Heutzutage ist Gewalt mit allen seinen Formen ein mehr oder weniger häufig auftretender Bestandteil
aller Filmgenres: vom Action- und Horrorfilm, über Komödie bis zum Animationsfilm. In der Regel
wird bei einer Gewaltszene den Konflikt zwischen der Hauptfigur und dem Charakter, der irgendwelche
böse Absichten gegenüber dem Helden hat, dargestellt. Es findet eine typische Differenzierung
zwischen Gut und Böse, zwischen Helden und Antagonisten statt (vgl. Hroß 2002, S. 136-137). Während
hier die Gewalt aus der Handlungsentwicklung folgt und in den konkreten narrativen Kontext
des Spielfilmes eingeflechtet ist, sieht es beim Kriegsfilm-Genre ein bisschen anders aus: dort verschmelzen
langsam die Grenzen „zwischen richtig und falsch, Gut und Böse“ (vgl. Mikos 2002, S. 26).
Die Inszenierung von Gewalt ist ein unverzichtbarer Teil des Kriegsfilms. Kriegsfilme bieten einen
unterschiedlichen für das Genre spezifischen Blick auf die Filmgewalt. Im Gegensatz zu den anderen
Genres, stehen hier selten einzelne Individuen im Mittelpunkt des Geschehens, sondern Gruppen
von Menschen und konkreter- von Männern, die auf dem Weg zur Erfüllung ihres Auftrags Gewalt
anwenden müssen. Bei der Gewaltdarstellung wird zum einen den Kampf- und Schlachtszenen eine
zentrale Rolle zugeordnet und zum anderen sind die Geschehnisse, die während „der Reise der Helden
durch den Krieg“ passieren von entscheidender Bedeutung (vgl. Mikos 2002, S. 31-34). Ausgehend
von den bisher erwähnten zentralen Merkmalen des Kriegsfilms lässt sich behaupten, dass die
Gewalt im Film „Die Schlacht um Algier“ auf eine differenzierte Weise inszeniert wird. Ziel dieser
Arbeit soll also sein anhand der Analyse und Vergleich zweier ausgewählten Szenen, die Spezifik und
die Rolle der Gewaltdarstellung im konkreten Film zu interpretieren.
1. Zur Inszenierung von Gewalt im Film. Eine Einleitung.
Heutzutage ist Gewalt mit allen seinen Formen ein mehr oder weniger häufig auftretender Bestand- teil aller Filmgenres: vom Action- und Horrorfilm, über Komödie bis zum Animationsfilm. In der Regel wird bei einer Gewaltszene den Konflikt zwischen der Hauptfigur und dem Charakter, der irgendwel- che böse Absichten gegenüber dem Helden hat, dargestellt. Es findet eine typische Differenzierung zwischen Gut und Böse, zwischen Helden und Antagonisten statt (vgl. Hroß 2002, S. 136-137). Wäh- rend hier die Gewalt aus der Handlungsentwicklung folgt und in den konkreten narrativen Kontext des Spielfilmes eingeflechtet ist, sieht es beim Kriegsfilm-Genre ein bisschen anders aus: dort ver- schmelzen langsam die Grenzen „zwischen richtig und falsch, Gut und Böse“ (vgl. Mikos 2002, S. 26).
Die Inszenierung von Gewalt ist ein unverzichtbarer Teil des Kriegsfilms. Kriegsfilme bieten einen unterschiedlichen für das Genre spezifischen Blick auf die Filmgewalt. Im Gegensatz zu den anderen Genres, stehen hier selten einzelne Individuen im Mittelpunkt des Geschehens, sondern Gruppen von Menschen und konkreter- von Männern, die auf dem Weg zur Erfüllung ihres Auftrags Gewalt anwenden müssen. Bei der Gewaltdarstellung wird zum einen den Kampf- und Schlachtszenen eine zentrale Rolle zugeordnet und zum anderen sind die Geschehnisse, die während „der Reise der Hel- den durch den Krieg“1 passieren von entscheidender Bedeutung (vgl. Mikos 2002, S. 31-34). Ausge- hend von den bisher erwähnten zentralen Merkmalen des Kriegsfilms lässt sich behaupten, dass die Gewalt im Film „Die Schlacht um Algier“ auf eine differenzierte Weise inszeniert wird. Ziel dieser Arbeit soll also sein anhand der Analyse und Vergleich zweier ausgewählten Szenen, die Spezifik und die Rolle der Gewaltdarstellung im konkreten Film zu interpretieren.
