothland, 2013). Die PISA- und IGLU/ PIRLS-Studien zeigen, dass Bildungsverläufe von Kindern und Jugendlichen stark von der sozialen Herkunft, Zuwanderung und dem Geschlecht abhängig sind. Aus diesem Grund betrifft die kulturelle Vielfalt auch die Lehrpersonen und ihre Lebens- und Stresswelt.
1.1.2 Stress und kulturelle Vielfalt
Im Alltag und auch im Lehrerberuf sind die Begriffe Stress und Belastung schon fast normal geworden und werden alltäglich verwendet. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist Stress ein „Zustand des Ungleichgewichts“ (Franzkowiak & Franke, 2018, S. 1). Er ist eine „Reaktion auf Herausforderungen in einer als wichtig eingeschätzten Situation“ (ebd.).
Stress kann sowohl eine positive als auch eine negative Seite an sich haben. So ist bei positivem Stress, oder auch „Eustress“ genannt, der Körper nur für einen kürzeren Zeitraum einer Stresssituation ausgesetzt und kann sich danach wieder erholen. Diese Stresssituationen haben eine kurze Ansäannungsphase und steigern sogar die Leistungsfähigkeit, aktivieren zusätzliche Kräfte und stärken den Optimismus, Glücksund Stärkegefühle (Schünemann, 2020). Beispielsituationen für positiven Stress können Prüfungen, Wettkämpfe, Hochzeit oder eine Geburt sein. Im Gegensatz dazu steht der negative Stress oder „Distress“. Hierbei ist der Körper über einen langen Zeitraum hinweg einer oder mehrerer Stresssituationen ausgesetzt und kann nicht zur Ruhe kommen. Die eigenen Anforderungen, in beispielsweise Beruf oder Leistung, werden in Stresssituationen nicht erreicht und die Unzufriedenheit steigt. Dadurch kann ein inneres Blockadegefühl entstehen und Hemmungen, Angst, Erschöpfung und Aggressionen können auftreten (ebd.). Aber auch körperliche Probleme, wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Hauterkrankungen, Autoimmunschwächen, Depressionen, Schlafstörungen, Hörsturz, Bluthochdruck, Stoffwechselerkrankungen und viele weitere Symptomatiken können vorkommen (Tanghatar, 2012).
Dabei sind die auslösenden Stressfaktoren sehr vielfältig. Auch hier lässt sich eine Unterteilung feststellen, in endogene und exogene Stressoren (Schünemann, 2020). Endogene Stressoren sind „Stressfaktoren, die von der betroffenen Person direkt ausgehen“ (Schünemann, 2020, S. 93). Dazu zählen unter anderem Wut, Ärger und Trauer, aber auch eine pessimistische Grundeinstellung, hohes Konkurrenzdenken, Unordnung oder Chaos und selbstgemachte Bedrohungen (ebd.). Zu den exogenen Stressoren, also den Umweltfaktoren, gelten unter anderem ungünstige Temperaturen, schlechte Luft, Lärm, Verantwortung, Ausgrenzung oder Streit, körperliche Bedrohungen wie Gewalt und Krankheiten (ebd.). Speziell für Lehrpersonen, zählt ebenfalls zu den endogenen Faktoren das Verhalten der Schüler*innen. Dieses wird durch ihren kulturellen Hintergrund bestimmt und stellt eine erneute Herausforderung für die Lehrperson dar. Nach Hüpping (2017) wurde eine generelle Unsicherheit im Umgang mit kultureller Vielfalt festgestellt. Dies liegt unter anderem daran, dass es im Lehramtsstudium keine positiven Modelle im genauen Umgang mit Vielfalt gibt.
In der qualitativen Studie „Kulturkontakt - Kulturkonflikt in der Schule: Untersuchung zum interkulturellen Handeln an Münchner Schulen“ von Sterzenbach und Moosmüller (2000) wurden 28 Lehrer*innen an weiterführenden Schulen interviewt, um die Frage zu klären, inwieweit die Schulen den Umgang mit Vielfalt vorbereiten. Zusammenfassend wurde eine unzureichende Vorbereitung auf die vielfältige Klassenzusammensetzung ermittelt. Es zeigte sich ein mangelnder Respekt gegenüber der kulturellen Unterschiede, eine niedrige Bereitschaft zur gegenseitigen Anpassung und ein fehlendes Bewusstsein, dass die Lehrmethoden nicht für die gesamte Schülerschaft gültig sein können (ebd.). Demnach kann, durch die fehlende Bereitschaft einer Vorbereitung auf kulturelle Vielfalt der Schüler*innen, die Herausforderung dieser auch nicht minimiert werden.
