Seit 1992 führt Bulgarien wie andere postkommunistische Staaten eine
Westeuropa-orientierte Außenpolitik. Im Januar 2007 ist mit der EUMitgliedschaft
Bulgariens der lang ersehnte Traum wahr geworden. Ziel dieser
BA-Arbeit ist, den Übergangsprozess Bulgariens unter dem Aspekt des
Europäisierungskonzepts1 zu analysieren. Anders gesagt, es werden einige
Konsequenzen der europäischen Integration Bulgariens detailliert und strukturiert
untersucht. Anhand der geopolitischen Lage des Landes wird explizit das „Good-
Governance“-Außenverhalten Bulgariens untersucht. Den früheren Willen nach
guten Beziehungen zur Sowjetunion und, seit dem Zusammenbruch des
Ostregimes, das neue Streben nach Mitgliedschaft in der NATO und der
Europäischen Union kann man aus der Sicht der IB-Theorien nachvollziehen.
Diese Arbeit steht unter der Betreuung des Lehrstuhls für vergleichende
Regierungslehre, deswegen haben die internationalen politischen Beziehungen
Bulgariens keine ausdrückliche Priorität. Schwerpunkte dieser Arbeit sind
Änderungen des politischen Systems Bulgariens, die man als Konsequenzen des
europäischen Integrationsprozesses bezeichnen kann. Die Wirkungen der
Europäisierung werden auf der „Policy“-, „Politics“- und „Polity“-Ebene
untersucht. Zu Beginn wird der Akzent auf die Europäisierungstheorie gesetzt,
nämlich was genau unter diesem relativ neuen Konzept zu verstehen ist. Wie kann
man die Europäisierung von der Globalisierung und der europäischen
Integrationstheorie unterscheiden? Die Änderungen in der bulgarischen
Verfassung (seit 1991) werden schwerpunktmäßig auf der „Politics“- und
„Polity“-Ebene mithilfe der genannten Europäisierungstheorie und Methoden
analysiert. Warum sind einige Artikel in den letzten sechzehn Jahren dreimal
geändert und ergänzt worden? Welche Konsequenzen hatten diese Ereignisse für
die bulgarische Exekutive, Legislative und Judikative? Explizit werden die
Wirkungen auf die bulgarischen Institutionen, Verwaltung, Normen von Politik
und das Treffen von politischen Entscheidungen besprochen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Europäisierung als Konzept
2.1. Philosophische und funktionalistische Vorstellungen
2.2. Die Konzeptualisierung von P. Vink und P. Graziano
2.3. Europäisierungsdefinition von Risse, Cowles und Caporaso
2.4. Europäisierungsdefinition von Ladrech
2.5. Europäisierungsdefinition von Radaelli
2.6. Fazit
3. Methoden der Europäisierung
3.1. Das klassische „Three-Step“-Modell
3.2. „First Step“: europäische Integration
3.3. „Second Step: Goodness of Fit/Misfit“ – Kongruenz oder Diskongruenz
3.4. „Third Step: Mediating Factors“ – Interessenvermittlung
3.4.1. Formale und informale Institutionen
3.4.2. „Multiple Veto Points“ – Veto-Akteure
3.5. Fazit
4. Die europäische Integration Bulgariens
4.1. Exkurs
4.1.1. Bulgarien und die NATO
4.1.2. Bulgarien und das Gemeinschaftshilfeprogramm
4.2. Bulgarien und die EU-Institutionen
4.3. Fazit
5. Die Europäisierung Bulgariens
5.1. Beitrittsverhandlungen – Kapitel 24 „Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres“
5.1.1. Die EU-Beitrittskriterien des Kapitels 24
5.1.2. Die bulgarische Verfassung zwischen 1991 und 2003
5.1.3. Implementationen in der bulgarischen Judikative
a) Änderungen im Kapitel VI (Judikative) der bulgarischen Verfassung im September 2003
b) Änderungen im Kapitel VI (Judikative) der bulgarischen Verfassung im März und September 2006
c) Änderungen im Kapitel VI (Judikative) der bulgarischen Verfassung vom Februar 2007
5.1.4. Änderungen in den Institutionen und der Verwaltung Bulgariens – Implementierung der Rechtsakte des Verhandlungskapitels 24
a) Monitoring-Bericht Bulgariens über die Leistungen im Verhandlungskapitel 24 von Oktober 2003 bis März 2004
b) Monitoring-Bericht über die Leistungen Bulgariens im Verhandlungskapitel 24 vom 16. Mai 2006
