„Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit.“ Dieses Zitat von Egon Erwin Kisch, zu finden als einleitendes Prinzip des erstmals im Jahr 1925 erschienenen „Rasenden Reporter“, kann als Fundament einer komplexen Thematik angesehen werden, lässt sich doch aus ihm bei genauerer Betrachtung eine Fülle an kommunikationswissenschaftlich relevanten Fragestellungen ableiten. Die Wahrheit, die Wirklichkeit in all ihrer (journalistischen) Subjektivität, als objektiver Widerspruch in sich quasi, ist ein Reibebaum des Journalismus, einer Kulturleistung, deren Facetten vor Vielfalt und nicht gelösten Problemen nur so strotzen.
Die „Wirklichkeit“ soll daher auch zu Beginn dieser Arbeit als ein Ausgangspunkt gelten, als provokant gezeichnete erste Hürde auf einem langen Weg zum wissenschaftlichen Ziel dieses Versuches, einen kleinen Teil des Journalismus näher zu beleuchten, zu deuten, und der Kommunikationswissenschaft einen – wenn vielleicht auch nur kleinen – Schritt vorwärts zu helfen.
Ein Schritt, mit dem die Türe zum Komplex „literarischer Journalismus“ erreicht werden soll, um einen Beitrag zur Erklärung eines Phänomens zu leisten, das seit Jahrzehnten die Wissenschaft beschäftigt, wenngleich sich (vor allem) die Kommunikationswissenschaft in der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis Literatur und Journalismus bislang auffallend dezent im Hintergrund aufgehalten hat. Das Forschungsfeld wurde fast ausschließlich anderen Disziplinen überlassen, vor allem der Literaturwissenschaft. Dabei darf – eigentlich sollte sie dies längst getan haben – auch die Kommunikationswissenschaft mit Recht die Untersuchung „literarischer Qualität“ für sich reklamieren.
Nicht zuletzt sind es die zeitlosen und anerkannten Werke von Journalisten und Grenzgängern wie Kisch, die eine intensive Auseinandersetzung der Kommunikationswissenschaft mit literarischen Leistungen rechtfertigen. Egon Erwin Kisch, dem Klassiker unter den – zumindest deutschsprachigen – Reportern, wird auf den folgenden Seiten, wenn es darum geht, Entwicklungstendenzen nachzuzeichnen, daher auch großes Gewicht beigemessen, da er als Meilenstein der Reportage, und damit auch des literarischen Journalismus gelten muss, an dem kein Weg vorbei führt. [...]
Inhalt
Vorwort
1 Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Kommunikationswissenschaftliche Relevanz
1.3 Vorgehensweise
2. Grundlagen
2.1 Zur Begriffsklärung
2.1.1 Literatur
2.1.2 Werk und Kanon
2.1.3 Literarischer Journalismus
2.2 Theoretische Annäherung
2.2.1 Kommunikationswissenschaftliche Grundlage
2.2.2. Literaturwissenschaftliche Grundlage
2.2.3 Journalistische Qualität und Mängel in der Qualitätsdiskussion
2.2.4 Grundprobleme literarischer Wertung
2.2.5 Möglichkeiten der Wertung
2.2.6 Sprache und Stil
2.2.7 Zerbrechliche Regeln
2.3 Fragen und Thesen
2.4 Analyseeinheiten
2.4.1 Untersuchungsobjekte
2.4.2 Kategorien
2.4.3 Zusammenfassung
3. Kommunikationspraxis
3.1 Wege zum literarischen Journalismus
3.1.1 Antike Spuren
3.1.2 Die Reisekunst
3.1.3 Übergänge und soziale Fragen
3.1.4 Meilensteine des literarischen Journalismus
3.1.5 „Der Tag“, Forum für Literarisches
3.2 Wissenschaftliche Quelle Journalisten-Preis
3.2.1 Die Untersuchung
3.3 Die Reportage, das zentrale Element
3.3.1 Begriffliche Annäherung
3.3.2 Merkmalsfindung
3.3.3 Die Untersuchung
3.3.4 Das Feature, ein naher Verwandter
3.4 Der Essay
3.4.1 Die Untersuchung
3.5 Die Glosse, der Farbtupfer
3.5.1 Die Untersuchung
3.6 Die Kunst-Kritik
3.6.1 Die Untersuchung
3.7 Das Feuilleton, der vernachlässigte Ort des Literarischen
3.7.1 Begriffsklärung
3.7.2 Das Wiener Feuilleton um 1900, eine historische Bestandsaufnahme
3.7.3 Das deutschsprachige Feuilleton der Gegenwart
3.7.4 Conclusio der Feuilletons-Debatte
3.8 Gesamtbild der Tageszeitungen
3.8.1 „Die Presse“
3.8.2 Die „Süddeutsche Zeitung“
3.8.3 Rückbesinnung im Zeitalter des World Wide Web?
4. Schlussteil
4.1 Beantwortung der Forschungsfragen
4.2 Offene Fragen, Thesen und Ausblick
5. Quellenverzeichnis
6. Anhang
Vorwort
„Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit.“[1] Dieses Zitat von Egon Erwin Kisch, zu finden als einleitendes Prinzip des erstmals im Jahr 1925 erschienenen „Rasenden Reporter“, kann als Fundament einer komplexen Thematik angesehen werden, lässt sich doch aus ihm bei genauerer Betrachtung eine Fülle an kommunikationswissenschaftlich relevanten Fragestellungen ableiten. Die Wahrheit, die Wirklichkeit in all ihrer (journalistischen) Subjektivität, als objektiver Widerspruch in sich quasi, ist ein Reibebaum des Journalismus, einer Kulturleistung, deren Facetten vor Vielfalt und nicht gelösten Problemen nur so strotzen.
Die „Wirklichkeit“ soll daher auch zu Beginn dieser Arbeit als ein Ausgangspunkt gelten, als provokant gezeichnete erste Hürde auf einem langen Weg zum wissenschaftlichen Ziel dieses Versuches, einen kleinen Teil des Journalismus näher zu beleuchten, zu deuten, und der Kommunikationswissenschaft einen – wenn vielleicht auch nur kleinen – Schritt vorwärts zu helfen.
Ein Schritt, mit dem die Türe zum Komplex „literarischer Journalismus“ erreicht werden soll, um einen Beitrag zur Erklärung eines Phänomens zu leisten, das seit Jahrzehnten die Wissenschaft beschäftigt, wenngleich sich (vor allem) die Kommunikationswissenschaft in der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis Literatur und Journalismus bislang auffallend dezent im Hintergrund aufgehalten hat. Das Forschungsfeld wurde fast ausschließlich anderen Disziplinen überlassen, vor allem der Literaturwissenschaft. Dabei darf – eigentlich sollte sie dies längst getan haben – auch die Kommunikationswissenschaft mit Recht die Untersuchung „literarischer Qualität“ für sich reklamieren.
Nicht zuletzt sind es die zeitlosen und anerkannten Werke von Journalisten und Grenzgängern wie Kisch, die eine intensive Auseinandersetzung der Kommunikationswissenschaft mit literarischen Leistungen rechtfertigen. Egon Erwin Kisch, dem Klassiker unter den – zumindest deutschsprachigen – Reportern, wird auf den folgenden Seiten, wenn es darum geht, Entwicklungstendenzen nachzuzeichnen, daher auch großes Gewicht beigemessen, da er als Meilenstein der Reportage, und damit auch des literarischen Journalismus gelten muss, an dem kein Weg vorbei führt.
Will man sich mit dem Verhältnis Journalismus und Literatur ernsthaft auseinander setzen, gilt es daher auch, sich mit der historischen Entwicklung der printmedialen Vermittlung auseinander zu setzen, wobei das Wirken von Autoren wie Kisch oder Max Winter in einem Zentrum stehen soll, dessen Wurzeln ebenso beleuchtet werden müssen wie die jüngsten Blüten des literarischen Journalismus.
Die empirische Untersuchung literarischer Qualität in Zeitungen erfordert daher auch eine Beachtung der großen Journalisten der Geschichte, wie etwa Heinrich Heine oder Gottfried Seume, Alfred Polgar, Joseph Roth oder Tom Wolfe, die hier Eckpfeiler und Wegweiser sind für die vertiefenden Überlegungen auf der Suche nach den literarischen Elementen in der Zeitung – ein Unterfangen, welches zudem eines intensiven Blickes über die Grenzen der Kommunikationswissenschaft hinaus bedarf.
1 Einleitung
Wenn Wolfgang R. Langenbucher davon spricht, dass der Journalismus eine eigenständige Kulturleistung ist, die es nicht nötig habe, zur Literatur geadelt zu werden,[2] dann ist dies Forderung und Eingeständnis zugleich: Die Forderung nach stärkerem Selbstbewusstsein der Kommunikationswissenschaft, wesentliche Themenstellungen nicht anderen zu überlassen, und das Eingeständnis, dass eben dieses freiwillige Überlassen von Komplexen in den letzten Jahrzehnten geschehen sein muss.
Langenbucher gesteht dem Journalismus als Kulturleistung eine Rolle zu, wie sie Literatur, Theater, Kunst oder Wissenschaft einnehmen[3], ein Punkt, auf den später noch einzugehen sein wird, wenn die „verwandtschaftlichen“ Verhältnisse des Journalismus geklärt werden. Gedanken über die Verhältnisse, über den Standort des Journalismus in der Gesellschaft der Kulturleistungen schaffenden Disziplinen also, sind grundlegend für weitere Überlegungen, um aus eben diesem Komplex den literarischen Journalismus abzuleiten und ihn greifbar zu machen.
Als eigenständige Kulturleistung soll der Journalismus daher auch in dieser Arbeit betrachtet werden, und, im speziellen Fall des literarischen Journalismus, könnte man sich noch einen Schritt weiter wagen, um die Gedanken von Kisch und Tom Wolfe, dem Meister des sogenannten „New Journalism“, aufzugreifen, die beide dafür plädierten, Journalismus als eine Kunstform anzuerkennen.[4]
Doch ist der literarische „Zeitungsweg“ nicht so einfach zu finden, denn schon allein aus den oben angeführten Formulierungen erwachsen Probleme, die Fragen hinterlassen, die im folgenden Kapitel aufgeworfen werden sollen, um daraus die relevanten Forschungsfragen für diese Arbeit zu filtern.
Die Suche nach Antworten auf bestimmte Fragen nach dem literarischen Journalismus bedarf einer intensiven theoretischen Auseinandersetzung sowie einer empirischen Untersuchung, um bestehende Denkansätze kritisch zu beleuchten und um (eventuell) neue Denkansätze zu erstellen.
In den folgenden Ausführungen gilt es, die Fundamente für die Untersuchung zu legen, die Frage nach der wissenschaftlichen Notwendigkeit zu beantworten und die Kernfrage dieser Untersuchung zu formulieren, von der aus der rote Faden für die weitere Vorgehensweise gelegt werden soll.
1.1 Fragestellung
Der erste Teil grundlegender Überlegungen zu dieser wissenschaftlichen Arbeit betrifft das Finden und Formulieren der grundlegenden Forschungsfrage, von ihr hängt nicht nur das weitere Vorgehen ab, sondern es entscheidet sich mit der Fragestellung samt ihrer in Folge zu erstellenden Hypothesen auch die Strukturierung der Arbeit im Gesamten.
Das Unternehmen führt in diesem Fall wieder zum Problem der „Wirklichkeit“, die in den einleitenden Sätzen als erste provokante Hürde auf dem Weg zum wissenschaftlichen Ziel definiert wurde, zurück.
Das Erzählen von Wirklichkeit, wie Kisch es meinte, oder, wie es Hannes Haas und Gianluca Wallisch formulieren, „literarischer Journalismus ist kunstvolle Inszenierung des realen Lebens“[5], ist, grob gesprochen, der zentrale Untersuchungsgegenstand der folgenden Untersuchung, auch wenn diese recht einfach klingende – und doch treffende – Definition nur Ausgangspunkt sein kann, um weitere Aspekte und also Fragestellungen abzuleiten, und davon ausgehend, relevante Kategorien zu erstellen.
Der Darstellung von Wirklichkeit, die der Journalismus zum zentralen Ermittlungs- und Vermittlungsobjekt erkoren hat, als literarisches Ereignis anhand von spezifischen Merkmalen zu erkennen und zu deklarieren, ohne jedoch die Gefahr einer falsch verstandenen Normierung außer Acht zu lassen, dem sei in dieser Arbeit oberste Priorität beigemessen.
Die grundlegende Frage dieser Untersuchung soll lauten:
In welcher Form ist literarischer Journalismus zu erkennen, in welcher Form tritt literarischer Journalismus in der Tageszeitung in Erscheinung, was sind die Merkmale des literarischen Journalismus, und, daraus resultierend, welche Rolle messen die Verantwortlichen von Qualitäts-Zeitungen dem literarischen Journalismus bei?
Von dieser Forschungsfrage ausgehend werden in weiterer Folge noch andere kleinere Komplexe heraus zu stellen sein, welche die Thematik vertiefen sollen, und die, nach der Klärung der theoretischen Grundlagen, der historischen Dimensionen und der begrifflichen Klarstellungen, abgeleitet und formuliert werden.
1.2 Kommunikationswissenschaftliche Relevanz
Die im vorherigen Kapitel formulierte Grundfragestellung dieser Arbeit fällt aus kommunikationswissenschaftlicher Betrachtungsweise zunächst in den Kompetenzbereich der journalistischen Qualitätsforschung. Zwar wird die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der journalistischen Qualität in den letzten Jahren zusehends intensiviert, doch resultiert die Relevanz des Themas trotzdem in erster Linie aus dem Fehlen von relevanten Publikationen zum literarischen Journalismus. Das liegt einerseits daran, dass der literarische Aspekt in der Qualitätsdiskussion nach wie vor nur die Rolle einer Randerscheinung einnimmt, vor allem aber hat die Kommunikationswissenschaft eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung (vor allem im empirischen Sinne) bislang vermieden.
Oder, wie es Langenbucher schärfer formuliert:
„Dass ein Journalismus, der – wie immer definierte – hohe Qualitätsansprüche einlöst, von der Literaturkritik, Literaturwissenschaft und Literaturgeschichte ganz einfach usurpiert wird, ist aus Sicht dieser Disziplinen ganz verständlich, sollte aber aus der Sicht unserer Disziplin endlich wieder problematisiert werden.“[6]
Die Relevanz der dieser Untersuchung zugrunde liegenden[7] Problematik wird allein dadurch verdeutlicht, dass das journalistische Selbstverständnis, dem Produzierten dauernde Geltung beizumessen, kaum vorhanden ist, dass manche Journalisten, um im Gedächtnis zu bleiben, ihr Metier zumindest partiell verlassen, um sich unter die „echten“ Literaten mischen. Michael Frank unterstreicht dieses Manko in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung über den Journalisten und Literaten Joseph Roth: „(...) Auch im Bilde, das sich die Gesellschaft von den Schreibenden macht, hat diese Sehnsucht ihre Entsprechung: Literatur, das ist es, was zählt; Journalismus, dieser Knecht der Aktualitäten und der Obsessionen der Zeit, hat in seiner dienenden Rolle nicht diesen Nachhall, auch wenn es ihm immer und immer wieder gelingt, sehr grundsätzlich und auf immer wahr zu sein.“[8]
Obwohl sich mancher deutschsprachige Kommunikationswissenschafter zumindest ansatzweise dem literarischen Journalismus genähert hat, zu erwähnen sind hier aus jüngerer Zeit vor allem Gianluca Wallisch und Hannes Haas[9], fehlen dennoch tiefergehende Untersuchungen in diese Richtung, vor allem ist ein Mangel an empirisch verwertbaren Erkenntnissen zu konstatieren.
Eine bedeutende Publikation, die sich mit dem Nahe-Verhältnis zwischen Journalismus und Literatur und gleichzeitig auch mit einer Öffnung der Disziplinen beschäftigt, stammt von Bernd Blöbaum und Stefan Neuhaus und aus dem Jahr 2003. Diese Band hat nicht nur die historische Aufarbeitung der Gemeinsamkeiten von Journalismus und Literatur zum Gegenstand, wie schon mehrere, frühere Aufarbeitungen (wie z. B. die Habilitationsschrift von Haas[10] ), sondern auch und vor allem wird durch einige Fallstudien – herangezogen werden die Werke prominenter Autoren – versucht, den literarischen Aspekt für die Kommunikationswissenschaft zu öffnen und umgekehrt, vor allem die Methodik der Literaturwissenschaft näher zu bringen.
Im Vorwort der Studie begründen die Herausgeber die Notwendigkeit einer solchen Öffnung und bemängeln die nach wie vor latent vorhandene wissenschaftliche Ignoranz, die sich vor allem darin manifestiert, dass die geisteswissenschaftliche Tradition der Literaturwissenschaft und die sozialwissenschaftliche Orientierung der Kommunikationswissenschaft Kooperationen an nahe liegenden Problemen eher verhindert als gefördert haben.[11]
Die von Blöbaum und Neuhaus publizierten Fallstudien bieten eine Grundlage zur vorliegenden Problematik, die sich jedoch weniger am Werk einzelner Personen orientiert, als vielmehr die empirische Erfassung literarischer Elemente in der Tageszeitung im Vordergrund steht. Blöbaum bemängelt das Fehlen von Untersuchungen das Verhältnis Journalismus und Literatur betreffend, vor allem, weil sich die Beschäftigung mit dieser Thematik vornehmlich auf der Akteursebene abspielt.[12]
Zudem rechtfertigt nicht zuletzt die Vielfalt an Journalismuspreisen, die auch literarische Ehren zuteil werden lässt, sowie die breiten Diskussionen über die Qualitätskriterien im Journalismus die kommunikationswissenschaftliche Auseinandersetzung mit der literarischen Einheit des Journalismus.
Das literarische Moment kann daher als ein Aspekt in der kommunikationswissenschaftlichen Qualitätsdiskussion im Journalismus angesehen werden, ein Aspekt, der jedoch meist nur am Rande Erwähnung findet. Möglicherweise auch, weil die empirische Erfassung literarischer Qualität ein Unterfangen ist, das einen Blick über die Grenzen der sozialwissenschaftlichen Disziplin Kommunikationswissenschaft bedarf.
1.3 Vorgehensweise
Bevor die eigentliche Untersuchung zur Kernfrage beginnen kann, noch bevor also der literarische Journalismus in Qualitäts-Tageszeitungen einer inhaltsanalytischen Untersuchung unterzogen werden kann, gilt es, einen komplexen, grundlegenden Diskurs zu führen, der auf einer scheinbar banalen Frage beruht:
Was ist literarischer Journalismus?
Diese Frage, aus der eingangs gestellten Forschungsfrage abgeleitet, leitet die Erläuterung der theoretischen Grundlagen ein, und ist daher von existentieller Bedeutung für diese Untersuchung, da der literarische Journalismus oft als gegeben angenommen wird, da er oft bemüht und zitiert, doch nur bedingt so erfasst wird, dass er auch begrifflich gefasst werden kann. Eine erste Klärung muss daher den Begriff „literarischer Journalismus“ betreffen, wie er in unterschiedlichen wissenschaftlichen Kontexten gesehen wird – und dabei muss eine Grenzüberschreitung vorgenommen werden, da mit den Erkenntnissen der Kommunikationswissenschaft allein dieser Problematik nur teilweise beizukommen ist. Die Wurzeln des Problems sind dabei zunächst in der Komplexität zu suchen, welche der Diskussion über die Qualitätsmerkmale im Journalismus eigen ist.
An dieser Stelle sei in diesem Zusammenhang auf diese grundlegende Problematik verwiesen, die Hans Wagner in einem Aufsatz verdeutlicht, in dem er der Kommunikationswissenschaft den Spiegel vorhält, um Defizite in bezug auf die Qualitätsdiskussion aufzuzeigen.
