Folgende Forschungsfragen sollen analysiert werden: Wie beeinflussen die Budgetierung und das Wirtschaftlichkeitsgebot die Gesundheit von Patientinnen und Patienten? Lassen sich Ärztinnen und Ärzte in der Behandlung der Versicherten von der Budgetierung beeinflussen und welche Alternativen könnte es geben? Um die Forschungsfragen zu beantworten und das Ziel der Hausarbeit zu erreichen, wird im Folgenden eine literaturbasierte Untersuchung durchgeführt.
In Kapitel 2 werden die Budgetierung, das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Bedeutung für das Controlling erläutert. Im Anschluss werden in Kapitel 3 die Beeinträchtigungen der Gesundheit von Patientinnen und Patienten sowie das Verhalten der Ärztinnen und Ärzte dargestellt. Ebenso werden Alternativen zur Budgetierung und zum Wirtschaftlichkeitsgebot erläutert. Eine Analyse und die Diskussion finden sich in Kapitel 4. Die Arbeit endet mit einem Fazit.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Erläuterung Budgetierung im Gesundheitswesen
1.2 Erläuterung des Wirtschaftlichkeitsgebot im Gesundheitswesen
1.3 Bedeutung für das Controlling
2 Begriffserläuterung Budgetierung und Wirtschaftlichkeits gebot
3 Gesundheitsleistungen und Budgetierung
3.1 Beeinträchtigungen der Gesundheit und derÄrzteschaft durch die Budgetierung und das Wirtschaftlichkeitsgebot
3.2 Alternativen zu der Budgetierung und dem Wirtschaftlichkeitsgebot
4 Analyse
4.1 Kritische Analyse und Betrachtung
4.2 Diskussion
5 Fazit
I. Literaturverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
III. Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Das Budget bzw. die Budgetierung gilt als zentrales Instrument (Lair, 2010). Budgets und notwendige Mengensteuerungen sind Ebenen der Finanzierungsgrundlage der medizinischen Versorgung. Die Verteilung der vorhandenen Geldmittel über abgerechnete Leistungen ist komplex (Kassenärztliche Vereinigung Thüringen, 2017) und die Budgetierung sowie der Faktor der Machtpreisbildung müssen unter Kontrolle bleiben. Die Kosten der medizinischen Leistungen sollen auf ein wirtschaftliches Maß reduziert werden, um die Finanzierbarkeit der GKV (gesetzliche Krankenversicherung) zu gewährleisten. Den Patientinnen und Patienten soll jedoch ein Mindeststandard an medizinischer Versorgung garantiert werden. Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist eine zentrale Stellung und die medizinischen Leistungen werden zu diesem Zweck rationalisiert bzw. auf das Notwendige beschränkt (Greiner & Benedix, 2013).
Folgende Forschungsfragen sollen analysiert werden: Wie beeinflussen die Budgetierung und das Wirtschaftlichkeitsgebot die Gesundheit von Patientinnen und Patienten? Lassen sich Ärztinnen und Ärzte in der Behandlung der Versicherten von der Budgetierung beeinflussen und welche Alternativen könnte es geben? Um die Forschungsfragen zu beantworten und das Ziel der Hausarbeit zu erreichen, wird im Folgenden eine literaturbasierte Untersuchung durchgeführt.
In Kapitel 2 werden die Budgetierung, das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Bedeutung für das Controlling erläutert. Im Anschluss werden in Kapitel 3 die Beeinträchtigungen der Gesundheit von Patientinnen und Patienten sowie das Verhalten der Ärztinnen und Ärzte dargestellt. Ebenso werden Alternativen zur Budgetierung und zum Wirtschaftlichkeitsgebot erläutert. Eine Analyse und die Diskussion finden sich in Kapitel 4. Die Arbeit endet mit einem Fazit.
