ie durch den europäischen „Traum von der Unabhängigkeit auf eigenem Land“1, politischen Druck, religiöse Intoleranz und vor allem durch massive wirtschaftliche Not aus ihrer Heimat geflohenen Deutschen wurden zwar nicht zu einer bedeutenden politisch einflussreichen Kraft2, besaßen aber dennoch einen entscheidenden „Einfluss auf die amerikanische Vorstellung vom Leben in Deutschland.“3 Die Deutsch-Amerikaner als ethnische Gruppe lebten nicht nur zurückgezogen, sondern waren in zahlreichen Institutionen und Organisationen in der amerikanischen Öffentlichkeit präsent. Darüber hinaus sind zahlreiche bedeutende deutsche Wissenschaftler, Politiker und Militärs bekannt, die zur Entwicklung des amerikanischen Selbstverständnisses beigetragen haben. So baute der preußische General Friedrich von Steuben ein diszipliniertes, schlagkräftiges Heer auf, das den Vereinigten Staaten 1782 zum endgültigen Sieg über die Briten verhalf. In Dwight D. Eisenhower und Herbert Hoover standen gleich zwei Präsidenten deutscher Herkunft an der Spitze der amerikanischen Regierung und der deutsch-amerikanische Ingenieur Johann August Roebling entwarf gemeinsam mit seinem Sohn die Brooklyn Bridge. Die Insel Manhattan, die durch diese Brücke mit Brooklyn verbunden ist, hatte ein weiterer Deutscher namens Peter Minuit 1626 den Indianern abgekauft. Die Lage der Deutsch-Amerikaner, von denen der ein oder andere einen nicht unerheblichen Beitrag zur Entwicklung des American way of life geleistet hatte, änderte sich schlagartig mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Im Rahmen dieses ersten größeren Konflikts zwischen den Vereinigten Staaten und dem Deutschen Reich sahen sich die deutschen Einwanderer in den USA mit Übergriffen und öffentlichen Verfemungen konfrontiert. Die amerikanische Öffentlichkeit, die die Solidarität der Deutsch-Amerikaner in Frage stellte, zwang die Deutschen immer wieder zu öffentlichen Loyalitätsbekundungen. Auf der anderen Seite gab es natürlich auch deutsche Patrioten, die ihre Treue zur deutschen Heimat öffentlich unter Beweis stellten und die Glaubwürdigkeit derjenigen Deutschen, die sich als amerikanische Staatsbürger empfanden, erschütterten. Welchen verbalen und tätlichen Bedrohungen diese Menschen ausgesetzt waren und wie sich ihr Leben auch in den drei Jahren offizieller Neutralität der Vereinigten Staaten gestaltete, soll diese Arbeit aufzeigen. [...]
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Deutsche Auswanderer in Amerika
1.1. Motive und Hintergründe der Auswanderung
1.2. Das Bild des deutschen Einwanderers
1.3. Bestimmung des Begriffs „Deutsch-Amerikaner“
2. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges
3. Die Entwicklung zwischen 1914 und 1917
3.1. Die veränderten politischen Beziehungen
3.2. Die Reaktion der Deutsch-Amerikaner
3.3. Die Reaktion der amerikanischen Öffentlichkeit
Zusammenfassung
Literatur
Einleitung
Die durch den europäischen „Traum von der Unabhängigkeit auf eigenem Land“[1], politischen Druck, religiöse Intoleranz und vor allem durch massive wirtschaftliche Not aus ihrer Heimat geflohenen Deutschen wurden zwar nicht zu einer bedeutenden politisch einflussreichen Kraft[2], besaßen aber dennoch einen entscheidenden „Einfluss auf die amerikanische Vorstellung vom Leben in Deutschland.“[3] Die Deutsch-Amerikaner als ethnische Gruppe lebten nicht nur zurückgezogen, sondern waren in zahlreichen Institutionen und Organisationen in der amerikanischen Öffentlichkeit präsent. Darüber hinaus sind zahlreiche bedeutende deutsche Wissenschaftler, Politiker und Militärs bekannt, die zur Entwicklung des amerikanischen Selbstverständnisses beigetragen haben. So baute der preußische General Friedrich von Steuben ein diszipliniertes, schlagkräftiges Heer auf, das den Vereinigten Staaten 1782 zum endgültigen Sieg über die Briten verhalf. In Dwight D. Eisenhower und Herbert Hoover standen gleich zwei Präsidenten deutscher Herkunft an der Spitze der amerikanischen Regierung und der deutsch-amerikanische Ingenieur Johann August Roebling entwarf gemeinsam mit seinem Sohn die Brooklyn Bridge. Die Insel Manhattan, die durch diese Brücke mit Brooklyn verbunden ist, hatte ein weiterer Deutscher namens Peter Minuit 1626 den Indianern abgekauft.