Allemann-Ghionda et al. zeigten in ihrer Studie „Beobachtung und Beurteilung in soziokulturell und sprachlich heterogenen Klassen. Die Kompetenzen der Lehrpersonen (BeBeSch).“, die in den Jahren 2003 bis 2004 erhoben wurde, dass eine überwiegende Mehrheit an den befragten Grundschullehrer*innen es als schwierig ansehen, sich in die Lernsituation von mehrsprachigen Migrantenkindern hineinzuversetzen. Welches deutlich zeigt, dass die Lehrpersonen die Empathie für diese Schüler*innen fehlt und der Versuch des Verstehens einen weiteren Stressfaktor darstellt. Zusätzlich wurde aufgezeigt, dass die meisten der befragten Lehrer*innen die Meinung vertreten, dass Schüler*innen aus Migrationsfamilien, auch unabhängig von ihrem Sprachvermögen und -verständnis, generelle Verständnisprobleme aufzeigen. Obwohl sich nur zwei von neun Lehrpersonen mit dem sprachlichen Hintergrund ihrer Schüler*innen beschäftigt haben und wissen, welche Sprache bei ihnen daheim hauptsächlich gesprochen wird (ebd.). Somit wird auch deutlich, dass die Lehrpersonen sich nicht mit ihren Schüler*innen weiter beschäftigen möchten, da dies eine erneute komplexe Aufgabe wäre, die mit Stress verbunden ist. Eine inklusive Unterrichtsgestaltung ist somit nicht möglich. Deutlich wird die Einstellung der Lehrpersonen, sich nicht mit den Schüler*innen weiter zu beschäftigen, auch an dem bevorzugten Bewertungssystem. 75% der Befragten gaben an, das Beurteilungssystem der Notenvergabe zu nutzen. Sie haben Schwierigkeiten die Leistungen der Schüler*innen mit Migrationshintergrund individuell zu bewerten. Der Gedanke, dass die Schüler*innen nicht ordentlich bewertet werden können erzeugt erneut Stress bei den Lehrpersonen. Zusammenfassend müsste sich die Lehrperson mit allen kulturellen Vielfalten in den Klassen auseinandersetzen, welches eine eine hohe Aufgabenkomplexität darstellt und einen weiterer hoher Stress- und Belastungsfaktor ist.
Durch die eben aufgeführten Studien lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Stresslevel der Lehrpersonen und dem Grad der kulturellen Vielfalt darstellen. Daher wird folgende Hypothese aufgestellt: Je höher die kulturelle Vielfalt an Schulen, desto höher ist das Stresslevel der Lehrkräfte. (+ und sind zufriedener auf ihrer Arbeit).
2. Methode
2.1 Stichprobe
Teilnehmer*innen waren Lehrer*innen, die im Rahmen der FOV-Seminare, an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg rekrutiert wurden. Das Seminar ist ein verpflichtender Kurs innerhalb der Lehrer*innenausbildung. Im Rahmen des Seminars wurden die Lehramtsstudierenden aufgefordert, mindestens 3 Lehrer*innen aus ihren persönlichen Kontakten zu der Befragung einzuladen. Bei den Teilnehmer*innen handelte es sich um berufstätige Lehrer*innen in Deutschland, die bereits ihr zweites Staatsexamen absolviert hatten. Die Teilnehmer*innen mussten an allgemeinbildenden Schulen unterrichten. Quereinsteiger wurden in die Stichprobe mit aufgenommen. Lehrkräfte, die bereits pensioniert, an Hochschulen oder Universitäten, sich im Referendariat oder im Ausland unterrichten sind nicht mit inbegriffen. Die Daten wurden zwischen dem 22.12.2020 und dem 24.01.2021 erhoben.