„Qualitätskriterien können nicht markiert oder normiert werden, wenn man nicht weiß, für wen und wofür, für welche Produkte mit welchem Gebrauchswert sie eigentlich gelten sollen.“[13]
Wagner zielt damit auf vernachlässigte Gebiete der Kommunikationswissenschaft gleichermaßen, wie er die Problematik betreffend die Messung von journalistischer Qualität aufwirft, und zitiert Stephan Ruß-Mohl, der mit seinem Heimwerkerlatein, so meint Wagner, am Ende angelangt sei: „Qualität im Journalismus definieren zu wollen, gleicht dem Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln.“[14]
Dieser Vergleich, der einen verzweifelnden und resignierenden Beigeschmack nicht verbergen kann, wird, so drastisch er auch formuliert sein mag, auch in dieser Untersuchung zu bedenken sein, vor allem dann, wenn es daran geht, Kategorien zu finden, die den literarischen Journalismus erkennbar machen sollen, um der zentralen Frage auf den fragilen und schwer zu fassenden Leib zu rücken. Ansichten wie jene von Ruß-Mohl fungieren quasi als ein mahnender Zeigefinger, welcher stets an die Gefahren einer strikten Kategorisierung und Grenzziehung erinnert.
In weiterer Folge soll, als oberstes Ziel dieser Untersuchung versucht werden, Merkmale des literarischen Journalismus zu finden, davor jedoch müssen jene Tendenzen aufgezeigt werden, wie sie die Wissenschaft bis dato erkannt und benannt hat, also, welche Denkansätze bislang zum Thema literarischer Journalismus entwickelt wurden.
Diese Denkansätze sollen im Zuge dieser Untersuchung zusätzlich vertieft werden, wobei es nicht nur um Grenzüberschreitung in die Literaturwissenschaft und eine Öffnung für andere Disziplinen, sondern auch um die Analyse der Grenzziehung innerhalb der journalistischen Strukturen geht, also darum, wie sich eine journalistische Darstellungsform, der literarischer Charakter bescheinigt wird, fassen und erkennen lässt – als Frage formuliert:
Wo liegen die Grenzen des literarischen Journalismus, und welche Darstellungsformen kommen dafür in Frage?
Zudem wird, nach Klärung dieser Fragen, und dem roten Faden der Untersuchung folgend, auf die zentrale Frage eingegangen werden, basierend auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und ausgehend von Thesen, die nach der theoretischen Reflexion noch zu erstellen sein werden.
Vorab jedoch gilt es, einen weiteren wesentlichen Aspekt der zugrunde liegenden Problematik anzureißen – er betrifft das Verhältnis von Literatur und Journalismus. Dieses Beziehungsgeflecht gilt es erstens im wissenschaftlichen Diskussionsrahmen zu klären, und zweitens um einen Aspekt zu erweitern bzw. zu vertiefen, um Erkenntnisse einer empirischen Herangehensweise auf Basis gemeinsamer Faktoren.
Die grundsätzlichen Regeln, argumentieren Karola Ahlke und Jutta Hinkel, gelten für beide, Literatur und Journalismus, die Werkzeuge sind die gleichen, und selbst die abweichenden Mittel sind nicht einfach festzumachen und zuzuordnen.
„Wie Schriftsteller sich als Stilmittel journalistischer Schreibtechniken bedienen können, ist dies eingeschränkt auch umgekehrt der Fall. So wird dem Feuilleton eine Nähe zur Literatur zugesprochen, weil dort neben der Informationsfunktion die unterhaltende und ästhetische Funktion an Bedeutung zunimmt. Ansätze dazu finden sich auch im nachrichtlichen Ressort, allerdings nur bei meinungsbetonten Formen wie Reportagen, Glossen, Features und Kommentaren.“[15]
Dieser Annahme wird hier nicht widersprochen, sie beinhaltet wesentliche Aspekte der grundliegenden Problematik dieser Arbeit und basiert auf der grundlegenden Haltung der Literaturwissenschaft, die wenigstens manche Bereiche journalistischen Werkens in den Grenzregionen der Literatur beheimatet sieht.
Die theoretischen Fundamente, die es zu berücksichtigen gilt, werden daher, wie bereits angedeutet, über die Kommunikationswissenschaft hinausreichen müssen, schon allein wegen der thematischen Verwandtschaft zur Literaturwissenschaft. Daher werden in diese Arbeit Einflüsse der literaturwissenschaftlichen Grundlagenforschung und Methodik Eingang finden (eine detaillierte Auseinandersetzung über die theoretische Annäherung wird im Kapitel 2.2 erläutert).
Das kommunikationswissenschaftliche Forschungsinstrumentarium wird die Inhaltsanalyse sein, mit ihrer Hilfe soll, nach einer qualitativen Kategorienbildung (auf Basis stilistisch-rhetorischer Elemente), die Untersuchung des literarischen Journalismus beginnen.
Untersucht werden dabei eine österreichische und deutschsprachige Qualitätszeitung, und diese Einschränkung, also die Aussparung von Wochenmagazinen und anderen Periodika als Untersuchungseinheiten, beinhaltet einen weiteren Hintergedanken, den Michael Geisler 1982 zur Debatte gestellt hat, indem er meinte, dass die literarische Reportage von der Zeitungsreportage zu trennen sei.[16]
Diese Annahme gilt es aufzugreifen und zu falsifizieren, sie wird eine jener Anhaltspunkte sein, von denen der Weg zum Literarischen im Tagesjournalismus gefunden werden kann.
Doch nicht nur die Reportage und ihre verwandten Darstellungsformen werden einer Analyse unterzogen, ebenso im Zentrum des Erkenntnis-Interesses steht die Entwicklung, sowie eine historische und aktuelle Bestandsaufnahme des Feuilletons, das selbst von der Literaturwissenschaft als Ort der Kunst akzeptiert wird.[17]
Und, vom Feuilleton weitergehend, wird die Tageszeitung als Ganzes betrachtet werden, soll eine Analyse aller Teile auf literarische Elemente hin darüber Aufschluss geben, ob sich eine Beschränkung des Ästhetischen auf einzelne Faktoren überhaupt halten lässt.
Daher wird nicht nur dem Feuilleton, sondern auch einer möglichen Überschreitung von feuilletonistischen Grenzen auf andere Ebenen Gewicht beigemessen, es wird versucht zu überprüfen, inwieweit das Feuilleton auf die anderen Zeitungsteile wirkt, wenngleich diese Thematik nur eine untergeordnete Rolle einnimmt.
Ein wesentlicher Faktor bei der Erstellung der Ausgangsposition wird auch die Aufarbeitung der historischen Dimensionen sein, um die Entwicklung des literarischen Journalismus erkennbar machen zu können, und dadurch Möglichkeiten für die Einbettung der Erkenntnisse in einen bestehenden Kontext setzen zu können.
Die aktuelle Situation wird jedoch im Zentrum der Überlegungen stehen, und damit auch einer Forderung von Hans Heinz Fabris nachgekommen, der meint:
„Qualität im Journalismus sollte in Zukunft aus einer journalistikwissenschaftlichen Sicht vor allem jene Dimensionen betreffen, die eng mit den jeweiligen aktuellen Entwicklungen des Journalismus verbunden sind. Es handelt sich (...) um die Globalisierung von Medienwirtschaft und Medienkultur auf der einen, die Neu- und Wiederentdeckung der Nah-Welt(en) auf der anderen Seite.“[18]
Damit liefert Fabris einen wesentlichen Gedanken zu dieser Arbeit und leistet einen Beitrag zu jenem theoretischen Rahmen, der hier als ein Teilsaspekt zur Geltung kommen soll. Die aktuellen Entwicklungen, also die Entfaltung und Informations-Dominanz des Online-Journalismus einerseits, und eine mögliche Neuerschließung von „alten“ Formen, die einen Kontrapunkt im weltweitvernetzten Informationszeitalter setzen, andererseits, sind im Zuge einer Untersuchung des Literarischen im Tageszeitungs-Journalismus zu berücksichtigende Größen.
Als Untersuchungszeitraum wird dabei eine Spanne von jeweils zwei Wochen angenommen, wobei für den Aspekt „literarischer Journalismus im Zeitalter des Internet“ ein zusätzlicher Untersuchungszeitraum (zu diesem Zweck wird ein 15 Jahre alter Zeitungsjahrgang der „Presse“ als Vergleichsprodukt dienen) herangezogen werden wird, um Vergleiche über die Berichterstattungsmuster mit der Zeit vor der globalen Präsenz des Internet anstellen zu können. Es soll mit diesem Vergleich ein Versuch unternommen werden, etwaige Auswirkungen, welche die Etablierung des neuen Mediums Internet auf die Berichterstattungsmuster der Tageszeitung nach sich zieht, erkennen zu können, bzw. welche Entwicklungen abzusehen sein werden. Vor allem interessiert hierbei die Frage, inwiefern die Verwendung von Darstellungsformen modifiziert wurde, im Gegensatz zum „Internet-freien“ Zeitalter.
An der Schnittstelle zwischen Online-Journalismus und dem Balance-Akt der Tageszeitungen, Aktualität zu garantieren, ohne dabei an (sprachlicher) Qualität zu verlieren, ist aber zudem jene von Fabris bereits aufgeworfene Frage nach der „Neuentdeckung“ von alten Formen von großer Bedeutung – ihre Beantwortung im Zuge dieser Untersuchung könnte ein Fingerzeig für die Zukunft der täglichen Berichterstattung im Printbereich sein.
Weitere Bestandteile der empirischen Untersuchung dieser Arbeit bestehen aus einem Blick zurück auf die Tageszeitung im Wiener Fin de siecle (die Feuilletonteile zweier Tageszeitungen werden zu diesem Zweck einer inhaltsanalytischen Untersuchung unterzogen), sowie einer Beleuchtung von preisgekrönten journalistischen Werken, die es ebenso ermöglichen soll, Merkmale für literarischen Journalismus zu finden.
Am Ende der Arbeit wird ein Zusammenhang aus den erkennbaren Tendenzen der einzelnen empirischen Teile hergestellt und in Kontext zur wissenschaftlichen Diskussion gebracht werden
2. Grundlagen
Dieser Teil der Arbeit beinhaltet das Fundament der darauf folgenden Untersuchung, es besteht aus einem Konglomerat von theoretischen Ansätzen verschiedener Richtungen, Begriffsdefinitionen, historischen Entwicklungen und schließlich dem Versuch, ausgehend von den wissenschaftlichen Erkenntnissen die relevanten Thesen zu formulieren. Dabei gilt es, aufgrund der bereits dargelegten aktuellen geistigen Besitzverhältnisse, das Thema nicht nur als rein kommunikationswissenschaftliches zu betrachten, sondern vielmehr werden auch Bereiche der Literaturwissenschaft in die Überlegungen das Verhältnis Literatur und Journalismus betreffend, mit einzubeziehen sein.
Jürgen Enkemann, der sich in einer umfangreichen Untersuchung mit der historischen Verflechtung von Journalismus und Literatur auseinander gesetzt hat, meint: „In einer Untersuchung historischer Beziehungen zwischen Journalismus- und Literaturentwicklung steht von vornherein die Frage nach der begrifflichen Eingrenzung beider Bereiche im Raum. (...) Der Versuch einer genaueren vorwegnehmenden Abgrenzung würde im Widerspruch zu der hier zugrundeliegenden Auffassung stehen, dass die gewählten Begriffe sich historischen Prozessen verdanken und nur durch sie explizierbar werden.“[19]
Dies ist ein wesentlicher Gedankengang, dessen Quintessenz in einer Art Symbiose mündet, da beide Zweige, Literatur und Journalismus, gesellschaftliche Einheiten sind, die einander bedingen und von einander profitieren, ja, die sogar Brüder sind, wie Langenbucher metaphorisch festhält.[20]
Diese Verflechtung gilt es also zu berücksichtigen, doch weil die Kommunikationswissenschaft bisher den literarischen Journalismus vernachlässigt hat, so wird ein Großteil an theoretischen Überlegungen, historischen und methodischen Grundgedanken in dieser Arbeit aus der Literaturwissenschaft entnommen werden müssen.
2.1 Zur Begriffsklärung
In diesem Kapitel werden grundlegende Begriffe, die für diese Arbeit große Relevanz besitzen, erörtert. Neben der Bestandsaufnahme zur wissenschaftlichen Reflexion über den literarischen Journalismus ist es auch notwendig, vorab die Begriffe „Literatur“, „Werk“ und „Kanon“ zu präzisieren, um sie in die weitere Diskussion mit einbringen zu können.
2.1.1 Literatur
„Literatur ist ein Medium sozialer Kommunikation. Die Produktion und Rezeption literarischer Texte ist ebenso ein Bestandteil des gesellschaftlichen Prozesses, wie der Text selbst als Zeichenstruktur immer auf soziale Realitäten Bezug nimmt. Die Beschreibung dieses Zusammenhangs zwischen Literatur und sozialer Welt sowie die Lokalisierung des Literaturbetriebs als eines Teilsystems moderner Gesellschaften ist das Hauptziel der Literatursoziologie.“[21]
Mit dieser Definition verweisen Andreas Dörner und Ludgera Vogt auf die Offenheit der Literaturwissenschaften, durch die auch die empirische Sozialforschung integriert wurde.
Im weitesten Sinne ist die angesprochene Lokalisierung des Literaturbetriebs auch Gegenstand dieser Arbeit, wobei dieses Teilsystem die Basis für den Schritt zur Untersuchung des literarischen Journalismus darstellt.
Im umfassenden Sinne bezeichnet Literatur jede Form von schriftlichen Aufzeichnungen, häufig wird der Begriff Literatur für geistesgeschichtlich bedeutsame oder stilistisch hochstehende fiktionale und nichtfiktionale Schriftwerke verwendet. Die ältere Schreibweise „Litteratur“ lässt auf einen lateinischen Ursprung schließen (littera heißt Buchstabe), sie bedeutete ursprünglich „Buchstabenlehre“, „Kunst des Lesens“ und „Kunst des Schreibens“, ab dem hellenistischen Zeitalter wurde die Literatur auch zur Deutung dichterischer Schriften (Hauptintention war hierbei der richtige Sprachgebrauch und die Dichtererklärung) gebraucht. Das Wort Literatur tauchte im deutschen Sprachraum erstmals Ende des 16. Jahrhunderts auf, im Sinne von Schrift, Schriftkunst, Schriftgelehrsamkeit. In der Bedeutung „Wissenschaft“ und „Gelehrsamkeit“ wird Literatur bis ins 18. Jahrhundert verwendet, erst danach wird der Begriff eingeengt auf (bedeutende) Schriften. Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts jedoch wird der Literaturbegriff wieder in einem umfassenderen Sinne diskutiert.[22]
Fakt ist, dass kein Begriff von Literatur seine unumstößlichen Umrisse aufweist, dass der Begriff aber mehr oder weniger fest eingegrenzt wird, wobei es nicht das Ziel ist und sein kann, eine möglichst strenge Definition zu etablieren, vielmehr müssen Merkmale erstellt werden, die als Kennzeichen für Literatur gelten sollen.[23]
Literatur bezeichnet trotz aller unterschiedlicher Abgrenzungsversuche eine zusammengehörende Menge von literarischen Erzeugnissen.
Baasner benennt drei Arten von Literaturbegriffen.
Der pragmatische Literaturbegriff legt sich demnach nicht auf bestimmte Eigenschaften fest, sondern bezieht sich lediglich auf das Urteil einer kulturellen Gemeinschaft. Doch sei dieser Begriff alleine nicht ausreichend, um zu einer systematischen Bestimmung beitragen zu können, es bedürfe daher solider Kriterien, die auch längerfristig weitgehenden Konsens finden können.
Dies führt zum nächsten Gedanken, wonach zur Literatur nur abgeschlossene, zusammenhängende sprachliche Äußerungen, die in schriftlicher Form vorliegen und damit reproduzierbar sind, seien. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um den sogenannten deskriptiven Literaturbegriff, der als Grundlage für das Gespräch über Literatur gelten kann. In einem nächsten Schritt gilt es, präzise Merkmale zu benennen, die in jeweils genauer zu umreißenden Normenkatalogen gefasst werden: Diese Merkmale bilden die Grundlagen für jeden normativen Literaturbegriff. Zu den üblichen Normen zählt Baasner Fiktionalität und ästhetische Formprinzipien[24], wie sie auch in der vorliegenden Untersuchung von Interesse sind. Wogegen der Fiktionalität als Kriterium für literarischer Produkte eine Absage erteilt werden muss, da die These vertreten wird, dass Fiktionalität, schon allein wegen der Existenz des Begriffes „literarischer Journalimus“, vorweg als Kriterium abgelehnt werden muss. Damit wird Lutz Rühling Recht gegeben, der meint, dass das Postulat, wonach Fiktionalität Voraussetzung für literarische Texte sei, unplausibel erscheint.[25]
Der Literaturwissenschafter Stefan Neuhaus ortet jedenfalls einen gravierenden Unterschied zwischen literarischen und nicht-literarischen Texten und liefert damit eine sinnvollere Unterscheidung als den Fiktionalitäts-Aspekt: „(...); nicht-literarische Texte bemühen sich um Eindeutigkeit, literarische Texte um Mehr- oder Vieldeutigkeit.“[26]
So betrachtet und also auf den Journalismus umgelegt, bedeutet das, dass nach dieser Definition sowohl nicht-literarische (wie etwa rein auf Information abzielende Formen), als auch literarische (wie etwa subjektiv gefärbte und offene Formen wie Glosse, Essay oder auch Feuilleton) vorhanden sind, und somit die Einbeziehung von Teilen der Kulturleistung Journalismus in die Literatur ermöglicht wird.
2.1.2 Werk und Kanon
„Solange die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sich nicht auch – und wieder – als eine Kulturwissenschaft begreift und ihre Aufgaben der Kanonbildung und der Werkedition ignoriert, versäumt sie es, an der Bedingung der Möglichkeit von Journalismus mitzuwirken.“[27]
Dieser Vorwurf von Wolfgang R. Langenbucher ist ein grundlegender, der die Ignoranz gegenüber journalistischen Werken, auch innerhalb der Kommunikationswissenschaft, zum Ausdruck bringt. Mittlerweile wird versucht, diesen Mangel zu beheben (so etwa publiziert die Zeitschrift „message“ in regelmäßigen Abständen Möglichkeiten zur journalistischen Kanonbildung), doch kann von einer Lösung noch lange nicht gesprochen werden, ebenso wenig wie von einer „Geschichte des Journalismus“.
Ausgehend vom Text, der notwendiger Bestandteil ist dessen, was im vorigen Kapitel als Literatur definiert wurde, lässt sich davon ausgehen, dass jeder Text ein Medium mit kommunikativer Funktion ist.[28] Der vom Autor verfasste Text wird als festgelegtes Ganzes (Kommunikationsbasis) weitergegeben, der Leser (Rezipient) ordnet dem Text Bedeutung und Sinn zu. Ein Text, der in seiner kommunikativen Funktion betrachtet wird, kann als literarisches Werk bezeichnet werden. Das Werk erfüllt also die Bestimmung des Textes zur Schrift, indem es so beschaffen ist, dass es sich erst in wiederholten Lektüren eines Lesers wie in wiederholten Lektüren einer Folge von Lesern erschließt.[29]
„Dabei wird über den Text als Kette sprachlicher Zeichen hinaus seine Herstellung durch den Autor und die komplexe Wahrnehmung durch das Publikum berücksichtigt. (...) Der eigentliche materiale Text tritt dabei zurück gegenüber der mitgeteilten Intention und der ausgelösten komplexen Bedeutungs- und Sinnkonstruktion.“[30]
Baasner hält fest, dass ein Werk ein organisches Ganzes sein kann, dessen innere Abgeschlossenheit sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass das Werkganze mehr ist als die Summe seiner Teile und dass es in seiner Totalität Einzigartigkeit und überzeitliche Beständigkeit beanspruchen könne.[31]
Mit dieser Argumentation lässt sich ein Zusammenhang zu Adornos „Ästhetischer Theorie“ herstellen, in der u. a. auch eine Theorie des Kunstwerks erstellt wird. Adornos Argumentation betont dabei den Zeitkern als Prozesscharakter der Kunstwerke, dass Kunstwerke kein Sein, sondern ein Werden seien, dass ihre Kontinuität teleologisch von Einzelmomenten gefordert sei.