2. Interpretation
Nachdem die von den Franzosen gelegte Bombe hochgegangen ist, liegt ein Teil des muslimischen Viertels Kasbah in Schutt und Asche. Auf den Terrassen und den Dächern der ehemaligen Häuser klettern Männer und die Frauen jammern hilflos. Ein Blick in den Häusern: alte und junge Muslimen stehen verzweifelt zur Seite und beobachten wie man Leichen aus den Trümmern birgt. Einige der Beobachter stehen still und weinen, andere drängen sich durch die Menge oder stürzen sich wie ver- rückt auf die Toten. Unter den Opfern der Explosion sind auch kleine Kinder…
Wie wird hier die Gewalt inszeniert?
„Inszenierung bedeutet, dass dem Zuschauer Gewalt durch den Einsatz der Kamera, des Schnitts und der Tonebene in einer stilisierten Form dargeboten wird.“ (Hroß 2002, S. 136)
Folgend soll also auf die Bedeutung der technischen Filmmittel für die Gewaltdarstellung im Film näher eingegangen werden.
Die Szene wird mit einer supertotalen Aufnahme eröffnet- der Zuschauer wird dadurch in den Hand- lungsort eingeführt und zwar den zerstörten Teil des muslimischen Viertels. Eine wichtige dramatur- gische Funktion spielt hier die obersichtige Position der Kamera: sie leitet langsam den Blick des Zus- chauers von oben nach unten, von links nach rechts und bietet einen umfassenden Überblick über die ganze Umgebung. Gleichzeitig lässt die Aufsichtsperspektive die Figuren der Muslimen unten ganz klein im Verhältnis zu dem umgestürzten Umfeld aussehen und vermittelt damit dem Zuschauer den Eindruck für ihre Ohnmacht und Hilflosigkeit. Weiter wechselt die Kameraperspektive: der Ka- merablick gleitet von den eigestürzten Wänden der Wohnhäusern zu den Trümmern unten, wo junge und alte Menschen die Ruinen aufzugraben versuchen und die Leichen heraustragen. Es überwiegen die Totalen, die mit Halbtotalen und seltener mit Nahen wechseln. Die offene Bildkomposition und die wackelnde Handkameraaufnahme verleihen der Szene Authentizität und Glaubwürdigkeit. Oft folgt die Kamera die Bewegung der Akteure, d.h. sie orientiert sich nach ihren Handlungen, was bei einer vorgeplanten Bildgestaltung nicht der Fall ist. Somit wird das Gefühl vermittelt, dass die Kamera das reale Geschehen und spontane Verhalten der Figuren dokumentiert, ohne jede Inszenierung und Künstlichkeit. Die handelnden Personen gehen oft aus dem Bildkader heraus oder umgekehrt (frame entrance bzw. frame exit), was die Illusion schafft, dass der gefilmte Raum über den Bildrand hinaus- geht. Somit bleibt die Wahrnehmung des Zuschauers nicht nur auf das, was auf dem Bildschirm zu sehen ist, begrenzt. Die so geschaffene Nähe zum Ort und handelnden Personen wird durch die Normalperspektive der Kamera noch verstärkt. „Der Zuschauer erhält durch diese ihm bekannte Normalperspektive den Eindruck, er könne einer der im Geschehen Mitwirkenden sein“ (Schulte- Eversum, K.M. 2007, S. 108) und somit wird die Beziehung des Zuschauers zu den Handlungsperso- nen und seine emotionale Verwicklung in den Konflikt verstärkt.
Die Farbgestaltung ist auch ein wichtiges Element, dessen Rolle vor allem darin besteht, eine be- stimmte Stimmung im jeweiligen Raum zu vermitteln. Da der gesamte Film in schwarzweiß gedreht wurde, geht es auch hier bei dieser Szene hautsächlich um Kontraste zwischen Schwarz und Weiß. Die weiße Bekleidung der Frauen und der meisten Männer (es gibt wesentlich weniger Muslimen, die dunkel angezogen sind)- ein Symbol der Reinheit und Unschuld- steht in scharfem Kontrast zu den schwarzen verrußten Wänden, von denen die Menschen umgeben sind. Dadurch erscheinen die Muslimen in dieser Situation zweifellos als Opfer eines gewalttätigen Aktes. Hier ist auch eines der Hauptprinzipien des Krieges zu erwähnen: daran leiden oft unter anderem viele Unschuldige.