c) Bericht über die Leistungen Bulgariens in der Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres vom 23.07.2008
5.1.5. Interessenvermittlung im Bereich Justiz und Inneres
5.1.6. Bewertung
5.1.7. Fazit
5.2. Beitrittsverhandlungen – Kapitel 14 „Energie“
5.2.1. Die EU-Beitrittskriterien des Kapitels 14
5.2.2. Die Energielage Bulgariens
5.2.3. Die Kernenergiepolitik Bulgariens in den 1990er-Jahren
5.2.4. Die neue Energiepolitik Bulgariens
a) Die Energiestrategie von 1999
b) Die Energiestrategie von 2002
c) Institutionelle Rahmen für die Anwendung des „acquis communautaire“
5.2.5. Die neue Kernenergiepolitik Bulgariens
5.2.6. Interessenvermittlung in der bulgarischen Atomenergiepolitik
5.2.7. Bewertung
6. Fazit
Literaturverzeichnis:
Internetverzeichnis:
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: „Europeanization and domestic change“
Abbildung 2: Wirtschaftsüberblick Bulgariens
Abbildung 3: Strompreise in Vergleich
Abbildung 4: Elektrizitätsversorgung Bulgariens 2007 - 2030
Abbildung 5: Energieeffizienz Bulgariens - Tendenz
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vereinbarte Übergangsregelungen mit Bulgarien
Tabelle 2: Energieabhängigkeit Bulgariens
Tabelle: 3 Energie Verbrauch
Tabelle 4: Strompreise Bulgariens (1998 - 2001)
Tabelle 5: Strompreise Bulgariens (2002 - 2007)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Seit 1992 führt Bulgarien wie andere postkommunistische Staaten eine Westeuropa-orientierte Außenpolitik. Im Januar 2007 ist mit der EU-Mitgliedschaft Bulgariens der lang ersehnte Traum wahr geworden. Ziel dieser BA-Arbeit ist, den Übergangsprozess Bulgariens unter dem Aspekt des Europäisierungskonzepts[1] zu analysieren. Anders gesagt, es werden einige Konsequenzen der europäischen Integration Bulgariens detailliert und strukturiert untersucht. Anhand der geopolitischen Lage des Landes wird explizit das „Good-Governance“-Außenverhalten Bulgariens untersucht. Den früheren Willen nach guten Beziehungen zur Sowjetunion und, seit dem Zusammenbruch des Ostregimes, das neue Streben nach Mitgliedschaft in der NATO und der Europäischen Union kann man aus der Sicht der IB-Theorien nachvollziehen. Diese Arbeit steht unter der Betreuung des Lehrstuhls für vergleichende Regierungslehre, deswegen haben die internationalen politischen Beziehungen Bulgariens keine ausdrückliche Priorität. Schwerpunkte dieser Arbeit sind Änderungen des politischen Systems Bulgariens, die man als Konsequenzen des europäischen Integrationsprozesses bezeichnen kann. Die Wirkungen der Europäisierung werden auf der „Policy“-, „Politics“- und „Polity“-Ebene untersucht. Zu Beginn wird der Akzent auf die Europäisierungstheorie gesetzt, nämlich was genau unter diesem relativ neuen Konzept zu verstehen ist. Wie kann man die Europäisierung von der Globalisierung und der europäischen Integrationstheorie unterscheiden? Die Änderungen in der bulgarischen Verfassung (seit 1991) werden schwerpunktmäßig auf der „Politics“- und „Polity“-Ebene mithilfe der genannten Europäisierungstheorie und Methoden analysiert. Warum sind einige Artikel in den letzten sechzehn Jahren dreimal geändert und ergänzt worden? Welche Konsequenzen hatten diese Ereignisse für die bulgarische Exekutive, Legislative und Judikative? Explizit werden die Wirkungen auf die bulgarischen Institutionen, Verwaltung, Normen von Politik und das Treffen von politischen Entscheidungen besprochen. Die bulgarische
(Atom-)Energiepolitik ist das zentrale Thema auf der „Policy“-Ebene. Wie sich die bulgarischen Strategien, Handel, Instrumente und Aktivitäten unter dem „Europäisierungsdruck“ geändert haben, wird systematisch diskutiert und analysiert. Zum Schluss werden die Ergebnisse der Europäisierung Bulgariens bewertet und in die Bestimmung des Europäisierungsgrades einbezogen.