„Wird ihnen (den Kunstwerken, Anm.) Dauer zur Intention, derart, dass sie das vermeintlich Ephemere aus sich entfernen und sich durch reine, unanfällige Formen oder gar das ominöse Allgemeinmenschliche von sich aus verewigen, so verkürzen sie ihr Leben, betreiben Pseudomorphose an den Begriff, der, als konstanter Umfang wechselnder Erfüllungen, seiner Form nach eben jene zeitlose Statik ambitioniert, gegen die der Spannungscharakter des Kunstwerks sich wehrt. Die Kunstwerke, sterbliche menschliche Gebilde, vergehen offensichtlich umso rascher, je verbissener sie dem sich entgegenstemmen.“[32]
Insofern ist Adornos Argumentation ein Plädoyer für die Möglichkeit eines Tagesjournalismus von andauernder künstlerischer Qualität, da journalistischen Texten, zumal in Zeitungen, schon aufgrund ihrer Funktion und ihrer Beschaffenheit das Entfernen des Ephemeren, in diesem Fall kann das Flüchtige als das Aktuelle bezeichnet werden, fremd ist. Wenngleich sich Adorno in diesem Zusammenhang nicht explizit sich auf schriftliche Werke konzentriert, seine Schriften im Gegenteil Journalismus sogar als oberflächliche Angelegenheit erscheinen lassen denn als Kunst[33], so ermöglicht die Offenheit seines Prinzips trotzdem die Ausdehnung bis hin zu journalistischen Leistungen, deren Charakter auf Zeitlosigkeit abzielt.
Eben diesen künstlerischen Anspruch von Zeitlosigkeit, und damit auch den Werk-Charakter, lässt Langenbucher für den (großen) Journalismus gelten, und benennt in diesem Zusammenhang die gesammelten Werke von Alfred Polgar, Egon Erwin Kisch, oder Karl Kraus als Beispiele und rechtfertigt damit die These, wonach Teile des Journalismus in ihrer Konsistenz und Beständigkeit die Grenze zur Literatur überscheiten, und dabei trotzdem eine eigenständige Kulturleistung manifestieren.
Langenbucher wehrt sich zudem gegen die oberflächliche Gleichsetzung von Journalismus mit der einfachen Produktion von Medieninhalten und beantwortet die Frage, ob ein Werk-Begriff für den Journalismus anwendbar sei, mit einem eindeutigen „Ja“.[34]
Mit diesem „Ja“ und mit den für diesen speziellen Fall kommunikationswissenschaftlicher Betrachtungsweise adaptierten Ausführungen von Adorno über die Beschaffenheit von Kunstwerken, ist auch die Ausgangslage für diese Untersuchung gelegt, da es die Existenz der eigenen Kulturleistung des Journalismus unterstreicht und zudem eine Suche nach literarischen Aspekten auch in der Tageszeitung erlaubt und überhaupt erst auf eine realistische Basis stellt.
Diese Suche soll auch einen analytisch-empirischen Beitrag – ohne dabei explizit auf die Namen der Autoren zu achten – zum Unternehmen Kanon-Bildung im Journalismus leisten, ein Unternehmen, das von Egon Erwin Kisch mit der Anthologie über die „Meisterwerke der Zeitung“ begonnen wurde und von Langenbucher 1992 mit den „Sensationen des Alltags“ seine Fortsetzung fand.
Dazwischen, konstatiert Langenbucher, sei Kischs (internationale) Sammlung 70 Jahre lang ein Unikat geblieben, und selbst die zuständigen Wissenschaften hätten sich nicht ausreichend mit dieser Anthologie samt ihrer theoretischen Überlegungen auseinander gesetzt.[35]
Langenbuchers Sammlung betrifft den modernen Journalismus und meint damit den zeitgenössischen Journalismus von Egon Erwin Kisch, geographisch eingeschränkt auf Österreich. Damit werde ein weitreichender Anspruch postuliert und der Journalismus als Teil einer größeren kulturellen und intellektuellen Bewegung betrachtet, die von Wien aus ihren Ausgang nahm und deren Neuerungen auf vielen Gebieten wie etwa moderne Architektur, moderne Kunst oder moderne Philosophie auch als „Wiener Schule“ bezeichnet wird. Langenbuchers Intention war es, mit den „Sensationen des Alltags“ die Möglichkeit zu schaffen, auch die Facette des „modernen Journalismus“ in der Wiener Schule zu identifizieren und damit einen weiteren Schritt zu tun, um den Nimbus einer „unerkannten Kulturmacht“ zu demontieren.[36]
2.1.3 Literarischer Journalismus
Will man sich dem Begriff „literarischer Journalismus“ nähern, so ist es nützlich, zunächst wieder zu Haas und Wallisch, die den literarischen Journalismus als kunstvolle Inszenierung des realen Lebens bezeichnen[37], zurückzukehren. Wenn die Literatur als „schöngeistiges Schrifttum“ angenommen wird, wie es die Herausgeber von Lexika tun, so ist die Erklärung von Haas und Wallisch den literarischen Journalismus betreffend sehr treffend, obwohl die Definition oberflächlich klingen mag.
Die Schwierigkeiten, literarischen Journalismus zu beschreiben, sind evident, wie Ryszard Kapuscinski in einer Rede anlässlich der ersten Verleihung des Lettre-Ulysses-Awards[38] eingesteht. „Was also ist eine literarische Reportage?“, fragt sich der Autor und kommt zum Schluss, dass die Antwort darauf nicht leicht fällt, „da wir in einer Zeit leben, die Cliffort Geertz als eine Ära ‚verschwimmender Genres’ bezeichnet, eine neue Spezies. Was der Anthropologe nur eilig mit den Worten ergänzen kann: ‚Neues ist qua definitionem schwer zu klassifizieren.’“[39]
Die Auseinandersetzung mit literarischem Journalismus ist zwar nicht so neu, wie Kapuscinski vermutet (siehe Geisler), doch in jedem Fall nur mangelhaft betrieben worden, insofern ist Kapuscinskis Argumentation ein weiterer Anreiz für intensivere wissenschaftliche Beschäftigung.
In Ermangelung an Alternativen im deutschsprachigen Raum ist es sinnvoll, sich auch der angloamerikanischen Sichtweise zu nähern. In den USA wird literarischem Journalismus, nicht zuletzt bedingt durch die Impulse, die durch den „New Journalism“ eines Truman Capote oder eines Tom Wolfe gesetzt wurden (der „neue Journalismus“ wird in einem eigenen Kapitel besprochen), doch auch durch weiter zurück reichende Wurzeln, intensive wissenschaftliche Aufmerksamkeit zu Teil.
Ben Yagoda, Schriftsteller und Journalismus-Professor, hat sich eingehend mit der Thematik auseinandergesetzt und eine „Fünf-Worte-Antwort“ auf die Frage, was literarischer Journalismus sei, entwickelt:
„Thoughtfully, artfully, and valuably innovative.“[40]
Für Yagoda ist vor allem das Wort „innovative“ von großer Bedeutung, und er vergleicht journalistische Leistung metaphorisch mit dem Spielen einer Blues-Gitarre oder mit der Beschäftigung mit Quanten-Physik. „High-level literary journalism is a tradition, with each practitioner standing on the shoulders of his or her predecessors.“[41]
Damit propagiert Yagoda eine stete Weiterentwicklung, ohne dass die historische Entwicklung außer Acht gelassen werden dürfe. Gleichzeitig jedoch ist es ein Eingeständnis, dass sich literarischer Journalismus, schon allein der historisch bedingten gesellschaftlichen und technologischen Wandlungen wegen, begrifflich nicht einfach fassen lässt, und damit fällt die Analyse ähnlich aus wie jene von Haas und Wallisch.
Yagoda unterstreicht die Komplexität der Erfassung von literarischem Journalismus, indem er konstatiert, dass der Faktor Stil in all seinen unterschiedlichen Facetten, ein nicht unwesentlicher Teil in der literarischen Kritik, zeigt, dass der Weg zum literarischen Journalismus viel mehr als nur zwei Richtungen aufweist.[42]
Yagoda bezeichnet die Kunst des literarischen Journalismus in standesgemäßer Diktion mit der Metapher „making facts dance“, und ist mit seiner Einschätzung ebenso nahe an der kunstvollen Inszenierung des realen Lebens (vergleiche wieder Haas und Wallisch) wie Kevin Kerrane, der die beste Charakterisierung den literarischen Journalismus betreffend, Ezra Pound zugesteht, der literarische Qualität mit „news that stays news“ bezeichnet.[43] In seiner historischen Auseinandersetzung in den USA begreift John C. Hartsock den literarischen Journalismus in einer ersten Betrachtung als jene aus dem Leben gegriffenen Geschichten, die sich wie eine Novelle oder eine Kurzgeschichte lesen.[44]
Durch diese Gedanken kann der Zusammenhang mit Langenbuchers Plädoyer für die andauernde Wirkung von journalistischen Leistungen hergestellt werden und diese Argumentation gleichsam mit dem literarischen Aspekt der „Neuigkeiten“, die über ihre ursprüngliche Intention hinausreichen, versehen werden.
Diese Ausführungen sollen als Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen dienen, dabei gilt es zunächst, daraus jene Problemzonen zu erkennen, die zu einem Streitpunkt führen, der, so könnte vereinfacht und bildlich gesagt werden, aus dem „Kunstvollen“ (vergleiche auch die ersten Ansätze im Kapitel über Werk und Kanon) als Reibebaum besteht.
Wo also beginnt die ästhetische „Erklärung der Welt“, der Wirklichkeit? Welche Darstellung verdient das Prädikat „literarisch“, und wer befindet darüber, ob ein Produkt kunstvoll gestaltet ist oder nicht? Diese Fragen wurde, wie schon angedeutet, bislang in erster Linie in der Literaturwissenschaft gestellt, doch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass auch die Journalismusforschung, vor allem dann, wenn es um zu prämierende journalistische Leistungen geht, ihre wertenden Gedanken mit einbringt. Diese sogenannten „Journalismus-Preise“ werden daher auch in dieser Untersuchung als wichtige Eckpfeiler zu beachten sein.
Die literarische Wertung als einem der Hauptprobleme der Literaturwissenschaft[45] (die Wertung sollte auch ein Problem für die Kommunikationswissenschaft bedeuten) wird in dieser Untersuchung zu beachten sein, doch darf es nicht dabei belassen werden, da im vorliegenden Problem eine Diskussion über die Wertung von literarischen Produkten nur ein kleiner Teil sein kann.
Wertfrei quasi, so soll also vielmehr die Rolle verstanden werden, zwar kritisch beleuchtet und hinterfragt die Kriterienfindung, doch letztlich geht es um eine Standortbestimmung, um eine Erkennung von Merkmalen, und nicht um Wertung von Wertungen.
Es interessiert hier der literarische Journalismus in allen jenen Facetten, welche von der Wissenschaft als solche erkannt und benannt werden, und gleichzeitig soll versucht werden, Spezifika zu erkennen und zu dokumentieren.
Zunächst jedoch müssen die Verwandtschaftsverhältnisse geklärt werden, um die Konturen des literarischen Journalismus kenntlich zu machen. Dabei stehen zunächst drei zentrale Einheiten im Mittelpunkt des Interesses – Journalismus, Wissenschaft und Literatur.
Wenn Wolfgang R. Langenbucher Journalismus und Literatur als siamesische Zwillinge bezeichnet, und Hannes Haas, sich u. a. auf den Germanisten Konrad Burdach (1923) berufend[46], Wissenschaft und Journalismus zwar nicht als Zwillinge, so doch als Brüder erkennt, so zeugt dies von der Komplexität einer Thematik, in der es auch um den Versuch einer Erkennung von Unterschieden geht, doch muss betont werden, dass rigorose Grenzziehung in dieser Arbeit nicht das Ziel sein kann und darf.
Es kann sich lediglich um Entgrenzungsversuche handeln, um die einzelnen Bestandteile eines Teiles dieser gesellschaftlichen Trias herauszustreichen.
Wer sich also mit literarischem Journalismus beschäftigen will, der muss auch den dritten Bruder – zumindest partiell – in vertiefende Gedanken mit einbeziehen, zumal Journalismus und Wissenschaft voneinander profitieren und einander in ihren Zielen, Vorgehensweisen und Methoden ähneln.
Haas unterstreicht dies mehrfach in seiner Habilitationsschrift, vergisst dabei aber nicht, auf die Wichtigkeit der literarischen Komponente hinzuweisen.
„Der Nachweis genuiner kultureller und gesellschaftlicher journalistischer Leistungen braucht historische und transdisziplinäre Fundierung. Es gilt, die Komplexität des Beziehungs- und Beeinflussungskonzeptes der Erkenntnissysteme Journalismus, Wissenschaft und Literatur zu verdeutlichen.“[47]
Dieser Umstand muss auch in dieser Arbeit zu berücksichtigt werden, wenngleich die rein historischen Verflechtungen nur als Ausgangspunkt hier zur Geltung kommen können, einerseits, weil detaillierte Abhandlungen bereits existieren[48], andererseits, weil ebensolche Darstellungen den Rahmen der vorliegenden Thematik sprengen würden, da der historische Aspekt zwar ein essenzieller, doch eben nur ein kleiner Teil der Beschäftigung mit dem literarischen Journalismus, wie er in dieser Arbeit zur Diskussion steht, sein kann. Dennoch sind die Gemeinsamkeiten in der historischen Entwicklung von Wissenschaft, Journalismus und Literatur stete Wegbegleiter, darf der transdisziplinäre Charakter, wie er sich von Anfang an auf den Journalismus auswirkte nie außer Acht gelassen werden.
Zusammenfassend, so könnte formuliert werden, ist die Frage nach einer endgültigen Definition vorläufig geklärt, die Antwort kann zum aktuellen Forschungsstand nur lauten, dass es keine allgemein gültige gibt, wie man sie in Lehrbüchern findet und wie sie als geistiges Allgemeingut gelten könnte. Die teils verschwommene und unterschiedliche Wahrnehmung des literarischen Journalismus wird auch durch die Tatsache bestärkt, dass nicht einmal Standardwerke unter den deutschsprachigen Literatur-Lexika eine Definition für den literarischen Journalismus parat haben.
Ja, nicht einmal der Begriff „Journalismus“ selbst wird ins literaturwissenschaftliche Allgemeingut aufgenommen[49], höchstens Teile davon (und selbst jene werden vornehmlich im literarischen Grenzbereich angesiedelt), wie etwa das Feuilleton, die Reportage, die Glosse oder der Essay.
Literarischer Journalismus muss also zu Beginn dieser Arbeit als das betrachtet werden, als was er in unterschiedlichen Kontexten bezeichnet wird:
In diesem vorliegenden Kontext vor allem als die kunstvolle Inszenierung des realen Lebens, oder wie die us-amerikanischen Experten ausführen „making facts dance“ – diesen, wenn auch wenig präzise definierten, Basisgedanken sei auch hier zu Beginn der Untersuchung Gültigkeit beigemessen.
Die daraus resultierenden Fragen wurden bereits aufgeworfen, Gianluca Wallisch, der sich mit der Wertung von journalistischer Qualität intensiv auseinander gesetzt hat, verdeutlicht die Problematik, allgemeingültige Definitionen zu erstellen, die dann zur Erstellung von grundlegenden Normenkatalogen herangezogen werden könnten.
„Die journalistische Praxis zeigt, dass auch die Jury eines so angesehenen Journalisten-Preises wie des ‚Theodor-Wolff-Preises’ Probleme hat, ja, es als Unmöglichkeit ansieht, Qualitätsjournalismus normativ darzustellen: Journalismus sei als primär geistiges Produkt einer freien Gesellschaft nicht reglementierbar.“[50]
Wie überhaupt die Kritik an Literatur stets umstritten war und ist, und daher die Kritik an der Kritik einer Spirale gleicht, die sich unaufhörlich dreht. Burckhardt Müller-Ulrich meint im Standard sogar, dass die immer beliebiger werdende Literaturkritik zu steilen Meinungsäußerungen im solipsistischen Medienbetrieb degeneriert sei.[51]
Selbst wenn dieser Standpunkt überzogen sein sollte, so unterstreicht die Argumentation doch zumindest die Problematik, die der Diskussion über die Wertung von Ästhetik eigen ist.
Dennoch muss es erlaubt sein, nach Kriterien und Merkmalen zu suchen, da, wie Langenbucher zurecht meint, „(...) es auch im Journalismus Sinn macht, zwischen gut und schlecht zu unterscheiden. (...) Auch Journalismus ist, ebenso wie Kunst, Literatur, Musik oder Theater, wert, öffentlich der Kritik ausgesetzt zu werden. Nur so kann sich ein Qualitätsbewusstsein entwickeln, das über Redaktionskonferenzen der einzelnen Medien hinausreicht (...).“[52]
Diese Vergegenwärtigung von Sinn ist insofern von Bedeutung, als dadurch die Sinnhaftigkeit dieser Untersuchung legitimiert wird, um durch deren Erkenntnisse einen kleinen Beitrag zur Journalismuskritik leisten zu können.
Umso mehr soll dies ein Ziel sein, als der Wertcharakter, sofern er einmal entdeckt ist, sofort, wie Langenbucher betont, zur Literatur erklärt und somit aus der Kommunikationswissenschaft herausdefiniert werde.[53]
Gerade deshalb sei noch einmal darauf verwiesen, dass es nicht Ansinnen sein kann, allgemeingültig Normenkataloge für journalistische Qualität zu erstellen, wie es Saxer und Kull 1981[54] versuchten, und wie Wallisch folgerichtig derartige Versuche als wenig sinnvoll betrachtet, indem er meint:
„Ein rigides Normenmodell hätte bloß einen fragwürdigen, weil präskriptiven Charakter. Dennoch sind im Journalismus Leitlinien allemal vorhanden und werden auch akzeptiert, und sei es bloß aus dem pragmatischen Grund, dass ein Artikel überhaupt publiziert werden kann. Der Journalist steht genau wie alle anderen Individuen in einem sozialen System. Durch soziales Lernen fügt auch er sich einem Kanon. Diese Leitlinien führen schließlich im Idealfall zu journalistischer Qualität.“[55]
Über die theoretischen Ansätze in der Wertungsdiskussion wird noch in einem späteren Abschnitt zu diskutieren sein, fest steht allerdings, dass es sich dabei nicht allein um eine rein literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung handeln kann, da durch eine ausschließlich philologische Methodik Faktoren wie Produktionsbedingungen, Publikumsinteresse, oder ökonomische Imperative nicht berücksichtigt würden.[56]
2.2 Theoretische Annäherung
Dieser Teil der Arbeit beschäftigt sich mit unterschiedlichen Denkansätzen, sowohl mit jenen aus der Kommunikationswissenschaft, als auch mit jenen der Literaturwissenschaft und mit jenen Ansätzen, welche die Verschmelzung beider Richtungen zum Thema haben, wenngleich letztere nur bedingt vorhanden sind. Es gilt also, den theoretisch passenden Zugang zu finden, um, davon ausgehend, der empirischen Untersuchung eine Basis zu verleihen, und um in letzter Konsequenz die Fragen, die gestellt werden, beantworten zu können.