Das Gefühl für das Tragische wird durch die monotone Musik verstärkt. Was der Szene eine beson- ders starke emotionale Bedeutung gibt, ist die absolute Abwesenheit von Umgebungsgeräusche, von gesprochenem Ton, von Weinen usw. „Bleibt ein Geschehen vollkommen tonlos, wirkt es `tot`„ (Schulte- Eversum, K.M. 2007, S. 138). Durch die Musik und die Kamera wird der Zuschauer in einen Raum eingeführt und in diesem emotional weitergeleitet: im konkreten Fall wird durch die filmischen Mittel die innerliche Befindlichkeit der Figuren übermittelt - man bekommt also das Gefühl, sich an einer Beerdigung zu befinden.
Zusammenfassend kann man zu der Szenenbeschreibung noch hinzufügen: Das ist eine fast 2- minütige Szene, ohne klassische Schlacht- oder Kampfelemente, ohne jegliche Dynamik, ohne spe- zielle Effekte und mit keiner großen visuellen Attraktivität – doch voller Emotionen. Was hat das mit Gewalt zu tun?
„Ein Kriegsfilm ohne die Darstellung von Gewalt ist nicht vorstellbar. Zwar mag kei- ne Gewalttätigkeit gezeigt werden, doch wenn der Schwerpunkt der Darstellung auf den Leiden der Opfer liegt, ist die Gewalt implizit als Ursache für die gezeigte Wirkung vorhanden“ (Mikos 2002, S. 34)
Eine Szene soll nicht unbedingt Schlacht- oder Folterelemente beinhalten um die Gewalt im Krieg zu repräsentieren. Im Film „Die Schlacht um Algier“ ist natürlich eine Szene zu finden, wo die gnadenlo- sen Folterakten seitens der Franzosen gegenüber den Muslimen zu sehen sind und visuell wirkt sie bestimmt viel stärker auf den Zuschauer als die von mir ausgewählte. Diese Bilder können den Zus- chauer entsetzten, sie können ihn momentan psychisch belasten, sogar so stark, dass er den Kopf zur Seite dreht, doch wird er in diesem Fall nicht so stark emotional beansprucht, wie bei der Szene der Explosion. In diesem Zusammenhang lässt sich feststellen, dass im Film „Die Schlacht um Algier“ die Gewalt auf eine unterschiedliche Weise inszeniert wird: im Film kommt nur einmal eine Folterszene vor, wo Brutalität direkt gezeigt wird, es fehlen hier also klassische Gewaltszenen2. Das Ziel der oben analysierten Szene der Explosion ist also nicht Spannung zu erzeugen, sondern an erster Stelle den Zuschauer emotional in die Handlung einzuführen- dazu komme ich aber nochmal später in meiner Analyse.
Die oben beschriebene Szene ist eine Schlüsselszene im Film, weil sie ein weiteres Prinzip des Krieges offenbart und zwar: Gewalt führt zu Gegengewalt (vgl. Mikos 2002, S. 33). Bis zu diesem Punkt hat- ten die Muslimen nur Schießereien gegen einzelne Polizisten unternommen. Nach der Explosion in Kasbah werden sie weiter mit den Waffen ihrer Feinden kämpfen und zwar- mit Bomben. Hier stellen
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1 Hier werden die Erlebnisse des Helden und die Erfahrungen, die er während seiner Teilnahme am Krieg macht, sowie die Veränderungen in seiner innerlichen Überzeugungen gemeint
2 Das ist einerseits darauf zurückzuführen, dass es sich im Film nicht genau um Krieg im klassischen Sinne handelt, sondern eher um einen Aufstand der Muslimen gegen die französischen Kolonialisten, andererseits spielt hier auch der „quasi- dokumentäre“ Charakter des Filmes eine große Rolle sowie das Streben des Regisseurs, die Geschehnisse möglichst objektiv ohne jede fiktionale Geschichtsdarstellung wiederzugeben.
- Arbeit zitieren
- Tanya Cherneva (Autor:in), 2008, Wenn keine Grenzen mehr zwischen Gut und Böse zu erkennen sind ..., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119119
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