2. Die Europäisierung als Konzept
2.1. Philosophische und funktionalistische Vorstellungen
Nach Kevin Featherstone[2] wurde die Europäisierung als Begriff zum ersten Mal in der sozialwissenschaftlichen Literatur im Jahr 1980 verwendet. Das Erste, was man aus philosophischer Sicht unter Europäisierung versteht, ist eine Orientierung hin zu westeuropäischer Zivilisation, Kultur, Standart und Qualität der Produktion nach kapitalistischen Methoden. Die funktionsbeschreibenden Merkmale sind oft mit der Existenz der EU als Akteur und ihren Grundannahmen wie: Liberalisierung, Demokratie, Freiheit, Solidarität, Menschenrechte, Vielfalt usw. verbunden. In dieser Arbeit wird die Konzeptualisierung der Europäisierung von Vink und Graziano bevorzugt.
2.2. Die Konzeptualisierung von P. Vink und P. Graziano
In den letzten Jahren werteten einige Wissenschaftler (wie James Caporaso, Thomas Risse, Cowles, Ladrech, Radaelli, Paolo Graziano und Maarten P. Vink) den Begriff Europäisierung („Europeanization“[3]) neu auf. Eine klare und treffende Definition für Europäisierung fehlt aber immer noch. Schwerpunkt bleibt die Etablierung der Europäisierung als neues Konzept[4] in der EU-Forschung und ihre Abgrenzung von der europäischen Integration. Viele Autoren konstatieren, dass es sich bei der europäischen Integration um eine „Bottom-up“-Theorie und bei der Europäisierung um eine „Top-down“-Analyse (Hix und Goetz 2000: 3–4) handelt. Die politische Komplexität der EU und der einzelnen Staaten, die in unterschiedliche Gruppen einzuordnen sind (EU-Mitglieder, EU-Nachbarstaaten, Staaten mit EU-Mitgliedschaftskandidaten-Status), sorgt für eine Verflechtung beider Konzepte. Nach Vink und Graziano ist bei der Europäisierungsforschung die Anwendung der „Top-down“-Analyse nicht notwendig, in einigen Fällen sogar unmöglich. Diese definieren die Europäisierung als “the domestic adaptation to European regional integration”[5] und sind der Meinung, dass die Analyse auf nationaler Ebene beginnen soll. Deswegen lassen sie ein „Bottom-up-down“[6] -Modell zu. Vink und Graziano weisen auch auf weitere vier Punkte hin, die von großer Bedeutung für die Konzeptualisierung des Kompetenzbereichs der Europäisierungsforschung sind. Einige davon lauten: “The research scope should include both direct effects (implementation of European legislation) as well as indirect effects (horizontal effects of European integration); the research scope should not be restricted to changing domains only but should allow for a wide potential domain of impact and thus include the wider polity and politics dimensions (e.g. political structures, domestic discourses, identities, etc.).”[7]
2.3. Europäisierungsdefinition von Risse, Cowles und Caporaso
Eine verbreitete Definition für Europäisierung ist die von Risse, Cowles und Caporaso und lautet: “We define Europeanization as the emergence and development at the European level of distinct structures of governance, that is, of political, legal, and social institutions associated with political problem-solving that formalize interactions among the actors, and of policy networks specializing in the creation of authoriative European rules.” (Risse/Cowles/Caporaso 2001: 3) Diese Definition macht die Differenzierung der oben besprochenen Konzepte noch schwieriger, weil Europäisierung als Synonym[8] für europäische Integration verwendet wird. Die Verwirrung kommt zustande, weil die EU-Forschung zu Beginn des 21. Jahrhunderts eng auf die Auswirkungen der EU auf die Mitgliedstaaten fokussiert war.