Der grundlegende theoretische Komplex ist aus Sicht der Kommunikationswissenschaft zunächst in der Kommunikatorforschung zu suchen, wie sie von Saxer und Kull folgendermaßen beschrieben wird:
„Die Kommunikatorforschung untersucht die Strukturen und Prozesse der Entstehung massenmedialer Aussagen 1. als das Handeln von Personen in einem Arbeitszusammenhang, 2. als das Funktionieren und Interagieren von sozialen Systemen und 3. als Leistung von Personen und soziotechnischen Systemen.“[57]
Vor allem der dritte hier zitierte Aspekt besitzt für die Zeitungsanalyse Relevanz, doch muss berücksichtigt werden, dass eine Fokussierung auf die Kommunikatorforschung allein nicht ausreicht, vielmehr ist es notwendig, flexibler vorzugehen, da es, wie bereits ausgeführt, wenig Sinn macht, sich nur aus Sicht der Kommunikationswissenschaft der komplexen Thematik „literarischer Journalismus“ zu nähern, da Auseinandersetzungen mit literarischen Aspekten nur selten Gegenstand publizistikwissenschaftlicher Diskurse waren.
Vor allem muss die Literaturwissenschaft zu Rate gezogen werden, um aus deren Theorien und Methoden Essentielles für die Untersuchung einer im vorliegenden Zusammenhang grundsätzlich kommunikationswissenschaftlich relevanten Frage zu gewinnen. Das Fundament stammt also, zumindest teilweise, aus einer Nachbardisziplin der Kommunikationswissenschaft, die sich mit einer auch dem Journalismus zurechenbaren Thematik auseinandersetzt.
Die literarische Wertung spielt in dieser Arbeit eine Rolle, doch im Vordergrund steht vornehmlich der Umgang der Tagespresse mit dem literarischen Aspekt.
Es ist in diesem Zusammenhang von Nöten, eine Auffassung in den Vordergrund zu rücken, wie sie in herkömmlichen Journalismus-Lehrbüchern nicht vertreten wird bzw. nur am Rande thematisiert wird.
Langenbucher folgend, soll das rein organisatorische und strukturelle Element redaktionellen Entscheidens in dieser Untersuchung in den Hintergrund rücken, hingegen wird die Sensibilität für Qualität, wie man sie von einer Wissenschaft, die sich mit Kulturprodukten beschäftigt, erwartet werden darf[58], im Zentrum stehen.
Das darf allerdings nicht bedeuten, dass alle anderen Gedanken auf der Suche nach dem literarischen Journalismus ausgeblendet werden. Im Gegenteil: Es ist stets zu beachten, dass (vor allem) das Arbeiten „für den Tag“ von Zwängen und Richtlinien dominiert wird, und daher dürfen diese Imperative auch in dieser Arbeit nicht ignoriert werden, zumal eine These explizit diese Problematik zum Inhalt haben wird.[59]
Doch der Hinweis von Langenbucher untermauert einmal mehr die Forderung nach einem Richtungswechsel oder zumindest einer Erweiterung des Horizonts in der Journalismusforschung, die sich auch zunehmend mit ästhetischen Aspekten auseinandersetzen sollte, anstatt sich einzig auf strukturelle Aspekte und ökonomische Imperative zu stützen und zu stürzen, um daraus ihre Theorien für den Journalismus abzuleiten.
Die Relevanz einer wissenschaftlichen übergreifenden Betrachtungsweise betont auch Bernd Blöbaum, der nicht nur auf die Gemeinsamkeiten der Problemstellungen der Systeme Journalismus und Literatur hinweist (dabei benennt er u. a. Darstellungsformen wie Essay und Reportage sowie die Verwendung von Stilmitteln wie narrative Elemente, Vermischung von Fakten und Fiktionen sowie von Metaphern), sondern gleichzeitig auch die Vernachlässigung der Gemeinsamkeiten konstatiert und ein Umdenken fordert.[60]
Blöbaum sieht diesen Mangel in strukturellen und methodologischen Problemen, meint, dass die durch geisteswissenschaftliche Tradition geprägte Germanistik und die durch sozialwissenschaftliche Ansätze dominierte Kommunikationswissenschaft aufgrund mangelnder Flexibilität nur schwer zueinander finden.[61]
Dieser Mangel an Flexibilität hat auch zur Folge, dass der journalistischen Qualitätsforschung eine wesentliche Kategorie nur bedingt zur Verfügung steht, auch wenn etwa Gianluca Wallisch sich mit literarischen Aspekten auseinandersetzt. In einer der wichtigsten deutschsprachigen Beiträge über journalistische Qualität versucht Wallisch, mit Hilfe der „Integralen Journalismusforschung“ die verschiedenen Aspekte der Quellen-, Produktions- und Organisationsforschung zu erfassen und zu berücksichtigen. Damit knüpft Wallisch an Saxer und Kull an, die eine integrale Kommunikator- bzw. Journalismusforschung im Umgang („Dieser weiterhin dominante Persönlichkeitsaspekt im Journalismus sollte z. B. nicht irgendeinem soziologischen oder systemtheoretischen Reduktionismus völlig zum Opfer fallen“[62] ) mit der Erörterung journalistischer Theorien und journalistischer Qualität postulieren.
Wallisch versucht, über einen interdisziplinären Weg journalistische Qualität zu fassen und zu erfassen, indem er sowohl philosophische als auch literaturwissenschaftliche Ansätze zur kommunikationswissenschaftlichen Basis gesellt.
Im vorliegenden Fall wird, an Wallisch und den Forderungen Langenbuchers und Blöbaums anknüpfend, versucht, die poetische Komponente des Journalismus herauszuarbeiten. Zwar gilt es auch in dieser Arbeit, die unterschiedlichen Einflüsse und Imperative zu berücksichtigen, sowie einen Überblick über die Qualitätsdiskussion zu bieten, doch wird aus dem Komplex „Qualitäts-Journalismus“ der Teilaspekt „literarisch“ herausgenommen und dementsprechend separat einer intensiven analytischen Betrachtungsweise unterzogen.
Zuvor jedoch wird der theoretische Rahmen, sowohl in kommunikations- als auch in literaturwissenschaftlicher Sichtweise gelegt.
2.2.1 Kommunikationswissenschaftliche Grundlage
Journalistische Probleme wissenschaftlich zu formulieren, zu bearbeiten und zu lösen wird heute fast ausschließlich über sozialwissenschaftliche Theorien im weiteren Sinne vollzogen.[63] Manfred Rühl legt damit den theoretischen Rahmen fest, der dieser Arbeit dienen soll. Rühl erkennt darin aber auch jenes Problem, dass die durch die Sozialwissenschaftler gewonnene Erkenntnis, die gefilterten Ergebnisse, nie schlechthin wahr sein könnten. Stets behalten die Ergebnisse und also auch die Theorien nur vorläufigen Charakter. Diese Problematik hat auch Roland Burkart aufgezeigt, indem er im Zusammenhang mit der Kommunikationswissenschaft nicht von Theorien an sich, sondern von theoretischen Ansätzen spricht, da Allgemeinaussagen nicht möglich seien.[64]
Über eine wenig eindeutige, allgemein gültige Schwerpunktsetzung hinaus wird in unregelmäßigen Abständen eine Diskussion um das Selbstverständnis der Kommunikationswissenschaft entfacht, „und man kann der Diagnose, Kommunikationswissenschaft hätte ‚das Syndrom der Nabelbespiegelung internalisiert’, eigentlich kaum widersprechen.“[65]
Drastischer formuliert Michael Haller die Problematik, die sich bei der Definition von Journalismustheorien offenbart. Haller fühlt sich beim Theorieproblem des Journalismus an die Nöte eines Waisenkindes bei seiner Suche nach den leiblichen Eltern erinnert.[66]
Martin Löffelholz verweist zudem auf die Tatsache, dass sozialwissenschaftliche Theorien im allgemeinen nicht den besten Ruf genießen, da der Begriff „Theorie“ in den Sozialwissenschaften uneinheitlich gebraucht werde, und dokumentiert diesen Umstand mit der bestehenden Vielfalt an theoretischen Konstrukten, die von sozialphilosophischen Entwürfen und Zukunftsszenarien bis hin zu mathematischen Modellen reicht.[67]
Die einzelnen theoretischen Ansätze können hier (auch aus Platzgründen) nicht diskutiert werden, sie würden auch vom Weg zur eigentlichen Thematik zu weit weg führen, doch einige Aspekte müssen in Hinblick auf das Fundament dieser Arbeit berücksichtigt werden: Für die Kommunikationswissenschaft hat sich – auch wenn Löffelholz darauf beharrt, dass jede theoretische Bemühung Beachtung finden sollte – die Ansicht von Karl Popper im Großen und Ganzen durchgesetzt, dessen Falsifikationsprinzip darauf beruht, dass nicht die Addition wahrer Aussagen wissenschaftliche Erkenntnis kennzeichnet, sondern die wiederholte Widerlegung und ihre Substitution durch (vorläufig) zufriedenstellendere.[68] Noch stärker als das Falsifikationsprinzip jedoch hat sich Poppers Postulat vom Problem als Primat jeder wissenschaftlichen Untersuchung („die Erkenntnis beginnt nicht mit Wahrnehmungen oder Beobachtungen oder der Sammlung von Daten oder von Tatsachen, sondern sie beginnt mit Problemen.“) in der kommunikationswissenschaftlichen Auseinandersetzung durchgesetzt.[69]
Methodisch orientiert sich die Journalismusforschung (wie überhaupt die Kommunikationswissenschaft) überwiegend an den erfahrungswissenschaftlichen Theorien. Die empirisch-analytische Wende wurde bereits vom Sozialwissenschaftler Max Weber eingefordert und in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts schließlich zur Realität.
Wesentlich ist hier – wie bereits in der Einleitung angedeutet – der Begriff der Wirklichkeit (ein zentraler Begriff im Journalismus), der laut Popper durch Theorien nur approximativ beschrieben werden kann. Die Wissenschaft nähert sich der Wahrheit durch Theorien, die sich in Konkurrenz zueinander bewähren, indem sie Falsifikationsversuche überstehen.[70]
Theorien als Hauptträger der wissenschaftlichen Erkenntnis können, argumentiert Löffelholz, die Wirklichkeit des Journalismus nicht abbilden, „sondern sich dieser Wirklichkeit allenfalls, im Popperschen Sinn, annähern, ohne aber zu ‚wahren’ Aussagen zu führen.“[71]
Gleichzeitig bestehen jedoch auch Ansichten, wie etwa von Feyerabend und Kuhn, wonach Theorien die Beobachtung prägen und damit den Journalismus selbst. Feyerabend wendet sich gegen jedweden methodischen Zwang, meint, dass keine Theorie jemals mit allen Tatsachen auf ihrem Gebiet übereinstimmen könne und stellt („quantitative Unstimmigkeiten und qualitative Fehlschläge“[72] ) die sozialwissenschaftlichen Vorgehensweisen infrage. Das Fazit von Löffelholz jedenfalls ergibt eine Wechselwirkung, dass nämlich die Beobachtung des Journalismus die Theorienbildung beeinflusst, und dass umgekehrt die Theorie bestimmt, was beobachtet wird.[73]
Einigkeit herrscht in der Wissenschaft in dem Punkt, dass es sich bei den sozialwissenschaftlichen Theorienbildungen nur um theoretische Annäherung handeln kann. Konsens wird (innerhalb der Sozialwissenschaften) ebenso in der Wahl der Methoden erzielt. Die methodische Annäherung führt also auch in diesem Fall zur empirischen Sozialforschung.
Manfred Rühl unterscheidet mit der Mikroebene (interne Vorgänge und deren Management in produzierenden Organisationen), der Mesoebene (hier werden journalistische Leistungen und Gegenleistungen untersucht) und der Makroebene (hier erfolgt die gesamtgesellschaftliche Untersuchung des Journalismus) drei Segmente, deren sich die Journalismusforschung annimmt.[74]
Die Untersuchung des literarischen Journalismus fällt nach dieser Einteilung also in die Mesoebene, es wird ein Faktor der journalistischen Leistung herausgeklammert und einer sozialwissenschaftlicher Analyse unterzogen, wobei es sich hier ausschließlich um den Faktor Leistung handelt, die sich im literarischen Journalismus äußert.
In bezug auf Journalismustheorien bringt Langenbucher einen interessanten Aspekt in die Diskussion ein, indem er auf die Anthologie von Egon Erwin Kisch verweist, die den Namen „Klassischer Journalismus – Meisterwerke der Zeitung“ trägt und aus dem Jahr 1923 stammt.
„In der Fülle seiner Etikettierungen, seiner Metaphern und seiner analytischen Bemerkungen sind diese Einleitungen – würde man sie in systematischer Absicht rekonstruieren – noch immer die brillanteste Theorie des Journalismus, über die wir heute verfügen. Weil die Kommunikationswissenschaft von dieser Theorie jedoch nur unzureichend Gebrauch macht, bleibt der Journalismus als Produkt in der deutschsprachigen Welt eine „unerkannte Kulturleistung.“[75]
Langenbucher selbst hat die Tradition Kischs aufgegriffen und mit dem Werk „Sensationen des Alltags – Meisterwerke des österreichischen Journalismus“[76] gemeinsam mit Hannes Haas eine Art Fortsetzung der Kisch-Sammlung präsentiert und damit einen wesentlichen Beitrag zur journalistischen Kanonbildung geleistet.
Zum Abschluss dieses Kapitels sei auf die unterschiedlichen Berichterstattungsmuster verwiesen, um die thematische Problematik zu verdeutlichen und um eine erste Erkennung des Untersuchungsgegenstandes (im Sinne von Eingrenzung) zu erlauben. Zu diesem Zweck eignet sich vor allem ein Schema, das von Siegfried Weischenberg erstellt wurde, und das einen Überblick über Rollenbilder bis hin zu ethischen und darstellungsspezifischen Elementen der journalistischen Formenwelt bietet.[77]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Schema von Weischenberg findet der literarische Journalismus zwar nicht explizit seinen eigenen Platz, doch kann er in (ausgenommen ist der reine Informationsjournalismus) in allen anderen angeführten Kategorien anzutreffen sein.
Auf die einzelnen Punkte einzugehen, würde weder dem Rahmen noch dem Sinn der vorliegenden Fragestellung entsprechen, zumal existieren bereits zahlreiche fundierte Publikationen zu den unterschiedlichen Berichterstattungsmustern, so dass in dieser Arbeit die Fokussierung primär auf jene Sparten zu erfolgen hat, die in (auch weitestem Sinne) mit Ästhetik im Journalismus in Verbindung gebracht werden können. Weischenbergs Raster als Basis genommen, zählen jene Darstellungsformen als Untersuchungsobjekte, die unter die Kategorie „offen“ fallen, einen subjektiven Zugang zum Thema erlauben und deren Rollenwahrnehmung als „engagiert“ bezeichnet werden können.
2.2.2. Literaturwissenschaftliche Grundlage
Zwar ist die Kommunikationswissenschaft Hauptträger der Untersuchung (vor allem in der Bereitstellung der methodischen Zugänge), doch muss, angesichts mangelnder publizistikwissenschaftlicher Auseinandersetzung mit literarischen Komplexen, mit der Literaturwissenschaft jene Disziplin – zumindest theoretisch – bemüht werden, welche die Oberhoheit über die Beschäftigung mit literarischen Texten inne hat. Dabei handelt es sich bei „der Literaturwissenschaft“ um eine abenteuerliche Vereinfachung, wie Heinrich Detering konstatiert, und damit auf die Vielfalt an theoretischen Ansätzen und methodischen Verfahren verweist (womit eine weitere Gemeinsamkeit mit der Kommunikationswissenschaft zu erkennen ist).[78] Aufgrund dieser Vielfalt muss auf eine umfangreiche Darstellung theoretischer und methodischer literaturwissenschaftlicher Zugänge verzichtet werden, statt dessen werden die für diese Arbeit relevanten Aspekte gefiltert, wobei diese Eingrenzung in erster Linie zur Literaturkritik und der rhetorischen Figurenlehre führt, da ein zentraler Teil der Beschäftigung mit literarischem Journalismus aus der Auseinandersetzung mit der literarischen Wertung und der grundlegenden Bestimmung von Merkmalen literarischer Texte besteht.
Trotz dieser Fokussierung muss zudem ein kurzer theoriegeleiteter Exkurs unternommen werden, da, wie Peter Rusterholz fordert, jeder, der literaturwissenschaftlich tätig ist, sich mit den Beziehungen zwischen Theorie und Praxis – der Textanalyse und der Interpretation – zu beschäftigen hat. „Wer meint, sich auf die Praxis beschränken zu können, belegt damit nur, dass er weder über ein kritisches Bewusstsein seiner eigenen Voraussetzungen verfügt noch die unterschiedlichen Konzepte in der wissenschaftlichen Kommunikationsgemeinschaft kennt.“[79]
Durch den zweifachen Einfluss auf das Theorienkonstrukt ist es daher auch unabdinglich, für ein solides Fundament zu sorgen, das sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt.
Martin Löffelholz unterstreicht angesichts der geringen Standfestigkeit der Journalismus-Theorien die Notwendigkeit nach Offenheit. Löffelholz benennt 26 Punkte als Anregung zu vertiefender Forschung.
Einer der wichtigsten Aspekte, der hier besondere Bedeutung genießt, lautet: „Theoriebildung zum Journalismus bedeutet intendierte Weiterentwicklung, aber auch: phantasievolle Einzelideen, Raubzüge bei anderen Disziplinen, Emergenz durch Abgrenzung.“[80]
An dieses Postulat anknüpfend, wird in dieser Arbeit ein „Raubzug“ unternommen, das heißt, es werden Erkenntnisse der Literaturwissenschaft – gleichzeitig sei erwähnt, dass gerade die Rhetorik auch in anderen Disziplinen eine große Rolle spielt – für die Kommunikationswissenschaft adaptiert, oder, um den Begriff „Raub“ zu relativieren, ausgeliehen bzw. adaptiert.
Zunächst aber gilt es, grundsätzliche Strömungen der Literaturwissenschaft, welche für diesen Fall relevanten Aspekte für die kommunikationswissenschaftliche Betrachtung liefern, in die Diskussion einzubringen.
2.2.2.1 Poetizität, die Voraussetzung des Literarischen
Wenn von literarischem Anspruch die Rede ist, so wird häufig davon ausgegangen, dass dabei auch die Fiktionalität ein nicht weg denkbares Element darstelle, ja, dass Fiktionalität und Poetizität ko-extensional sich verhielten, dass also fiktionale Texte zugleich auch literarisch seien und umgekehrt, wie Lutz Rühling ausführt.
Rühling wehrt sich jedoch gegen diese Auffassung und widerlegt diese These mit der Tatsache, dass auch nicht-fiktionale Literatur bestehe, ebenso wie auch nicht-literarische Fiktionen existiere.[81] Ähnlich argumentiert Stefan Neuhaus, der zudem einer strikten Trennung auf Basis vorgegebener Kategorien von Journalismus (nicht-fiktional und tagesaktuell) und Literatur (fiktional und überzeitlich) eine Absage erteilt und historische Beispiele nennt (wie etwa Heinrich Heine und Egon Erwin Kisch), um seine Argumentation der fließenden Grenzen zu untermauern.[82]
Wesentlich zudem, und also auch von immanenter Bedeutung für die vorliegende Problematik ist die Rolle der „Poetizität“, wie sie Rühling als grundlegendes Selektionskriterium formuliert.