2.2 Maße und Durchführung
Die Daten wurden mithilfe eines Online-Fragebogens erhoben, der sich an berufstätige Lehrer*innen aller Schulformen richtete. Der Fragebogen bestand aus 17 Bereichen zum Umgang mit Diversität in der Schule, Erwartungen an Schüler*innen mit Migrationshintergrund, Gefühlen bezüglich der Arbeit, Verhalten gegenüber Schüler*innen, allgemeine Ansichten und Erfahrungen, Schulmerkmale, Lehrereigenschaften sowie demographischer Informationen.
Der Fragebogen wurde über die Online-Plattform Unipark verteilt. Zu Beginn jedes Bereiches erhielten die Teilnehmer*innen die entsprechenden Anweisungen und Antwortskalen für die folgenden Fragen. Für die vorliegende Studie ist nur eine Auswahl der Fragebogenskalen relevant. Sie sind im Folgenden detailliert aufgeführt. Der Fragebogen wurde in deutscher Sprache verteilt. Wenn keine validierten Übersetzungen zur Verfügung standen, wurde die jeweilige Skala von den Studienleitern ins Deutsche übersetzt und von einem Komitee aus zweisprachigen Experten diskutiert, um sicherzustellen, dass die Übersetzung die ursprüngliche Bedeutung der Items widerspiegelte.
2.2.1 Kulturelle Vielfalt
Der Grad der kulturellen Vielfalt der Schule wurde im Fragebogen mittels eines Items im Fragebogen erfasst: „Bitte schätzen Sie, aus wie vielen kulturellen Gruppen sich die Schüler*innenschaft Ihrer Schule zusammensetzt“. Zur Auswahl standen fünf Konstellationen von sechs Kreisen mit unterschiedlichen Texturen. „Aus einer Kultur“, „Aus zwei verschiedenen Kulturen“ , „Aus drei verschiedenen Kulturen“, „Aus vier verschiedenen Kulturen“ und „Aus fünf oder mehrverschiedenen Kulturen“, die Lehrer*innen sollten die zutreffende Konstellation ankreuzen.
2.2.2 Stress
Der Stress wird im Fragebogen nicht direkt befragt. Trotzdem kann dieser aus den drei Items der Arbeitszufriedenheit: „Ich mache meine Arbeit gerne“, „Ich bin stolz darauf, meinen Beruf auszuüben“ und „Meine Arbeit bereitet mir Freude“ hergeleitet werden. Die Teilnehmer*innen gaben auf einer Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll und ganz zu) an, wie sehr sie den vier Items zustimmten. Für jede*n Teilnehmer*in wurde ein Skalenwert gebildet, indem der Mittelwert der vier Items berechnet wurde.
2.2.3 Stress und kulturelle Vielfalt
Stress im Zusammenhang mit kultureller Vielfalt wurde im Fragebogen mittels 4 verschiedener Item erfragt. „Täglich mit Schüler*innen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zu arbeiten, verschafft mir viel Erfüllung“, „Stets mit Schüler*innen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen umzugehen, erschwert meine Arbeit als Lehrkraft“, „Täglich mit Schüler*innen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zu arbeiten, frustriert mich“ und „Stets mit Eltern von Schüler*innen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen umzugehen, erschwert meine Arbeit als Lehrkraft“ Die Teilnehmer*innen gaben auf einer Skala von 1 (trifft gar nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu) an, wie sehr sie den vier Items zustimmten. Für jede*n Teilnehmer*in wurde ein Skalenwert gebildet, indem der Mittelwert der vier Items berechnet wurde.
2.3 Auswertung
Die Datenanalyse wurde mit dem Statistikprogramm SPSS durchgeführt. Nach der Datenerhebung wurden die Daten von wissenschaftlichen Hilfskräften für die Analyse vorbereitet. Skalenmittelwerte wurden für alle Likert-Skalen berechnet. Deskriptive Statistiken für alle Maße werden berichtet werden, unter anderem der Mittelwert für jede Variable über die gesamte Strichprobe hinweg sowie ihre Standardabweichung und möglicherweise Häufigkeiten. Die Hypothesen wurden mit bivariaten Korrelationen getestet. P-Werte wurden bei p < 0,5 als signifikant interpretiert. Zudem wurde die Effektgröße der Pearson r-Korrelation verwendet, um die Stärke der bivariaten Beziehung zu interpretieren. Nach Pearson gilt ein Wert unter 0,3 als kleiner Effekt, zwischen 0,3-0,5 als mittlerer Effekt, und Werte größer als 0,5 als starke Effekte.