2 Begriffserläuterung Budgetierung und Wirtschaftlichkeitsgebot
2.1 Erläuterung der Budgetierung im Gesundheitswesen
Für die Begriffe .Budget' und .Budgetierung' sind unterschiedliche Definitionen vorhanden. Ein Budget kann sowohl als wertmäßiger Plan, der Entscheidungseinheit für eine Zielperiode definiert werden, als auch als Verbindlichkeitsgrad, mit dem das Budget festgelegt ist. Die Summe aller Maßnahmen von der Erstellung bis zur Genehmigung und Kontrolle des Planes wird als Budgetierung bezeichnet (Lair, 2010). In der Gesundheitswirtschaft wird die Budgetierung als Begrenzung der Ausgaben der GKV verwendet. Das Morbiditätsrisiko wird auf die Leistungserbringer verlagert, da das Honorar unabhängig von den erbrachten Leistungen oder der Schwere der Behandlung berechnet wird (Welsch, 1976). Ausgabenkontrollen sind als prospektive Begrenzungen des verfügbaren Finanzvolumens unvermeidbar. Der Grund für die Budgetierung im Gesundheitswesen liegt an den Alternativen. Mechanismen von Angebot und Nachfrage zur Kontrolle der Ausgaben sind für die medizinische Versorgung ungeeignet. Das Budget der GKV berechnet sich mit den Steigerungsraten in Höhe der Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Eine Beitragsstabilität ist unwahrscheinlich, da eine Einnahmeschwäche vorliegt. Die Einnahmeschwäche ist z. B. die Folge des demografischen Wandels mit weniger Beitragszahlenden und mehr Leistungsnehmerinnen bzw. -nehmern. Die Grundlage der medizinischen Versorgung der Versicherten wird im fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) in sogenannten Kollektivverträgen geregelt. Die GKV entrichten für die Versorgung der Versicherten beispielsweise an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) eine Gesamtvergütung, die nach § 85 SGB V der Gesamtheit der vergüteten Leistungen entspricht (Kassenärztliche Vereinigung Thüringen, 2017). Die Gesamtvergütung kann laut § 85 SGB V als Festbetrag, auf Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EMB) als Einzelleistung, Kopf- oder Fallpauschale oder basierend auf einer Verbindung der beiden Systeme berechnet werden (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, o. J.-b). Die Systematik der Zahlungen und die ergänzenden Beschlüsse werden in § 87a SGB V geregelt.
Unter dem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) vereinbart beispielsweise die KV einheitlich die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MVG). Der quartalsweise ermittelte Behandlungsbedarf wird aus dem Vorjahr bestimmt, wobei die demografischen und die Morbiditätsveränderungen berücksichtigt werden. Die Gesamtvergütung wird gleichmäßig verteilt, z. B. für die haus- oder fachärztliche Versorgung. Der bestimmte .Punktwert' in Euro bildet die Preiskomponente und der Ärzteschaft wird eine Kalkulationssicherheit in der Höhe des erwarteten Honorars ermöglicht. Um dieVerteilung zu gewährleisten, wird auf die Erfahrungen aus den vorhergehenden Honorarverteilungsjahren zurückgegriffen (Kassenärztliche Vereinigung Thüringen, 2017). Maßnahmen zurAusgabenbegrenzung und Leistungskürzungen, ohne die Strukturformen zu verändern, sind beispielsweise die Anhebung der Beitragssätze der Versicherten in der GKV. Die Kostendämpfungspolitik und das Kostendämpfungsgesetz (KVKG) haben die Aufgabe, die Plafonierung (Deckelung) und die Budgetierung von Leistungsausgaben im Rahmen der Grundlohnentwicklung anzupassen. Die Wirtschaftlichkeitsprüfungen sollen eine verbesserte Leistungstransparenz und eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit z. B. der Arztpraxen gewährleisten. Die Selbstbeteiligung von Patientinnen und Patienten an bestimmten Behandlungsmaßnahmen und die Ausgrenzung von gewissen Leistungen sind erhöht worden (AOK Bundesverband, o. J.).