Die Lage der Deutsch-Amerikaner, von denen der ein oder andere einen nicht unerheblichen Beitrag zur Entwicklung des American way of life geleistet hatte, änderte sich schlagartig mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Im Rahmen dieses ersten größeren Konflikts zwischen den Vereinigten Staaten und dem Deutschen Reich sahen sich die deutschen Einwanderer in den USA mit Übergriffen und öffentlichen Verfemungen konfrontiert. Die amerikanische Öffentlichkeit, die die Solidarität der Deutsch-Amerikaner in Frage stellte, zwang die Deutschen immer wieder zu öffentlichen Loyalitätsbekundungen. Auf der anderen Seite gab es natürlich auch deutsche Patrioten, die ihre Treue zur deutschen Heimat öffentlich unter Beweis stellten und die Glaubwürdigkeit derjenigen Deutschen, die sich als amerikanische Staatsbürger empfanden, erschütterten. Welchen verbalen und tätlichen Bedrohungen diese Menschen ausgesetzt waren und wie sich ihr Leben auch in den drei Jahren offizieller Neutralität der Vereinigten Staaten gestaltete, soll diese Arbeit aufzeigen. Ausgehend von dem Bild des deutschen Einwanderers in der amerikanischen Öffentlichkeit vor Kriegsausbruch und dem Versuch einer Definition des Begriffs Deutsch-Amerikaner sollen die veränderten Bedingungen, unter denen die Deutschen während des Krieges zu leben hatten, aufgezeigt werden. Unterstützt wird diese Darstellung mit Hilfe von Artikeln deutschsprachiger Zeitungen, die in den Archiven der blablabla einsehbar sind. Die verwendete Sekundärliteratur findet sich im Literaturverzeichnis am Ende dieser Arbeit.
1. Deutsche Auswanderer in Amerika
1.1. Motive und Hintergründe der Auswanderung
Die deutsche Auswanderung nach Amerika vollzog sich im wesentlichen in drei größeren Etappen, von denen die erste in die Kolonialzeit, die zweite in die Mitte des 19. Jahrhunderts und die dritte in die Zeit zwischen 1881 und 1892 fällt.[4] War im 18. Jahrhundert neben wirtschaftlichen Gründen die freie Religionsausübung, die man sich von dem Land der tausend Möglichkeiten versprach, eines der Hauptmotive für die Auswanderung, spielte im 19. Jahrhundert die wirtschaftliche Notlage eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Emigration in das selbst gewählte Exil. Helbich weist in seiner Publikation darauf hin, dass die überwältigende Mehrzahl der deutschen Auswanderer der Unter- und der unteren Mittelschicht angehörten.[5] Das soziale Elend des beginnenden 19. Jahrhunderts lag u.a. in der durch einen Rückgang der Sterberate bedingten Bevölkerungszunahme, Missernten und Preissteigerungen begründet. Darüber hinaus erschwerte die zunehmende Industrialisierung die Lage der Heimarbeiter und Handwerker, deren Branchen durch den Fortfall der Zunftschranken von einem Überangebot der Kleinhandwerker überschwemmt wurden. Auch die Lage der Landbevölkerung gestaltete sich äußerst schwierig, da sie nicht selten gezwungen waren, auf Minimalgrundstücken ihr Leben zu fristen und ihr Überleben zu sichern.