3. Ergebnisse
3.1 Deskriptive Ergebnisse
3.1.1 Stress im Zusammenhang mit kultureller Vielfalt
Tabelle 1. Deskriptive Analyse von Stress im Zusammenhang mit kultureller Vielfalt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus Tabelle 1 sind der Mittelwert, das Minimum und Maximum sowie die Standardabweichung von Stress im Zusammenhang mit kultureller Vielfalt in der Stichprobe von N = 544 Teilnehmer*innen zu entnehmen. In der Studie wurde diese Variable unter „cdstress“ aufgeführt und wurde auf einer Skala von 1 bis 5 gemessen und zeigt einen Mittelwert von M = 2,5093.
Bei diesem Item haben drei Fragen das direkte Stressempfinden und eine Frage die Erfüllung durch kulturelle Vielfalt untersucht. Bei einer gestressten Person, müsste sich demnach ein hoher Wert zeigen. Mit dem vorliegenden Mittelwert und einer Standardabweichung von 0,69830 zeigt sich eine Tendenz zu wenig Stressempfinden im Zusammenhang mit kultureller Vielfalt.
3.1.2 Arbeitszufriedenheit
Tabelle 2. Deskriptive Analyse der Arbeitszufriedenheit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2 zeigt den Mittelwert, das Minimum und Maximum sowie die Standardabweichung für die Arbeitszufriedenheit von N = 552 Teilnehmer*innen aus der Stichprobe. Diese Variable wurde in dem Fragebogen der Studie unter der Kurzform „jobsat“ aufgeführt und wurde ebenfalls mit einer Skala von 1 bis 5 gemessen. Dabei zeigt sich ein Mittelwert von M = 4,2902.
Aus diesem Mittelwert und einer Standardabweichung von 0,62724 lässt sich schließen, dass die Teilnehmer*innen mit ihrer Arbeit zufrieden sind.
3.2 Analytische Ergebnisse
3.2.1 Hypothese
Tabelle 3. Korrelation zwischen Stress im Zusammenhang mit kultureller Vielfalt und Arbeitszufriedenheit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4. Diskussion
Das Stresserleben von Lehrer*innen zu ermitteln und Unterstützungen anbieten zu können ist eine wichtige Maßnahme, um gegen viele stressinduzierte Krankheiten wie Burnout oder Frühpensionierungen vorgehen zu können. Zudem fehlen aktuell sehr viele Lehrkräfte, wodurch wiederum andere praktizierende Lehrer*innen diese ersetzen müssen. Somit sollen auch die Klassen der fehlenden Lehrer*innen übernommen werden, sodass eine Lehrperson meist mehrere Klassen mit unterschiedlichsten Schüler*innen unterrichten muss.
Das Ziel einer jeden Lehrkraft ist es, jedem Schüler/ jeder Schülerin den Unterrichtsinhalt so interessant und effizient wie möglich zu vermitteln. Doch dafür muss sich die Lehrperson auf die vielen unterschiedlichen Interessen und Motivationen der Schüler*innen einstellen und diese berücksichtigen, um einen Unterricht gestalten zu können, dem die Schülerschaft gern folgt. Aktuell steigt die kulturelle Vielfalt in den Schulen an und die meisten Lehrer*innen wissen nicht, wie sie mit Schüler*innen aus anderen Kulturen umgehen sollen.
Aus diesem Grund wurde nach einem möglichen Zusammenhang zwischen dem Stresserleben von Lehrer*innen und der kulturellen Vielfalt geforscht. Dazu wurden deutschlandweit Daten von Lehrer*innen mittels eines Fragebogens gesammelt. Es wurde eine große Anzahl (n = 544) unterschiedlichsten Geschlechts, Alters und Schulform befragt, die über das gesamte Land verteilt waren. Dadurch konnte ein großes Spektrum an unterschiedlichen Sichtweisen gesammelt werden, sodass die Studie als repräsentativ und valide gilt.