2.4. Europäisierungsdefinition von Ladrech
Ladrech konzentriert sich im Gegensatz zu Risse, Cowles und Caporaso auf die Effekte auf nationale politische Systeme. Er bezeichnet die Europäisierung als Prozess und unterstreicht dabei die Rolle von Adaptation, Lernprozessen und Kurswechsel der Politik („policy change“). Seine Definition lautet: “Europeanization is an: Incremental process re-orienting the direction and shape of politics to the degree that EC political and economic dynamics become part of the organizational logic of national politics and policy-making.”[9] (Ladrech 1994: 69)
2.5. Europäisierungsdefinition von Radaelli
Im Unterschied zu den oben gelieferten Definitionen, wo der Akzent auf Untersuchungen von politischen Prozessen auf Supraebene fällt (Kapitel 2.3.), und die Definition von Ladrech (Kapitel 2.4.), wo die nationalen politischen Systeme im Zentrum stehen, kommt es bei Radaellis Untersuchungen zu einer Mittelposition. Radaellis Definition lautet: “Europeanization refers to: Processes of (a) construction, (b) diffusion, and (c) institutionalization of formal and informal rules, procedures, policy paradigms, styles, ‘ways of doing things’, and shared beliefs and norms which are first defined and consolidated in the making of EU public policy and politics and then incorporated in the logic of domestic discourse, identities, political structures, and public policies.”[10] (Radaelli 2003)
2.6. Fazit
Die in Kapitel 2 gelieferten Informationen zeigen an, dass die Definition des Phänomens Europäisierung ein sehr mühsamer Prozess ist. Es ist sogar unklar, ob es sich um eine Theorie, einen Prozess oder eine Analyse handelt. Die Europäisierung etabliert sich als selbständiges Konzept, das man von der Globalisierung, Internationalisierung und einigen IB-Theorien (Institutionalismus, liberaler Intergouvernementalismus, Funktionalismus usw.) unterscheiden muss. Die Europäisierung Bulgariens wird in dieser Arbeit grundsätzlich als „die Adaptation des nationalen politischen Systems an die europäische Integration“[11] gesehen. Konkret: als Prozess von politischer Reorganisierung Bulgariens, der durch die EU-Integration stark von EU-politischer Ordnung beeinflusst wird. Diese Beeinflussung bleibt aber nur als ein Zwischenelement, als Mittel zum Zweck, sowohl aus bulgarischer als auch aus EU-Sicht. In einer weiteren Phase der Entwicklung des politischen Systems Bulgariens soll diese Beeinflussung nur als Hintergrund der politischen Prozesse existieren. Um diesen Prozess zu verdeutlichen, werden die Konsequenzen der EU-Integration Bulgariens auf „Polity“-, „Politics“- und „Policy“-Ebene analysiert. Unter „polity“ ist die formale und informale Struktur von Politik, „Institutionen, Verfahren und Normen von Politik“, zu verstehen. „Politics“ wird „als Bezeichnung für Politik als Prozess der Vermittlung und Durchsetzung von Interessen, der Regulierung von Konflikten und des Fällens politischer Entscheidungen“ und „policy“„als Bezeichnung für Politik als wert- und zielgerichtetes staatliches Handeln“[12] verwendet.
3. Methoden der Europäisierung
3.1. Das klassische „Three-Step“-Modell
Die Aufgabe der Europäisierung ist auch, eine Antwort auf die Frage zu liefern, wie die europäische Integration oder die EU durch ihre zielgerichtete Politik Einfluss auf die Vollziehung der Integration in nationalen Systemen nehmen. Mit dieser Frage haben sich Caporaso, Cowles, Börzel und Risse jahrelang beschäftigt.[13] Es hat sich ein „Three-Step“[14] -Modell etabliert, das praktisch als ein Zyklus zu bezeichnen ist, in dem der schon modifizierte nationalpolitische Output zurück in den Europäisierungsprozess einfließt (Abbildung 1). Dieses Modell soll auch beantworten, was für Effekte die Integration auf die Mitgliedstaaten hat und wie diese entstehen. Nach Caporaso existieren in diesem Modell keine exogenen Variablen, alle sind endogen.