Vor diesem Hintergrund schien die Auswanderung einen Ausweg aus der desolaten Lage zu bieten. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entschlossen sich etwa 5 Millionen Menschen zum Aufbruch in die Neue Welt,[6] allein in den beiden Spitzenjahren 1854 und 1882 überquerten jeweils 200000 Deutsche den Atlantik.[7] Fritz Stern spricht in seinem Aufsatz über die deutsch-amerikanischen Beziehungen im Lauf der Geschichte von einem „anfänglichen Rinnsal nach Germantown“[8], das sich in einen wahren Sturzbach deutscher Einwanderer wandelte. Den steten Zustrom der Deutschen bestätigt auch ein Brief, den ein Zeitzeuge namens Franz Joseph Loewen in die Heimat schickt:
„[...] Was unsere engere Heimat anbetrifft, so vergrößert und verschönert sich dieselbe von Jahr zu Jahr, als wir vor vier Jahren hierher kamen, trafen wir 27 deutsche katholische Familien, jetzt sind’s unser 70 [...]“[9]
Wenngleich die deutsche Einwanderung nach der Jahrhundertwende deutlich nachließ und bei etwa 30000 Personen pro Jahr stagnierte,[10] ergab die 13. amerikanische Bundes-Volkszählung von 1910, dass die Deutschen auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch immer die zahlenmäßig größte, nicht-angloamerikanische Gruppe in den USA darstellte.[11] LaVern J. Rippley stellt fest, dass „von 92 Millionen Amerikanern 8646402 deutscher Herkunft“[12] waren, was einem Quantum von beinahe 10 Prozent an der Gesamtbevölkerung entspricht. Gemessen an der Muttersprache, mache der deutsche Anteil an der Gesamtbevölkerung sogar mehr als 11 Prozent aus.[13]
1.2. Das Bild des deutschen Einwanderers
Obwohl die Mehrzahl der deutschen Siedler durch den Traum vom eigenen Land in ihrer Entscheidungsfindung hinsichtlich der Auswanderung erheblich beeinflussten wurden, fand das Gros der Immigranten ihr Auskommen im Handels- und Dienstleistungsbereich, in Industrie und Gewerbe ihr Auskommen. Entsprechend hoch war der Anteil der deutschen Einwanderer in den Städten, von denen New York aufgrund der enorm hohen deutschen Einwohnerzahlen nach Berlin als zweitgrößte deutsche Stadt galt.[14]
Obwohl die Einheimischen dazu neigten, die eingewanderten Deutschen „als eine einheitliche Gruppe mit gemeinsamen Charaktereigenschaften“[15] zu sehen, bildeten die Deutschen verglichen mit polnischen und irischen Einwanderern eine ausgesprochen heterogene Gruppe, deren Ursprung nur zum Teil auf den alten Partikularismus zurückzuführen ist.[16] Die deutschen Geister schieden sich nicht nur an der unterschiedlichen geografischen, sondern auch an der beruflichen Herkunft, an unterschiedlichen Konfessionen und unterschiedlichen politischen Auffassungen. Laut Audrey Olson, die die Beschaffenheit der deutschen Gemeinschaften und die Bereitschaft zur Assimilation untersucht hat, hat die Heterogenität der Deutschen in starkem Maße dazu beigetragen, dass sich die Eingliederung der Neuankömmlinge verhältnismäßig mühelos gestaltete.[17] Vor allem in den Städten gelang die Assimilation schneller und unkomplizierter als auf dem Lande, wo deutsche Siedlungen lange eine Subkultur lebten.
[...]
[1] Helbich (1988), S. 42.
[2] Doerries (1986), S. 353.
[3] Stern (1986), S. 481.
[4] Wiedemann-Citera (1993), S. 17.
[5] Helbich (1988), S. 21.
[6] Luebke (1986), S. 222.
[7] Luebke (1986), S. 222..
[8] Stern (1986), S. 481.
[9] Helbich/Kamphoefner/Sommer (1988), S. 192.
[10] Luebke (1974), S. 28f.
[11] Luebke (1974), S. 29.f.
[12] Rippley (1986), S. 563.
[13] Rippley (1986), S. 563.
[14] Wiedemann-Citera (1993), S. 18.
[15] Luebke (1986), S. 223.
[16] Wiedemann-Citera (1993), S. 22.
[17] Olson (1980), S. 280.
- Citar trabajo
- Franziska Hillmer (Autor), 2003, Die Situation der Deutsch-Amerikaner vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11852
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