Einzig das völlig ehrliche Bedürfnis, die Vergangenheit so gut als möglich zu verstehen,
ohne Beimischung eigenen Geistes, macht ein Werk zur Historie. Die Eingebung, die uns
das Urteil fällen läßt, darf einzig getragen sein durch die unbedingte Überzeugung: so muß
es gewesen sein.
Der Methodenstreit der 1890er Jahre, der wegen der bis dahin von der Mehrheit
vertretenen Meinung radikal abweichenden Geschichtsauffassung Karl Lamprechts
entbrannt war, hatte im Bereich der Geschichtsforschung eine Zweiteilung der
wissenschaftlichen Ansicht darüber, wie die historische Arbeit in Zukunft zu verrichten
sei, zur Folge. Auf der einen Seite gab es die Anhänger der traditionellen
Geschichtsschreibung, die seit Leopold von Ranke einen stärkeren Quellenbezug mit
Drang zur Objektivität verlangten. Rankes Leitsatz, Geschichte zu schreiben „wie sie
eigentlich gewesen“, sollte hierfür als Grundmotivation zur Forschung dienen. Zudem
war Geschichtsschreibung bislang wegen Wissenschaftlern wie Treitschke stark
politisch und national-geschichtlich orientiert. Auf der anderen Seite gab es Historiker,
die es für notwendig hielten, das Aufgabenfeld der Geschichte zu erweitern. Lamprecht
bot mit seiner naturwissenschaftlich-kulturgeschichtlichen Auffassung eine Alternative,
die einen Nährboden für neue Zweige in der Geschichtswissenschaft bot.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Verfälschung der Geschichtswissenschaft in drei „Formen“
- Anpassung der Geschichtswissenschaft an die Soziologie
- Historische Belletristik als „parfümierte Geschichte“
- ,,Knechtschaft\" der Geschichtswissenschaft
- Die Aufgabe der Geschichtswissenschaft nach Huizinga
- Zusammenfassung
- Quellen- und Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Kritik Johan Huizingas an der Verfälschung der Geschichtswissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie untersucht, wie Huizinga die Anpassung der Geschichtswissenschaft an die Soziologie, die Verbreitung historischer Belletristik und die politische Instrumentalisierung der Geschichte kritisierte.
- Die Verfälschung der Geschichtswissenschaft durch die Anpassung an die Soziologie
- Die Kritik an der „parfümierten Geschichte“ der historischen Belletristik
- Die Instrumentalisierung der Geschichte für politische Zwecke
- Huizingas Vorstellung von der wahren Aufgabe der Geschichtswissenschaft
- Die Bedeutung der Quellenkritik und der objektiven Darstellung der Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Problematik der Verfälschung der Geschichtswissenschaft ein und stellt den historischen Kontext des Methodenstreits der 1890er Jahre dar. Sie zeigt die unterschiedlichen Ansätze der traditionellen Geschichtsschreibung und der neuen Strömungen, die sich für eine Erweiterung des Aufgabenfeldes der Geschichte einsetzten.
Das Kapitel „Die Verfälschung der Geschichtswissenschaft in drei „Formen““ behandelt die Kritik Huizingas an den drei Formen der Verfälschung der Geschichtswissenschaft: der Anpassung an die Soziologie, der „parfümierten Geschichte“ der historischen Belletristik und der „Knechtschaft“ der Geschichtswissenschaft unter politischen Zwängen. Es werden die wichtigsten Vertreter dieser Strömungen und ihre Argumente dargestellt.
Das Kapitel „Die Aufgabe der Geschichtswissenschaft nach Huizinga“ beleuchtet Huizingas Vorstellung von der wahren Aufgabe der Geschichtswissenschaft. Er plädiert für eine objektive und kritische Herangehensweise, die sich auf die Quellen und die wissenschaftliche Methodik stützt. Huizinga betont die Notwendigkeit, die Geschichte in ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit zu erfassen und sich von ideologischen und politischen Einflüssen freizuhalten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Geschichtswissenschaft, Verfälschung, Soziologie, Historische Belletristik, Politik, Quellenkritik, Objektivität, Johan Huizinga.
- Citation du texte
- Ismail Durgut (Auteur), 2008, Geschichte und Wahrheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118569
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