3.2. „First Step“: europäische Integration
Die „erste Stufe“ des Europäisierungsmodells ist die Integration. Nach Caporaso ist die europäische Integration mit einem breiten Spektrum von politischen Aktivitäten (die Gesetzgebung, der Ministerrat, EU-Kommission und EU-Parlament, gerichtliche Entscheidungen des EU-Gerichtshofs usw.) verbunden. Durch diese Aktivitäten entstehen Endprodukte wie formale und informale Regeln, Normen, Prozeduren, Vorschriften und natürlich die Ausübung all jener auf EU-Ebene.
3.3. „Second Step: Goodness of Fit/Misfit“ – Kongruenz oder Diskongruenz
Auf dieser Stufe werden die Parameter fixiert, die als Voraussetzungen für Änderungen der nationalen politischen Systeme dienen. Caporaso setzt den Akzent auf die EU-Mitgliedstaaten[15], was auch Bulgarien seit Januar 2007 betrifft. Es ist also zu erwarten, dass die europäische Integration unterschiedliche Effekte auf die Mitgliedstaaten haben wird. Diese Effekte werden auf der „Policy“-, „Politics“- und „Polity“-Ebene[16] erwartet und verfolgt. Von großem Interesse für die Feststellung und Verfolgung dieser ist die Kluft zwischen “domestic and supranational law (policy) making”. Es ist die Rede von „Goodness-of-Misfit“-Diskongruenz, wenn diese Kluft deutlich erkennbar ist. Kongruenz betriff meistens Länder wie Deutschland und Frankreich, weil bei diesen oft eine Übereinstimmung zwischen nationaler „Policy“ und „EU policy making“ zu beobachten ist. Die bulgarische Judikative ist gekennzeichnet durch einen großen Diskongruenzgrad, wie im Folgenden deutlicher werden soll.
3.4. „Third Step: Mediating Factors“ – Interessenvermittlung
Die hier schon oft erwähnten Wissenschaftler sind der Meinung, dass bei einem hohen Adaptationsdruck die Anwesenheit von „Mediating“-Faktoren von großer Bedeutung ist. Die Interessenvermittlung nimmt Einfluss auf den Grad der Änderungen in den nationalen politischen Systemen. Wichtiges Merkmal für die „Mediating“-Faktoren ist, dass diese durch die nationale Kultur und Politik geprägt sind. Also zeichnen sie sich durch Kooperation oder Oppositionspotential aus. Deswegen kann man nicht bei der Europäisierung einen gleichen Output der nationalen politischen Systeme erwarten. Zum Beispiel wurde die Aufwertung der örtlichen Selbstverwaltung in Bulgarien seit 2007 von einigen Institutionen positiv begrüßt, weil diese einen Zugang zu politischer und wirtschaftlicher Macht für einen breiteren Kreis von Akteuren leistet. Aus EU-Sicht wurde dieses Ereignis auch positiv gesehen, weil das der föderalistischen Struktur der EU entspricht. Es sind zwei Arten von Interessenvermittlung zu unterscheiden: (in)formale Institutionen und Veto-Akteure oder -Gruppen.
3.4.1. Formale und informale Institutionen
Nach Caporaso können Institutionen durch ihre materiellen und ideellen Ressourcen auf die nationalen Änderungen des Systems wirken. Als Beispiel[17] für so eine Institution wurde die „British Equal Opportunity Commission“ (EOC) angegeben und das Problem der Geschlechter- gleichberechtigung in Großbritannien, Frankreich und auf EU-Ebene untersucht.
3.4.2. „Multiple Veto Points“ – Veto-Akteure
Die Veto-Akteure können politische oder legislative Prozesse und Entscheidungen ablehnen. In föderalen Systemen können z.B. regionale Akteure eine Verfas- sungsänderung verhindern. Die Veto-Macht bleibt unabhängig von dem formalen Ablehnungsrecht. Die Funktion der Veto-Macht besteht zusätzlich darin, die Implementierung und die Gesetzgebung stoppen oder ändern zu können. Die Opposition in Bulgarien z.B. übernimmt die Rolle eines Veto-Akteurs.