„Poetizität ist notwendiges und hinreichendes Merkmal zur Unterscheidung literarischer Texte von nicht-literarischen, also genau jene Eigenschaft oder Klasse von Eigenschaften, die allen literarischen Texten zukommt und allen nicht-literarischen abgeht.“[83] Dabei sei es notwendig, die Unterscheidung zwischen einem klassifikatorischen und einem normativ-evaluativ gebrauchten Literaturbegriff zu unterscheiden. In klassifikatorischem Sinne bedeutet, dass der Literaturbegriff dazu gebraucht wird, wenn er zu einer Kennzeichnung des Status eines Textes als literarisch dienen soll, unabhängig von der Qualität des betreffenden Textes. Normativ-evaluativ tritt dann in Kraft, wenn Texte gekennzeichnet werden sollen, die den literarischen Status und darüber hinaus noch hohe Qualität aufweisen.[84] Im Sinne des Journalismus bedeutet das, dass in dieser Untersuchung beide Begriffe zu Geltung kommen müssen. Klassifikatorisch insofern, als journalistischen Darstellungsformen als literarische identifiziert werden sollen und wie sie von der Literaturwissenschaft benannt werden; normativ-evaluativ betrifft jene Dimension, in welcher die journalistischen Leistungen auf ihre hohe Qualität (auf ihren sprachlichen Mehrwert) hin beschrieben werden sollen.
Wobei auf der normativ-evaluativen Ebene die literarische Wertung als theoretischer Teil zum Tragen kommt (eine praktizierte Wertung als solche kann hier nicht eine wissenschaftliche Vorgehensweise bestimmen, vielmehr werden die Erkenntnisse der Literaturkritik reflektiert und ihre Probleme diskutiert), ebenso wie auf die normativ-evaluative Ebene die Untersuchung auf die rhetorischen Figuren hin einzuordnen ist.[85]
Wenn also davon ausgegangen wird, dass Poetizität Literarität voraussetzt, muss dennoch darauf verwiesen werden, dass ein poetischer Text zwar die Eigenschaft der Literarität besitzt, nicht jeder Text aber, der diese Eigenschaft besitzt, auch mit Poesie gleichzusetzen ist.[86] Coenen wirft angesichts dieser Feststellung die Frage auf, ob der Unterschied zwischen Literarität aufweisenden und poetischen Texten nur auf dem Grad der Literarität (Poetizität ist maximale Literarität) beruht, oder ob nicht noch weitere Merkmale (Poetizität ist Literarität + x) hinzu zu ziehen seien.[87] Dieser Gedankengang führt einen Schritt weiter in die Figurenlehre der Rhetorik, die darauf abzielt, literarische Abweichungen zu erfassen und zu sortieren und auch nach grundlegenden Möglichkeiten der literarischen Transformation sucht (dieser Aspekt wird detailliert im Abschnitt über die Kategorienbildung abgehandelt).
Eine Reflexion über Poetizität muss jedenfalls in eine allgemeine Kunsttheorie eingebettet werden, die Ästhetik, wobei in Folge über die Poetik, die Stilistik und vor allem die Rhetorik als Teilgebiete der Ästhetik besonderes Augenmerk zu legen sein wird. Von grundlegender Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Eberhard Ostermann, der in seiner Habilitationsschrift das Verhältnis zwischen Ästhetik und Rhetorik thematisiert. Ostermann bietet eine differenzierte Einsicht, weicht damit ab von der üblichen Sichtweise, wonach mit dem Ende der einen (Rhetorik) als normativer Bildungsmacht, als Leitdisziplin für die Dichtung und die Künste, die andere (Ästhetik) überhaupt erst ermöglicht geworden wäre. Zwar gibt Ostermann zu, dass die Rhetorik mit der Emanzipation der Ästhetik im 18. Jahrhundert mit ihrer reflektierenden Funktion von Form und Wirkung an Einfluss verloren hätte, andererseits gibt er zu bedenken, dass dadurch das rhetorische Wirkungsmodell verschwunden wäre.[88]
Ostermanns These lautet, dass „Ästhetikkonzepte, die bestrebt sind, den Eigensinn der von der Kunst ausgehenden Impulse pragmatisch im Sinne eines kommunikativ herstellbaren Geltungsanspruchs zu begründen und offen zu halten, faktisch eine ästhetische Transformation der Rhetorik vollziehen oder sich zumindest auf eine solche hinbewegen.“[89]
Ein normatives Kriterium für die Zugehörigkeit zur Literatur ortet Rainer Baasner in der ästhetischen Qualität von Texten. Baasner bedient sich dabei des geläufigen Systems einer traditionellen Unterscheidung zwischen hoher und niederer, zwischen Kunst- und Trivialliteratur. Die hohe Literatur verfüge über eine ästhetisch herausragende Gestaltung und bringe darin herausfordernde literarische Wahrheiten hervor, wogegen die niedere Literatur bewährten Bauformen folge und eher konventionalisierte Ansichten verbreite, wobei die Einordnung von Produkten in die Kategorie der Kunstliteratur Sache des ästhetischen Ermessens und Tradition sei.[90]
2.2.2.2 Poetik, Reflexion über das „Schöne“
Als ein Sammelbegriff umfasst der Begriff der Poetik unterschiedliche Formen der Reflexion über das „Schöne“ bzw. das „Kunstvolle“, daher ist Poetik auch als eine philologische Grundlagendisziplin zu sehen. Da zu den zentralen Themenbereichen der Poetik (in den deutschen Sprachraum eingegangen als „Dichtkunst“) u.a. das System der Gattungen und deren ästhetische Gesetze sowie die Voraussetzungen für literarische Kritik und Hermeneutik zählen, ist diese Teildisziplin, die sich mit der Ästhetik und der Rhetorik partiell überschneidet[91], für diese Arbeit von Relevanz. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass es sich bei der Poetik nur um einen Zugang handelt, dessen Stoßrichtungen in andere, teils verwandte Lehren hineinreicht. So zeigt die Literaturgeschichte einen von vornherein gegebenen und stetig andauernden gegenseitigen Durchdringungsprozess zwischen Rede (Rhetorik) und Dichtung (Poetik). „Einerseits stellt die Rede mimetische, also dichterische Elemente in ihren Dienst, andererseits muss die Dichtung für die gedankliche und sprachliche Ausarbeitung ihres mimetischen Vorhabens die gleichen Mittel benutzen wie die Rede.“[92]
Dennoch ist eben die mimetische Absicht der Poetik das Unterscheidungskriterium zwischen Poetik und Rhetorik.
Die Poetik der Neuzeit orientiert sich vor allem im 19. und 20. Jahrhundert in Richtung Literaturästhetik, der es um die Begründung des Schaffens statt der Regeln geht.[93] Die aktuellen Richtungen der Poetik ortet Meier einerseits in einer Individualisierung (als Legitimation und Explikation des eigenen Vorgehens), andererseits in einer Tendenz zur Verwissenschaftlichung, die sich sowohl in einer Geschichtsschreibung der Poetik als auch im literaturästhetischen Interesse in der Suche nach der spezifischen Seinsweise der Poesie (im Unterschied zur Alltagssprache) äußert.[94]
2.2.2.3 Rhetorik
Die Rhetorik, im ursprünglichen Sinn als und in allgemeiner Definition als „ars bene dicendi“ bezeichnet[95], ist eine Disziplin, deren Methoden, die Sprache in ihrer ästhetischen, argumentativen und affekterzeugenden Wirkung zu perfektionieren, in literarischen Texten nachweisbar sind, noch bevor sich die Rhetorik als Fach überhaupt etablieren konnte. Schon in der Antike (wie etwa in Homers „Ilias“ und „Odyssee“) wird die Bedeutung der Rede für Entscheidungsfindungen unterstrichen, so wie die gesamte Geschichtsschreibung und die unterschiedlichen Gattungen (wie Tragödie, Komödie oder Epos) der Antike unter dem Einfluss der Rhetorik stehen.[96]
Die Terminologie der Rhetorik manifestiert sich in zwei Punkten. Erstens in ihrer ursprünglichen Bedeutung, im kunstvollen Reden als ausgeübter Redekunst (wie oben erwähnt, als „ars bene dicendi“ bezeichnet). Und zweitens existiert die theoretische Rhetorik als Analyse und (Lehr-)System, im Fachterminus auch „ratio dicendi“ oder „ars rhetorica“ genannt.
Mit der Etablierung der Schriftlichkeit um 500 v. Chr. kommt es zur ersten reflektierenden Bestimmung der Rhetorik, die sich als Erfahrungswissen, wie sich wirkungsvolles Sprechen herstellen lässt, theoretisch erfassen lässt.
Ohne, dass hier auf eine detaillierte Entwicklungsgeschichte der Rhetorik eingegangen werden kann, sei darauf hingewiesen, „dass das Lehrgebäude der Rhetorik nicht nur als ein Produktionsschema begriffen und genutzt wurde, sondern als ein literarisches Analysemodell, das den systematischen Umgang mit Texten vermittelte, als Texttheorie tauglich war und direkten Eingang in die Poetik fand.“[97] Heinrich Lausberg unterstreicht die Tatsache, dass bedingt durch den Ursprung in Homer und die gegenständliche Unbegrenztheit die Rhetorik als Lehrgegenstand sehr viel detaillierter ausgearbeitet worden sei als etwa die Poetik, die als eine Spezialisten-Kunst zu klassifizieren sei.[98] So etwa listet der Philosoph und Politiker Cicero in seiner 84 v. Chr. entstandenen Schrift „de inventione“ insgesamt neun Faktoren auf, die sich einzig auf die Personenbeschreibung beziehen (ähnlich argumentierte auch Quintilian), die als Basis herangezogen wurden, jedoch ebenso im Laufe der Geschichte eine Weiterentwicklung erfuhren.[99]
Neumann konstatiert, dass die Bedeutung der Rhetorik seit der Antike nahezu ungebrochen sei, dass sich ihre Anwendungsbereiche laufend erweitern konnten, dass sie zudem das gesamte gesellschaftliche und kulturelle Leben beeinflusst und seine Foren und Medien erst geschaffen hätte.[100]
Ostermann hebt vor allem die Bedeutung Aristoteles’ hervor, dessen Ansatz heute noch die meisten Anschlussmöglichkeiten besitzt, da Aristoteles nicht an der Rhetorik als erfolgsorientierter Sozialtechnologie interessiert gewesen wäre, sondern vielmehr die Bedingungen überzeugungskräftigen Redens zu erfassen suchte[101] und somit in weitestem Sinne auch für die vorliegende Problematik historisch bedeutend ist.
„Nach Aristoteles wird die Glaubwürdigkeit einer Rede grundsätzlich durch das zustimmende Urteil des Hörers konstituiert, wenn dieser sich in seiner Einheit als sittlich handelndes, sinnlich wahrnehmendes und logisch denkendes Wesen ansprechen lässt und dergestalt die drei Überzeugungsquellen der Rede, d.h. ihre affektiven, rationalen und ethischen Impulse, zueinander in Bezug setzt.“[102]
Diese Faktoren bieten auch heute noch viele Anknüpfungspunkte, wie etwa jenen der Zustimmung des Rezipienten, die sich mit der Wirkungsforschung in Verbindung setzten lässt.
Diese Standfestigkeit, führt Neumann aus, verdankt die Rhetorik mehreren Faktoren. Erstens sei die Rhetorik dazu in der Lage, Veränderungen in der Kommunikationssituation zu adaptieren, wodurch ihr Regelwerk nie abgeschlossen sei, sondern stets offen und modifizierbar in Erscheinung tritt. Zweitens werde die Anpassungsfähigkeit durch die der Rhetorik eigenen Faktoren Konvention und Innovation unterstützt, wodurch Traditionen gewahrt und Neuheiten integriert werden können. Weiters war der Rhetorik als Erfahrungswissenschaft eine dogmatische Verengung ihrer Bildungsinhalte ebenso fremd wie eine Theorienbildung, und daher ist sie auch offen für alle Bereiche des menschlichen Wissens und unterschiedlicher Wissenschaften.[103]
Diese Eigenschaften sind auch von Vorteil, wenn man sich mit dem Journalismus auseinandersetzt, dessen Rahmenbedingungen sowohl aus dauerndem Wechsel als auch beibehaltenen Traditionen bestehen.
Als bedeutendes Faktum kommt hinzu, dass der Qualität der Sprache in der Rhetorik große Bedeutung zukommt („indem die Literatur beim Rezipienten eine bestimmte Wirkung hervorruft, ist sie unmittelbar rhetorisch.“[104] ), hat doch die Rhetorisierung die ästhetische Gestaltung der Literatur beeinflusst. Die Rhetorik, die für alles Sprachliche (und also auch für die Literatur) eine katalysatorische Wirkung offenbarte, und so nicht nur das Bewusstsein für die Möglichkeiten der Sprache entwickelte, sondern auch bei der Entstehung der unterschiedlichen literarischen Praktiken als ein allgemeines Paradigma strukturbildend war, ist in jüngster Zeit von den Literaturwissenschaften neu entdeckt worden.[105]
Neumann stellt etwa fest, dass, indem Literatur beim Rezipienten eine bestimmte Wirkung hervorruft, sie unmittelbar rhetorisch sei, was besonders für engagierte, politische Art von Literatur gelte, die auf Haltungsänderungen beim Adressaten abzielt. Doch auch wenn ein sprachlich elaborierter Text auf seine Sprache selbst hinweist, wenn also die poetische Sprachfunktion realisiert wird, erweist sich der Text als persuasiv.[106] Die Rhetorik erweist sich daher in all ihren Eigenschaften als geeignete Disziplin, Unternehmungen in unterschiedliche Gebiete der Literatur zu unternehmen und ist daher auch ein geeignetes Instrument, sich den literarischen Formen des Journalismus zu nähern, auch wenn der grundlegende methodologische Zugriff über die empirischer Sozialforschung zu erfolgen hat.
Gert Ueding unterstreicht die (vor allem theoretische) Bedeutung der Rhetorik, die sich in erster Linie durch ihre Renaissance seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts manifestiert. Durch die bewusste Aufnahme der rhetorischen Tradition in der Gegenwart, vor allem die Theorien betreffend, wurden eine differenzierte Methode als auch eine Vielfalt an Techniken bereit gestellt, die sich zur Textanalyse und zur Textinterpretation, darüber hinaus auch zur Untersuchung aller wirkungsbezogenen Kommunikationsakte eignen.[107] Alle drei von Ueding angesprochenen Ebenen eignen sich auch für eine Bearbeitung des Forschungsfeldes Journalismus, wobei im vorliegenden Fall der Textanalyse das Hauptaugenmerk zu gelten hat, da sie sich zur Erkennbarmachung literarischer Elemente in Printmedien und also dem Hauptziel dieser Arbeit am besten eignet.
Heinrich Plett[108] führt an, dass es ein wesentliches Moment, das zu einer rhetorischen Renaissance führte, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts in der Literaturwissenschaft feststellbare Tendenz war, ihren Gegenstand zu isolieren und mit Hilfe von Kategorien zu methodisieren.
In diesem Zusammenhang wird die Argumentation von Wallisch aufgegriffen, der eine rhetorische Betrachtung von Journalismus als taugliches Mittel zur Öffnung neuer Perspektiven in der Qualitätsdiskussion sieht und den Aspekt der Sprachverwendung in den Vordergrund rückt. Die Kritik von Textstrukturen sollte dabei keine große Rolle spielen.[109]
Haas verweist dabei auf bestehende Ansätze der Kommunikationswissenschaft, die Rhetorik zu adaptieren, bzw. sie als einen Teil ihres Spektrums zu entdecken und zu beachten. Doch handelt es sich tatsächlich nur um Versuche einer Annäherung, wie sie Michael Nickl 1987 unternommen hat, indem er festhält, dass die Journalistik von rhetorischem Wissen und rhetorischen Wissensformen über realsystematische Objektbereiche von öffentlich-aktueller Bedeutung handelt. „Journalistik betreibt die Wissenschaft von der medienrhetorischen Symbolkommunikation und ihren Repräsentationen.“[110]
Doch ist die Vernachlässigung der Rhetorik durch die Kommunikationswissenschaft, wie sie im Jahr 1987 feststellt wurde[111], auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts evident. Eine medienwissenschaftliche Rhetoriklehre müsste trotz aller disziplinspezifischer Vorsicht das gesamte Gebiet eines geordneten, kommunikationstheoretisch erschließbaren Rhetorik-Ressorts abdecken.[112] Diese Vernachlässigung könnte sich durch eine angelsächsische Strömung beheben lassen, die sich im sogenannten „New Critism“ manifestierte, und deren zentrale Kategorien Figuren wie die Ironie oder die Metapher sind. Zudem konzentriert sich eine amerikanische „neue“, oder auch „wissenschaftliche Rhetorik“ auf eine interdisziplinäre Arbeit von Kommunikationswissenschaft, Soziologie, Psychologie und Politologie.[113]
Nickl betont, in Anlehnung an eine ebensolche Interdisziplinarität, zudem die Weitläufigkeit einer kommunikationswissenschaftlich betrachteten Rhetorik und benennt sieben Teilbereiche, die sich zur weiteren, intensiven Beobachtung eignen.
1.) Kommunikationsgeschichte und Kommunikationstheoriegeschichte
2.) Publizistikwissenschaft
3.) Kommunikationspolitik und Sprachpolitik
4.) Rhetorik und Persuasionsforschung
5.) Sprechwissenschaft und Psycholinguistik
6.) Kommunikationssoziologie, Soziolinguistik und Dialektologie
7.) Angewandte Linguistik bzw. ausgewählte kommunikationstheoretische Teildisziplinen der empirischen Linguistik wie etwa Semiotik, Fachsprachenforschung, Textlinguistik oder publizistische Textanalyse.
Für Nickl ist diese Anregung vor allem als Impuls in Richtung Journalistenausbildung gemeint, ein Gedanke, der ohne weiteres akzeptiert werden kann. Doch der offene theoretische Zugang der Rhetorik, der durch diese Auflistung verdeutlicht wird, wird hier als Anlass genommen, um abseits einer praktischen Ausbildung vielmehr die wissenschaftliche Adaptierung vorzunehmen. In diesem Fall betrifft es die publizistische Textanalyse, eine Suche nach den Merkmalen des literarischen Journalismus, mit Hilfe einer rhetorisch versetzten Betrachtungsweise.
2.2.2.4 Stilistik
Die Stilistik, auch als Lehre vom literarischen Stil bezeichnet, gilt als eine Nachfolge-Disziplin der Rhetorik, die, wie bereits ausgeführt, schon früh eine literarische Theorie entwickelte. Doch mit der Entwicklung der Individualisierung des Werkbegriffs hatte das klassische System der Rhetorik, mit seinen festen Gattungsbegriffen und normativen Stilprinzipien, ausgedient.[114]
Die Stilistik ist neben der Rhetorik und der Poetik eine grundlegende Anleitungstechnik zur Herstellung von literarischen Texten und zählt gleichzeitig als ein wissenschaftliches Instrument zu ihrer Beschreibung und Analyse.[115]
Die Stilistik beinhaltet als zentrale Kategorie den „Ausdruck“, sie bezieht sich sowohl auf den Autor als auch auf überindividuelle Faktoren wie Zeit, Gesellschaft, Gruppe, Nation. Es existieren mehrere Richtungen der Stilistik, wobei für die vorliegende Frage die werkimmanente Interpretation als Basis für weitere Überlegungen von Bedeutung ist. Hier wird der Stil als Ausgangspunkt angesehen, im Gegensatz zur historisch-deskriptiven Stilistik, die nach Synthesen als National- und Epochenstil strebt.[116]
Dennoch ist die interessantere Richtung eine andere. Es handelt sich dabei um eine Art Renaissance der Rhetorik in der linguistisch orientierten Stilistik, in der stilistische Elemente als Konstanten innerhalb einer Architektur eines Sprachsystems bestimmt werden sollen.[117]
Spillner betont, dass Stil, im besonderen literarischer Stil, nur interdisziplinär zu beschreiben sei und dass die Stilistik zumindest drei Komponenten beinhaltet, die jedoch nicht immer zwingend gemeinsam relevant sein müssen.