2.2 Erläuterung des Wirtschaftlichkeitsgebots im Gesundheitswesen
Das Wirtschaftlichkeitsgebot dient dazu, die Ausgaben zu reduzieren und eine gleichbleibende Qualität zu sichern. Belastungen für die Steuer- und Beitragszahlenden sollen gering gehalten werden (Greiner & Benedix, 2013). Die Definition im SGB V § 12 Abs. 1 lautet: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen“ (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, o. J.-a). Leistungen, die das Behandlungsziel erfüllen, sowie dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, sind ausreichend. Zweckmäßig sind Leistungen, die dem anerkannten Stand der medizinischen Erfahrungen entsprechen und als notwendig erachtet werden.
Wenn eine Therapie im Vergleich zu anderen Behandlungen ein günstiges Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen aufweist, ist die günstige Therapie ein wirtschaftliches Ermessen. Die Frage nach der Relation des Behandlungsnutzens zu den Kosten ist ein Element der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (Schwartz, o. J.). Das Spannungsfeld zwischen der ärztlichen Leistungserbringung und dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist täglich in der Behandlung von Patientinnen und Patienten zu bemerken. Ob Ärztinnen und Ärzte bzw. Einrichtungen gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen sowie welche Maßnahmen zu treffen sind, ermittelt eine Prüfstelle (Dauber, 2017).
2.3 Bedeutung für das Controlling
Die Kostensteuerung im Gesundheitswesen übernehmen die Controllerinnen und Controller. Die Steuerungsfunktionen für das Controlling beinhalten eine permanente Soll-Ist-Analyse, wobei Abweichungen in der finanziellen Situation von einem Krankenhausfestgestelltwerden und diesen entgegengewirkt werden soll. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte oder Krankenhäuser haben Möglichkeiten, die Controlling-Aufgaben so wahrzunehmen und einzusetzen, dass dadurch Vorteile im Wettbewerb und in der Unternehmensführung entstehen. Die Gesundheit von Patientinnen und Patienten ausschließlich an den Kosten zu orientieren, ist nicht möglich, da Lebensqualität, Lebenssituation und Erwartungshaltung der Patientinnen und Patienten von den Controllerinnen und Controllern unberücksichtigt bleiben. Die Gesundheitsausgaben sollen ausreichend zweckmäßig und wirtschaftlich sein, da die knappen finanziellen Ressourcen der Gesundheitsleistungen gesichert werden müssen. Alle Möglichkeiten und Instrumente des Controllings müssen daher ausgeschöpft werden, um die Finanzierung der Gesundheitserhaltung der Bevölkerung zu gewährleisten. Eine Gewinnsteigerung muss erreicht werden, damit beispielsweise ein Krankenhaus die gleichen Leistungen im Portfolio halten kann und Mitarbeitende, Fortbildungen, Reparaturen u. Ä. bezahlt werden können. Die Betrachtung von Patientinnen- und Patientenfällen sowie Daten und Leistungen können nicht auf den nächsten Fall mit gleicher Krankheit übertragen werden. Im Gesundheitswesen kommt die Frage nach der Moral und der Ethik auf. Die Betrachtung wird aus Kostengründen auf die eingeschränkten oder auch unterlassenen Therapien gelenkt (Stutzke, o. J.).