3.5. Fazit
Die Verwendung des oben dargestellten „Three-Step“-Modells in Europäisierungsstudien leistet eine detaillierte und strukturierte Verfolgung der innenpolitischen Änderungen der Staaten, die als Konsequenz des Integrationsdrucks entstehen. Dieses Modell konzentriert sich nur auf EU-Mitgliedstaaten, was natürlich auch Bulgarien betrifft. Die EU-Mitgliedschaft Bulgariens beträgt kaum 19 Monate. Dieser Zeitfaktor sorgt für einen unscharfen Europäisierungsgrad. Als Kompensation wird die europäische Integration Bulgariens etwas ausführlicher analysiert. Die politische, wirtschaftliche und soziale Lage des Landes kündigt eine „Goodness of Misfit“ an. Die Analyse der bulgarischen Verfassung wird auch mehr Klarheit über den neuen Stand der Veto-Akteure im Land geben.
[...]
[1] Unter Europäisierung ist das „Europeanization“-Konzept von P. Graziano und J. Caporaso zu verstehen.
[2] Kevin Featherstone and Claudio M. Radaelli: „The Politics of Europeanization“, 2003; p. 5.
[3] Paolo Graziano and Maarten P. Vink: „Europeanization. New Research Agendas”, 2007; p. 3–59.
[4] Markus Jachtenfuchs, Beate Kohler-Koch (Hrsg.): „Europäische Integration“, 2003 (Rainer Eising: „Europäisierung und Integration. Konzepte in der EU-Forschung“; S. 387–416).
[5] Paolo Graziano and Maarten P. Vink: „Europeanization. New Research Agendas”, 2007; p. 7–9.
[6] Paolo Graziano and Maarten P. Vink: „Europeanization. New Research Agendas”, 2007; p. 10.
[7] Paolo Graziano and Maarten P. Vink: „Europeanization. New Research Agendas“, 2007; p. 7–8.
[8] Markus Jachtenfuchs, Beate Kohler-Koch (Hrsg.): „Europäische Integration“, 2003 (Rainer Eising: „Europäisierung und Integration. Konzepte in der EU-Forschung“; S. 393).
[9] Kevin Featherstone and Claudio M. Radaelli: „The Politics of Europeanization“, 2003; p. 30.
[10] Kevin Featherstone and Claudio M. Radaelli: „The Politics of Europeanization“, 2003; p. 30.
[11] Freie Übersetzung der Europäisierungsdefinition von Graziano und Vink.
[12] Franz Lehner, Ulrich Widmaier: „Vergleichende Regierungslehre”, Wiesbaden 2005; S. 12.
[13] M. Cowles, J. Caporaso and T. Risse: „Transforming Europe“ (Europeanization and domestic
change: Introduction); p. 1–12.
Kevin Featherstone and Claudio M. Radaelli: „The Politics of Europeanization“, 2003 (Tanja Börzel and Thomas Risse: Conzeptualizing the Domestic Impact of Europe); p. 57–70.
[14] Paolo Graziano and Maarten P. Vink: „Europeanization. New Research Agendas“, 2007 (J. Caporaso: The Three Worlds of Regional Integration Theory); p. 27–34.
[15] Paolo Graziano and Maarten P. Vink: „Europeanization. New Research Agendas“, 2007 (J. Caporaso: The Three Worlds of Regional Integration Theory); p. 28.
[16] Kevin Featherstone and Claudio M. Radaelli: „The Politics of Europeanization“, 2003 (Tanja Börzel and Thomas Risse: Conzeptualizing the Domestic Impact of Europe); p. 60.
[17] Paolo Graziano and Maarten P. Vink: „Europeanization. New Research Agendas“, 2007 (J. Caporaso: The Three Worlds of Regional Integration Theory); p. 30–31.
- Citar trabajo
- Petko Kanev (Autor), 2008, Die Europäisierung Bulgariens, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118787
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