1.) Die linguistische Komponente: Der Analysegegenstand liegt hier sprachlich kodiert in Äußerungen, Texten vor und muss daher zunächst sprachwissenschaftlich erfasst werden.
2.) Die kommunikationswissenschaftlich-pragmatische Komponente: Der Text muss im Kommunikationsprozess auf Autor, Rezipient, Rede zugeordnet und auf pragmatische Kategorien wie Zeit, Situation, Kontext und Redegegenstand bezogen werden.
3.) Die literaturwissenschaftlich-ästhetische Komponente: Der Text muss auf dieser Ebene in seiner stilistischen Wirkung gewürdigt werden und auf das Gesamtwerk des Autors, auf die Epoche, einen bestimmtes Textcorpus u. ä. bezogen werden, ästhetisch bewertet und literarkritisch interpretiert werden.[118]
Diese Komponenten führen zu weiteren, vertiefenden Aspekten, die zunächst in der präskriptiven Stilistik, die terminologisch als die Stilistik im engeren Sinn bezeichnet wird, münden. Die präskriptive Stilistik beschäftigt sich mit der Textproduktion, wobei von der Annahme ausgegangen wird, dass stilistische Wirkungen an konkrete sprachliche Einheiten gebunden sind und sich vorhersagen lassen.[119] Die präskriptive Stilistik versucht auf der Ebene des Sprachsystems Ausdrucksmittel zu erstellen und schreibt ihnen Stilwerte und Stilwirkungen zu. „In der Regel sind sie didaktisch orientiert und lehren – ausgehend von einem Stilideal oder apriorischen Stiltugenden in der Tradition der Rhetorik (z.B. Klarheit, Kürze, Anschaulichkeit, Angemessenheit, Wechsel des Ausdrucks) – wie man sich stilistische angemessen ausdrücken soll.“[120]
Bedingt durch den Umstand, dass die präskriptive Stilistik (im Gegensatz zur Rhetorik und Poetik) sich auch mit Alltagstexten beschäftigt, aber in ihrer Eigenschaft als Regelwerk zur Produktion von Texten weniger Relevanz für die Analyse von Texten besitzt.
Aufgrund des Umstandes, dass das Hauptliegen dieser Arbeit nicht in der Erstellung von Normen, sondern in der Erkennung von Merkmalen liegt, reicht die klassische Stilistik als theoretisches Fundament allein nicht aus. Spillner erkennt die Mängel dieser klassischen Stilkonzeptionen und meint, dass eine Stiltheorie wünschenswert sei, die den gesamten literarischen Kommunikationsprozess berücksichtige.[121] Eine solche Theorie müsse integrativen Charakter aufweisen, also die konstitutiven Elemente des Kommunikationsprozesses berücksichtigen, zumal Stil nicht als statische Eigenschaft eines Textes, sondern als eine virtuelle Qualität erkannt werden, die im Rezeptionsvorgang rekonstruiert werden müsse. In weiterer Folge verdeutlicht Spillner die Problematik, indem er auf unterschiedliche Stilebenen verweist - hohe („genus subtile“), mittlere („genus mixtum“), niedrige(„genus grande“); am Beispiel Antlitz; Gesicht, Fresse - , die je nach dem Bildungsgrad oder der Lesepraxis der Rezipienten inkraft treten.[122]
Rein journalistisch betrachtet bedeutet dies die sprachliche Differenzierung unterschiedlicher Medien (z. B. niedrige Stilebenen bei Boulevardzeitungen). Dies beweist jedoch auch, dass eine Untersuchung aufgrund derlei Unterscheidungen allein nur bedingt aussagekräftige Ergebnisse bringen könnte, zumal sich auch der literarische Journalismus Wendungen aus der mittleren (oder sogar niedrigen) Stilebene bedienen kann, ohne dabei an Qualität einzubüßen (vgl. etwa die Protagonisten des „New Journalism“).
Dennoch bietet der stilistische Ansatz einen wertvollen Aspekt, wenn es um die Erkennung literarischer Elemente geht. Es handelt sich hierbei um die noch junge und wenig ausgereifte Disziplin Textlinguistik, die im Wechselspiel zur Textstilistik steht. Spillner hält fest, dass „Fachtexte eher mit lexikalischer Rekurrenz (also terminologischer Wiederholung) arbeiten, während in literarischen Texten überwiegend lexikalischer Wechsel durch Synonymie und Paraphrase bevorzugt wird.“[123]
Auch Schneider ortet die verschiedenen Spielarten des bildlichen Sprechens als unverzichtbare Kategorie der Stilistik und führt weiter aus, dass es aufschlussreich sein kann, welcher Bildfelder sich ein Autor zur Erzeugung von Metaphern sich bedient und ob er beim Umgang mit diesem Stilmittel, das sowohl der Veranschaulichung als auch der Verrätselung dienen kann, ein besonderes Innovationstalent an den Tag legt oder ob er sich eher abgegriffener Formulierungen bedient.[124]
Aus diesen Erkenntnissen lässt sich das Kategorienschema für die Untersuchung des literarischen Journalismus ableiten – die „rhetorische Figur“ als ein Merkmal literarischer Texte und also als Abgrenzung zu herkömmlichen (in rein nachrichtlich Funktion stehenden) journalistischen Texten.
Abgeleitet von den genannten drei Stilebenen hat die Wissenschaft Stilqualitäten (Stilprinzipien), die „virtutes dicendi“, benannt, die in vier Punkten manifestiert werden.
1.) Puritas: Bezeichnet in der Rhetorik die Sprachreinheit und die Sprachrichtigkeit.
2.) Perspicuitas: Betrifft den Aspekt der Klarheit und der Verständlichkeit der Rede.
3.) Ornatus: Diese Kategorie besteht aus der sprachlichen und stilistischen Formgebung (einschließlich Schmuck und Gestaltung durch Tropen und Figuren).
4.) Aptum: Bedeutet Angemessenheit; damit wird das Feingefühl für das gemeint, welches in jeder Hinsicht, also semantisch, stilistisch und situativ am besten geeignet scheint.[125]
Für die Unterscheidung literarischer Texte von nicht-literarischen tritt vor allem Punkt 3 in Kraft, mit dessen Hilfe die Kategorienbildung erfolgt. Unter dem Begriff „Ornatus“ (lateinisch für Schmuck) wird ein Sammelbegriff verstanden, der sich auf die Bereiche der Bildlichkeit und Bildhaftigkeit der Sprache, also der Abweichung von der Umgangssprache, bezieht. Die Mittel des Ornatus sind in erster Linie Tropen und die Figuren. Unter die Kategorie Tropen fallen die Varianten des uneigentlichen Sprechens, die sich auf ein Wort beziehen. Als Beispiele gelten vor allem die Metapher und die Antonomasie, die Umschreibung eines Namens (z. B. Der Korse für Napoleon, oder Judas für Verräter).[126]
Die rhetorische Figur als zweites Hauptmerkmal des Ornatus beinhaltet Stilfiguren zur Verdeutlichung, Veranschaulichung, Verlebendigung oder Ausschmückung einer sprachlichen Aussage durch syntaktische Besonderheiten, ohne, dass durch die Verwendung die eigentliche Bedeutung des ursprünglichen Wortlautes verändert würde.[127]
Diesen beiden Faktoren, den Figuren und den Tropen, werden als Kategorien in der empirischen Analyse gewichtige Rollen beigemessen, wobei die strikte Trennung zwischen Figur und Tropus nicht notwendig ist, da es erstens unterschiedliche Auffassungen in der Zurechenbarkeit gibt[128], und zweitens in dieser Untersuchung in erster Linie um die Erkennung der einzelnen Elemente, unabhängig davon, ob sie nun den Figuren oder den Tropen zugerechnet werden, von Bedeutung ist.
2.2.2.5 Empirische Literaturwissenschaft
Die gegenwärtige Kommunikationswissenschaft basiert vor allem auf dem kritischen Rationalismus von Karl Popper, und auch in der Literaturwissenschaft existiert ein ähnlicher Ansatz, wenn diesem auch nicht diese zentrale Bedeutung beigemessen wird. Es handelt sich hierbei um die Empirische Literaturwissenschaft, die im Gegensatz zur hermeneutisch orientierten Rezeptionsforschung eine radikale Trennung zwischen Werk und Aneignung vorgenommen hat, wobei keine Aussagen über ästhetische Qualität angestrebt werden, sondern ausschließlich kommunikative Funktionen untersucht werden.[129] Das Ziel der Empirischen Literaturwissenschaft ist es, kein empirische verfahrender Zweig innerhalb der Literaturwissenschaft zu sein, sondern vielmehr als eine Disziplin zu gelten, welche die Verfahrensweisen der empirischen Sozialforschung auf die Analyse literarischer Kommunikation überträgt.[130] Auch das Falsifikationsprinzip im Sinne eines kritischen Rationalismus zählt zu den wichtigen Komponenten der Empirischen Literaturwissenschaft, womit ein Streben nach Eindeutigkeit und ein hohes Maß an Exaktheit in Begriffen und Definitionen einhergeht. Helmut Hauptmeier und Siegfried J.Schmidt[131] bieten mit ihrer Definierung von Aufgaben der Empirischen Literaturwissenschaft auch der Kommunikationswissenschaft neue Möglichkeiten.
Demnach ist die Analyse von Text-Strukturen relevant
1.) im Rahmen linguistischer Analysetheorien zur Ermittlung phonologischer, morphologischer, syntaktischer, semantischer und makrosemantischer Strukturen.
2.) im Rahmen stilistischer Analysetheorien zur Ermittlung stilistischer Muster bzw. im Rahmen rhetorischer Analysetheorien zur Ermittlung von Figuren und Tropen.
3.) im Rahmen von Gattungstheorien zur Ermittlung narrativer, dramaturgischer Muster.
Trotz der Kritik, dass die Erkenntnisse empirischer Untersuchungen kaum neue Einsichten in Textstrukturen oder Rezeptionsweisen vermitteln, wird der Empirischen Literaturwissenschaft attestiert, dass sie der Rezeptionsforschung sowohl empirische als auch theoretische Impulse gegeben hat, während die Debatte in der hermeneutischen Literaturwissenschaft Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zum Stilltand kam.[132]
Schmidt, der Begründer der deutschsprachigen Empirischen Literaturwissenschaft, wendet sich strikt gegen die rein interpretatorische Herangehensweise und trennt deutlich zwischen Teilnahme an literarischer Kommunikation und wissenschaftlicher Erforschung literarischer Kommunikation.[133] Während für die Teilnahme besondere literaturspezifische Konventionen literarischer Kommunikation gelten, seien für die wissenschaftliche Bearbeitung die in paradigmatischen Wissenschaften erprobten wissenschaftlichen Konventionen gültig, deren Anwendung bei den Kollegen in anderen Wissenschaften üblich sei. Schmidt nennt als solche Konventionen etwa Empirizität, Exaktheit oder Widerspruchsfreiheit. „Nur eine Literaturwissenschaft, die so orientiert ist, wird m. E. langfristig in der Lage sein, empirisch herauszufinden, was Leute tatsächlich getan haben und heute tun, wenn sie mit literarischen Werken umgehen.“[134]
Schmidts Ziel ist es, aus der Literaturwissenschaft eine empirisch orientierte Sozialwissenschaft zu formen, durch welche Konstitution, für den vorliegenden Fall auch wegen des von Hauptmeier und Schmidt genannten Punkt 2, die Empirische Literaturwissenschaft in jedem Fall interessant für die Kommunikationswissenschaft ist. Wodurch aufgrund der ähnlichen Zugangsweisen eine weitere Annäherung der Disziplinen auf theoretisch-methodischer Basis durchaus möglich scheint. Es könnte daher diese Untersuchung sowohl aus empirisch-sozialwissenschaftlicher (kommunikationswissenschaftlicher), als auch aus empirisch-literaturwissenschaftlicher Sichtweise betrachtet werden.
2.2.2.6 Zusammenfassung der literaturwissenschaftlichen Erkenntnisse
Dieser ausführliche Exkurs in die Literaturwissenschaft war ein notwendiger, da die Möglichkeiten der Sozialwissenschaften allein für die Bearbeitung des Forschungsbereichs des literarischer Journalismus auf sprachlicher Ebene betrachtet zwar die Instrumentarien liefern, doch für die qualitative Analyse basierend auf einem adäquaten Kategorienschema nicht ausreichen würden. Vor allem die theoretischen Ansätze müssen für den empirischen Teil der Untersuchung berücksichtigt werden. Zentrale Bedeutung kommt beim Vorgang einer qualitativen Kategorienbildung der Rhetorik zu, die sich, dank ihrer offenen Konsistenz und dank ihrer nach wie vor beachteten und stets weiter entwickelten Traditionen, als Ausgangspunkt für die Erfassung literarischer Elemente eignet – in dieser Funktion wird vor allem die literarische Rhetorik ins Spiel gebracht, die als die Einbeziehung der antiken Rhetorik und ihres Nachlebens in die zeitgenössische Literaturwissenschaft bezeichnet wird.[135]
Unterstrichen wird die Bedeutung der Rhetorik u.a. durch den Rhetorik-Professor und Literaturkritiker (u.a. bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung), Gert Ueding:
„Die Rhetorik lehrt also nicht primär die Kunst des spezialistischen Ausdrucks und einer Schreibweise, die sich allein an ein wissenschaftlich gebildetes Publikum wendet. Der Normalfall ist das Laienpublikum, das zwar auch nicht ungebildet ist, dem aber auf jeden Fall die genaueren Fachkenntnisse fehlen. Die Ausgangslage des antiken Redners unterscheidet sich – zumindest in diesem Punkt – nicht wesentlich von den Grundbedingungen, die ein Journalist in den modernen Massenmedien (...) vorfindet.“[136]
Neumann schließlich stellt fest, dass die Bedeutung der Rhetorik heute vor allem darin liege, dass für die Literaturanalyse die Elocutio, die Figurenlehre, die fruchtbarste Adaption der klassischen Rhetorik geworden sei und verbindet damit die Hoffnung, dass die Rhetorik eine allgemeine Methode der Literaturanalyse sein kann.[137]
Zudem bleibt vordergründig seit der Etablierung der Rhetorik in der Antike bei jeder gegenwärtigen Betrachtungsweise das Ziel das gleiche: die Erzeugung von Texten nach Regeln der Kunst. In diesem Fall jedoch wird der umgekehrte Weg gewählt. Mit Plett gesprochen: „Was in der Tradition der antiken Rhetorik primär als Produktionsmethode dient, wird hier als Analysemethode von Texten postuliert.“[138]
Bei all diesen Überlegungen muss jedoch beachtet werden, dass sowohl der literaturwissenschaftliche als auch der kommunikationswissenschaftliche Kontext auch unter Berücksichtigung philosophischer Ansätze beachtet werden müssen. In diesem Zusammenhang kann Adornos Theorie der Ästhetik zu Rate gezogen werden, welche die Wirklichkeit (hier im Sinne als wesentliche Basis des Journalismus) in zumindest theoretische Verbindung zur Kunst setzt.
„Kunstwerke sind Nachbilder des empirischen Lebendigen, soweit sie diesem zukommen lassen, was ihnen draußen verweigert wird, und dadurch von dem befreien, wozu ihre dinghaft-auswendige Erfahrung sie zurichtet.“[139]
Adornos Abhandlung über Ästhetik lässt weiters darauf schließen, dass Kunst ihren Begriff in der geschichtlich sich verändernden Konstellation von Momenten hat und sich daher jedweder Definition sperrt.[140]
In diesem Sinne ist es auch abwegig, den Journalismus als Ganzes vom Bereich der Kunst auszusperren.
Als Beispiel für eine sowohl kommunikationswissenschaftlich als auch literaturwissenschaftlich relevante Arbeit, und daher quasi als Legitimation für die methodische Herangehensweise, sei neben den Ausführungen Pletts die Habilitationsschrift von Almut Todorow herangezogen. Es handelt sich dabei um eine rhetorische Untersuchung des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in der Weimarer Republik.[141] Todorow analysiert den Feuilletonteil auf rhetorischer Basis, wobei die Autorin eine quantitative und qualitative Vorgehensweise verwendet. Todorows Analyse soll für die vorliegende Untersuchung trotzdem nur Anknüpfungspunkt sein, da die Kategorienbildung bei dieser Arbeit in eine andere, vor allem figurenbetonte, Richtung gehen wird, wogegen Todorow den Feuilleton-Teil der „Frankfurter Allgemeinen“ bis in alle Einzelteile zerlegte, und selbst die Namen der Zeitungsautoren aller Autoren sowie die Inhaltsangaben dokumentierte, ohne sich mit der Figuren-Aufteilung zu befassen.
John C. Hartsock schließlich bringt die Bedeutung einer rhetorischen Untersuchung sowohl in Literatur als auch im literarischen Journalismus (im Englischen auch im erweiterten Sinne als „Narrative Form“ bezeichnet) auf einen gemeinsamen Nenner, indem er vor allem die Metapher ins Zentrum rückt:
„In rhetorical invention then, there is no reason why both forms cannot partake of the same bag of tropological tricks. The fictional novel and short story could be written solely with the use of simile eschewing metaphor, and vice versa in narrative literary journalism.“[142]
Damit werden auch hier Teile des Journalismus als gänzlich abgehoben betrachtet von alltagssprachlich-unrhetorischen Sprachformen, statt dessen werden die von Plett angesprochenen beiden anderen Bereiche aktiviert – der rhetorisch (persuasive), vor allem aber der poetische[143]. Denn nur die in den beiden letzteren situierten abweichenden und nicht-abweichenden Sprachformen zählen zum Untersuchungsbereich einer pragmatisch fundierten Rhetorik.[144]
All diese Ausführungen und grundlegenden Gedanken zur Einbeziehung der Literaturwissenschaft in das Thema eröffnen nicht nur die Möglichkeit von neuen Zugangsweisen, sondern belegen zugleich die Bedeutung des Teilbereichs Rhetorik samt ihrer Möglichkeiten der Textanalyse für die Kommunikationswissenschaft.
In der vorliegenden Problematik ist die traditionelle rhetorische Figurenlehre, die noch immer große Bedeutung genießt, ein unverzichtbarer Bestandteil auf der Suche nach literarisch-journalistischen Eigenheiten, und wird daher eine zentrale Position einnehmen auf der Suche nach den sprachlichen Merkmalen der Reportage und den anderen journalistischen Verfahrensweisen, die von der Literaturwissenschaft zumindest in ihre Nähe gerückt werden.
2.2.3 Journalistische Qualität und Mängel in der Qualitätsdiskussion
Die – teils heftig geführte – Auseinandersetzung mit dem Thema Qualität im Journalismus ist beinahe so alt wie der Journalismus selbst. Durch das Auftreten der Zeitung im 17. Jahrhundert, und später vor allem durch die ersten Professionalisierungstendenzen, setzten erste heftige Reaktionen der literarischen Autoren ein. Ähnlich wie in anderen Epochen der Eintritt neuer Medien, wie es etwa im vergangenen Jahrhundert der Film und der Rundfunk waren, das jeweilige bestehende Kommunikationsgefüge nicht unberührt ließ, so wurde auch die Literaturentwicklung des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts mit geprägt durch die gleichzeitige Entfaltung des Zeitungswesens.[145]
Daher kam es in dieser Zeit sowohl zu Integrations- und Angleichungsprozessen als auch zu präzisen und ebenso gewollten Abgrenzungen. Während der Aufstieg der Zeitung bedingt war durch gravierende Veränderungen in den ökonomischen und politischen Verhältnissen, war auch „die ästhetische Literatur deutlich eingebunden in den kulturellen Kontext bestimmter sozialer Gruppen (...).“[146]
Der Wandel des Mediums Zeitung zum bedeutendsten Massenmedium warf neue Probleme und auch Möglichkeiten auf, stets einhergehend mit den Faktoren Macht und Geld.