3 Gesundheitsleistungen und Budgetierung
3.1 Beeinträchtigung der Gesundheit und der Ärzteschaft durch die Budgetierung und das Wirtschaftlichkeitsgebot
Ohne die Ökonomisierung wäre der medizinische Fortschritt sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Medizin nicht erreicht worden. Kommt es jedoch zu einer Über-Ökonomisierung mit Fehlanreizen, die die ärztlichen Entscheidungen beeinflussen, überschreitet das die Berufsethik (Jörg, 2015). Selbstständig niedergelassene Ärztinnen und Ärzte führen nicht nur eine Praxis, sondern auch ein Wirtschaftsbetrieb (Heinrich, 2018). Eine niedergelassene Praxis finanziert sich aus zwei Einnahmequellen: der Vergütung aus der GKV und der Vergütung aus der .Gebührenordnung für Ärzte' (GOÄ) durch Selbstzahlerinnen und Selbstzahler (Laschet, 2018). Leistungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte werden von den GKV zu ca. 10 Prozent nicht vergütet. Zwischen 50 und 90 Prozent aller Leistungen der niedergelassenen Ärzteschaft werden nur so lange voll erstattet, bis mengenbegrenzende Regelungen auf ärztlicher Ebene pro Ouartal ausgeschöpft sind (Ärzteblatt, 2018). Das begrenzte Budget führt dazu, dass am Ouartalsende weniger Behandlungen stattfinden: Die Zahl der neuen Behandlungsfälle sinkt bei Hausärztinnen und -ärzten in den letzten zwei Ouartalswochen um 8,7 Prozent. Bei Fachärztinnen und -ärzten sinkt die Zahl der extrabudgetären Leistungen um 19,7 Prozent. Der Patientinnen- und Patientenstau löst sich mit dem Beginn eines neuen Ouartals und die Fälle steigen um 7,1 Prozent an (Heinrich, 2018). Versicherte, die regelmäßig mehr vertragsärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, wirken sich auf die Budgetierung in der Versorgung negativ aus. Laut einer Analyse mussten 70- bis 90-Jährige im Durchschnitt 55,38 Euro selbst zahlen (Ärzteblatt, 2021). Durch die Budgetierung sind die Einnahmen pro GKV-Patientin bzw. Patient gesunken und die Einnahmen von Privatversicherten nur leicht gestiegen. Es besteht also eine Ertragsschwäche bei den GKV-Patientinnen und -Patienten und nur eine geringe Zunahme bei den Einnahmen durch Privatversicherte. Die Ertragsschwäche von Arztpraxen macht sich wirtschaftlich bemerkbar (Heinrich, 2018). Auf Basis einer Studie der Techniker Krankenkasse (TK) reagiert die Vertragsärzteschaft sensibel auf die Budgetierung. Je nach Fachgebiet haben die Budgetierung und die Wirtschaftlichkeit unterschiedliche Auswirkungen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Ärztinnen und Ärzte durch Leistungseinschränkungen und zu stark gestaffelte Punktwerte vermeiden möchten, ohne entsprechende Vergütung zu arbeiten (Laschet, 2018). Die Ziele der Marktwirtschaft sind nicht mit den Zielen der Medizin zu vereinbaren und gleichzusetzen. Das Wohlergehen der Patientinnen und Patienten sollte aus rechtlichen und berufsethischen Gründen Vorrang vor den wirtschaftlichen Überlegungen haben, denn Humanität und Ethik gehen bei zu ökonomischem Denken durch Ärztinnen und Ärzte verloren. Durch finanzielle Anreizsysteme wie umsatzbezogene Vergütungen hat der Druck auf die Produktivität von Ärztinnen und Ärzte jedoch zugenommen. Kurze Liegezeiten, geringere Sachkosten, die Priorisierung von teuren Eingriffen (beispielsweise Wirbelsäulenoperationen) und höhere Stationsauslastungen bei gleichzeitig weniger Personal sind Folgen der Budgetierung und des Wirtschaftlichkeitsgebots von Krankenhäusern und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten (Jörg, 2015). Der Ärztinnen- und Ärztemangel verschärft sich in den Städten und auch in ländlichen Regionen. Durch Bedarfsplanung wird versucht, diese Versorgungslücken zu schließen (Heinrich, 2018).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Bandscheiben-OP-Ansicht (Bertelsmann Stiftung, 2015)
Abbildung 1 zeigt die Häufigkeit von Bandscheiben-OPs in Deutschland aufgeteilt nach Landkreis. Es ist deutlich erkennbar, dass diese Operation in den jeweiligen Kreisen unterschiedlich häufig durchgeführt wird. Das niedrigste Ergebnis liegt bei 85 von 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, das höchste Ergebnis bei 567 von 100.000 Personen (Bertelsmann Stiftung, 2017). Die Zahl der operativen Eingriffe an der Wirbelsäule hat sich seit 2007 um 71 Prozent erhöht und die Fallzahlen der Kreise unterscheiden sich um das bis zu 13-Fache (Bertelsmann Stiftung, 2015).
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- Arbeit zitieren
- Cäcilia Mickel (Autor:in), 2021, Budgetierung im Gesundheitswesen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1190108
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