Das Ergebnis der Studie deutet darauf hin, dass kulturelle Vielfalt das Stresserleben von Lehrer*innen negativ beeinflusst. Dies könnte daran liegen, dass Lehrer*innen gern alle Schüler*innen gleich behandeln möchten. Doch bei einer steigenden kulturellen Vielfalt können oft Kommunikations- und damit auch Bewertungsschwierigkeiten entstehen. Bei vielen Lehrkräften entsteht dadurch ein meist unnötiger Druck allen Schüler*innen gerecht werden zu wollen. Außerdem sind die meisten Lehrer*innen nicht auf den Umgang mit Schüler*innen anderer Kulturen vorbereitet, wie schon die Studie von Sterzenbach und Moosmüller (2000) zeigte. Durch diese mangelnde Vorbereitung fehlt auch die Anpassungsbereitschaft der Lehrer*innen und die Herausforderung der kulturellen Vielfalt wird nicht reduziert. Dadurch können auch Hemmungen gegenüber den Schüler*innen aus anderen Kulturen entstehen, wodurch nicht nur der Unterricht leidet, sondern auch die Lehrperson.
Hilfreich wäre eine Vorbereitung auf den Umgang mit kultureller Vielfalt, damit der Respekt und die Empathie der Lehrer*innen für die Schüler*innen entstehen kann. Nicht nur in der Lehrerausbildung, sondern auch als Vorbereitungskurse für bereits praktizierende Lehrer*innen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Einfluss von kultureller Vielfalt auf das Stresserleben der Lehrer*innen noch schwach ist. So könnten diese Maßnahmen bereits helfen, dass kulturelle Vielfalt kein Stressfaktor für Lehrer*innen mehr darstellt. Denn es ist klar, dass der Diversitätsgrad an deutschen Schulen nicht sinken wird. Somit könnten die Lehrkräfte vor stressinduzierten Krankheiten und vor Ausfällen geschützt werden und die Schüler*innen einen gerechten Unterricht erhalten.
Allerdings gab es auch Einschränkungen in der Studie und im Fragebogen. So wurde der Faktor Stress nicht als eigenes Item eingefügt, sondern musste für die Forschung durch das Item der Arbeitszufriedenheit ermittelt werden. Zudem wurden Lehrer*innen mit durchschnittlich 18 Jahre Arbeitserfahrung befragt. Bei zukünftigen Forschungen sollte auf ein weiteres Spektrum an Arbeitserfahrung zurückgegriffen werden, welche eine Längsschnittforschung garantieren könnte. Sicherlich wäre dann ein anderes Ergebnis aus der Studie hervorgegangen, da jüngere Lehrer*innen durch ihre noch nicht so weit entfernte Ausbildung anders auf kulturelle Vielfalt reagieren würden. Außerdem wurden Quereinsteiger in der Studie mit berücksichtigt, die meist keine pädagogische Ausbildung absolviert haben.
So könnten zukünftige Forschungen nach einen Zusammenhang zwischen Diversitätstraining und dem Stresserleben bei kultureller Vielfalt suchen. Lehrer*innen die ein Diversitätstraining absolviert haben, könnten besser auf Schüler*innen anderer Kulturen reagieren, als Lehrer*innen ohne Training. Zudem könnte untersucht werden, ob jüngere Lehrer*innen wirklich besser mit kultureller Vielfalt klarkommen, als ältere Lehrer*innen. Es könnte für die jüngeren Lehrer*innen auch einen weiteren Stressfaktor darstellen, da diese sich erst noch in den Unterrichts- und Schulalltag einleben müssen.