Die Qualität – die Brockhausdefinition für das aus dem Griechischen stammende Wort lautet „Güte“, „Beschaffenheit“, „Wertstufe“ – im Journalismus, eine oft leichtfertig hingeworfene Forderung und Eigenschaft zugleich, hat ihre Problemzonen einerseits in ihrer Komplexität, da die Qualität zwar gerne reklamiert, doch nur selten treffend definiert wird bzw. werden kann. Andererseits ist Qualität auch von zahlreichen anderen Faktoren abhängig, vor allem von ökonomischen Zwängen, die journalistisches Handeln maßgeblich beeinflussen.
Wallisch ortet einen weitgehenden Mangel an systematischer, wissenschaftlicher Literatur zur Qualitätsdiskussion in der Journalismusforschung.[147]
Außerdem sei es, wie in der Literaturkritik, durchaus möglich und statthaft, unterschiedliche Zugangsweisen und Theorien zu einem Werk als zulässig zu akzeptieren, da sich, wie Wallisch meint, sowohl journalistische als auch literarische Qualität nur schwer operationalisieren lassen.[148]
Erschwerend kommt hinzu, dass Journalismus als Teil der Kultur in der deutschsprachigen Gesellschaft nicht richtig ernst genommen wird, dass der Stellenwert und daher das Sozial-Prestige des Journalisten irgendwann hinter dem Polizisten kommt, wie Kai Hermann feststellt. Das führe auch zu einem losen Umgang mit den Qualitätskriterien. „Mir scheint es manchmal sogar so, als gäbe es im deutschsprachigen Raum nicht mal mehr Kriterien für guten und schlechten Journalismus, auch in vielen Chefetagen der Medien nicht.“[149]
Diese These eines erfahrenen und mehrfach ausgezeichneten Journalisten lässt darauf schließen, dass in der Medienlandschaft (und auch in der Wissenschaft) Mangelerscheinungen bestehen, die Hermann vor allem in einer fehlenden Journalismuskritik sieht, und verweist dabei auf den angelsächsischen Raum als Vorbild, wo es selbstverständlich sei, dass Journalismus und Literatur ineinander übergehen.[150]
„Die meisten großen amerikanischen Schriftsteller haben als Journalisten begonnen und haben sich auch später noch als Journalisten begriffen. Im deutschsprachigen Raum ist das eigentlich unmöglich. Entweder man ist Literat, oder man ist Journalist.“[151]
Einen ähnlich kritischen Zugang wählt Michael Frank in der „Süddeutschen“, indem er feststellt, dass Journalisten ihr eigenes Tun oft selbst als minderwertige Kunst betrachten und sich daher nebenbei als Romanautoren, als echte Literaten also, versuchen, um damit eine gewisse Dauerhaftigkeit im Gedächtnis der Menschen zu erringen.[152] Diese Selbstmissachtung, dieser scheinbare Minderwertigkeitskomplex, welcher der deutschsprachigen Journalisten-Gilde anzuhaften scheint, erschwert die Etablierung einer Kulturmacht Journalismus zusätzlich.
Doch, trotz all dieser widrigen Umstände wird die Operationalisierung von journalistischer Qualität insofern erleichtert, als der Journalismus sich quasi selbst Merkmale und Strukturen gegeben hat, die sich vor allem in den unterschiedlichen Darstellungsformen manifestieren, die als Richtlinien für qualitatives Handeln gelten und die teilweise auch die Ethik des Journalismus mitbestimmen.
Wallisch plädiert in diesem Zusammenhang für ein grundlegendes, ein philosophisches, Modell, welches aus zwei Teilen besteht und eine erste Annäherung an die kommunikationswissenschaftliche Problematik der Qualität erlaubt. In diesem Modell wird die Qualität in einen „objektiven“ und einen „subjektiven“ Sektor geteilt.[153]
Zur objektiven Qualität zählen u. a. folgende Punkte
1.) Formale Prinzipien
2.) Textgattungen
3.) Sprachliche Korrektheit
Zur subjektiven Qualität zählen:
1.) Inhaltliche Prinzipien
2.) Funktionalität
3.) Literarischer Stil
Mit dieser einfachen Trennung wird die Thematik „journalistische Qualität“ in ihrer Komplexität eingeschränkt, so werden etwa der objektiven Seite antrainierte journalistische Handlungsweisen zugerechnet, da sie meist seit Generationen in ihren Strukturen festgefahren sind.[154] Dass etwa die sprachliche Korrektheit eine der grundlegenden Voraussetzungen im Journalismus darstellt, ist seit der Entstehung des Berufes evident. Aus der Warte des Suchenden nach Literarischem betrachtet, ist jedoch die subjektive Qualität, in diesem Fall vor allem der Faktor „Stil“ von größerer Bedeutung, wenngleich objektive Faktoren eine Art Ausgangsbasis bilden, auf der es aufzubauen gilt.
Hannes Haas und Klaus Lojka weisen auf die Mängel in der Qualitätsdiskussion hin und konstatieren das Fehlen einer einheitlichen und allgemein akzeptierten Definition und die Einigkeit in der Erkennung des Problems der Komplexität im Qualitätsdiskurs. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Forderung nach empirischer Qualitätsforschung und die Feststellung: „Das Fehlen einer eindimensionalen Anweisung bedeutet aber nicht die Entbindung von der Aufgabe, Kriterien für publizistische Qualität zu suchen; im Gegenteil: Es ist der Auftrag dazu.“[155]
In den folgenden Kapiteln wird die Qualität des Journalismus einer Betrachtung unterzogen, basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, um die Basis für die Hervorhebung des literarischen Aspektes zu legen. .
2.2.3.1 Qualitäts-Kriterien
Wenn Journalisten nach Kriterien für Qualität befragt werden, so wird vornehmlich die Trennung von Meinung und Nachricht genannt, aber auch die Verpflichtung zur Objektivität und die gewissenhafte Recherche.[156]
Vor allem erstgenanntes Kriterium, ein im angloamerikanischen Sprachraum traditionell verbreitetes Verständnis von Journalismus und journalistischer Qualität, hat auch nach dem Zweiten Weltkrieg im deutschen Raum Fuß gefasst und gilt bis heute in weiten Kreisen als eines jener Gebote, die den Volontären gleich zu Beginn mit auf den Weg gegeben werden. Durch die – offen erkennbare – Trennung von Nachrichten- und Meinungselementen soll die Seriosität des Mediums unterstrichen werden, und eine Normierung vorgenommen werden, welche Grundstein sein soll für jede weitere Erstellung von Einteilungen journalistischer Darstellungsformen. Nach dem Trennungsprinzip sollen Medien vollständig, sachlich und objektiv informieren, sie sollen ein unmittelbares Abbild der Wirklichkeit erzeugen, ungefärbt von willkürlicher Veränderung durch die Journalisten, ungefärbt auch durch die Form der Darbietung. Ziel der Trennungsnorm ist es, dass sich den Rezipienten die Möglichkeit eröffnet, sich durch unbeeinflusste Information selbst eine Meinung zu bilden.[157]
Die Trennungsnorm wird also als eine Regel anerkannt, die es erlaubt, das oberste Ziel des Journalismus, die Objektivität, zu erreichen bzw. sich ihm wenigstens möglichst weit anzunähern. Dabei handelt es sich jedoch um eine Art Selbstbetrug, da die Wissenschaft die Trennungsnorm als wesentliches Qualitätskriterium zwar akzeptiert, sich gleichzeitig aber bewusst ist, dass es sich dabei oft nur um eine „Scheinobjektivität“[158] handelt, da vor allem in Nachrichtenelementen, vom Leser oft nicht erkannte Meinungselemente mit einfließen. Ein Kritikpunkt, wie er besonders von den Vertretern des Radikalen Konstruktivismus (es ist kein objektiver, also unverzerrter Zugang möglich, die Wahrheit ist lediglich eine Konvention, etabliert zum Zweck des sozialen Überlebens selbstreferentieller Persönlichkeitssysteme[159] ) postuliert wird.
Christian Huber hat sich wissenschaftlich mit der Trennungsnorm auseinander gesetzt und ging dabei von dem Faktum aus, dass nach wie vor die Einhaltung der Trennungsnorm auch als Unterscheidungsmerkmal zwischen Qualitätspresse und Boulevardpresse herangezogen wird.[160] Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung, wobei Österreichs Tageszeitungen (im Zeitraum von 25. Februar bis 1. März 1994) einer Inhaltsanalyse unterzogen wurden, zeigen, dass wertende Begriffe und Formulierungen im Nachrichtenteil fast ausschließlich in den Boulevardmedien („täglich Alles“, „Kronen Zeitung“) vertreten waren. In den übrigen Medien war die Vermischung von Meinung und Nachricht nur sehr schwach ausgeprägt, woraus geschlossen werden kann, dass sich die Trennungsnorm als journalistisches Hauptkriterium der Qualität gefestigt hat.[161]
Doch kann dieser – von Wissenschaft und Praxis – selbstauferlegte Pflichtenkatalog allein nicht die Qualitätsfrage beantworten, zumal unterschiedliche Darstellungsformen, wie sie im Journalismus existieren, unterschiedlichen Ansprüchen zu genügen haben und sich die Trennung von Meinung und Nachricht als grundlegendes Kriterium eignet, aber doch nur an der Oberfläche argumentiert.
Wolfgang R. Langenbucher hat 1985 als Juror des Klagenfurter Publizistik-Preises auf diesen Umstand verwiesen. Beim Tagesereignis stünde demnach die Darstellung und Analyse mit Hilfe akribischer Recherche im Mittelpunkt, während etwa beim Porträt die größte Aufmerksamkeit der hellhörigen „Anschauung und Beobachtung ohne all die Klischees, die sich im Zeitungsarchiv zu diesem Namen in einer Art journalistischem Recycling angesammelt haben“ gelten solle. Die politischen Enthüllungsberichte sollten mit gewagten Methoden, unter Einbeziehung der eigenen Sinne als eine Art Autopsie erarbeitet werden und sich nicht auf Spekulationen stützen. Für die Reisereportage, eine Darstellungsform, die aus ihrer Tradition heraus dem literarischen Journalismus zuzurechnen ist, sieht Langenbucher die Fähigkeit, oft Gesehenes und Geschildertes neu zu erleben und die reine journalistische Vermittlung mit einem sprachlichen Mehrwert zu versehen.[162]
Langenbucher hat mit diesen Ausführungen, in dem er Kriterien nennt, die Breite jenes Spektrums angedeutet, das einer Grenzziehung gleicht, das aber auch einem Becken gleicht, in dem die unterschiedlichen Geistesströmungen zum Thema journalistische Qualität zusammentreffen.
Denn dieser Versuch der Eingrenzung verdeutlicht einmal mehr die Schwierigkeiten, den Komplex Qualität zu fassen – an zwei Beispielen sei dies erläutert: Wenn Langenbucher etwa vom politischen Enthüllungsjournalisten fordert, er möge seine Augen und Ohren für gewagte Methoden öffnen, um Spekulationen zu entgehen, so ist dies als Idealzustand zu verstehen. Denn beim Enthüllungsjournalismus besteht die Gefahr, dass der Idealzustand bloß Wunschdenken bleibt, und der eigenen Spekulation, eventuell angetrieben durch den Zwang nach Exklusivität und dem Drang nach Geltung, nicht erst Vorschub leistet, wie etwa das berühmt gewordene Beispiel Janet Cooke und Washington Post zeigt. Am 28. September 1980 publizierte die Post-Journalistin Cooke eine Reportage über einen achtjährigen farbigen Buben, der heroinabhängig war. Cooke nahm den Fall zum Anlass, um das Rauschgiftproblem in Washington zu analysieren und beschrieb als Augenzeugin, wie der Freund seiner Mutter dem Achtjährigen das Heroin injizierte. Im April 1981 wurde der Artikel, der landesweit Aufsehen erregt hatte, mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet. Zwei Tage danach jedoch wurde die Autorin als Fälscherin entlarvt, das von ihr beschriebene Kind hatte nie existiert. Die Affäre löste eine Diskussion über die Ethik der Medien aus und ging (in Anlehnung an die Watergate-Affäre) als „Jimmy-Gate“ in die Geschichte ein.[163]
Das zweite von Langenbucher angesprochene Beispiel betrifft die Reisereportage und trifft damit die Problematik des Definierens noch eklatanter. Wenn Langenbucher meint, dass der Informationsvermittlung ein sprachlicher Mehrwert beigemessen werden soll, so mag dies vordergründig nachvollziehbar und die Forderung daher logisch und gerecht sein, doch eröffnet eben dieser Mehrwert die zentrale, in dieser Arbeit bereits aufgeworfene, Frage nach seinem Sein: Worin liegt dieser Mehrwert, wo beginnt dieser, und wer befindet darüber, ob ein solcher Mehrwert vorliegt oder nicht? Und eben diese Fragestellung wirft die Frage nach den grundlegenden Problemen literarischer Wertung auf.
Als Fazit der wissenschaftlichen Diskussion bleibt jedoch festzuhalten, dass es den Qualitätsstandard im Journalismus nicht gibt, wie Fabris betont. Standards seien nämlich vielmehr von bestimmten historischen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedingungen und Bewertungen journalistischer Leistungen abhängig.[164]
Fabris plädiert für eine integrierte Medien- und Kommunikationswissenschaft, und meint, solange es nur Desiderat ist, sei die Wissenschaft dazu aufgefordert, einen fortgesetzten intensiven transdisziplinären Dialog zu führen und ebenso den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis zu vertiefen.[165]
2.2.3.2 Qualität und Sprachgebrauch
Wird davon ausgegangen, dass zur Herstellung von Öffentlichkeit, der konstitutiven Aufgabe des Journalistenberufs, die Eigenschaften journalistischer Texte und Bilder notwendig sind, können diese Eigenschaften als journalistische Qualitäten zu definieren sein. Pöttker unterscheidet vier Dimensionen: Universalität, Richtigkeit oder anspruchsvoller Wahrheit, Aktualität und schließlich Verständlichkeit.[166] In allen vier Dimensionen ist die journalistische Sprachverwendung von Relevanz. Die Wahrheit (prüfbare Richtigkeit) hängt vom Realitätsbezug und der Schärfe der verwendeten Begriffe sowie von ihrer logischen Struktur ab, also auch von der Wortwahl und vom Satzbau. Universalität auf die Sprache bezogen meint die Fähigkeit, sich in den verschiedensten Sphären der sprachlichen Kommunikation sicher zu bewegen, die Aktualität aus sprachlicher Sicht bedeutet, dass Bezeichnungen für neue Erscheinungen vom Journalisten aufgenommen (oder sogar geschaffen) werden und so verbreitet werden, dass sie möglichst rasch zum Allgemeingut werden können.
Der Verständlichkeit schließlich wird in der journalistischen Kommunikation höchste Bedeutung beigemessen. „Im Unterschied zur mündlichen interpersonalen Kommunikation (…), sind in der durch die Medien vermittelten Kommunikation die Partner räumlich und zeitlich getrennt. Der Rezipient ist auf den Text des Journalisten angewiesen und hat keine Möglichkeit zu unmittelbarer Rückäußerung. Da er zudem damit rechnen muss, dass die Rezipienten aus Zeitmangel oder wegen vielfältiger potenzieller Störfaktoren seinen Text nicht so intensiv aufnehmen und verarbeiten wie etwa einen wissenschaftlichen Aufsatz oder ein Werk der schönen Literatur, muss er (der Journalist, Anm.) eine sprachliche Gestaltungsweise wählen, die dem Kriterium der leichten Zugänglichkeit und Verständlichkeit und zugleich der Ausdrucksökonomie Genüge tut.“[167]
Diese grundlegenden Gedanken zur journalistischen Sprachverwendung führen zu einem weiteren Schritt, zur Bedeutung von etwaigen Stilnormen für die unterschiedlichen journalistischen Genres. Darunter gibt es einige, die sich trotz aller Übergänge und schwieriger Grenzziehung nach Stilnormen herstellen und daher auch definieren lassen.[168] Josef Kurz definiert Stilnormen als gedanklich-sprachliche Regeln für die Ausdrucksweise in bestimmten Kommunikationsbereichen, meint, dass Grenrestilnormen für eine möglichst optimale Kommunikation nützlich sind und nennt drei Gesichtspunkte, welche die Bedeutung von Stilnormen im Journalismus unterstreichen.[169]
1.) Normen von sprachlich-gedanklicher Sprache erzeugen beim Rezipienten bestimmte Aufnahmegewohnheiten und lösen somit Erwartungen heraus. Normen dienen als Brücke, auf der sich Journalisten und Rezipienten treffen können und sind also zunächst notwendig, als das Rezeptionstempo erhöht wird, was auch einen wesentlichen Faktor bei der Konzeption der Zeitung ausmacht.
2.) Eine Abweichung von der Norm ist möglich, muss jedoch funktionell begründet sein, wie etwa in dem Streben, die Aufmerksamkeit des Rezipienten auf diesen bestimmten Text zu lenken oder dem Entschluss Rechnung zu tragen, dass der jeweilige Gegenstand nur mit einer abweichenden Darstellungsform zu bewältigen ist.
3.) Wenn eine Norm im Einzelfall mit einer unkonventionellen oder originellen Gestaltung durchbrochen wird, so ist dies legitim und spricht nicht gegen diese Norm, solange sie allgemein gültig ist. Ständiges Durchbrechen jedoch würde zu neuen Normen führen, welche die beabsichtigte Wirkung verfehlen.
Kurz hält 10 Kriterien für die Bestimmung von Genrestilnormen für maßgeblich[170], wobei in diesem Fall die Aspekte „Bildkraft und Anschauung“, „Möglichkeiten besonderer ästhetischer oder rhetorischer Gestaltung und der Verwendung bestimmter Darstellungsmethoden (z. B. des Pointierens)“ besondere Bedeutung beigemessen wird, da sie für die Bestimmung des literarischen Journalismus Relevanz besitzen.
[...]
[1] Kisch, Egon Erwin: Der rasende Reporter – klassische Reportagen, (Hamburg/Gütersloh) 1961, S. 6.
[2] Vgl. Langenbucher, Wolfgang R.: „Poetik“ des Journalismus? Ein Plädoyer; in: Hermann, Kai/Sprecher, Margit: Sich aus der Flut des Gewöhnlichen herausheben – die Kunst der großen Reportage, (Wien) 2001, S. 10.
[3] Vgl. Langenbucher Wolfgang R.: Journalismus als Kulturleistung – Aufklärung, Wahrheitssuche, Realitätserkundung; in: Aviso 11/1994, S. 7.
[4] Vgl. Wallisch, Gianluca: Journalistische Qualität: Definitionen – Modelle – Kritik, (Konstanz) 1995, S. 48.
[5] Haas, Hannes / Wallisch, Gianluca: Literarischer Journalismus oder journalistische Literatur?; in: Publizistik 3/1991, S. 312.
[6] Langenbucher: Journalismus als Kulturleistung, S. 7.
