Die Arbeit nimmt die Wechselwirkungen zwischen der russländisch-imperialen Nationalitätenpolitik und der aufkommenden ukrainischen Nationalbewegung vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Revolution von 1905 in den Blick. Dabei wird sich die Untersuchung vor allem in dem sich gegenseitig beeinflussenden Dreiecksverhältnis zwischen russländisch-imperialer Autokratie, polnischen Autonomiebestrebungen und der ukrainischen Nationalbewegung bewegen. Besonderes Augenmerk wird auf den Zeitraum zwischen den beiden polnischen Aufständen 1830/31 und 1863/64 gelegt, da in diesen rund drei Jahrzehnten die „kleinrussische“ Nationalbewegung entscheidende Fortschritte machen sollte.
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel, wovon die ersten beiden Kapitel in das Thema einführen: Kapitel 1 enthält die Einleitung, Kapitel 2 die historischen Voraussetzungen für die weitere Bearbeitung der Forschungsfrage. Kapitel 3 behandelt den Zeitraum von 1800 bis zum Tod von Zar Nikolaus I. und umfasst somit die Zeitspanne vom Wiener Kongress bis zum Novemberaufstand. Ein eigenes Unterkapitel widmet sich dem zivilisatorischen Diskurs zwischen Groß- und Kleinrussen als Teil der Wahrnehmung zwischen Zentrum und Peripherie. Die zweite Hälfte des dritten Kapitels behandelt die Zeit des „Kiewer Experiments“ der 1830er bis in die 1850er Jahre, als unter imperialer Obhut die „kleinrussische Bewegung“ als Vehikel gegen die Polen gefördert wurde. Das Kapitel schließt mit dem Beginn der 1850er Jahre ab. In Kapitel 4 wird die Zeit nach dem Krimkrieg, den Großen Reformen und vor allem nach der Erschütterung des Januaraufstandes bearbeitet, in dessen Nachklang auch die ukrainische Bewegung zum Ziel der autokratischen Repressionspolitik werden sollte. In Kapitel 5 wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick auf die Revolution von 1905 gegeben.
Inhaltsverzeichnis
- Der imperiale Nationalismus im russländischen Reich
- Die Handlungslogiken eines multiethnischen Imperiums im Langen 19. Jahrhundert: Das Entstehen der Nationalbewegungen als Herausforderung
- Forschungsstand und Präliminarien
- Voraussetzungen: Zur Genese des Imperiums im 18. und 19. Jahrhundert
- Das russländische Imperium von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert
- Die Ausweitung des russländischen Imperiums im Westen: Von der linksufrigen Ukraine zum Königreich Polen
- Die Infragestellung der imperialen Hegemonie im Westen des Reiches: Die polnischen Aufstände 1830/31 und 1863/1864
- „Wenn wir wollen, dass alles bleibt wie es ist, dann ist nötig, dass sich alles verändert\": Die großen Reformen und der Weg in die moderne Gesellschaft
- Vom Beginn des Langen 19. Jahrhunderts bis zum Tod von Nikolaus I.
- Die ersten Gehversuche der kleinrussischen Nationalbewegung im russländischen Imperium
- Vom Kosakenhetmanat zum Teil des Imperiums: Die Ukraine von 1770 bis 1830
- Barbarische Kleinrussen und zivilisierte Großrussen? Zum imperialen Diskurs zwischen Zentrum und Peripherie im Reich
- Die Zeit zwischen November- (1830/31) und Januaraufstand (1863/64)
- Die Wurzeln des Kiewer Experiments in den südwestlichen Gouvernements des russländischen Imperiums
- Die proukrainische Bewegung nach dem Novemberaufstand: Die Gesellschaft des heiligen Kyrill und Method
- Zwischen Liberalismus, Insurrektionalismus und Repression: Vom Beginn der Regierungszeit Zar Alexanders II. bis zum fin de siècle
- Der Amtszeitbeginn Alexander II.: Der „Zar-Befreier“ und die Kleinrussen
- Die ukrainische Bewegung in den ersten Jahren unter Alexander II. und das imperiale Regime nach dem Januaraufstand 1863/64
- Autokratische Revisionspolitik in der Postaufstandsperiode: Vom Valuev-Zirkular über den Emser Erlass zum Ende des Jahrhunderts
- Fragen der Abgrenzung: Wie lösen sich die Ukrainer von den Großrussen?
- Wo stand die ukrainische Nationalbewegung am fin de siècle?
- Schlussbetrachtung: Die ukrainische Bewegung im Zarenreich
- Die ukrainische Bewegung im Reich: Zwischen Selbstfindung und Repression
- Die Revolution von 1905: Ein Ausblick auf eine verpasste Chance?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entstehung des ukrainischen Nationalbewusstseins im russischen Zarenreich im 19. und 20. Jahrhundert. Sie untersucht die Wechselwirkungen zwischen der russischen Imperialpolitik und der sich entwickelnden ukrainischen Nationalbewegung, insbesondere im Kontext der polnischen Aufstände und der großen Reformen des Zarenreichs.
- Das Herausbilden des ukrainischen Nationalbewusstseins im Kontext der russischen Imperialpolitik.
- Die Rolle der polnischen Aufstände in der Entwicklung der ukrainischen Nationalbewegung.
- Die Auswirkungen der großen Reformen des Zarenreichs auf die ukrainische Gesellschaft.
- Der zivilisatorische Diskurs zwischen Großrussen und Kleinrussen als Ausdruck der imperialen Hegemonie.
- Die Bedeutung des „Kiewer Experiments“ für die Förderung einer pro-ukrainischen Bewegung.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in das Thema ein und erläutert den Begriff des „imperialen Nationalismus“. Kapitel 2 beleuchtet die historischen Voraussetzungen für die Entstehung der ukrainischen Nationalbewegung, insbesondere die Ausdehnung des russischen Imperiums im Westen und die damit verbundenen Konflikte. Kapitel 3 beschreibt die frühen Gehversuche der ukrainischen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert, darunter das „Kiewer Experiment“ als Instrument zur Bekämpfung des polnischen Einflusses. Kapitel 4 analysiert die Entwicklung der ukrainischen Bewegung nach den polnischen Aufständen und die repressive Politik des Zarenreichs.
Schlüsselwörter
Ukrainische Nationalbewegung, Russisches Zarenreich, Imperialismus, Nationalismus, Polnische Aufstände, Kiewer Experiment, Kleinrussen, Großrussen, Zivilisatorischer Diskurs, Repression, Selbstfindung.
- Citation du texte
- Marco Timmreck (Auteur), 2021, Die Entstehung des ukrainischen Nationalbewusstseins im russländischen Zarenreich im 19. und 20. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1185635