4.1 Fazit
Zusammenfassend zeigt die Studie, dass sich die kulturelle Vielfalt in Schulen auf das Stresserleben der Lehrer*innen negativ auswirkt. Wie Glock, Kleen und Morgenroth (2019) bereits sagten, zeigen Lehrer*innen an Schulen mit hoher Diversität ein höheres Burnout- und Stressgefühl. Damit nicht weitere Lehrer*innen aufgrund dieser stressinduzierten Krankheiten ausfallen müssen, sollte es Diversitätstrainings für Studierende sowie praktizierende Lehrer*innen geben. Denn Fakt ist, dass sich die kulturelle Vielfalt an Schulen nicht vermeiden lässt, weshalb Lehrer*innen lernen sollten, wie sie am respektvollsten und empathischten auf Schüler*innen anderer Kulturen reagieren können. Noch ist der negative Zusammenhang zwischen dem Stresserleben und der kulturellen Vielfalt schwach. Deshalb sollten demnächst Entscheidungen getroffen werden, damit dieser nicht noch größer werden kann und Lehrer*innen sowie Schüler*innen einen gerechten und entspannten Schulalltag erleben dürfen.
Referenzen
Glock, Kleen & Morgenroth (2019). Stress among teachers: Exploring the role of cultural diversity in school. The Journal of Experimental Education, 87 (4), 696-713.
Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (2007). Stressberuf: Lehrer. Verfügbar unter: https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/stressberuf-lehrer/, letzter Zugriff am: 20.06.2021.
Technische Universität München (2017). Stress belastet Lehrer - aktuelle Studienergebnisse. Verfügbar unter: https://www.sport.mri.tum.de/de/newsreader/ muede-lehrer-ergebnisse-der-dak-studie.html, letzter Zugriff am: 20.06.2021.
Leifels, K. (2018). Stressoren und Ressourcen in der interkulturellen Teamarbeit - Eine Analyse zur Prävention von arbeitsbedingtem Stress. Wiesbaden: SpringerGabler.
Podsiadlowski, A. (2002). Multikulturelle Arbeitsgruppen in Unternehmen. Bedingungen für erfolgreiche Zusammenarbeit am Beispiel deutscher Unternehmen in Südostasien. München: Waxmann.
Milliken & Martin (1996). Searching for Common Threads: Understanding the Multiple Effects of Diversity in Organizational Groups. Academy of Management Review, 21 (2), 402-433.
Hofstede & Hofstede (2007). Lokales Denken, globales Handeln. Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management (2. Auflage). Wiesbaden: SpringerGabler.
Marx, N. (2006). Kulturelle Vielfalt. Die Gesellschaft zwischen Anerkennung und Ausgrenzung. Verfügbar unter: https://www.grin.com/document/279871, letzter Zugriff am: 20.06.2021.
Rothland, M. (2013). Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf (2. Auflage). Wiesbaden: Springer VS.
KKH Kaufmännische Krankenkasse & MHH Medizinische Hochschule Hannover (2005/ 2006). Weißbuch Prävention. Stress? Ursachen, Erklärungsmodelle und präventive Ansätze. Heidelberg: Springer Medizin Verlag.
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Franzkowiak & Franke (2018). Stress und Stressbewältigung. Verfügung unter: https://leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches- verzeichnis/stress-und-stressbewaeltigung/, letzter Zugriff am: 20.06.2021.
Tanghatar, R. (2012). Stress. Psychosomatisches Wohlbefinden erlangen. Centaurus Verlag & Media KG.
Schünemann, A. (2020). Nur gut gemeint? Gewalt in der Intensivpflege. Kapitel 4: Der Faktor Stress. Berlin: Springer Verlag.
Hüpping, B. (2017). Migrationsbedingte Heterogenität. Pädagogische Proffesionalität von Grundschullehrkräften im Umgang mit Vielfalt. Wiesbaden: Springer VS.
Sterzenbach & Moosmüller (2000). Kulturkontakt - Kulturkonflikt in der Schule: Untersuchung zum interkulturellen Handeln an Münchner Schulen. München: Ludwig-Maximilians-Universität München.
Allemann-Ghionda et al. (2003/ 2004). Beobachtung und Beurteilung in soziokulturell und sprachlich heterogenen Klassen. Die Kompetenzen der Lehrpersonen (BeBeSch). Weinheim und Basel: Beltz Verlag.
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- Quote paper
- Sophia Liesche (Author), 2021, Der Einfluss von kultureller Vielfalt auf das Stresserleben von Lehrkräften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1191313
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