[7] Frank, Michael: Objektivität ist Schweinerei, SZ-Serie über große Journalisten – Joseph Roth; in: „Süddeutsche Zeitung“, Ausgabe vom 22. April 2003.
[8] Ebda.
[9] Wallisch, Gianluca: Journalistische Qualität; Haas, Hannes: Empirischer Journalismus, (Wien/Köln/Weimar) 1999.
[10] Haas: Empirischer Journalismus.
[11] Vgl. Blöbaum, Bernd/Neuhaus, Stefan (Hrsg.): Literatur und Journalismus – Theorien, Kontexte, Fallstudien, (Wiesbaden) 2003, S. 7.
[12] Vgl. Blöbaum, Bernd: Literatur und Journalismus – zur Struktur und zum Verhältnis von zwei Systemen; in: Blöbaum / Neuhaus: Literatur und Journalismus, S. 26.
[13] Wagner, Hans: Das Unwandelbare im Journalismus; in: Duchkowitsch, Wolfgang/Hausjell Fritz (Hrsg.): Journalismus als Kultur – Analysen und Essays, (Opladen/Wiesbaden) 1998, S. 97.
[14] Ebda., S. 96.
[15] Ahlke, Karola/Hinkel, Jutta: Sprache und Stil – ein Handbuch für Journalisten, 2. Aufl. (Konstanz) 2000, S. 44.
[16] Vgl. Geisler, Michael: Die literarische Reportage in Deutschland – Möglichkeiten und Grenzen eines operativen Genres, (Frankurt/Main) 1982, S.4 und S. 89.
[17] Vgl. u.a. Haase, Fee-Alexandra: Das Feuilleton als Ort der Kunst – zur Rezeption der Rhetorik in Geschichte, Theorie und Medienpraxis des Journalismus; www.fachpublikationen.de, Zugriff vom 5. Dezember 2002.
[18] Fabris, Hans Heinz: Hoher Standard. Qualität und Qualitätssicherung im Journalismus; in: Fabris, Hans Heinz/Best, Franz (Hrsg.): Qualität als Gewinn – Salzburger Beiträge zur Qualitätsforschung im Journalismus, (Salzburg) 2001, S. 68.
[19] Enkemann, Jürgen: Journalismus und Literatur. Zum Verhältnis von Zeitungswesen, Literatur und Entwicklung bürgerlicher Öffentlichkeit in England im 17. und 18. Jahrhundert, (Tübingen) 1983, S. 5.
[20] Wolfgang R. Langenbucher u.a. in einer kommunikationswissenschaftlichen Vorlesung vom 18. April 2002.
[21] Dörner, Andreas/Vogt, Ludgera: Literatur – Literaturbetrieb – Literatur als „System“, in: Arnold, Heinz Ludwig/Detering, Heinrich (Hrsg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft, 4. Aufl. (München) 2001, S. 79.
[22] Vgl. Schweikle, Günther und Irmgard (Hrsg.): Metzler Literatur Lexikon, Begriffe und Definitionen, 2. überarb. Aufl., (Stuttgart) 1990, S. 273.
[23] Vgl. Baasner, Rainer: Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, (Berlin) 1996, S. 11.
[24] Vgl.ebda., S. 12.
[25] Rühling, Lutz: Fiktionalität und Poetizität, in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, 4. Auflage (München) 1996, S. 25.
[26] Neuhaus: Von Texten, Menschen und Medien; in: Blöbaum/Neuhaus (Hrsg.): Literatur und Journalismus, S. 16.
[27] Langenbucher: Journalismus als Kulturleistung – Aufklärung, Wahrheitssuche, Realitätserkundung; in: Aviso, S. 8.
[28] Vgl. Baasner, Rainer: Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S.20.
[29] Vgl. Stierle, Karlheinz: Werk und Intertextualität; in: Kimmich, Dorothee/Renner, Rolf Günter/Stiegler, Bernd (Hrsg.): Texte zur Literaturtheorie der Gegenwart, (Stuttgart) 1996, S 350.
[30] Baasner: Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S. 20.
[31] Vgl. ebda., S. 21.
[32] Adorno, Theodor W.: Ästhetische Theorie, (Frankfurt/Main) 1970, S. 264.
[33] Vgl. Adorno: Kritische Theorie; in: Kimmich/Renner/Stiegler (Hrsg.): Texte zur Literaturtheorie der Gegenwart, S.130 f.
[34] Vgl. Langenbucher: Journalismus als Kulturleistung, S. 8.
[35] Vgl. Langenbucher, Wolfgang R.: Sensationen des Alltags: Meisterwerke des österreichischen Journalismus, (Wien) 1992, S.10.
[36] Vgl. Ebda., S. 11.
[37] Vgl. Kapitel 1.1.
[38] Der Preis für die weltbeste Reportage des Jahres 2003 wurde am 4. Oktober in Berlin verliehen.
[39] Kapuscinski, Ryszard: Herodot – Reporter der Antike; in: Lettre International, Europas Kulturzeitung, Nr. 63, Winter 2003, S. 106.
[40] Yagoda, Ben: Preface; in:Kerrane, Kevin/Yagoda, Ben: The Art of Fact – a historical anthology of literary Journalism, (New York) 1997, S. 14.
[41] Ebda..
[42] Vgl. ebda., S. 16.
[43] Vgl. Kerrane, Kevin: Making facts dance, in: Kerrane/Yagoda: The Art of Fact, S.20.
[44] Vgl. Hartsock, John C.: A History of American Literary Journalism – the Emerge of a Modern Narrative Form, (Massachusetts) 2000, S. 22.
[45] Vgl. Wallisch: Journalistische Qualität, S.88.
[46] Vgl. Haas, Hannes: Empirischer Journalismus, S. 21.
[47] Ebda., S. 21f.
[48] Wie etwa jene Arbeiten von Haas (Empirischer Journalismus) und von Michael Haller (Die Reportage).
[49] Vgl. Metzler Literatur Lexikon.
[50] Wallisch: Journalistische Qualität, S. 81.
[51] Vgl. Müller-Ullrich, Burckhard: Neue Unbefangenheit der Geschichte gegenüber? Über den Feuilletonstreit um Günter Grass und Bernhard Schlink, in: „Der Standard“, Ausgabe vom 4./5. Mai 2002, Album, S. 7 und 8.
[52] Langenbucher, Wolfgang R.: Die Suche nach den Kriterien; in: Felsbach, Heinz/Fink, Humbert (Hrsg.): Internationaler Publizistik-Preis Klagenfurt 1985 – Texte, Thesen, Reaktionen, (München) 1986, S. 90.
[53] Vgl. Langenbucher, Wolfgang R.: Autonomer Journalismus. Unvorsichtige Annäherungen an ein (Un-)Thema heutiger Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; in: Mahle, Walter A. (Hrsg.): Journalisten in Deutschland. Nationale und internationale Vergleiche und Perspektiven, (München) 1993, S.129.
[54] Vgl. Saxer, Ulrich/Kull, Heinz: Publizistische Qualität und journalistische Ausbildung, (Zürich) 1981.
[55] Wallisch: Journalistische Qualität, S. 20.
[56] Vgl auch: Wallisch, Journalistische Qualität: S.83.
[57] Saxer, Ulrich/Kull, Heinz: Publizistische Qualität und journalistische Ausbildung, (Zürich) 1981, S. 4.
[58] Vgl. Langenbucher: Autonomer Journalismus, S. 128.
[59] Die Formulierung der Thesen erfolgt in Kapitel 2.3.
[60] Vgl. Blöbaum, Bernd: Literatur und Journalismus; in: Blöbaum/Neuhaus (Hrsg.): Literatur und Journalismus, S.48.
[61] Vgl. ebda.
[62] Saxer/Kull: Publizistische Qualität und journalistische Ausbildung, S. 3.
[63] Vgl. Rühl, Manfred: Des Journalismus vergangene Zukunft; in: Löffelholz, Martin (Hrsg.): Theorien des Journalismus, (Wiesbaden) 2000, S.67.
[64] Vgl. Burkart, Roland: Kommunikationswissenschaft – Grundlagen und Problemfelder, 2. Aufl. (Wien/Köln) 1995, S. 394.
[65] Burkart, Roland/Hömberg, Walter: Einleitung; in: Burkart/Hömberg (Hrsg.): Kommunikationstheorien, Studienbuch zur Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Band 8, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, (Wien) 2004, S. 1.
[66] Vgl. Haller, Michael: Die zwei Kulturen; in: Löffelholz: Theorien des Journalismus, S. 105.
[67] Vgl. Löffelholz, Martin: Theorien des Journalismus. Entwicklungen, Erkenntnisse, Erfindungen – eine metatheoretische und historische Orientierung, in Löffelholz: Theorien des Journalismus, S. 18.
[68] Vgl. ebda.
[69] Popper, Karl R.: Die Logik der Sozialwissenschaften; in: Adorno, Theodor W.: Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, 12. Aufl. (Darmstadt) 1987, S.104.
[70] Vgl. Löffelholz: Theorien des Journalismus, S. 20.
[71] Ebda., S. 20.
[72] Feyerabend, Paul: Wider den Methodenzwang, (Frankfurt/Main) 1986, S. 71.
[73] Vgl. Löffelholz: Theorien des Journalismus, S. 23.
[74] Vgl. Rühl: Des Journalismus vergangene Zukunft, S. 68.
[75] Vgl. ebda.
[76] Langenbucher, Wolfgang R. (Hrsg.): Sensationen des Alltags.
[77] Das Schema, das auf der nächsten Seite zu finden ist, wurde entnommen aus: Weischenberg, Siegfried: Investigativer Journalismus und „kapitalistischer Realismus“. Zu den Strukturbedingungen eines anderen Paradigma der Berichterstattung; in: Rundfunk und Fernsehen, Heft 3 –4, Jahrgang 1983, S. 359.
[78] Vgl. Detering, Heinrich: „Grundzüge einer Literaturwissenschaft“ – eine Gebrauchsanweisung; in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 9.
[79] Rusterholz, Peter: Grundfragen der Textanalyse – Hermeneutische Modelle; in: Arnold / Detering (Hrsg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 102.
[80] Löffelholz: Theorien des Journalismus, S. 57.
[81] Vgl. Rühling, Lutz: Voraussetzungen und Grundfragen der Literaturwissenschaft; in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 26.
[82] Vgl. Neuhaus, Stefan: Von Texten, Menschen und Medien; in: Blöbaum/Neuhaus (Hrsg.): Literatur und Journalismus, S. 11.
[83] Rühling: Voraussetzungen und Grundfragen der Literaturwissenschaft, S. 38.
[84] Vgl. ebda., S. 39.
[85] Vgl. ebda.
[86] Vgl. Coenen, Hans Georg: Literarische Rhetorik; in: Dyck, Joachim/Jens, Walter/Ueding, Gert (Hrsg.): Rhetorik heute (Tübingen) 1988, S. 50.
[87] Vgl. ebda.
[88] Vgl. Ostermann, Eberhard: Die Authentizität des Ästhetischen – Studien zur Transformation der Rhetorik, (München) 2002, S. 13.
[89] Ebda.
[90] Vgl. Baasner, Rainer: Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S. 16.
[91] Vgl. Meier, Albert: Grundlagen der Textgestaltung – Poetik; in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 206.
[92] Lausberg, Heinrich: Handbuch der literarischen Rhetorik – eine Grundlegung der Literaturwissenschaft, 3. Aufl. (Stuttgart) 1990, S. 43.
[93] Vgl. Meier: Grundlagen der Textgestaltung – Poetik; in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, S.217.
[94] Vgl. ebda.
[95] Vgl.Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik,, S. 40.
[96] Vgl. Neumann, Uwe: Grundlagen der Textgestaltung – Rhetorik; in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 219.
[97] Meier: Grundlagen der Textgestaltung – Rhetorik; in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 221.
[98] Vgl. Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik, S. 35.
[99] Vgl. Schneider, Jost: Einführung in die Roman-Analyse, (Darmstadt) 2003, S.18.
[100] Vgl. Meier: Grundlagen der Textgestaltung, S. 222.
[101] Vgl. Ostermann: Die Authentizität des Ästhetischen, S. 15.
[102] Ebda., S. 15 f.
[103] Vgl. Meier: Grundlagen der Textgestaltung, S. 223ff.
[104] Ebda., S. 229.
[105] Vgl. ebda., S. 231.
[106] Vgl. Neumann: Grundlagen der Textgestaltung – Rhetorik; in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 229.
[107] Vgl. Ueding, Gert: Rhetorik des Schreibens, (Königstein) 1985, S.12.
[108] Vgl. Plett, Heinrich: Einführung in die rhetorische Textanalyse, 9. aktualisierte Aufl., (München) 2001, S. 9.
[109] Vgl. Wallisch: Journalistische Qualität, S. 87.
[110] Nickl, Michael M.: Journalistik ist professionelle Medienrhetorik – ein Charakterisierungsversuch; in: Publizistik 4 (1987), S. 449.
[111] Vgl. ebda., S. 450.
[112] Vgl. ebda.
[113] Vgl. Plett: Einführung in die rhetorische Textanalyse, S. 9.
[114] Vgl. Metzler Literaturlexikon, S. 444.
[115] Vgl. Spillner, Bernd: Grundlagen der Textgestaltung – Stilistik; in: Arnold/Detering, S. 234.
[116] Vgl. Metzler Literaturlexikon, S. 444.
[117] Vgl. ebda.
[118] Vgl. Spillner: Grundlagen der Textgestaltung – Stilistik; in: Arnold/Detering, S. 235f.
[119] Vgl. ebda, S. 238.
[120] Ebda.
[121] Vgl. ebda., S. 246
[122] Vgl. ebda., S. 248f.
[123] Spillner: Grundlagen der Textgestaltung – Stilistik; in: Arnold/Detering, S. 253.
[124] Vgl. Schneider: Roman-Analyse, S. 41.
[125] Vgl. Einführung in die Literaturwissenschaft, Kapitel 3: Rhetorik / Stil-Lehre / Bildlichkeit; entnommen aus: www.literaturwissenschaft-online.de; Zugriff vom 20. Jänner 2003.
[126] Vgl. Einführung in die Literaturwissenschaft, Kapitel 3: Rhetorik / Stil-Lehre / Bildlichkeit; entnommen aus: www.literaturwissenschaft-online.de; Zugriff vom 20. Jänner 2003.
[127] Vgl. Metzler Literatur Lexikon, S. 390.
[128] Vgl. Kapitel über das Kategorienschema.
[129] Vgl. Schöttker, Detlev: Grundfragen der Textrezeption – Theorien der literarischen Rezeption, Rezeptionsästhetik, Rezeptionsforschung, Empirische Literaturwissenschaft; in: Arnold / Detering (Hrsg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 552.
[130] Vgl. ebda., S. 553.
[131] Vgl. Hauptmeier, Helmut/Schmidt, Siegfried J.: Einführung in die Empirische Literaturwissenschaft, (Braunschweig/Wiesbaden) 1985, S. 118.
[132] Vgl. Schöttker: Grundfragen der Textrezeption; in: Arnold/Detering (Hrsg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 554.
[133] Vgl. Schmidt, Siegfried J.: Grundriss der Empirischen Literaturwissenschaft, (Frankfurt/Main) 1991, S.12.
[134] Ebda., S. 12f.
[135] Vgl. Coenen: Literarische Rhetorik; in: Dyck,/Jens/Ueding, (Hrsg.): Rhetorik heute, S. 43.
[136] Ueding, Gert: Rhetorik des Schreibens, (Königstein) 1985, S. 62.
[137] Vgl. Neumann: Grundlagen der Textgestaltung - Rhetorik; in: Arnold/Detering: Grundzüge der Literaturwissenschaft, S. 231.
[138] Plett: Einführung in die rhetorische Textanalyse, S. 1.
[139] Adorno, Theodor W.: Ästhetische Theorie, S.14.
[140] Vgl. ebda., S. 11.
[141] Todorow, Almut: Das Feuilleton der „Frankfurter Zeitung“ in der Weimarer Republik. Zur Grundlegung einer rhetorischen Medienforschung, Habilitationsschrift (Tübingen) 1996.
[142] Hartsock: A History of American Literary Journalism, S. 30f.
[143] Helmut Rehbock beruft sich in seinem Aufsatz „Rhetorik“ auf Plett; in: Althaus/Henne/Wiegand (Hrsg.): Lexikon der Germanistischen Linguistik, Band 2, vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, (Tübingen) 1980, S. 297.
[144] Vgl. ebda.
[145] Vgl. Enkemann Jürgen: Journalismus und Literatur, S. 1.
[146] Ebda., S. 2.
[147] Vgl. Wallisch: Journalistische Qualität, S. 96.
[148] Vgl. ebda.
[149] Hermann, Kai: Die Reportage – eine aussterbende Gattung?; in: Hermann/Schreiber: Sich aus der Flut des Gewöhnlichen herausheben, S. 13.
[150] Vgl. ebda., S. 14.
[151] Hermann; in: Hermann/Schreiber: Sich aus der Flut des Gewöhnlichen herausheben, S. 14.
[152] Vgl. Frank: Objektivität ist Schweinerei; in: „Süddeutsche Zeitung“, Ausgabe vom 22. April, 2003; dieser Aspekt wurde auch im Kapitel über die wissenschaftliche Relevanz aufgeworfen.
[153] Vgl. Wallisch: Journalistische Qualität, S. 100.
[154] Vgl. Ebda.
[155] Haas, Hannes/Lojka, Klaus: Qualität auf dem Prüfstand; in: Duchkowitsch/Hausjell, u.a. (Hrsg.): Journalismus als Kultur, S. 132.
[156] Vgl. Wallisch: Journalistische Qualität, S. 12.
[157] Vgl. Huber, Christian: Nachricht und Meinung – ist ihre Trennung ein journalistisches Qualitätskriterium?; in: Fabris/Rest (Hrsg.): Qualität als Gewinn, S. 142.
[158] Vgl. ebda., S. 145.
[159] Vgl. ebda., S. 149.
[160] Vgl. ebda, S. 145.
[161] Vgl. ebda., S. 154.
[162] Diese Ausführungen Langenbuchers wurden übernommen aus: Wilke, Jürgen: Was heißt Journalistische Qualität? Auch ein Versuch zur Bestimmung ihrer Kriterien; in: Duchkowitsch, Wolfgang/Hausjell Fritz u.a. (Hrsg.): Journalismus als Kultur. Analysen und Essays, (Opladen/Wiesbaden) 1998, S.135f.
[163] Vgl. Weischenberg, Siegfried: Journalistik, Band 1, Mediensysteme, Medienethik, Medieninstitutionen, (Opladen) 1992, S.206 ff.
[164] Vgl. Fabris, Hans Heinz: Hoher Standard. Qualität und Qualitätssicherung im Journalismus; in: Fabris, Hans Heinz/Rest, Franz (Hrsg.): Qualität als Gewinn – Salzburger Beiträge ur Qualitätsforschung im Journalismus, S.60.
[165] Vgl. Fabris, Hans Heinz: Vielfältige Qualität; in: Löffelholz (Hrsg.): Theorien des Journalismus, S. 372.
[166] Vgl. Pöttker: Zur Bedeutung des Sprachgebrauchs im Journalistenberuf; in: Kurz/Müller/Pötschke/Pöttker: Stilistik für Journalisten, S. 26.
[167] Ebda., S. 27.
[168] Vgl. Kurz, Josef: Journalistische Genres – zur Bedeutung von Stilnormen für die Genres; in: Kurz/Müller/Pötschke/Pöttker: Stilistik für Journalisten, S. 215.
[169] Vgl. ebda., S. 215 ff.
[170] Vgl. ebda., S. 217.
- Citation du texte
- Dr. Erich Vogl (Auteur), 2004, Literarischer Journalismus und die Zeitung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118478
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